Der Leichenräuber - Robert Louis Stevenson - E-Book

Der Leichenräuber E-Book

Robert Louis Stevenson

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Beschreibung

Der Leichenräuber ist eine Horrorgeschichte des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson, die 1884 erschien. In novellistischer Form thematisiert Stevenson zwei Fälle abscheulicher Kriminalität zu Zeiten des Anatomen Robert Knox: den Leichendiebstahl und die Beschaffung von Leichen durch Morde. Stevenson hat seine Story über zwei junge Mediziner mit einem Gaststättenbesuch der beiden gealterten Protagonisten in Debenham gerahmt. Der titelgebende Leichenräuber ist Fettes. Dieser bekommt immer einmal Gewissensbisse und im Gegensatz zu Macfarlane ist er ein niederträchtiger Räuber, doch kein Mörder. Der erzählerische Bezug zu den Mördern, die Fettes im Auftrag von Mr. K. zu bezahlen hat, ist nicht herausgearbeitet. Der Inhalt des Leichensackes bringt den Leser gleich nach der Lektüre zum Grübeln. Wie und warum kamen die zerstückelten Überreste von Mr. Gray – gleichsam wieder ordentlich zusammengefügt – in das Grab der Bauersfrau?

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Robert Louis Stevenson

Der Leichenräuber

Gekürzte illustrierte Fassung

Der Leichenräuber

Robert Louis Stevenson

Gekürzte illustrierte Fassung

Impressum

Texte: © Copyright by Robert Louis Stevenson

Umschlag:© Copyright by Walter Brendel

Übersetzer: © Copyright by Walter Brendel

Illustrator: © Copyright by Walter Brendel

Verlag:Das historische Buch, 2021

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

 

Unheimliche Begegnung

Lebensgeschichte

Leichenräuber

Helen

George

Epilog

Unheimliche Begegnung

Am Rande des Dorfes stand das alte Gasthaus „Zum schwarzen Wolf“. Es wurde gern besucht, denn der Wirt wusste alle Neuigkeiten aus der ganzen Umgebung. Hier trafen sich die Männer des Dorfes am Abend, spielten Karten, tranken ein Glas und erzählten sich raue Witze. Ob Sommer oder Winter – im „Schwarzen Wolf“ war immer etwas los.

An einem dunklen Winterabend, der Wirt stand noch hinter der Theke und schenkte kräftig aus, saßen am Stammtisch drei Männer und unterhielten sich über Martin, einen Schollen, der seit zwanzig Jahren im Doll lebte und auch jeden Abend in den „Schwarzen Wolf“ kam. Martin war ein sonderbarer Kauz. Er arbeitete nicht, schien aber etwas Geld zu haben, von dem er lebte. Keiner der Männer wusste etwas von seiner Vergangenheit, und Martin sprach nicht darüber. Alle nannten ihn Doktor, denn es hieß, dass er etwas von Medizin verstünde und zur Not verstände er einen Bruch einzurichten oder eine Verrenkung wieder in Ordnung zu bringen. Doch abgesehen von diesen wenigen Einzelheiten wussten wir eigentlich nichts über seinen Charakter und sein Vorleben.

Sein blauer Mantel gehörte zu den Antiquitäten genau wie der Kirchturm. Sein Herumsitzen in der Wirtstube des „Schwarzen Wolfes“, sein Fernbleiben von der Kirche, seine alten, üblen, schimpflichen Laster betrachtete man im Dorf als ganz natürliche Dinge.

Er hatte gewisse unklare, eingewurzelte Anschauungen, eine gewisse oberflächliche Ungläubigkeit, deren er sich ständig rühmte und die er mit unsicheren Schlägen auf den Tisch verkündete. Er trank Rum - regelmäßig jeden Abend seine fünf Gläser; und die meiste Zeit, während seiner abendlichen Besuche im George saß er, mit dem Glas in der rechten Hand, in einem Stadium trübsinniger alkoholischer Zufriedenheit.

„Wo Martin heute Abend nur bleibt?“ fragt der Wirt beunruhigt seine Tischgenossen.

„Um diese Zeit ist er doch schon immer da und trinkt sein zweites Glas Rum.“

Aber in diesem Moment ging die Tür auf und Martin verlangte lautstark nach seinem Schnaps.

„Was gibt’s neues Wirt“, brummte Martin nach dem zweiten Glas Rum.

„Eben haben Sie einen Gutsbesitzer aus der Nachbarschaft gebracht. Er plötzlich auf dem Weg zum Parlament einen Schlaganfall erlitten.

Er liegt oben, schwerkrank! Und wird vom besten Arzt aus London behandelt, der telegraphisch an sein Bett gerufen wurde.“

„Er ist angekommen“, sagte der Wirt, nachdem er sich seine Pfeife gestopft und angezündet hatte.

