Der Schwabenspiegel. Jahrbuch für Literatur, Sprache und Spiel / Der Schwabenspiegel 2015 -  - E-Book

Der Schwabenspiegel. Jahrbuch für Literatur, Sprache und Spiel / Der Schwabenspiegel 2015 E-Book

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Beschreibung

Dramatisches Schwaben! – Der Titel verspricht Aufregendes. Tatsächlich bietet das neue Jahrbuch für schwäbische Literatur und Sprache nichts weniger als schwäbische Dramen. Konkret erfolgt ein Überblick über Dramendichtung in Bayerisch-Schwaben vom Mittelalter bis in die Moderne. In Hochsprache und Mundart bietet die Literaturlandschaft Schwaben eine erstaunliche stoffliche Fülle und gattungsmäßige Breite. Dieser Band dokumentiert die Erträge des Zweiten Literarischen Salons auf Schloss Edelstetten (Christi Himmelfahrt 2015). Ab diesem Band wird der Schwabenspiegel als Organ des Vereins Literaturschloss Edelstetten erscheinen. Der Schwabenspiegel dokumentiert damit auch die Erträge des jeweiligen Literarischen Salons an Christi Himmelfahrt.

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Seitenzahl: 221

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Jahrbuch für Literatur, Sprache und Spiel

Im Auftrag des Vereins Literaturschloss Edelstetten

herausgegeben von Klaus Wolf

Jahrbuch 2015

Inhalt

Klaus Wolf

Der Schwabenspiegel im Literaturschloss Edelstetten

Johannes Janota

Dramatische Vorgänge im nächtlichen Dom

Klaus Vogelgsang

Was ist schwäbisch an Sebastian Wilds Passionsspiel?

Franz Fromholzer

Kosmopolitische Spielstrategien

Jürgen Küster

„O narr gedenck zu aller fryst / Das du eyn mensch / und totlich bist“

Lothar Bidmon

Der Dramatiker Sebastian Sailer

Nicole Eller-Wildfeuer und Alfred Wildfeuer

Dees ka ich wohl. Botz!

Yehuda Shenef

Der Dybbuk von Kriegshaber

Erich Ruess

200. Geburtstag von Isabella Braun

Laurentiu Gafiuc

Der Augsburger Bürgermeister und Umstürzler Ulrich Schwarz im Drama

Daniel Lauris

„Alles ist der Schattenwelt erreichbar“

Rosmarie Mair

Das Theaterdorf Altusried

Claudia Flassig

Das Aichacher Volkstheater

Sebastian Seidel

Jakob Fugger Consulting

Friedmann Harzer

Anmerkungen über das Theater von Sebastian Seidel

Ulrike Schwarz

Melody

Sandra Lippet

They Talk Back

Larissa Hieber

Berlin, Berlin

Bildnachweis

Impressum

Klaus Wolf

Der Schwabenspiegel im Literaturschloss Edelstetten

Nachdem das Literarische Jahrbuch „Schwabenspiegel“ bislang an der Universität Augsburg bei „Archiv und Forschungsstelle für Literatur aus Schwaben“ angesiedelt war, wird es nun seine vorläufig endgültige Heimstatt im Literaturschloss Edelstetten erhalten. Dies hängt nicht zuletzt mit der Tatsache zusammen, dass sich die Marke Literaturschloss Edelstetten in den letzten Jahren dank des rührigen Engagements der Vereinsmitglieder kräftig entwickelt hat. Zu nennen wäre etwa die Aufnahme des Vereins in die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten e. V. zu Berlin, ein Zusammenschluss literarischer Gedenkstätten, welcher beispielsweise auch das Goethe-Haus in Frankfurt am Main wie das Buddenbrook-Haus in Lübeck vereint.

Von den zahlreichen kulturellen Veranstaltungen im Literaturschloss Edelstetten ist nicht zuletzt der alljährlich an Christi Himmelfahrt stattfindende Literarische Salon hervorzuheben. Seine Erträge sollen von nun an regelmäßig im Schwabenspiegel dauerhaft präsentiert werden. Demzufolge erscheinen im jetzigen Band die Erträge des Literarischen Salons 2015 unter dem Titel „Dramatisches Schwaben“.

Das Erscheinen dieses Bandes wäre nicht möglich gewesen ohne den stattlichen Druckkostenzuschuss des Vereins Literaturschloss Edelstetten. Ebenso ist den Lech-Elektrizitätswerken (LEW) für die finanzielle Förderung des Literarischen Salons 2015 zu danken.

Prof. Dr. Klaus Wolf leitet an der Universität Augsburg Archiv und Forschungsstelle für Literatur aus Schwaben. Daneben ist er seit 2014 Erster Vorsitzender des Vereins Literaturschloss Edelstetten.

