Der Regent von Berlin - Gabi Röhr - E-Book

Der Regent von Berlin E-Book

Gabi Röhr

0,0

Beschreibung

Aus dem Urban-Fantasy-Märchen "Der Kronprinz von Berlin" ist "Der Regent von Berlin" geworden. Vincent, Regent der geheimen Untergrund-Monarchie, gereift, verliebt, versucht die Gunst seiner Auserwählten Sophia endlich zu ergattern. Plötzlich wird er von Unbekannt bedroht. Es geht um seine Position und die Macht. Vincent wird erkennen, dass die ihm so verhassten Zauberkräfte seiner Mutter auch hilfreich sein können.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2025

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Epilog

Prolog

„Es macht mich fertig, Jo! Sie meldet sich nicht. Dieses Warten, diese Ungewissheit! Es ist doch nun schon ewig her! Ich rufe sie jetzt an.“

Die ungleichen Brüder saßen gemeinsam unter der Trauerweide auf der alten Holzbank in Jos Garten, der mehr einer gepflegten Parkanlage glich und in der Innenstadt Berlins, selbst in einem so noblen Villen-Ortsteil wie Grunewald, an Schönheit seinesgleichen suchte. Als gelernter und leidenschaftlicher Gärtner hatte er ein geschicktes Händchen dafür, und es war ein Leichtes für ihn, solche Prachtgärten zu zaubern: ein Rasen, wie mit der Nagelschere gestutzt, umgeben von wie nach Farbnuancen sortiert blühenden Blumen, es gab schmale Kieswege, die in sanften Bögen um Beete und kleine Teiche verliefen und Feldsteinmäuerchen, die einzelne Areale wie Relikte aus alten Zeiten säumten. Hummeln und Bienen schwebten summend von Blüte zu Blüte, Libellen jagten vorüber und hin zu den Teichen, von denen her man Frösche quaken hören konnte, und der Duft von Jasmin, Rosen und Lavendel stand in der lauen Sommerluft.

Vincent hatte keinen Sinn für das betörende Ambiente, das ihn umgab. Er nippte an seinem Bier und zog entschlossen sein Handy hervor.

„Nein, warte, Vince“, stoppte Jo ihn und legte beschwörend seine Hand darauf, „jetzt bedräng sie nicht! Wie ich dir schon mehrfach sagte: Gib ihr Zeit. Hab einfach mal ein bisschen Geduld! Es ist noch zu früh.“

„Geduld!“, schnaubte Vincent, „du weißt, dass ich noch nie Geduld hatte. Und ich bin es nicht gewohnt, dass man mich warten lässt. Schon gar nicht eine Frau!“

„Ich weiß, Kumpel, normalerweise laufen die Frauen dir nach.

Nicht du ihnen.“

„An Sophia beiße ich mir wirklich die Zähne aus“, grummelte Vincent.

„Tja, mein Freund“, entgegnete sein Bruder heiter, „scheint, du bist vielleicht verliebt?“ Vincent runzelte die Stirn. „Quatsch! Herzschmerz und so‘n Mist? Kann ich nicht gebrauchen.“

„Und Schmetterlinge im Bauch“, ergänzte Jo schmunzelnd.

„Pah! Um Schmetterlinge im Bauch zu haben, muss man sich irgendwann mal Raupen in den Allerwertesten geschoben haben.“

Jo zog seine Hand zurück. „Oh Mann, Vince, mit Romantik hast du’s nicht so, mh?“

„Stimmt doch gar nicht. Ich kann sogar sehr romantisch sein.

Wenn ich will.“

Nachdenklich starrte Vincent auf sein Handy, von dessen Display Sophia ihm zulächelte. Es war das einzige Foto, das er von ihr hatte.

Ein weiterer Schluck Bier landete in seiner trockenen Kehle.

„Vielleicht liegst du ja gar nicht so verkehrt. Es ist das erste Mal, dass eine Frau solche Gefühle in mir auslöst, verstehst du? Dass ich Tag und Nacht an sie denken muss und dass ich sie bei mir haben will.“

„Stell dir vor: Das kommt mir bekannt vor“, grinste Jo.

