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Marie hatte gehofft, dass nach der Saison endlich Ruhe in ihr Leben einkehren würde. Stattdessen stolpert sie zusammen mit Christian über die Leiche von Rosa, der Leiterin des örtlichen Tierheims. Die beiden sind erschüttert - wer würde der netten älteren Dame auch nur ein Haar krümmen wollen? Doch es gibt einige Verdächtige, die ein Motiv haben ... Und die einzige Zeugin des Mordes ist ausgerechnet eine Graupapageiendame. Ob sie den Ermittlern helfen kann?
Über die Serie: Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es so weit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!
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Seitenzahl: 219
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Marie hatte gehofft, dass nach der Saison endlich Ruhe in ihr Leben einkehren würde. Stattdessen stolpert sie zusammen mit Christian über die Leiche von Rosa, der Leiterin des örtlichen Tierheims. Die beiden sind erschüttert - wer würde der netten älteren Dame auch nur ein Haar krümmen wollen? Doch es gibt einige Verdächtige, die ein Motiv haben ... Und die einzige Zeugin des Mordes ist ausgerechnet eine Graupapageiendame. Ob sie den Ermittlern helfen kann?
Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es soweit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!
Um ihren Traum von einer eigenen Bar auf Mallorca zu verwirklichen, ist die 30-jährige Marie Holstein nach Mallorca ausgewandert und arbeitet an der Rezeption des Beach Residence and Spa. Sie liebt Strandspaziergänge, Cocktails und das Essen in ihrer neuen Heimat. Mit ihrer lebhaften und freundlichen Art findet sie schnell Anschluss in der Dorfgemeinschaft von Cavís. Doch ein tragischer Todesfall wirft einen Schatten auf den sonnigen Ort und Marie scheint die Einzige zu sein, die nicht an einen Unfall glaubt…
Eigentlich will der 62-jährige pensionierte Mordermittler Christian Munker nur drei Dinge: seine Ruhe haben, seine Routine beibehalten und diesen einen Fall vergessen. Aber was ihn noch mehr nervt als schief angeordnetes Geschirr, sind ungelöste mysteriöse Fälle – und Marie Holstein. Dennoch kann der neurotische Rentner nicht nein sagen, als Marie in um Hilfe bei der Aufklärung des rätselhaften Todes von Gertrud von Timmenbach bittet.
Der 29-jährige Santiago Navarro nimmt seinen Job sehr ernst. Nicht nur, weil ihm seine Karriere bei der Mordkommission der Policía Nacional wichtig ist, sondern auch, weil er Gerechtigkeit will. Doch sein Vorgesetzter steht ihm meist im Weg und bremst ihn aus. Beim Surfen hingegen muss sich Santiago nicht ausbremsen lassen und genießt die Zeit im Wasser und in der Sonne.
Für den neuesten Klatsch und Tratsch ist man bei Alba an der richtigen Adresse. Die sympathische Dame betreibt seit Jahren ihre Boqueria, einen kleinen Supermarkt, an der Promenade von Caví. Ihr Kaffee und ihre Baguettes erfreuen sich großer Beliebtheit.
Cassandra arbeitet ebenfalls im Beach Residence & Spa. Sie hat nicht die deutsche Gründlichkeit inne und geht die Dinge gern entspannt an. Mit ihrer frechen Art versüßt sie Marie oft die Zeit an der Rezeption. Wenn sie nicht arbeitet, entspannt sie sich gerne am Strand oder in einer Bar.
Die 49-jährige Hotelbesitzerin Yolanda Ramirez ist ein Tornado auf zwei Beinen. Wo sie hingeht, entsteht Trubel und Chaos. Besonders wichtig ist ihr der Ruf des Hotels, der so einige Male ins Wanken gerät.
