Der Schein Täuscht - Temi Cei - E-Book
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Der Schein Täuscht E-Book

Temi Cei

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Beschreibung

In dem verschlafenen Dorf Grafenberg werden über Nacht Frauen durch unbekannte Wesen entführt und ersetzt. Oliver ist einer der ersten Menschen, die es bemerken. Auf der Suche nach Verbündeten und den verschwundenen Frauen wird das Fragengewirr immer dichter, und wenn die Absichten der Wesen eindeutig sind, täuscht der Schein zum Schluss.

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Temi Cei

Im Jahr 2001 geboren, entdeckte ich meine Leidenschaft für das Schreiben erst vor drei Jahren während meiner Elternzeit. Meine Kindheit verbrachte ich vollständig in Griechenland, und seit beinahe einem Jahrzehnt lebe ich nun in Deutschland. Unter meinem Pseudonym Temi Cei tauche ich in die faszinierende Welt der Worte ein, um meine Gedanken und Geschichten mit anderen zu teilen.

Meine Reise als Autor hat jetzt erst begonnen, und ich freue mich darauf, meine Leser auf vielfältige Weise zu unterhalten, zu inspirieren und in unterschiedliche Welten zu entführen.

Für mehr: @Temi Cei

Für meinen tapferen Ehemann, der nicht die Flucht ergriffen hat, als ich mit meiner Buchidee um die Ecke kam. Danke für deine Geduld und Unterstützung!

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel 1 Oliver

Kapitel 2 Oliver

Kapitel 3 Oliver

Kapitel 4 Veronica

Kapitel 5 Ben

Kapitel 6 Oliver

Kapitel 7 Veronica

Kapitel 8 Oliver

Kapitel 9 Veronica

Kapitel 10 Oliver

Kapitel 11 Marta

Kapitel 12 Oliver

Kapitel 13 Ben

Kapitel 14 Veronica

Kapitel 15 Marta

Kapitel 16 Oliver

Kapitel 17 Veronica

Kapitel 18 Oliver

Kapitel 19 Marta

Kapitel 20 Oliver

Kapitel 21 Marta

Kapitel 22 Ben

Kapitel 23 Oliver

Kapitel 24 Oliver

Kapitel 25 Marta

Kapitel 26 Oliver

Kapitel 27 Marta

Kapitel 28 Oliver

Kapitel 29 Veronica

Kapitel 30 Marta

Kapitel 31 Oliver

Epilog

Einleitung

Die stärkste Angst, die Menschen empfinden, entsteht oft, wenn sie mit etwas konfrontiert werden, das ihnen unbekannt ist.

Kapitel 1 Oliver

Ich glaubte, Marta wäre in die Küche gekommen und ich lenkte mein Blick in ihre Richtung.

Sie sah wie immer bezaubert aus, ihr Haar fiel in sanften Wellen über ihre Schultern und betonte ihre natürliche Schönheit.

Der Pyjama, den sie trug, war aus einem leichten, pastellfarbenen Stoff gefertigt. Die zarten Träger des Pyjama-Oberteils ruhten sanft auf ihren Schultern, während der Ausschnitt ihre Halspartie enthüllte. Die Pyjamahose war ebenfalls aus dem gleichen leichten Stoff gefertigt und fiel locker um ihre schlanken Beine.

Ich vermutete, dass sie vor Scham zu Boden schaute. Ihr Gesicht lag im Schatten, und ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht sehen.

»Was war denn das vorhin? Du bist doch sonst morgens nicht so wild, grrr«, knurrte ich.

In diesem Moment nahm ich am Tisch Platz und wartete darauf, dass Marta sich ebenfalls setzte, damit wir gemeinsam Frühstücken konnten.

Ich hatte ein wahrhaft schmackhaftes Frühstück gezaubert. In der Luft breitete sich der köstliche Duft von frisch gebrühtem Kaffee und knusprigem Speck aus, und mein Magen knurrte vor Vorfreude.

Auf dem Tisch stand ein kunstvoll angerichtetes Tablett mit goldbraun gebackenen Brötchen, perfekt gebratenen Speckstreifen und daneben ruhten wunderbar zubereitete Eier. Der Speck war knusprig und goldbraun gebraten. Seine verführerische Textur verriet eine köstliche Kombination aus Zartheit und Knusprigkeit.

Daneben befand sich noch eine Schale mit frisch aufgeschnittenen tropischen Früchten. Ich hatte sorgfältig saftige Ananas, reife Mango-Stücke und duftende Melonen-Würfel ausgewählt, denn das waren Martas Lieblingsfrüchte, und ich wusste, es würde sie erfreuen.

Ich schaute erwartungsvoll zu Marta, doch sie rührte sich nicht und stand wie angewurzelt da. Ihr Blick war starr auf den Boden gerichtet.

Ich stand wieder auf und fragte besorgt. »Ist alles in Ordnung, Schatz? «

Doch sie reagierte nicht, als ob sie mich gar nicht wahrnahm. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus.