Johannes Janota

Dramatische Vorgänge im nächtlichen Dom

Zu den spätmittelalterlichen Osterfeiern der Augsburger Kathedralkirche

Die Auferstehung Jesu am Ostermorgen wurde im Mittelalter (erste Belege zu Beginn des 10. Jahrhunderts) und in der Frühen Neuzeit (letzte Belege gegen Ende des 18. Jahrhunderts) – wenn überhaupt – ganz anders als heute gefeiert: Sie war dialogisch gestaltet und hatte einen dramatischen Aufbau. Oft gingen der Osterfeier szenisch gestaltete Gottesdienste voraus, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Auferstehungsfeier standen und sie gleichsam in zwei „Akten“ vorbereiteten. Gemeinsamer Ort dieser gottesdienstlichen Feiern war das symbolische Grab Jesu: Am Karfreitag erfolgte eine symbolische Grablegung des Gekreuzigten, indem man in Anwesenheit der Gläubigen ein Kreuz und/oder sogar eine geweihte Hostie zum Grab brachte („depositio crucis/hostiae“). In der Osternacht entfernten Kleriker unter Ausschluß der Gläubigen das Kreuz/die Hostie („elevatio crucis/hostiae“) als Zeichen für die im Verborgenen erfolgte Auferstehung Christi. Diesen unfaßbaren Vorgang bestätigten am Ostermorgen die Frauen, die nach biblischem Zeugnis das Grab aufsuchten („visitatio sepulcri“). Alle drei gottesdienstlichen Feiern wurden gesungen, und sie verwendeten im Umfeld der Liturgie seinerzeit natürlich die lateinische Sprache. Dennoch unterscheidet sich die Visitatio grundlegend von der Depositio und der Elevatio: Nur die öffentliche Auferstehungsfeier ist dialogisch und dramatisch gestaltet, um auf diese Weise die Wahrheit der Auferstehung mit literarischen und theatralen Mitteln zu untermauern.

Wegen ihrer dramatischen Struktur zogen die Auferstehungsfeiern, in denen man die Wurzeln der späteren Passions- und Osterspiele sah, das Interesse der Literatur- und Musikwissenschaftler/innen auf sich; die Depositiones und Elevationes standen hingegen weitestgehend im Schatten der Auferstehungsfeiern. Dieser Sachverhalt läßt sich auch an der Terminologie ablesen: In der Forschung hat sich für die Auferstehungsfeiern der Begriff „lateinische Osterfeiern“ eingebürgert, obwohl doch ebenso in der Elevatio eine Osterfeier vorliegt und eine Elevatio ohne Depositio nicht zu denken ist. Der gegenwärtige Forschungsstand bestimmt auch die nachfolgenden Ausführungen: Obwohl auch für den Augsburger Dom Depositiones und Elevationes belegt sind, müssen sich die Darlegungen auf die Visitatio als Auferstehungsfeier beschränken.

Zur besseren Verständlichkeit sollen zunächst – unter Vernachlässigung der mannigfachen Varianten, der zwei (formal, aber nicht inhaltlich) unterschiedlich gestalteten Dialogtypen und der vier Feiertypen, die man in der Forschung unterscheidet (dazu die Literaturhinweise am Schluß) – die verschiedenen Grundformen der Osterfeier (Visitatio) skizziert werden.

Sie fand in der Regel im Anschluß an die Matutin (das erste nächtliche Stundengebet der Kirche vor Anbruch des neuen Tags) statt. In der einfachsten Form (die sich anfangs auch vor der Messe am Ostersonntag als Tropus findet) umfaßt die Osterfeier drei Sätze und eine Auferstehungskündung, die aus den Auferstehungsberichten der synoptischen Evangelien (also Matthäus-, Markus- und Lukas-Evangelium) gebildet sind. Die Gesänge verteilen sich auf drei Gruppen: auf 2–3 Personen in der Rolle der Frauen, die das symbolische Grab Jesu aufsuchen, auf 1–3 Personen als Engel am Grab, auf den Chor in der Rolle der Apostel und allgemein der Gläubigen. Sobald sich die „Frauen“ (ebenso wie die Engel in der Regel von Klerikern dargestellt) dem Grab nähern, kommt es zwischen ihnen und den Engeln zu folgendem Dialog (ich übersetze gleich und verweise für die lateinische Fassung auf unsere Ausgabe):

Engel: „Wen sucht ihr im Grab, Christinnen?“

Frauen: „Jesus von Nazareth, ihr Himmelsbewohner.“

Engel: „Er ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er vorhergesagt hat.

Geht, berichtet, daß er vom Grab auferstanden ist.“

Daraufhin wenden sich die Frauen zum Chor und zu den Gläubigen, um die Auferstehung zu verkünden.

