Der Schneesturm - Lew Tolstoj - E-Book

Der Schneesturm E-Book

Lew Tolstoj

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zum 100. Todestag Lew Tolstojs am 20. November 2010 In seinen letzten Lebensjahren war er der berühmteste Schriftsteller seiner Zeit, galt als Gigant der Literatur wie des ethischen Denkens. Die hier versammelten Erzählungen kreisen um seine großen Themen: um den Menschen, um Leben und Tod.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 137

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Lew Tolstoj

DER SCHNEESTURM

Erzählungen

Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von

Thomas Grob

1. Auflage 2010

Copyright © 2010 by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg

www.hoca.de

Satz: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

ISBN 978-3-455-30722-1

Datenkonvertierung eBook:

Kreutzfeldt digital, Hamburg

www.kreutzfeldt.de

Inhalt

Der Schneesturm

7

Drei Tode

56

Der Gefangene im Kaukasus

79

Nachwort

119

Zum Autor

125

Zum Herausgeber

126

Zum Übersetzer

127

•DER SCHNEESTURM •

I

Gegen sieben Uhr abends verließ ich, nachdem ich Tee getrunken hatte, die Poststation, deren Name mir entfallen ist; ich weiß nur, daß es im Gebiet der Donkosaken, irgendwo in der Nähe von Nowotscherkask war. Als ich mich, in Pelz und Wagendecke gehüllt, neben Aljoschka in den Schlitten setzte, war es schon dunkel. Hinter dem Stationsgebäude schien es warm und windstill. Obwohl es nicht schneite, war oben kein einziger Stern zu sehen, und der Himmel erschien im Vergleich zu der weißen Schneefläche, die vor uns lag, ungewöhnlich tief und schwarz.

Als wir die Silhouetten der Windmühlen, von denen die eine unbeholfen ihre großen Flügel bewegte, und das Dorf hinter uns hatten, bemerkte ich, daß der Weg beschwerlicher und schneereicher wurde; der Wind begann mir heftiger in die linke Seite zu blasen, die Mähnen und die Schweife der Pferde auf die Seite zu wehen und den von den Kufen und Hufen aufgewühlten Schnee trotzig emporzuwirbeln und davonzutragen. Das Schellengeläute klang leiser, ein kalter Luftstrom drang mir durch irgendeine Öffnung im Ärmel in den Rücken, und ich mußte an den Rat des Stationsaufsehers denken, von der Reise Abstand zu nehmen, um nicht die ganze Nacht ohne Weg umherzuirren und vielleicht noch zu erfrieren.

»Daß wir uns nur nicht verirren«, sagte ich zum Fuhrknecht. Da er mir aber keine Antwort gab, stellte ich meine Frage deutlicher: »Werden wir die Station erreichen, Kutscher? Werden wir uns nicht verirren?«

»Gott weiß«, gab er mir zur Antwort, ohne den Kopf zu wenden. »Sie sehen ja selbst, was für ein Gestöber aufsteigt: vom Weg ist nichts zu sehen. Herrgott!«

»Sag mir doch lieber, ob du mich zur nächsten Station zu bringen hoffst oder nicht«, fragte ich weiter. »Werden wir hinkommen?«

»Wir werden wohl hinkommen müssen«, sagte der Fuhrknecht; er sprach noch weiter, ich konnte ihn aber im Wind nicht verstehen.

Ich hatte keine Lust, umzukehren; doch auch die Aussicht, die ganze Nacht bei Frost und Schneesturm in diesem Teil des Donkosaken-Gebiets, einer völlig nackten Steppe, umherzuirren, schien mir wenig verlockend. Außerdem gefiel mir mein Kutscher nicht recht, obwohl ich ihn im Finstern nicht genau sehen konnte, und ich hatte kein Vertrauen zu ihm. Er saß genau in der Mitte des Bokkes und nicht seitwärts, wie Kutscher sonst zu sitzen pflegen; er war von übermäßigem Wuchs, seine Stimme klang träge, und auf dem Kopf hatte er keine richtige Kutschermütze, sondern eine ihm viel zu große, die immer hin und her rutschte; auch kutschierte er nicht auf die richtige Art: er hielt die Zügel mit beiden Händen, wie ein Lakai, der aushilfsweise die Stelle des Kutschers vertritt; doch der Hauptgrund meines Mißtrauens war, daß er sich ein Tuch um die Ohren gebunden hatte. Mit einem Wort, der ernste gekrümmte Rücken, der vor mir in die Höhe ragte, wollte mir nicht gefallen und verhieß mir nichts Gutes.

»Ich bin dafür, daß wir umkehren«, sagte Aljoschka, »es ist gar nicht so lustig, sich in der Steppe zu verirren!«

»Gott im Himmel! Dieses Schneegestöber! Ich kann den Weg nicht sehen, der Schnee hat mir die Augen verklebt ... Gott im Himmel!« brummte der Fuhrknecht.

»Was gibt’s? Wo gehst du hin? Haben wir etwa den Weg verloren?« fragte ich; der Fuhrknecht gab mir aber keine Antwort: er hielt den Kopf vom Wind, der ihm die Augen peitschte, weggewandt und entfernte sich vom Schlitten.

»Nun? Hast du den Weg gefunden?« fragte ich, als er zurückgekehrt war.

»Nein, nichts«, sagte er unwirsch und ärgerlich, als ob ich schuld daran wäre, daß er den Weg verloren hatte; er steckte die Beine wieder langsam in den Vorderteil des Schlittens und ergriff mit seinen hartgefrorenen Handschuhen die Zügel.

»Was werden wir nun tun?« fragte ich, als sich der Schlitten wieder in Bewegung gesetzt hatte.

»Was sollen wir tun! Wir werden aufs Geratewohl weiterfahren.«

Nun fuhren wir im kurzen Trab weiter, offenbar ganz ohne Weg, bald über tiefen Pulverschnee, in dem der Schlitten zu einem Viertel versank, bald über eine spröde nackte Eisfläche.

Obwohl es recht kalt war, schmolz der Schnee auf meinem Mantelkragen sehr rasch; das Gestöber über der Erde wurde immer stärker, und von oben begann es einzelne trockene Flocken zu schneien.

Es war klar, daß wir Gott weiß wohin fuhren, denn als wir auch noch eine weitere Viertelstunde gefahren waren, hatten wir keinen einzigen Werstpfahl gesehen.

»Nun, was glaubst du«, fragte ich wieder den Kutscher, »werden wir die Station erreichen?«

»Welche Station? Zurück werden wir wohl kommen können, wenn wir die Pferde frei laufen lassen: sie werden uns schon zurückbringen; doch auf die nächste Station werden wir kaum kommen ... Wir werden dafür höchstens den Tod finden.«

»Wir wollen dann doch lieber umkehren«, sagte ich. »Was sollen wir auch riskieren ...«

»Soll ich umkehren?« wiederholte der Kutscher. »Ja, gewiß, kehre nur um.«

Der Kutscher ließ die Zügel los. Die Pferde begannen schneller zu laufen. Obwohl ich gar nicht gesehen hatte, wie wir umgekehrt waren, merkte ich doch, daß der Wind auf einmal von der andern Seite blies; bald konnte ich schon durch das Schneegestöber hindurch die Windmühlen erkennen. Der Kutscher faßte neuen Mut und wurde gesprächig.

»Neulich fuhren sie mit Retourschlitten von der anderen Station in so einem Schneesturm heim; sie mußten in Heuschobern übernachten und kamen erst am Morgen nach Hause. Es war noch ein Glück, daß sie auf die Heuschober stießen, denn sonst wären sie wohl erfroren – der Frost war stark. Der eine hat sich auch wirklich die Beine erfroren; nach drei Wochen ist er daran gestorben.«

»Jetzt ist es aber gar nicht so kalt, auch der Sturm hat sich etwas gelegt«, sagte ich. »Können wir vielleicht doch weiterfahren?«

»Warm ist’s schon, doch der Schneesturm! Weil wir jetzt zurückfahren, scheint’s uns nicht so arg; es stürmt aber ordentlich! Ich würde schon weiterfahren, wenn ich einen Kurier zu fahren hätte oder auf eigene Gefahr ... So kann mir aber der Fahrgast erfrieren, und das ist beileibe kein Spaß! Wie kann ich für Euer Gnaden die Verantwortung tragen?«

II

In diesem Augenblick erklang hinter uns das Schellengeläute mehrerer Troikas, die uns rasch einholten.

»Es ist die Glocke der Kuriertroika«, sagte mein Kutscher, »es gibt auf der ganzen Station nur ein solches Geläute.«

Das Geläute der vorderen Troika, das im Wind deutlich vernehmbar war, klang wirklich außerordentlich schön: es war ein reiner, tiefer, etwas klirrender Ton. Wie ich später erfuhr, war dieses Geläute eine besondere Liebhaberei des Posthalters: es waren im ganzen drei Glocken – die größte in der Mitte mit dem sogenannten tiefroten Ton und zwei kleinere, die auf eine Terz abgestimmt waren. Der Klang dieser Terz und der klirrenden Quinte klang in der wüsten, leeren Steppe wunderbar schön.

»Es ist die Post«, sagte mein Kutscher, als uns die erste der drei Troikas eingeholt hatte. »Wie ist der Weg? Kann man fahren?« rief er dem Fuhrknecht in der letzten Troika zu; jener schrie aber nur auf seine Pferde ein und gab meinem Kutscher keine Antwort.

Kaum hatte uns die Post überholt, als auch das Schellengeläute schnell im Wind verhallte.

Mein Kutscher schämte sich wohl ein wenig.

»Wollen wir doch weiterfahren, Herr!« sagte er. »Die Leute sind eben vorbeigefahren, und ihre Spur ist noch frisch.«

Ich stimmte zu; wir wendeten wieder gegen den Wind und schleppten uns durch den tiefen Schnee weiter. Ich blickte immer von der Seite auf den Weg, um die Spuren der Troika nicht zu verlieren. Etwa zwei Werst waren die Spuren gut sichtbar; dann konnte ich nur noch eine leichte Unebenheit unter den Kufen wahrnehmen; schließlich konnte ich nicht mehr unterscheiden, ob ich die Spur oder eine vom Wind aufgewühlte Schneefurche vor mir hatte. Die Augen wurden bald so müde, daß sie die unaufhörlich unter den Kufen dahingleitende Schneefläche nicht weiter verfolgen konnten, und ich begann geradeaus zu schauen. Den dritten Werstpfahl sahen wir noch, doch den vierten konnten wir unmöglich finden; wir fuhren, wie wir es schon vorher getan hatten, bald mit dem Wind, bald gegen den Wind, bald nach rechts, bald nach links und waren schließlich so weit, daß der Kutscher behauptete, wir seien vom richtigen Weg nach rechts abgeschweift, ich erklärte, nach links, und Aljoschka meinte, daß wir überhaupt zurückführen. Wieder blieben wir einigemal stehen, der Kutscher streckte seine langen Beine aus dem Schlitten und machte sich auf die Suche nach dem Weg; doch alles war umsonst. Ich stieg auch einmal aus, um festzustellen, ob dort, wo es mir schien, nicht doch der Weg liege; aber kaum war ich mit großer Mühe etwa sechs Schritt gegen den Wind gegangen und hatte mich überzeugt, daß überall die gleiche eintönige weiße Schneedecke lag und daß der Weg nur in meiner Einbildung existierte, als ich plötzlich den Schlitten aus den Augen verlor. Ich schrie: »Kutscher! Aljoschka!«, doch ich fühlte, wie mir der Wind meine Stimme direkt vom Munde wegriss und sie in einem Augenblick weit von mir davontrug. Ich ging zu der Stelle, wo eben noch der Schlitten gestanden hatte, doch der Schlitten stand nicht mehr da; ich ging nach rechts und fand ihn wieder nicht. Ich schäme mich noch heute, wenn ich daran denke, wie durchdringend, laut, beinahe verzweifelt ich dann geschrien habe: »Kutscher!«, während er zwei Schritt vor mir stand. Seine dunkle Gestalt mit der Peitsche in der Hand und der auf die Seite gerutschten großen Mütze war ganz plötzlich vor mir aufgetaucht. Er geleitete mich zum Schlitten.

»Ein Glück, daß es warm ist«, sagte er. »Wenn ein richtiger Frost kommt, sind wir verloren! ... Gütiger Gott im Himmel!«

»Laß die Zügel los, mögen uns die Pferde wieder zurückführen«, sagte ich, nachdem ich wieder im Schlitten Platz genommen hatte. »Werden sie uns auch zurückführen? Was meinst du, Kutscher?«

»Sie müssen es wohl.«

Er ließ die Zügel locker, schlug das Gabelpferd einige Male mit der Peitsche auf den Rücken, und wir fuhren wieder irgendwohin. Etwa eine halbe Stunde fuhren wir. Plötzlich erklang vor uns wieder das mir bekannte Liebhabergeläute, daneben bimmelten noch zwei weitere Glocken; diesmal kamen sie uns aber entgegen. Es waren die drei Troikas von zuvor, die ihre Post inzwischen abgeliefert hatten und nun mit Retourpferden, die hinten angebunden waren, zu ihrer Station zurückkehrten. Die mit kräftigen großen Pferden bespannte Kuriertroika mit dem Liebhabergeläute fuhr schnell vor den andern her. Auf dem Bock saß ein Fuhrknecht und trieb die Pferde mit lauten Schreien an. In den beiden anderen Schlitten saßen je zwei Fuhrknechte; ich hörte sie laut und lustig miteinander sprechen. Einer von ihnen rauchte eine Pfeife; ein Funke, der im Wind aufflog, beleuchtete einen Teil seines Gesichts.

Als ich sie sah, schämte ich mich, daß ich mich gefürchtet hatte, weiterzufahren; mein Kutscher empfand wohl das gleiche, denn wir sagten wie aus einem Munde: »Wir wollen ihnen nachfahren!«

III

Bevor noch die letzte Troika an uns vorbeigefahren war, begann mein Kutscher, seinen Schlitten zu wenden; er tat es sehr ungeschickt und geriet mit der Femerstange mitten in die hinter den Troikas angebundenen Pferde. Ein Dreigespann scheute, riß sich los und lief davon.

»Du schieläugiger Teufel! Siehst gar nicht, wohin du wendest: mitten in die Leute hinein! Daß dich der Henker!« schimpfte einer der Fuhrknechte mit heiserer, zitternder Stimme, ein kleiner alter Mann, soweit ich seiner Stimme und Gestalt nach schließen konnte, der in der letzten Troika saß; er sprang rasch aus seinem Schlitten und lief den Pferden nach, wobei er fortfuhr, roh und derb auf meinen Kutscher zu schimpfen.

Die Pferde ließen sich aber nicht einfangen. Der Fuhrknecht lief ihnen nach, und im selben Augenblick waren Pferde und Fuhrknecht im weißen Nebel des Schneesturms verschwunden.

»Wasilij! Bring den Falben her! Ich kann sie sonst gar nicht einfangen«, hörte man seine Stimme.

Einer der Fuhrknechte, ein auffallend großer Kerl, sprang aus seinem Schlitten, band schweigend sein Dreigespann los, stieg, sich am Geschirr festhaltend, auf eines der Pferde, sprengte im kurzen Galopp über den knirschenden Schnee davon und verschwand in der gleichen Richtung.

Wir fuhren aber mit den beiden anderen Troikas dem Kurierschlitten nach, der mit Schellengeläute in vollem Trab vorauslief.

»Der glaubt wohl, daß er sie einfängt!« sagte mein Kutscher über den, der den Pferden nachgeeilt war. »Wenn das Pferd nicht sofort zu den anderen Pferden gegangen ist, so ist es ein übermütiges Pferd; es kann den Mann so weit forttragen, daß er keinen Weg mehr zurückfindet.«

Als mein Fuhrknecht nun hinter den anderen herfuhr, schien er auf einmal lustiger und gesprächiger, was ich, da ich noch nicht schlafen wollte, selbstverständlich gehörig ausnutzte. Ich begann ihn auszufragen, woher er stamme und wer er sei. Ich erfuhr, daß er mein Landsmann aus der Gegend von Tula war, ein leibeigener Bauer aus dem Kirchdorf Kirpitschnoje; sie hätten dort wenig Land, und die Ernte sei seit der Cholera fortwährend schlecht; sie seien zwei Brüder zu Hause, während der dritte beim Militär diene; sie könnten dieses Jahr mit dem Brot bis Weihnachten nicht mehr auskommen und müßten sich daher nach Verdienst umsehen; der jüngere Bruder sei der Herr im Hause, weil er Familie habe; er selbst sei Witwer; aus seinem Dorfe ginge jeden Winter eine Artel von Fuhrknechten in diese Gegend; er selbst sei zwar noch nie Fuhrknecht gewesen, habe aber doch den Dienst bei der Post angenommen, um den Bruder unterstützen zu können; hier bekomme er, Gott sei Dank, hundertzwanzig Rubel jährlich, von denen er hundert nach Hause schicke; das Leben hier sei sonst ganz gut, »wenn die Kuriere nur nicht so wild wären und das Volk nicht so fürchterlich fluchte«.

»Warum hat dieser Fuhrknecht nur so furchtbar geflucht? Mein Gott! Habe ich die Pferde denn absichtlich losgerissen? Will ich denn jemand etwas Böses? Und warum ist er ihnen nachgesprungen? Sie wären auch von selbst zurückgekommen; so wird er umsonst die Pferde abhetzen und auch selbst zugrunde gehen«, sagte der gottesfürchtige Bauer.

»Was ist das Schwarze dort?« fragte ich, als ich einige dunkle Silhouetten vor uns sah.

»Ein Zug von Lastwagen. – Das ist wirklich ein angenehmes Fahren!« fügte er hinzu, als wir die riesengroßen, mit Bastmatten bedeckten Wagen, die einer hinter dem anderen herrollten, eingeholt hatten. »Schauen Sie nur hin, kein Mensch ist zu sehen, alle schlafen. Die klugen Pferde kennen selbst den Weg und lassen sich nicht davon abbringen. ... Auch ich bin früher einmal mit solchen Lastfuhren gefahren«, sagte er nach einer Pause, »daher kenne ich es.«

Die riesengroßen Wagen, die von den Rädern bis zu den Bastmatten hinauf mit Schnee bedeckt waren und sich ganz von selbst fortzubewegen schienen, boten wirklich einen seltsamen Anblick. Erst als unsere Schellen dicht neben den Wagen erklangen, hob sich im vordersten Winkel etwa zwei Finger hoch die schneeverwehte Matte, und für einen Augenblick lugte eine Mütze heraus. Ein großer scheckiger Gaul mit gestrecktem Hals und gespanntem Rücken schritt gleichmäßig über den gänzlich verwehten Weg; er schaukelte im Takt seinen zottigen Kopf unter dem schneebedeckten Krummholz und spitzte, als wir ihn einholten, das eine verschneite Ohr.

Nach einer weiteren halben Stunde wandte sich der Fuhrknecht wieder an mich: »Was glauben Sie, Herr, fahren wir recht?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete ich.

»Der Wind kam vorher von dort, und jetzt fahren wir mit dem Wind. Nein, wir fahren sicher falsch. Wir haben uns wieder verirrt«, schloß er mit großer Ruhe.

Obwohl er eigentlich recht feige war, hatte er sich, wie ich sah, vollkommen beruhigt, seit wir in Gesellschaft fuhren und er nicht mehr die Führung und die Verantwortung hatte: gemeinsames Unglück läßt sich eben leichter ertragen. Kaltblütig machte er Bemerkungen über die Fehler des Fuhrknechts, der vorne fuhr, als ginge ihn das Ganze nicht im geringsten an. Ich merkte auch wirklich, daß die vordere Troika uns bald die linke und bald die rechte Seite zukehrte; ich hatte den Eindruck, als ob wir auf einer sehr kleinen Fläche immer im Kreis herumführen. Es hätte übrigens auch eine Sinnestäuschung sein können, wie es mir zuweilen vorkam, daß die erste Troika bald bergauf und bald bergab fuhr, während die Steppe von allen Seiten vollkommen eben war.