Vincent ignorierte seine Bemerkung und fuhr fort: „Dass ich mir sogar vorstellen könnte …“

Kopfschüttelnd vergrub er sein Gesicht in einer Hand. „Oh, mein Gott, dass ich sowas mal sagen würde: Ich kann mir vorstellen, mit ihr zusammen zu sein, sie sogar zu heiraten und …

Ja, es muss ja irgendwann, irgendwie sein: Ich könnte mir sogar vorstellen, mit ihr einen Thronfolger …“

Resigniert stöhnte er: „Warum zur Hölle muss das alles an mir hängenbleiben?!“

Jo erinnerte ihn gelassen: „Weil du dich schon bei unserer Geburt vordrängeln musstest, du personifizierte Ungeduld! Du warst als erstgeborener Zwilling der Kronprinz, und nun hast du eben diese Bürde, Regent zu sein. Ich weiß, du hast das nie wirklich gewollt, aber du machst deine Sache offensichtlich gut.

Jedenfalls sind mir bislang keine Beschwerden zu Ohren gekommen.“

„Danke, Jo“, seufzte Vincent zerknirscht.

„Du weißt“, redete Jo weiter, „wenn ich dich unterstützen kann, wenn ich dir irgendwie helfen kann, was auch immer, wie auch immer, jederzeit, aber was Sophia angeht, wüsste ich echt nicht, wie.“

„Was sagt denn deine Jasmin?“, fiel es Vincent ein, „die beiden Frauen sind doch beste Freundinnen. Hast du sie mal gefragt?“

„Vince, glaub mir, das habe ich. Aber sie erzählt nicht viel. Da ist immer wieder nur die Rede davon, dass Sophia das ganze

‚Drumherum‘, die Geheimnisse und nicht zuletzt die Zauberkräfte unserer Mutter nicht geheuer sind.“

„Ich verstehe das nicht. Sie weiß doch, dass das Zaubern nur dort zum Tragen kommt, wo es dasselbe Blut betrifft. Das hat doch mit ihr nichts zu tun! Und das, was sie ‚Drumherum‘ nennt: Das ist ja nun auch nicht so’n Drama!“

Jo beugte sich lächelnd vor und versuchte überzeugend zu klingen: „Vince, ich verstehe sie schon ein bisschen. Erinnerst du dich, wie schwer sich Anne damals damit tat, als wir noch nicht verheiratet waren? Dass sie nachher so ausgetillt ist und dich und Mutter umbringen wollte, um mir und damit auch sich selbst die Regentschaft zu ermöglichen, ist eine andere Sache.

Aber wer weiß? Vielleicht hat genau das alles dazu geführt, dass sie so durchgedreht ist. Oder es war tatsächlich von Anfang an ihr Plan. - Zum Glück wurde sie weggesperrt.“

Die Bilder des unheilvollen Tages drängten sich ihm auf und er hielt einen Moment inne, bevor er fortfuhr: „Am Ende war es auf alle Fälle Mutters Blutlinien-Macht, die dein Leben gerettet hat, als Anne auf dich schoss. Hätte Mutter dich in dem Moment nicht in eine Grille verwandelt, wärst du tot.“

Vincent sinnierte vor sich hin: „Und wenn Sophia nicht so geistesgegenwärtig gewesen wäre und sich um mich gottverdammte Grille gekümmert hätte … Sie war toll! Dabei war sie nur aus reiner Freundlichkeit mitgekommen.“

„Mh, ich weiß nicht“, warf Jo ein, „ich glaube, sie hat damals schon angefangen, etwas für dich zu empfinden, weiß der Henker, warum.“

„Du meinst ernsthaft, sie empfindet etwas für mich?“, hakte Vincent nach.

„Ja, Mann! Und deshalb nochmal zum Mitschreiben: Gib ihr die Zeit, die sie braucht, um das alles für sich zu sortieren.

Überleg doch mal: Wer lernt schon einen leibhaftigen Regenten kennen? Noch dazu den Regenten von Berlin und so weiter und die ganze geheime Monarchie, unsere Untergrund-Monarchie.

In ihrer Welt muss sich das doch total surreal anfühlen!“

In Gedanken schnippte Vincent einen Käfer von seinem Knie.

„Hey, sei vorsichtig!“, ermahnte Jo ihn scherzhaft. „Vielleicht ist das auch jemand, der verzaubert wurde.“

„Glaubst du wirklich, da laufen noch mehr davon herum?“

„Weiß man’s?“

Der Käfer rappelte sich auf und krabbelte eilig davon.

Vincent atmete tief durch und sah sich im Garten um. Mit einem Mal begann er die Schönheit der Natur wahrzunehmen. Sein Blick verfolgte eine Hummel, die tief in einen Blütenkelch eintauchte, fiel auf einen jungen Buntspecht, der in einiger Entfernung einen Ast bearbeitete.

