Der nackte Idiot - Stefan Bouxsein - E-Book

Der nackte Idiot E-Book

Bouxsein Stefan

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Beschreibung

Hans Bremer ist ein ganz normaler Mann mit einem ganz normalen Job als Schadensachbearbeiter bei einer Versicherung. Bis er eines Tages bei einem Online-Gewinnspiel seinen ganz individuellen Traumurlaub auf den Seychellen gewinnt. Hans Bremer entscheidet sich für einen erotischen Urlaub auf der Insel im Indischen Ozean und trifft dort auf viele Gleichgesinnte. Erotische Fantasien werden Wirklichkeit, aber die Wirklichkeit offenbart auch ihre Schattenseiten und die erotischen Träume werden schnell zu Albträumen. Kaum ist er in sein normales Leben zurückgekehrt, erbt er einen Bauernhof in der Wetterau. Was auf den Seychellen geht, das geht auch in der Wetterau, denkt sich Hans Bremer. Gemeinsam mit seinen Urlaubsbekanntschaften entwickelt er das Konzept vom FKK-Urlaub auf dem Bauernhof und verabschiedet sich damit endgültig aus seinem bisher so stinknormalen Leben.

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Stefan Bouxsein

Der nackte Idiot

Ein witziges Abenteuer mit Hans Bremer

© 2014 by Traumwelt Verlag

Stefan Bouxsein

Johanna-Kirchner-Str. 20 · 60488 Frankfurt/Main

www.traumwelt-verlag.de · [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Lektorat: Stefanie Reimann

Titelbild: Mirko Tepes

ISBN 978-3-939362-12-8

2. Auflage, 2021

1

Herzlichen Glückwunsch, Herr Bremer!

Sie sind einer von drei glücklichen Gewinnern eines Traumurlaubs. Ihre Teilnahme an unserem Gewinnspiel hat sich gelohnt, Traumurlaub-Reisen schickt Sie für eine Woche in den Indischen Ozean. Auf den Seychellen befindet sich unsere exklusive Ferienanlage, hier erleben Sie unser einzigartiges Urlaubskonzept. Eine Woche Traumurlaub im Wert von 16.500 Euro. Sie zahlen natürlich keinen Cent, denn Sie sind einer der Gewinner dieser traumhaften Urlaubsreise.

Unser neuartiges Konzept für Urlaubsreisen der besonderen Art lässt keine Wünsche offen. Urlaub – all inclusive: Dieses Motto hat Traumurlaub-Reisen völlig neu definiert. Nicht nur die Anreise, die Unterkunft, Essen und Trinken so viel Sie wollen, auch die Animation und Veranstaltungen sind bei einer Buchung bei Traumurlaub-Reisen inbegriffen. Wir kümmern uns auch um die Verwirklichung Ihrer Sehnsüchte und Träume. Denn nicht umsonst nennen wir uns Traumurlaub-Reisen. Lassen Sie sich einfach überraschen und Sie werden es nicht bereuen!

Damit wir Ihre Träume auch zu Ihrer vollsten Zufriedenheit erfüllen können, benötigen wir einige Angaben von Ihnen. Besuchen Sie uns einfach auf unserer Homepage, Ihr persönliches Kontaktformular haben wir dort bereits für Sie hinterlegt. Geben Sie im Eingabefeld für das Passwort ›Gewinner‹ ein und beantworten Sie die Fragen in Ihrem persönlichen Kontaktformular. Aber bitte seien Sie ehrlich zu uns und zu sich selbst, denn nur dann können wir auch Ihren ganz persönlichen Traumurlaub realisieren. Sollten wir innerhalb der nächsten sieben Tage kein ausgefülltes Kontaktformular von Ihnen erhalten, gehen wir davon aus, dass Sie Ihren Gewinn nicht in Anspruch nehmen wollen. In diesem Fall wird die Reise erneut ausgelost und Ihr Gewinn verfällt.

Ihr Team von Traumurlaub-Reisen

www.Traumurlaub-Reisen.com

Mit einem Stirnrunzeln las ich diese E-Mail ein zweites und ein drittes Mal. Skeptisch saß ich vor meinem Bildschirm und überlegte, ob das mit rechten Dingen zugehen konnte. Aber ich erinnerte mich dunkel, dass ich vor einigen Wochen beim Surfen im Internet auf einer Seite von Traumurlaub-Reisen gelandet bin und an diesem Online-Gewinnspiel teilgenommen habe. Mehr aus Langeweile als aus Überzeugung hatte ich damals meine Daten abgeschickt. Noch einmal überflog ich den erfreulichen Inhalt dieser E-Mail, klickte auf die angegebene Internet-Adresse und beobachtete, wie sich die Web-Seite langsam, aber sicher aufbaute. Bilder vom Indischen Ozean vermittelten dem Betrachter ein Bild vom Paradies. Smaragdgrünes Wasser, feiner weißer Sandstrand, Palmen und eine bunte Blütenvielfalt, ein Fischerboot und ein malerischer Sonnenuntergang zeugten von einem idyllischen Fleckchen Erde, auf dem es sich gut leben ließe. Trotzdem konnte kein Reiseveranstalter 16.500 Euro für eine Woche Urlaub auf den Seychellen verlangen, noch immer zweifelte ich an der Seriosität dieses Gewinns. Aber meine Neugierde war geweckt, auf der Menüleiste entdeckte ich den Link zum erwähnten Kontaktformular. Die Aufforderung zur Passwort-Eingabe erschien, ich tippte ›Gewinner‹ ein und wurde tatsächlich auf der sich nun öffnenden Seite mit meinem Namen begrüßt und noch einmal zu meinem Gewinn beglückwünscht. Bevor ich endgültig zu dem Kontaktformular vorstoßen konnte, musste ich am unteren Bildschirmrand ein Kästchen anklicken, womit ich bestätigte, dass ich den vor mir erscheinenden Text zur Kenntnis genommen hätte. Hatte ich aber noch nicht und scrollte mich wieder zurück zum Textanfang.