Rubio Alonso ist Kriminalkommissar bei der Policía Nacional. Verbrecher jagen und über mögliche Tathergänge nachzudenken ist ziemlich anstrengend. Deshalb verbringt Rubio seine Zeit lieber in Cafés und Restaurants, wo er sich den Bauch vollschlägt oder seinen Lieblingskräuterlikör Hierbas trinkt – das Ermitteln überlässt er lieber Santiago.
D I E G E F I E D E R T EZ E U G I N
Für Oma.Du hast dein letztes Kapitel vollendet, aber du bleibst unvergessen.
Rosa Linde saß in ihrem Büro und lauschte dem Rattern des Ventilators. Die Hochsaison war zwar vorbei und das Thermometer erreichte nicht mehr die sommerlichen Spitzenwerte, aber dennoch war ihr heiß. Denn die Rechnungen, die sich vor ihr stapelten, trieben ihr den Schweiß auf die Stirn. In ihrem Kopf reihte sich eine rote Zahl an die andere.
Erste Mahnung.
Zweite Mahnung.
Inkasso.
Vollzugsbescheid.
Seufzend vergrub sie das Gesicht in den Händen. Sie führte diese Tierpension seit vielen Jahren mit Herzblut, aber es war kein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen. Ihre kargen Einnahmen reichten ihr gerade zum Leben und ermöglichten ihr, regelmäßig Futter für die Tiere zu kaufen.
Rosa ging einige Dokumente durch, dann blickte sie auf die Mahnung von Petra Carlson. Sie war noch vor wenigen Minuten da gewesen, um mit ihr über die Schulden zu sprechen.
Petra Carlson war eine wohlhabende Geschäftsfrau, die Rosa vor einiger Zeit mit einem großzügigen Privatkredit ausgeholfen hatte. Leider hatte sich ihre finanzielle Situation so zugespitzt, dass sie einige Raten in Verzug geraten war. Etwas, was sie um jeden Preis hatte vermeiden wollen.
Rosa hatte sie angefleht, den Tilgungsbetrag zu senken, doch Petra Carlson war unnachgiebig geblieben. Irgendwie konnte Rosa es ihr nicht verübeln, aber was sollte sie tun? Sie hatte das Geld nicht! Zurzeit jedenfalls nicht.
Leider hatte das Gespräch eine unschöne Wendung genommen. Ein hitziger Streit hatte sich wie ein Flächenbrand ausgebreitet. Petra war temperamentvoll.
Während Rosa ein friedliebender Mensch war und sich stets darum bemühte, freundlich mit anderen umzugehen, war Petra der Kragen geplatzt. Persönliche Beleidigungen waren nur so aus ihr herausgeplatzt. Sie hatte sie sogar körperlich angehen wollen.
Da war dann für Rosa eine Grenze überschritten worden. Sie hatte Petra nach nur wenigen Minuten ihres Gesprächs aus ihrem Büro geschickt. Diese war dann wutentbrannt davongerauscht.
Fahrig wischte Rosa sich über das schweißnasse Gesicht. Ihre Finger zitterten noch immer. Sie konnte das nicht mehr. Sie konnte diesen Druck und den Stress nicht mehr aushalten. All das legte sich wie ein tonnenschweres Gewicht auf ihre Brust, sodass ihr das Atmen schwerfiel. Sie hasste Konflikte so sehr! Und in letzter Zeit hatte sich davon eine Menge gehäuft. Die Schulden, die Auflösung einer Tierfarm, die kürzlich von den Behörden vorgenommen worden war. Daraufhin hatte Rosa sich trotz begrenzter Kapazitäten dazu bereit erklärt, mehrere Hunde zu sich zu nehmen. Und erst gestern hatte sie sich mit ihrem Verpächter gestritten. Felipe Gónzalez Manilo war vollkommen ausgeflippt. Sie hatte Angst bekommen. Er war ein sehr jähzorniger Mann.