„Warum kriegt so ein Specht eigentlich keine Kopfschmerzen?“, fragte Vincent unvermittelt. Jo lachte. Dann sagte er: „Mir fällt gerade etwas ein, Vince: Fährst du Jasmin und mich nächste Woche zum Flughafen?“

„Warum nimmst du keinen Chauffeur?“

„Ach, komm schon! Wir wollen mit einem kleinen Abschiedsfrühstück starten. Es ist schließlich meine erste Auslandsreise, nachdem sie unsere Sperre aus den Statuten gelöscht haben.

Das müssen wir gebührend feiern. Mach mir die Freude, ja?“

Kapitel 1

Dubai. Sie konnte es kaum noch hören.

Ihre Freundin Jasmin redete von nichts anderem mehr und sah aufgeregt ihrem gemeinsamen Urlaub mit Jo entgegen. Sophia versprach, die Blumen zu gießen, den Rasen zu sprengen und nach ihrer Post zu gucken.

Am Tag vor ihrer Abreise fragte Jasmin: „Kommst du morgen zu unserem Abschied zum Flughafen? Wir fliegen doch vom neuen BER! Es ist einer der ersten Flüge, die jetzt von dort starten! Dann kannst du dir bei der Gelegenheit auch mal alles ansehen. Und uns angemessen verabschieden, ja? Wir wollen vor dem Abflug zusammen am Airport frühstücken.“

Und weil Sophia neugierig war und auch ihrer Freundin den Gefallen tun wollte, zumal es sowohl für sie als auch gerade für Jo ein so denkwürdiges Ereignis war, das angemessen gefeiert werden sollte, kam sie zum Abschiedsbrunch zum Flughafen.

Warum überraschte es sie, Vincent dort anzutreffen? Er wirkte ebenso überrumpelt. Sie warf ihm zur Begrüßung nur ein kurzes Lächeln zu, das er erwiderte. Ansonsten vermied sie Blickkontakt und war ausnahmsweise froh und dankbar über Jasmins übliches Dauergeplapper.

Sophia fühlte sich unwohl in seiner Gegenwart. Wie hatte sie auch davon ausgehen können, ihm nicht mehr zu begegnen?! Ihre beste Freundin war mit seinem Bruder zusammen! Früher oder später wäre ein Wiedersehen unvermeidlich gewesen. Ihr schlechtes Gewissen plagte sie, ihm nicht gesagt zu haben, dass sie sich gegen ihn entschieden hatte.

Vielleicht hatte sie sich auch nicht gemeldet, weil sie sich gar nicht sicher war. Ihre Gedanken schweiften ab und sie konnte dem Gespräch der anderen nicht mehr folgen. Sie waren inzwischen beim Thema Burka angelangt und diskutierten hitzig darüber.

Ja, eine Burka wäre jetzt gut, dachte Sophia. Vielleicht ist man dann so etwas wie weg, wie unter einer Tarnkappe. Das könnte sie jetzt gebrauchen.

Oder besser noch: Sollte Vincent eine tragen und Sophia müsste dieses quälende Flirren und Flimmern nicht ertragen, das seine anziehende, charismatische Erscheinung in ihrem Innern auslöste.

Aber das würde auch nichts bringen, denn wenn sie nur seine Stimme hörte, begann wieder dieses Ploppen in ihrer Brust, wie hunderte Seifenblasen, die zerplatzten und ihr den Atem nahmen. Plopp, plopp, plopp, plopp-plopp.

„Ich muss mal für kleine Prinzessinnen. Kommst du mit?“, hörte sie Jasmins Stimme und blickte aus ihren Grübeleien gerissen auf, weil niemand anderes am Tisch gemeint sein konnte.

Es war mehr ein auffordernder als ein fragender Blick, den Jasmin ihr zuwarf, der eindeutig sagte: „Wir müssen reden! Allein! Sofort!“ Keine Chance, nein zu sagen.

Als sie loszogen, schickte Jo ihnen lachend hinterher: „Ein Mysterium, warum Frauen nicht alleine aufs Klo gehen können!“ Ahnte er nicht, dass es ein Vorwand war, um ungestört zu sprechen?

„Was ist los mit euch? Habt ihr euch gestritten?!“, fragte Jasmin dann auch gleich unverblümt, als sie vor einem Waschbecken und einem Spiegel im Vorraum der Toilette zum Stehen kamen.

„Zuletzt habt ihr euch mit Blicken aufgefressen und heute guckt ihr euch nicht mal an?“

„Ich habe euren Plan hier heute durchaus verstanden“, schimpfte Sophia mit gedämpfter Stimme. „Ihr braucht uns nicht zu verkuppeln!“ Jasmin argumentierte: „Aber da war doch etwas zwischen euch.

Das haben alle gemerkt.“

„Er ist der Regent! Ich kann nicht mit ihm zusammen sein!“, flüsterte Sophia.

„Ist das der Grund?!“ Jasmin verdrehte die Augen: „Mädchen, vergiss das doch mal für einen Augenblick! Entspann dich!“

„Du verstehst mich nicht“, sagte Sophia und suchte nach Erklärungen.

„Wie bitte? Ich verstehe dich nicht?!“, unterbrach Jasmin sie aufgebrachter, als Sophia es von ihr erwartet hätte, und sie fuhr zusammen. „Wer könnte dich besser verstehen, als ausgerechnet ich?!“

Leise fügte Jasmin hinzu: „Du weißt genau, wenn Vincent etwas zustoßen würde, was um Himmels Willen bitte nicht geschieht, dann wäre es Jo, der den Posten bekäme. Möge das nie passieren! Aber glaubst du, dann würde ich weglaufen? Ihn im Stich lassen?“

Sophia warf ihr einen betretenen Blick zu. Sie hatte recht. Und Jasmin hatte von Beginn an gesagt, dass das eines der letzten Dinge war, die Jo und sie wollten.

„Also, wenn das tatsächlich dein einziger Grund ist, mein liebes Frollein“, redete Jasmin ihrer Freundin ins Gewissen und riss ihre Augen mahnend auf, „dann denk nochmal gehörig darüber nach! Er kann doch nichts dafür!“ Wenn Jasmin Sophia mit ‚mein liebes Frollein‘ betitelte, und das war erst zwei Mal in ihrer langjährigen Freundschaft vorgekommen, meinte sie es wirklich ernst.

Zerknirscht antwortete Sophia: „Ich habe wochenlang nichts anderes getan, glaub mir. Aber ich habe mich nun mal entschieden!“

„Bist du sicher?“, fragte Jasmin skeptisch.

Oh! Sie kannte sie einfach zu gut, musste Sophia wieder einmal feststellen und fügte maulig hinzu: „Außerdem hab ich gesehen, dass er sich ganz gut ohne mich amüsieren kann.“

„Was hast du gesehen?“, fragte Jasmin nach.

„Ich habe ihn mit einer anderen gesehen.“

„Das war doch sicher nichts Ernstes, Süße. Jo hat erzählt, dass Vincent ihn ständig nach dir ausquetscht. Mensch, der Kerl ist echt verknallt in dich!“ Jetzt stiegen Sophia Tränen in die Augen.

„Unsinn!“, blaffte sie Jasmin an und sagte ausweichend: „Ich muss mal“, drängelte sich an ihr vorbei und suchte sich eine Kabine, um sich einzuschließen.

„Mach es ihm doch nicht so schwer! Du kannst es doch wenigstens versuchen“, hörte sie sie ihr hinterherrufen.

Mit dem Herauskommen ließ Sophia sich Zeit und wartete, bis Jasmin definitiv weg war. Sie wusch ihr gerötetes Gesicht mit kaltem Wasser. Es sollte niemand sehen, dass sie geweint hatte, als sie zum Tisch zurückkehrte.

Vincents nachdenklicher Blick traf ihren, und sie fragte sich, ob Jasmin etwas gesagt hatte. Aber das aufmunternde Lächeln, das sie ihr schenkte, signalisierte etwas anderes. Und wie Jo gerade dabei war, über die Verträglichkeit orientalischen Essens zu referieren, zeigte Sophia, dass Vincents und ihr Verhältnis zueinander, oder vielmehr ihr Nicht-Verhältnis nicht thematisiert worden war.

Der Flug nach Dubai wurde aufgerufen, also zahlten sie und suchten gemeinsam den Sicherheits-Schalter.

Überall hetzten andere Reisende mit suchenden Blicken auf die Anzeigetafeln an ihnen vorbei, Koffer und Taschen wurden geschleppt, Trolleys hinter sich hergezogen, Schlangen standen an Gepäckaufgaben und pausenlos hörte man unverständliche Durchsagen.

