Der Schwabenspiegel. Jahrbuch für Literatur, Sprache und Spiel / Der Schwabenspiegel 2016 -  - E-Book

Der Schwabenspiegel. Jahrbuch für Literatur, Sprache und Spiel / Der Schwabenspiegel 2016 E-Book

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Beschreibung

Der Schwaben-Slam im Schloss 2016 fand historische Vorläufer in den Memminger Meistersingern und auch den Meistersingern von Augsburg. Darüber hinaus lässt sich ein Traditionsbogen bis zu den mittelalterlichen Sängerkriegen spannen. Die Beiträge zeigen, dass schwäbische Mundart in modernen Formaten wie dem Poetry Slam äußerst vital ist. Außerdem publiziert der Schwabenspiegel 2016 den letzten wissenschaftlichen Aufsatz von Dr. Georg Simnacher. Der Altbezirkstagspräsident war zudem Gründer des Vereins Literaturschloss Edelstetten.

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Seitenzahl: 140

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Inhalt

Klaus Wolf

Poetry-Slam war immer – und überall – und in Schwaben sowieso!

Johann Deil

Schwäbischer Poetry-Slam auf Schloss Edelstetten

Claudia Roth

Grußwort am 5. Mai 2016 in Edelstetten

Hanz

Wein-/Käseprobe

Wolfgang Heyer

Schwäbisch für Einsteiger

Andreas Rebholz

Wurstsalat

Dietmar Wielgosch

Lodengrün – eine Instantoper

Verena Gawert

Der Augsburger Poetry-Slam: ein Interview mit Horst Thieme

Verena Gawert

Wie ich zur Poetry-Slammerin wurde – die Geschichte einer jungen Augsburgerin

Ulrike Schwarz

Die Jungfrau Heinrich: ein Romanauszug

Jürgen Küster

„Geneigter Leser, trag Geduld, Die Zeit war kurz, ich hab kein Schuld“

Horst Brunner

Der Meistergesang in Schwaben

Klaus Vogelgsang

Sebastian Wild – ein Meistersinger und vorbrechtischer Großdramatiker aus Augsburg

Klaus Vogelgsang

Mehr als eine Neuentdeckung: Augsburger Handwerkerdichtung aus der Zeit des Augsburger Kalenderstreits

Georg Simnacher

Das Spital in Ziemetshausen

Bildnachweis

Impressum

Klaus Wolf

Poetry-Slam war immer – und überall – und in Schwaben sowieso!

Aus diesem Grund dokumentiert der vorliegende Schwabenspiegel nicht nur die Erträge des literarischen Salons an Christi Himmelfahrt 2016, der unter der Schirmherrschaft ihrer Durchlaucht Ursula Fürstin Esterházy sowie der Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth stand, sondern auch die Vorläufer des Phänomens Poetry-Slam in Schwaben. Der Schwaben-Slam im Schloss 2016 fand eben historische Vorläufer in den Memminger Meistersingern und auch den Meistersingern von Augsburg.

Ohne die großzügige Unterstützung der LEW (Lechwerke AG) hätte der Poetry-Slam im chinesischen Saal auf Schloss Edelstetten nicht in dieser Form stattfinden können. Dafür sei dem Sponsor großer Dank gesagt! Und ohne den Druckkostenzuschuss, welcher durch den Verein Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten gewährt wurde, hätte der Schwabenspiegel 2016 nicht erscheinen können.

Schließlich gäbe es ohne das beherzte Wirken von Dr. Georg Simnacher nicht einmal den Verein Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten! Nicht zuletzt dem ehrenden Gedenken an den Gründungsvorsitzenden dient die Publikation seines letzten wissenschaftlichen Aufsatzes in diesem Band.

Prof. Dr. Klaus Wolf ist seit 2014 erster Vorsitzender des Vereins Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten. Darüber hinaus fungiert er als Herausgeber des Jahrbuchs Schwabenspiegel.