Trotz ihrer Angst hatte sie aber den Mut zusammengenommen, um ihn mit ihren Vermutungen zu konfrontieren. Er wollte sie herausekeln, da war sie sich sicher. Er brauchte das Geld, das er bei einem Verkauf für das Grundstück bekommen würde. Den Vertrag, den sie damals geschlossen hatten, konnte er so schnell nicht kündigen. Bisher hatten sie alle zehn Jahre eine weitere Laufzeit vereinbart. Die aktuelle lief in fünf Jahren aus, und offenbar hatte Gónzalez es furchtbar eilig, an das Geld zu kommen.
Ebenso sicher wie über die Tatsache, dass er sie wegekeln wollte, war Rosa sich darüber, dass er für die Schmierereien am Eingangstor und an der Mauer verantwortlich war.
Natürlich hatte er die Vorwürfe empört zurückgewiesen. Er war sicherlich kein Mensch, der vor Intelligenz strotzte, aber gewiss klug genug, um solche Anschuldigungen von sich zu weisen. Schließlich prangte nun eine offenkundige Drohung in weißer und roter Schrift auf ihrer Mauer. Ich werde dich kriegen!, stand dort, und jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte, schüttelte es sie vor Furcht.
Unweigerlich fragte Rosa sich, wozu er noch imstande war. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Seit einiger Zeit manifestierte sich der Stress in ihrem Herzen und in der Brust, wodurch sie kurzatmig wurde – besonders, wenn all diese bedrückenden Gedanken auf einmal über sie herfielen. Sie fühlte sich wie ein Tier in einem viel zu kleinen Käfig. »Das ist doch alles Mist«, knurrte sie und atmete einmal tief ein.
Sie musste einen Weg finden, endlich wieder an Geld zu kommen, um ihre Schulden zu begleichen und diese Tierpension am Leben zu erhalten. Für ihre Schützlinge, allen voran die Hunde.
Plötzlich ertönten Gebell und das Knirschen von Reifen, als jemand auf die mit Kies aufgeschüttete Auffahrt fuhr.
Hatte Petra Carlson etwas vergessen? Oder war es wieder Felipe Gónzalez, der sie weiter drangsalieren wollte?
»Ach, du bist doch schon paranoid«, schimpfte sie laut mit sich selbst. Vielleicht war es auch ein Interessent, der ein Tier adoptieren wollte. Rosa atmete tief gegen das Gefühl der Nervosität an.
Sie hörte, wie die Eingangstür geöffnet wurde. »Ich bin hier im Büro«, rief sie mit zittriger Stimme.
Schnelle Schritte kamen den Flur herauf. Als die Person im Türrahmen erschien, gefror Rosa auf ihrem Stuhl in der Bewegung. Die Kehle wurde ihr eng. Sie konnte nur noch auf die Hundeleine starren. O nein!
In ihren Ohren hörte sie das verzerrte Kreischen des Graupapageien hinter ihr. »Shelly. Shelly. Shelly.«
Das Kläffen und Hecheln der Hunde hallte durch die Bucht. Marie lachte, denn die Freude über den Auslauf war den Vierbeinern anzusehen.
Während der Terrier Hulk, der eine bunte Promenadenmischung aus vielen kleinen Hunderassen war, mit voller Begeisterung durch den Sand und das Wasser jagte, ärgerte der Schäferhundmischling Mika leidenschaftlich gern Christian Munker, einen pensionierten Kriminalkommissar aus Bremen, der seit einiger Zeit auf Mallorca seinen Ruhestand genoss und sich mit Marie angefreundet hatte, obwohl er um einiges älter war als sie.
Lachend wandte sie sich um und beobachtete, wie der Junghund Christian zunächst schwindelig rannte, indem er enge Kreise um ihn drehte und ihn mit sich zog, wobei er die Hose des äußerst peniblen Pensionärs mit Salzwasser und Sand besudelte. Dabei kläffte Mika immer wieder und biss fröhlich in die Leine.