Sehr geehrter Herr Bremer,

Traumurlaub-Reisen hat sich darauf spezialisiert, jedem einzelnen seiner Gäste seinen ganz persönlichen, individuellen Urlaub zu gestalten. Damit wir diesen Service auch zu Ihrer vollsten Zufriedenheit erfüllen können, müssen wir uns natürlich ein Bild von Ihren persönlichen Vorstellungen eines Traumurlaubes machen können. Zu diesem Zweck haben wir einen Fragebogen vorbereitet, zu dem Sie automatisch weitergeleitet werden, sobald Sie die Kenntnisnahme dieser Einführung von Traumurlaub-Reisen bestätigt haben. Wir möchten Sie aber an dieser Stelle eindringlich darauf hinweisen, dass Sie beim Ausfüllen des Fragebogens ehrlich zu sich selbst und damit auch zu uns sind, denn nur dann sind wir in der Lage, Ihnen auch das zu bieten, wovon Sie wirklich träumen.

Das leuchtete mir ein und ich bestätigte, die Einweisung gelesen zu haben. Im nächsten Moment baute sich der angekündigte Fragebogen vor mir auf.

Unter welchem Motto möchten Sie Ihren Urlaub gerne verbringen?, lautete die erste Frage. Wählen konnte ich zwischen: Abenteuer; Erholung und Entspannung; Sport und Bewegung; Horror und Nervenkitzel; Erotik; Spiel und Spaß; Kultur oder Überraschung.

Gar nicht so einfach, ehrlich zu sich selbst zu sein, dachte ich mir und beschäftigte mich mit den zur Auswahl stehenden Urlaubsschwerpunkten. Unter Abenteuer stellte ich mir vor, wie ich mit abenteuerlustigen Touristen auf einem Piratenschiff über den Ozean fuhr. Irgendwo würde ein mit Gold und Silber beladenes Schiff unter spanischer Flagge still und leise durch die Gewässer ziehen. Alte, als Piraten verkleidete Männer, die viel Geld für ihren Traumurlaub bezahlt hatten, entdeckten natürlich den schwimmenden Schatz und griffen zu den Säbeln. Darauf konnte ich getrost verzichten, dann schon lieber Erholung und Entspannung. Ich sah mich faul in einer Hängematte liegen. Wenn ich mit dem Finger schnippte, bediente mich eine stumme Inselschönheit mit frischer Kokosnussmilch, das Rauschen des Ozeans erklang wie eine Sinfonie in meinen Ohrmuscheln. Eine Woche konnte verdammt lang werden, wenn man sich ausschließlich in einer Hängematte erholte, überlegte ich mir und verwarf den Gedanken an einen Entspannungsurlaub. Sport und Bewegung würde mir ja eigentlich mal wieder ganz guttun. Vielleicht etwas Fahrrad fahren, am Strand spazieren gehen, in diesem herrlich türkis schimmernden Wasser schwimmen oder mit einem Ruderboot darüber hinweggleiten. Umgeben von durchtrainierten jungen Sportfanatikern, die sich tagein, tagaus quälten und darin ihre Erfüllung fanden. Dieses Risiko wollte ich unter gar keinen Umständen eingehen, ich spürte schon den Muskelkater in jedem einzelnen Muskel und sah das höhnische Grinsen meiner sportbegeisterten Reiseleiterin, die mich auf der Marathonstrecke vor sich herjagte. Dann lieber gleich die Sparte Horror. Als Dämonen verkleidete Eingeborene, die mich mit lautem Geschrei mitten in der Nacht aus meinem Bett entführen, das könnte ja auch ganz spannend sein. Blieb nur die Frage, wie weit der Horror und der Nervenkitzel gehen würden. Spätestens, wenn ich mich in der Wildnis an einem Marterpfahl gefesselt vorfinden und hilflos zuschauen müsste, wie sich hässliches Ungeziefer über meine mit Honig eingeschmierten Füße hermachte, fände ich das wahrscheinlich nicht mehr allzu amüsant. Immerhin gab es solche Szenarien ja für ein Millionenpublikum in Fernsehshows zu sehen. Also verabschiedete ich mich ganz schnell wieder von der Idee, dass Horror und Nervenkitzel eine sinnvolle Urlaubsbeschäftigung darstellen könnten. Erotik klang da doch schon wesentlich vielversprechender. An mein letztes erotisches Abenteuer konnte ich mich schon gar nicht mehr erinnern. Bevor die nächsten zwanzig Jahre genauso unerotisch vorbeiflogen wie die letzten zwanzig Jahre, sollte ich diese Gelegenheit vielleicht beim Schopfe packen. Andererseits bin ich auch nicht der Typ, der eine Woche lang in einem Luxuspuff im Indischen Ozean den Adonis raushängen lässt. Ich behielt die Sparte Erotik auf jeden Fall im Hinterkopf und beschäftigte mich mit der nächsten Rubrik. Spiel und Spaß. Könnte ja auch ganz lustig sein. Die Spiele, die mir da Spaß machen könnten, würde ich dann aber doch eher im Erotik-Programm vermuten. Halma am Strand brauchte ich eigentlich nicht unbedingt. Spiel und Spaß war also auch gestorben, über Kultur brauchte ich erst gar nicht lange nachzudenken. Eine Woche im Museum oder in der Oper würde ich eher als Strafmaßnahme denn als Traumurlaub bezeichnen. Und ob es auf den Seychellen ein Museum oder eine Oper gab, hielt ich sowieso für zweifelhaft. Das letzte Angebot hieß Überraschung. Volles Risiko, dachte ich mir und fand den Gedanken eigentlich ganz spannend. Die Wahrscheinlichkeit, einen vollen Reinfall zu erleben, erschien mir nach einigem Grübeln aber doch ziemlich hoch. Des Weiteren weckte die Frage, ob eine Überraschung noch eine Überraschung ist, wenn man sie vorher bucht, den Philosophen in mir. Nach gründlichem Philosophieren verneinte ich diese existentielle Frage und konnte somit auch die Rubrik Überraschung mit gutem Gewissen streichen.