Johann Deil

Schwäbischer Poetry-Slam auf Schloss Edelstetten

Der Einladung zum dritten Literarischen Salon an Christi Himmelfahrt auf Schloss Edelstetten war wieder eine stattliche Gemeinde Literaturbegeisterter gefolgt. Die Veranstaltung fand im Chinesischen Saal des Schlosses im Rahmen einer Poetry-Salm-Revue statt. Dazu hatte der Vorsitzende des Vereins Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten, Prof. Dr. Klaus Wolf, eine Gruppe schwäbischstämmiger Slammer engagiert, die Auszüge aus ihrem Schaffen darboten.

In seinen Begrüßungsworten wies der Gastgeber Prof. Dr. Wolf darauf hin, dass der Wettbewerbscharakter dieser jungen lyrischen Gattung immanent ist. Entscheidend für die Bewertung ist, dass der künstlerische Vortrag performative Elemente und absichtsvolle Selbstinszenierung enthält.

Prof. Dr. Klaus Wolf bei der Eröffnung des 3. Literarischen Salons am 5. Mai 2016

Die Schirmherrschaft über den Salon hatten die stellvertretende Bundestagspräsidentin Claudia Roth, MdB, sowie die Hausherrin Ursula Fürstin Esterházy. Claudia Roth unterstrich in ihrem Grußwort die Bedeutung der Slam-Poetry als eigene literarische Strömung.

Grußwort der Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, MdB

Der Slammer und Moderator der Veranstaltung, Hanz aus Ludwigsburg, erläuterte den Besuchern den Ablauf und die Regularien dieser modernen Form des Poetenwettstreits.

So müssen die vorgetragenen Texte selbstverfasst sein. Die Dichter dürfen keine Requisiten, Kostüme oder Musikinstrumente verwenden. Auch Überschreitungen des Zeitlimits sind untersagt.

Für die Bewertung der Vorträge gibt es mannigfaltige Modi, die von einer Jurybewertung bis zur direkten Abstimmung des gesamten Publikums reichen. Da es sich bei der Veranstaltung am 5. Mai 2016 um eine Poetry-Slam-Revue handelte, entfielen Wertung und Preisvergabe.

Der Slammer Hanz aus Ludwigsburg erläuterte den Ablauf

Die Slammer Hanz aus Ludwigsburg, Andreas Rebholz, Wolfgang Heyer und Dietmar Wielgosch traten jeweils einzeln auf. Max Kennel und Jonas Meyer bildeten zusammen das „Lumpenpack“ und trugen ihre Gedichte in Liedform mit musikalischer Begleitung vor.

Das „Lumpenpack“ tritt meist in einer separaten Kategorie an, da Musikinstrumente beim klassischen Poetry-Slam nicht erlaubt sind.

Alle Künstler wurden für ihre Beiträge mit viel Beifall bedacht.

Max Kennel und Jonas Meyer als das Lumpenpack trugen ihre Werke musikalisch vor

Von den Solokünstlern gibt es Videomitschnitte auf dem YouTube-Kanal des Vereins Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten. Der Kanal ist unter nachstehendem Link erreichbar.

https://www.youtube.com/channel/UCMY3hdmHF09jVewD9-hUKLg

Alternativ sind die Videos auch über die abgebildeten QR-Codes mit dem Smartphone abrufbar.

Wolfang Heyer bei der Darbietung seines Textes

Andreas Rebholz bot seinen Text als rhythmischen Sprechgesang dar

Dietmar Wielgosch meldete sich aus dem Publikum und erzählte aus der fiktiven Oper „Lodengrün“

Zum Abschluss des Literarischen Salons dankte Prof. Dr. Wolf den Künstlern für ihre Darbietungen.

Die Veranstaltungsform des Poetry-Slams existiert seit etwa 30 Jahren und spricht insbesondere ein junges Publikum an. Prof. Dr. Wolf betonte, dass sich daraus die Notwendigkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit dieser modernen Form der Lyrik ergebe. Der Verein Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten wird sich dieser annehmen.