Als Grab Jesu diente der Altar im Chorraum, es konnte aber zur Verbildlichung der Bewegungsabläufe und zur Veranschaulichung des Geschehens auch in eine Nebenkapelle, zu einem gemauerten Heiligen Grab oder zu einem temporären Grabaufbau verlegt werden. In manchen Kirchen befand sich das Grab Jesu sogar außerhalb des Kirchenraumes, in dem die Matutin gefeiert wurde. Mit diesen Verlagerungen aus dem Chorraum sind großräumigere, theatrale Bewegungsabläufe zumindest der Frauen, teilweise aber auch des Chores als Zeugen der Auferstehungskündung verbunden.

Trotz dieser teilweise aufwendigen Raumregie lassen mehrere Erweiterungen dieser Grundform auf Zweifel schließen: Ist dieser Auferstehungskündung wirklich zu trauen? Diese Frage beschäftigt nicht nur uns, sie beunruhigte bereits die nachösterlichen Gemeinden und die nachfolgenden Generationen. Immerhin gründete die Auferstehungskündung lediglich auf einem minimalen Dialog mit drei kurzen (gesungenen) Redesequenzen. Offensichtlich war man um eine verstärkte Glaubensversicherung bemüht, und das führte zu weiteren Ausformungen der Osterfeier in ihrer einfachsten Form. So fordern die Engel die Frauen auf: „Kommt und betrachtet den Ort, wo der Herr hingelegt worden ist.“ Dabei entdecken die Frauen im leeren Grab nur die Grabtücher, die sie als augenfälligen Beweis bei der Auferstehungskündung vorweisen. Oder die Frauen werden nach ihrer Rückkehr vom Grab durch den Chor mit dem dialogischen Teil der Ostersequenz „Victimae paschali laudes“ geradezu in ein Kreuzverhör über die Geschehnisse am Grab genommen, das so überzeugend ausfällt, daß der Chor die Auferstehung beglaubigt.

Doch die Zweifel sind so einfach nicht zu beheben. Ihnen scheint Johannes in seinem Evangelium mit einer eigenen Version der Geschehnisse am leeren Grab begegnen zu wollen: Er läßt Petrus und sich als Augenzeugen zum Grab laufen, nachdem Maria Magdalena in dieser Fassung den Jüngern vom Diebstahl des Leichnams Jesu berichtet hat. Auch die beiden Apostel finden das Grab bis auf die Leichenbinden und das Schweißtuch Jesu leer. Doch reicht das leere Grab als Wahrheitsbeweis? Das hat sich offensichtlich auch Johannes gefragt, der nach dem Jüngerlauf zusätzlich von einer persönlichen Begegnung zwischen Maria Magdalena und dem Auferstandenen berichtet. Ein solcher Wahrheitsbeweis läßt sich nicht mehr übertreffen, daher bildet diese Begegnungsszene die letzte Aus- und Weiterbildung der Osterfeiern.

Das ist aus dem Blickwinkel der kirchlichen Theologie mehr als verständlich, denn das Auftreten des Auferstandenen, der nach dem dogmatisch geleiteten Glauben zugleich im Altarssakrament zugegen ist, war mehr als prekär. Daher beschränken sich die Zeugnisse für diese weitestgehende Ausformung der Osterfeier auf eine überschaubare Zahl von Überlieferungszeugen aus dem deutsch- und tschechischsprachigen Raum (zu der die Bischofsstadt Augsburg keinen einzigen Belegt beisteuerte) – vielleicht weil hier der Zweifel am größten war, vielleicht auch, weil man hier alle vier Evangelien in den Osterfeiern zu Worte kommen lassen wollte. Wie auch immer, nach Lage der Überlieferung erlaubte die Kirche nur mehr wenige weitere Ausformungen im Zusammenhang mit der Liturgie (so etwa die Begegnung des Auferstandenen mit den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, wie sie der Evangelist Lukas berichtet). Szenenreichere Spiele hatten ihren Platz nicht mehr im Kirchenraum, sondern als Passions- und Osterspiele auf dem Marktplatz. Gleichwohl liegen in den kirchlichen Osterfeiern die ältesten mit Noten und Text dokumentierten Quellen des Musiktheaters in Europa vor.