Der Flughafen war größer und unübersichtlicher, als Sophia erwartet hatte, und die ganze Zeit fragte sie sich, was man wohl aus den unterirdischen Räumen, dem ehemaligen Zuhause von Jos und Vincents Familie gemacht hatte und ob es sie überhaupt noch gab.

Wie hatte sich seine Mutter seinerzeit dagegen gesträubt, dort auszuziehen, erinnerte Sophia sich, und Vincent war es schließlich, der dafür gesorgt hatte, dass seine Mutter und seine Großmutter in ein altes Gutshaus nach Steglitz umzogen und der Flughafen eröffnet werden konnte. Das war nur ein paar Wochen her.

Bald erreichten sie den Sicherheits-Check-In und verabschiedeten sich.

„Vergiss deinen Spezial-Auftrag nicht“, erinnerte Vincent seinen Bruder vielsagend und geheimnisvoll.

Jo lachte: „Vergesse ich nicht. Ich weiß doch, wie wichtig dir das ist.“

Damit drückte er ihn zum Abschied ein letztes Mal an sich.

„Und schickt ‘ne Postkarte!“, rief Vincent ihnen im Scherz nach, als sie an den Check-In-Schalter traten.

Plötzlich waren sie unter sich, und Sophia wollte vermeiden, dass er das Gespräch auf das, was zwischen ihnen stand, lenkte.

„Was ist das für ein ‚Spezial-Auftrag‘, den Jo hat?“, fragte sie deshalb, als sie den beiden hinterhersahen, wie sie ihr Handgepäck zum Durchleuchten abgaben, wie jeder andere Normalreisende auch. Kein VIP-Gehabe, keine Sonderbehandlung, wie Vincent sie wahrscheinlich in Anspruch genommen hätte.

Er witzelte verschwörerisch: „Das ist geheim“, woraufhin er einen mürrischen Blick von ihr erntete und erklärte: „Nein, im Ernst, es ist ‘ne größere Sache. Ich habe ein paar Kontakte zu Experten in Dubai geknüpft, um an Informationen zu kommen, wie ich das mit meinem Hochhaus am besten manage. Jo soll sich mit einem von denen treffen.“

„Ach so, spionieren, ja?“, grinste sie, und er beharrte auf: „Nein, Informationen einholen. Im besten Fall bekommen wir ihn sogar mit ins Boot“, und er blickte wieder Richtung Check-In. Jasmin und Jo waren dabei, sich zur Sicherheitskontrolle anzustellen und sahen so glücklich aus, als sie sich ein letztes Mal umdrehten und winkten, bevor sie hinter dem Kontrollbereich verschwanden.

Während Sophias Augen weiter versuchten, die beiden zu verfolgen, spürte sie Vincents Atem nah an ihrer Schläfe.

„Verabreden wir uns nun?“, fragte er leise und einladend.

Als hätte er den Moment abgepasst, da sein Bruder und Jasmin außer Sichtweite waren, schlang er seine Arme vorsichtig um Sophia und flüsterte: „Bitte.“

Sie befreite sich aus seiner Umarmung und wandte sich zu ihm um. „Du bist wirklich hartnäckig!“

„Und selbstgefällig, arrogant und eingebildet“, nickte er grinsend.

„Und vergiss den Schwerenöter nicht, wie du es mal ausgedrückt hast, Vincent. Ich habe dich gesehen. Mit dieser Frau im Restaurant, der du die Finger abgeschlabbert hast, als würdest du sie gleich sofort vernaschen wollen.“

Er stutzte und dachte kurz nach. Dann fiel es ihm ein und er lachte sein entwaffnendes Lachen: „Hey, das war doch nichts! Ich war nur dieses eine Mal ausnahmsweise wieder um die Häuser gezogen. Ich bin auch nur ein Mann! Das war völlig bedeutungslos!“

„Eben“, hakte Sophia ein. „Ich habe keine Lust, mich in deine endlose Liste von bedeutungslosen Abenteuern einzureihen. Tu mir einen Gefallen, Vincent: Lass mich in Ruhe!“ Damit ließ sie ihn stehen und ging.

Aufgebracht rief er ihr nach: „Mann, Sophia! Dachtest du, ich warte ewig auf dich und lebe bis an mein Lebensende wie ein Heiliger?“ Neugierige Blicke landeten auf ihnen.

Verhalten fügte er hinzu: „Versteh mich doch! Du bist mir wichtig.“

Sie hörte ihn, aber lief unbeirrbar weiter.