Der Mallorca Mord Club - Tödliche Hitze - Laura Nieland - E-Book
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Der Mallorca Mord Club - Tödliche Hitze E-Book

Laura Nieland

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Beschreibung

Marie macht eine grausige Entdeckung: Die gut betuchte Gertrud von Timmenbach liegt tot in der Hotel-Sauna! Die Policia Nacional vermutet einen tragischen Unfall, denn die ältere Dame ist an Herzversagen durch Überhitzung gestorben. Doch Marie ist sich sicher, dass etwas nicht stimmt. Treibt ein Mörder sein Unwesen im Urlaubsparadies? Sie bittet den pensionierten Kommissar Christian um Hilfe, der eigentlich nur seinen Ruhestand auf der Ferieninsel genießen will. Gemeinsam macht sich das ungleiche Duo auf die Suche nach der Wahrheit ...

Über die Serie: Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es so weit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeDer Mallorca Mord Club – Die SerieDie ProtagonistenTitelWidmungProlog1. Klatsch und Tratsch bei Alba2. Alemana3. Ausgedehnte Sauna-Sitzung4. Ein Saunaunfall für die Akten5. Es war Mord!6. Mojito und Meer7. Ermitteln für Anfänger8. Eistee und Verdächtige9. Ad acta10. Die Timmenbachs sind los!11. Unverhoffte Begegnung12. Neue Wege13. Kiara von Timmenbach14. Ein Tisch für zwei15. Das verschwundene Collier16. Eine saubere Sache17. Auf einem Kaktus sitzt es sich gut18. Die Tatwaffe19. Ein fast freier Tag20. Die Johansons21. Beerdigungsvorbereitungen22. Waren es die Johansons?23. Ein hitziges Verhör24. Die Wendung25. Der unbekannte Liebhaber26. Die Falle27. Ende gut, alles gutCocktail RezepteIn der nächsten FolgeDanksagungLeseprobeÜber die AutorinImpressum

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Über diese Folge

Marie macht eine grausige Entdeckung: Die gut betuchte Gertrud von Timmenbach liegt tot in der Hotel-Sauna! Die Policia Nacional vermutet einen tragischen Unfall, denn die ältere Dame ist an Herzversagen durch Überhitzung gestorben. Doch Marie ist sich sicher, dass etwas nicht stimmt. Treibt ein Mörder sein Unwesen im Urlaubsparadies? Sie bittet den pensionierten Kommissar Christian um Hilfe, der eigentlich nur seinen Ruhestand auf der Ferieninsel genießen will. Gemeinsam macht sich das ungleiche Duo auf die Suche nach der Wahrheit …

Der Mallorca Mord Club – Die Serie

Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es soweit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!

Die Protagonisten

Um ihren Traum von einer eigenen Bar auf Mallorca zu verwirklichen, ist die 30-jährige Marie Holstein nach Mallorca ausgewandert und arbeitet an der Rezeption des Beach Residence and Spa. Sie liebt Strandspaziergänge, Cocktails und das Essen in ihrer neuen Heimat. Mit ihrer lebhaften und freundlichen Art findet sie schnell Anschluss in der Dorfgemeinschaft von Cavís. Doch ein tragischer Todesfall wirft einen Schatten auf den sonnigen Ort und Marie scheint die Einzige zu sein, die nicht an einen Unfall glaubt …

Eigentlich will der 62-jährige pensionierte Mordermittler Christian Munker nur drei Dinge: seine Ruhe haben, seine Routine beibehalten und diesen einen Fall vergessen. Aber was ihn noch mehr nervt als schief angeordnetes Geschirr, sind ungelöste mysteriöse Fälle – und Marie Holstein. Dennoch kann der neurotische Rentner nicht nein sagen, als Marie in um Hilfe bei der Aufklärung des rätselhaften Todes von Gertrud von Timmenbach bittet.

Der 29-jährige Santiago Navarro nimmt seinen Job sehr ernst. Nicht nur, weil ihm seine Karriere bei der Mordkommission der Policía Nacional wichtig ist, sondern auch, weil er Gerechtigkeit will. Doch sein Vorgesetzter steht ihm meist im Weg und bremst ihn aus. Beim Surfen hingegen muss sich Santiago nicht ausbremsen lassen und genießt die Zeit im Wasser und in der Sonne.

Für den neuesten Klatsch und Tratsch ist man bei Alba an der richtigen Adresse. Die sympathische Dame betreibt seit Jahren ihre Boqueria, einen kleinen Supermarkt, an der Promenade von Caví. Ihr Kaffee und ihre Baguettes erfreuen sich großer Beliebtheit.

Cassandra arbeitet ebenfalls im Beach Residence & Spa. Sie hat nicht die deutsche Gründlichkeit inne und geht die Dinge gern entspannt an. Mit ihrer frechen Art versüßt sie Marie oft die Zeit an der Rezeption. Wenn sie nicht arbeitet, entspannt sie sich gerne am Strand oder in einer Bar.

Die 49-jährige Hotelbesitzerin Yolanda Ramirez ist ein Tornado auf zwei Beinen. Wo sie hingeht, entsteht Trubel und Chaos. Besonders wichtig ist ihr der Ruf des Hotels, der so einige Male ins Wanken gerät.