Vor dem Hintergrund dieses skizzenhaften Überblicks läßt sich die Tradition der lateinischen Osterfeiern am Augsburger Dom, die erstmals im 12./13. Jahrhundert sicher belegt ist, nunmehr genauer charakterisieren. Zunächst zu ihrer Überlieferung: Insgesamt kennen wir bislang 25 Zeugnisse für die Augsburger Domfeier. Diese reiche Überlieferung untergliedert sich bei genauerem Zusehen in zwei Hauptformen (für die weitere Differenzierung wird auf die Forschungsliteratur verwiesen): Eine Frühform dokumentieren lediglich zwei Handschriften aus dem 12./13. und aus dem 14. Jahrhundert Die Normalform weist hingegen mit 23 Zeugen eine ansehnliche Breite auf. Von ihr sind zwischen 1479 und 1584 nicht weniger als 19 Drucke bekannt; dazu stellen sich je zwei Handschriften aus dem 15. und aus dem 16. Jahrhundert. Danach erfolgte ein radikaler Schnitt in der Tradition der Augsburger Osterfeiern: Bei einer liturgischen Reform zu Beginn des 17. Jahrhunderts hat man nämlich die dialogisierte und dramatisierte Osterfeier abgeschafft, es wurden die gottesdienstlichen Feiern am Grab auf die Depositio und die Elevatio beschränkt. Diese Reduktion entspricht übrigens der seit dem 15. Jahrhundert belegten Überlieferung in der Augsburger Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra, die sich für die liturgieferne Inszenierung einer dialogisierten Auferstehungsfeier nie erwärmen konnte. Und selbst mit dieser reduzierten Form machten die dortigen Benediktiner nach dem derzeitigen Kenntnisstand Schluß (letzte bekannte Handschrift: 1582). Am Dom und in der Diözese hingegen führte man diese Form der Feier zumindest bis nach der Mitte des 18. Jahrhunderts fort (letzter bislang nachgewiesener Druck: 1764).

Die Überlieferungsübersicht erlaubt, die strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Formen der Osterfeier im Augsburger Dom genauer herauszuarbeiten. Zunächst zur Normalform: Sie war von Anfang an mit einem Lauf der Apostel Petrus und Johannes zum Grab Jesu verbunden. Er wird durch den Bericht der Frauen von ihren Erlebnissen am leeren Grab ausgelöst. Denn er klingt so unglaublich, daß sich die beiden Apostel durch eigenen Augenschein von der Glaubwürdigkeit des Berichts überzeugen wollen. Mit dem Vorweisen des Grabtuchs bestätigen sie schließlich das Zeugnis der Frauen. Daraufhin stimmt der Sängerchor dreimal die Auferstehungskündung an: „Erstanden ist der Herr aus dem Grab, der für uns am Kreuz gehangen ist. Alleluia.“ Es schließen sich die Laudes (das zweite Stundengebet der Kleriker) im Chorraum des Doms an.

Dieser Ablauf gilt auch – sieht man von den Varianten ab, die im vorliegenden Zusammenhang vernachlässigt werden können – für die Überarbeitung, die unter dem Augsburger Fürstbischof Marquard von Berg erfolgte (Druck: 1580) und die 1587 auch für den Bamberger Dom Geltung hatte (wo der Augsburger Fürstbischof zugleich Domprobst war). Die szenischen Elemente sind in dieser Überarbeitung jedoch zurückgenommen: Von einem Vorweisen der Grabtücher durch Petrus und Johannes ist in den Rubriken (den „Regieangaben“ zu den Gesängen) keine Rede mehr. Und unklar bleibt, ob in der Augsburger Feier der Jüngerlauf – dieser Begriff hat sich in der Forschung für den Lauf der beiden Apostel eingebürgert – überhaupt noch szenisch dargestellt wurde (die Bamberger Feier hat sich dagegen eindeutig für eine szenische Gestaltung des Jüngerlaufs entschieden). Es wird nur gesagt, daß die beiden Apostel vor dem Eingang zum Grab Jesu singen, es sei bis auf die Grablinnen und das Schweißtuch leer. In der nächsten Überarbeitung der liturgischen Bücher (1612) unter dem reformeifrigen Augsburger Fürstbischof Heinrich von Knöringen wird dann die dialogisierte Osterfeier ganz gestrichen.

