Der skrupellose Clan - Klaus-Peter Kuhlmey - E-Book

Der skrupellose Clan E-Book

Klaus-Peter Kuhlmey

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Beschreibung

Fünf Männer, die sich seit der Schulzeit kennen, sind der Clan. Durch ihre verschiedenen Tätigkeiten stehen ihnen alle Wege offen. Sie wollen die Stadt beherrschen. Ihr Plan ist ein Wohn- und Geschäftsviertel in der Stadt hochzuziehen. Bevor dies verwirklicht werden kann, müssen die Eigentümer aus ihren Häusern und von ihren Grundstücken vertrieben werden. Dies kann nur durch Korruption und Gewalt geschehen. Brandstiftung, Entführung und Mord erschüttert das städtische Leben. Systematisch reißen sie alles an sich. Kommissarin von Königstein hat alle Hände voll zu tun. Kommt sie den Tätern auf die Schliche? Kann sie die Kriminellen fassen, Recht und Ordnung wiederherstellen? Sie muss tief in ihre Trickkiste greifen.

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Seitenzahl: 544

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Die Kleinstadt Constancia wird zum Brennpunkt. Fünf Honoratioren dieser Stadt bilden eine Gruppierung, den Clan. Sie haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, aus dem kleinen ruhigen Städtchen eine blühende Oase entstehen zu lassen. Natürlich mit dem Hintergedanken an den eigenen Profit.

Hierbei geht es natürlich nicht mit gesetzlichen Mitteln zu, sondern mit kriminellen Machenschaften. Korruption und Gewalt sind angesagt. Brandstiftung, Entführung und Mord erschüttern das bisher ruhige und beschauliche Städtchen. Hierbei überspannen sie den Bogen, um ihre Ziele zu erreichen.

Kommissarin Alexandra von Königstein hat mit ihrem Team alle Hände voll zu tun. Sie macht sich auf die Jagd nach den Tätern. Kann sie die kriminellen Machenschaften beenden, und Recht und Ordnung wieder herstellen? Um dies zu erreichen, muss sie tief in ihre Trickkiste greifen.

Klaus-Peter Kuhlmey

Der skrupellose Clan

Alexandra von Königstein Krimi

www.tredition.de

Autor

Der Autor Klaus-Peter Kuhlmey hat seine schriftstellerische Laufbahn im Jahr 2012 begonnen. Punktgenaue Recherchen, Fachwissen und ein fulminanter Schreibstil zeichnen seine Bücher aus.

Lokalkolorit in Regionalkrimis war in seinen ersten Kriminalromanen groß geschrieben. Es folgten ein Engelbuch für Kinder, sowie eine Heilungsreise mit Delfinen. In seinem Beruf als Feng-Shui-Berater hat er einen entsprechenden Leitfaden geschrieben. Mit seinem Erzengelbuch sprach er mit einer „himmlischen Lebensberatung“ ein vielfältiges Publikum an. Er möchte nicht nur Wissenswertes, sondern auch Spaß und Freude beim Lesen bereiten.

Doch jetzt kommt wieder seine kriminalistische Seite durch. Er dreht wieder an der Spannungsschraube.

© 2016 Klaus-Peter Kuhlmey

2. Auflage, Vorgängerausgabe 2016

ISBN Softcover: 978-3-347-68322-8

ISBN Hardcover: 978-3-347-68323-5

ISBN E-Book: 978-3-347-68325-9

ISBN Großschrift: 978-3-347-68328-0

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Eins

Golfklub. Kleiner Sitzungssaal. Fünf Honoratioren der Stadt belagern die gemütlichen Klubsessel. Eine Flasche Whisky steht auf dem Tisch. Die Luft ist rauchgeschwängert von den qualmenden Zigarren, die einen würzigen Duft im Raum verbreiten. Gute handgerollte Havannas. Durch die dunklen Rauchschwaden im Raum kann man sein Gegenüber kaum ausmachen. Eine hitzige Diskussion ist im Gange. Es geht hoch her.

„Karl-Heinz, du bist doch der Bürgermeister unserer schönen Stadt Constancia. Du hast doch Einfluss auf deinen Stadtrat. Denen kannst du alles erzählen, was für uns gut und nützlich ist“, grient Jürgen Reichert, der Bauherr, seinen neben ihm sitzenden ehemaligen Klassenkameraden an.

