Der Schatten des Prinzen - Pascal Wokan - E-Book
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Der Schatten des Prinzen E-Book

Pascal Wokan

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Beschreibung

Vigon besitzt als Prinz der Unterwelt alles, was er sich nur erträumen kann. Macht, Einfluss und Gold … selbst der Tod kann ihn nicht berühren. Aber eine Sache bleibt ihm verwehrt: Freiheit. Während sein Vater aus ihm einen pflichtbewussten Thronfolger machen möchte, beginnt Vigon an seiner Bürde zu zweifeln. Kurzerhand will er gemeinsam mit seinem dämonischen Schatten in jenes verlockende Reich hinter dem Schleier fliehen – die Lichtlande, wo die Sterblichen leben und es Wunder geben soll, die seine Vorstellungen übersteigen. Doch er ahnt nicht, dass seine Flucht Auswirkungen auf das Gleichgewicht zwischen Licht und Dunkelheit hat. Denn im Verborgenen lauern Mächte, die nur auf diesen Moment gewartet haben, um die Dunkellande und alles, was Vigon je kannte, dem Erdboden gleichzumachen.

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Informationen zum Buch

Impressum

Widmung

Landkarte

Prolog: Die letzte Flucht

Kapitel 1 - Von Prinzen, Dämonen und Schatten

Kapitel 2 - Wie man einen unschönen Abgang macht

Kapitel 3 - Wiedergeboren – schon wieder

Kapitel 4 - Von Schissern und Leerwandlern

Kapitel 5 - Eine bezaubernde Folterknechtin namens Jamera

Kapitel 6 - Wer ist wer?

Kapitel 7 - Eine getroffene Entscheidung

Kapitel 8 - Die erste Flucht

Kapitel 9 - Finsternis

Kapitel 10 - Der Plan nimmt Gestalt an

Kapitel 11 - Die Besten der Besten der Besten

Kapitel 12 - Es gelingt …

Kapitel 13 - Kopflos

Kapitel 14 - Traumlose Träume

Kapitel 15 - Der große Plan des Ahriman

Kapitel 16 - Die Geschichte eines Kobolds

Kapitel 17 - Tot – noch Fragen?

Kapitel 18 - Die acht Ringe

Kapitel 19 - Scheitern, um zu gewinnen

Kapitel 20 - Entfesselt

Kapitel 21 - Wie eine Zwiebel

Kapitel 22 - Befehl und Glaube

Kapitel 23 - Alles auf Anfang

Kapitel 24 - Vater und Sohn

Kapitel 25 - Die Wahrheit

Kapitel 26 - Der Schatten des Prinzen

Kapitel 27 - Der letzte Tod

Epilog

Dank

Glossar

 

Pascal Wokan

 

 

Der Schatten des Prinzen

 

 

 

Fantasy

 

Der Schatten des Prinzen

Vigon besitzt als Prinz der Unterwelt alles, was er sich nur erträumen kann. Macht, Einfluss und Gold … selbst der Tod kann ihn nicht berühren. Aber eine Sache bleibt ihm verwehrt: Freiheit. Während sein Vater aus ihm einen pflichtbewussten Thronfolger machen möchte, beginnt Vigon an seiner Bürde zu zweifeln. Kurzerhand will er gemeinsam mit seinem dämonischen Schatten in jenes verlockende Reich hinter dem Schleier fliehen – die Lichtlande, wo die Sterblichen leben und es Wunder geben soll, die seine Vorstellungen übersteigen. Doch er ahnt nicht, dass seine Flucht Auswirkungen auf das Gleichgewicht zwischen Licht und Dunkelheit hat. Denn im Verborgenen lauern Mächte, die nur auf diesen Moment gewartet haben, um die Dunkellande und alles, was Vigon je kannte, dem Erdboden gleichzumachen.

 

 

 

Der Autor

Pascal Wokan, geboren 1986 in Frankfurt am Main, ist Maschinenbau-Ingenieur und arbeitet an einer Technischen Universität. Seit einiger Zeit veröffentlicht er regelmäßig Bücher, die Topplatzierungen in den Amazon-Bestsellerlisten besetzen. Er lebt mit seiner Familie in Weilburg, Hessen und widmet sich in seiner Freizeit nicht nur dem Schreiben neuer Romane, sondern auch der grundlegenden Frage, warum die Pizza immer auf der belegten Seite landet.

www.sternensand-verlag.ch

[email protected]

 

1. Auflage, März 2024

© Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2024

Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

Lektorat: Sternensand Verlag GmbH | Wolma Krefting

Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH

Illustration Karte: Corinne Spörri

Satz: Sternensand Verlag GmbH

 

 

ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-306-6

ISBN (epub): 978-3-03896-307-3

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

Für Nadine,

die mich auf all meinen Abenteuern begleitet

Prolog: Die letzte Flucht

 

Vigon war kurz davor, den Tod auszutricksen.

Er stürmte die Stufen des letzten Rings der Dunkellande empor, schlitterte über die Pflastersteine und fing sich mit zitternden Fingern an der Mauerbrüstung ab. Pfeifend schoss der Atem aus seinem Mund und vor Anstrengung waren seine Knie ganz weich.

Eben war die verschlingende Wolke noch hinter ihm gewesen, aber jetzt war sie nirgendwo mehr zu sehen.

Der Finsternis sei Dank! Was die anderen Verfolger anging – wer konnte sagen, wo die steckten?

Hinter der Brüstung ging es Hunderte, nein, Aberhunderte Schritt in die Tiefe. Und weit entfernt, jenseits der Mauer, auf der er stand, war das Land zerschlagen und bar allen Lebens.

Ein Reich der Toten.

Vigons Brust zog sich bei dem Anblick zusammen. Furcht und Panik rangen in ihm miteinander. Er atmete tief durch und versuchte, seine zuckenden Mundwinkel unter Kontrolle zu bringen. Dennoch zwang er sich, weiter hinzusehen. Denn der Ort fern davon, war alles, wonach er sich sehnte.

Der weite Platz am Fuße der Mauer war von riesenhaften Gebäuden umsäumt. Die Geister hoher Säulen und steiler Dächer, hoch aufragender Pfeiler und emporwachsender Ruinen kauerten sich furchtsam unter dem düsteren Himmel zusammen. Der Wind pfiff durch die gähnenden Türöffnungen, durch Häuserschluchten und geborstene Türme und blies Vigon kräftig entgegen.

Kein geschäftiges Treiben, keine lärmende Menge, keine Rufe von Dämonen, die ihm ans Leder wollten. Nichts bewegte sich. Es gab nur die großen Ruinen und den Nebel, der den Himmel mit undurchdringlicher Schwärze überzog.

Kein Ort, an dem man sein Dasein fristen wollte, wenn man noch ganz bei Sinnen war. Doch Vigon kannte es nicht anders. Dies war der Ort, von dem er niemals fliehen durfte.

Die Dunkellande.

Doch Vigon hatte vor, sie zu verlassen – um jeden Preis.

Entweder war er wahnsinnig oder er hatte schlicht den Verstand verloren. Vielleicht ein bisschen von beidem. Aber er hatte es bis hierhin geschafft.

Der achte Ring.

Eine letzte Hürde, dann stand ihm der Weg in die Freiheit offen. Am Horizont warteten die Antworten, auf die er so lange gewartet hatte.

»Herr!«, sagte Bal, sein Schatten – oder eher sein nerviger, kleiner Dämon.

Das gespenstische schwarze Abbild wurde auf den Boden und zum Teil auf die Mauerkrone geworfen. Er war flach wie Papier und sah aus wie Vigons ganz gewöhnlicher Schatten, ein junger, drahtiger und hochgewachsener Mann. Allerdings konnte er sich bewegen und sprechen. Leider.

»Bal?«, fragte Vigon.

»Mein Prinz, könnten wir bitte endlich umkehren?« Bals Stimme hallte ein wenig, als wäre sie ein Echo.

»Könnten wir.« Vigon atmete tief ein und verzog den Mund, da die Luft hier oben scheußlich roch. Kein Wunder, haftete den Dunkellanden ein allseits vorherrschender stechender Geruch nach Verwesung und Tod an.

»Doch Ihr werdet es nicht tun.« Die Resignation war aus den Worten des Schattens zu hören, während er auf dem Boden hin und her waberte wie ein ruheloser Geist.

