Der kleine Teamplayer - Marcus Weber - E-Book

Der kleine Teamplayer E-Book

Marcus Weber

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Beschreibung

Team- und Kooperationsfähigkeit sind soziale Kompetenzen, die in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Doch bereits in jungen Jahren zeigen unsere Kinder deutliche Defizite, wenn es darum geht, im alltäglichen Miteinander bestehen zu können. Teilen, unterstützen und Rücksicht nehmen fällt immer mehr Kindern schwer. Daher stellt sich die Frage, wann eine Förderung dieser Sozialkompetenzen beginnen soll. Warum erst in Schule im Rahmen der Schulsozialarbeit mit Übungen und Spielen die Kinder in ihrem Miteinander fördern? Dieses Fachbuch zeigt, wie bereits im Vorschulalter gezielt an der Team- und Kooperationsfähigkeit der Kinder gearbeitet und somit Defiziten in diesem Kompetenzbereich entgegen gewirkt werden kann.

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Seitenzahl: 162

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erleben & lernen

Band 22

Herausgegeben von

Prof. em. Dr. Michael Jagenlauf, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg Prof. Dr. Werner Michl, Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule, Nürnberg Dipl. Soz.päd. Holger Seidel, M.S.M., Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Braunschweig / Wolfenbüttel

Marcus Weber, Neuss, Dip.-Sozialpädagoge mit dem Schwerpunkt Freizeitpädagogik, ist pädagogischer Leiter im offenen Ganztag an Grundschulen in Nordrhein-Westfalen und leitet freiberuflich Fortbildungen, Schulungen und Kurse.

Im Ernst Reinhardt Verlag ebenfalls erschienen:

Weber, M.: Erlebnispädagogik in der Grundschule. 89 Aktionen und Spiele (2. Aufl. 2019, ISBN 978-3-497-02863-4)

Hinweis: Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnungen nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03024-8 (Print)

ISBN 978-3-497-61431-8 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61432-5 (E-Pub)

© 2021 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in EU

Cover unter Verwendung eines Fotos von Marcus Weber

Fotos im Innenteil: Marcus Weber

Satz: FELSBERG Satz & Layout, Göttingen

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Einleitung

1 Team- und Kooperationsfähigkeit in der Kita fördern

1.1 Team- und Kooperationsfähigkeit in der Kita – Muss das sein?

1.2 Wie nehmen Vorschulkinder sich selbst und ihre Umwelt wahr?

1.3 Sozialkompetenz im Vorschulalter

1.4 Vorschulkinder auf den Lebensabschnitt Schule vorbereiten

Teil einer Gruppe werden

Die Fähigkeit zu fokussieren

1.5 Teamwork-Fähigkeiten entwickeln

Was bedeutet es, Unterstützung anzubieten?

Was bedeutet es, Unterstützung anzunehmen?

Vom Ich zum Wir

1.6 Lebensort Kita – Raum für Aktionen und Erlebnisse

Baustelle und Dschungel in einem – Das Außengelände

Der Raum als Ort für Erlebnisse

In jedem Material steckt ein Erlebnis

2 Anleitung zur Umsetzung der erlebnispädagogischen Aktionen

2.1 Die Rolle der Spielleitung

Auswahl der Aktionen

Vorbereitung der Aktion

Hinführung zur Aktion

Durchführung der Aktion

Anleitung der Reflexion

Wenn es mal nicht so gut läuft

3 33 erlebnispädagogische Aktionen für Vorschulkinder

Achtung Quetschgefahr!

Alarm in der Sushi-Fabrik

Architekt oder Baumeister?

Auf den Spuren der Ninjas

Bald bist du ein Grundschulkind

Blind schleichen

Das Huhn auf der Mauer

Das kleine Sandkorn

Der kleine Esel Huckepack

Der schiefe Turm von …

Die ängstliche Murmel

Die geheimen Bilder

Die heiße Kartoffel

Ein Ballon fliegt in den Urlaub

Eine Kugel für alle und alle für eine Kugel

Familienfest bei Familie Braunbär

Hilfe für den Weihnachtsmann

In der Backstube

In der Spur bleiben

James Bond Junior

Mein Freund, der rote Luftballon

Nachhilfe im Entenmarsch

Nie mehr Langeweile in Spinnenhausen

Schief ist cool

Staffelmeisterschaft

Tag der Apfelernte

Tatü tata, die Feuerwehr ist da!