Vor einigen Wochen hatte Marie Christian dazu überredet, bei ihren gemeinsamen Spaziergängen Hunde aus dem Tierheim auszuführen. Auf die Idee war sie gekommen, nachdem sie erfahren hatte, dass sich außerhalb Cavís eine Auffangstation für Straßenhunde und Katzen befand.
Wie immer hatte es etwas Überzeugungsarbeit gebraucht, bis der oftmals etwas umständliche Christian eingewilligt hatte. Aber Marie war überzeugt, dass er im Stillen die Spaziergänge mit den Vierbeinern genoss – außerdem taten sie etwas Gutes und unterstützten die Tierpension, indem sie ab und an einigen Hunden einen großzügigen Auslauf ermöglichten.
Amüsiert beobachtete Marie den schnaubenden Christian bei dem Versuch, den Hund unter Kontrolle zu bringen. »Aus! Nein! Ah – verflixt – du störrisches Tier, du!«
Kichernd schaute sie sich das Spektakel noch einige Sekunden an, ehe sie den Ast nahm, den das Meer angespült hatte. »Mika!«, rief sie mit einer für Hundeohren verführerisch hellen Singsangstimme.
Sofort hielt der Schäferhundmischling inne, blickte mit großen braunen Augen an Christian vorbei zu Marie und legte den Kopf schief.
Die Schnauze klappte auf, und die Zunge fiel heraus. Kurz darauf stob er bellend auf Marie zu – schneller, als sie damit gerechnet hatte. »Oh – Mika! Nein!« Sie riss die Augen auf und schleuderte den Ast in die Wellen.
Doch zu spät: Mika war bereits abgesprungen. Alles lief in Zeitlupe vor Maries Augen ab: Die Hundezunge flatterte im Wind, die fellbewachsenen Beine angewinkelt, die Augen verfolgten den Stock, der sich zu Mikas Unglück von Marie entfernte. Mit dem Schwanz schien der Hund noch die Flugrichtung ändern zu wollen, was ihm aber nur halb gelang, sodass er Marie zwar nicht mit voller Wucht erwischte. Dennoch reichte der Rempler, um sie von den Füßen zu reißen.
Obwohl sie weich fiel, presste ihr der Aufprall die Luft aus den Lungen. Eine Welle schwappte über sie hinweg.
Keuchend blieb Marie liegen und starrte, noch perplex von dem Sturz, in den blauen Himmel, an dem sich weiße Wolken türmten.
Das Meerwasser spritzte ihr ins Gesicht. Es hatte noch eine angenehme Temperatur, obwohl sich die Sommerhitze in den letzten Wochen verzogen hatte.
Mika war weitergelaufen und balancierte nun triumphierend das Treibholz in seinem Maul, wobei er mit erhobener Rute am Wassersaum auf und ab lief.
Gerade als Marie sich aufrichten wollte, stieß nun der kleine Terrier-Mix Hulk seine kalte Schnauze in ihr Auge. »Au! So ein Mist«, jammerte sie und ließ die darauf folgenden feuchten Hundeküsschen über sich ergehen, bis sie sich irgendwann so weit aufgerichtet hatte, dass der kleine Rüde nicht mehr an ihr Gesicht kam.
Eine Hand erschien in ihrem Blickfeld. Marie sah in Christians grinsendes Gesicht. War das etwa Schadenfreude? »Nur zur Erinnerung: Das war deine Idee mit dem Gassigehen.« Er zog sie auf die Beine.