Trotz allem Für und Wider summten und schwirrten mir die angebotenen Urlaubsträume weiter durch den Kopf. Abenteuer, Erholung und Entspannung, Erotik, Spiel und Spaß, alle diese Begriffe bildeten ein heilloses Durcheinander in meinem Kopf. Ich überlegte, bis mir der Schädel rauchte. Die Sparten Abenteuer, Sport und Bewegung, Horror und Nervenkitzel, Spiel und Spaß, Kultur und Überraschung verdampften dann auch ziemlich schnell, bis nur noch eine Mischung der beiden Rubriken Erholung und Entspannung sowie Erotik meine Gedanken beherrschte. Aus dem noch verbliebenen Sumpf traumhafter Urlaubsvorstellungen kristallisierte sich die Erotik im wahrsten Sinne des Wortes heraus. Vor meinem geistigen Auge tummelten sich wunderschöne Frauen in atemberaubenden Bikinis. Natürlich konnte ich mir eine aussuchen. Ich hatte die Qual der Wahl. Ich saß mitten in einem Waffenarsenal, hochexplosive Sexbomben, die kontrolliert gesprengt werden mussten - und ich war der Sprengmeister.

Von meinen Tagträumen angestachelt, klickte ich endlich auf die Rubrik Erotik und beobachtete gespannt, wie sich die nächste Seite des Fragebogens vor mir aufbaute. Hier wurde nach meinen sexuellen Neigungen gefragt. Ob ich heterosexuell, homosexuell oder bisexuell veranlagt wäre, sollte ich beantworten. Jetzt bloß nichts falsch machen, dachte ich mir. Einmal falsch geklickt und schon wäre die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Das hätte mir gerade noch gefehlt, wenn ich aus dem Urlaub zurückkäme und die Kollegen würden fragen: Na, Bremer, wie war der Urlaub? Und ich: Super. Blaues Meer, Sonne pur und jeden Abend eine ausgelassene Schwulenparty am Strand.

Mir der Gefahr bewusst, ging ich mit voller Konzentration ans Werk. Langsam, aber sicher bewegte ich den Mauszeiger auf den Link zu der heterosexuellen Zone und atmete erleichtert auf, als die nächste Seite des Fragebogens erschien. Hier durfte ich auswählen, auf welchem Niveau meine erotischen Träume wahr werden sollten. Der erste Menüpunkt hieß Kuscheln und Schmusen. Das klang zwar nicht so furchtbar aufregend, viel falsch machen konnte ich da aber auch nicht. Soft und prickelnd, lautete die nächste Kategorie. Das hörte sich schon spannender an. Aber auch die nächsten Auswahlpunkte mussten gut bedacht werden. Jetzt erst verstand ich die eindringliche Bitte des Veranstalters, ehrlich mit mir selbst zu sein. Ich hatte noch die Wahl zwischen hart und heftig; devote Unterwerfung; Fetisch, Lack undLeder; Dominanz und Peitsche; Öl und Massage und zu guter Letzt wieder die Überraschung. Meine Augen verharrten einen Augenblick auf dem Link zu hart und heftig. Meine Gedanken gingen auf Wanderschaft. Wilde Orgien unter Palmen, unersättliche Nymphomaninnen saugten mich aus. Sie kannten keine Gnade, erbarmungslos pumpten sie an meiner Manneskraft. Stattliche Rubensmodelle ritten mich im wilden Galopp, unentwegt verlangten sie nach Befriedigung. Ich hatte keinen Namen, ich war einfach nur der Stier, dazu verdammt, hemmungslose Damen mit meiner animalischen Triebkraft zu beglücken. Eine nach der anderen musste ich nehmen, von vorne und von hinten, laut stöhnend und ausdauernd stoßend, schneller und tiefer, heftig und hart, noch schneller und noch tiefer, rammelnd bis zur völligen Erschöpfung, Durchhänger waren verpönt.