Team Oberkellner

Überquerung des wilden Flusses

Umzugstag

Wenn die Steine tanzen gehen

Wüstenrallye

Zu Besuch bei Familie Rabe

Literatur

Spieleverzeichnis

Einleitung

Um in unserer heutigen Gesellschaft „überleben“ zu können, ist ein hohes Maß an sozialen Kompetenzen gefragt. In nahezu allen Lebenslagen liegt der Stellenwert sozialer Kompetenzen hoch und dient als Grundlage für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Ob im Berufsalltag, bei Freizeitaktivitäten, wie z. B. im Sportverein und ehrenamtlichen Engagement, oder im Bereich Schule: Ohne gewisse Kompetenzen im sozialen Miteinander ist eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht möglich.

Dabei nimmt die Team- und Kooperationsfähigkeit einen hohen Stellenwert unter den sozialen Kompetenzen ein. Teamtrainings mit dem Schwerpunkt auf Kommunikation und Zusammenarbeit im Team haben längst Einzug in die Führungsetagen von Wirtschaftsunternehmen gehalten. Kleinere Unternehmen buchen erlebnispädagogische Angebote, um den Zusammenhalt der Belegschaft zu festigen. Schülerinnen und Schüler fahren längst nicht mehr einfach „nur“ in Jugendherbergen. Stattdessen kooperieren Jugendherbergen heutzutage oft mit Anbietern, die Klassenfahrten begleiten und mit Programmen zur Stärkung der Klassengemeinschaft ausgestalten. Eines haben diese Programme gemeinsam, sie nutzen Erlebnisse als Grundlage für einen Perspektivwechsel sowie für Lernerfolge bezüglich der Kooperation innerhalb der sozialen Gruppe.

Doch warum ist die Teilnahme an solchen Programmen überhaupt notwendig? Steht es um die Team- und Kooperationsfähigkeit in unserer Gesellschaft etwa so schlecht, dass die Teilnahme an fördernden Angeboten unumgänglich ist? Sollten wir nicht von Natur aus über ein gesundes Maß an Kooperationsfähigkeit und Gruppenkompatibilität verfügen?

Über mögliche Gründe und Ursachen, warum es in dem Bereich der Team- und Kooperationsfähigkeit Nachholbedarf gibt, soll an dieser Stelle nicht spekuliert werden. Vielmehr stellt sich die Frage, an welchem Punkt in unserem Leben wir dieser Entwicklung etwas entegen stellen wollen. Spontan lautet die Antwort: Je früher, desto besser. Wenn in dem Lebensabschnitt des Schulbesuches offensichtlich bereits Verbesserungsbedarfe zu erkennen sind, so ist es nur konsequent, bereits vor Schuleintritt an diesen sozialen Kompetenzen zu arbeiten. Aufgrund dieses Gedankens entstand das vorliegende Fachbuch.

Erzieherinnen und Erzieher arbeiten tagtäglich in Kindertagesstätten (Kitas) mit Kindergruppen und leben ihnen aktiv vor, was es heißt, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Je nach Gruppenkonstellation stellt dies die eine oder andere Fachkraft vor große Herausforderungen. Dieses Fachbuch soll Fachkräfte in Kindertagesstätten dabei unterstützen, die ihnen anvertrauten Kinder mit Hilfe von spielerischen Übungen an ein positives Team- und Kooperationsverhalten heranzuführen. Die vorgestellten Übungen lassen sich sehr gut in die Ausgestaltung der Vorschularbeit im letzten Kindergartenjahr integrieren. Mehrere Praxistests haben gezeigt, dass ein regelmäßiger wöchentlicher Einsatz dieser Übungen dazu beiträgt, dass die Kinder bei der Bewältigung von Gruppenaufgaben von Mal zu Mal gezielter vorgehen und den Vorteil von Zusammenhalt und Kooperation immer mehr verinnerlichen. Der Vorteil für die Fachkräfte hierbei ist, dass die Kinder stets das Gefühl haben, zu spielen und keinen Erwartungsdruck verspüren, eine gewisse Leistung abliefern zu müssen. Und wenn es darum geht zu spielen, muss bei den Kindern in der Regel nicht lange gebettelt werden. Nutzen Sie diesen Vorteil und helfen Sie den Ihnen anvertrauten Kindern, ein positives Team- und Kooperationsverhalten zu entwickeln. Ich bin sicher, es wird Ihnen gelingen.

Neuss, August 2020

Marcus Weber

Hinweis: Um alle Geschlechter in diesem Buch bei der Berufsbezeichnung der Erzieherin bzw. des Erziehers anzusprechen, werden die weibliche und die männliche Bezeichnung im Wechsel verwendet.