»Das stimmt.« Marie klopfte sich den Sand von der größtenteils durchnässten Jeans. Dann lachte sie. »Das war wohl die Strafe dafür, dass mich dein Kampf mit Mika ein bisschen zu sehr amüsiert hat.«
Christian hob eine Braue und verschränkte die Arme. »Soso, Frau Holstein, Sie laben sich also am Leid anderer.«
»Am Leid?« Marie schnaubte. »Bist du da nicht etwas überdramatisch und übertreibst?« Sie untermauerte ihre Frage, indem sie einen kleinen Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger andeutete. In der Zwischenzeit kam Mika mit dem Ast im Maul zu ihr und ließ ihn stolz vor ihren Füßen in den Sand fallen. »Mika ist halt ein junger Hüpfer. Er braucht noch ein wenig Erziehung.«
»Aber nur ein wenig«, brummte Christian ironisch und zuckte mit den Schultern, als er sich einer einzelnen stummen Lachsalve hingab. »Jetzt untertreibst du, nicht?«
Marie bedachte den Schäferhund, der nun in die Wellen biss, nachdem sie seine auffordernden Blicke ignoriert hatte. »Vielleicht braucht er auch etwas mehr Erziehung und Anleitung. Er ist ja quasi noch ein Baby.« Mikas Alter wurde auf ungefähr sieben Monate geschätzt.
»Ein fünfundzwanzig Kilo schweres Baby, das wie eine wild gewordene Abrissbirne durch die Gegend titscht«, grunzte Christian.
Hulk, der kleine Terrier, rannte unterdessen bellend im Kreis. Mit angelegten Ohren flitzte er durch das Wasser, achtete darauf, dass keine der Wellen ihn erwischte, und raste dann durch den Sand.
Christian beobachtete das Spiel einige Sekunden. »Und der hat nur einen Sendekanal in Dauerschleife.«
Marie lachte, schlug dem unverbesserlichen Miesepeter aber auch sanft auf den Oberarm. »Christian«, tadelte sie. »Das sind ehemalige Straßenhunde, die haben alle ihr Päckchen zu tragen und viel erlebt.«
Christians Züge glätteten sich. »Ja, du hast ja recht.«
Marie warf einen Blick über das türkisfarben schimmernde Meer, atmete tief die salzige Luft ein und lauschte dem Rauschen der Wellen. Am Meer zu sein, es zu riechen und zu hören, den Sand unter den Fingern zu spüren, all das erfüllte Marie jedes Mal mit einem kribbelnden Gefühl des Glücks. Das war nach ihrem Umzug auf die Sonneninsel nun ihr Leben! Manchmal konnte sie es selbst nicht glauben.
Die milde Oktobersonne versteckte sich ab und an hinter den Wolken, die sich wie riesige Zuckerwatteberge auftürmten.
Marie genoss das mallorquinische Klima. Es war nicht mehr so schrecklich heiß, was es auch für die Vierbeiner angenehmer machte. Nun wurde es aber Zeit, die Hunde zur Tierfarm zurückzubringen. Also schlenderten Christian und sie langsam zurück in Richtung Pinienwald.
Während Mika ungestüm durch das Dickicht stromerte, dabei das ein oder andere Mal über Äste stolperte oder gegen Bäume prallte, weil er in all seinem jugendlichen Leichtsinn nicht wirklich nach vorne sah, blieb Hulk hinter Christian und Marie, kläffte hier und da seinen Hunde-Kameraden, Wanderer oder Vögel an.
Der von Nadeln bedeckte Waldboden dämpfte ihre Schritte, die Luft war erfüllt vom Duft des Harzes, und über ihnen knarrten die Baumkronen, die sich in den gelegentlichen Böen wiegten.
Marie atmete die Luft tief ein und genoss den Spaziergang mit Christian und den Hunden in vollen Zügen. Auch der neurotische Mordermittler wirkte entspannter. Er machte heute einen viel gelösteren Eindruck und schien weniger steif zu sein als sonst.
»Wie läuft es mit deiner Bar?«, fragte er nun.