Für die Zukunft sind regelmäßige Poetry-Slams auf Schloss Edelstetten geplant.

Der chinesische Saal auf Schloss Edelstetten war bis auf den letzten Platz gefüllt

Johann Deil wurde 1990 im schwäbischen Krumbach geboren und legte 2009 das Abitur am Weißenhorner Nikolaus-Kopernikus-Gymnasium ab. Nach dem Zivildienst an der Weißenhorner Kreisspitalstiftung studierte er Mathematik und Physik an der Universität Augsburg. Er ist wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Experimentalphysik II der Universität Augsburg.

Claudia Roth

Grußwort am 5. Mai 2016 in Edelstetten

Lieber Professor Klaus Wolf,sehr geehrte Fürstin Esterházy,liebe Poeten, Damen und Herren, Freundinnen und Freunde des Poetry-Slams, Junge und Junggebliebene,lieber so geschätzter und bewunderter Hanz – der heute die Slam-Revue mastern – also moderieren wird,

Hanz – liebe Anwesende – ist ein ganz großer Meister dieses wunderbaren Fachs – das Literatur wiederentdeckt und Poesie wiedererweckt hat – und ihm eine ständig wachsende Fangemeinde beschert.

Auch mich hat er seit Jahren voll erwischt – Horst Thieme sei Dank – dieser DichterInnenwettstreit. Sie werden es erleben dürfen – die Magie –

wenn Worte Klänge und Bilder erzeugen – schmeichelnd wie die zarte Perlenkette

leidenschaftlich mitreißend wie der gewaltige Wasserfall!

wenn Sprache einen neuen Sound kreiert

wenn Poesie so echt, so authentisch, so ungekünstelt, so unaffektiert daherkommt

so unmittelbar wirkt

wenn Poesie das Herz berührt und den Verstand inspiriert!

Ich freue mich sehr auf diese geballte Ladung an Wortkraft – an Wortakrobatik könnte man sagen – freue mich auf junge Frauen und Männer, die wissen, welche Begeisterung sie auslösen können und welche unbändige Kraft ihre eigenen Gedanken, gekleidet in ihre eigenen Worte, haben.

Und diese Kraft brauchen wir doch so sehr – in einer Welt, die in Unordnung geraten ist, wo einem manchmal die Worte fehlen, wenn ich sprachlos werde angesichts des Elends und Leids – auch mitten in Europa. Diese kluge – mutige – laute Gegenkraft brauchen wir, weil sie ein Gegenmittel ist zum Gift der Verbalattacken und dem entgrenzten Hass, der sich immer mehr verbreitet – ich weiß, wovon ich spreche.

Der Poetry-Slam ist darauf beste Antwort, der Soundtrack der Demokratie, die Nationalhymne eines bunten – vielfältigen Deutschlands in einem – in unserem offenen Europa.

Der Poetry-Slam integriert und spaltet nicht

er holt uns rein und grenzt nicht aus

er mischt sich ein und hält sich nicht feige raus

er zeigt Haltung und Solidarität

er macht Mut und Lust auf ein gutes Leben

er stellt den Menschen in all seiner Individualität in den Mittelpunkt.

Der Poetry-Slammer will sagen, was er sagen will: sagt: Ich will ich sein – anders kann ich nicht sein!

Da war das Lebensmotiv eines großen Poetry-Künstlers – Rio Reiser.

Heute – bei der sehr spannenden Premiere – der schwäbischen Poetry-Revue – können wir anknüpfen an die Kunst eines großen Wortpoeten aus unserer Heimat – an Bert Brecht – der sich mit Sicherheit sehr wundern würde – dass der Poetry-Slam jetzt schon das Literaturschloss erobert hat!