1 Team- und Kooperationsfähigkeit in der Kita fördern

1.1 Team- und Kooperationsfähigkeit in der Kita – Muss das sein?

Die ein oder andere in einer Kindertagesstätte arbeitende Fachkraft mag sich nun fragen, ob es wirklich notwendig ist, in die Vorbereitung der Vorschulkinder auf die Grundschulzeit auch das Thema der Team- und Kooperationsförderung einzubeziehen. Die Zeit, um die anvertrauten Kinder qualitativ gut auf die Schulzeit vorzubereiten, ist in der Regel knapp bemessen und mit Inhalten mehr als ausreichend gefüllt. Außerdem wurde, wenn die Kinder im Alter von ca. fünf bis sechs Jahren auf die Schule vorbereitet werden, deren soziale Kompetenz meist schon zwei bis drei Jahre gefördert. Zugegebenermaßen erfolgt dies je nach Kind mit mehr oder weniger großem Erfolg, aber manche Fachkraft ist dann doch „am Ende mit ihrem Latein“.

Doch ärgern wir uns nicht tagtäglich über eine Vielzahl von Kindern, wenn es um deren Umgang im Miteinander geht? Stellen wir nicht immer wieder aufs Neue fest, dass viele Kinder einen stark ausgeprägten Egoismus im Spiel- und Sozialverhalten zeigen und die Gedulds- und Frustrationsgrenze mancher Kinder sehr niedrig angesetzt ist?

Genau die hier angesprochenen Aspekte des Spiel- und Sozialverhaltens nehmen mit Eintritt in die Grundschule einen großen Stellenwert im Alltag der Kinder ein. Von den Schulanfängern wird erwartet, dass sie über angemessene Strategien im Spiel- und Sozialverhalten verfügen und diese im Alltag anwenden können. Weisen die Kinder Defizite in ihren Sozialkompetenzen auf, erschwert dies das Zusammenwachsen der Kinder zu einer guten Klassengemeinschaft und bringt die Lehrer in die Situation, ein überdurchschnittliches Maß an Zeit in diese Kompetenzen zu investieren und den Lehrplan dafür hintanzustellen. Der eng gestrickte Lehrplan der Schulen bietet leider immer weniger Raum und Zeit, um Defizite in diesen Bereichen aufzufangen und zu Inhalten von Unterrichtszeiten zu machen. Nicht umsonst wird die Schulsozialarbeit mittlerweile auch an Grundschulen in immer mehr Kommunen ausgebaut und dort mit den Kindern an ihren Sozialkompetenzen gearbeitet.

Dieses Fachbuch bietet natürlich kein Patentrezept für ein angemessenes Spiel- und Sozialverhalten an. Wie bei Erwachsenen gibt es auch bei Kindern jene, die die hier vorgestellten Spielmethoden mit Begeisterung annehmen, und solche, die sich am liebsten nach fünf Minuten wieder zurück in die Bauecke verkriechen möchten. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass letzteres Verhalten von den Kindern eher selten im Zusammenhang mit den hier vorgestellten Übungen gezeigt wird.

Denn aus der Sicht der Kinder wird mit diesen Übungen erst einmal gespielt. Wieviel die Kinder hieraus lernen und für ihre soziale Entwicklung mitnehmen können, hängt davon ab, wie gut Fachkräfte die Ereignisse des Gruppenspiels zusammen mit den Kindern reflektieren und den Bezug zu ihrer Lebenswelt herstellen können. Wenn dies gelingt, werden bereits nach kurzer Zeit erste Erfolge in den Verhaltensweisen der Kinder während der Spielphasen erkennbar, die sich mit der Zeit auf weitere Alltagssituationen der Kinder übertragen und festigen.

1.2 Wie nehmen Vorschulkinder sich selbst und ihre Umwelt wahr?

Jeder kennt diese oder eine ähnliche Situation: Am Wochenende unternimmt man mit der Familie einen Spaziergang, begegnet auf einem engen Waldweg anderen Spaziergängern und wer macht Platz, damit beide Parteien vernünftig aneinander vorbei kommen? Richtig: Man selbst, aber nie die Fremden, die einem entgegen kommen. Derartige Situationen erleben wir in engen Supermarktgängen, auf dem Bürgersteig oder im Straßenverkehr, wenn wild parkende Autos das Aneinander-Vorbei-Fahren zweier PKWs unmöglich machen. In unserer Gesellschaft scheint sich immer mehr die Devise breit zu machen: „Ich zuerst, der Rest interessiert mich nicht!“