Ohne es zu erwarten, sprang Marta auf und griff nach einem Brotmesser, das auf dem Tisch lag. Ich konnte in ihren Augen einen geistesabwesenden Ausdruck sehen. Dann stürmte sie auf mich zu und bevor ich reagieren konnte, hatte sie das Messer in der Hand und attackierte mich damit. Ich fiel mit dem Stuhl nach hinten und landete hart auf dem gefliesten Boden, während Marta auf mir lag und wild mit dem Messer auf mich einstach.

Ich spürte das kalte Eisen in mein Fleisch eindringen und den explodierenden Schmerz, der darauf kam, aber ich war zu schockiert, um zu schreien. Ich hatte Todesangst und kämpfte um mein Leben, als ich versuchte, das Messer von mir wegzudrücken.

Schließlich gelang es mir, ihr das Messer aus der Hand zu schlagen und sie wegzustoßen. Unfähig aufzustehen, blieb ich auf dem Boden liegen und hielt meinen blutenden Arm fest.

Marta stand auf und sah mich mit leerem Blick an. Zum Glück hatte sie nur meinen Unterarm erwischt und nicht meinen Hals. Ich war dankbar, mit Adrenalin vollgepumpt zu sein und den Schmerz der klaffenden Wunde nicht zu spüren, denn sonst hätte ich ein Problem gehabt.

Mein Körper gehorchte mir wieder und ich rappelte mich schnell auf, um eine schützende Haltung einzunehmen. Ich war vollkommen perplex und konnte nicht begreifen, warum Marta mir das angetan hatte.

»Warum tust du das?«, fragte ich verzweifelt.

Jedoch erhielt ich keine Antwort, stattdessen starrte sie mich immer noch mit leeren braunen Augen an.

Reflexartig schrie ich um Hilfe, in der Hoffnung, dass die Nachbarn mich hören würden. Doch all meine Bemühungen waren vergeblich. Eine ganze Minute schwiegen wir unbehaglich, allmählich kam mir der Gedanke, dass diese Person nicht meine Frau war. Aber wer war das? Kalter Schweiß brach aus mir heraus.

»Wer bist du, und wo ist meine Frau? «

Die Person richtete den Blick auf mich, und ihr Gesicht verzog sich zu einem abscheulichen Grinsen, das bis zu den Ohren reichte. Ein tiefes Entsetzen durchströmte meinen gesamten Körper, als ich den Anblick nicht fassen konnte. Wie erstarrt verfolgte ich, wie sich der Mund immer weiter öffnete, bis der Hinterkopf den Nacken berührte, während die Augen ins Unendliche starrten. Ein widerwärtiges Gurgeln entrang seiner Kehle, als ich gebannt zusah, wie aus dem gespaltenen Mund drei monströse Klauen hervortraten. Diese Klauen bestanden aus Knochen, umhüllt von zerfetztem Fleisch, und ähnelten in ihrer Form den gefürchteten Klauen der Gottesanbeterinnen.

Der Anblick dieser grotesken Transformation brachte meine Vorstellungskraft an ihre Grenzen, während sich das Unmögliche vor meinen Augen entfaltete. Es war, als ob die Grenzen zwischen Realität und Albtraum verschwommen waren und sich eine verstörende Präsenz manifestierte, die meinen Verstand zu überwältigen drohte.

Mein Herzschlag übertönte alle widerwärtigen schmatzenden Geräusche, die die Klauen beim Heraustreten machten.

Der Impuls, auf dem Absatz kehrt zu machen und sofort zu flüchten, durchzuckte meinen Geist, aber mein Körper wollte nicht auf mich hören. Eine Schockstarre schien mich fest im Griff zu haben, lähmte meine Muskeln und verhinderte jede Bewegung. Meine Beine fühlten sich an wie bleischwere Anker, während mein Herz wild gegen meine Brust hämmerte und mir der Atem stockte. Die Angst, die mich erfüllte, drohte mich zu überwältigen, als ich mich hilflos dem Unfassbaren gegenübersah, während meine innere Stimme verzweifelt nach Handlung rief.

Mir wurde übel, und ohne es zu merken, griff ich nach einem Fleischermesser, hielt es vor mich wie ein Schwert und ich sah aus wie ein Ritter, der den Drachen erschlagen wollte. Nur, dass ich nicht halb so mutig und unbezwingbar wirkte. Im Gegenteil: Ich wog ca. 74 Kilogramm und galt mit meinen 1, 70 m als nicht allzu groß. Ich würde mich zwar nicht als Lauch betiteln, doch ein Bodybuilder war ich definitiv auch nicht. So stand ich ängstlich da und zitterte wie Espenlaub. Ich wagte es kaum zu atmen.

Die Stille wurde von einem erneuten Gurgeln unterbrochen. Anschließend ertönten Gelächter. Es waren drei verschiedene Stimmen mit unterschiedlichen Tonlagen – eine tief und bedrohlich, eine normale und eine höchst piepsige. Diese Stimmen kamen eindeutig von diesem absonderlichen Wesen, das mich nun verspottete. Jeder Lacher drang wie eine schneidende Klinge in meine Ohren und verstärkte das Gefühl von Demütigung und Angst.

Abrupt hörte die Kreatur auf zu lachen und sagte mit der gleichen Stimme wie meine Frau. »Es ist zu spät, Oliver«, und dann veränderte sich die Stimme zu einem tiefen Grollen. »Ihr seid alle verdammt.« Schrie es auf und hechtete auf mich los.

Mit blitzschneller Reaktion, die mich selbst überraschte, griff ich beherzt nach dem Esstisch und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen das Wesen. Ein lautes Krachen erfüllte den Raum, als der Tisch auf das Wesen traf und es zurückstieß.

Wie von einer Biene gestochen rannte ich los, angetrieben von einem instinktiven Überlebenswillen. Meine Schritte waren schnell und panisch.

Ich verließ die Küche und ohne einen Plan stieg ich die Treppen hinauf. Bei den letzten Stufen schrillten alle meine Alarmglocken, und ich spürte, dass die Kreatur mich fast erreicht hatte. So bückte ich mich reflexartig, und das Monstrum sprang über mich hinweg.

Am Ende der Treppe landete das Wesen im offenen Gang, mit dem Rücken zu mir gewandt. Obwohl ich die Gelegenheit hatte, es von hinten anzugreifen, konnte ich es nicht wagen, denn seine Augen blieben starr auf mich gerichtet. Eine eisige Kälte durchzog meinen Körper, als mir bewusstwurde, dass sowohl die Flucht nach unten als auch der Weg zu diesem abscheulichen Biest, meinen sicheren Tod bedeuten würden.

Mit einfachen Worten, ich war am Arsch.

Sekunden verstrichen, in denen ich das Wesen nur anstarrte und die Erscheinung dieses Geschöpfes erinnerte mich an etwas, und es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Blanke Wut ergriff mich, ich spürte das kalte Eisen des Fleischermessers in meiner Hand und mir wurde bewusst, dass ich es noch festhielt. Ohne weiter nachzudenken, ging ich zum Angriff über.

Mit einem mutigen und entschlossenen Stoß trieb ich das Messer mit voller Wucht in den Rücken der Kreatur. Ein tiefer, markerschütternder Aufschrei ertönte, während es vor Schmerz zusammenzuckte. Die Geräusche des Schreis erfüllten meine Ohren mit einer Mischung aus Entsetzen und Triumph. Mut packte mich, und ich wiederholte den Angriff immer und immer wieder, als wäre ich vom Teufel besessen. Jedoch wollte das Mistvieh nicht krepieren.

In meiner Rage hatte ich den Angriff nicht kommen sehen. Seine Klaue traf mich blitzschnell, und ich viel zu Boden.

So flink wie eine Gazelle sprang ich jedoch wieder auf und suchte mit dem Blick das Messer. Doch es steckte noch in seinem Rücken, und ich würde nicht so einfach herankommen. Ich musste mir etwas ausdenken, aber was? Meine Brust hämmerte stark gegen meine Rippen, und ich drohte ohnmächtig zu werden. Nur ein einziger Gedanke hielt mich auf den Beinen: Wo ist Marta?

»Wo ist meine Frau?«, krächzte ich.

Die Kreatur stellte sich auf zwei Beinen, und ich fuhr zusammen. Anschließend verschwanden die Klauen wieder im Mund, und der Mund, oder Kopf schloss sich. Das Wesen drehte sich in meine Richtung und streckte mir die Arme hin. »Ich bin es, Liebling.

Erkennst du mich nicht? «, sagte es mit der bezaubernden Stimme meiner Frau.

»Du bist nicht meine Frau, sag mir, wo sie ist!«, schrie ich zornig.

Das Ding ließ die Arme sinken, schaute zu Boden und begann zu schluchzen. Das Schluchzen wurde immer lauter und veränderte sich schließlich zu einem langsam ansteigenden Lachen. Verstört und ohne zu wissen, was ich tun sollte, sah ich gefesselt zu, was als Nächstes passierte.

In meinem schlimmsten Albtraum hätte ich alles erwartet, aber nichts hätte mich auf das vorbereiten können, was sich vor meinen Augen abspielte: Die Kreatur packte ihren eigenen Unterarm, ohne die geringste Anstrengung riss sie ihn ab und hielt ihn fest. Es war ein surreales Schauspiel, als hätte die Realität ihre eigene Gesetze aufgegeben und sich in eine düstere, albtraumhafte Fantasie verwandelt. Blut spritzte in alle Richtungen, während die Kreatur mit einem unheimlichen Lächeln auf dem Gesicht den abgetrennten Arm wie eine grausame Trophäe in ihrer Hand hielt. Es schien, als ob Schmerz und Leiden für sie keine Bedeutung hatten, während die verstörende Szene vor meinen Augen zum Leben erweckte, was jenseits jeder Vorstellungskraft lag.

Dann sagte es mit einer tiefen, bedrohlichen Stimme:»Wir haben sie dir aus dem Leben gerissen, ohne große Mühe, wie diesen Arm.«

Es warf mir den Arm zu und er landete mit einem dumpfen Schlag vor meinen Füßen, das Blut spritzte über meine Beine und den Boden. Ich schluckte unwillkürlich. Meine Wut verwandelte sich nun in eine unaufhörlich steigende Angst.

Ab diesem Zeitpunkt hatte ich so große Angst, dass ich kein Abführmittel mehr benötigte. Doch diese Angst galt nicht mir und meinem Schicksal, sondern Marta. Marta tauchte mit den schlimmsten Verletzungen vor meinem inneren Auge auf. Das Monstrum sprach gleichzeitig weiter. »Wir sind schon unter euch. Eure Frauen wurden von unserem Gleichen ersetzt, und ihr seid solch eine erbärmliche Spezies und merkt es nicht einmal.«

Mit Tränen verschleierten Augen sah ich zu Boden und betrachtete den abgerissenen Unterarm.

Jegliche Emotion verließ mich, und ich zweifelte an meinem Verstand. Unbewusst schüttelte ich den Kopf. »Nein, nein, das kann nicht wahr sein, ich …« Mein Gefasel wurde vom Gelächter von vorhin unterbrochen.

Wie gerädert blickte ich hoch. Das Wesen redete, doch ich konnte es nicht hören. Das Einzige, was ich hören konnte, war mein Herzschlag: wumm, wumm, wumm. Als wäre ich nur ein Zuschauer des Geschehens, sah ich zu, wie meine Hand nach der massiven Edelstahl-Figur auf dem Sideboard griff.

Als Nächstes konnte ich mich nur noch daran erinnern, wie ich blutüberströmt über dem erledigten Ungetüm stand und die Edelstahl-Hundeskulptur zu Boden sank. Der Begriff „blind vor Wut“ schien mir passend. Ich konnte es kaum glauben – aber ich hatte überlebt.

Kapitel 2 Oliver

Einige Stunden später stand ich, frisch geduscht und versorgt, vor der leblosen Kreatur. Nach dem Kampf hatte ich meine Wunden sofort versorgt, doch die Verletzung an meinem Unterarm erforderte besondere Aufmerksamkeit. Ich war kein Arzt, daher hatte ich sie lediglich desinfiziert und mit einem dicken Verband umwickelt. Trotzdem pulsierte der Schmerz weiterhin in meinem Arm und breitete sich wie ein pochender Rhythmus aus. Bei dem Gedanken daran bekam ich Gänsehaut, und die Struktur der Verletzung erschien in meinem inneren Auge – der klare Schnitt, der durch mehrere Hautschichten und Gewebe ging.

Meine Verletzung war jedoch mein geringstes Leid, denn nun stand ich vor dem erledigten Wesen und betrachtete seine entstellte Gestalt und das zermalmte Gebilde, das einst ein Gesicht gewesen war. Ich konnte kaum glauben, dass ich zu solch einer enormen Gewalt fähig war. Mit einer ungeheuren Wucht hatte ich das Gesicht der Kreatur regelrecht zerschmettert, sodass es schwer war, etwas Erkennbares auszumachen. Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass es wie meine Frau ausgesehen hatte. Aber dies war nicht meine Frau gewesen, sondern eine Art Formwandler.

Ich überlegte kurzzeitig, das zerschmetterte Gesicht genauer zu inspizieren, doch der Anblick war zu verstörend und ich wagte es nicht, tiefer in die entstellten Züge zu blicken.

Erschöpft machte ich einen Schritt zurück und setzte mich auf die Treppenstufen. Die Stufen bestanden aus massivem Holz, sie hatten eine warme, natürliche Farbe und zeigten vereinzelte Kratzer und Spuren der Zeit, als ich noch ein kleiner Junge gewesen war. Unter meinen Händen fühlte sich das Holz glatt und leicht abgenutzt an, eine vertraute und stabile Unterlage, die mir in diesem verstörenden Moment etwas Halt gab. Ich lehnte meinen Rücken gegen das Geländer und spürte, wie die Erschöpfung meinen Körper überkam, während ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen.

Unzählige Fragen schwirrten mir durch den Kopf: Wo war Marta? Wie lange lebte ich mit diesem Wesen zusammen? Lebte Marta noch? Was wollte es von mir? Wie viele von diesen Viechern existierten? Zu viele Fragen, jedoch keine einzige Antwort. Ich seufzte laut.

Ich versuchte, das Geschehene zu verarbeiten und darüber nachzudenken, was vor dem Angriff gewesen war. Plötzlich, wie aus dem Nichts, entfuhr es mir.

»Ich hatte Geschlechtsverkehr mit diesem Wesen.«

Die Bilder der intimen Begegnung drängten sich unaufhaltsam in mein inneres Auge und ich konnte die plötzliche Übelkeit nicht mehr zurückhalten. Ich übergab mich augenblicklich.

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, stellte ich mir die Frage, warum das Wesen mit mir Geschlechtsverkehr hatte und anschließend versuchte, mich zu töten. Meine Gedanken kreisten um diese verstörende Situation. Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens kam ich zu einer beunruhigenden Schlussfolgerung: Es schien, als ob das Wesen auf irgendeine Weise spüren konnte, dass ich unfruchtbar war.

»Natürlich, das muss es sein«, sagte ich nun laut, um meine These zu bestätigen.

Kalter Schweiß brach aus meiner Stirn aus, während ich versuchte, die Puzzlestücke zusammenzusetzen. Wenn meine Vermutung stimmte, würde das bedeuten, dass diese Monster sich mit uns Menschen fortpflanzen wollen, jedoch nur mit dem männlichen Geschlecht. Sie entführen die Frauen und ersetzen sie aus diesem Grund. Der Gedanke allein war verstörend und ich hoffte ins Schwarze getroffen zu haben.

Ich schlug mir erschrocken die Hand vor den Mund, um ein erneutes Aufsteigen der Übelkeit zu verhindern. Mein innerer Kampf zwischen Fassungslosigkeit und Abscheu und drohte mich erneut zu überwältigen.

»Beruhige dich, Oliver«, flüsterte ich mir selbst zu, während ich versuchte, nicht noch einmal zu erbrechen.

Ich nahm einen tiefen Atemzug und ließ ihn langsam wieder los. Das wiederholte ich mehrmals, bis ich merkte, dass ich mich wieder ein Stück weit beruhigt hatte.

Als Erstes würde ich zu Ben gehen. Ben war mein bester Freund seit Kindheitstagen. Ich benötigte einen Verbündeten und musste wissen, ob seiner Verlobten Clara dasselbe widerfahren war wie Marta.

Entschlossen erhob ich mich von meinem Platz und wandte der entstellten Leiche einen letzten Blick zu. Anschließend eilte ich die Treppe hinunter und gelangte in den Flur, wo ich meine Autoschlüssel griffbereit hatte. Meine Hände waren leicht zittrig, als ich die kühlen, Metallkanten der Schlüssel spürte.

Nach wenigen Minuten war ich bereits in meiner Garage und stand vor meinem weinroten Jeep Grand Cherokee SRT. Ich stieg sofort ein und ließ mich auf den Fahrersitz fallen. Das weiche, schwarze Leder umschloss mich wie eine vertraute Umarmung und vermittelte mir ein Gefühl von Sicherheit. Obwohl mein Wagen, den ich liebevoll „Baby“ nannte, normalerweise meine Leidenschaft entfachte, war dies nicht der richtige Zeitpunkt, um mich darüber zu freuen.

Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, den Motor zu starten und das Fahrzeug zum Leben zu erwecken. Als ich den Zündschlüssel drehte, ertönte ein tiefes Brummen, das wie eine Antwort des Autos auf meine Bereitschaft wirkte. Das vertraute Geräusch beruhigte mich und vermittelte mir das Gefühl, dass mein treuer Begleiter bereit war, mich durch die bevorstehenden Herausforderungen zu bringen. Ich überprüfte noch einmal meinen Sitz, stellte den Rückspiegel ein, sprach mir in Gedanken noch einmal Mut zu, bevor ich das Gaspedal langsam betätigte und mein Jeep mit kraftvollen Röhren davonfuhr.

Ich verließ meine Garage und fuhr durch das verschlafene Dorf Grafenberg. Hier lebte ich schon, seit ich denken konnte. Die Nachbarn kannten sich untereinander, und auch wenn sie sich nicht immer leiden konnten, waren sie höflich zueinander. In dieser kleinen Gemeinschaft herrschte immer Ruhe. Für mich war es damals als Jugendlicher der Horror gewesen, hier konnte man nicht viel unternehmen, deshalb zog es mich mit meinem Freund Ben immer in die nächste Stadt.

Ich wühlte tiefer in meinen Erinnerungen, und prompt kam mir das Bild vor Augen, wie ich nachts am Wald mit dem Fahrrad vorbeifuhr oder manchmal sogar zu Fuß ging, um nach Hause zu kommen. Hier wurden die Laternen um Punkt 22 Uhr ausgeschaltet, und man konnte nicht einmal die Hand vor den Augen sehen.

In nostalgischen Gedanken vertieft, fuhr ich weiter. Bens Haus war keine 2 Minuten mit dem Auto entfernt. Er hatte sich vor einigen Jahren dazu entschlossen, wieder nach Grafenberg zurückzuziehen. Der Grund war die Pflege seiner schwer erkrankten Mutter, Frau Bauer. Sein Vater war vor einigen Jahren verstorben, und die Gesundheit seiner Mutter hatte sich im Laufe der Jahre rapide verschlechtert. Für Ben war es eine schwierige Zeit gewesen, aber er hatte sich mit großer Hingabe um sie gekümmert.

Ich erinnerte mich an unseren letzten Besuch bei Ben, vor etwa zwei Wochen. Sie hatten uns zu einem gemütlichen Grillabend eingeladen. Es war erstaunlich, wie sehr sich Frau Bauers Zustand verbessert hatte. Sie wirkte lebhafter, hatte mehr Energie und ihr Lachen hatte ansteckend gewirkt. Es hatte mich zutiefst erfreut, Zeuge dieser positiven Veränderung zu sein. Doch nun machte sich erneut Sorge in mir breit, da ich befürchtete, dass das Böse, dem ich gerade in meinem Haus begegnet war, auch Ben und seine Familie bedrohen könnte.

Mit diesen Gedanken fuhr ich weiter durch die vertrauten Straßen, immer näher an Bens Haus heran. Ich hoffte, dass er mir bei der Suche nach Antworten und einer Lösung helfen konnte. Die Aussicht auf seine Unterstützung und sein Verständnis gab mir zumindest ein wenig Hoffnung in dieser dunklen Zeit.

Ich parkte meinen Jeep am Straßenrand, stieg aus und eilte mit großen Schritten auf Bens Haustür zu. Mein Herz schlug schneller, während ich auf positive Nachrichten hoffte. Mit zittrigen Fingern drückte ich auf die Klingel und wartete geduldig, bis sich nach einigen endlos erscheinenden Sekunden sich die Tür langsam öffnete. Vor mir stand Ben, dessen Erscheinung deutlich gezeichnet war. Seine blonden Haare waren zerzaust, seine blauen Augen, die einst so strahlend waren, wirkten müde und traurig. Sein Gesicht hatte tiefe Falten, die von Belastung und emotionalen Druck zeugten, dem er vermutlich ausgesetzt war. Sein Blick verriet eine Mischung aus Verwirrung, Enttäuschung und tiefem Schmerz.

Er überragte mich um etwa einen Kopf, und obwohl er eine stattliche Statur hatte, wirkte er jetzt wie eingefallen. Meine schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Gerade als ich die Worte über meine Lippen bringen wollte und ihn fragen, ob Clara, auch verschwunden war, sah ich plötzlich eine Gestalt hinter Ben auftauchen.

Es war Clara, die aus dem Schatten trat und Ben von hinten umarmte. Sie war eine attraktive Frau mit zierlicher Statur und ihre blauen Augen, die heute seltsam feindselig wirkten, fixierten mich.

»Oliver, was machst du denn hier?«, fragte mich Clara überrascht.

Ich entschied mich bewusst, sie vorerst zu ignorieren und wandte mich an Ben, der mit gesenktem Blick vor mir stand. »Ist etwas passiert?«

Ben kämpfte sichtlich mit seinen Emotionen und es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Schließlich brach seine Stimme zusammen, als er antwortete: »Mutter ist gestern Abend einfach … einfach …« Sein Satz blieb unvollständig, doch ich verstand sofort, was er damit sagen wollte.

Ein Schauer lief mir über den Rücken, und ich spürte einen Kloß in meiner Kehle. Ich legte behutsam meine Hand auf Bens Schulter, um ihm mein Mitgefühl zu zeigen. Keine Worte waren in diesem Moment ausreichend, um seinen Schmerz zu lindern, aber ich wollte ihm signalisieren, dass ich für ihn da war.

»Du siehst doch, meinem Mann geht es nicht gut. Geh zu deiner Frau«, fuhr Clara mich scharf an, ihre Worte durchbohrten mich förmlich. Ich war verwirrt und schaute sie überrascht an. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Ihr Blick wirkte kalt und leer, nicht wie der Blick von der Clara, die ich kannte.

»Schon in Ordnung Schatz, du weißt doch, Oliver ist wie ein Bruder für mich«, versuchte Ben zu beschwichtigen und mir beizustehen. Seine Worte gaben mir ein Stück Sicherheit, und wenn es eigentlich absurd war, denn sollte Clara tatsächlich ein Wesen sein, wäre es dennoch verdammt schwer, es oder sie, wie auch immer, zu töten.

»Kannst du uns kurz allein lassen?«, bat Ben gebrochen. Clara nickte nur knapp und verschwand schweigend im Haus. Ben und ich nahmen gemeinsam auf den Treppenstufen Platz, die Last der Geschehnisse auf unseren Schultern.

»Ich war mir so sicher, dass es ihr besser ging. Die Ärzte hatten es bestätigt, und dann …«, sagte Ben und seine Stimme brach erneut vor Verzweiflung.

Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Ich konnte den Schmerz in seiner Stimme hören und es durchdrang mein Innerstes. Die Tragik dieser Ereignisse überwältigte mich zutiefst und brachte meine Psyche an ihre Grenzen.

Was zum Teufel war hier eigentlich los, hatte Frau Bauers Tod auch etwas mit diesen Wesen zu tun? Dachte ich mir, bevor ich das Wort ergriff.

»Ben, ich weiß, dass das alles kaum tragbar für dich ist, aber du musst mir zuhören«, sagte ich mit dringlicher Stimme.

Ben richtete seinen Blick auf mich, seine Augen geschwollen und voller Schmerz.

»Wann und unter welchen Umständen ist sie gestorben?«, fragte ich mit ruhiger, aber entschlossener Stimme.

Ben runzelte die Stirn und versuchte seine Gedanken zu ordnen. »Ich habe sie heute Morgen in ihrem Bett gefunden. Sie sah aus, als würde sie friedlich schlafen, aber … das war nicht der Fall«.

»Und was hat sie umgebracht? Was war die Todesursache?«, drängte ich weiter auf eine Antwort.

»Keine Ahnung, wahrscheinlich hatte sie einen Herzinfarkt«, sagte Ben.

»Bist du dir sicher, dass sie einen natürlichen Tod hatte? Gab es schon eine Obduktion?«

Ich gab mir große Mühe, mich unter Kontrolle zu halten, aber meine Stimme wurde zunehmend aufgebrachter.

»Oliver, beruhige dich. Was redest du denn da? Willst du mir sagen, dass meine Mutter ermordet wurde? Oder wie soll ich das verstehen?« Stieß Ben nun genauso aufgebracht wie ich hervor.

Meine Hände waren schweißnass, und meine Kehle fühlte sich trocken an. »Ben, bitte hör mir jetzt zu«, sagte ich und machte eine kurze Pause, um tief durchzuatmen. »Marta wurde entführt«, sagte ich dann direkt heraus.

Ich sah, wie Bens Augen sich weiteten, und bevor er etwas sagen konnte, sprach ich weiter.

»Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, aber Clara ist nicht Clara, hier stimmt etwas nicht!«

Verwirrt sah mich Ben an und fragte. »Was soll denn das jetzt bedeuten?«

Ich massierte mir mit zwei Fingern die Nasenwurzel und entgegnete: »Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.«

Eine Idee schoss mir durch den Kopf, ich stand abrupt auf, schnappte mir Bens Arm und zog leicht daran. »Komm mit, dann kann ich es dir zeigen.«

Wenn er das Wesen sehen würde, würde er mir glauben.

Ben sah mich mitfühlend an und löste behutsam meinen Griff.

»Oliver, ich verstehe, dass du besorgt bist, aber du scheinst verwirrt zu sein. Geh nach Hause und beruhige dich erst einmal, geh zur Polizei, melde Marta als vermisst und versuche etwas Schlaf zu bekommen.«

Ich wollte etwas erwidern, aber als ich bemerkte, dass Clara uns vom Fenster aus beobachtete und möglicherweise auch belauschte, verstummte ich sofort. Das Letzte, was ich wollte, war, Ben in Gefahr zu bringen. Das Wesen soll ruhig denken, alles wäre in Ordnung.

»Melde dich bei mir, wenn du wieder einen klaren Kopf hast«, sagte Ben, während er aufstand.

Seine Worte trafen mich wie ein Eimer kaltes Wasser, aber er hatte recht. Das, was ich versuchte ihm zu erklären, klang zu verrückt, um wahr zu sein.

»Du hast recht. Es tut mir leid.« Murmelte ich.

Ein letztes Mal sah ich Ben eindringlich an und sagte: »Ben, bitte pass auf dich auf und hab ein Auge auf Clara.« Mit diesen Worten ging ich widerwillig.

Schlechtes Gewissen kroch über meine Eingeweide und nistete sich in meiner Magengegend ein. Ich wollte zwar Ben nicht hier zurücklassen, doch ich musste weiter, die Zeit drängte.

Kapitel 3 Oliver

Am liebsten hätte ich meinen Frust laut herausgeschrien. Meine Hände zitterten unkontrolliert und erschwerten mir den Halt auf meinem Lenkrad.

Die Stunden waren dahingerafft, und ich hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als durch die Gegend zu fahren. Mit der Ausrede, meine Gedanken zu befreien und mich zu ordnen, verspottete ich mich selbst.

Denn ich hatte einfach Angst, in mein eigenes Zuhause zurückzukehren. Ich fürchtete, dass vielleicht noch mehr von diesen Wesen nun in meinem Haus auf mich warteten, sich versteckt hatten, solange ich weg war, um mich endgültig zur Strecke zu bringen.

Doch ich musste zurückgehen, um nach Hinweisen zu suchen. Ich musste das Wesen inspizieren, um mehr herauszufinden. Vielleicht gab es auch im Haus Hinweise auf Martas Entführung, versuchte ich mich anzuspornen. Jedoch machte mir der Gedanke, den Leichnam zu untersuchen, genauso große Angst.

»Stopp, Oliver«, fluchte ich mit mir selbst. »Du wirst jetzt verdammt noch mal nach Hause fahren und das verdammte Ding aufschlitzen, wenn es sein muss, um herauszufinden, wo Marta ist.«

Scheiße, meine Nerven spielten jetzt wirklich verrückt.

Gedanklich sortierte ich alles Geschehene: Marta wurde ersetzt, ich wurde von einem Wesen angegriffen und konnte es durch einen Zufall, Glück, was auch immer töten. Anschließend fuhr ich zu Ben, erfuhr, dass seine Mutter gestorben war, versuchte, mit ihm über Marta und die Wesen zu sprechen – vergeblich jedoch. Und Clara war definitiv auch ein Wesen. Jetzt fuhr ich in meinem Auto durch die Gegend, weil ich die Hosen voll hatte.

»Toll, einfach nur toll«, flüsterte ich sarkastisch.

Ich atmete mehrmals ein und aus, um mich zu beruhigen. Dann fasste ich den Entschluss und fuhr mit Vollgas zu meinem Haus. Ich hatte genug herumgetrödelt. Jetzt gab es keine Zeit zum Herumheulen, sondern nur noch zum Handeln.

Als ich einige Minuten später mein Haus erblicken konnte, sah ich auch sofort das Blaulicht an meiner Einfahrt. Auf einen Schlag spielten zwei Emotionen in mir verrückt: Angst und Hoffnung. Ich war mir nicht sicher, ob es der richtige Weg war hinzufahren, doch das tat ich. Ich fuhr hin und parkte an der gegenüberliegenden Straße. Entschlossen straffte ich meine Schultern und lief zur Haustür.

Wenige Meter vor meiner Haustür erkannte ich, dass sie einen Spalt offenstand. Mit der flachen Hand öffnete ich sie beinahe lautlos und trat ein. Sofort hörte ich die Stimmen der Beamten, zwei Männer. Ich konnte sie nicht sehen, aber wenn man mich fragen würde, wo sie standen, würde ich sagen, oben auf den Treppen, da, wo die Monsterleiche lag. Konzentriert versuchte ich zu lauschen, doch ich konnte das Gespräch nicht verstehen. Mit den Schritten einer Katze schlich ich mich näher an die Treppe, bis ich etwas verstehen konnte.

Ich betete, dass sie meinen aufgeregten Atem nicht hören konnten, denn ich hatte es geschafft, mich unter der Treppe zu positionieren, sprich, genau unter ihnen.

»Was hier wohl vorgefallen ist?«, sagte einer der Beamten, den ich an seiner Stimme auf Mitte 20 schätzte.

»Was denkst du, der Ehemann ist ausgeflippt und hat seine Frau das Gesicht zu Brei geschlagen, wie du siehst«, antwortete der zweite Beamte barsch, den ich deutlich älter schätzte.

»Ja, aber …«

»Nichts ‚aber‘, du hast den Notruf doch mitgehört. Der Ehemann, Oliver, ist geisteskrank und hat seine Frau einfach erschlagen, weil er dachte, sie sei eine Art Monster oder so ähnlich. Ich weiß, du bist nicht lange im Dienst, aber die Welt ist voller solcher Verrückten. Aber keine Sorge, die restliche Arbeit übernehmen natürlich nicht wir.«

»Ja, Sie haben recht«, gab der jüngere Beamte dem Älteren recht.

Bei der Unterhaltung der Beamten stockte mir der Atem. Ich konnte es kaum fassen, was ich da mitangehört hatte. Ich soll geisteskrank sein und Marta ermordet haben. Wer um Himmels willen hatte den Notruf gesetzt? Fragte ich mich und rieb mir die schweißnassen Hände. Und mit einem Mal kam mir Claras Bild in den Kopf, wie sie vorhin vor dem Fenster stand und mich angestarrt hatte. Ich war mir zwar nicht sicher, vielleicht spielte mir mein Gehirn einen Streich, aber ich glaubte mich daran zu erinnern, wie Clara das Telefon an ihr Ohr hielt.

Mein gesamter Körper spannte sich an, und am liebsten hätte ich die Flucht ergriffen. Doch ich konnte und wollte nicht. Ich musste meine Unschuld beweisen.

Geisteskrank, dass ich lache, ich hatte nicht Marta ermordet. Ich hatte aus Notwehr ein Monster getötet, das meine Frau entführt und ersetzt hatte, und deswegen sieht auch die Leiche wie meine Frau aus. Sagte ich in meinem Kopf und merkte abrupt, wie absurd es sich anhörte, doch ich musste und würde es schaffen meine Unschuld zu beweisen.