Augenblicklich erschien ein breites Lächeln auf Maries Lippen. Ihr Herz stolperte vor Aufregung. »Die Renovierung geht erstaunlich gut voran. Es sind ein paar Dinge ausgebessert worden, und die Toiletten lasse ich auch noch sanieren, damit sie neuer und moderner sind, aber bald kann ich das Lokal streichen und mir Gedanken über die Inneneinrichtung machen.« Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. »Ich habe so viele Ideen.«
Christian lächelte und nickte wie ein stolzer Onkel. Sacht tätschelte er ihre Schulter. »Das freut mich sehr für dich. Sicherlich werde ich nach deiner Eröffnung dann und wann aus meiner Routine ausbrechen und etwas bei dir trinken kommen.«
»Du wirst der Ehrengast meiner Bar.«
Christian bedachte sie mit einem schnellen Blick. »Hast du noch keinen Namen für sie?«
Marie ließ die Schultern hängen und seufzte. »Nein, und das macht mich total wahnsinnig. Eigentlich bin ich gut in so etwas. Konzepte erstellen und mir Bezeichnungen ausdenken. Aber irgendwie ist diesmal nichts gut genug.«
»Wie wäre es mit Chez Marie?«
»Etwas Französisches – hier auf der spanischen Insel?« Marie seufzte. »Ist ein schöner Name, aber ich fürchte, dass er nicht passt.«
»Na ja, ich bin leider überhaupt nicht gut in so etwas.«
Marie streichelte lächelnd seinen Arm. »Trotzdem danke.«
»Falls du aber mal Hilfe bei den Renovierungen benötigst, denk gern an mich. Handwerklich habe ich doch etwas auf dem Kasten.«
»Darauf werde ich ganz bestimmt zurückkommen.«
Die beiden lächelten einander an und schlugen nun einen breiten Weg ein, der sich in einigen Kurven durch den Pinienwald schlang. An dessen Ende befand sich auf einer großen Lichtung das Tierheim von Rosa Linde. Es war ein friedlich gelegener Ort.
Mika und Hulk stoben bereits vorneweg, was Marie rührselig stimmte. Auch wenn die Hunde eine oft schmerzliche Vergangenheit hatten und sich mit vielen anderen Vierbeinern den Platz bei Rosa Linde teilen mussten, nur relativ wenig Auslauf bekamen und sehnsüchtig auf ein liebevolles eigenes Zuhause warteten, liefen sie dennoch mit Freude zurück zum Tierheim. Hunde blickten immer positiv nach vorn. Das zeigte Marie, dass man voller Zuversicht leben sollte.
Doch Hulk und Mika konnten auch von Glück sagen, dass man sie in Rosa Lindes Auffangstation gebracht hatte. Die fünfzigjährige Deutsche war vor zwanzig Jahren mit diesem Traum ausgewandert und kümmerte sich mit Herzblut und großem Engagement um die Tiere. Sie war eine kleine, rundliche Frau mit kurzen blonden Haaren und sonnengegerbter Haut. Weil sie so viel rauchte, hatte sie eine sehr raue Stimme, und ihr Lachen war … einprägsam. Insgesamt war sie eine Persönlichkeit, an die Christian sich erst einmal hatte gewöhnen müssen.
Der Weg öffnete sich nun, und sie erblickten das Tor, das vor einigen Tagen beschmiert worden war.
Fürchterlich, dachte Marie. Wie man so etwas einer Frau antun konnte, die ihr ganzes Leben der Aufgabe widmete, Streunern ein liebevolles Zuhause zu geben.
»Was ist denn da für ein Tumult?« Christians Frage riss Marie zurück ins Hier und Jetzt.
Blinzelnd blickte sie auf. Hinter dem Tor kamen ein mediterran anmutendes Haus und ein alter Stall zum Vorschein, der für die Hunde umgebaut worden war.
Die Ausläufe für die Tiere befanden sich hinter den Gebäuden. Anders als sonst tummelten sich Rosas Schützlinge auf dem Hof. Wie ungewöhnlich! Überall bellende und jaulende Hunde. Einige wirkten aufgeregt, liefen auf und ab, andere machten sich an den Futtersäcken zu schaffen, die in Schubkarren unter einem Carport nahe dem Wohnhaus deponiert worden waren. Was für ein Chaos!