Rubio Alonso ist Kriminalkommissar bei der Policía Nacional. Verbrecher jagen und über mögliche Tathergänge nachzudenken ist ziemlich anstrengend. Deshalb verbringt Rubio seine Zeit lieber in Cafés und Restaurants, wo er sich den Bauch vollschlägt oder seinen Lieblingskräuterlikör Hierbas trinkt – das Ermitteln überlässt er lieber Santiago.

T Ö D L I C H E H I T Z E

Für D, meinen Sohn,weil wir den Großteil dieser Serie zusammen geschrieben haben.

Prolog

Es war heiß. Zu heiß. Gertrud von Timmenbach rann der Schweiß in Sturzbächen hinunter. Ihre Haut war bereits mit roten Flecken übersät. Sie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht; ihr Make-up fühlte sich klebrig wie flüssiges Pech an.

Gertrud stöhnte. Normalerweise liebte sie das Schwitzen und die Hitze während ihrer regelmäßigen Saunagänge. Doch heute schien sie die trockene, heiße Luft nicht zu vertragen. Diese Hitze … Mit der Hand fächerte sie sich Luft zu, doch es war zwecklos.

Ächzend erhob sie sich von der Sitzbank und spürte gleich den Schwindel, der sie erfasste. Kurz blieb sie stehen, schloss die Augen und fing sich wieder. Sie fühlte, wie Schweißperlen ihr Dekolleté hinabglitten. Inzwischen war ihr ganzer Körper, den sie trotz ihres Alters von siebzig Jahren wie einen Tempel hütete, den sie pflegte, balsamierte und mit Gymnastik straff hielt, über und über mit einem Schweißfilm bedeckt.

Gertrud von Timmenbach drückte mit der Hand gegen die Tür … und stutzte. Unwillkürlich entrang sich ihr ein ungläubiges Lachen, ehe sie noch einmal – dieses Mal kräftiger – gegen die Holztür drückte. Nichts. Sie ließ sich nicht öffnen.

Gertrud spürte, wie ihr die Kehle eng wurde. Sie blickte aus dem kleinen Fenster. Seltsam. Der Spa-Bereich lag in vollkommener Dunkelheit da.

Sie begann zu klopfen. »Die Tür geht nicht auf«, rief sie. »Hilfe!« Sie rüttelte, kämpfte dabei die aufkeimende Panik nieder.

Ein weiteres Mal drückte und presste sie gegen das warme Holz an. Doch es blieb unnachgiebig.

Gertrud von Timmenbachs Atmung ging flach und keuchend. Sie wollte hier raus! Sie wollte nur hier raus! Auf der Stelle! Die Hitze umfing sie, drang in jede ihrer Poren. Ihr Blut schien bereits zu sieden, und sie spürte jeden Schweißtropfen, der über ihre Haut kitzelte. Gertrud fühlte sich wie eine Kerze aus Wachs, die langsam dahinschmolz. Sie wäre am liebsten aus ihrer Haut gefahren.

Wieso war die Tür verschlossen, verdammt?! Sie war doch nie verschlossen!

Als die Panik sich wie ein Würgegriff um ihren Hals legte, warf sie sich mit der Schulter gegen die Tür. Nichts. Das Holz blieb stur und unnachgiebig. Dafür schmerzten ihre Schultern.

»Hilfe!«, schrie Gertrud von Timmenbach. »H-I-L-F-E!« Doch niemand kam. Niemand hörte sie. Sie war allein.

Ein brennender Schmerz stieg in ihrem Oberbauch auf. Was war das? Stöhnend taumelte sie zurück. Gertrud fasste sich an ihr wild galoppierendes Herz. Es schmerzte bis in den Arm hinein.

Die Luft wurde ihr knapp. Gertrud lauschte panisch ihrem eigenen stoßweisen Atem. Was war denn das? Dieses Ziehen zwischen den Rippen? Bekam sie etwa einen Herzanfall?

Noch einmal versuchte sie, die Tür zu öffnen, krallte die Finger in den winzigen Spalt zwischen Tür und Seitenwand. Dabei schien ihr Herz immer wilder zu hämmern, und die heiße Luft wurde dünn und dünner.

Der Schmerz in ihrer Brust zwang sie in die Knie. Gertrud von Timmenbach stöhnte. Würde das nun ihr Ende sein? Das durfte doch nicht wahr sein! Erst vor einigen Jahren hatte sie sich zur Ruhe gesetzt, um ihr Schmuckimperium an ihre beiden Kinder zu übergeben. Sie hatte nun noch einmal wirklich leben wollen – hier auf Mallorca – mit gutem Wein, noch besserem, zwanglosem Sex und fantastischem Essen.

Aber das hier war ihrer nicht würdig. So sollte es nicht enden!

Gertrud von Timmenbach brach auf dem Holzboden zusammen. Ihr Herz setzte schmerzhaft aus, und während sie an die Decke der Sauna starrte, wurde ihr mit einem letzten Gedanken bewusst, dass jemand sie hier eingesperrt hatte.

1.Klatsch und Tratsch bei Alba

Das Knattern und Spucken des Rollerauspuffs störte die Stille des ruhigen Dienstagmorgens.

Sie folgte einer der vielen schmalen Straßen, die durch das Pueblo des Cavernícolas verlief. Dicht aneinandergedrängte Ferienhäuser in mediterranem Stil säumten diese. Ihre farbenfrohen Fassaden, die mal in Rosa, mal in Hellblau oder in Gelb erstrahlten, flogen vorbei und verschwammen in Maries Blickfeld.