Dieser Eindruck kann auch in der pädagogischen Arbeit mit Kindern entstehen. Kleine „Ich-Menschen“, die sich als Mittelpunkt des Universums sehen, scheinen immer mehr zu werden und stellen die pädagogischen Fachkräfte vor immer größere Herausforderungen. Doch ist dies wirklich so? Oder liegt die Ursache für diesen Eindruck nicht bei den Kindern sondern irgendwo anders? Wie nehmen Kinder im Vorschulalter sich und ihre Umwelt wahr und über welches Maß an Selbstwahrnehmungskompetenz sollten sie bereits verfügen können?

Zunächst sollten pädagogische Fachkräfte sich darüber im Klaren sein, dass es vollkommen normal ist, dass ein fünfjähriges Kind zunächst einmal an sich denkt und dann, im Idealfall, an sein soziales Umfeld. Auch wenn Kinder in diesem Alter in der Lage sind, ihre Gefühle durch Worte, Mimik und Gestik mitzuteilen, so ist die emotionale Entwicklung noch nicht abgeschlossen (Frech 2008). Daher ist es wichtig, dass die erwachsenen Vorbilder den Kindern mit Geduld und Behutsamkeit begegnen und sie weiterhin in ihrer sozialen Entwicklung unterstützen.

Die Fähigkeit, eigene Emotionen zum Ausdruck zu bringen, festigt sich in dieser Altersstufe enorm. Eine differenzierte Wahrnehmung und Beschreibung der eigenen Emotionen trägt dazu bei, sich selbst und andere besser zu verstehen und sich mit Gefühlen besser auseinander setzten zu können.

Auch das Verständnis für die Emotionen ihres sozialen Umfeldes bildet sich immer mehr aus. Ein fünfjähriges Kind versucht, Ursachen und Konsequenzen persönlicher und fremder Emotionen einschätzen und beeinflussen zu können. Auch das Erinnern an vergangene Emotionen nimmt nun Einfluss auf die Sicht der Dinge und der sozialen Umwelt. Ein besonders wichtiger Faktor ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Empathiefähigkeit. Die Kinder lernen aufgrund der Erinnerung an eigene Erfahrungen, sich in ihr soziales Umfeld hineinversetzen zu können, erlebtes Verhalten zu verstehen und dadurch ihr eigenes Verhalten der Situation anzupassen.

Die eigenen Emotionen regulieren zu können, lernen Kinder ebenfalls im Vorschulalter. So entwickeln sie zum Beispiel Strategien, wie sie sich in Situationen selbst beruhigen oder Mut zusprechen können.

Bei Kindern im Vorschulalter ist es jedoch wie bei jedem Individuum: Der Eine entwickelt Fähigkeiten schneller als der Andere. Dies darf in der Praxis nicht vergessen werden. Jedes Kind muss an dem Entwicklungsstand abgeholt werden, an dem es sich in seiner momentanen Entwicklung befindet. Gleichzeitig ist es dann die Aufgabe von Fachkräften, jedes Kind entsprechend zu fördern, um die persönliche Entwicklung der vorab geschilderten Entwicklungsaspekte positiv zu beeinflussen.

1.3 Sozialkompetenz im Vorschulalter

Unter dem Begriff der Sozialkompetenz versteht man die Fähigkeit, mit anderen Menschen zusammenarbeiten zu können (Bazenova 2020). Sie ist ein „Komplex von Fähigkeiten, die dazu dienen, dem Individuum die Möglichkeit zu geben, in Kommunikations- und Interaktionssituationen, entsprechend den Bedürfnissen der Beteiligten“ handeln zu können (Runde 2017, 1578). Ein guter Teamplayer sollte diese grundlegenden sozialen Kompetenzen anwenden können. Doch wie steht es um die Entwicklung bzw. Ausprägung dieser sozialen Kompetenzen bei Kindern im Vorschulalter? Höhl und Weigelt beschreiben das soziale Denken und Handeln bei Vorschulkindern wie folgt:

„Im Vorschulalter stehen Kinder vor wichtigen Entwicklungsaufgaben in Bezug auf ihre sozialen Beziehungen und Interaktioenen. Sie lernen unter anderem, sich gedanklich in andere Menschen hineinzuversetzen, auch wenn diese eine Überzeugung haben, die nicht mit der Realität übereinstimmt. Sie entwickeln einen Sinn für Fairness und beginnen soziale Regeln und Normen nicht nur einzuhalten, sondern auch bei anderen durchzusetzen“ (Höhl / Weigelt 2015, 95).