„Was sagst Du da, Wirt – ein Arzt aus London soll den Gutsbesitzer behandeln? Wie heißt er denn, he?“

„Es ist Dr. Artur Morris, der beste Arzt Englands!“ erwiderte der Wirt geheimnisvoll.

Martin war mit seinem dritten Glase bald fertig und ziemlich angetrunken. Bald nickte er ein, dann glotzte er wieder verwirrt um sich.

Doch bei dem letzten Wort schien er aufzuwachen und wiederholte den Namen „Moris“ zweimal, das erste Mal noch ganz ruhig, das zweite Mal aber in plötzlicher Erregung.

„Ja,“ sagte der Wirt, „so heißt er. Dr. Artur Morris.“

„Du - Wirt, hast du dich auch nicht verhört? Heißt der Arzt wirklich Morris? Artur Morris?“

„Aber ja, Morris, ich bin ganz sicher!“

Martin war im Augenblick nüchtern. Seine Augen weiteten sich, die Stimme wurde klar, laut und fest, seine Sprache bestimmt und ernst. Wir alle waren über diese Veränderung so erschrocken, wie wenn ein Mann von den Toten auferstanden wäre.

Dann, als er die Erklärung des Wirtes gehört hatte, fügte er hinzu: „Es kann nicht sein; es kann nicht sein; und doch würde ich ihm gern Aug' in Aug' gegenübertreten.

„Kennen Sie den Doktor?“ erkundigte sich der Leichenbestatter und hielt vor Erstaunen den Atem an.

„Das verhüte Gott!“ lautete die Antwort; „und doch, der Name ist selten. Es wäre ein zu erstaunlicher Zufall, zwei Verschiedene anzunehmen. Sagen Sie mir, ist er alt?“

„Hm“, meinte der Gastwirt. „Er ist kein junger Mann mehr, das ist sicher, und sein Haar ist weiß, aber er sieht jünger aus als Sie.“

„Trotzdem ist er älter, Jahre älter, aber,“ mit einem Schlag auf den Tisch, „es ist der Rum, der aus meinem Gesicht spricht - Rum und Sünde.

„Trotzdem ist er älter, Jahre älter, aber,“ mit einem Schlag auf den Tisch, „es ist der Rum, der aus meinem Gesicht spricht - Rum und Sünde. Dieser Mann hat vielleicht ein leichtes Gewissen und eine gute Verdauung. Gewissen! Hört, was ich Euch sage. Ihr glaubt vielleicht, ich wäre ein guter, alter, ehrlicher Christenmensch?

Das denkt Ihr doch? Nein, wahrlich nicht. Ich habe nie scheinheilig geplärrt. Wenn Voltaire in meinen Schuhen steckte, würde er vielleicht zu heucheln angefangen haben. Doch das Hirn“ - dabei schlug er derb gegen seinen kahlen Schädel -, „das Hirn war stets klar und rührig, und ich machte uns, mache mir niemals Flausen vor..“

„Falls dieser Doktor der gleiche ist, den Sie kennen,“ wagte ich nach einer etwas bedrü-ckenden Pause zu bemerken, „so will es mir scheinen, dass Sie die gute Meinung ihres Wirts nicht teilen.

Martin schenkte mir keinerlei Beachtung. Mit einem wilden Schrei fuhr er von seinen Stuhl hoch. Noch nie hatte einer der Männer den sonst so ruhigen Schotten wütend gesehen.

„Ob Martin den Doktor aus London kennt?“ murmelte der Wirt leise. „Welches Interesse hätte er wohl sonst, ihn zu sehen.“

Wieder entstand eine Pause, dann wurde im ersten Stock eine Tür ziemlich laut geschlossen und man hörte einen Schritt auf der Treppe.

„Das ist der Doktor“, rief der Wirt. „Passen Sie gut auf, dann bekommen Sie ihn vielleicht zu Gesicht.“

Es waren nur zwei Schritte aus dem kleinen Wirtszimmer zu der Tür des alten Zum-schwarzen-Wolf-Gasthauses. Die breite Eichenstiege mündete fast auf der Straße. Zwischen Haustürschwelle und der letzten Windung der Treppe war gerade Platz für einen türkischen Teppich und für nichts anderes. Aber dieser kleine Raum war jeden Abend hell erleuchtet, nicht nur durch eine Lampe im Treppenhaus und die große Laterne unter dem Wirtshausschild, sondern außerdem noch durch den warmen Widerschein vom Fenster der Schankstube. Auf diese Weise zog der George schon von weitem die Aufmerksamkeit der auf der kalten Straße Vorübergehenden auf sich.