Die Ermahnung, ehrlich zu mir selbst zu sein, holte mich wieder ein. Selbstüberschätzung war hier nicht angebracht. Enttäuschte Blicke von wilden zweibeinigen Stuten auf mein bestes Stück wollte ich mir lieber ersparen. Aber es gab ja noch andere Themen. Devote Unterwerfung konnte ja auch sehr spannend sein. In meiner Fantasie schlüpfte ich in die Rolle eines gehorsamen Hausboys. Natürlich bekam ich eine junge, hübsche, wohlgeformte Herrin, die sich aufopfernd um meine Erziehung kümmerte. Mit Zuckerbrot und Peitsche brachte sie mir bei, alle ihre Wünsche zu erfüllen. Nachts schlief ich auf dem Fußboden vor ihrem Bett. Am Tag lackierte ich ihre Zehennägel, massierte bei Bedarf ihre Schultern und war stets bemüht, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. War sie zufrieden mit mir, durfte ich auch mal unter ihre Decke schlüpfen, war sie aber unzufrieden, bekam ich den Rohrstock zu spüren. Sicherheitshalber stellte ich mir anstatt der jungen, aufreizenden Herrin eine ältere, fettleibige und hysterische Herrin vor. In diesem Fall wäre ich wahrscheinlich von morgens bis abends auf der Flucht vor dem Rohrstock. Hin- und hergerissen von den Vor- und Nachteilen eines unterwürfigen Sklavendaseins, beschäftigte ich mich anschließend mit der Fetisch, - Lack- und Leder-Abteilung. So sehr ich auch angestrengt nachdachte, der erotische Stellenwert dieser Spielart wollte mir nicht so recht einleuchten. Die Vorstellung, in einem Lederhöschen oder einem Latex-Ganzkörper-Kondom über eine Insel im Indischen Ozean zu hüpfen, fand ich eher suspekt und ich wandte mich dem nächsten Punkt zu, der Dominanz und Peitsche hieß. Mit einem feisten Grinsen im Gesicht stellte ich mir vor, wie ich inbrünstig knackige Mädchenpopos versohlen würde. Die nackten süßen Hinterteile bettelten förmlich nach meiner strafenden Hand. Natürlich gab es auch das eine oder andere ganz besonders schwer erziehbare Mädchen, da tat auch schon mal die Rute not. Ich sah mich als strengen und gerechten Meister, umgeben von lüsternen Mädchen, deren Erziehung mir sehr am Herzen lag. Jeden Abend pickte ich mir eine heraus, eine, die sich durch ihr besonnenes Verhalten eine Belohnung verdient hatte. Zur Belohnung durfte sie mir dann in der Nacht Freude bereiten. Meine Ansprüche waren hoch und meine auserkorenen jungen Damen gaben sich alle Mühe, um mich nicht zu enttäuschen.