In der praktischen Arbeit mit Vorschulkindern zeigt sich, dass die Fähigkeit, sich in Gleichaltrige hineinversetzen zu können, bei der Mehrzahl der Kinder bereits gut ausgeprägt ist. Überlegt die Gruppe nach der Spielerklärung gemeinsam, wie sie die ihnen gestellte Aufgabe lösen wollen, so werden Vorschläge hinterfragt und mit den eigenen Gedanken und Strategien abgeglichen. Kommt es zu Rückschlägen während einer Übung, vermischt sich nicht selten Empathie mit Verständnis. Zeigt ein Gruppenmitglied Emotionen wie zum Beispiel Traurigkeit oder Wut, reagiert sein Gegenüber nicht selten mit Worten wie: „Du musst nicht traurig sein, es ist doch nur ein Spiel.“ Hierbei zeigt sich deutlich, dass ein Vorschulkind nachvollziehen kann, weshalb das Gruppenmitglied traurig ist, es selbst aber eine Einschätzung der Angemessenheit dieser Emotion trifft und auch dazu bereit ist, diese weiterzuvermitteln.

Im Bereich der Fairness lässt sich erkennen, dass das Einhalten der Regeln für nahezu alle Kinder im Vorschulalter oberste Priorität hat. Wenn es zu der Situation kommt, dass eine Regel nicht mehr präsent ist oder ein anderes Kind gegen eine vorgegebene Regel verstößt, fragt das betroffene Kind häufig bei der Spielleitung nach, wendet die Regel dann wieder an oder fordert das andere Gruppenmitglied dazu auf, die Regel unverzüglich wieder einzuhalten. Bei einigen Kindern im Vorschulalter mindert ein nicht konsequentes Einhalten der Spielregeln nach Abschluss des Spiels sogar die Freude über das Erreichen des Ziels. „Eigentlich haben wir ja geschummelt“, ist dann die Aussage, die von diesen Kindern getroffen wird. Es ist ihnen wichtig, dass Vorgaben von allen eingehalten werden und sie sind bereits in der Lage, zu erkennen, dass das Fehlverhalten eines einzelnen Gruppenmitglieds unabhängig vom Spielausgang Konsequenzen für die gesamte Gruppe haben kann.

1.4 Vorschulkinder auf den Lebensabschnitt Schule vorbereiten

Man kann guten Gewissens behaupten, dass sich die allermeisten Vorschulkinder auf den Wechsel in die Grundschule freuen. Endlich lesen, schreiben und rechnen lernen und morgens nicht mehr dahin gehen, wo die kleinen „Babys“ sind, sondern dorthin, wo der große Freund auch ist. Damit der Wechsel auch gut gelingt, kooperieren Kindertagesstätten mit Grundschulen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Es finden Tage der offenen Tür oder Sommerfeste statt, an denen die potentielle Schule besichtigt werden kann. Aber auch Schnuppertage werden von Seiten der Grundschulen angeboten, an denen Vorschulkinder ihre neue Schule besuchen, das Schulgelände kennenlernen und so etwas wie eine erste Unterrichtsstunde erleben. All das wird für einen möglichst reibungslosen Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule unternommen. Doch Schulzeit ist mehr als nur lesen, schreiben und rechnen lernen. Schule heißt auch Teil einer (Klassen-)Gemeinschaft zu sein, sich auf fest definierte Zeitstrukturen einlassen zu können und Unterrichtsinhalten konzentriert sowie Aufgabenstellungen fokussiert folgen zu können. In den nachfolgenden Abschnitten wird auf diese Aspekte, Teil einer Gemeinschaft zu sein und sich auf Unterrichtsinhalte und Aufgabenstellungen einlassen zu können, intensiver eingegangen.

Teil einer Gruppe werden

„Eine Gruppe besteht aus einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern (Gruppenmitgliedern), die zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels (Gruppenziel) über längere Zeit in einem relativ kontinuierlichen Kommunikations- und Interaktionsprozess stehen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit (Wir-Gefühl) entwickeln“ (Schäfers / Lehmann 2006, 99).

Diese Definition einer sozialen Gruppe trifft exakt die Erwartung, mit der Kinder nach dem Wechsel von der Kita in die Grundschule konfrontiert werden. Doch diese Erwartung zu erfüllen, stellt für viele Kinder eine große Herausforderung dar.