Ich wünsche Ihnen eine genussvolle Revuealle Sinne auflassen Sie sich überraschen und berühren von schwäbischer Poetry

Claudia Roth ist seit dem 22. Oktober 2013 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Sie widmet ihr besonderes politisches Engagement unter anderem den Menschen- und Bürgerrechten. Außerdem setzt sich Claudia Roth für Minderheiten und den Klimaschutz ein und spricht sich immer wieder gegen Rassismus und Ausgrenzung aus. Die sowohl kulturell als auch literarisch interessierte Politikerin studierte Theaterwissenschaften und war auch als Dramaturgin tätig. In den 80er Jahren war sie Managerin der Band „Ton Steine Scherben“ um Rio Reiser. Claudia Roth ist gerne bei Poetry-Slam-Veranstaltungen zu Gast, so auch bei den deutschsprachigen Meisterschaften im Jahr 2015, die in Augsburg ausgetragen wurden.

Hanz

Wein-/Käseprobe

Als mir meine Freundin neulich vorschlug, einmal wieder etwas Kulturelles zu unternehmen, sagte ich spontan: „Poetry-Slam?“ Wir mussten beide lachen. Also meldeten wir uns kurzerhand bei der örtlichen Wein- und Käseprobe an, von der meine Eltern immer erzählen.

Wir finden uns zum angegebenen Zeitpunkt an Jacque’s Weindepot ein. Um seinem Laden einen jugendlichen Touch zu verleihen und nicht mit dem Untertitel „erlesene Weine“ in der Masse der Weinhandlungen unterzugehen, prangt über dem Eingang auf großem Schild der Firmenname: „Why not?“

Der offizielle Beginn ist erst in 10 Minuten, es bleibt also genügend Zeit, sich die anderen einmal anzuschauen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir den Altersschnitt um 15 Jahre drücken. Viele kennen sich und beäugen uns skeptisch. Ich komme mir ein bisschen vor wie beim Herrensauna-Tag – außer, dass diesem Event fast ausschließlich Pärchen beiwohnen.

Wir werden in den Gewölbekeller geführt.

„Jetzt will der uns bestimmt auch einlagern, haha“, versucht einer, die Stimmung zu heben. „Bernd!“, sagt seine Frau und schämt sich ein bisschen.

Mittfünfzigerhumor hat manchmal so etwas Verzweifeltes. Ich frage mich dann immer, ob ich auch mal so werde. Meine Freundin schaut mich warnend an. Der Gastgeber, ein studierter Sommelier, bedeutet uns, Platz zu nehmen.

„Zu Beginn haben wir einen 2006er Pinot Noir, dazu passend ist der Roquefort aus Aveyron.“ – „Das kenn’ ich! Da steht doch diese Brücke! ‚Sur le pont d’Aveyron…‘“ – „Bernd!“, sagt seine Frau und schämt sich ein bisschen.

Die anderen Gäste sind, im Gegensatz zu Bernd, nett ausgedrückt, „verhalten“. Man könnte auch sagen, dass einen die Abholzung des Regenwaldes nicht wundert – irgendwoher müssen die ganzen Stöcke ja kommen, die sich die meisten hier in die Anatomie geschraubt haben.

Diese Zurückhaltung sollte sich aber noch ändern, denn einen Spucknapf für den degustierten Wein gibt es zwar, wir sind aber, abgesehen vom Sommelier, alle Schwaben und die Weinprobe ist bezahlt. Also wird das auch getrunken! Deshalb beginnen nach dem vierten Wein langsam alle, etwas aufzutauen. Da gibt es Joachim und Beate. Er hatte ihr die Verkostung zum 17. Hochzeitstag geschenkt. Ob er vorher wusste, dass sie weder Wein noch Käse mag und ihm bei jedem neuen „Gang“ beides verstohlen zuschiebt, weiß ich nicht, er ist jedenfalls als erster gut drauf und lacht immer verstörend laut über Bernds Sprüche.

Neben den beiden sitzen Claudia und Thomas. Sie sind Mitte 30 und scheinbar frisch verliebt. Jedenfalls bekommen sie nicht sonderlich viel vom Abend mit, weil sie die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigt sind und sich gegenseitig Camembert von den Nasenspitzen lecken. Gleichzeitig. Ich kann jetzt auch nicht so genau sagen, wie das funktioniert. Ist mehr so ne 69er-Stellung mit dem Gesicht. Ich glaube, sie dringen dabei mit den Zungenspitzen auch ganz leicht in die Nase des Anderen ein.

Aktuell steht ein Weißwein vor uns: „Der Rivaner hier passt hervorragend zum Ziegenkäse, den Sie links unten auf Ihrem Teller haben.“ – „Ha! Mit kessen Ziegen kenne ich mich aus, hehe.“ – „Bernd!“, sagt seine Frau und schämt sich ein bisschen.

Einige erstaunte „Aahs“ und „Mhm, was sagst du Schatz? Die Kombination mundet uns, nicht wahr?“, oder „Herzallerliebst, dieses Bouquet! Es entfacht ein Feuerwerk am Gaumen, diese leichte Note von Anis und dann der Abgang! Ha! Den notiere ich mir. Da erwerbe ich anschließend direkt eine Kiste. Fein, fein, fein“, füllen den Raum. Begleitet von einem „Merke! Finger weg vom Alkohol, hahaha!“ – „Bernd!“, sage ich und schäme mich ein bisschen.

Auf den Tellern befinden sich mittlerweile noch zwei Stücke Käse und wir sind beim neunten Wein angelangt. „Der nächste ist etwas ganz besonderes“, sagt unser Reisegruppenleiter, wie ich ihn fortan nenne. „Ein Pietra Pura Mandus von 2009, das ist ein Primitivo di Manduria.“

„Wow, Primitivo di Manduja. Was Besonderes!“, äfft Joachim ihn nach und schiebt sich die beiden Käsestücke seiner Frau rein.

Der Abend beginnt, etwas aus dem Ruder zu laufen. Bernds Frau versucht, ihren Mann zu beruhigen, Thomas ist auf etwas Hartes in Claudias Nase gestoßen und ich habe mir aus irgendeinem Grund meine Hose ausgezogen. Vermutlich, weil Bernd Flaschendrehen initiiert hat. Jetzt zeigt der Flaschenhals auf Thomas. Er entscheidet sich für „Wahrheit“ und wird vom Reisegruppenleiter gefragt, ob er die Telefonnummer der heißen Brünetten haben könne, die er letzte Woche dabei hatte. Claudia geht. Nachdem sie weg ist, sagt der Sommelier zu uns anderen: „Aaaah! Witzig, oder?! Ich hab’ den Typen noch nie gesehen! Ups.“

Alle lachen. Außer Thomas. Der letzte Wein steht an. Der Reisegruppenleiter, der eigentlich noch nüchtern ist, weil er als Einziger den Spucknapf benutzte, stellt sich in die Mitte und schenkt reihum ein wie Butler James in „Dinner for One“.

Er sagt auch gar nichts mehr dazu. Wir kippen ihn einfach runter, Bernd hat noch nicht genug und trinkt den Spucknapf aus.

Auf dem Nachhauseweg stelle ich fest, was für ein abstruser Abend das war, melde mich direkt für nächste Woche zum Whiskyseminar an und sage, dass ich das auf jeden Fall in einem Text festhalten werde. „Hanz!“, sagt meine Freundin und schämt sich ein bisschen.

Hanz kommt aus dem Stuttgarter Raum und tritt seit dem Jahr 2008 als Slam-Poet auf. Mittlerweile kann er auf über 900 Auftritte zurückblicken. Er moderierte außerdem mehr als 300 Veranstaltungen, darunter nicht nur Poetry-Slams, sondern auch zahlreiche andere Wettbewerbsformate sowie Preisverleihungen, Podiumsdiskussionen und Galaveranstaltungen.Darüber hinaus leitet Hanz seit dem Jahr 2009 regelmäßig Poetry-Slam-, Schreib- und Performance-Workshops an Schulen und in anderen Einrichtungen. Auch an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und an der Universität Landau dozierte Hanz zum Thema Poetry-Slam.Der vielfach engagierte Slam-Master ist Gründungsmitglied verschiedener Lesebühnen und brachte im Jahr 2011 sein erstes Buch mit CD heraus.