Seien Sie ehrlich zu sich selbst, diese Mahnung stoppte erneut meine blühende Fantasie. Weder war ich ein Eros, noch war ich es gewohnt, Befehle zu erteilen oder Führungsqualitäten an den Tag zu legen. Die Gefahr, dass sich meine dominante Ader in der Realität nur als zaghaftes Wunschdenken entfaltete, durfte ich nicht unterschätzen. Nach einem starken, dominanten Mann hechelnde Frauen konnten grausam sein, wenn ihre Sehnsüchte nicht in Erfüllung gingen. Als dominanter Meister anzutreten, um hinterher als verspotteter Schlappschwanz verjagt zu werden, könnte äußerst deprimierende Spuren auf meiner Seele hinterlassen. Je länger ich vor diesem Fragebogen saß, desto größer wurde die Frage nach meinem eigenen Ich. Noch nie war ich mir so unsicher in Bezug auf meine Rolle im Leben gewesen. Eigentlich wusste ich überhaupt nichts über meine Stärken oder über meine Schwächen. Was sollten Frauen bloß an mir finden, wenn ich selbst keinen blassen Dunst von meinen Neigungen habe, fragte ich mich voller Selbstzweifel. Unsicher über mich und diesen merkwürdigen Hauptgewinn, quälte ich mich weiter durch den Fragebogen. Öl und Massage klang nach einer Option, die wenigstens keinen allzu großen Erwartungsdruck auf mich ausüben würde. Allerdings war ich mir sicher, dass ich es hinterher bereuen würde, wenn ich mich eine Woche lang nur von öligen Händen betatschen lassen müsste, anstatt mich in ein gewagtes Abenteuer zu stürzen. Den Punkt hakte ich also ab und die Überraschungsvariante überzeugte mich ebenso wenig. Nachdenklich ging ich die Liste ein zweites Mal durch. Bei aller Fantasie, die bei den Gedanken an devote oder dominante Spielereien in mir erwachte, versuchte ich, so ehrlich wie nur möglich zu mir selbst zu sein. Das Ergebnis meiner Bemühungen spiegelte sich in einem selbstbewussten Klick auf das Feld soft und prickelnd wider. Zufrieden mit meiner Wahl erwartete ich gespannt die nächsten Auswahlmöglichkeiten. Es dauerte auch nur einen kurzen Augenblick, bis sich die nächste Maske auf meinem Bildschirm öffnete. Hätte ich geahnt, was mich hier noch für Möglichkeiten erwarteten, wäre meine Wahl bei dem vorherigen Punkt vielleicht etwas risikofreudiger ausgefallen. Aber in diesem Fragebogen gab es kein Zurück, wie ich feststellen musste. Daher wohl auch die eindringliche Mahnung, ehrlich mit sich selbst zu sein. Nun durfte ich dem Veranstalter nämlich mitteilen, auf was für einen Typ Frau ich stehen würde. Zuerst konnte ich das Objekt der Begierde in eine mir angenehme Altersklasse einschränken. Ich konnte mich frei entscheiden, ob ich mich mit Frauen zwischen 18 und 25, 26 und 32, 33 und 38, 39 und 45, 46 und 54 oder mit Damen ab 54 Lenzen vergnügen wollte. Da ich selbst vor wenigen Wochen meinen 36. Geburtstag gefeiert hatte, entschied ich mich für die nächst jüngere Generation. 26 bis 32-jährige Mädels hielt ich mit Abstand für die attraktivste Altersklasse, jedenfalls in einem Luxusurlaub mit erotischen Aussichten auf prickelnde Abenteuer. Nachdem das geklärt war, durfte ich auch die Haarfarbe und das Gewicht meiner Urlaubsmätressen bestimmen. Bei der Haarfarbe wollte ich nicht wählerisch sein, großzügig erlaubte ich alle Schattierungen von hell- bis dunkelblond sowie braun, rot und schwarz. Die Gewichtsklasse zu bestimmen, benötigte wieder etwas mehr Fingerspitzengefühl. Allzu kleinlich wollte ich aber auch nicht sein, zwischen 50 und 70 Kilogramm stand ich den Damen zu. Immerhin gab es beim nächsten Kriterium noch die Möglichkeit, die weiblichen Formen durch die Wahl der Körpergröße zu idealisieren. Ohne lange darüber nachzudenken, gab ich grünes Licht für alle Frauen über 1,55 Meter, solange sie nicht die 1,78 überschritten. Zu meinem Bedauern gab es hier keine Möglichkeit, auch noch die Körbchengröße festzulegen. Ich überlegte, ob ich den Veranstalter auf diesen Missstand hinweisen sollte, dann wurde mir aber klar, dass die vorhandenen Auswahlkriterien der körperlichen Attribute in Verbindung mit den Themenschwerpunkten schon ein enormes Reservoir an weiblichen Angestellten erforderte. So langsam dämmerte es mir, warum diese Woche einen Wert von 16.500 Euro haben sollte. Allein, um für die Variante der Erotik die Träume der nach Abwechslung hechelnden Touristen erfüllen zu können, musste ja schon ein gigantischer Puff im Indischen Ozean unterhalten werden. Der Disney-Park der Zukunft, mutmaßte ich und beendete die Seite des Fragebogens mit einem Klick auf den Weiter-Button. Zu guter Letzt blieb mir noch die Terminwahl für meinen Traumurlaub. Zur Entscheidungsfindung unterstützte mich eine Tabelle, die über die Temperaturen, Niederschläge und die Luftfeuchtigkeit während der verschiedenen Jahreszeiten informierte. Viel half das allerdings nicht, die Temperaturen auf den Seychellen bewegten sich das ganze Jahr über zwischen 25 und 30°C und die Luftfeuchtigkeit hielt sich auch relativ konstant bei circa 75 %. Aussagefähiger waren aber die Balken, die die Wassermenge an Regen für die verschiedenen Monate anzeigten. Zwischen November und Februar stiegen die Balken stetig an, Schuld daran war der Monsunregen. Monsunregen hörte sich aber weder erotisch noch prickelnd an. Der August bestach durch den niedrigsten Balken, ich entschied mich also für die Abreise am 7. August und bestätigte mit einem weiteren Klick mein Abreisedatum. Endlich war die Prozedur vorüber, ein verlockendes Foto von den Seychellen wurde hochgeladen. Eine schlanke Blondine räkelte sich auf einem Badehandtuch und Traumurlaub-Reisen meldete sich noch einmal zu Wort:

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ausgezeichneten Wahl, Herr Bremer!

Traumurlaub-Reisen hat Ihre Daten empfangen, freuen Sie sich auf eine Woche Traumurlaub im Indischen Ozean. Wir lassen Ihre Träume in dieser paradiesischen Umgebung wahr werden. Erleben Sie erotische Abenteuer, lassen Sie sich verwöhnen und genießen Sie die prickelnde Atmosphäre der strahlenden Sonne, dem türkis schimmerndem Meer und unseren sinnlichen Meerjungfrauen. Soft und prickelnd, unter diesem Motto werden Sie von traumhaft schönen Amazonen durch Ihren Urlaub geführt - genießen Sie es!

In den nächsten Tagen erhalten Sie auf dem Postweg Ihre Flugtickets und alle weiteren Informationen und Unterlagen zu Ihrem Traumurlaub. Bitte bestätigen Sie noch Ihre untenstehenden Daten oder verbessern Sie diese, falls erforderlich.

Wir freuen uns, Sie am 7. August als Gast bei Traumurlaub-Reisen begrüßen zu dürfen.