Nicht jedes Kind kann sich mit Beginn des ersten Schultages auf seine neue Gruppe einlassen. Für einzelne Kinder kann sich dieser Prozess über Monate, im Extremfall sogar über Schuljahre hinziehen. Mögliche Ursachen hierfür können unterschiedlichen Ursprungs sein. Für Kinder kann die Suche nach dem persönlichen Platz in ihrer neuen Gruppe erschwert werden, wenn sie einen sehr schüchternen Charakter aufweisen, sich aber in einer ansonsten sehr charakterstarken und temperamentvollen Klassengemeinschaft wiederfinden. Im Gegenzug kann auch das Aufeinandertreffen mehrerer „Alphatiere“ innerhalb einer Klassengemeinschaft zu Schwierigkeiten führen, wenn die Kinder nicht über ausreichend soziale Verhaltensstrategien verfügen. Im Kapitel 1.5 wird dargestellt, über welche Verhaltensstrategien Kinder verfügen bzw. welche von den Kindern erlernt werden müssen, damit aus einer Gruppe von Kindern eine (Klassen-)Gemeinschaft entstehen kann.

Die Fähigkeit zu fokussieren

Mit Eintritt in die Grundschule wird von den Kindern erwartet, dass sie sich möglichst schnell, idealerweise prompt, konzentriert und fokussiert, auf das Lernen der Unterrichtinhalte einlassen können. Ab sofort sind kognitive Leistungen wie Kopfrechnen gefragt und Erinnerungsleistungen, wie das Befolgen von Aufforderungen der Lehrkräfte, müssen erbracht werden (Stuber-Bartmann 2018). Strategisches Denken, beispielsweise in Form von Abwägen gewisser Vor- und Nachteile bei einzelnen Arbeitsschritten, ist eine weitere Leistung, die von den Kindern zumindest in Ansätzen erwartet wird. Dasselbe gilt auch für das Verknüpfen des Arbeitsgedächtnisses mit dem Langzeitgedächtnis, um bereits erlerntes Wissen wieder abrufen und mit neuen Lerninhalten verknüpfen zu können. Doch genau hier zeigt uns der Schulalltag verstärkt auf, dass Kinder bei der Erfüllung dieser an sie gerichteten Erwartungen an ihre Grenzen stoßen. Sich auf eine Sache konzentrieren zu können sowie eigene Ideen und Vorstellungen in Erinnerung zu behalten und anschließend umsetzen zu können, ist nicht jedes Kind zu leisten im Stande (Stuber-Bartmann 2018).

Diese Problematik hat auch Auswirkungen auf die Entwicklung einer guten und stabilen Klassengemeinschaft. Kinder messen und vergleichen untereinander ihre schulischen Leistungen. Konkurrenzdenken ist längst keine Ausnahme mehr in den Klassenzimmern der Grundschulen. Es kommt vor, dass SchülerInnen, die die vorab beschriebenen Fähigkeiten nicht in Gänze einsetzen können, zum Gespött ihrer Mitschüler und somit als schwaches Mitglied ihrer sozialen Gruppe abgestempelt werden. Kommt dann noch hinzu, dass kognitiv starke Kinder über schwach ausgeprägte soziale Kompetenzen verfügen, kann das Erreichen von Lernzielen für einzelne Schüler zu einem enormen Kraftakt werden.

1.5 Teamwork-Fähigkeiten entwickeln

Kinder können bereits im Vorschulalter viele Kompetenzen erwerben und Lernerfahrungen machen, wenn sie sich als Teil einer Gruppe bzw. eines Teams erleben. Auch und gerade in diesem Alter sind es wesentliche Erfahrungen, Unterstützung anzubieten und Unterstüzung anzunehmen bzw. annehmen zu müssen. Kann ein Kind im Vorschulalter bereits erkennen, welche Vorteile es mit sich bringt, Teil einer Gruppe zu sein? Mit dieser Frage befassen sich die folgenden Abschnitte.

Was bedeutet es, Unterstützung anzubieten?

Diese Situation kennen wir alle: Wenn wir einem anderen Menschen einen Gefallen tun, egal ob wir diesen kennen oder es sich um eine wildfremde Person handelt, macht sich ein gutes Gefühl in uns breit. Wir fühlen uns gut und gehen mit einem positiven Gefühl aus der Situation wieder hinaus. Und wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei nächster Gelegenheit wieder Hilfe und Unterstützung anbieten, denn es tut uns einfach gut, wenn wir unsere Stärken positiv einsetzen können und uns dafür evtl. sogar Dankbarkeit entgegen gebracht wird.