Vigon hob die Augenbraue und betrachtete die Tiefe, die sich in dunkler Schwärze verlor, wie ein Loch, das alles in sich aufsog. »Umkehren, nachdem wir so weit gekommen sind?«

Der Schatten hielt in seiner rastlosen Form inne und es kam Vigon vor, als sähe Bal ihn konzentriert an, um seiner Erwiderung Nachdruck zu verleihen. »Es wäre vernünftig, Herr.«

Vigon strich sich das dunkle, verschwitzte Haar aus der Stirn. »Ich bin schon zu weit gegangen, um noch umzukehren, Bal.«

»Bedenkt, was geschehen würde, wenn es Euch tatsächlich gelingen sollte, die Dunkellande zu verlassen.« Der Schatten stemmte die Hände in die Hüften, obwohl Vigon immer noch die Brüstung gepackt hielt. »Ich bitte Euch daher in aller Demut: Lasst ab von Euren Plänen, kehrt um und sprecht mit Eurem Vater.«

»Nein.«

»Herr?«

»Nein.«

»Nein?«

»Nein.«

»Aber warum?«

Vigon atmete erschauernd aus und zwang sich dann zu einem lässigen Grinsen, um seine Sorgen niederzuringen. »Du kennst die Gründe. Wir können nicht, denn wir befinden uns auf der Flucht.«

»Ihr befindet Euch auf der Flucht.« Der Schatten glitt die Mauerbrüstung hoch, damit er fast auf Augenhöhe mit Vigon war. »Ich bin lediglich Mitverschwörer, da ich an Euch gebunden bin.«

Vigon machte eine wegwerfende Handgeste. »Ja, weil du mein Dämon bist.«

Bal erstarrte. Dann, ganz langsam, waberte er wieder unruhig über die archaischen Steine der Brüstung. »Oh, Herr, ich bin kein Dämon, sondern ein uraltes, höheres Wesen, das mit Eurem Schatten verschmolzen ist und eine Symbiose von gegenseitigem Respekt, Einvernehmen, Vertrauen und …«

»Also ein Dämon.«

»Ihr wisst überhaupt nicht, wie beleidigend das ist.«

Vigon grub seine Finger in den brüchigen Stein und konnte seinen Blick nicht vom achten Ring der Dunkellande lösen. »Hast du dich einmal gefragt, was es jenseits davon gibt, Bal?« Er beugte sich nach vorn. »Ich meine, jenseits von all dem hier?«

»Wie Ihr wisst, befinden sich dort die Lichtlande, das Reich der Lebenden. Wir beschützen es, um das allumfassende Gleichgewicht zu wahren.« Natürlich musste Bal wieder einen belehrenden Tonfall anschlagen, wie ein Lehrer vor einem sehr dummen Kind.

Vigon mahlte mit den Kiefern, bis es schmerzte. »Beschützen … wovor?«

Der Schatten richtete sich neben ihm an der Brüstung auf, stand nun stolz und aufrecht da wie ein Gelehrter, der den Schlüssel zur Weisheit gefressen hatte – und die passende Kiste wohl obendrein. »Haben wir nicht einen langen und schauderhaften Weg hinter uns, um an diesen Punkt zu gelangen?«

»Schauderhaft?« Vigon schnaubte. »Du meinst blutig, schmerzhaft und tödlich.«

Bal berührte ihn am Oberarm, vertraulich und versöhnlich. Die Stelle wurde sofort kalt – kälter als Eis. »Ich ziehe es vor, nicht über die Schrecken nachzudenken, denen wir ausgesetzt waren.«

Der Schatten hatte recht. Sie hatten Schreckliches erlebt, waren gestorben – mehrmals sogar! –, hatten Dinge erfahren, um die Antwort auf die größte Frage zu erhalten, was wirklich in den Dunkellanden vor sich ging.

Und nun waren sie hier. Wenn die anderen wüssten, dass sie es bis zum achten Ring geschafft hatten. Wenn Vigons Gefolgsleute und Gefährten, ja, selbst die wenigen Freunde, die er gewonnen hatte, hiervon wüssten, dann würden sie ihn endlich ernst nehmen. Vielleicht sogar Vater …

Ich habe mich verändert.

Er betrachtete seinen nachtschwarzen, an der Brust eng anliegenden Überwurf, der bis zu den Knien reichte. Das Gewand darunter war violett wie die Finsternis. Beides war verschlissen und verdreckt durch die zahllosen Angriffe von Ghuls und anderen scheußlichen Wesen, vom Feuer niederer Dämonen angesengt, vom Speichel giftspuckender Bestien verätzt und an Brust und Hüfte durchtränkt von Schweiß, Tränen und Dämonenblut in schillernden Farben. Wenigstens trug Vigon noch seine ausgetretenen Stiefel. Den Rest hatte er auf seinem abenteuerlichen Weg zum achten Ring verloren.

Man sieht mir die Veränderung sogar an …

Das Eingeständnis war seltsam. Mit jedem Verlust und jedem Scheitern hatte er ein Stück von sich selbst gefunden, wie die Scherben eines Spiegels. Sollte man diesen zusammensetzen und hineinblicken, starrte einem ein ganz anderer entgegen.

Ein anderer Vigon.

Er kletterte auf die Brüstung. Nun wurde sein Schatten auf die Blöcke der Zinnen geworfen. Der Schwindel packte ihn, aber es war nicht das erste Mal, dass er sich in solcher Höhe befand.

»Herr! Was tut Ihr da?«

»Springen.«

»In die Tiefe?«

»Wohin denn sonst?«

»Aber Herr! Ich flehe Euch an, bitte tut das nicht erneut!«

Vigon hielt zwei Finger hoch. »So wie ich das sehe, hast du folgende Möglichkeiten. Erstens, du hilfst mir, damit wir endlich das schaffen, wovon wir immer geträumt haben.«

»Wovon Ihr immer geträumt habt.«

»Zweitens, wir sterben. Wie wir beide wissen, ist das keine sonderlich schöne Erfahrung.«

Bal zögerte, musste sich anscheinend die Worte erst gut zurechtlegen. »Da habt Ihr recht. Das letzte Mal, als ich den materiellen Körper durch die Finsternis wiederherstellen musste, hat mir vollauf genügt.«

Finsternis. Jene besondere Macht, auf die nur jene Zugriff hatten, die über einen Schatten verfügten – eine Seltenheit in den Dunkellanden.

Allein die Vorstellung, was er alles damit bewirken konnte, ließ Vigons Herz schneller schlagen – nicht, dass er eines wie die Sterblichen besaß. Dort lauerte nur ein schwarzer, konturloser Fleck, als wäre er innen drinnen hohl.

Der Schatten schlingerte rastlos über die uralten Steine. »Herr, bitte seid einsichtig. Wir müssen zurückkehren.«

Vigon hob belehrend den Finger. »Genau genommen, mein kleiner Dämon, ist das hier eine Flucht, also das Gegenteil von zurück.«

»Flucht. Aus dem Palast.« Bals Stimme nahm eine Spur Panik an. »Herr, Ihr seid der Prinz! Ihr hattet alles, was Ihr Euch wünscht und müsstet nur …«

Vigons lang gezogenes Seufzen unterbrach ihn. »Auch Freiheit?«, fragte er leise und schwer, als fürchtete er, was seine Worte auslösen könnten. Sie drückten alles aus, was er empfand und was er sich jemals gewünscht hatte. Freiheit. Ein einzelnes Wort, so einfach und doch voller Logik.

Der Schatten schrumpfte und kauerte sich wie ein demütiges Wesen zusammen. Für einen Dämon wirkte er nicht sonderlich furchterregend.

Vigon kannte richtige Dämonen von unvorstellbarer Grausamkeit, und mit denen war wirklich nicht zu spaßen. Es gab so viele verschiedene Arten, darunter auch Geister, dunkle Feen und andere Schreckensgestalten, die in den Dunkellanden Zuflucht fanden, dass man sie nicht einmal zählen konnte.

Wahrscheinlich war Bal unter seinesgleichen der gewesen, der stets die anderen angehalten hatte, mit Gabel und Messer zu essen, wenn sie menschliche Seelen verspeisten.

Vigon biss die Zähne zusammen und vertrieb einmal mehr seine Sorgen, unerheblich, was nun geschehen sollte. Sterben war nie angenehm – obwohl er natürlich nicht richtig sterben konnte. »Also?«

Bal zögerte. »Mein Prinz?«

Vigon tippte sich gegen die Nase. »Ich kann den Schmerz schon riechen.«

»Genau genommen kann man den Ausdruck eines körperlichen Empfindens nicht riechen.«

»Weißt du was? Finden wir’s doch einfach heraus!«

»Nein … nein! Bitte, Herr, Ihr seid …« Bal seufzte. »In Ordnung. Ich gebe mich geschlagen.«

»Du kannst dich nicht geschlagen geben, nachdem ich bereits gewonnen habe. Also?«

Bals Stimme nahm nun einen reumütigen Klang an, als er wieder die Form eines jungen Mannes zeigte, der aufrecht an den Zinnen verharrte. »Nein, Ihr seid nicht frei. Ihr seid der Prinz der Dunkellande und rechtmäßiger Thronerbe, der bald über all das hier herrschen soll. Zufrieden?«

Vigon klopfte auf einen Mauerblock, als wollte er Bal die Schulter tätscheln. »Sicher. Hilfst du mir?«

»Wenn es Euer dringendes Begehr ist?«

Der Prinz senkte die Stimme und verkrampfte seine Finger. »Du weißt, dass es um mehr geht als um eine Flucht. Ich will endlich Antworten. Ich will die jenseitige Welt sehen. Ich will erfahren, was wir beschützen.« Seine Stimme klang nun ernster und verbissener. »Ich will verstehen, welche Sorgen Vater plagen. Ich will den Grund verstehen, welche Bedrohung auf uns lauert. Denke nur an den Kobold und alles, was wir erfahren haben! Über die Vergangenheit. Über … Ahriman! Ich will …«

Ein sich selbst überholendes Grollen übertönte ihn.

Vigon ruckte herum. Seine Gedärme füllten sich mit Eis.

Eine hungrige Wolke braute sich oben am schwarzen Himmel zusammen, rumpelte über ihm, war dunkel und wütend. Es war wie eine Sturmwand, die in einem majestätischen Ereignis über ihn hereinbrechen würde.

Es gab kein Entkommen.