In den Vorgärten erblühten Oleander und Bougainvilleen, die ihre üppige, strahlend pinke Blütenpracht an Mauern und Wänden präsentierten. Ihr süßer Duft erfüllte die Straße, und Marie sog diesen Duft genüsslich ein. In einem anderen Vorgarten bewunderte sie das strahlende Gelb einer Mimose, das sich scharf gegen den klaren blauen Himmel abzeichnete.

Verträumt betrachtete Marie die Farbexplosionen in den verschiedenen Gärten und spürte das Kribbeln, als sie über die Tondächer der Häuser einen Blick auf das glitzernde Meer erhaschte, dessen Blau mit dem Horizont verschmolz. Majestätisch ragten die grün bedeckten Berge ins Wasser und fingen das goldene Sonnenlicht des Morgens ein.

Eine Gruppe Spatzen löste sich schnatternd aus einem dichten Busch und flatterte über die Straße, direkt vor Maries Roller.

Erschrocken klammerte sie sich am Lenkrad fest und drosselte das Tempo. Puh, das war knapp gewesen! Sie wollte ungern ihren Morgen mit einem toten Vogel beginnen.

Marie riss sich von diesem Anblick los und lenkte den Roller bergab durch die engen Gassen. Hier ersetzten Restaurants, Cafés und kleine unabhängige Supermärkte, die Getränke, Lebensmittel, Sonnencreme und alles, was man am Strand so brauchte – verkauften, die Wohn- und Ferienhäuser.

Hier verblassten die Farben. Die Häuser waren älter und aus Natursteinen gebaut. Lediglich die Fensterläden erstrahlten in Blau oder Rot, wobei einige ebenfalls in die Jahre gekommen waren. Der Lack platzte bereits an der einen oder anderen Stelle ab.

Marie wich den bunten Blumen in den großen Kübeln aus, die die gesamte Gasse und einzelne Hauseingänge säumten. Über ihr flatterten Shirts und Hosen an den Wäscheleinen, die vor den Fenstern gespannt waren. Durch die Gassen wehte ein frischer Morgenwind, der den salzigen Duft des Meeres mit sich trug.

Hier war das Dorf bereits zum Leben erwacht. Ladenbesitzer zogen die Rollläden hoch und stellten die Schilder vor ihren Geschäften auf. Sie begrüßten laut und fröhlich ihre Nachbarn, zumeist ältere Damen, die, mit Einkaufskörben und –netzen bewaffnet, zu den kleinen Supermärkten schlenderten. An beinahe jeder Ecke wurde ein Pläuschchen gehalten. Anders als in Maries alter Heimat Deutschland schienen die Menschen hier alle Zeit der Welt zu haben.

Marie rauschte weiter die Straße hinab, vorbei an der Poststelle und der kleinen Arztpraxis. Zwischen den Gebäuden lugte immer wieder das glitzernde Meer hervor und lockte Marie mit dem verführerischen Schimmern der Morgensonne zu sich.

Sie folgte dem Ruf, überquerte eine weitere breite Straße in der Nähe des Marktplatzes, wo die Händler bereits ihre Stände aufbauten und Waren auslegten, und befand sich nach der nächsten Gasse auf der Promenade. Das Schreien der Möwen war hier allgegenwärtig. Die Häuser an der Promenade waren ebenfalls mediterrane Altbauten, aus Naturstein erbaut. Die typischen Tonziegel schimmerten rotbraun im Sonnenlicht.

Dicht an dicht reihten sich die modernisierten Gebäude aneinander. In jedem befand sich ein Ladenlokal, ein Café, ein Restaurant oder eine Boutique, die bereits ihre farbenfrohe Strandmode auf den Kleiderständern präsentierte. Andere Läden lockten mit Strandtüchern und aufblasbaren Schwimmringen. Besonders beliebt waren derzeit offenbar Schwäne, Einhörner und Flamingos.

Den Asphalt der Promenade hatte man dank des wachsenden Tourismus erneuern können, er passte sich heutzutage in der rötlichen Farbe den Ziegeln der Dächer an. Der Weg mündete im weißen Sand des Strandes, der sich über einige Meter erstreckte und in einem Naturschutzgebiet aus Pinienwäldern endete.

Marie lenkte den Roller nach oben, die Promenade hinauf, wo der Duft des Meeres von den Gerüchen aus verschiedenen Cafés und Restaurants verdrängt wurde. Es roch nach süßem Gebäck, gebratenen Eiern und Kaffee, die die Touristen spätestens am Nachmittag in die Cafés locken würden.

Vor einer pescadería fuhr Marie durch eine Geruchswolke von frischem Fisch und Tintenfisch, der gerade von dem lokalen Fischer angeliefert wurde. Der Besitzer des Fischgeschäfts hatte ihn offenbar schon erwartet. Die beiden muskulösen, braun gebrannten Männer feilschten lauthals um den Preis.

Marie freute sich bereits auf den Feierabend. Dann würde es hier herrlich nach gegrillten Fisch- und Fleischgerichten duften. Vor allem die Düfte aus Marcos’ beliebtem Restaurant, das ganz oben auf den Klippen mit Blick auf das Meer thronte, hatten es Marie schon in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft auf der Insel angetan.