Zuvor bleibt aber trotz aller Varianten für die Normalform der Augsburger Domfeiern unbestritten, daß die Auferstehungskündung auf dem Zeugnis der Apostel beruht. In der Forschung spricht man daher vom Typ der Jüngerfeiern (wobei mit den Jüngern auch hier die beiden Apostel Petrus und Johannes gemeint sind, die in den meisten Osterspielen als discipuli tituliert werden). Von dieser Zentrierung auf das kirchliche Amt (Petrusamt und Evangelist) unterscheiden sich die beiden Osterfeiern grundlegend, die im 12./13. und im 14. Jahrhundert als Frühform der Augsburger Domfeier bezeugt sind. Denn bei ihnen stehen – wie auch von anderen Feiern außerhalb Augsburgs bekannt – die Marien im Mittelpunkt. Sie zeigen das Grabtuch und okkupieren dabei den Gesang, der in der späteren Normalform der Augsburger Domfeiern den Aposteln vorbehalten war. In der älteren der beiden frühen Feiern dürfen Petrus und Johannes erst nach dem Vorweisen des Grabtuchs zum Grab laufen. In der Zwischenzeit besprengen die beiden Marien das in der vorausgegangenen Elevatio aus dem Grab entfernte, vom Grabtuch enthüllte Kreuz mit Weihwasser und beweihräuchern es. (Wie hier kennen auch die späteren Augsburger Feiern nur zwei Personen in der Rolle der Frauen beim Besuch des Grabes Jesu; sonst treten in den Osterfeiern auch drei Frauen/Marien oder auch nur Maria Magdalena auf.) Daraufhin künden sie allen im Dom Versammelten die Auferstehung. Nachdem der Chor die Auferstehungskündung gehört hat, bricht er in Jubel aus und stimmt gemeinsam das Te Deum als Abschluß der Matutin an, die Gläubigen singen auf ihre Weise (wohl das Christ ist erstanden, das anderwärts bereits seit dem 12. Jahrhundert belegt ist). Auf dem Rückweg der Kleriker in den Chorraum wird das Kreuz der Elevatio als augenfälliges Zeugnis der Auferstehung in die Höhe gezogen. Im Chorraum beginnen die Kleriker mit den Laudes. Und die beiden Apostel? Sie werden nach ihrem Lauf zum Grab nicht mehr erwähnt und bleiben als ungläubige Zeugen am leeren Grab zurück. (Natürlich betrifft das nur die Inszenierung der Feier; danach begeben sich die beiden Priester, welche die Rolle der Apostel übernommen hatten, natürlich auch in den Chorraum, um dort mit den anderen Klerikern die Laudes zu singen.)

Die vorliegende Bewegungsregie schafft eine theologisch wahrhaft delikate Situation. Zwar finden sich Marienfeiern (wie sie die Forschung nennt), bei denen die Auferstehungskündung an die Frauen und nicht an die Jünger geknüpft ist, gestützt auf die drei synoptischen Evangelien allerorten. Aber daß der Apostelfürst und der Evangelist in einer solchen provozierenden Weise „kaltgestellt“ werden, das sucht in unserer Ausgabe der Osterfeiern seinesgleichen. Die jüngere der beiden Feiern läßt den Jüngerlauf sogar ganz wegfallen.

Welche Deutungsmöglichkeiten bieten sich für diesen auffälligen, geradezu provokanten Vorgang an? Sind diese beiden Feiern deswegen so profiliert auf die Marien zugeschnitten, weil der Augsburger Dom Maria geweiht ist? Daran mag ich nicht glauben, weil die nachfolgenden Osterfeiern ausgesprochene Jüngerfeiern sind, obwohl sich das Patrozinium des Doms nicht geändert hat. (Außerdem gehört die Mutter Jesu merkwürdigerweise nicht zu den Frauen, die sich nach dem Bericht der Evangelisten zum Grabe begeben.) Oder liegt vielleicht ein Irrtum, eine Ungeschicklichkeit in den Anfängen der Augsburger Osterfeiern vor? Dagegen spricht die versierte Melodie- und Textaufzeichnung der beiden Feiern in einem Rituale (in ihm sind die liturgischen und gottesdienstlichen Riten beschrieben) bzw. in einem Antiphonar-Fragment (im Antiphonar sind die Melodien und Texte zum kirchlichen Stundengebet aufgezeichnet).

Gegen eine ungeschickte Komposition der Feier spricht aber auch ein detaillierter Vergleich der unterschiedlichen Inszenierungen in der Früh- und in der Normalform der Augsburger Domfeier. Dabei zeigt sich sehr schnell, daß die Normalform auf der Ebene der Gesänge die traditionelle Form beibehält, daß sie aber durch eine Umbesetzung der Rollen bei den Gesängen zum Jüngerlauf und durch eine gezielte Änderung der Bewegungsregie – also durch klassische Mittel einer Inszenierung – eine radikale Abkehr von der Frühform der Augsburger Domfeier vollzieht. In seinem ganzen Ausmaß greifbar wird dieser Vorgang im Druck von 1487, weil er sich im Gegensatz zu den vorausgegangenen Zeugen der Normalform nicht auf knappe Rubriken beschränkt, sondern den Gesängen ein eigenes Formular vorschaltet, das die Inszenierung der neugeordneten Feier genau regelt.