Ein Blitz erhellte die Wolke, gab das Gesicht eines Ungeheuers in diesem verschlingenden Mahlstrom preis und ließ schemenhafte Abbilder von gepeinigten Seelen vor seinen Augen entstehen.

Manchmal fragte er sich, ob der Wächter der Dunkellande eigens zu dem Zweck erschaffen worden war, ihm das Leben so richtig zu vermiesen.

»Er ist fast da«, murmelte Vigon und überblickte die Ausläufer der Dunkellande, seines heiligen Gefängnisses – aber eben ein Gefängnis.

»So ist es, Herr.« Bals Stimme zitterte leicht.

Was für ein Dämon hatte eine zittrige Stimme?

Vigon verzog abschätzig den Mund. »Du hast Angst.«

»Gewiss habe ich Angst«, echauffierte sich der Schatten. »Ich fürchte um Euch. Das letzte Mal habt Ihr lange gebraucht, bis Ihr wieder bei Verstand wart.«

Vigon machte eine nachlässige Handbewegung. »Ach was! So schlimm war es doch nicht. Aber du weißt jetzt ja, was zu tun ist, nicht wahr, Dämon?«

»Ja, Herr. Ja … ich fürchte, dass ich das ganz genau weiß.«

Er nahm all seinen Mut zusammen.

Dann sprang er kopfüber in die Tiefe. Es war ein freier Fall.

Der Wind blies ihm kräftig ins Gesicht, brachte seine Augen zum Tränen und sein Gewand zum Flattern, während er senkrecht an der Mauer vorbeischoss.

Sein Schatten schlingerte an der Wand entlang und es kam Vigon vor, als blickte der ihn vorwurfsvoll an. Also schaute er ebenso zurück. Nicht zum ersten Mal drängte sich ihm der Gedanke auf, wer wohl gewinnen würde, sollte Bal einen Anstarrwettbewerb mit einem Gemälde austragen.

»Gleich wird's hässlich, Bal«, rief er gegen den Flugwind.

»Herr, denkt an die Schmerzen.«

»Die nehme ich in Kauf.«

»Sie werden uns wieder ausschimpfen!«

»Und?«

»Und Euer Vater wird uns mit einem Fluch bestrafen. Wir sollten umkehren. Seid bitte einmal in Eurem Leben vernünftig.«

Vigon schob verärgert die Augenbrauen zusammen. »Vernünftig wäre es, mir zu helfen.«

Obwohl er immer noch fiel, stemmte der Schatten die Hände in die Hüften. Ein komischer Anblick … »Es gibt Regeln und Gesetze im Umgang mit der Finsternis. Jeder Gebrauch …«

»Jetzt hab dich doch nicht so.«

»All das ist viel komplizierter, als Ihr denkt! Die Finsternis beeinflusst Euer Wesen. Erinnert Euch, was bei Eurem letzten Einsatz geschah! Ihr habt Euch beinahe verloren. Was glaubt Ihr, weshalb Euer Vater derart sparsam damit umgeht?«

Vigon schwenkte wie wild die Arme. »Müssen wir erst sterben?«

»Ich wurde auserkoren, Euer Schatten zu sein. Ich habe mich gegen zahllose andere durchgesetzt, deren einziger Zweck ihrer Existenz darin besteht, die Symbiose mit Euch einzugehen, um Euch Zugang zur Finsternis zu geben. Was für eine unvergleichliche Ehre, dem Prinzen der Dunkellande zu dienen! Und nun bin ich nicht mehr als ein Hilfsmittel. Herr, das ist entwürdigend!«

Der Boden breitete sich unter ihm aus, ein riesengroßes, flaches, steinernes Ding, das ihn in schmerzhafter Umarmung willkommen heißen würde.

Nein, er konnte nicht zurückkehren … nicht solange er keine Antworten erhalten hatte!

Gefährliche Gedanken, vielleicht verräterische Gedanken für einen Thronerben. Doch das hier war der Weg, für den er sich entschieden hatte.

Wenigstens hatte er sich auf diesen Moment vorbereitet. Zumindest ein wenig. In Ordnung, er hatte sich überhaupt nicht vorbereitet. Deshalb sollte sich der Dämon wirklich nicht so aufregen.

Das schmierige Pflaster war nun so deutlich sichtbar, dass er den Dreck in den Fugen und die kümmerlichen Pflanzen darin erkennen konnte. Kurz wagte er einen Blick hinauf und bereute es sofort.

Das Röhren der Wolke vibrierte in seiner Brust.

Wer würde ihn zuerst zerquetschen – die Wolke oder der Erdboden?

»Machst du jetzt mal was, Dämon?«, knurrte er ungeduldig.

»Warum zwingt Ihr mich dazu, Herr?«, wimmerte Bal.

Vigon schnaubte, da er allmählich die Geduld verlor. Nicht nur, weil der Boden bereits gefährlich nah war. »Du bist mein Schatten.«

»Ich habe geschworen, Euch zu beschützen«, leierte der Schatten zum tausendsten Mal seinen Text herunter.

»Dann beweg dich endlich!«

Der Schatten löste sich von der Mauer und glitt langsam auf Vigon über. Zwar waren sie die ganze Zeit verbunden, wie es sich eben für einen Menschen und seinen Schatten gehörte, aber Bal war wesentlich mehr als das. Wenn sie nun miteinander verschmolzen, besaßen sie endlose Möglichkeiten.

Bal schmiegte sich wie eine zweite Haut um ihn, umhüllte ihn mit schrecklicher Kälte.

Vigon atmete ein.

Wie das Hereinbrechen eines Gewitters oder das Entzünden eines Leuchtfeuers erwachte die Macht in ihm.

»Bal?«

›Ich bin hier, Herr.‹

»Damit meinst du, du bist in meinem Kopf, Dämon. Bin ich jetzt von einem Dibbuk besessen? Nicht dass ich irgendwelche Verrenkungen mache, sinnloses Zeug schreie und …«

›Herr, konzentriert Euch!‹

»Richtig. Konzentrieren. Dann wollen wir mal!«

Vigon drehte sich in der Luft. Und nutzte die Finsternis.

Schattenhafte, pulsierende Fäden, wie das Netz einer Brutmutter, schossen aus seinem Körper in alle Richtungen. Einige rammten sich mit Widerhaken in die Mauer, an der er entlangstürzte, andere sausten auf den Boden zu und gruben sich hinein.

Kurz bevor er auftraf, ging ein Ruck durch seinen Körper und er wurde langsamer, bis er federleicht auf dem Boden landete. Die Schattenfäden lösten sich und kehrten in seinen Körper zurück.

Vigon atmete erschauernd aus. Dieser Rausch, diese Macht, über die Finsternis zu herrschen. Es kam Vigon vor, als existierten für ihn keine Grenzen mehr. Leider konnte er viel zu selten über diese Macht gebieten, denn Bal war nicht nur ein Teil von ihm, er passte auch auf ihn auf, damit er keine Dummheiten anstellte.

Der Boden unter ihm war von Spalten und Rissen durchzogen. Die Luft roch anders – älter, schwerer, wie in einem tiefen, feuchten Grab. Vor ihm erhoben sich die Ruinen und Trümmer, die einst Teil einer gewaltigen Stadt gewesen sein mussten. Und weit dahinter am Horizont befand sich ein undurchdringlicher, lebloser Dunst. Er hing als nebliger Vorhang am Horizont, eine unüberwindbare Mauer, die jeden Dämon davon abhalten sollte, ihn zu überqueren.

Auch einen fliehenden Prinzen.

Und dieser schwarze Dunst stellte all das dar, was Vigon verachtete: Grenzen und Hindernisse, die ihn einsperren sollten.

Das Ende seiner langen Reise.

Der Schleier.

Ein tiefes Röhren riss ihn aus den Gedanken. Er wirbelte herum, warf den Kopf in den Nacken und blickte die Mauer empor. Die verdammte Wolke schlingerte weit über ihm entlang den Zinnen und trieb dort rastlos umher, als suchte sie nach etwas.

Nein, nicht nach etwas. Nach ihm!

Plötzlich ruckte sie herum wie eine formlose Masse, die von einem anderen Willen gelenkt wurde.

Sie starrte ihn an. Finsternis, die Wolke sah ihn tatsächlich an!

Mit markerschütterndem Dröhnen brauste sie nach unten, krachte gegen den Wall und riss hausgroße Brocken auf ihrem Weg in die Tiefe mit sich.

»Bereit?«, fragte Vigon.

›Nein, aber Ihr werdet Euch doch nicht von Eurem Vorhaben abbringen lassen.‹

»Schön, dass du mich so gut kennst.«

›Gut genug, um zu wissen, dass dies ein Fehler ist.‹

»Wir werden sehen.« Mit Schwung stieß er sich ab und rannte los.

Die Finsternis brodelte in ihm wie siedend heißer Dampf, zwängte sich durch seine Adern und stieß von innen gegen seine Haut. Sie wollte mit aller Macht hinausgelangen und benutzt werden.

Er verstand die Finsternis immer noch nicht richtig, aber sie war in irgendeiner Weise mit seinem Schatten und den Dunkellanden verbunden. Es war eine Macht, geboren aus Tod und Verdammnis, aus unerfüllten Wünschen und Träumen, aus Hass, Furcht und Zorn – ein Teich aus den dunkelsten Gefühlen der Sterblichen, wenn ihre Seelen über den Schleier ins Reich der Toten glitten.

Und Vigon konnte sie nutzen.

Die Luft, gegen die er in seiner Bewegung drückte, wich vor ihm zurück, als fürchtete sie sich vor ihm.

Wie ein Messer schnitt er durch den Wind, der nicht wagte, ihn zu belästigen. Selbst der Boden wand sich unter ihm, mied die Berührung wie der Schatten das Licht. Sogar das wenige fahle Licht der Dunkellande schmolz auf seiner Haut.

Vigon griff nach der Finsternis und verlieh ihr die Form eines schattenhaften Tentakels, der aus ihm hinausschoss und sich in den Boden bohrte.

Er wurde schräg nach oben katapultiert und sein Magen machte einen gewaltigen Satz. Dann rief er weitere Tentakel, die wie Gliedmaßen seine Bewegung stabilisierten. Sobald er nach vorn gestoßen wurde, musste er neue erschaffen, um nicht herunterzufallen.

Vigon wurde schneller. Es war schwer, aber nach und nach geriet er in einen Rhythmus, achtete kaum noch auf das Splittern und Surren und war ganz auf die Finsternis konzentriert.

Zugegeben, das sah ein bisschen ekelhaft aus, ein Sterblicher hätte ihn bestimmt für ein Ungeheuer gehalten und wäre schreiend davongerannt, allerdings erfüllte es seinen Zweck. Es machte ihn besonders und … mächtig.

Vigon schoss dahin, berührte nicht mehr den Boden, während sich sein Gewand um ihn kräuselte.

Er jagte so schnell an den Ruinen und einstigen Häusern vorbei, dass sie vor seinen Augen verschwammen.

Irgendwann gelangte er zu den Überresten eines zerstörten Tempels, einem wirren Durcheinander aus herabhängenden Steinblöcken und Platten. Bruchstücke der monströsen Säulen waren seitlich auf das geborstene Pflaster gefallen, und Teile der weit aufklaffenden Dächer lagen noch dort, wohin sie einst gestürzt waren.

Als die Mauer noch die Grenze zu den Dunkellanden gewesen war, hatte es hier Menschen gegeben, eine ganze Stadt voll von ihnen! Aber das war lange her und die Grenzen zum Reich der Lebenden verschoben sich mit der Zeit. Auch das war ein Grund, weshalb er all das tat.

Er wollte etwas erreichen, was nie jemand vor ihm erreicht hatte.

Vigon beförderte sich auf eine schief liegende Säule, stürmte darüber hinweg und drückte sich ab. Er teilte den Wind, sauste über die Ruinen einst prachtvoller Gebäude hinweg und landete sicher mit gebeugten Knien.

Das war ein gut hundert Schritt weiter Sprung gewesen. Die Verschmelzung mit seinem Schatten half ihm nicht nur, sich schneller fortzubewegen oder Stürze aus unmöglichen Höhen abzufangen. Es gab auch noch andere Möglichkeiten, die Finsternis zu verwenden.

Vor ihm war ein Gebäude mitten auf die Straße gestürzt, wodurch der Weg in einer Sackgasse mündete. Die Trümmer und Felsbrocken daneben erlaubten ebenfalls kein Durchkommen und ragten Hunderte Schritt in den tintenschwarzen Himmel hinauf.

Viele Wege, um zu passieren, boten sich ihm nicht. Also war es Zeit, die Finsternis in anderer Weise zu nutzen.

Bei diesem Gedanken musste Vigon wieder grinsen.

›Herr, Ihr habt doch nicht etwa vor, mich als Waffe zu verwenden?‹ Bal klang derart entrüstet, dass Vigon ein schallendes Gelächter entfuhr.

»Ich würde nicht mal im Traum daran denken!«

›Ihr werdet es tun, nicht wahr? Oh, Ihr werdet es tun …‹

Vigon rollte mit den Schultern, um sich auf den nächsten Einsatz der Finsternis vorzubereiten. »Sag nicht, du hättest es nicht gewusst.«

›Ich erzittere vor Eurer Genialität, aber auch vor Eurer Dummheit.‹

Er hob eine Augenbraue und starrte verärgert einen Stein an, der ihm gerade als Schattenersatz diente. »Wirst du etwa frech?«

›Frech ist kein richtiger Ausdruck für meine Empfindungen, Herr.‹

Die zweite Augenbraue folgte. »Ein Dämon hat Empfindungen?«

›Selbstverständlich!‹ Bal seufzte. ›Wollt Ihr Euch einmal mehr vom Zufall leiten lassen?‹

Vigon hob einen Mundwinkel. »Natürlich.«

›Gestattet Ihr ein paar Vorschläge?‹

Er bewegte sich mit Schattententakeln schneller auf das Gemäuer zu, das ihm den Weg versperrte. Langsam hob er den Arm und konzentrierte sich auf die Finsternis.

Ein schwarzes, waberndes Geschoss löste sich aus seiner Hand und riss mit donnerndem Lärm ein mannshohes Loch in die Wand, die erzitterte, als wäre der Himmel über ihr eingestürzt.

Vigon stieß sich ab, segelte hindurch, und als er ins Freie gelangte, fingen ihn die Schattententakel auf.

Rasch wagte er einen Blick über die Schulter und unterdrückte einen Fluch.

Der Wächter hatte aufgeholt. Er pflügte sich als Wolke durch die Ruinenstadt und zerstörte unter seiner Wucht Dutzende Gebäude.

»Nur zu!«, keuchte Vigon. »Solange es dabei nicht darum geht, umzukehren, Dämon.«

›Ich bin kein … Herr, wir können vor dem Wächter nicht fliehen. Er wird uns einholen, bevor wir die Grenze erreicht haben.‹

»Ja.« Er hob im Lauf die Hand, und der Turm vor ihm riss auseinander.

Der größte Teil neigte sich zur Seite und fiel polternd und krachend auf die Ruine daneben.

›Ihr werdet Euch nicht umstimmen lassen, nicht wahr?‹

»Wann bist du denn auf diesen schlauen Gedanken gekommen?«

Der Schatten löste sich ein wenig von ihm, stand nun vom Oberkörper ab. Sofort sickerte die Finsternis aus ihm wie geronnenes Blut, die Tentakel gerieten aus dem Takt und er prallte auf den Boden, wo er sich überschlug.

»Bal!«, zischte er und rappelte sich auf. »Was soll das?«

»Es ist meine heilige Bürde, Euch zu beschützen, Herr.« Der Schatten verschränkte die Arme vor der Brust.

Vigon versuchte nach ihm zu greifen, was so sinnvoll war, wie eine Verdammniswache davon zu überzeugen, ein einziges Mal das Hirn zu verwenden.

»Du hast es versprochen, Bal!«

Der Schatten hob belehrend den Zeigefinger. »Das habe ich, Herr. Aber Euer Vater sollte …«

»Du willst also wieder sterben?« Vigon starrte ihn fassungslos an.

»Nein, ich kann gar nicht genug betonen, wie sehr ich das nicht möchte. Euch zu beschützen ist der Grund meiner Existenz.«

Verärgert krauste Vigon die Stirn. »Dann hör auf so stur zu sein, Dämon, und hilf mir!«

Dem Schatten entfuhr ein entrüstetes Schnauben. »Tatsächlich ist es eine Beleidigung, mit diesen hirnlosen Ungeheuern verglichen zu werden.«

»Ich halte dich nicht für hirnlos.« Vigon unterdrückte einen Seufzer und verdrehte die Augen. Das Gespräch war hier und jetzt vollkommen fehl am Platz. Sie sollten fliehen, nicht streiten. Daher legte er in die nächsten Worte möglichst wenig von der Ungeduld, die ihn dazu anstachelte, den widerspenstigen Diener anzubrüllen. »Tatsächlich halte ich dich sogar für ziemlich schlau und gewitzt.«

»Danke.«

»Das war kein Kompliment.« Er knirschte mit den Zähnen, als er losstolperte, aber dabei immer langsamer wurde – die Wolke dafür immer schneller. »Bitte, Bal …«

»Also gut.« Der Schatten nahm wieder die Form eines Gelehrten an und hob einen Finger. »Allerdings nur, weil Ihr mich das erste Mal um etwas gebeten behandelt habt anstatt zu befehlen.«

Der Schatten verschmolz mit ihm und schlagartig kehrte die Verbindung zur Finsternis zurück. Die Schattententakel nahmen wieder ihre Arbeit auf, beförderten ihn nach vorn und er bewegte sich halb sprunghaft, halb schwebend durch die geisterhafte Traumlandschaft.

Nicht weit von ihm, am Rande der Ruinen, zerfaserte der allgegenwärtige Nebel. Ein Licht drang hindurch, das heller und heller wurde.

»Wir haben es fast geschafft!«

›Ich gebe es ungern zu, aber Ihr habt recht.‹

Ein Tor ragte aus dem Dunst – ein riesiges, monströses Tor, so gewaltig, dass man keine Worte fand, um es zu beschreiben. Ein massives, undurchdringliches Bauwerk, das seit Urzeiten Bestand hatte, einst erschaffen aus der Schöpfung. Es war aus einem seltenen Material erbaut, das wie flüssiges Silber schimmerte.

»Sternenstahl«, raunte Vigon und hielt kurz inne. »Bal, kann ich ihn mit der Finsternis zertrümmern?«

›Ich bin nicht sicher, Herr. Die Finsternis ist die höchste Macht der Dunkellande und kann nahezu über alles gebieten. Sternenstahl ist älter. In den Reichen der Lebenden geht das Gerücht, es stamme von Göttern ab.‹

Vigon brummte leise. Was für ein Unsinn! Sternenstahl war viel älter als irgendwelche Götter der Menschen, die in ihrer Torheit Waffen und andere Dinge daraus erschufen.

»Ich wusste nicht, dass es ein Tor im Schleier gibt.«

›Niemand weiß das, weil Euer Vater nicht zulässt, dass jemand die Grenze übertritt.‹

»Warum?«

›Das könnt Ihr wohl nur von ihm erfahren.‹

So lange hatte er nach Antworten gesucht. Immer hatte es geheißen, es gäbe keine Möglichkeit, die Grenze zwischen dem Reich der Sterblichen und der Toten zu überwinden, ohne einen hohen Preis zu bezahlen.

War das Tor womöglich eine Schwachstelle? Oder war es etwas ganz anderes?

Das alles war … verwirrend.

»Dann heißt es jetzt wohl, Augen zu und durch, wie?«

›Ich werde Euch unterstützen, soweit es mir möglich ist.‹

Das Tor gähnte weiter und höher wie ein urgewaltiges Ding, das aus den Legenden getreten war, um alles in den Dunkellanden zu lassen, was drinnen bleiben sollte.

Nun erkannte Vigon auch, dass Symbole in den Sternenstahl eingelassen waren. Runen, verschlungene Linien und andere Muster, die ihn davor warnen sollten, das Tor zu passieren. Aber er war zu weit gekommen, um sich von einem groben Klotz aufhalten zu lassen.

Vigon machte sich bereit, die Finsternis als Waffe zu verwenden.

Das Tor erzitterte. Ein Ruck ging durch die Flügel, die sich langsam aufschoben, während grelles Licht durch einen Schlitz fiel, der sich stetig weitete.

Das Strahlen wurde intensiver, erhellte einen großen Bereich vor dem Durchgang.

Vigon keuchte überrascht auf und riss die Hände hoch.

Es war so unglaublich hell!

Rumpelnd kamen die Torflügel zum Stillstand.

»Habe ich es wirklich … geschafft?«

›Ja, Ihr habt es geschafft. Dies ist der Schleier, die Grenze zwischen dem Reich der Toten und der Lebenden. Der Weg steht Euch offen.‹

»Aber wieso? Ich habe nichts getan außer … die Finsternis! Bal, das muss es sein! Die Finsternis ebnet den Weg durch den Schleier.«

›Vielleicht …‹

Er blieb stehen und betrachtete das Licht und den Nebel jenseits des Tores.

Der Schleier.

Wie oft hatte er sich vorgestellt, dass er aufrecht und stolz hindurchschritt? Wie lange hatte er diesen Moment herbeigesehnt? Es war unbeschreiblich!

Vigon war freudig berauscht und unsicher zugleich. Seine Finger zitterten unkontrolliert und er atmete immer schneller.

Zaghaft streckte er eine Hand nach dem Licht aus. Sein Ziel war so nahe, so unglaublich nahe. Wärme kroch über seinen Arm, benetzte seine Haut, drang in ihn hinein.

Es fühlte sich merkwürdig an. Anders. Fremd.

In den Dunkellanden gab es kein richtiges Licht, zumindest nur jenes, das den langen Weg vom Gestirn durch den Nebel in die Düsternis fand, die hier vollkommen war, und natürlich noch das Licht von Geisterflammen.

Es war …

Der Schatten löste sich von seinem Arm und schreckte zurück.

Vigon erstarrte in der Bewegung. »Bal?«

›Es schmerzt.‹

Er stutzte. »Das Licht?«

›Ja.‹

Vigon konnte nicht glauben, was er hörte. Endlich hatte er sein Ziel erlangt, aber jetzt konnte er nicht gemeinsam mit Bal die andere Seite betreten?

»Bal«, flüsterte er und drehte den Arm hin und her, »wie kann das sein?«

›Ich bin ein Schatten.‹

»Aber … was bedeutet das?«

›Es bedeutet, dass Ihr Euch entscheiden müsst. Es tut mir leid, Herr, doch ich kann Euch nicht länger begleiten.‹

Auf einmal fürchtete er sich vor dem Licht.

Was, wenn die Verbindung mit seinem Bal vollkommen aufgelöst wurde, sobald er das Tor passierte? Das wollte er sich nicht einmal vorstellen.

›Ihr müsst Euch dringend entscheiden! Denkt an den Wächter!‹

Vigon sah über die Schulter. Die verschlingende Wolke war fast da, das Maul gähnend weit geöffnet.

»Du wirst zurückbleiben müssen, nicht wahr?«

›Die Verschmelzung wird aufgehoben und unser Band vergeht.‹

Vigons Eingeweide zogen sich schmerzhaft zusammen. »Es gibt keinen anderen Weg?«

›Nein.‹

»Nach all der gemeinsamen Zeit? Das kann ich kaum glauben.«

›Ihr würdet es nie zugeben, aber Ihr respektiert mich, nicht wahr?‹

»Treibe es nicht zu weit, Dämon!«

›Dann sage ich es: Ihr seid ein guter Prinz, denn all das tut Ihr nur, weil Ihr um Eure Heimat fürchtet.‹

Vigon schwieg und versuchte, seine Gedanken zu sortieren. Damit hatte Bal es auf den Punkt getroffen. Er war nicht mehr derselbe unbeschwerte Prinz, der nicht über das Morgen nachdachte.

›Danke, dass ich Euch dienen durfte.‹

»Was für ein Unsinn! Du dienst mir nicht. Wir sind … wir …« Er brachte den Satz nicht zu Ende.

›Wir sind Freunde.‹

Vigon konnte sich nicht entscheiden, ob er lächeln oder weinen sollte. »Du kannst mich nicht verlassen, Bal!«

Der Schatten löste sich gänzlich, wurde auf den Boden geworfen und war nun bloß noch mit seinen Füßen verbunden. »Ich werde Euch vermissen, Herr.«

Vigon lachte hohl, bis es schlagartig wieder abriss. Bals Worte waren wie ein Stich in der Seite. »Wirst du nicht.«

»Ob Ihr es glaubt oder nicht, ich war lange ein Teil von Euch. Ihr besitzt eine Stärke, die mit nichts zu vergleichen ist. Ich bin stolz auf Euch. Wenn Ihr ins Licht tretet, wird Euch das Reich der Lebenden willkommen heißen. Ein höheres Schattenwesen gehört dort nicht hin.«

Vigon schüttelte immer wieder den Kopf, wollte die Worte nicht wahrhaben. Das hier durfte einfach nicht sein! Aber er begriff auch, dass er sich diese Wahrheit eingestehen musste. Dennoch … er wollte bis zuletzt daran festhalten, dass sich ihre Wege nicht trennten.

»Bal … glaubst du, Mutter stand vor der gleichen Entscheidung?«

Der Schatten wand sich. »Wie kommt Ihr darauf?«

»Vater spricht nicht über sie. Sie muss wie ich gewesen sein. Eine Unsterbliche. Ich denke, dass sie Antworten finden wollte. Wie ich.«

»Antworten worauf?«

»Du weißt worauf. Bal …« Er straffte sich und legte all seine Hoffnung in seine Stimme. »Es gibt wirklich keinen anderen Weg?«

»Nein. Ihr müsst diesen Schritt allein gehen, um Euer Ziel zu erreichen.« Der Schatten zögerte. »Geht, Herr! Für Euch. Für die Dunkellande. Und für mich.«

Vigon atmete tief durch, stemmte sich gegen die eine Wahrheit, die wie ein eisiger Stachel in seine Brust drang. »Danke, Bal. Für alles.«

Er nahm all seinen Mut zusammen und war bereit, seine Reise zu beenden. Dann wagte er einen Schritt ins Licht. Es schmerzte, und er musste die Augen wegen der Helligkeit zusammenkneifen.

Wenn er nun …

»VIGON!«

Er erstarrte. Seine Nackenhärchen richteten sich auf und seine Eingeweide zogen sich krampfhaft zusammen.

Langsam wandte er sich um.

Der Wächter war fort, als hätte er sich in Luft aufgelöst. An dessen Stelle stand eine hohe, majestätische Gestalt in schwarz-goldenem Gewand, nur wenige Schritt von ihm entfernt, und sah streng auf ihn herab. Die mächtigen Arme waren vor der Brust verschränkt, die tief liegenden Augen erinnerten an zwei dunkle, seelenlose Löcher, und die Stirn war von Gräben durchpflügt wie ein alter Acker.

Eine Aura ging von dieser Gestalt aus, die gegen Vigons Brust rammte und ihn fast in die Knie zwang. Es kostete ihn all seinen Willen, nicht unter ihr zusammenzubrechen.

Diese Gestalt … sie war ihm so vertraut wie das Atmen, so vertraut wie ein Schluck Seelenqual nach dem Aufstehen.

Vigon kehrte zurück in die allumfassende Dunkelheit seiner Heimat, woraufhin Bal wieder mit ihm verschmolz. Er hatte diese Begegnung früher erwartet – viel früher. Da es aber nun doch dazu gekommen war, wappnete er sich gegen das Unvermeidbare und tauchte tief in die Finsternis ein.

Wenn es nötig war, würde er für seine Freiheit kämpfen.

Auch gegen Vater.

Einige Wochen zuvor …

 

Kapitel 1 - Von Prinzen, Dämonen und Schatten

 

Der Oni gilt als grob, brutal und wild. Seine Hautfarbe variiert in kräftigen Nuancen, und aus seinem Kopf sprießen gewundene Hörner. Es heißt, die Oni wären unkontrollierbar und von rasender Wut besessen. Dem Herrscher der Dunkellande gelang es allerdings, sie zu unterjochen und als Aufpasser im Palast an sich zu binden.

 

Vigon eilte durch den Palast der Dunkellande, einem endlosen Gewirr an düsteren Gängen, abzweigenden Korridoren und riesigen Hallen. Kein Wind wehte, die Luft stand vollkommen still und eine melancholische Schwere lag über allem wie in einer tiefen Gruft.

Dieser Ort war nicht nur Vigons Zuhause, sondern auch sein Gefängnis; der Ort, den er niemals verlassen durfte.

Pflichten …

Er wirbelte an einer Reihe niederer Dämonen vorbei, die sich in die Schatten drückten, als wollten sie sich vor dem Antlitz des Prinzen der Dunkellande verbergen. Aber selbst wenn sie sich offen gezeigt hätten, wäre Vigon nicht stehen geblieben. Denn er war so in Gedanken versunken, dass er kaum darauf achtete, wohin ihn seine Füße trugen.

Verantwortung …

Der abwechselnd schwarz-weiß marmorierte Boden flog unter ihm nur so dahin – genau wie sein Schatten, der ausnahmsweise seine Bewegungen nachahmte.

Es hieß, der Marsch von einem Ende des Palastes zum anderen konnte mehrere Tage in Anspruch nehmen – nicht, dass Tage an diesem Ort von Bedeutung waren. Hier war es finster, sobald Vigon aus dem seligen Schlummer erwachte, und es war finster, wenn er sich nach einer ordentlichen Zecherei mit Seelenqual ins Bett warf.

Aber Vigon kannte es nicht anders. Dies war das Gefängnis, das er noch nie verlassen hatte. Der Palast der Dunkellande, zugleich Sitz des Herrschers und die Grenze zwischen dem Reich der Lichtlande und … nun ja, allem anderen eben.

Herrschen …

Vigon passierte Durchgänge ohne Türen, Gewölbe ohne Menschen, Räume ohne Leben. In seinen Gedanken herrschte ein Sturm, der ihm nicht erlaubte, zur Ruhe zu kommen.

»Herr?« Der schwarze Schatten schlingerte am Boden um ihn herum. »Was bedrückt Euch?«

»Dieser Tage? Vieles.«

»Ihr zweifelt.«

»Kann man mir das vorwerfen?«

Bal schwieg, aber Vigon wusste bereits, dass der Schatten gleich wieder diesen flehenden und zugleich mahnenden Tonfall annehmen würde. Dabei wollte er einfach nur allein sein mit sich und seinen Gedanken. Denn einmal mehr zweifelte er an allem, was ihm als Prinz und zukünftigem Herrscher über die Dunkellande auferlegt war. Das stellte sich hingegen als schwierig heraus, wenn man Träger eines kleinen Dämons war.

»Herr!« Und da war schon dieser unverkennbare Tonfall. »Ich weiß, was Euch betrübt. Allerdings muss ich erneut darauf hinweisen, dass Ihr nicht die Gespräche mit den Höllenfürsten hättet abbrechen dürfen. Das war unhöflich. Es ist Eure Pflicht …«

»Pflicht?« Vigon sah mit gerunzelter Stirn seinen Schatten an, der auf den Boden und zum Teil an die Wand geworfen wurde. »Hat das Leben als Prinz denn nichts anderes zu bieten als Pflicht?«

»Es ist mir leider nicht möglich, diese Frage zu beantworten.«

»Klar, ein Dämon weiß von solchen Dingen nichts.«

Bal seufzte. Dabei rieb sich der Schatten die Stirn und blieb ein wenig zurück, während Vigon bereits weiter durch den Gang geeilt war. Einen Lidschlag später bewegte sich der Schatten wieder auf gleicher Höhe. »Selbstverständlich hat Euer Leben mehr zu bieten. Vielleicht solltet Ihr das Gespräch mit Eurem Vater suchen und ihm Eure Sorgen anvertrauen?«

Vigon schnaubte so sehr, dass ihm ein wenig Rotz aus der Nase schoss, den er mit seinem Ärmel nachlässig wegwischte.

»Bitte?«

»Wie du weißt, kleiner Dämon, kann man mit Vater nicht reden.«

»Wieso sagt Ihr das?«

»Weil er der Herrscher der Dunkellande ist. Der größte, stärkste und absolut tollste Kerl, den man sich nur vorstellen kann. Bestimmt hat er als Kind immer brav seinen Teller aufgegessen.«

»War das etwa Sarkasmus?«

»Ein Ausdruck meiner Unzufriedenheit.«

»Ich verstehe, dass Ihr unzufrieden seid …«

»Wirklich? Kannst du das wirklich nachempfinden, kleiner Dämon?«

Bal schwieg.

Vigon ging etwas schneller und sah stur dem Ende des Korridors entgegen, wo zwei Rundsäulen einen Torbogen trugen, in den mit meisterhafter Präzision ein Teil der Geschichte der Dunkellande eingemeißelt war: Der Triumph des Herrschers über die alten Götter.

Er achtete kaum darauf, durchquerte den Torbogen, und eine Biegung folgte der nächsten, bis er wieder einen abgelegenen Gang betrat.

»Dachte ich es mir doch«, sagte Vigon schließlich. »Vater fragt nicht, er fordert. Er hört nicht zu, er befiehlt. Was glaubst du, wie er reagieren wird, wenn ich ihm von meinen Absichten erzähle?«

»Er wird Verständnis zeigen und Euch überzeugen, dass es keine gute Idee ist.«

Vigon starrte den Schatten an. »Dein Ernst?«

»Es wäre zumindest vernünftig.«

»Und was dann? Ich kann dir genau sagen, wie das ablaufen wird.« Er räusperte sich und sprach mit tiefer Stimme: »Sohn! Trage die Pflichten des Thronanwärters mit Würde!«

»Nun, gewissermaßen hat Euer Vater damit auch recht.«

»Du schlägst dich also auf seine Seite, während du mein Dämon bist?«

»Ich bin kein … Herr, was habt Ihr vor?«

»Sterben.«

»Schon wieder?«

Vigon machte eine wegwerfende Handbewegung, als wäre all das bloß eine Nebensächlichkeit. Es gab Dinge in seiner Vergangenheit, an die er sich nicht richtig erinnern konnte. Ein wenig aus seiner Kindheit, ein bisschen hier und da, während Bal zweifellos in all seiner Überheblichkeit alles noch wusste und bla, bla, bla. Den Grund dafür hatte er bislang nicht herausgefunden.

»Hast du einen besseren Vorschlag, Dämon?«

»Möchtet Ihr eine genaue Zahl an Vorschlägen, die besser sind, als zu sterben?«

»Dann fang mal an zu zählen.«

Der Gang mündete in einem weiten Gewölbe, das an eine der Zisternen erinnerte wie jene unter dem Palast, in denen das Wasser der tieferen Gesteinsschichten gesammelt wurde.

Hier, an der Grenze zwischen den Lichtlanden – also dem Reich der Sterblichen – und eben … dem anderen Reich, regnete es nur selten. Es gab auch keine Sonne oder Tageslicht. Pflanzen wuchsen spärlich, die Ernte war kümmerlich und gerade so ausreichend und das Leben an das Gesetz des Stärkeren gebunden. Alles, was man fand, war die triste Einöde, ein Land, das wie ein verfaulter Leichnam vor sich hinvegetierte. Die Dunkelheit war allgegenwärtig, selbst das Gestirn war hinter einem undurchdringlichen, giftigen Dunst verborgen.

Aber was konnte man schon vom Reich der Toten erwarten? Hier gab es vorherrschende Verdammnis, Dunkelheit und Tod. So hatte es die Schöpfung vorgesehen.

Vigon eilte durch das Gewölbe, schob sich an Dutzenden Dämonen vorbei, die sich in Form, Größe und Farbe unterschieden, und hielt auf den Ausgang zu.

Unter bestimmten Umständen konnte man mit Menschen kommunizieren – also Sterblichen, die noch nicht gestorben waren oder als ruhelose Geister umherschwebten. Wie genau es gelang, Botschaften durch den Schleier zu schicken, wusste Vigon nicht, denn es hieß, niemand könne die Grenze passieren, ohne zu vergehen.

In Gedanken sah er wieder die Nachricht an Vater vor sich, die Vigon abgefangen hatte. Er hatte den Inhalt nicht entziffern können, aber der Wutausbruch des Herrschers war selbst bis in die hintersten Winkel der Dunkellande zu hören gewesen. Vigon hätte schwören können, dass sich sogar die Verdammniswachen vor Furcht bepisst hatten – und es brauchte einiges, um diesen Ungeheuern eine Reaktion zu entlocken.

Wenn man von ihnen spricht …

Zwei bis an die Zähne bewaffnete Wesen aus genietetem, gehämmertem schwarzem Metall warteten am Ausgang. Der dünne Schlitz, der sich von der Augenpartie bis zum Kinn zog, war mit weißem Dampf umwölkt, doch davon abgesehen gab es kein Lebenszeichen an ihnen. Sie verharrten still und reglos, wahre stählerne Berge, die man schnell vergaß. Was sich allerdings als großer Fehler herausstellen konnte, wenn man eine Dummheit beging.

Es hieß, dass Verdammniswachen bei ihrer Geburt die Panzer von ihresgleichen übergezogen bekamen und sie im Verlauf des Lebens mit ihnen wuchsen. Wahrscheinlich waren sie sogar für ihresgleichen zu hässlich.

Vigon achtete nicht auf die Wachen des Herrschers und nahm seinen Weg nach draußen in einen Garten, den er häufig aufsuchte, um nachzudenken. Dornige Ranken flankierten den Pfad, verkümmerte Sträucher krochen wie gequälte Seelen aus den Fugen des Kopfsteinpflasters, und weit darüber hing der teerschwarze Himmel, der ab und an von grünen Blitzen und geisterhaften Schlieren aufgebrochen wurde.

Schwarz und Grün. Die Farben seiner Zukunft.

Davon abgesehen gab es nur Knochengras. Die mannshohen, rasiermesserscharfen Halme waren bleich wie Geister, warfen Wellenbewegungen in einem nicht vorhandenen Wind und glühten gelegentlich auf. Hier, an diesem Ort, gab es reichlich davon.

»Knochengras, was?« Er strich über einen Halm, der sofort wegzuckte, als wagte er nicht, den Prinz der Dunkellande zu berühren. »Erzähle mir noch einmal die Legende, Bal.«

Der Schatten räusperte sich verhalten. »Schon wieder, Herr?«

Vigon nickte. »Schon wieder.«

Insgeheim machte es Bal bestimmt Spaß, den Besserwisser zu spielen. Als er unter seinesgleichen gewesen war, hatte er vermutlich selbst die anderen Schattenwesen mit seiner Klugscheißerei in Grund und Boden gespannt.

»Es heißt, als die Welt aus der Schöpfung geboren wurde, hat das Knochengras einst das gesamte Weltenrund bedeckt«, sagte Bal in bester Erzählermanier. »Wenn die kriechende Finsternis die Lichtlande irgendwann vereinnahmen sollte, wird es wieder alles überlagern und jegliches Leben aus dem Boden saugen.«

»Verstehe. Eine von unzähligen Weissagungen, die das Ende des Weltenrunds darstellen, wie?«

»Das ist korrekt, Herr.«

Egal, wohin man sich im Palast begab, überall drohte eine davon einzutreten und damit das allumfassende Gleichgewicht zwischen beiden Reichen zu zerstören. Ein Sack mit verkümmerten Rüben fiel um – die Dämmerung der Rüben hatte begonnen! Ein Oger verjagte eine Gruppe Kobolde mit seinem elenden Gestank – der Tag der Messer war gekommen!

Vigon konnte gar nicht genug betonen, wie sehr ihm diese Untergangsprophezeiungen auf den Geist gingen.

Er ging durch das Knochengras, das sich ehrfürchtig vor ihm verneigte. Auch wenn es irgendwann einmal das gesamte Weltenrund überziehen sollte – was er für ausgemachten Schwachsinn hielt –, gab es immer noch den Herrscher und dessen Sohn, die über es geboten.

So viel dazu.

Vigon zog rastlos wie ein Leerwandler auf der Suche nach einer ruhelosen Seele durch den Garten. Er entdeckte ein paar Wichtel im Knochengras, gemeine Wesen mit zu langen Nasen und Ohren. Sie legten viel Wert auf ihre Hüte. Vermutlich hatte das mit ihrem kreisrunden Haarausfall zu tun.

Einer dieser Dämonen kam näher und gab sich Mühe, mitleiderregend zu wirken. Die Hände waren flehentlich ausgestreckt, die Augen geweitet – es glänzten sogar echte Tränen darin –, aber Vigon war kein Idiot. Wichtel waren die durchtriebensten Dämonen an diesem Ort.

»Verschwinde!«, blaffte er und trat nach dem Wichtel.

Der Dämon sprang zur Seite, schwenkte drohend die Faust und verschwand unter bösem Gelächter.

Leider zählte diese Dämonenart zu jenen, die sich nicht an das allseits vorherrschende Gesetz der Dunkellande hielten. Anstatt dem Prinzen mit Ehrerbietung zu begegnen, legten sie es jedes Mal darauf an, ihm so richtig den Tag zu vermiesen.

Bal glitt vor ihn. »Ihr solltet sie nicht so grob behandeln, Herr.«

»Wie soll man denn sonst mit diesem Ungeziefer umgehen? Erst letztens haben sie mir die Decke geklaut – und zwar während ich darunter geschlafen habe!«

»Ich bin sicher, Ihr werdet eine neue erhalten.«

»Das war meine Decke!«

»Vielleicht solltet Ihr den Wichteln mehr Respekt entgegenbringen, wenn auch Ihr welchen erfahren wollt.«

»Respekt? Ich bin noch nie einem Wichtel begegnet, der auch nur für irgendetwas getaugt hat.«

»Wichtel sind äußerst nützlich.«

»Ja, sobald man seine Essensreste loswerden möchte.«

Bal stemmte vor Entrüstung die Hände in die Hüften. »Das war beleidigend.«

»Gut.«

»Gut?«

»So war es auch gemeint.«

Bal verfiel in Schweigen, was Vigon nur recht kam.

Eine Weile irrte er durch den Garten, bis er eine weitläufige Terrasse mit geschwungenem Geländer erreichte. Der Zugang wurde von zwei riesigen Statuen flankiert, die den Herrscher in allem Pomp und Getöse zeigten: einen aufrechten Mann, der solch eine Strenge und einen Stolz vermittelte, dass er zu Lebzeiten bestimmt nie hatte kacken gehen müssen. Dennoch war die Terrasse einer der liebsten Orte Vigons, weshalb er oft hierherkam, um nachzudenken.

Der Palast der Dunkellande war ein riesiges Halbrund, eingefasst von nackten, emporragenden Felsen, durchsetzt mit einer Vielzahl schlanker, stachelbewehrter Türme, die sich um einen zentralen Bergfried wanden, der sich in den nachtschwarzen Himmel erhob und mit seinem obersten Stockwerk darin verschwand. Wie ein riesiger, auf dem Rücken liegender Käfer.

Schwer bewachte Wehrgänge, gekrönt von weiteren Türmen, weite Terrassen, die kühn durch das Gewirr an wuchtigen Gebäudekomplexen schnitten, alles überzogen mit einem schmierigen Film umhertreibender Weben und dornigen Ranken. Natürlich, um die nötige Theatralik zu verleihen.

Der Sitz des Herrschers war so gewaltig, dass man sich nicht einmal dessen Grüße vorstellen konnte. Vielleicht war er gigantisch?

Mauerringe, insgesamt acht an der Zahl, umgaben die finstere Trutzburg des Herrschers wie die Schalen einer Zwiebel und unterteilten das Gebiet in mehrere Bereiche. In jedem Ring waren andere Dämonen stationiert, die zum Schutz des Palastes und der damit verbundenen Grenze zu den Lichtlanden auserkoren waren. Niemand, wirklich niemand konnte die Grenze überqueren, es sei denn, der Herrscher der Dunkellande gestattete dies.

So viel zur Problematik.

All das war umwölkt von blitzenden Wolken, einer ganzen Garnison an Leerwandlern und ebenso vielen Verdammniswachen und Ghulen – keine angenehmen Zeitgenossen.

Am schlimmsten war jedoch der Wächter, der einzig dem Befehl des Herrschers unterstand und sehr selten entfesselt wurde – und auch nur, wenn es die Situation erforderte. Vigon hatte ihn in den letzten hundert Menschenjahren nie zu Gesicht bekommen, aber genau darin lag der Reiz für ihn.

Wie mochte wohl ein Dämon sein, der selbst von einem der ach so stolzen Höllenfürsten gefürchtet wurde?

»Ihr seid heute sehr in Gedanken, Herr.« Bal wuchs an der Balustrade entlang, sodass er fast aufrecht neben ihm stand. Da es in den Dunkellanden kein richtiges Licht gab, verhielt sich der Schatten natürlich so, wie es ihm in den Kram passte.

Unwillkürlich drängte sich Vigon die Frage auf, wie es in den Lichtlanden sein mochte, wo der Schatten eines Sterblichen durch Licht entstand. In seiner Heimat gab es außer ihm und Vater niemand anderen mit einem Schatten, aber in dem Reich jenseits des Schleiers sollte jeder einzelne Sterbliche einen eigenen besitzen, mit dem er weder sprechen noch verschmelzen konnte. Sogar Tiere besaßen dort einen!

»Herr?«

Vigon verschränkte die Hände hinter dem Rücken und straffte sich. So stand Vater immer da, wenn sein Sohn wieder einmal eine Dummheit begangen hatte. Allerdings bemerkte er, dass die Pose einfach nicht zu ihm passte und legte die Finger locker auf das Geländer.

»Ich habe über Schatten nachgedacht. Und über Sterbliche. Und über …«

»Die Lichtlande.«

Er seufzte. »Richtig.«

»Warum immer die Lichtlande?«

»Ich kann einfach nicht anders.«

»Haben wir deshalb diese Diskussion nicht schon zuhauf geführt, Herr?«

Vigon zwinkerte ihm zu. »Offenbar nicht oft genug. Stimmt es, dass jeder Sterbliche dort einen Schatten von Geburt an besitzt?«

»Das ist richtig, Herr.«

»Woraus besteht denn dieser Schatten, wenn er nicht wirklich … lebt?«

»Lebt?«

»Na«, er fuchtelte mit den Händen herum, »die sind dort tot. Alle Dinge dort drüben besitzen Schatten, selbst ein Gebäude.«

Bal zögerte. Sein Abbild wurde kleiner, bis er kaum noch zu sehen war.

»Stimmt es, Dämon?«

»Woher wisst Ihr das, Herr?«

»Ich habe Vater belauscht.«

»Ihr habt … Herr, ich fürchte, Ihr seid selbst zu schlau für Euren eigenen Schatten.« Bal ließ es sich nicht anmerken, aber er war enttäuscht.

Manchmal, wenn der kleine Dämon sich ausruhte – und Vigon das ebenfalls tun sollte –, versteckte er sich in Träumen vor ihm. Dann war Vigon schattenlos, was sich allerdings nicht sonderlich gut anfühlte. Der Vorteil lag jedoch auf der Hand: In diesen Momenten konnte er sich vollkommen unbemerkt durch den Palast bewegen, ohne die nervige Stimme im Hintergrund.

Sobald er aus dem Traum aufwachte, war Bal wieder bei ihm. Vigon wurde ihn einfach nicht los, was schon beinahe lästig war.

Wie Fußpilz.

»Warum so schweigsam, Bal?« Vigon wies mit weit ausholender Geste auf den Palast. »Was in den Dunkellanden geschieht, bleibt in den Dunkellanden. Es gibt kein Entkommen. So sagt man doch. Oder nicht?«

»Dank Eures Vaters.«

»Und seiner Legionen, seiner Dämonen, seiner Scheusale und allem anderen, was hier so kreucht und fleucht.«

»Ihr sprecht über Dinge, die Euch bewusst sein sollten, Herr. Das hier ist das Gleichgewicht zu den Reichen der Menschen. Wenn sie sterben, geraten ihre Seelen über den Schleier. Es ist die Pflicht Eures Vaters und damit auch Eure, ihnen beizustehen und dafür zu sorgen, dass sie zu der Quelle zurückkehren, aus der alles Leben entspringt.« Der Schatten schlingerte die Balustrade entlang, bis er mit einem Arm nach Westen zeigte.

Dort zog sich das Land wie in einem gewaltigen Trichter zusammen, der immer weiter in einen Abgrund führte. Selbst die Luft fürchtete dieses Gebiet, das sich unter den düsteren Himmel kauerte.

Vigon verspürte bei dem Anblick Wehmut, wie ein nagendes Ungeheuer in seiner Brust. Er wollte mehr vom Weltenrund sehen, mehr von den Reichen, die voneinander getrennt existierten. Aber er war an diesen Ort gebunden, um eines fernen Tages in Vaters Fußstapfen zu treten. Das hatte das Schicksal für ihn vorgesehen. Bis dahin musste er lernen, mehr über die tieferen Zusammenhänge erfahren und vor allem verdammt langweiligen Kram tun.

Hinzu kam, dass er eines der wenigen Wesen war, die nicht von Hörnern, Geschwüren, Eiterbeulen, glibberigem Schleim oder sonstigen Unsinn bedeckt oder mit giftigen Zähnen, gekrümmten Klauen, stachelbewehrten Schweifen oder anderen ekelhaften Dingen beglückt waren. Gleichwohl gab es bestimmte Dämonen, die Sterblichen ähnelten, aber die bildeten nur einen Bruchteil jener, die hier lebten.

›Gesetz und Ordnung!‹, hätte Vater dazu gesagt, doch was, wenn die Einsamkeit ein steter Begleiter war?

Vigon sah auf seine bleichen, kalkweißen Hände, ballte sie zu Fäusten und öffnete sie erneut. Das machte er wieder und wieder. Er war kaum von einem Sterblichen zu unterscheiden, wobei er gehört hatte, sie wären leicht rosig, als hätte man sie mit Farbe übergossen. Außerdem besaßen sie wie die meisten Dämonen Blut, den Lebensquell, gespeist durch ein Herz.

Vigon unterdrückte einen Seufzer. Er besaß nichts davon.

»Bal?«

»Herr?«

Er betrachtete seinen Schatten. Ein junger, drahtiger Mann in einem praktischen Gewand, das geschlitzt bis über die Knie reichte und an Brust und Armen eng anlag. Selbst sein Schatten wirkte nicht furchteinflößend und gebieterisch.

Wie könnte er jemals in Vaters Fußstapfen treten?

»Bal, warum kann ich nicht sterben?«

Der Schatten ließ sich Zeit, glitt aufrecht an der Brüstung entlang, als wollte er die Antwort herauszögern. »Ihr könnt sterben.«

»Ich meine, nicht richtig sterben.«

»Weil Ihr an die Finsternis gebunden seid, die ihren Quell in den Dunkellanden findet. Ihr gebietet darüber und …«

»Bin ich unsterblich?«

»Nun, man nennt Euch einen Unsterblichen.«

»Und das heißt?«

»Ehrlich gesagt … weiß ich das nicht.«

Vigon hob fragend die Brauen. »Ich dachte, du wärst ein höheres Wesen, das nahezu alles weiß.«

»Auch mein Verständnis besitzt Grenzen. Es tut mir leid, Herr.«

Er machte eine wegwerfende Geste. »Ich frage mich, wie es sein muss, Blut zu besitzen. Das muss doch kitzeln, als hätte man Insekten unter der Haut, oder nicht?«

»Vielleicht.«

»Warum gibt es außer Vater und mir keine anderen Unsterblichen?«

Der Schatten wand sich unsicher. »Ihr habt heute wieder viele Fragen, Herr.«

»Mir ist einfach nach Reden zumute.« Vigon stieß sich von der Balustrade ab und nahm seinen Weg durch den Garten.

Im Augenwinkel bemerkte er Bewegungen, aber jedes Mal, wenn er hinsah, war inmitten des Knochengrases nichts zu entdecken. Vermutlich versteckten sich dort wieder Wichtel und folgten ihm auf Schritt und Tritt. Um ihn zu bestehlen. Elendes Pack!

Bal streckte seine gespenstische Hand nach einem Wichtel aus, der sich von hinten genähert hatte. Wie vom Blitz getroffen blieb der Dämon stehen.

»Guten Tag, Wichtel«, sagte Bal.

Der Wichtel verneigte sich. Dann wirbelte er herum und verschwand.

Vigon blickte den Schatten völlig verdattert an. »Was war denn das?«

»Ich habe ihn mit Respekt behandelt und er hat …«

»Mein Dolch!«

»Herr?«

Panisch betastete er seinen Gürtel. Die Scheide war leer. »Mein Dolch ist weg! Dieser elende Wichtel hat mich bestohlen!«

»Herr, Ihr solltet …«

Vigon sprang ins Gras, das sich sofort zurückzog, und suchte nach dem Wichtel, aber er fand ihn nicht – keinen von ihnen. Wutschnaubend kehrte er auf den Weg zurück und zeigte Bal die kalte Schulter, was schlicht unmöglich war.

»Nun, Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel«, bemerkte der Schatten in seiner typisch belehrenden Art. »Ich bedaure, dass Ihr Opfer ihrer Streiche geworden seid.«

Vigon brummte. »Nützlich, was?«

»Ohne die Wichtel wüssten wir nicht, was in den Tiefen der Dunkellande geschieht. Wir wüssten nichts von neuen Dämonenarten. Und wir wüssten nicht, was jenseits der Grenzen im Reich der Sterblichen geschieht …« Bal verstummte abrupt.

Vigon beugte sich zu seinem Schatten. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. »Aha!«

»Oh, Herr …«

»Nein, so kommst du mir nicht davon! Ich dachte, niemand kann den Schleier passieren?«

»Das ist … richtig.«

»Baaaaaal? Willst du jetzt freiwillig antworten oder muss ich dich erst zwingen?«

Bal kauerte sich zu einem Fleck zwischen Vigons Füßen zusammen. »Bitte verzeiht meine unbedachten Worte. Ich habe mich versprochen.«

»So nicht, mein Dämon! Sagtest du nicht zu mir, du wärst an die Wahrheit gebunden, da die Finsternis im Gleichgewicht gehalten werden muss?«

Bal seufzte. »Ihr seid sehr aufmerksam, Herr. Über die Maßen … aufmerksam.«

»Vor allem lasse ich mich nicht gerne verarschen.«

»Verarschen?«

»Ein Wort, das ich bei einem Kobold aufgeschnappt habe. Es heißt, dass man jemanden in einen Arsch hineinsteckt.«

»Das muss schmerzhaft sein.«

Vigon zuckte die Schultern, dann lief er wieder los. »Wie auch immer, ich danke dir für deinen netten Ratschlag, kleiner Dämon.«

»Herr, Ihr kommt doch nicht wieder auf dumme Gedanken, oder?«

»Ich?« Ein Grinsen stahl sich auf Vigons Gesicht. »Wie kommst du denn darauf?«

Kapitel 2 - Wie man einen unschönen Abgang macht