Der Seelendieb - Mary Bathory - E-Book

Der Seelendieb E-Book

Mary Bathory

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Beschreibung

Der Dämonenbeschwörer Nathaniel bekommt einen besonders heiklen Auftrag: Er soll, gemeinsam mit seinem Zirkel, den Mann aufhalten, der ihm einst das Herz gebrochen und sie alle verraten hat. Zu ihrem Schutz beschwört er den listigen Dschinn Ghazavijel. Doch dieser ist ganz anders als erwartet: frech, eigensinnig und genauso willig, Naths Seele zu heilen ...

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Mary Bathory

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2015

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com/

Bildrechte:

© Orla – shutterstock.com

© rdgraphe – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-945934-10-4

ISBN 978-3-945934-11-1 (epub)

Inhaltsangabe

Der Dämonenbeschwörer Nathaniel bekommt einen besonders heiklen Auftrag: Er soll, gemeinsam mit seinem Zirkel, den Mann aufhalten, der ihm einst das Herz gebrochen und sie alle verraten hat. Zu ihrem Schutz beschwört er den listigen Dschinn Ghazavijel. Doch dieser ist ganz anders als erwartet: frech, eigensinnig und genauso willig, Naths Seele zu heilen ...

 Für Tisa!

Meine Schwester, die immer für mich da ist ...

Der Seelendieb

Der Ort war finster und modrig. Die Ecken stanken nach Dreck und Verfall, doch es war ein sicherer Platz, um die Beschwörung zu vollziehen. Hier gab es kein Fenster, kein Sonnenstrahl drang herein, obwohl draußen helllichter Tag war. Abfall lag unbeachtet nahe den geschwärzten Wänden, darunter Plastiktüten, tote Ratten und Zeitungen, eine davon mit der verschmutzten Titelschrift Namenloser Mann erhängt am Flughafen aufgefunden.

Der Raum war groß genug, um einen kleinen Nachtclub daraus zu machen, und in seiner Mitte standen fünf pechschwarz gekleidete Gestalten, die einen Kreis bildeten, die Hände etwas abseits des Körpers mit den Handflächen nach oben hielten und unheilige Formeln murmelten. In den Boden waren Linien aus glutrotem Pulver gezogen worden, sie bildeten ein Pentagramm mit fremdartiger Beschriftung. Der tiefe Sprechgesang hallte an den feuchtkalten Steinwänden wider und erweckte eine beinahe greifbare Spannung, welche die Luft zum Vibrieren brachte. Nicht lange dauerte es, da hoben sich ihre Stimmen an, ihre Lippen bewegten sich schneller und ein widerlicher Schwefelgestank erfüllte die unmittelbare Umgebung. Plötzlich stieg Rauch in ihrer Mitte auf, verdichtete sich zu festem Nebel und kreiste um den steinernen Altar, auf dem ein nackter Körper, bar allen Lebens, gebettet lag. Die formlose Gestalt schwebte um ihre Opfergabe, tastete sie mit unsichtbaren Fingern ab – und verschmähte sie.

Die fünf Beschwörer beobachteten dies mit Erstaunen, einer von ihnen runzelte unter seiner Kapuze die Stirn und öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, verschwand das Rauchwesen und sie alle verharrten perplex.

„Was ist schief gelaufen?“, fragte jemand.

Der, der noch die Stirn kraus zog, atmete tief ein und aus, ehe er mit dunkler Stimme eine Antwort gab. „Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden. Wir haben ihn gerufen, also muss er sich einen Körper nehmen. Ich werde ihn suchen.“

*

Ghazavijel Xaruel schwebte ungesehen durch den verendenden Tag, über Dächer und Menschen hinweg. Pah! Mit den Lebenden konnte er nichts anfangen, er nahm sich keine Körper, die schon von einer Seele besetzt waren. Er hasste es, zu streiten, also streckte er seine Fühler aus und suchte nach verlassenen Leibern. Ghazavijel durchforstete Leichenschauhäuser und Friedhöfe. Immerhin musste er für unabsehbare Zeit mit dem Körper zurechtkommen. Unermüdlich suchte er weiter und kam schließlich zu einem Leichenwagen. Ein grobschlächtiger Mann verlud die Leblosen wie Frachtware. Ghazavijel musterte sie und endlich, endlich fand er einen idealen Körper. Er war zwar gesäubert, aber verwahrlost, doch mit ein wenig Pflege und etwas seiner Essenz würde er perfekt sein.

Als könnte ihm jemand seine Beute streitig machen, stürzte er sich auf den Leichnam, breitete sich in seinem neuen Zuhause aus, ließ seine Energie in jede Ader, jeden Muskel und jede Zelle fließen. Der Blutkreislauf begann wieder zu arbeiten, was zuerst schmerzhaft, aber dann wunderbar belebend und erfrischend war. Das Herz begann zu schlagen, die Lunge holte krampfhaft Atem. Er öffnete seine neuen Augen und sah nichts als Schwärze. In ihm funkelte eine Erinnerung, Ghazavijel ließ sie zu.

Das Getümmel und der Lärm des belebten Flughafens wurden leiser, als er die Toilette betrat. Er war gerannt, aber sein Atem beruhigte sich schnell wieder, als er mit den Händen den Rand des kalten Waschbeckens umklammerte und sich selbst im Spiegel erblickte. Sein Bart kratzte, da er auf der Flucht nur wenige Möglichkeiten zur Körperpflege gehabt hatte, außerdem war die Haut wächsern vor Erschöpfung und seine dunklen Augen waren von tiefroten Ringen umrandet. Sein Herz pochte wild gegen die Brust, was ihn daran erinnerte, dass sein Leben ihm gehörte und niemandem sonst. Und das würde er den anderen klar machen. Heute. Jetzt. Niemand würde Informationen über Beta aus ihm herauspressen.

„Alles in Ordnung?“

Der Fragende erhielt lediglich einen kurzen Seitenblick und ein forsches „Nein!“, woraufhin er zurückzuckte und ihnallein ließ.

Darauf hatte er gewartet, was bei dem regen Betrieb hier schwer genug war. Um sicher zu gehen, nicht gestört zu werden, verrammelte er die Tür mit einem Draht, den er bei sich trug, bevor er sich daran machte, seinen Plan durchzuführen. Er zog seinen Gürtel aus der Hose und sah zur Decke, wo er etwas Passendes fand. Manche behaupteten, Selbstmord sei feige; sie irrten sich. Sein letzter Gedanke galt den Feinden und ein Grinsen verzerrte das Gesicht, bevor sein Gewicht auf seine Kehle drückte.

Reflexartig wollte Ghazavijel an seinen Hals greifen, aber er konnte sich nicht ausreichend bewegen. Dieser verdammte Plastiksack!