Das Formular schreibt vor, daß der Chor der Kleriker am Ende der Matutin in einer Prozession vom Chorraum zum Grab Jesu zieht. Im Chorraum bleiben nur zwei Priester zurück, die – mit einfachen Meßgewändern bekleidet – die beiden Frauen darstellen. Von dort aus führen sie den Osterdialog mit den beiden Diakonen, die – mit Dalmatiken (der liturgischen Kleidung der Diakone) bekleidet – die Engel darstellen, die im Grab sitzen. Bei der Verortung der beiden Frauenrollen im Chorraum wurde sogar die Sinnlosigkeit einzelner Gesänge in Kauf genommen. Das gilt für die Frage der Frauen vor dem Osterdialog, wer ihnen wohl den Stein wegwälzen werde, mit dem der Eingang des Grabs verschlossen wurde. Das gilt für die Frage der Engel, wen die Frauen denn im Grab suchten. Damit läuft sowohl die Antwort der Frauen wie die Auskunft der Engel („Er ist nicht hier, den ihr sucht …“) ins Leere. Und schließlich stimmt auch der Bericht der Frauen von ihren Erlebnissen am Grab nicht („Zum Grab sind wir trauernd gegangen, den Engel des Herrn haben wir dort sitzen gesehen …“). Dies alles wird hingenommen, um den Fokus allein auf Petrus und Johannes zu richten: Sie kommen zum Grab, sie zeigen die Grabtücher vor, und auf sie (und nicht auf die Frauen) antwortet der Chor mit der dreimaligen Auferstehungskündung. Schließlich soll der Leiter des Gottesdienstes (und nicht die Frauen wie in der Frühform) das Kreuz mit Weihwasser besprengen und beweihräuchern. Durch die pointierten Eingriffe wird die Marienfeier der Frühform programmatisch in eine Jüngerfeier umgeformt. Das Ergebnis dieser Neuinszenierung mußte selbst den lateinunkundigen Laien ins Auge stechen: Standen die beiden Apostel in den beiden älteren Feiern im Abseits der Auferstehungskündung, so sind es jetzt die Frauen, die im Chorraum völlig isoliert die Auferstehungskündung vernehmen. In dieser Zuspitzung, die quer vor allem zu den Evangelien, aber auch zur Tradition der lateinischen Osterfeiern steht, liegt hier ein geradezu provokanter Vorgang vor. Trotzdem wurde er in der Forschung bislang nicht wahrgenommen.

In einem weiteren Schritt wird zu fragen sein, welches konkrete Anliegen hinter der Frühform der Augsburger Domfeier steht. Verbirgt sich dahinter möglicherweise ein kirchengeschichtlich-kirchenpolitischer Konflikt, bei dem es um hierarchische Machtfragen geht? Spiegelt sich hier ein Dissens zwischen dem Domkapitel und dem Bischof, eine Auseinandersetzung gar zwischen Ortsbischof und Petrusamt? Und bezieht die Neuinszenierung der Augsburger Domfeier dagegen massiv Stellung? Solche Vorstellungen scheinen abwegig zu sein, denn aus diesem Blickwinkel erscheint die festliche Feier der zentralen christlichen Glaubensaussage unversehens als ein Tummelplatz kirchlicher Auseinandersetzungen und Rangstreitigkeiten.

In der Geschichte der lateinischen Osterfeiern wäre eine kirchenpolitische Instrumentalisierung der Auferstehungsfeier freilich kein Einzelfall. Das zeigt sich etwa bei der Osterfeier der Regensburger Stiftsdamen in Obermünster, die sie gegen das Verbot des Ortsbischofs feierten und bei der sie Petrus überhaupt nicht auftreten ließen, obwohl der Regensburger Dom dem hl. Petrus geweiht ist. Weiterhin gehören in dieses Umfeld die je unterschiedlich ausgeformten Osterfeiern, mit denen sich die Benediktinerinnenabtei St. Georg in Prag vom böhmischen Metropolitansitz im benachbarten Veitsdom abgrenzt oder sich die Salzburger Benediktinerinnen auf dem Nonnberg vom Salzburger Metropolitansitz unterscheiden. Damit vergleichbar ist in Augsburg auch die Opposition zwischen den Auferstehungsfeiern in der Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra und im Dom: Denn im Gegensatz zur Domfeier lassen die Augsburger Benediktiner nur die Depositio und die Elevatio zu, eine Osterfeier mit den Gang der drei Frauen zum Grab oder mit einem Jüngerlauf lehnen sie dagegen ab. Solche Aspekte sind bei der Erforschung der Osterfeiern bislang noch nicht systematisch untersucht worden, daher darf man bei genauer Prüfung weitere Belege dieser Art unter den bislang bekannten Osterfeiern vermuten.

Welche kirchenpolitischen Hintergründe zwischen den unterschiedlich als Marien- oder als Jüngerfeiern gestalteten Augsburger Domfeiern vorliegen, müßten (Kirchen-)Historiker/innen mit ihrer Fachkompetenz ans Tageslicht fördern. Sie können dabei die literaturwissenschaftliche Analyse dieser Feiern aufgreifen, die zwei unterschiedliche Strukturen und eine prekäre thematische Differenz herausgearbeitet hat. Unabhängig davon geben die Augsburger Domfeiern einen Einblick in die ersten Zeugnisse für dramatische Inszenierungen in Augsburg, ja in Bayerisch Schwaben. Wenn dabei auch wahrhaft dramatische Vorgänge im nächtlichen Augsburger Dom zum Vorschein kamen, dann mag auch ein Stück Geschichte lebendig geworden sein. Und das ausgerechnet bei lateinischen Osterfeiern.