Ihr Team von Traumurlaub-Reisen

Tatsächlich fand ich eine Woche später einen dicken Umschlag von Traumurlaub-Reisen in meinem Briefkasten. Neben den Flugtickets enthielt er noch einen bunten Prospekt von meinem Reiseziel. Herrliche Landschaftsbilder ließen meine Vorfreude merklich ansteigen, passend zu den wunderschönen Landschaftsaufnahmen posierten formvollendete Rassefrauen auf den einzelnen Prospektseiten. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an diesen Grazien, eine war schöner als die andere. Endlos lange Beine, pralle Brüste, volle Lippen, blonde Mähnen, schwarze Locken, ein ganzes Heer von Models schien dort für mich abgestellt zu sein. Hätte mir einer erzählt, dass Traumurlaub-Reisen eine Klon-Fabrik besitzt und Heidi Klum, Claudia Schiffer und Naomi als Massenware für erlebnishungrige Touristen produziert, es hätte mich nicht gewundert. Trotzdem riss ich mich von dem Anblick dieser verführerisch lächelnden Topfrauen los und beschäftigte mich ein wenig mit der Landschaft. Auch dazu gab der Prospekt Auskunft. Der Seychellen-Archipel umfasste 400.000 Quadratkilometer des Indischen Ozeans nordöstlich von Madagaskar. Insgesamt bestanden die Seychellen aus 115 Inseln, diese unterteilten sich nach unterschiedlichen geologischen Kategorien in die Granitinseln und die Koralleninseln. Traumurlaub-Reisen beherbergte seine Gäste ausschließlich auf den Granitinseln, einer dichten Gruppe aus 42 Inseln. Die üppige tropische Vegetation brachte Kokosnüsse, Bananen, Mangos, Yamswurzeln und Brotfrucht hervor. Auf den Bildern im Prospekt schleckte eine nette Blondine mit Schmollmund an einer dieser Bananen und eine schwarze Perle reichte dem Bildbetrachter eine Kokosnuss entgegen. Noch vier Wochen, dann war ich mittendrin in dieser exotisch erotischen Landschaft. Ich las auch noch den Rest der Informationen zum Paradies. Auf höher gelegenen Hängen befanden sich Wälder, in denen Tee und Zimt angebaut wurde. Auf den abgelegenen Inseln konzentrierte sich ein einzigartiger Artenreichtum der Tier- und Pflanzenwelt, geschützt durch Nationalparks und Naturschutzgebiete. Unwillkürlich musste ich feist grinsen, diesen geschützten Artenreichtum hatte man um einige wunderbare Geschöpfe erweitert. Flotte Hasen, süße Mäuse, scharfe Bienen, wilde Stuten und kleine Schnecken bevölkerten dieses Fleckchen Erde und sorgten dort für einen angenehmen Aufenthalt für die Gäste von Traumurlaub-Reisen. Eine Safari der anderen Art wartete da auf mich, ich musste mir unbedingt noch einen gescheiten Fotoapparat besorgen.

Die Zeit verging wie im Flug, am Morgen des 7. August nahm ich mir ein Taxi zum Frankfurter Flughafen. Als ich die Abflughalle betrat, staunte ich nicht schlecht. Der ganze Flieger war für Gäste von Traumurlaub-Reisen reserviert. Eine freundliche Dame empfing mich mit einem aufgesetzten Lächeln, warf einen Blick in meine Unterlagen und versorgte mich mit einem Namensschildchen. Hans, stand dort für alle gut lesbar geschrieben. In roter Schrift. Die freundliche Dame erklärte mir, dass die rote Schrift für meinen Urlaubsschwerpunkt stehen würde, nämlich für die Erotik. Na wunderbar, dachte ich mir, damit auch jeder sofort sehen kann, was für ein geiler Sack ich bin. Die freundliche Dame achtete gar nicht auf meinen verlegenen Gesichtsausdruck und fuhr munter fort. Blaue Schrift stünde für die Rubrik Abenteuer, gelb für Erholung und Entspannung, grün für Sport und Bewegung, schwarz für Horror und Nervenkitzel, braun für Spiel und Spaß, violett für Kultur und die bunte Schrift trugen Gäste, die sich für einen Überraschungsurlaub entschieden hätten. Nach dieser Ansprache durfte ich mich unter das Volk mischen. Es kam mir so vor, als würden sich alle Augen auf meine rote Schrift richten. Ich spürte Panik in mir aufsteigen. Aber dann erkannte ich, dass fast alle Gäste ihren Namenszug in roter Schrift auf der Brust trugen. Etwas entspannter betrachtete ich mir meine Mitreisenden mit wachsender Neugier. Ein bunt gemischtes Völkchen hatte sich da versammelt. Irritiert nahm ich zur Kenntnis, dass sich darunter eine stattliche Anzahl von Frauen versammelt hatte, die alle mit einem roten Namensschild ausgestattet waren. Die Frauen schienen mit ihren zur Schau getragenen Urlaubsvorstellungen auch viel lockerer umzugehen als die Männer. Sie plauderten fröhlich miteinander, lachten und musterten neugierig die Neuankömmlinge, die noch mit dem Namensschildchen ausgestattet werden mussten. Die Männer dagegen standen größtenteils hilflos und verlassen in der Gegend rum. Ich richtete mein Augenmerk wieder auf den weiblichen Teil der Urlauberschaft. Zwei hübsche junge Dinger in engen, sehr figurbetonten Jeans unterhielten sich mit einer Mittvierzigerin, die in ihrem Kostüm eine gewisse Reife ausstrahlte. Alle drei trugen sie einen roten Namenszug. Plötzlich klopfte mir jemand kräftig auf die Schulter. Bevor ich mich umdrehen konnte, stand er auch schon vor mir und hielt mir seine Hand entgegen. Ein rotes Karl leuchtete auf seinem Polo-Shirt.