Er tastete nach der Öffnung und riss den Reißverschluss hastig auf. Der Arbeiter war nicht in Sicht, also nutzte er die Gelegenheit, um zu verschwinden. Schnell wurde sein Gang geschmeidiger und es war, als hätte er nicht die letzten Jahrhunderte im dunklen Schlund verbracht. Nicht so, als wäre er tatsächlich die letzten dreihundert Jahre eine körperlose Entität im Höllenkreis gewesen. Soweit lief alles prächtig. Zufrieden mit seiner Wahl atmete er die laue Abendluft ein und blickte zum klaren, dunkelblauen Himmel auf. Jetzt musste er nur noch ein Bad nehmen oder eine Dusche – inzwischen gab es ja so etwas, solche Informationen nahm er sich aus der körperlichen Erinnerung des besetzten Menschen. Die Erinnerungen der Seele und die des Geistes waren allerdings fort, somit hatte er keine Ahnung, wie der Mann gewesen war, als er gelebt hatte. Aber wen interessierte das? Irgendwie musste er an Geld kommen. Oder er machte sich seinen Charme zu Nutze. Und danach musste er dringend seinen Meister kontaktieren. Wie weit war er wohl suchend durch die Länder und Städte geflogen? Egal, er würde ihn schon finden, schließlich fühlte Ghazavijel durch ihre Verbindung vage, wo er sich befand.

Nach reiflicher Überlegung und einem Spaziergang durch die Straßen entschied er sich dafür, an Geld zu kommen, indem er seine flinken Finger benutzte und Passanten versehentlich anrempelte. Egal ob im Mittelalter oder im 21. Jahrhundert, die Leute erlagen stets einem geschickten Dieb. Auch die reizende Dame am Empfang eines Nobelhotels gab ihm trotz seiner abgewetzten Erscheinung und dem Todesgeruch ein Zimmer, als sie sein Geld sah. An den Privilegien schien sich also ebenfalls nichts geändert zu haben.

Die Suite war recht geräumig, vergoldete Leuchter erhellten die Räumlichkeiten mit ihrem warmen Licht. Zumindest wirkte es warm, Hitze spendete es nicht wirklich. Er warf seinen Mantel unachtsam auf einen der Stühle, die an einem kleinen Rundtisch standen, auf dem eine Obstschale, Wein mit zwei Gläsern und ein Block mit Kugelschreiber lagen, und trat anschließend auf den langen Balkon. Die Nacht hatte ihren Schleier über die Stadt gelegt und auch wenn keine Sterne am Himmel leuchteten, so sorgten die Menschen doch für ihre eigenen Sterne, bestehend aus Laternen, Reklameleuchten und Ähnlichem. Tief atmete er die Luft ein, die so viele Stockwerke oben deutlich frischer war, und lächelte glücklich. Eine Weile ließ er die Ruhe auf sich wirken, bevor er wieder hineinging und sich ins Bad begab, wo er sich entkleidete und in einem mannshohen Spiegel betrachtete. Ja, er hatte nicht schlecht gewählt. Der Körper war etwa eins achtzig groß, schlank und athletisch, mit wohlproportionierten Muskeln. Besonders gefielen ihm die langen Beine und schmalen Hände, so etwas war ihm wichtig, auch wenn er nicht wusste, warum. Ghazavijel suchte im Schrank über dem Waschbecken und fand tatsächlich einen Rasierer, mit dem er sich sogleich daran machte, sich von diesem Bart zu befreien. Zum Schluss wusch er sich den Schaum fort und betrachtete sich erneut im Spiegel. Hohe Wangenknochen, ein leicht spitz zulaufendes Kinn, eine schmale Nase und gleichmäßige Augenbrauen. Dunkle lange Wimpern umrahmten Augen, die durch seine Besetzung pechschwarz geworden waren. Davor mussten sie schon zumindest dunkelbraun gewesen sein. Irgendwann zwinkerte er sich zu, zwang sich dann, sich abzuwenden und unter die Dusche zu steigen. Vor Erleichterung stöhnte Ghazavijel auf, als die Wassertropfen auf seine Haut trafen und das Duschgel all den Schmutz in den Abfluss rinnen ließ. Ein Geruch nach Honig breitete sich aus, was ihn spöttisch grinsen ließ. Der süße, unschuldige Duft passte so gar nicht zu seiner wahren Natur.

Nach etwa zehn Minuten drehte er das Wasser ab, verzichtete auf ein Handtuch, um sich zu trocknen, ging schnurstracks zum Telefon, das im Schlafzimmer auf dem Nachttisch neben dem großen Doppelbett stand und wählte die Nummer der Rezeption.

„Hallo“, sagte er mit samtener Stimme, die ihm auch sehr gut gefiel. „Wäre es möglich, jemanden herzuschicken, der mir Kleidung verkaufen könnte? Eine komplette Garnitur mit Unterhose, Jeans und Hemd?“ Immerhin hatte er keine Lust mehr, wieder in dieselben Sachen zu steigen, in denen er erwacht war.

Tatsächlich schickte die Frau jemanden hoch und das gestohlene Geld reichte für seine Zwecke aus. Zumindest vorerst. Erst gegen Mitternacht ließ er sich ins Bett sinken und obgleich er nicht müde war, genoss er die Kissen.

Hier war er also. In dieser Welt und mit diesem Körper. Nur seinen Meister musste er noch finden. Das eilt ja nicht, dachte Ghazavijel und streckte sich aus.

*

Nath verließ mit einem schweren Seufzen den Zug, der soeben quietschend im Bahnhof gehalten hatte. Wie er Menschenmengen verabscheute! Und nun musste er auch noch nach seinem Dschinn suchen. Diese Dämonenart war immer etwas eigenwillig, aber so etwas war ihm noch nie untergekommen. Die Beschreibung des Wesens im Daemonicum hatte perfekt geklungen: stark, doch nicht so bösartig und unkontrollierbar wie ein Ifrit und mit der Randnotiz Er neigt zu leichter Eitelkeit. Rang und Namen hatten Nath für die Aufgabe angesprochen, welche er ihm erteilen wollte – und jetzt das hier. Sechs ganze ermüdende Stunden hatte er im Zug verbracht, um total verspannt wieder auszusteigen und sich in eine Toilettenkabine zu begeben, in der er unbeobachtet seinen Suchzauber intensivieren konnte.

In der einengenden Kabine klappte er den Toilettendeckel herunter, setzte sich und holte seinen speziellen Kompass heraus. Die untere Scheibe sah mit ihren Himmelsrichtungen fast normal aus. Doch dann zog er eine Spitze heraus an der eine Schale angebracht war, so klein, dass sie der Becher einer Fliege hätte sein können. Alles natürlich aus Eisen, denn Dämonen konnten das Metall nicht gut leiden, womit das Risiko sank, dass einer das Gerät kaputt machte. Vorsichtig platzierte er das Messgerät auf seinen Knien und holte eine schmale Phiole aus seiner Manteltasche, in der eine tiefrote Flüssigkeit zu erkennen war. Vor seinem Aufbruch hatte er sich noch etwas Blut abgezapft. Damit konnte er das von ihm beschworene Wesen aufspüren. Nath gab einen winzigen Tropfen in die Schale und murmelte leise Formeln vor sich hin. Selbst wenn ihn jemand hören sollte, würde er sich keinen Reim darauf machen können, denn es war Altgriechisch und das verstand heute so gut wie keiner mehr.

Der Zeiger begann sich zu bewegen, zuerst nach links, dann nach rechts. Mit der freien Hand zog Nath eine Miniaturlandkarte hervor. Der Zeiger stockte und er starrte mit offenem Mund darauf, dann fluchte er. Das war immer noch eine halbstündige Autofahrt entfernt. Mürrisch räumte er alle Utensilien zusammen, nutzte eine Rolltreppe und verließ den Bahnhof. Draußen stieg er gerade in eines der wartenden Taxis, als sein Handy klingelte. Auf dem Display stand Quinn.

„Was ist?“, maulte er unfreundlich ins Telefon und konnte sich dabei gut vorstellen, wie der dürre Rothaarige zusammenzuckte.

„I-Ich wollte bloß fragen, wie’s läuft“, erwiderte Quinn entschuldigend. „War ja ganz schön blöd, dass der einfach so abgehauen ist.“

Nath setzte seine schwarze Sonnenbrille auf, die er so liebte. Am späten Nachmittag, wenn die Sonne sank, blendete sie jeden Spaziergänger genau ins Gesicht. Er wandte sich vom Fenster ab, gab dem Fahrer eine ungefähre Angabe, wohin er wollte, und sprach dann wieder in den Hörer: „Bringt nichts, sich darüber aufzuregen. Ich müsste ihn gleich haben.“

Der Wagen wurde bei einer roten Ampel langsamer und hielt an. Plötzlich stockte Nath und runzelte die Stirn, als ihm ein Geruch in die Nase stieg, der selbst in dieses schlechte Viertel mit all dem Müll auf den Straßen nicht gehörte und den wohl nur seinesgleichen wahrnehmen konnten.

„Halten Sie hier mal an“, bat er den Fahrer. Nath gab dem Mann das ihm geschuldete Geld, stieg aus und folgte seinem Geruchssinn in eine Sackgasse, in die keine Sonnenstrahlen kamen. „Ich muss auflegen, ich glaube, da ist was“, sagte Nath und beendete den Anruf, ohne auf eine Erwiderung zu warten.

Der Gestank nach Verwesung wurde zunehmend stärker. Am Ende der Gasse entdeckte er ein Bündel auf dem Asphalt, das er bei näherer Betrachtung unweigerlich als menschliche Leiche identifizierte. An sich war das in einer solch miesen Gegend nicht verwunderlich. Es gab genug Straßenbanden, die ihren Dreck nicht wegräumten, aber das war eindeutig nicht das Werk eines Menschen gewesen. Das Gesicht des Mannes war wächsern und aufgedunsen, die Augen starrten farblos ins Leere und genau diese Farblosigkeit bewies, dass die Seele dem Körper vorzeitig entrissen worden war. Das Hemd des Mannes hing in Fetzen und auf seiner Brust befanden sich eingeritzte Zeichen, die es einem Dämon erleichterten, die Seele zu stehlen. Etwas, das unter den wahren Dämonenbeschwörern verboten war und das Werk eines Seelendiebes sein musste. Ein solches Wesen in diese Welt zu locken war unvorstellbar, und doch war Nath nicht überrascht. Es bestätigte seine Vermutung.

Nach einer kurzen, gründlichen Untersuchung wandte Nath sich ab, marschierte zurück zum Taxi, das sogar gewartet hatte, und nahm sich vor, seinen Leuten später Bericht zu erstatten. Diese Leiche deutete darauf hin, dass sein alter Bekannter hier gewesen war. Aber warum? An das Beseitigen der Beweise hatte er offensichtlich nicht gedacht, doch Nath würde das sicher nicht für ihn übernehmen. Auch wenn die Leiche irgendwann gefunden werden würde, die Polizisten würden sich keinen Reim aus den Hinweisen machen können.

Er schob den Gedanken beiseite, jetzt musste er erst mal seinen Dschinn aufspüren, der für seine Mission von großer Bedeutung sein würde. In Gedanken versunken beobachtete er die an ihm vorüberziehenden Straßen und Häuser, bis das Fahrzeug anhielt.

„Hier ist der Park“, sagte sein Fahrer, also bezahlte Nath und stieg aus.

Scheinbar sorglos spazierte er den Kiesweg entlang, spürte dabei in sich hinein und suchte seinen Diener. Die Präsenz wurde stärker, er ging zielstrebig weiter, vorbei an den letzten Besuchern. Mütter mit ihren Kinderwagen traf er zu dieser Stunde nicht mehr an, dafür Leute auf dem Nachhauseweg und verwahrloste Penner. Gleich darauf schien der Dschinn so nah zu sein, dass Nath stehen blieb. Sein Blick traf auf ein Pärchen, das nicht weit entfernt miteinander plauderte. Eine blonde, hochgewachsene, junge Frau wickelte ihre Haare um den Finger und lächelte lockend. Der Mann ihr gegenüber musste Mitte zwanzig sein, mit rabenschwarzem Haar, einem weißen Hemd und dunkler Jeans mit Sportschuhen. Nath, der um die Eitelkeit des Dschinns wusste, nahm an, dass der Dschinn den Körper der Frau gewählt hatte. Als diese sich allerdings verabschiedete – nicht ohne ihrer neuen Bekanntschaft eine Telefonnummer zuzustecken – und sich entfernte, blieb das Gefühl der Bannung an dem gutaussehenden Mann hängen. Der blieb stehen wo er war, aber sein Blick war nun eindeutig auf Nath gerichtet und er musterte ihn unverhohlen von oben bis unten. Dann zeigten seine vollen Lippen ein verschlagenes Grinsen und er näherte sich gelassen mit den geschmeidigen Bewegungen eines Panthers auf der Pirsch.

In diesem Moment war Nath froh, dass er seine Sonnenbrille aufbehalten hatte und die getönten Gläser seine Überraschung über die gewählte Erscheinung verbargen. Immer noch lächelnd stand der Dschinn nun vor ihm und von so Nahem sah er sogar noch anziehender aus. Außerdem verströmte er einen Geruch von süßem Honig und Macht.

„Ghazavijel Xaruel?“, erkundigte sich Nath zur Sicherheit.

Ein Nicken. „Meister“, sagte sein Diener mit tiefer, samtener Stimme, die ihm durch Mark und Bein ging.

Nath packte seinen Dämon am Oberarm und zerrte ihn mit sich. Auf dem Weg hierher hatte er doch ein, zwei Häuser gesehen, die verlassen gewirkt hatten. Dort ließ es sich gewiss besser reden.

*

Langgliedrige, starke Hände führten ihn wenige Straßen weiter in ein verfallenes Gebäude. Letzte Sonnenstrahlen schienen durch das undichte Dach und erhellten eine verlassene Wohnung.

Als Ghazavijel seinen Meister erblickt hatte, war er gleich begeistert gewesen. Wie er dagestanden hatte, hochgewachsen, mit breiten Schultern, aber nicht zu muskelbepackt und ganz in Schwarz gekleidet, mit einem knielangen Ledermantel. Das Gesicht war markant, der Kopf kahl geschoren, wodurch man die Dämonenbanner-Tätowierungen gut erkennen konnte, die sich kontraststark von der helleren Haut abhoben. Er war eindeutig erbost über das Verschwinden seines Dämons, das hatte man gleich an dem verärgerten Stirnrunzeln und den zu einem schmalen Strich gepressten Lippen gemerkt. Und natürlich daran, wie er ihn anbrüllte, nun, da sie allein waren.

„Was zur Hölle fällt dir eigentlich ein?“, schrie sein Meister.

Ghazavijel schmunzelte immer noch, denn endlich nahm der Kerl seine zu dieser Stunde unnütze Sonnenbrille ab und intensiv grüne Augen zeigten sich. „Ich habe bloß getan, wie mir befohlen wurde“, behauptete er.

„Ich hatte einen Körper für dich bereitgelegt!“, rief der Beschwörer empört.

Er verzog das Gesicht. „Der war alt und hässlich.“

„Was interessiert dich denn das? Du bist ein formloses Wesen, welches sich einen Körper nimmt, um zu dienen. Wenn auch widerwillig. Und du bist so weit gereist, nur um eine Leiche zu finden, die deinen Ansprüchen gerecht wird?“

„Ja. Ansonsten ist das, als würdest du die ganze Zeit über einen widerlichen Anzug tragen und nicht ablegen können. Und jetzt muss ich sagen, ich bin zufrieden.“

Das traf allerdings nicht auf den Meister zu.

„Wie heißt Ihr eigentlich wirklich?“, fragte Ghazavijel neugierig.

„Das geht dich nichts an ...“ Nath wollte noch mehr sagen, doch sein Handy klingelte. Entnervt drückte er den Anruf zuerst weg, aber als es ein zweites Mal klingelte, nahm er ab. „Was?“

„Wie weit bist du, Nath?“ Es war eine Frauenstimme.

„Ich habe ihn und komme so schnell wie möglich zu euch.“

„Alles klar“, sagte sie. „Wir besprechen nachher alles.“ Sie legte auf, bevor er etwas erwidern konnte, und mit einem Schnauben schob er das lästige Ding zurück in seine Manteltasche.

„Nath“, sagte Ghazavijel triumphierend. „Ist das eine Abkürzung?“

Ein Zeigefinger stand dicht vor seiner Nase. „Für dich Meister!“, zischte Nath warnend. „Und ab sofort dulde ich keine Alleingänge mehr, es sei denn, ich befehle es dir ausdrücklich, verstanden?“

„Selbstverständlich.“

Einen Moment lang betrachtete Nath ihn noch, dann seufzte er. „Schöner Körper, pah! Komm, wir gehen. Und keine Faxen!“

Sie machten sich daran, das Haus zu verlassen, da hörte Ghazavijel Schritte und schon stellte sich ihnen unerwartet jemand in den Weg. Der Mann trug einen Anzug, seine teuren Schuhe glänzten poliert und er schien überhaupt nicht in die staubige Umgebung zu passen. Weitaus weniger ordentlich gepflegt wirkte die Pistole, mit der er auf sie zielte. Mit funkelnden Augen sah er Ghazavijel an.

„Nicht so schnell! Wusste ich’s doch!“, zischte er triumphierend. „Keine Ahnung, wie du das gemacht hast, aber ich werde meinen Profit aus der Sache ziehen, da kannst du dir sicher sein.“

„Hast du bereits Freunde gefunden?“, fragte Nath.

„Der gehört nicht zu meinen Bekanntschaften“, sagte Ghazavijel.

Der Eindringling zuckte mit dem Kinn in Naths Richtung. „Wer ist er? Jemand, der dich schützt?“ Er hob den Pistolenlauf an und der gedämpfte Knall eines Schusses ertönte.

Doch er traf nicht. Mit angespannter Miene stand Nath im Raum, vor ihm Ghazavijel, der die Kugel mit seinem Körper abgefangen hatte. Das Geschoss steckte tief und brannte wie ein Höllenfeuer. Nur langsam verging der Schmerz und die Blutung stoppte, aber sein Hemd war ruiniert. Dramatisch stöhnte er. „Das war von Armani“, informierte er und blickte zornig auf den verdutzten Gegner.

Wahrscheinlich aus Panik zuckte sein Finger und er schoss erneut. In der nächsten Sekunde war Ghazavijel bei ihm, packte sein Handgelenk so fest, dass der Mann aufschrie, und riss ihn hoch, bevor ihm ein Knie in die Weichteile gerammt wurde. Ächzend krümmte sich der Mann zusammen, dann wurde er mit Leichtigkeit gegen die nächste Wand geschleudert, von der er abprallte und mit einem letzten Stöhnen regungslos am Boden liegen blieb.

„Was sollte das denn?“, fragte Nath aufgeregt.

Ghazavijel zuckte lediglich mit den Achseln, ratlos, aber unbesorgt. „Vielleicht steht er unter Drogen?“

Nath schien nicht überzeugt. „Mit solchen Schuhen in dieser miesen Gegend?“

„Soll ich ihn ganz erledigen?“, fragte Ghazavijel sachlich.

Nath verzog das Gesicht. „Meinesgleichen hat nach dem großen Nekromantenkrieg einen Ehrenkodex geleistet. Der besagt, dass wir nur im äußersten Fall töten. Im Moment sehe ich keinen zwingenden Grund dazu, besonders, da wir in Kürze die Stadt verlassen.“

Damit war Ghazavijel zufrieden. Ohne einen weiteren Blick auf den Bewusstlosen zu vergeuden, verließen sie die Gegend mit einem Taxi.

Wie ein Kind saugte er die vorüberziehende nächtliche Aussicht in sich auf, fasziniert von den Fortschritten der mickrigen Menschen, immer einen Schritt näher ihrem Untergang entgegen. Neben sich vernahm er den beschleunigten Herzschlag seines neuen Meisters. Der schien ein schlecht gelaunter Mann zu sein. Mit ernster Miene sinnierte er ständig über Probleme, die es zu lösen galt. Er sollte sich mal entspannen, fand Ghazavijel und überlegte, wie er wohl aussah, wenn er lächelte. Die grünen Augen gelöst, seine vollen, festen Lippen weich und nachgiebig. Der Gedanke gefiel ihm und er heckte einen vergnüglichen Plan aus, der seine Laune gewaltig hob.

Als das Auto anhielt, fand er sich an einem dieser sogenannten Bahnhöfe wieder.

„Wohin geht’s?“, fragte er.

Nath schulterte seine wenigen Habseligkeiten und ging voraus. „Wirst du noch sehen“, erwiderte er grob. Seine Stimme besaß einen dunklen, rauen Klang, sehr angenehm, wenn er freundlicher wäre. „Du hast mehrere Stunden Zeit, darüber zu rätseln.“

„Weshalb fliegen wir nicht, wenn wir es so eilig haben?“

„Weil wir mit dem Zug fahren“, antwortete Nath zähneknirschend, schon wieder gereizt. „Ich bin damit hergekommen und habe zwei Tickets zurück.“ Er zeigte auf die leuchtende Anzeigetafel und hatte gleich gefunden, wonach er suchte. „Er fährt gleich ab. Komm schnell!“

Auch zu der späten Stunde herrschte hier reger Betrieb und ständig waren Leute mit ihrem Gepäck im Weg. Trotzdem erreichten sie den Zug rechtzeitig und zogen sich eilig in ein leeres Abteil zurück, die Türen wurden zugeschoben und die Vorhänge geschlossen.

Ghazavijel sank in die Polsterung der Rückenlehne. „Wir hätten auch morgen fahren können“, plauderte er. „Ihr Menschen braucht ja Schlaf und an Eurer Kleidung rieche ich, dass Ihr gerade erst angekommen seid. Ich hätte ein nettes Hotel gewusst.“ Er zwinkerte, aber der Mann ihm gegenüber blieb übellaunig.

„Ich kam nur her, um dich zu holen, nicht um Urlaub zu machen“, sagte er. „Und woher kennst du überhaupt ein Hotel?“

„Hab’ ein wenig Geld geklaut“, gab er zu. „Aber natürlich keine Karten, seid unbesorgt. Zuerst wollte ich nach Euch suchen, doch Ihr wart bereits auf dem Weg hierher.“

Nath schnaubte empört. „Es hat viel zu lange gedauert, dich aufzuspüren.“ Abrupt wechselte er das Thema. „Ich möchte mir deine Wunde ansehen. Muss die Kugel entfernt werden?“

„Hat da jemand Angst um seine Investition aus dem Limbus?“, meinte Ghazavijel neckend, wurde jedoch gleich wieder ernst. „Das Blei ist draußen und die Wunde verheilt gut. Je länger ich den Körper habe, desto besser verschmilzt er mit meinen Kräften. In wenigen Tagen wird mir so ein Angriff gar nichts mehr anhaben können.“

„Du hattest schon fast zwei Tage!“

Ghazavijel setzte eine beleidigte Miene auf. „Seid Ihr nicht zufrieden mit mir?“

„Weiß ich noch nicht.“

„Dann werde ich es Euch noch beweisen.“

Nath veränderte seine Sitzposition, wirkte aber immer noch angespannt, um seine Augen stand die Müdigkeit in leichten Schatten geschrieben. „Noch etwas“, setzte er hinzu. „Duze mich gefälligst. Das fällt sonst auf.“

„Alles klar. Ich finde Ihr ... du solltest schlafen, bis wir ankommen. Ich laufe auch nicht weg.“

„Ich bin nicht müde“, behauptete Nath.

„Pokerst du?“

Die Frage schien ihn zu überrumpeln. „Nein.“

Ein Nicken. „Gut, du kannst nämlich nicht bluffen.“

*

Gerade als sie aus dem Zug stiegen, klingelte Naths Handy. Wer rief denn mitten in der Nacht an? Er zog es entnervt aus der Tasche, doch als er die Nummer sah, veränderte sich etwas und sein Hallo war nicht ganz so unfreundlich wie das letzte Mal.

Neugierig lauschte Ghazavijel, während sie den Bahnhof verließen und zu einem Taxistand gingen.

„Hört sich toll an“, sagte Nath. „Wäre es am Wochenende möglich?“

Durch das Handy hörte Ghazavijel einen Mann. „Nein. Aber ich wäre jetzt in der Stadt. Wenn Sie kommen könnten ...“

Ghazavijel bemerkte, wie sich Naths Kiefer verkrampfte. Sie stiegen ins Taxi.

„Ich muss dann weiter“, fuhr der Fremde fort. „Ich weiß nicht, ob ich es noch habe, wenn ich wieder hier bin und Sie haben extra Kontakt aufgenommen. Ich dachte, da Geld für Sie kein Problem ist, gebe ich Ihnen den Vorzug ...“

„Schon gut“, kürzte Nath das Gespräch ab. „Wann und wo?“

„Jetzt gleich!“ Der andere Mann nannte ihm ein Café, das wohl vierundzwanzig Stunden geöffnet haben musste, und Nath legte auf.

Fragend sah Ghazavijel seinen Meister an, doch der ignorierte ihn, nannte dem Fahrer eine Adresse. Der Treffpunkt war nicht allzu weit entfernt.

„Bitte warten Sie!“, sagte Nath zu dem Taxifahrer. „Wir wollen anschließend weiter.“ Dann blickte er zu Ghazavijel. „Du bleibst auch hier.“ Er schlug die Autotür so schnell zu, dass Ghazavijel keine Widerworte geben konnte und enttäuscht sitzen blieb.

Er schob die Unterlippe vor und beobachtete seinen Meister durch die verglasten Wände des Cafés. Wenn das so weiterging und er nun ständig irgendwo warten musste ... Er stieß die Luft aus und kniff die Augen zusammen. Durch den Straßenlärm konnte er leider kein Wort hören, aber er sah, wie Nath auf einen alten Mann im Wollmantel zuging und ihm die Hand schüttelte. Der Fremde zog eine zerknitterte, braune Papiertüte hervor und gewährte Nath kurze Sicht auf den Inhalt. Daraufhin nickte Nath und zückte seine Brieftasche. Sie wechselten noch ein paar Worte und der Mann wurde nicht schlecht für die Tüte entlohnt. Das waren schon einige Scheinchen.

Ghazavijel hob die Augenbrauen, als sein Meister zurück ins Auto stieg und eine neue Adresse nannte. Zu gerne hätte er einen Blick riskiert, um zu wissen, worum es eigentlich ging, doch er hielt sich zurück und blieb während der Fahrt still.

Zu seiner Überraschung fand er sich mit seinem Meister in einem Vorort wieder, der kurz vor Sonnenaufgang recht düster wirkte. Das Haus mit seiner Eintönigkeit, der braunen Fassade und dem kleinen Garten passte irgendwie nicht zu Naths Beschwörertätigkeit. Auch im Inneren konnten Besucher keinerlei Verdacht schöpfen, dass hier etwas anderes vor sich ging als alltäglicher Stress. Die Möbel waren recht dunkel, wenige Teppiche zierten die Räume. Sie traten ins Wohnzimmer, wo eine Couch und ein Fernseher standen und wurden gleich von einem langen, schmalen Rothaarigen begrüßt. Er war ebenfalls schwarz gekleidet und hatte ein Augenbrauenpiercing. Wie ein Reh blickte er zuerst Nath und dann Ghazavijel an.

„Wow“, gab er von sich, offensichtlich von dessen Erscheinung überrumpelt. „Das ist er?“

Nath brummte nur als Antwort. „Sind die anderen da?“

„In der Küche“, sagte der Mann und deutete in die Richtung.

„Ghazavijel Xaruel.“ Ghazavijel reichte ihm die Hand. „Kannst mich ruhig Ghaza nennen. Und wer bist du?“

Sein Gegenüber zuckte verschüchtert zusammen. „Quinn“, brachte er schließlich hervor.

„Du bist der Nekromant dieser Truppe, nicht wahr? Das rieche ich.“

„Genau“, erwiderte Quinn. „Das Haus gehört mir, hier treffen wir uns meistens. Die Utensilien sind unten.“

„Und deine Eltern ...?“

„Sind nach Kanada ausgewandert und haben mir das Haus überlassen, als ich sechzehn war. Ich bin eigentlich hier geboren, aber meine Eltern waren schon immer sehr reiselustig.“

Ghazavijel schätzte ihn nicht älter als Anfang zwanzig, großzügig betrachtet. Als er das letzte Mal in der Menschenwelt gewesen war, waren Männer in diesem Alter oft bereits verheiratet gewesen. Ein Zirkel brauchte mindestens fünf Mitglieder, bestehend aus einem Beschwörer, der den Dämon in seiner Sprache anrief, indem er die Formel rezitierte. Diese Aufgabe übernahm zweifellos Nath. Dann gab es den Nekromanten, der den Weg frei machte, sodass die Essenz des gerufenen Wesens mit einer Leiche verschmelzen konnte; einen Banner, der dafür sorgte, dass der Dschinn gehorchte, und eine Hexe oder einen Hexer, die das Pentagramm zogen und die Energien im Auge behielten und lenkten, damit keine weiteren unerwünschte Gäste angelockt wurden. Zu guter Letzt bracuhte es noch einen Dämonologen, um den Kreis zu vollenden. Oft wurde eine sechste Person, idealerweise noch ein Beschwörer, einbezogen, um die Wirkung zu verstärken.

„Warst wohl ein schwieriges Kind“, stichelte er. Doch als er sah, dass er damit einen wunden Punkt getroffen hatte und Quinn sich zusammenkrümmte, als wollte er sich in eine Ecke verkriechen, bereute er seine Worte. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, gab der junge Mann sich die Schuld an der Situation mit seiner Familie. Ghazavijel schenkte ihm ein aufheiterndes Lächeln. „Quatsch, lag sicher nicht an dir“, sagte er. „Ich kann dich jetzt schon leiden.“

Quinns Wangen wurden so rot wie seine kurzen Haare.

„Hey“, sagte Nath und zückte wieder diese geheimnisvolle Papiertüte. Er reichte sie Quinn. „Kannst du damit etwas anfangen?“

Verwundert nahm Quinn sie entgegen und zog ein dünnes Heft heraus. Kaum erkannte er das Cover, begannen seine Augen zu leuchten wie die eines kleinen Jungen zu Weihnachten. Er grinste. „Das ist eine der ersten Ausgaben des Comics!“ Ungläubig blätterte er es durch. „Woher hast du das?“

Trotz Quinns übermütiger Freude blieb Nath scheinbar gelassen und zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Zufällig in einem Ramschladen entdeckt.“

Quinn starrte es immer noch an und hielt das Heft behutsam wie einen Schatz in den Händen. „Das ist unglaublich!“, flüsterte er lächelnd.

„Wo bleibt ihr, verdammt noch mal?“, brüllte Nath, der vorgegangen war. Seine griesgrämige Art wirkte auf Ghazavijel zunehmend mehr wie eine Fassade und ließ ihn schmunzeln.

Die Küche war von trübem Licht erhellt, sie war schlicht und ordentlich, was auf das Werk einer Frau hindeutete. Drei weitere Personen und Nath waren anwesend, zwei davon saßen an einem langen Tisch mit einer vollen Obstschale. Eine Frau mit langen, blonden Haaren lehnte sich an den kalten Herd und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ein kühles Lächeln lag auf ihren Lippen, als ihre blauen Augen Ghazavijel musterten.

„Armani!“ Sie schnaubte amüsiert. „Wenigstens hat er Stil. Leider benötigt er ein frisches Hemd und ich habe nur No-Names anzubieten.“

„Ghazavijel“, sagte Nath gebieterisch. „Das ist Ramona.“

„Hexe“, meinte er grinsend.

„Genau“, wurde seine Annahme bestätigt. „Und das ist Sergej, unser Banner.“ Nath deutete auf den Tisch, an dem ein Mann mit länglichem, bartstoppeligem Gesicht saß und eine Zigarette qualmte. Zur Begrüßung neigte er lediglich leicht den Kopf. Seine Augen wirkten scharf geschnitten wie die eines Raubvogels, der alles still beobachtete, bis seine Gelegenheit kam, zuzuschlagen.

Der Dschinn kniff die Augen zusammen. „Russland.“

Nun erschien ein schmallippiges Grinsen. „Der ist clever. Moskau. Aber ich mag das Land nicht, ist zu kalt.“

„Er braucht unsere Namen gar nicht zu wissen“, ertönte eine aufgebrachte Stimme, die zum Letzten im Bunde gehörte: einem fettleibigen, untersetzten Mann mit Glatze, die kleinen runden Augen blickten hasserfüllt.

„Kein Problem“, beschied Ghazavijel. „Dich nenne ich einfach Fettqualle.“

Fettqualle riss schockiert die Augen auf, die Kinnlade fiel ihm runter und er gab einen quiekenden Laut von sich. Nath stöhnte genervt.

„Dave“, sagte er. „Mach nicht so viel Wind.“

„Wir haben Wichtigeres zu bereden“, meldete sich die Hexe wieder zu Wort.

„Was ist passiert?“, fragte Nath. Ramona schwieg und sah zu Ghazavijel hin. Der wiederum hob die Hände.

„Ich warte im Nebenraum“, bot er an und da keine Einwände erklangen, schloss er die Tür hinter sich.

Er entfernte sich allerdings nicht weit, um sich im Wohnzimmer zu langweilen, sondern spitzte seine Ohren.

„Der kann uns doch ohnehin hören“, hörte er Fettqualle misstrauisch sagen.

„Das ist nicht sicher.“ Das war Quinn, der Süße. „Er ist noch nicht lange in dem Körper.“

Ghazavijel grinste spöttisch. Die unterschätzten ihn.

„Es gab eine Leiche“, kam es rau vom Russen. „Und sie trug Zeichen, du kannst dir denken, welche.“

Bedeutungsvolles Schweigen.

Dann: „Ich habe auch eine entdeckt. Als ich den Dschinn holte.“

„Das ergibt keinen Sinn“, sagte Quinn ungläubig. „Die Fundorte sind zu weit voneinander entfernt. Was sollte er dort wollen?“

„Wir wissen ohnehin nicht genau, was sein wird“, sagte Nath. „Aber wir wissen, was er dafür braucht.“

„Schon sehr lange suchen wir nach dem Buch. Seit zwei Jahren zwingt er uns dazu, etwas zu suchen, das verboten ist. Und bisher waren die Hinweise recht rar gesät.“

„Wir müssen es vor ihm finden“, sagte Ramona drängend.

Schritte ertönten und verstummten schnell. „Also ich finde, diesen Dämon zu beschwören war ein Fehler!“ Schon wieder Fettqualle.

„Wir haben das diskutiert“, beharrte Nath. „Er kennt Mittel und Wege, eigene Diener herbeizurufen und wir brauchen jemanden, der sich mit denen messen kann. Oder möchtest du, dass sich das vom letzten Mal wiederholt?“

Darauf schien die Qualle keine Antwort zu wissen. „Vielleicht meldet sich dein Onkel ja noch.“

„Ich versuche es immer noch mit Briefen, magischen wie nicht magischen“, erwiderte Ramona. „Aber Abraham scheint sehr beschäftigt zu sein und ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält.“

Ghazavijel beschloss, sich im Haus ein wenig umzusehen und nachzudenken, bis er sich auf das Besprochene einen Reim bilden konnte.

*

Müde rieb sich Nath die Augen, als er aus der Küche trat. Der Morgen graute und er hatte zuletzt vorgestern geschlafen. Seine Muskeln protestierten, er fühlte sich schmutzig und sein Magen knurrte, was ihn dazu veranlasste, ein paar Schlucke des Kräutertees zu nehmen, der ihm von Ramona aufgezwungen worden war. Schmeckte gar nicht so schlecht, doch das würde er natürlich nie zugeben. Die Frau war schlimmer als Sergej, sie zeigte nicht die geringste Furcht, auch nicht, wenn er wütend war. Dann schenkte sie ihm stets bloß diesen unbeeindruckten Blick und sprach von Männern, die sich überschätzten. Eine starke Frau und hübsch, zweifellos, aber nichts für ihn und das wusste sie auch. Er hatte es ihr nicht einmal schonend beibringen müssen, Nath war für sie schon immer wie ein offenes Buch gewesen. Und obwohl sie eigentlich ziemlich hart im Nehmen war, wenn es um sie selbst ging, würde sie ihm sicher ein paar Brötchen ins Zimmer stellen. Bei dem Gedanken musste er fast lächeln, aber nur fast. Seit einer gefühlten Ewigkeit hatte ihn nichts mehr dazu gebracht.

Er stieg die Treppe hoch, wobei diese wie gewohnt knarrte, und fragte sich, wo sein Diener abgeblieben sein mochte. Als er seine Zimmertür am Ende des Flurs öffnete, hatte er die Antwort vor Augen: Da lag er schamlos auf seinem Bett und räkelte sich, bevor er die dunklen Augen aufschlug und ihn ansah. Wut ergriff Nath, nicht aus dem Grund, der gerechtfertigt gewesen wäre – dass ein beschworenes Wesen sich die Frechheit erlaubte, es sich in seinen Privaträumen bequem zu machen – sondern Wut über sich selbst, dass ihn dieser Anblick nicht kalt ließ. Er wedelte mit der freien Hand und stellte den Tee auf seinen Nachttisch.

„Runter vom Bett“, fuhr er ihn an. „Und zieh die Schuhe aus. Woher hast du das saubere Hemd?“

Ghazavijel erhob sich in aller Seelenruhe, kickte seine Sportschuhe weg und lächelte spitzbübisch, was ihn noch jünger erscheinen ließ. „Aus deinem Schrank.“

„Was?“

„Du ziehst das sowieso nie an.“

Nath glaubte nicht recht zu hören. „Woher willst du das denn bitteschön wissen?“

„Na, weil es ganz hinten lag und alle anderen Kleidungsstücke schwarz sind, genau wie das, was du anhast. Sieht aus wie der Schrank einer Witwe. Jedenfalls von innen. Die Schiebetüren find ich toll, genau wie die chinesischen Zeichen für Ruhe und Gelassenheit, die du dir übrigens mehr zu Herzen nehmen solltest.“

Nath schüttelte den Kopf. „Halt die Klappe!“

„Essen!“

Er zuckte zusammen. Im Türrahmen stand Ramona mit einem Tablett, das sie auf dem Tisch abstellte. „Sonst klappst du noch zusammen.“ Gebieterisch zeigte sie auf die Brötchen und rümpfte die Nase. „Und du solltest duschen!“ Damit wandte sie sich ab und schloss die Tür hinter sich.

„Da hat sie recht“, plapperte sein persönlicher Plagegeist schon wieder.

Er biss die Zähne so fest zusammen, dass es wehtat, atmete anschließend aber tief durch, um sich zu beruhigen. Tatsächlich musste er sich eingestehen, dass er zu müde zum Streiten war. „Ich werde jetzt essen und gehe dann duschen und ich möchte, dass du genau hier stehen bleibst und still bist.“

Nachdem der Dämon genickt hatte, setzte er sich, zog ebenfalls seine Stiefel aus und begann zu essen. Dabei vermied er es, den Dämon anzusehen, der so sündhaft gut aussah. Verdammt! Wieso musste er so empfinden? Und wieso hatte er ausgerechnet diesen Kerl beschworen? Der einfach wegrannte und sich einen Körper beschaffte, welcher Naths intimste Träume wahr werden lassen könnte. Nach dem letzten Bissen leerte er die Tasse. Sein Magen fühlte sich bedeutend wohler. Kurz schloss er die Augen und als er sie aufschlug, begegnete er dem Blick des Unruhestifters, der, wie ihm geheißen, an Ort und Stelle verharrt hatte. Dennoch funkelte etwas Lauerndes in seinen Augen, die die wundervolle Farbe von Zartbitterschokolade besaßen.

Hektisch zerrte Nath den Ledermantel, den er noch trug, von seinen Schultern. Er wollte sich schon ganz entkleiden, da entschied er, dass es besser wäre, das im Badezimmer zu erledigen. Hinter sich schloss er paranoiderweise ab, auch wenn der Dschinn unter Kontrolle sein sollte. Unter der Dusche versuchte er an nichts zu denken und beeilte sich, obwohl das warme Wasser eine Wohltat war. Draußen war alles wie gehabt, als er fertig war.

„Ich werde jetzt schlafen“, begann er und wusste nicht, was er weiter sagen sollte.

Er ließ die Jalousien herunter, denn bei Licht konnte er nicht schlafen und die Sonne war bereits aufgegangen. Natürlich hatte er schon des Öfteren Wesen aus dem Limbus beschworen, doch nie für längere Zeit und sie waren auch nie in seinem Zimmer gewesen.

„Wo soll ich mich hinlegen?“, wurde er gefragt. „Oder soll ich draußen Wache stehen?“

Begeistert wirkte Ghazavijel nicht. Nath fragte sich, welche Erfahrungen er wohl schon mit seinen Meistern gemacht hatte, hielt es allerdings für unangebracht, zu fragen. Was ging ihn das an und weshalb sollte es ihn überhaupt interessieren? Es gab genug Dämonenbeschwörer, die ihre Diener wie Hunde behandelten, ihren Zorn dadurch anfachten und trotzdem verschont blieben, wenn sie die Bannung richtig durchgeführt hatten. Doch Nath war fest entschlossen, immer im Hinterkopf zu behalten, dass der Mann vor ihm kein Mensch, sondern ein Dämon war. Er räumte seufzend seinen breiten Sessel frei.

„Du musst doch nicht schlafen, oder?“, erkundigte er sich, obwohl er glaubte, die Antwort zu wissen.

„Nur, wenn meine Energien erschöpft sind.“

Geschmeidig ließ sich Ghazavijel in die Polsterung nieder und lehnte sich zurück.

Zögernd schaltete Nath das Licht aus und legte sich mit seiner frischen Kleidung ins Bett. Einen Pyjama hatte er nie getragen. Es dauerte, bis er Schlaf fand, aber dann war er tief und fest.

*

Das Traumgespinst entflocht sich und als Nath die Lider hob, begegnete er zwei Augen, so finster wie Obsidian. Hatte sein Diener ihn etwa die ganze Zeit über beobachtet? Lange konnte er noch nicht geschlafen haben, das Licht der Sonne stahl sich durch die Ritzen der Jalousie. Um die Müdigkeit aus seinen Gliedern zu vertreiben, streckte er sich und stieß die Luft aus. Dann raffte er sich auf, um den schwarzen Wecker anzuschielen, der mit den altmodischen Schellen wie Mickey Mouse aussah und unschuldig auf seinem Nachttisch stand. Verflucht! Es war bereits Nachmittag, die Strapazen der letzten Tage hatten nun doch ihren Tribut gefordert. Er zog seine schmutzigen Stiefel wieder an, erhob sich vom zerwühlten Bett und warf sich den Ledermantel über, um sich vollständig zu fühlen. Erst danach blickte er wieder zu seinem Gast.

„Komm schon“, brummte er, als dieser keine Anstalten machte, ihm aus dem Zimmer zu folgen.

Ein paar Türen weiter war Quinns Zimmer, aber Nath ahnte, dass er ihn im Keller bei seinen Computern finden würde, also wandte er sich dorthin. Tatsächlich saß der Rotschopf auf einem Drehstuhl, zerbiss sich nachdenklich die Unterlippe und starrte auf den hellen Bildschirm. Erst ein Räuspern ließ ihn sich umsehen und als er Nath erkannte, lächelte er entschuldigend.

„Gibt es was Neues?“, fragte er.

„Ramona ist in die Bibliothek gegangen, wieder einmal“, erklärte Quinn. „Und Sergej ist unten und ... experimentiert ein wenig.“ Unsicher, wie viel er sagen durfte, warf er einen Blick zu dem Dschinn. Dann hob er die Augenbrauen, als wäre ihm etwas eingefallen. „Was ich dir bereits am Telefon sagen wollte, Zaru ist wieder in der Stadt.“

Das war alles, was Nath zu hören brauchte. „Ich gehe ihn besuchen, vielleicht weiß er etwas“, sagte er zum Abschied, schnappte sich einen Schlüssel, der an der Wand hing und verschwand in die Garage. Zielstrebig steuerte er einen schwarz glänzenden Audi A4 an.

„Habe mich schon gefragt, ob du wohl ein Auto hast“, kommentierte der Dschinn und stieg an der Beifahrerseite ein.

Wenn er wüsste, wie viele! Nath startete den Motor, öffnete das Garagentor mit einer Fernsteuerung und gab Gas. „Im Zug hätte ich es schlecht mitnehmen können. Das wäre die Mühe nicht wert gewesen“, behauptete er und verschwieg, dass er das Zugfahren mochte.

„Darf ich auch mal fahren?“

„Nein!“ Schon allein die Vorstellung verschaffte ihm eine Gänsehaut.

Der Dämon zog einen beleidigten Schmollmund und wechselte das Thema. „Wohin?“

„Zu einem Bekannten“, erwiderte Nath.

„Bist du immer so kurz angebunden?“

Nath gab keine Antwort und zu seiner Freude belästigte Ghazavijel ihn nicht mit weiteren Fragen. Zarus Haus war nicht weit entfernt und die Fahrt dauerte keine Viertelstunde. Das Gebäude, das sich vor ihnen erhob, war hoch und kantig. Es glich einem schlanken Hochhaus, besaß allerdings lediglich vier Stockwerke, von denen, wie Nath nur zu gut wusste, zwei baufällig waren. Die braune Fassade war an einigen Stellen ergraut und abgebröckelt, die Tür hing schief, aber fest in den Angeln. Er klopfte genau drei Mal, ignorierte die Klingel. Zuerst herrschte Stille, dann konnten sie ein Klappern hören. Schließlich wurde der Türriegel grob zurückgeschoben und die Tür öffnete sich quietschend. Der Mann, der vor ihnen stand, war früher wohl hochgewachsen gewesen, doch das Alter hatte ihn gebeugt. Seine Kleidung bestand aus einer schlabbrigen, alten Hose, einem Leinenhemd und einem grauen, mottenzerfressenen Mantel. Falten zerfurchten sein langes Gesicht, sein Kopf war fast kahl, die übrig gebliebenen Silbersträhnen waren verstrubbelt und die kleinen Augen blickten seine Gäste hinter dünnen Brillengläsern verwirrt an.

„Hi Zaru“, grüßte Nath, stieß die Tür weiter auf und trat ein. Der Raum war groß und vollgestopft. Eine Reihe etwa sechs Meter hoher, mit Wälzern gefüllter Regale besetzte den meisten Platz. Weiter hinten stand ein langer Schreibtisch, auf dem es aussah, als hätte ein Hurrikan gewütet. Überall Papiere, Schriften, Karten, Zeichenutensilien und zwei Computer. Also alles wie gehabt. Nath kannte Zaru seit einigen Jahren und seine geordnete Unordnung, wie der Dämonologe sie nannte, war ihm bekannt. Etwas verzögert schloss Zaru die Tür hinter ihnen und eilte zu seinem Tisch.

„Wir brauchen Informationen, Zaru“, fuhr Nath unverwandt fort.

Unwirsch etwas vor sich hinmurmelnd wich Zaru seinem Blick aus, wühlte in den verstreuten Blättern, um dann abrupt inne zu halten und seine Gäste anzustarren. Nath runzelte die Stirn und kam näher, mit der Frage auf den Lippen, ob etwas nicht in Ordnung sei. Aber er kam nicht mehr dazu.

„Vorsicht!“, hörte er seinen Dämon noch schreien.

Plötzlich stieß ihn jemand so heftig zur Seite, dass er beinahe über seine eigenen Beine gestolpert wäre und gegen den Tisch prallte, an dem er sich automatisch festhielt.

Als er nach Ghazavijel Ausschau hielt, sah er gerade noch, wie der von dem gebrechlich wirkenden Zaru mühelos quer durch den Raum und zwischen die Regale geschleudert wurde, wo er aus Naths Blickfeld verschwand. Ein lautes Krachen folgte. Er blickte wieder zu Zaru, dessen Gesicht zu einer grauenerregenden Maske verzerrt war und der nun auf ihn zukam, die Hände zu Klauen gekrümmt. Nath wich zurück und machte eine beruhigende Geste. Jetzt würde er so einiges für eine Pistole geben.

„Zaru“, sagte er mahnend. „Ich weiß, wenn du noch irgendwo da drin steckst, schaffst du es ...“