Doch nun folgte sie nur einem Duft: dem Geruch ihres Cappuccinos, der bestimmt schon auf sie wartete. Ebenso wie ihr fertig belegtes Baguette.

Auf ihrem Weg zur Boqueria winkte Marie Candela zu, der immer fröhlichen Boutique-Besitzerin. Die dunkelhaarige junge Frau war gerade dabei, die hübschen Strandkleider auf der Stange vor ihrem Geschäft zu arrangieren, als sie Marie auf dem Roller erblickte. Lächelnd erwiderte sie den Gruß.

Marie war bereits seit sechs Wochen hier auf Mallorca, und beinahe jeder Bewohner von El Pueblo des Cavernícolas hatte sie mit offenen Armen empfangen.

Vor Albas Boqueria, kurz bevor die Promenade zu einem steilen Anstieg zu den Klippen und zu Marcos’ Restaurant ansetzte, hielt Marie an und ließ das Knattern des Rollers ersterben.

»Sieh an, sieh an! Wer ist denn da aus dem Bett gefallen?« Alba warf sich ein Geschirrtuch über die Schulter. Sie war eine kleine Frau mit einem großen Mundwerk und einem ausladenden Busen, aber einem noch größeren, warmen Herzen.

Marie steckte sich eine vom Fahrtwind verirrte blonde Strähne hinter das Ohr und lachte. »Buenos días, Alba! Sollte ich mir Sorgen machen, weil du weißt, dass ich tatsächlich aus dem Bett gefallen bin?« Marie dachte an ihren etwas chaotischen Tagesanfang zurück, an dem sie – nicht zum ersten Mal – bei dem Versuch, ihren nervigen Wecker auszuschalten, aus dem Bett gepoltert war. Bei diesem Gedanken rieb sie sich den Steiß. »Mein Allerwertester hat inzwischen mehr Flecken als ein Dalmatiner.«

Alba lachte, was sich bei ihrer schmirgelpapierrauen Stimme anhörte, als sägte man einen Baum durch. »Mira, chica, du bist zehn Minuten später hier als sonst.« Sie zwinkerte Marie zu und schob ihr ein in Papier eingeschlagenes belegtes Baguette und ihren allmorgendlichen Cappuccino hinüber.

»Du bist die Beste, Alba«, sagte Marie dankbar und trank einen Schluck Kaffee. Er schmeckte genau so, wie Kaffee ihrer Meinung nach schmecken musste: stark und aromatisch.

Alba wischte mit energischen Bewegungen über die Theke. »Ich weiß, chica, deswegen kommen ja alle so gern zu mir.« Sie zwinkerte wieder und lachte ihr typisches Alba-Lachen, dessentwegen man sie gleich lieb gewann. »Für Baguettes, heißen Kaffee, kalte Getränke und den neuesten Tratsch, der in Caví umgeht.« Sie sang kurz eine spanische Strophe mit, die aus dem älteren Radio auf einem Regal über ihr erklang.

»Caví« war der liebevolle Spitzname, den die Einheimischen ihrem Dorf anstelle des viel zu langen Namens gaben.

Marie schmunzelte. »Das könnten wir glatt als Werbeslogan hier irgendwo anbringen.«

Alba winkte fröhlich ab. »Ich komme bei Gelegenheit darauf zurück, Marie.« Ächzend löste sie den Griff an der blitzblank polierten Siebdruckmaschine, dann wandte sie sich, eine Hand in die Hüfte gestemmt, zu Marie um. »Vale, hast du schon gehört, was zwischen Carlos und Carla vorgefallen ist?«

Marie zog die Brauen zusammen, während sie noch einen Schluck von ihrem Kaffee nahm. Eigentlich war sie ohnehin schon spät dran und hatte keine Zeit mehr zum Plaudern. Aber in den letzten Wochen hatte sie gelernt, dass es bei Alba zum guten Ton gehörte, sich den neuesten Klatsch und Tratsch anzuhören. Und je länger sie hier im Pueblo des Cavernícolas lebte, desto mehr interessierte Marie sich für die Menschen in diesem Dorf. Sie dachte nach. »Carlos? Carla? Ich glaube, ich habe die beiden noch gar nicht kennengelernt«, antwortete sie und blickte abwartend über den Rand ihres dampfenden Bechers.

Alba machte eine wegwerfende Handbewegung. »Chica, du bist sicherlich schon mehrfach an ihnen vorbeigekommen. Sie besitzen das Café auf den Klippen.«

Marie schaute aus der Boqueria hinauf zu Marcos’ Restaurant, vor dem sich etwas tiefer gelegen das Café befand, von dem Alba offenbar sprach. »Das LaVista?«

»Sì, exactamente.« Nun lehnte Alba sich verschwörerisch nach vorn. »Carlos und Carla Herrera sind nun keine … Na, wie sagt man? Keine amigos mehr. Sie lassen sich scheiden. Hatten einen hitzigen Streit vor allen Gästen.« Die Mallorquinerin widmete sich wieder ihren Baguettes, wobei sie die Mundwinkel verzog, als fügte sie stumm hinzu: Sehr traurig, aber so ist es nun mal.

»Das tut mir leid«, erwiderte Marie und meinte es auch so. Sie fand es immer bedauerlich, wenn eine Liebe zerbrach.