»Ich bin der Karl aus Karlsruhe«, stellte er sich vor. Er war einen Kopf kleiner als ich, wog mindestens 120 Kilo und roch nach Schweiß.

»Metzger bin ich, fünf Metzgereien habe ich in Karlsruhe. Seit über zehn Jahren habe ich keinen Urlaub mehr gemacht, jetzt lassen wir mal die Sau raus, oder Hans?«

Irgendwie war mir der Typ peinlich, aber jetzt hatte ich ihn am Hals.

»Klar, Karl, das haben wir uns redlich verdient«, antwortete ich, ohne dabei wirklich überzeugend zu klingen.

»Welche erotische Sauerei hast du dir denn ausgesucht?«, wollte Karl wissen.

»Soft und prickelnd«, antwortete ich. »Und du?«

Karl fing an zu grinsen, seine linke Hand ballte er zu einer Faust und schlug damit ein paar Mal auf seine rechte Handfläche. »Hart und heftig will ich es haben, haha. Den jungen Dingern mal zeigen, was ein echter Kerl ist, oder Hans?«

Plötzlich bekam ich richtig Mitleid mit den Damen, auf die ich eigentlich auch so scharf war. »Klar Karl, du zeigst denen schon, was ein echter Hengst ist.« Anstatt einer Antwort bekam ich wieder seine kräftige Hand auf meiner Schulter zu spüren. Mit einem dreckigen Lachen ließ er mich stehen, er hatte einen neuen Gesprächspartner entdeckt. Heilfroh darüber, den dicken Metzger wieder los zu sein, mischte ich mich unter die Urlauber. Ich war keine fünf Schritte weit gekommen, da wurde ich schon wieder angesprochen. Diesmal von einer attraktiven Frau. Susanne stand auf ihrem Schild. In roter Schrift.

»Hallo, Hans«, begrüßte sie mich. »Hast du dich auch für ein erotisches Abenteuer entschieden?«, säuselte sie mir mit einer verdammt verführerischen Stimme zu.

»Wenn schon, denn schon. Man lebt ja nur einmal«, entgegnete ich etwas unsicher.

»Da hast du recht«, erwiderte Susanne. »Ich bin auch schon ganz gespannt, was mich dort erwartet. Ich habe eine Woche devote Unterwerfung gebucht.« Das sagte sie so beiläufig, als würde sie vom Wetter reden.

»Aha«, war alles, was ich hervorbrachte und spürte, wie sich meine Gesichtsfarbe in ein schüchternes hellrot verfärbte.

»Ja, ich bin schon ganz nervös. Aber ich freue mich auch drauf, mich wildfremden Männern auszuliefern. Ich finde, das hat einen ganz besonderen Reiz. Eine Woche möchte ich eine willenlose Frau sein, mich hingeben und fallen lassen.« Sie musterte mich mit einem sehnsuchtsvollen Blick und fragte mich nach meiner erotischen Wahl. Meine Antwort entlockte ihr ein zauberhaftes Lächeln, sie legte ihren Zeigefinger auf meine Brust und zeichnete damit kleine Kringel auf mein Hemd.

»Schade, dass du nicht Dominanz und Peitsche gewählt hast, vielleicht hätten wir uns gut ergänzt«, hauchte sie mir zu und ließ mich dann wie einen begossenen Pudel stehen. Zu schade, pflichtete ich ihr gedanklich bei, während mein Blick ihrem süßen, runden Hintern hinterher hing. Durch das Fenster konnte ich beobachten, wie der Flieger auf unser Gate zu rollte, die Wagen mit dem Gepäck standen schon auf der Betonpiste. Männer mit Ohrenschützern warteten nur noch darauf, dass die Maschine in die endgültige Position kam, bevor der Frachtraum mit den vielen Koffern und Taschen beladen werden konnte. Ich wandte mich wieder meinen Mitmenschen zu, zwei durchtrainierte Athleten machten sich mir gegenüber breit. Jens und Joachim hießen sie, das Grün outete sie als Sportfanatiker. Amüsiert beobachtete ich, wie die Mehrheit der Erotik-Urlauber sich gelangweilt von den gutaussehenden Kerlen abwandte, sobald der grüne Namenszug sichtbar wurde. Wieder wurde ich von der Seite angequatscht, ein ziemlich junger Typ Marke Knochengestell wollte eine Zigarette von mir schnorren.

»Hier darf man nicht rauchen«, erklärte ich ihm. Peter winkte nur ab.