Unzählige Hunde liefen kreuz und quer.
»Das Tor steht auf«, stellte Christian fest, nachdem sie hindurchgeschlüpft waren. Der eine Torflügel war bloß angelehnt gewesen, und Marie konnte nur hoffen, dass keiner der Hunde ausgebüxt war.
Bei ihrem ersten Besuch hatte Rosa Linde die beiden zuerst über die Wichtigkeit aufgeklärt, dass das Tor immer sorgsam geschlossen werden musste, damit keiner ihrer Schützlinge abhandenkam, falls sie sich doch einmal im Hof aufhielten.
Aber noch nie hatte Marie das erlebt – geschweige denn, dass sich nun sämtliche Tierheimbewohner hier draußen vor den Gebäuden tummelten.
Mika und Hulk waren Christian und Marie gefolgt und mischten sich nun unter die anderen Hunde. Marie überlegte kurz, ob sie sie wieder einfangen sollten, fürchtete jedoch, dass es nur noch mehr Anspannung in die ohnehin schon aufgeregte Truppe bringen würde.
Sorgfältig schloss sie das Tor, damit keines der Tiere entwischte. In der Ferne konnte sie sehen, dass sich einige Katzen auf das Dach der Pension gerettet hatten und das Treiben der Hunde argwöhnisch beobachteten.
»Die Haustür ist auch geöffnet!«, rief Marie, die sich gegen mehrere gefräßige Vierbeiner zur Wehr setzen musste, weil diese ihren Leckerli-Beutel entdeckt hatten.
Große wie kleine Hunde sprangen an ihr empor, um an die Snacks zu gelangen. Immer wieder geriet Marie ins Straucheln. Für jeden Hund, den sie von sich schob, kam ein weiterer dazu.
»Nun schmeiß das olle Ding schon weg!«, rief Christian über das Kläffen und Jaulen der Vierbeiner hinweg.
Als Marie mit weit aufgerissenen Augen sah, dass der Kangal-Rüde Beppo sie ebenfalls ins Auge gefasst hatte, tat sie wie geheißen und schleuderte den Beutel im hohen Bogen von sich.
Die Leckerlis verstreuten sich quer über den staubigen Boden. Glücklicherweise ließen die Hunde nun von ihr ab und stürzten sich auf die Leckereien.
Aber Maries Gefühl der Erleichterung hielt nur kurz an, denn nun brach ein Streit zwischen den Tieren aus. Knurren und Bellen ertönte. Winselnd zogen manche im Kampf um die Leckerlis den Kürzeren, andere stürzten sich fressneidisch aufeinander.
»O Gott! Nein! Aus!«, rief Marie und wollte dazwischengehen, doch Christian zog sie mit sich in Richtung Wohnhaus. »Lass das. Sonst wirst du noch verletzt. Schnell. Wir müssen Frau Linde holen.«
»Rosa?« Maries Rufe gellten durch den schmalen Flur. Da sie Rosa immer nur auf dem Hof oder bei den Hundezwingern angetroffen hatte, wusste sie nicht genau, wo die Tierheim-Besitzerin sich nun befinden mochte. Marie war jedoch aus deren Erzählungen bekannt, dass sich in diesem Bereich des Gebäudes sowohl Rosas Büro als auch ihre privaten Räumlichkeiten befanden.
Intuitiv folgte Marie einem leisen Summen, das – so vermutete sie – von einem Ventilator stammte. Links und rechts von ihr gingen Türen ab, die allesamt geschlossen waren. »Rosa!«, rief Marie noch einmal. Vielleicht hatte die Tierheimleiterin sie beim ersten Mal nicht gehört.
Eilig steuerte sie auf die geöffnete Tür zu und stolperte über die Schwelle, Christian dicht auf den Fersen. Wie auf dem Hof war auch in diesem Raum das Chaos ausgebrochen. Papiere, Aktenordner, Bücher und Schreibtischdekoration lagen auf dem Boden verstreut. Der Ventilator in der Ecke tat sein Übriges und wirbelte immer wieder neue Blätter auf, während er gleichzeitig den Raum mit einem beständigen Surren füllte.
Unterbrochen wurde das Geräusch vom aufgeregten Krächzen eines Grau-Papageien. Immer wieder schlug er mit den Flügeln und traf damit die Gitterstäbe seines Käfigs. Dennoch ließ er sich nicht von seinem Tun abhalten.
Maries Magen verwandelte sich in einen Stein. Was war hier nur geschehen? Sie blickte zum Bürostuhl, der mitten im Raum stand und dessen Rückenlehne ihnen zugewandt war. Rosas freche blonde Kurzhaarfrisur lugte oben über die Lehne hinweg. Rosas kurze Beine kamen hinter den Stuhlbeinen zum Vorschein. Mehr konnte Marie von ihr nicht sehen.
»Rosa?« Maries Stimme klang dünn.
In diesem Moment trat Christian an ihr vorbei, bedacht darauf, nicht auf die Zettel und Akten auf dem Boden zu treten. »Ich hoffe, es ist nicht das, was ich …« Er streckte sich zum Bürostuhl.
Ein Schauer ergriff sie. Langsam drehte Christian den Stuhl herum, und Marie schlug nach Atem ringend die Hände vor den Mund. »O Gott!«
Auf ihrem Bürostuhl zusammengesunken saß Rosa Linde. Ihr Kopf war zur Seite gekippt, die Lippen blau, das Gesicht unnatürlich blass.
»Ist … das eine Hundeleine?«, stieß Marie mit krächzender Stimme hervor und deutete auf die Leine um den Hals der Tierheim-Leiterin.
Mit ernster Miene legte Christian zwei Finger an die Halsschlagader der Frau. Nach zwei Minuten, die sich anfühlten wie eine halbe Ewigkeit, schüttelte er betroffen den Kopf. »Da ist nichts mehr zu machen.« Er sah sie eindringlich an. »Fass hier nichts an, sondern ruf lieber gleich die Polizei.«
Es dauerte nur wenige Minuten, den Notruf abzusetzen. Vorsichtshalber hatte Marie die Polizistin am anderen Ende der Leitung darüber informiert, dass schätzungsweise weit über dreißig Hunde über den Hof liefen und ein heilloses Chaos ausgebrochen war. Es war nicht auszuschließen, dass einige Tiere beim Erscheinen der Einsatzkräfte vielleicht aggressiv reagierten.
Nachdem sie aufgelegt und mehrmals tief durchgeatmet hatte, wandte sie sich um. Und wollte ihren Augen nicht trauen. »Christian!«, sagte sie empört. »Was tust du da?«
Abrupt hielt er in der Bewegung inne und blickte Marie dabei ertappt an. Den Ärmel seines Hemdes über die Hand gezogen, hielt er einen Stift, um einen Blick unter die Hundeleine zu werfen, die um Rosa Lindes Hals geschlungen war. »Ich … Ich untersuche den Tatort?« Er blinzelte.
»Warum fummelst du dann an der Leiche herum?« Marie gestikulierte wild in der Luft umher. »Du bringst uns noch in Schwierigkeiten! Denk nur an Bianca Toledo und daran, wie es mir nach dem Mord an ihr ergangen ist!«
Empört schnappte Christian nach Luft. »›Fummeln‹!«, grunzte er. »Na, hör mal, ich fummele hier nicht, ich untersuche. Es könnte ja auch sein, dass Rosa Linde anders gestorben ist, als der Täter uns hier glauben machen will. Ich schaue nur nach Würgemalen.« Er führte die fragwürdige Prozedur fort. »Wenn nachher die Gerichtsmedizinerin kommt, kann ich das nicht mehr überprüfen.«