Sie selbst war vor einiger Zeit diesen schmerzhaften Weg gegangen. Und auch, wenn sie sich selbst dazu entschieden hatte, sich von Matthias zu trennen, so war es ihr nicht leichtgefallen.

Seit der zehnten Klasse war sie mit ihm zusammen gewesen. In der Schule und in ihren Freundeskreisen hatten sie als »das« Traumpaar gegolten. Sie die kluge, ehrgeizige Schülerin mit den guten Noten. Er der beliebte und attraktive Fußballer. Doch irgendwann hatte sich die Liebe unbemerkt davongeschlichen, und Marie hatte vor allem die Vernunft noch an Matthias festhalten lassen. Sie hatte immer vernünftige Entscheidungen getroffen, bis sie gemerkt hatte, dass diese bequeme Einfachheit sie nicht mehr glücklich machte.

Deshalb war sie nun auch hier auf Mallorca. Sie wollte ein Mal unvernünftig sein – entgegen allem, was Matthias, ihre Eltern und ihre Freunde ihr sagten. Ein Risiko eingehen.

Und genau diese Unvernunft ließ sie nun aufhorchen. Marie war neugierig und spürte, wie ihr Herz mit einem Mal schneller klopfte. Denn sie hatte zu Hause in Köln ihren sicheren, gut bezahlten Agentur-Job aufgegeben, um auf Mallorca ihre eigene Bar zu eröffnen. In hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft. »Was wird denn jetzt aus dem Café der beiden?«

Alba hob die Schultern. »No sé.« Sie fuchtelte temperamentvoll mit dem Buttermesser in der Luft herum. »Ich weiß es nicht. Entweder sie verkaufen es oder einer der beiden führt es allein weiter.«

Marie nickte nachdenklich, dann zwinkerte sie Alba zu. »Ich werde es wohl zuerst bei dir erfahren.«

»Darauf kannst du deinen Dalmatiner-Popo verwetten.« Alba grinste, und in ihren dunklen Augen blitzte der Schalk.

Marie wandte sich zum Gehen. »Ich muss jetzt leider los, Alba, sonst komme ich wirklich zu spät«, fügte sie schnell hinzu, bevor die liebenswerte Mallorquinerin ein neues Thema anschneiden konnte.

Die herzliche Frau lächelte wieder. »Adios, chica, bis morgen früh. Dann aber bitte mit etwas mehr Zeit für Kaffee und Klatsch, ja?«

»Versprochen!« Marie winkte Alba noch einmal zu, und kurz darauf saß sie schon wieder auf ihrem Roller.

2.Alemana

Während Marie die Promenade hinabfuhr, röhrte der Roller müde vor sich hin. Die Einwohner waren unterwegs zu den kleinen Supermärkten oder zu ihren Arbeitsstellen. Lediglich eine Handvoll Touristen folgte zu dieser relativ frühen Stunde der Promenade in Richtung Strand. Von dort aus würden sie in das Naturschutzgebiet und auf den Wanderwegen die Berge hinaufsteigen, deren Felsen im Licht der Morgensonne erstrahlten. Beliebt waren auch die Höhlensysteme, denen El Pueblo des Cavernícolas seinen Namen zu verdanken hatte.

Übersetzt hieß das »das Dorf der Höhlenmenschen«. Hier hatten bereits vor Jahrhunderten die ersten Menschen der Insel gelebt.

Marie genoss den Wind, der den Geruch des Meeres mit sich trug, und blickte sehnsüchtig über die glitzernde Wasseroberfläche, ehe sie nach links abbog und zur Hauptstraße zurückkehrte. Wie gern hätte sie den heutigen Tag am Strand oder im Gebirge verbracht! Aber es nützte ja nichts: Die Arbeit rief.

Während der Pinienwald nun die Vorherrschaft übernahm und die staubige Straße in einen kühlenden Schatten tauchte, kämpfte sich der Roller mit einigem knatternden und ächzenden Protest den Anstieg hinauf.

Nach wenigen Minuten Fahrt lugten die weißen Gemäuer des Hotels Beach Residence & Spa an der Spitze des Hügels aus dem Grün des Hotelgartens hervor. Mit einem letzten Keuchen erstarb der Motor des Rollers vor dem Hotelgelände, und Marie fühlte sich beinahe so schlecht, als hätte sie einen alten Esel unerbittlich die Straße hinaufgetrieben.

Sie parkte das Gefährt vor der hohen Mauer und warf einen prüfenden Blick in den runden Rückspiegel, um ihr blondes langes Haar zu ordnen. Mit den Fingern fuhr sie sich über die von Sommersprossen übersäte Haut. Vorsichtig korrigierte sie die leicht verlaufene Mascara um ihre blauen Augen. Dann richtete sie sich auf und betrachtete die prächtige pinke Bougainvillea, die links und rechts vom gusseisernen Tor die Mauer überwucherte. Ihr betörender Duft vermischte sich mit dem harzig-schweren Geruch des Waldes.

Die Bäume fingen die Geräusche der Kleinstadt und des Trubels des Strandes ab. Deswegen wurde das Hotel vor allem für seine Ruhe geschätzt. Lediglich das Rascheln der Tiere und das Knarren der Bäume erfüllten die Luft.