»Ist mir doch egal«, brummte er gelangweilt vor sich hin. Der brauchte eindeutig den Nervenkitzel, musste immer das tun, was verboten war. Ich nannte ihn den schwarzen Peter, weil er Horror und Nervenkitzel gewählt hatte und daher mit einem schwarzen Schild umherlief, und gab ihm eine Zigarette. Gierig zündete er sich die Kippe an, mit tiefen Zügen erzeugte er ordentlich Qualm. Sofort kam die nette Dame von Traumurlaub-Reisen angerannt. Sie war gar nicht mehr so nett, schimpfte mit dem schwarzen Peter und schickte ihn in eine Raucherecke fünfzig Meter weiter. Ich wollte ihm schon folgen, der schwarze Peter hatte auch mein Verlangen nach einer Zigarette geweckt, doch eine Szene zu meiner Rechten hielt mich davon ab. Zwei hübsche junge Dinger, vielleicht Mitte zwanzig, beide blond, eine rote Vera und eine rote Carmen schienen sich gesucht und gefunden zu haben. Zuerst verstand ich nur Wortfetzen von ihrer Unterhaltung, aber was ich vernahm, machte mich neugierig. Unauffällig schob ich mich näher an die beiden heran, die sich gerade über ihre Urlaubsentscheidungen unterhielten. Dass sich beide für Erotik entschieden hatten, war ja für alle deutlich sichtbar zu erkennen, aber im persönlichen Gespräch entdeckten die beiden noch mehr Gemeinsamkeiten. Beide fühlten sie sich der bisexuellen Variante verpflichtet und beide favorisierten sie das Motto Kuscheln und Schmusen. Ich war ganz fasziniert von den beiden, sie lächelten sich verlegen zu und schauten sich verliebt an und nur kurze Zeit später schmusten sie schon engumschlungen zwischen den vielen, auf den Abflug wartenden Menschen.

»Das viele Geld für den Urlaub hättet ihr euch ja auch sparen können«, neckte ich die beiden.

»Uns fehlt aber noch ein Süßer, den wir zum Nachtisch vernaschen können«, säuselte mir Vera kokett entgegen. »Hast du zufällig Kuscheln und Schmusen gewählt?«, fragte sie mich neugierig mit großen Augen.

»Nein, aber soft und prickelnd. Ist doch auch eine gute Wahl, oder?«

»Tja, Hans, das ist zwar eine sehr gute Wahl, aber leider trotzdem die falsche. Du musst auf eine andere Baustelle, bye bye.«

Und schon war ich Geschichte. Wenigstens öffneten sich jetzt die Türen, die den Weg ins Innere des Fliegers freimachten, und die Meute setzte sich langsam in Bewegung.

Natürlich ergatterte ich den undankbaren Mittelsitz im Flugzeug, ausgerechnet der grobschlächtige Karl aus Karlsruhe saß zu meiner Rechten. Schlimmer konnte es kaum kommen, die Reise fing schon mal gut an. Karl klopfte mir natürlich gleich wieder auf die Schulter und zeigte auf die Stewardess, die den nachrückenden Passagieren die Sitzplätze anwies. »Der Schnecke würde ich es auch gerne mal besorgen«, flachste er mir zu, dabei unterstrich er seine Vorstellungen wieder mit kleinen obszönen Gesten.

»So einen Stier wie dich, lässt die Braut bestimmt gern ran«, gab ich ihm zur Antwort, worauf sich seine Nüstern aufblähten. Gespannt beobachtete ich die nachrückenden Passagiere und hoffte, dass wenigstens der Platz zu meiner Linken mit einem geeigneten Gesprächspartner besetzt würde. Die devote Susanne kam auf mich zu, mein Herz schlug höher. Leider fand sie ihren Platz zwei Reihen vor mir. Und fing dort auch gleich mit dem Typen am Fensterplatz zu flirten an. Kurz darauf erblickte ich Vera und Carmen, die schmusenden Bi-Girls. Die zwei ließen sich auf der gegenüberliegenden Sitzreihe nieder, kaum hatten sie ihre Handtaschen verstaut, nahmen die zwei Hübschen auch schon wieder die Schmusestellung ein. Wenigstens konnte ich sie dabei von meinem Platz aus beobachten. Der Gentleman schweigt und genießt, dachte ich mir und lehnte mich entspannt zurück. Meine entspannte Haltung hielt nicht lange an, ausgerechnet der schwarze Peter schickte sich an, den Sitz zu meiner Linken in Beschlag zu nehmen. Das Schicksal meinte es nicht gut mit mir. Eingequetscht zwischen dem schwitzenden Karl, der für eine Woche zum Stier mutieren wollte, und dem schwarzen Peter, der es total cool fand, eine Woche Horror auf einer tropischen Insel zu buchen, hatte ich einen Flug von über acht Stunden vor mir.

Die Stunden am Himmel vergingen quälend langsam. Karl schnarchte und grunzte wie eine Sau auf der Schlachtbank und der schwarze Peter zuckte am ganzen Körper zu den Heavy-Metal-Songs, die er sich mit seinem MP3-Player reinzog.

Als wir endlich auf Mahe, der größten Insel der Seychellen, 4 Grad südlich des Äquators landeten, war ich fix und fertig mit den Nerven. Ganz im Gegensatz zu Karl, der den ganzen Flug über grunzend gepennt hatte und nun ganz aufgeregt seinem Reiseziel entgegenfieberte. Der ganze Urlauber-Tross schlängelte sich durch das Flughafengebäude, nach und nach wurden auch unsere Koffer vom Gepäckband angespült. Meiner war natürlich der letzte. Die Truppe wartete schon ungeduldig am Bus, als ich endlich zu ihnen stieß.