Älteste, sicher für Augsburg bezeugte Osterfeier aus dem 12./13. Jahrhundert, aufgezeichnet in einem Rituale des Augsburger Doms

Literatur

Ute Evers und Johannes Janota (Hrsg.): Kommentierte Edition der Melodien zu den lateinischen Osterfeiern. 4 Bde. Berlin 2013. [Vgl. in Bd. 2,1, S. 103–190 den Überblick: „Zur Textgestalt der lateinischen Osterfeiern“; Edition mit den Texten der hier behandelten Augsburger Feiern in Bd. 1,2, S. 585–602 und S. 1103–1107, dazu die Kommentare in Bd. 2,1, S. 674–689 und S. 1057–1060.]

Walther Lipphardt (Hrsg.): Lateinische Osterfeiern und Osterspiele I–IX. Berlin 1975–1990. (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts). [Nur Abdruck und Kommentierung von Texten, auch von Depositiones und Elevationes; nicht immer zuverlässig. Textabdrucke der hier behandelten Feiern in Bd. III, S. 745–794 und Bd. VI, S. 82–85; dazu die Kommentare in Bd. VII, S. 406–423.]

Johannes Janota: Miranda sunt, que vidimus. Zur Konkurrenz zwischen Marien- und Apostelfeier in den lateinischen Osterfeiern. In: Das geistliche Spiel des europäischen Spätmittelalters. Herausgegeben von Wernfried Hofmeister und Cora Dietl. Wiesbaden 2015 (Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein Gesellschaft 20), S. 69–80.

Prof. Dr. Johannes Janota war bis 2003 Lehrstuhlinhaber für Deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters an der Universität Augsburg. Der vorliegende Beitrag im Schwabenspiegel erwuchs aus einem umfänglichen DFG-Projekt des Verfassers.

Klaus Vogelgsang

Was ist schwäbisch an Sebastian Wilds Passionsspiel?

Ob und inwiefern Sebastian Wilds Passionsspiel schwäbisch sei, soll ich klären. Das ist nicht ohne weiteres zu beantworten und bedarf mindestens dreier Vorklärungen:

Was genau ist ein Passionsspiel?Wer ist Sebastian Wild?Was soll verstanden werden unter schwäbisch?

Zum ersten: Ein Passionsspiel ist, auch auf das Mittelalter und die Frühe Neuzeit bezogen, so ziemlich das, was es heute in Oberammergau oder in Waal ist – sowohl was den Stoff angeht als auch die Darstellungsweise. Gleiches gilt, wenn man die Funktion in den Blick nimmt, welche das Drama für die Gemeinschaft der Mitwirkenden und die der Zuschauer hatte. Die germanistische Forschung hat sich dem geistlichen Spiel sehr lange so genähert, wie es üblich und angemessen ist bei Dramen der großen literarischen Tradition (in etwa folgend der Linie Sophokles – Shakespeare – Schiller). Beim geistlichen Spiel musste man dabei indes irritiert feststellen, dass die Texte der Art und dem Niveau, für das diese Herangehensweise erprobt ist, kaum entsprechen. Oder man hat nach der Logik gehandelt, dass, wenn ein Literaturwissenschaftler als großer Geist sich in seiner großen Bedeutung mit etwas befasse, dies, egal was es ist, automatisch zu etwas Großem werde – und so hat man krampfhaft in die Spiele allerlei an hoher Geistigkeit und tiefen Gedanken hineingelesen. Doch diese Forschung ist Vergangenheit, nicht auszuschließen, dass der eine oder andere aus dieser Richtung noch zuckt, eigentlich aber sieht man heute allerorts ganz klar: Die geistlichen Spiele haben in ihrer ganz speziellen Situation gut funktioniert – wenn man sie verstehen will, man muss versuchen, sie als solche und in dieser Spezifik wahrzunehmen.