Marie trat durch das Tor in den Hotelgarten. Zu ihrer Rechten befand sich ein Brunnen aus Alabaster. In der Mitte des runden Beckens ragte eine Frau in die Höhe, die einen Krug hielt. Aus diesem plätscherte Wasser und versetzte die Seerosen in Schwingung. Ab und an hörte man das Quaken eines Frosches.

Am Ende der Auffahrt führte eine Marmortreppe in das Innere des Hotels. Die Säulen umstanden mehrere riesige Blumenkübel, in denen der Oleander sich in der sanften Brise wiegte.

Der Vorgarten war paradiesisch angelegt. Zitrusbäume trugen Zitronen und auch Orangen, unter deren Gewicht sich die Äste nach unten bogen. Zwischen den üppig-grünen Bäumen fanden sich auch vereinzelt knorrige, alte Olivenbäume, die – so fand Marie – ihrer Umgebung immer etwas Gemächliches verliehen. Sie repräsentierten Beständigkeit.

An der Mauer des Hotels entlang wuchsen einige Bananenbäume, unter deren saftig-grünen Blättern man sicherlich auch Schutz vor Regen suchen könnte. Blass orangefarbene Blüten von Trompetenblumen baumelten an ihren Stängeln träge vor sich hin.

Kaum hatte Marie den Garten des Hotels betreten, begrüßten Mojito und Tequila sie mit aufgeregtem Mauzen. Marie streichelte die beiden Katzen zärtlich hinter den Ohren, dann hüpfte sie die Treppen hinauf und begrüßte Cassandra, die noch müder als am Tag zuvor wirkte.

»Du solltest den Kaffee morgens weglassen«, brummte die Kollegin, schmunzelte jedoch. »Deine Energie ist ja kaum auszuhalten!«

»Ich bin einfach glücklich, hier zu sein.« Marie lachte. Sie wusste, dass ihre Freundin momentan nicht bester Laune war. Eine Kollegin, mit der Cassandra sich normalerweise die Nachtschicht geteilt hätte, war kurzfristig ausgefallen. Deshalb musste die arme Cassandra eine Doppelschicht leisten. Kein Wunder, dass sie müde und ausgelaugt war. Auch die längere Pause von drei Stunden, die den Mitarbeitern in solch seltenen Fällen gewährt wurde, brachte da nicht die nötige Erholung.

Cassandra hob die Brauen. »Ich bin auch glücklich, hier zu sein. Besonders dann, wenn ich mir gleich nach Feierabend den restlichen Tag am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen lassen kann und Cocktails schlürfen darf.«

»Wer wäre da nicht glücklich?« Marie grinste, während sie sich ihre Haare für die Arbeit zusammenband. »War etwas Besonderes?«

Cassandra hob die Schultern. »Nichts Wildes. Die Bestellungen sind aufgegeben, und die Nacht war ruhig. Bis auf die Johansons …«

Marie krauste die Stirn. »Was war denn los?«

Cassandra rollte mit den Augen. »Marta Johanson ist eine ganze Weile durch das Hotel gestreift. Sie wirkte wie ein kleiner zorniger Giftzwerg, dem man das Schäufelchen weggenommen hat. Dann ist sie irgendwann ganz verschwunden. Vorher hat sie aber noch mit Johann draußen diskutiert. Hörte sich an wie ein krasser Streit.« Cassandra hob die Schultern. »Irgendwann war auch Johann nicht mehr da.«

Marie blinzelte überrascht. »Was ist denn mit den Kindern?« Sorge stieg in ihr auf. »Waren sie etwa die ganze Nacht allein? Oder hast du gesehen, wie Marta und Johann zurückgekommen sind?«

»Nicht so wirklich …« Cassandra lehnte sich mit einem verschwörerischen Gesichtsausdruck nach vorn. »Weißt du, ich habe diese dämliche Angewohnheit entwickelt, bei der Nachtschicht einzuschlafen. Es übermannt mich einfach. Jedes Mal sag ich mir, leg dich nur mal ganz kurz im Büro aufs Ohr – und dann bin ich auch schon eingenickt.« Sie seufzte. »Aber die beiden Streithähne sitzen schon am Frühstückstisch. Die Kinder sind auch dabei. Also ist alles wieder in bester Ordnung.«

Marie atmete beruhigt auf. »Na dann«, sagte sie und wollte sich gerade abwenden, als Cassandra sie sanft an der Schulter festhielt. »Erzähl es aber bitte keinem, okay? Das mit dem Nickerchen, meine ich.«

»Großes Ehrenwort«, versprach Marie. »Lass dich nur nicht von Yolanda erwischen.«

»Ich gebe mein Bestes«, gab Cassandra mit einem frechen Schmunzeln zurück. Mit einem Blick auf den Eingang fiel ihr entspannter Gesichtsausdruck jedoch in sich zusammen. »Oh, oh, wenn man vom Teufel spricht … Der Tornado ist schon im Anmarsch«, raunte sie ihr zu.

Marie blickte auf und entdeckte Yolanda Ramirez, die Besitzerin des Hotels. Cassandra, die schon länger hier arbeitete als Marie, hatte sie gleich an ihrem ersten Tag vor einigen Wochen über ihre neue Chefin aufgeklärt. Demnach ging Yolanda die spanische Gelassenheit vollständig ab – Cassandra nannte sie meist nur »Tornado«, und das sagte alles.