Wolfgang Heyer

Schwäbisch für Einsteiger

Willkommen im Land,wo d’r Bartel de Moscht holetund’s Weib de Toig rolletwo der Schwabe aus der Masse sticht,weil er halt kein Hochdeutsch spricht.

Sagt man in der Hochsprache „gelaufen“, hoißts auf schwäbisch glatscht,es wird auch nicht „geredet“, s wird halt gratschtes wird nicht gesucht, s wird kruaschtletEs wird nicht gerannt, s wird gfuasletEs wird nicht gedrückt, s wird dätschtEs wird nicht gefallen, s wird bätschtEs wird nicht geklebt, noi schwätz koin Bepp,frog doch de Müller Sigi oder de Mayer SeppEs wird zwar gearbeitet, aber do wird buckletEs wird nichts verschüttet, s wird ebs versucklet

Es wird nicht geklingelt, s wird klopftUnd beim Essa isch wichtig, dass es stopftDarum wird bei uns älles äll bot in a Briah neidunkt,da wird also selbst Suppe noch in Soße getunktJo, mir Schwoba traget de Rantze nicht auf dem Rücken, sondern hüftbreit an der Front Je mehr desto besser, denn das zeigt, dass mir was drauf hont.

Auf Schwäbisch wird tanzt mit Jucker und Hopserein dreister Dieb hoißt bei uns oifach MopserUnd selbst das Auto streichelt de Schwob am Dächleund nennts liebevoll „mai heilix Blechle“.

Die Tasche hoißt Guggel,der Rücken hoißt BuckelDie Kleidung hoißt HäsZum vespre gibt’s Käs

Anderorts trinken die Menschen Sekt bei KerzenlichtIm Schwobaländle hont Leit halt an Zoiger em GsichtJa, wir trinken nicht einfach – Noi, mir bechret oin weg.Und wenn uns ebbs richtig guat gfällt, no sage mer: Jo leck.

De Schwäbische Dialekt klingt oifach besser, des isch en KracherDes wisser me ja it erscht seit dem Müsli von SeitenbacherBeispiel: Klingt das Liebesspiel auf Hochdeutsch irgendwie verdrecktwird auf schwäbisch halt gmauset und beim Küsse mol gschleckt

Beim Hochzeitsantrag geht de Schwob auf Knui und frogt dann ganz heimlich und still:Würdescht Du mi welle, wenn i di au will

Auch die großen Zitate der Menschheit, die jeder kennt und schätzt,wirken erst richtig, wenn man sie auf schwäbisch übersetzt:„Houston, wir haben ein Problem“ lautet durch den Schwäbischen DrehObacht Karle, ma kennt moina do isch ebs hee Oder Albert Einsteins „alles ist relativ“, siehe daWird zu: „Ach rutsch mer doch de Buckel ra“

Für „Carpe Diem, nutze den Tag“ hot de Schwob sogar a oignes Sprichwort paratUnd so saget Männer, wie au d Fraua„schaffe, schaffe, Heisle baua“

Und wenn der große Dichter Ede Ka sagt, es sei „supergeil“ und „einfach gut“dann schweigt de Schwob, weil „nix gsagt isch globt gnuag“

Warum wir so teuflisch sein können und uns nicht zusammenraufen?vielleicht weil wir in Bäckereien unsere Seelen verkaufen!

Mäuse sind Mäusla, En Hahn isch en GockelZiege sind Goisa und a bled Sau isch en JockelWenn en Schwob gfrogt wird, was für a Viech ihm am ähnlichschte isch, also Hund, Maus oder Stier no antwortet de Schwob: „I bin a Arbeitstier“