Zum zweiten: Sebastian Wild. Wer von den Meistersingern hört, der denkt sofort an Nürnberg. Dass die augsburger Meistersinger fast ebenso bedeutend waren und bestens dokumentiert sind, weiß leider noch so gut wie niemand. Sebastian Wild war einer von diesen Meistersingern, sogar einer der produktivsten. Er war Schneider, hat – wenn wir die Puzzleteile an verstreuten Informationen richtig zusammensetzen – eine Lehrerin geheiratet und dann mit ihr zusammen die Schule geführt. Die augsburger Meistersinger sind, versteht sich, ganz auf der reformatorischen Linie des Stadtregiments, aber man wählt ohnehin viel lieber weltliche Themen für seine meisterlichen, das heißt kunstgerechten und formvollendeten Lieder, die im öffentlichen Vortrag auf den sogenannten Singschulen vorgetragen und kritisch gewürdigt wurden. Neben diese lyrische Produktion tritt bei den augsburger Meistern immer stärker das Theater. Sebastian Wild bringt 1566 eine stattliche Sammlung von 12 Theaterstücken zum Druck, darunter als ‚Die dritt Tragedj‘ das Passionsspiel. Der hamburger Dramenspezialist Bernhard Jahn hat wahrscheinlich machen können, dass Wilds Schauspiele nicht nur im Meistersinger-Kontext gesehen werden sollten, sondern ebenso im Kontext von schulischer Theaterarbeit, und dass die geistlichen unter seinen Dramen zwar bibeltreu und damit reformationskonform gespielt werden können, jedoch – offenbar für den altgläubigen Gebrauch – Zusatzszenen bieten mit nicht-biblischen, sondern traditionellen, legendarischen Inhalten. So ist es auch zu erklären, dass Wilds Passionsspiel in Teilen eine katholische Anschlussverwendung gefunden hat, indem es eingegangen ist – ganz prominent – in das alte Oberammergauer und das Erler Spiel. Wenn so eine Kompromissbereitschaft, ein solches Offenhalten von Optionen nicht typisch schwäbisch ist?

Damit sind wir bei der dritten fälligen Vorklärung: Was soll man in diesem Kontext unter schwäbisch verstehen? Sebastian Wild ist uns außerhalb Augsburgs nicht belegt, der Autor ist, so dürfen wir annehmen, ein waschechter augschburger Schwabe. Auch Aufführung und Drucklegung des Spiels sind für Augsburg zu sichern. Schwierig dagegen wird es, wenn wir versuchen, Anspielungen auf kommunale oder regionale Gegebenheiten, Verhältnisse, konkrete Personen zu finden, etwa bei den Figurennamen: Die vier Grabwächter heißen nicht etwas Simnacherus, Sailerus, Scheufeleus und Griblix, sondern Romox, Truma, Marcurinux und Prunax, die Juden sind namenlos, die Teufel heißen, wie es sich für Teufel gehört, Lucifer, Sathanas, Belial, Ascharet, die übrigen Figuren haben biblische Namen. Sich zu überlegen, ob das Spiel in der inhaltlichen Prägung typisch schwäbisch ist, wäre heikel – da müsste man zunächst festlegen, ob man eher die pausbäckig-treuherzigen Elemente für besonders einschlägig ansehen will oder die besonders weltmännisch-tollkühnen Züge – und diese Überlegung stellt man wohl am besten möglichst rasch ein, zumal wenn man selbst betroffen ist. Bleibt also für schwäbisch: die Sprache des Spiels.

Schauen wir, was uns das Spiel zu bieten hat an Charakteristika des Schwäbischen, für Augsburg genauer: des Ostschwäbischen. Im folgenden kleinen (behutsam an heutige Lesegewohnheiten angepassten) Auszug (V. 1328 bis V. 1355), dem Beginn des dritten Aktes, sind wir am Höhepunkt des Spiels: Der tote Jesus ist ins Grab gelegt worden, die vier Grabwächter haben Stellung bezogen, sind aber über der Wache allesamt eingeschlafen. Da passiert folgendes:

In dem erhebt sich ein Erdbitem (Erdbeben); die Hüetter (Grabwächter) erschrecke, lauffen vom Grab, fallen wider nider und schlaffen. Zwên Engel kommen, decken das Grab auff, gehn wider ab.

Christus ersteht und spricht, weil (= während) er den einen Fuoß noch im Grab hat und mit dem anderen heraussen steht:

Nun hab ich den Tod überwunden, / im sein spitzigen Stachel unden / zerbrochen und gar stumpf gemacht, / mit dem er vil Mord hat verbracht. / Sein Bogen hab ich im darbei / gerissen in mitten entzwei. / Nun ist ihm sein Maacht allesant (allesampt) / genommen, das er mag niemand / kein Schaden zufügen fürthin. / Nun will ich hinab fahren in / die Hell, die selbig auch zerreissen, / den Teufel (den Teufeln) umb die Ohren schmeissen.

[…] Drei Teufel lauffen heraus. Der Sathan spricht:

O weh, o weh! Wie geht das zu? / Hat der Jesu so groß Unruh / angefangen in unsrer Hellen? / Wa wöll wir nun nauß, lieben Gsellen? / Darzu gebt euren treuen Raht!

Belial:

Ach, es ist gar zu großer Schad / und ist bös zu rahten hierinnen! / Ich kann mich doch gar nichts besinnen, / wellicher weiß, denn (= außer) Lucifer, / unsern Fürsten! Wann der da wär! / Ob er uns möchte ein Fürschlag machen?

Aschereth: