Der Segen der Sonne - Katharina Jach - E-Book

Der Segen der Sonne E-Book

Katharina Jach

0,0

Beschreibung

Schon von Kindesbeinen an träumt die junge Elani davon, die Göttin der Nemeia zu ehren und ihrem Clan als große Kriegerin zu dienen. Doch ausgerechnet ihre Mutter und Anführerin des Clans steht ihren Träumen im Weg. Als jedoch ein alter Feind wieder auftaucht, um ihr Heim zu zerstören, ist Elani wild entschlossen, sich allen Hindernissen zum Trotz in den Kampf zu stürzen. Erst in diesem Moment offenbart sich ihre Mutter und stellt damit ihre ganze Welt auf den Kopf: Elani wurde eine heilige Mission aufgetragen, von der sie bisher nichts ahnte. Und nun muss sie entscheiden, ob sie dem Ruf der Göttin folgt – oder ihren eigenen Weg gehen will.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 112

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.

Beliebtheit




Der Segen der Sonne

Die Chronik der Herzlosen 5

Katharina Jach

Inhalt

Inhaltswarnungen

Der Segen der Sonne

Dramatis Personae

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Weitere Werke

Bald erhältlich

Über die Autorin

Impressum

DER SEGEN DER SONNE

© 2023 Katharina Jach

Verlag: Katharina Jach, Am Sandtorkai 35, 20457 Hamburg

Lektorat: Nina C. Hasse, www.texteule-lektorat.com, Sophie Jenke www.lektorat-weltenbau.de

Korrektorat: Sophie Jenke www.lektorat-weltenbau.de

Covergestaltung: Jesh Art Studio

Vertrieb durch: Neopubli GmbH

Alle Orte, Personen und Namen in diesem E-Book sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder realen Orten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Mehr Informationen unter

www.dunkelwunder.de | [email protected]

Inhaltswarnungen

Diese Geschichte enthält explizite Darstellungen von Gewalt, Krieg und Mord.

Der Segen der Sonne

Die Chronik der Herzlosen 5

Dramatis Personae

Elani, ein Zögling

Leda, eine Matriarchin

Arianna, eine Wächterin

Adyti, eine Kriegerin

Iaht, eine Kriegerin

N’ambi, eine Kriegerin

Merawi, eine Stammesälteste

Belarian, ein Späher

Iyfrit, eine Gesandte

Mannara, eine Gesandte

Eins

Dieses Mal würde nichts schiefgehen. Da war sich Elani sicher.

Die Zeichen standen gut. Nachdem sie mit ihrer Mutter ein spätes Abendessen eingenommen hatte, war sie ohne Murren zu Bett gegangen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Kurz darauf hatte sie gehört, wie Leda die Schreiben auf dem Tisch, der in der Mitte des Zeltes stand und ihr als Ratstafel diente, an sich genommen und sich hinter die Vorhänge zurückgezogen hatte, die ihre Bettstatt vom Rest des Zeltes trennten. Danach dauerte es für gewöhnlich nicht lange, bis sie die Lichter löschte und ins Reich der Träume hinüberglitt. Es war also nur eine Frage der Zeit, ehe Elani die Chance bekam, sich unbemerkt davonzuschleichen.

Sie wagte kaum zu atmen, während sie das flackernde Kerzenlicht auf Ledas Seite der Jurte durch die gefärbten Stoffbahnen hindurch beobachtete.

Gleich ist es so weit, dachte sie. Nur noch einen Augenblick …

Sie wartete vergeblich. Das Licht der Kerzen tanzte unablässig, begleitet vom beständigen Rascheln von Pergament. Merkwürdig. Das sah ihrer Mutter gar nicht ähnlich. Sie war eine gewissenhafte Matriarchin, doch sie kannte und schätzte die Vorteile guten Schlafs. Es musste etwas Wichtiges vor sich gehen, wenn Leda vom Clan des Löwen aller Müdigkeit zum Trotz bis tief in die Nacht wach blieb, um sich ihrer Korrespondenz mit den übrigen Stammesmüttern zu widmen.

Elani verstand nicht, was mit ihrer Mutter los war. Ihres Wissens hatte sich in letzter Zeit nichts Ungewöhnliches ereignet. Der letzte Gesandte war vor über einem Monat eingetroffen. Dass sie seitdem nichts von den übrigen Stämmen der Nemeia gehört hatten, war vollkommen normal. Zu dieser Jahreszeit – mitten im Hochsommer – trockneten die Nebenflüsse des Sumesi, die weite Teile der südlichen Steppe mit Wasser aus den Rotdornbergen versorgten, regelmäßig aus. Das machte es den Boten und ihren Reittieren regelrecht unmöglich, die lange Reise zwischen den Lagern der Clans zu überstehen. Doch mit dem Ende des Sommers würden die Dinge wieder Fahrt aufnehmen. So war es immer gewesen, solange Elani sich erinnern konnte.

Warum also brütete Leda über den Briefen? Welche Informationen enthielten sie, dass sie ihre Gedanken derart beherrschten?

Elani hätte fragen können, was ihre Mutter beschäftigte, doch sie bezweifelte, dass sie eine aufrichtige Antwort erhalten würde. In den Augen des Stammes galt sie als Zögling – als Kind –, ganz gleich, ob ihr Körper bereits zu dem einer jungen Frau herangereift war. Solange sie ihre Fähigkeiten nicht im Angesicht des Clans und der Urmutter demonstriert und sich so einen festen Platz unter den Kriegerinnen erworben hatte, würde Leda sie nicht in ihre Geheimnisse einweihen.

Aus eben diesem Grund wollte sie sich endlich beweisen. Sie hatte es satt, die Erwachsenen bei ihren Beratschlagungen aus der Ferne zu beobachten und doch nie zu wissen, worüber sie sprachen oder welche Entscheidungen sie trafen – und warum. Sie wollte endlich als eine der ihren gelten. Als eine Person, der man vertrauen und Verantwortung übertragen konnte. Eine Person, die ihren Teil zum Wohl und Schutz der Gemeinschaft beitrug.

Deswegen wartete sie weiter voller Ungeduld darauf, dass Leda endlich einschlief. Dann würde sie sich davonstehlen und allein auf die Jagd gehen.

Das war natürlich gefährlich. Dessen war sie sich durchaus bewusst. In der Steppe warteten allerhand Gefahren auf Elani, von giftigen Schlangen bis hin zu den geheimnisvollen Äthrasi – unsichtbaren Luftgeistern –, die durch das Land zogen und die Leiber der Arglosen verschlangen. Trotzdem musste sie es riskieren. Mit einer solch gewagten Tat würde Elani beweisen, dass sie auf sich selbst aufpassen und zugleich für ihren Clan sorgen konnte. Danach hätten ihre Mutter und die Kriegerinnen gar keine andere Wahl: Sie würden Elani als eine der ihren anerkennen müssen. Und dann würde sie endlich die Person sein, die sie immer hatte sein wollen. Eine Kriegerin in ihrer Blüte, vom Stamm respektiert. Alles, was sie dafür tun musste, war, ein wenig länger durchzuhalten. Ihre Mutter konnte schließlich nicht die ganze Nacht wach bleiben.

Wann immer ihr die Augen vor Müdigkeit zuzufallen drohten, vergrub Elani den Daumennagel in der Handfläche. Von einem dumpfen Schmerz durchzuckt, blieb sie anschließend für eine kleine Weile hellwach. Dieser kleine Trick hatte sich während Merawis langatmigen Lektionen schon oft als nützlich erwiesen. Es war jedes Mal eine verzweifelte Maßnahme, denn eigentlich schätzte Elani die Erfahrung der alternden Kriegerin sehr. Niemand verstand sich besser darauf, die Zeichen der Natur zu deuten. Ein Blick zum Himmel genügte ihr, um zu wissen, wie sich das Wetter entwickeln würde oder in welche Richtung die Tiere ziehen würden. Doch Merawi verpackte dieses Wissen gerne in weitschweifigen Anekdoten und predigte dabei immer wieder die Bedeutsamkeit von Geduld und Vernunft.

Ein Seufzen tönte von Ledas Bettstatt her und unterbrach ihren Gedankengang. Sie spitzte die Ohren und hörte Pergament rascheln, gefolgt vom Zischen mehrerer Dochte, als das Licht gelöscht wurde. Dann senkte sich Dunkelheit über das Zelt.

Das Herz sprang Elani in die Kehle und alle Müdigkeit fiel mit einem Mal von ihr ab. Sie konnte ihr Glück kaum fassen.

Sie schlug die Bettdecke so leise wie möglich zurück und öffnete die Truhe am Ende ihres Bettes. Darin befand sich die Rüstung aus leichtem Leder, die man zu Trainingszwecken für sie angefertigt hatte. Darauf bedacht, keinen Laut zu erzeugen, zog Elani ihr Nachthemd aus, stopfte es unter ein Kissen und legte stattdessen ihre Rüstung an. Das schützende Untergewand aus Leinen bereitete ihr keine Probleme, doch beim Festzurren der Brustplatte und Schulterstücke knarrten die Lederriemen lauter, als ihr lieb war.

Elani biss sich auf die Zunge.

Konzentrier dich. Du kannst dir jetzt keine Fehler erlauben.

Sie horchte wieder in die Dunkelheit, um sich zu vergewissern, dass ihre Mutter weiterhin friedlich schlief.

Nachdem Elani die Rüstung und die dazu passenden Stiefel angezogen hatte, arrangierte sie die Kissen und Decken so, dass ihr Verschwinden nicht sofort ins Auge fallen würde, sollte Leda in der Nacht nach ihr sehen. Anschließend schlich sie auf Zehenspitzen zu dem Regal, auf dem ihre Mutter die eigene Rüstung samt Waffen lagerte. Mehrere Äxte, kleine wie große, waren säuberlich auf einem Ständer ausgestellt, zusammen mit einem Säbel und einer in drei Schwänzen auslaufenden Peitsche. Elani streckte eine Hand aus und ließ die Finger vorsichtig über die mit Leder umwickelten Griffe der Äxte gleiten. Wie oft hatte sie ihre Mutter diese Waffen während ihres Trainings schwingen sehen? Hunderte, wenn nicht gar tausende Male. Und mindestens ebenso oft hatte sie sich vorgestellt, sie selbst in den Händen zu halten und Seite an Seite mit den übrigen Kriegerinnen zu stehen.

Es wurde Zeit, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen.

Elani wählte eine kleinere Axt und wog sie sorgfältig. Die Waffe hatte ein angenehmes Gewicht und ließ sich einhändig führen. Sie würde ihr bei der Jagd gute Dienste erweisen.

Mit angehaltenem Atem schlich Elani zum Eingang und schob die Klappe der Jurte beiseite. Der Nachtwind führte noch die Hitze des Tages mit sich, doch Elani ließ sich davon nicht beirren. Vielmehr achtete sie auf die Geräusche außerhalb des Zeltes und versuchte, eine mögliche Gefahr auszumachen. Nach Einbruch der Dunkelheit hatte sich eine gewisse Ruhe über das Lager gelegt. Ganz still war es allerdings nicht. Sie konnte Stimmen hören, die sich leise unterhielten, sowie das seufzende Liebesspiel eines Paares. Die Sandalen einer Kriegerin ließen das trockene Gras knistern, als sie mit einer Fackel durch das Lager schritt. Elani sah sich nach der Frau um. Sie marschierte zu ihrer Linken zwischen den Zelten umher, hielt einen Moment inne und wandte sich dann nach Norden, weg von Elani und dem Heim der Stammesmutter. Ein Grinsen machte sich auf Elanis Gesicht breit und die Gewissheit, die sie schon zuvor gespürt hatte, kehrte zurück.

Ja, diesmal würde alles gut gehen. Das bedeutete allerdings nicht, dass sie nachlässig sein konnte. Im Gegenteil. Sie musste gut achtgeben, wenn sie diese Nacht in einen Triumph verwandeln wollte. Daher hielt sie ihre Sinne in Alarmbereitschaft, als sie nach rechts eilte, fort von ihrem Zuhause und den Bürden der Kindheit. Wann immer sie ein Geräusch hörte, hielt sie inne oder suchte einen Schatten, der ihr Schutz bringen konnte. Glücklicherweise kreuzte niemand ihren Weg, während sie zum Rand des Lagers schlich. Selbst die Ziegen meckerten in ihren Verschlägen, ohne die Aufmerksamkeit der Hirtenjungen zu erregen, die sich in der Nähe auf einem Fellhaufen schlafen gelegt hatten.

Elani schlüpfte vorsichtig an einem der Ziegengehege vorbei und umging den Schein eines Feuers, das zum Schutz vor der Dunkelheit am Rande des Lagers entzündet worden war. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, immer darauf bedacht, in den Schatten zu wandeln, um unsichtbar zu bleiben. Gleichzeitig behielt sie das Feuer genau im Auge. Die Scheite darin waren so hoch aufgestapelt, als wäre es eben erst entzündet worden. Es konnte nicht lange her sein, seit jemand neues Feuerholz nachgelegt hatte. Sie sollte sich beeilen.

Unter ihrem linken Fuß zerbarst ein trockener Zweig.

Das Geräusch war nicht laut und ging ihr doch durch Mark und Bein. Elani hielt inne und biss sich auf die Zunge. Für einen Moment hörte sie nichts als das Knistern der nahen Flammen und das Flüstern des Windes im trockenen Gras. Ein Herzschlag verstrich, dann der nächste. Und der nächste. Nichts geschah. Sie atmete erleichtert aus.

»Wen haben wir denn hier?«

Elani jaulte überrascht auf und drehte sich zugleich zum Ursprung der Stimme herum. Die Axt glitt ihr beinahe aus der Hand, doch Elani packte sie fester, bevor sie zu Boden fiel. Erst da erkannte sie die Frau, die sich unbemerkt von hinten an sie herangeschlichen hatte.

»Urmutter, Arianna!«, keuchte sie. »Du hast mich fast zu Tode erschreckt.«

»Gut.« Ein Lächeln umspielte Ariannas Mundwinkel. »So sollte es sein.«

Elani sah die Kriegerin verdattert an. Selbst im fahlen Sternenlicht zeichneten sich die starken Muskeln ihrer Arme und Beine deutlich ab. Sie trug eine ähnliche Rüstung wie Elani, allerdings baumelte ihre Axt sicher an ihrem Gürtel, zusammen mit einem ganzen Arsenal an kleinen Taschen und Werkzeugen sowie einem Riemen über der Brust, an dem ihr Jagdmesser befestigt war.

Arianna war eine Nyxnera, eine Gefährtin der Nacht, und dank ihrer weißen Haut und dem flammend roten Haar wirkte sie wie ein Geist. Sie und jene wie sie schützten die Gemeinschaft vor dem Dunkel, wenn sich das Antlitz der Urmutter hinter dem Horizont verbarg. Dies war die Aufgabe, die ihnen von der Göttin zugeteilt worden war und in deren Erfüllung ihnen niemand gleichkam. Ganz davon abgesehen, dass sie ebenso in der Kriegskunst unterwiesen waren wie die meisten anderen Frauen des Stammes. Elani zweifelte nicht daran, dass Arianna sie mit nur wenigen geschickten Schlägen niederstrecken, wenn nicht sogar töten könnte, wenn sie es wollte.

»Du wolltest mich erschrecken?«, fragte Elani verblüfft.

Arianna bedachte sie mit einem langen Blick. »Das schien mir die beste Art der Unterweisung zu sein«, sagte sie. »Wo du dich doch so beharrlich weigerst, dich an Ledas Anweisung zu halten. Sie hat dir doch untersagt, dich allein auf irgendwelche Ausflüge in die Wildnis zu begeben, oder etwa nicht?«

Elanis Wangen brannten. Es stimmte. Nachdem sie nun schon einige Male versucht hatte, den Jagdtrupps nachzueilen und sich ihnen anzuschließen, um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, hatte Leda ihrer Tochter verboten, sich ohne ihre Erlaubnis aus dem Lager zu entfernen. Aber was sollte sie sonst tun? Was war es, worauf ihre Mutter wartete?

»Also wolltest du mir eine Lektion erteilen«, sagte Elani mürrisch. »Ist es das?«

»Vielleicht ein bisschen.« Arianna lächelte versöhnlich und legte ihr eine Hand auf die Schultern. »Ich weiß, wie hart du trainierst, Kleines. Aber du bist bei Weitem nicht so leise oder geschwind, wie du glaubst. Es wäre gefährlich, dich allein gehen zu lassen.«

»Du klingst schon wie Merawi.«

Arianna lachte. »Glaub es oder nicht, aber die alte Schachtel besitzt durchaus Weisheit.«

Elani seufzte und ließ die Schultern hängen. Ihr Blick fiel auf die Waffe in ihrer Hand. Am liebsten hätte sie die Axt zu Boden geschleudert, um dann wie ein bockiges Kind davonzustapfen. Aber das konnte sie nicht tun. Erwachsene taten so etwas Albernes nicht und sie wollte sich nicht blamieren.

»Es tut mir leid, Kleines«, sagte Arianna. »Wirklich. Aber Leda würde mir das Fell über die Ohren ziehen, wenn ich dich gehen ließe.«

»Dann komm doch mit mir«, schlug Elani vor. »Mit dir an meiner Seite wäre ich bestimmt sicher.«

Arianna schüttelte sanft den Kopf. »Mein Platz ist hier. Meinen Posten zu verlassen, käme dem Verrat an der Gemeinschaft gleich. Und das weißt du auch.«

»Ja, schon«, murmelte Elani mit wachsender Verzweiflung. »Aber wie …«

»Sollst du dich beweisen?«, beendete Arianna den Satz für sie. »Ach, Kleines …«