»Buenos días«, rief Yolanda ihnen mit schriller Stimme zu. Sie hatte kurzes rotes Haar, und ihre braunen Augen wirkten hinter den Brillengläsern noch größer, als sie ohnehin schon waren. Mit der Brille mit dem schwarzen Rahmen schien Yolanda ständig auf Kriegsfuß zu stehen. Sie rutschte ihr permanent von der Nase und landete des Öfteren sogar klappernd auf dem Boden.

Mit einer einzigen Bewegung leerte sie ihre große Handtasche auf dem Pult der Rezeption aus. Ein Schlüsselbund, so dick, dass man mit ihm einen Mord begehen könnte, verschiedene Akten, Lippenstift, Haarbürste sowie eine weitere, kleinere Tasche kamen zum Vorschein. »Bueno«, sagte sie in einem geschäftigen Ton, »also, Cassandra, hast du dich um die Bestellungen gekümmert?« Während sie sprach, wühlte sie sich durch einige Stapel Papiere an der Rezeption und schaffte es so, Cassandras Arbeit in kürzester Zeit durcheinanderzubringen.

»Ja, ich habe alles erledigt. Die neuen Handtücher und die Lebensmittel für diese Woche sind bestellt.« Seelenruhig beseitigte Cassandra das Chaos, das Yolanda in den wenigen Sekunden angerichtet hatte.

»Muy bien, sehr gut«, erwiderte diese, fuhr sich fahrig durch das Haar. »Ich bin dann in meinem Büro.« Wie Taz, der tasmanische Teufel der Looney Tunes, verwandelte sie sich nach dieser knappen Zufriedenheitsbekundung in einen Tornado zurück, riss ihre Sachen an sich, balancierte dabei noch ihr Handy zwischen Wange und Schulter und erteilte in befehlsgewohntem Ton Anweisungen in das Gerät, ehe sie mit einem Knallen der Tür in ihrem Büro verschwand.

»Ich muss zugeben, ich habe mich noch nicht ganz an ihre … stürmische Art gewöhnt«, gab Marie mit meinem schiefen Grinsen zu, während sie die Papiere, die ihre Chefin bei ihrem Abgang zu Boden gefegt hatte, wieder auf einen ordentlichen Stapel legte.

»Ich auch nicht. Und ich bin schon seit drei Jahren hier. Mach dir also nicht allzu große Hoffnungen, dass sich das noch ändert.« Mit einem abgrundtiefen Seufzen ließ Cassandra die Schultern sinken, ehe sie ihr eine Kusshand zuwarf.

»Das ist wirklich sehr ermutigend«, gab Marie zurück und lachte. »Ich schaue kurz, ob im Speisesaal alles reibungslos läuft.«

Cassandra warf ihr einen wissenden Blick zu. »Du meinst, du gehst die Katzen füttern?«

Marie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Das musste als Antwort reichen.

Cassandra hob tadelnd einen Zeigefinger. »Lass dich bloß nicht vom Tornado dabei erwischen.«

Marie hob die Handkante an ihre Stirn und salutierte. »Verstanden, Ma’am.«

Kurz sorgte sie in der Lobby für Ordnung, indem sie zerknautschte Kissen wieder aufschüttelte und mit der Handkante einen adretten Knick ins Zierkissen schlug. Dann betrat sie durch eine zweiflügelige Glastür das lichtdurchflutete Restaurant. Die Tischdecken und Servietten waren in Weiß und Cremefarben gehalten, kleine Gestecke aus farbenfrohen mallorquinischen Blumen bildeten die Tischdeko.

Noch war es ruhig. Zu dieser frühen Stunde hatte sich erst eine Handvoll Gäste zum Frühstück hier eingefunden und belebte den Raum nun mit gedämpften Stimmen, dem gelegentlichen Klappern von Geschirr und dem leisen Quietschen der Stühle auf dem Boden, wenn sie aufstanden, um sich am üppigen Büffet Nachschub zu holen.

Das deutsche Rentnerpärchen, das am vergangenen Tag ein Zimmer im Hotel bezogen hatte, turtelte wie verliebte Teenager in einer Ecke an der Fensterfront, von wo aus man direkt in den Wald hinter dem Hotel blicken konnte.

Wie Cassandra gesagt hatte, hatte es die Familie Johanson auch bereits mit ihren zwei Kindern zum Frühstück gezogen. Während die etwa sieben Jahre alte Tochter ungeduldig auf dem Stuhl herumzappelte und es offenbar kaum erwarten konnte, endlich aufzustehen und an den Strand oder den Pool aufzubrechen, schaufelte sich ihr zehn Jahre alter Bruder voller Hingabe tonnenweise Rührei in den Mund. Bei seinem Anblick schmunzelte Marie amüsiert vor sich hin. Schön, dass es ihm so gut schmeckte! Die angespannte Stimmung seiner Eltern schien ihm zum Glück nichts anhaben zu können.

Johann und Marta Johanson löffelten schweigend ihr Müsli. Die Atmosphäre, die zwischen den beiden herrschte, schien wie eine Kaltfront auf die warme, selbstzufriedene Stimmung der Rentner zu prallen.

Dazwischen saß Christian Munker. Wie jeden Morgen pünktlich um dieselbe Uhrzeit. Und wie jeden Morgen trank er sicher auch heute zwei Tassen Kaffee und aß ein Brot mit Käse, außerdem ein paar Gurkenscheiben und ein hart gekochtes Ei. Manchmal gönnte er sich danach noch ein Croissant, aber meistens blieb er seiner Gewohnheit treu, soweit Marie das bisher hatte beobachten können. Wenn er sich setzte, dann immer aufrecht und mit bedachten Bewegungen. Dann ordnete er sein Besteck so an, dass es exakt gerade und parallel zum Teller lag. Die Tasse setzte er auf die andere Seite seines Frühstückstellers, da er Linkshänder war.

Das liebte sie an diesem Job, bei dem sie oft auch als Kellnerin einsprang: Schon immer hatte sie gern andere Menschen und ihr Verhalten studiert.

Soweit man es Marie erzählt hatte, lebte Christian Munker schon seit einigen Jahren hier, nachdem er in Pension gegangen war. Das Hotel Beach Residence & Spa bot nicht nur Zimmer im Hauptgebäude für Kurzzeit-Gäste, sondern auch kleine Fincas und Bungalows, die sich abgelegen rund um das Hotel verteilten und zur Langzeitmiete bereitstanden. Deren Bewohner konnten aber dennoch den gesamten Service des Hotels nutzen.

»Guten Morgen«, grüßte Marie im Vorbeigehen und lächelte den älteren Herrn, den sie auf Anfang sechzig schätzte, herzlich an. Es fiel ihr nicht schwer, anderen Menschen freundlich gegenüberzutreten. Ihr offenes, fröhliches Wesen half ihr allenthalben auch dabei, schnell die Sympathie anderer zu gewinnen.

Christian Munker schien jedoch davon völlig unbeeindruckt zu sein. Er schluckte gerade ein Stück Ei hinunter. »Guten Morgen«, antwortete er reserviert und nickte ihr zu. Dabei zeigte sich weder auf seinen Lippen noch in den Augenwinkeln auch nur die Spur eines Lächelns. Sein ursprünglich wohl dunkelbraunes Haar war inzwischen von vielen grauen Strähnen durchzogen. Seine gebräunte Haut war nicht mehr so straff, wie sie sicher einst gewesen war. Doch Marie glaubte, dass er mit seinen markanten Gesichtszügen in jungen Jahren bestimmt die eine oder andere Verehrerin gehabt hatte. Zumindest wenn er damals weniger bärbeißig war, fügte sie in Gedanken hinzu.

Nun war aber das Feuer der Jugend in seinen blauen Augen erloschen, und Falten zierten seine Mundpartie, die immer etwas verbissen zusammengepresst wirkte. Marie fragte sich, was er in seinem Leben wohl Trauriges erfahren hatte, dass ihm das Lachen so vollständig abhandengekommen war.

Marie steuerte auf die lange Theke zu, auf der sich Früchte, Joghurts und Quarkspeisen an verschiedene Aufschnitt-, Käse- sowie Brotsorten und alle möglichen süße Gebäcke reihten. Sie wandte sich kurz zu allen Seiten um. Die wenigen Kollegen, die emsig im Saal herumschwirrten, beachteten sie gar nicht, und auch die Gäste waren voll und ganz auf sich und ihr Frühstück konzentriert.

Hastig lud Marie ein wenig Wurst und Quark auf einen Teller, ehe sie über eine Schiebetür auf die Terrasse gelangte. Noch einmal drehte sie sich um, bevor sie um eine Ecke bog, wo bereits Tequila und Mojito ungeduldig auf sie warteten.

Mojito hatte weiß-schwarzes Fell und mintgrüne Augen. Deshalb hatte Marie sie nach ihrem Lieblingscocktail benannt. Den rot-weiß gestreiften Kater hatte sie ursprünglich Licor quarenta y tres nennen wollen. Doch dieser Name wäre entschieden zu lang gewesen. Deshalb hatte sie den Kater kurzerhand Tequila getauft.

Ungeduldig streiften die beiden um Maries Beine, mauzten, miauten und schnurrten.

»Shhh«, machte Marie und sah sich noch einmal um. »Wir dürfen nicht erwischt werden, das wisst ihr doch.« Sie stellte den Teller im Schatten einer hohen Pflanze ab, und die Katzen stürzten sich begeistert auf das Essen.

Lächelnd kraulte sie die beiden hinter den Ohren. Wenn ihre Chefin Yolanda wüsste, dass sie die Tiere mehrmals am Tag fütterte, würde sie sie wahrscheinlich umgehend in die Waschküche strafversetzen.

Marie stahl sich zurück auf die Terrasse, von wo aus man einen Blick auf den Poolbereich hatte. Gael, der im Hotel aushalf und als »Mädchen« für alles fungierte, hob zum Gruß die Hand.

»Buenos días, Alemana«, rief der braun gebrannte junge Mann, der sogar noch beim Reinigen des Pools mit dem Kescher in der Hand so unverschämt gut aussah, dass er Werbung für hochpreisige Unterwäschemarken hätte machen können.

Maries Typ war er nicht, dennoch schwärmten die jüngeren weiblichen Hotelgäste und Maries Kolleginnen unverhohlen für ihn und machten ihm, wann immer es ging, schöne Augen. »Hola, Gael.«

»Alemana«.