„Du bist gut, Jürgen. Ich bin zwar Bürgermeister der Stadt, kann auch einige Stadträte auf meine Seite ziehen, aber schlussendlich bestimmt die Mehrheit. Meine Beziehungen lasse ich gern und überall spielen. Da kannst du Gift drauf nehmen“, gab er zurück.

„Nein“, lachte Reichert. „Lieber noch0 einen guten fünfundzwanzig Jahre alten Whisky. Der ist bekömmlicher.“

Lautstarkes Gelächter erschallte im Raum. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und ein Glatzkopf schaute herein, „Darf ich den Herren noch etwas bringen?“

„Nein, Hubert, wir melden uns“, gab Karl-Heinz Weber zurück.

„Kommt, Leute, lasst uns zur Sache kommen“, meldete sich jetzt Jürgen Reichert erneut. Ihm gehörte das größte Bauunternehmen der Stadt. „Ich muss endlich mal wieder Geld verdienen. Mein Blockhaus braucht ein neues Dach, wird langsam undicht. Und meine Frau beabsichtigt, Urlaub in der Karibik zu machen. Natürlich nur im besten Hotel.“

„Deine Sorgen möchte ich haben. Im Moment kauft kein Mensch mehr meine Nobelkarossen“, meldete sich Werner Schulz, der Autohändler mit seiner schleimigen Art. „Ich musste schon ein paar von meinen Leuten heimschicken. Wenn nicht bald etwas passiert, kann ich zumachen. Du mit deinen Peanuts.“ Unerfahrene Autokäufer konnte er mit seiner Art gut und elegant um den Finger wickeln, aber nicht seine Kameraden.

„Jammer nicht so. Hast dir doch erst die neue Eigentumswohnung gekauft. War sicher auch kein Pappenstiel“, gab Reichert zurück.

„Seid ihr jetzt alle durch? Man kann euch gar nicht zuhören. Unnötiges Geschwätz! Wie alte Waschweiber! Brillante Planung ist alles! Nur dadurch kann man sein Ziel erreichen“, meldete sich Oberst Erwin Degen. Dabei setzte er sich kerzengerade hin, und steckte den rechten Ringfinger mit seinem Siegelring hinter den Kragen. „Im Einsatz kann man mit Jammern nichts erreichen. Euch fehlt die nötige Disziplin.“

„Ruhe jetzt!“, donnerte Weber seine Mitstreiter an. „Der Oberst hat recht. Ein Plan muss her, den keiner durchschauen und aushebeln kann. Ihr wisst, um was es geht! Wir wollen uns die Oase sichern, mit allem, was draufsteht. Die alten Geschäfte und Häuser dort müssen weg. Ist schließlich das Filetstück mitten in der Stadt. Es ist geradezu prädestiniert für unser Vorhaben. Das Überbleibsel, was der Krieg mit seinen Bomben nicht kaputt bekommen hat, ist jetzt fällig. Jürgen, deine Baumaschinen schreien doch förmlich nach Arbeit!“

„Da hast du recht. Nur wie bekommen wir den alten Krempel mit seinen Anwohnern dort weg?“, gab Reichert mit zweifelndem Blick zurück.

„Ich merke schon, ihr habt keine Ideen. Hört zu, ich habe mir Folgendes überlegt.“ Weber legte los.

Sein Vortrag dauerte ungefähr dreißig Minuten. Der Whisky war vergessen, die Zigarren erloschen. Andächtig hörten seine vier Kameraden zu. Er beendete seinen Vortrag mit den Worten, „Wenn euch noch was Besseres einfällt, lasst es mich wissen. Ich nehme es dann in den Plan auf, den wir beim nächsten Treffen diskutieren. Macht euch Gedanken, ich leite das Entsprechende schon in die Wege.“

„Nein, Karl-Heinz, deine Ideen sind einfach phänomenal. Mir fällt dazu im Augenblick nichts mehr ein. Zur Feier des Tages lade ich euch zu einem Glas Champagner ein.“ Der Bankier, Hans Clement, elegant im Armani-Anzug, war in Hochstimmung. Er sah schon ganz deutlich die vielen Nullen auf den Überweisungsträgern, die durch seine Hände gehen würden.

Er klingelte. Der glatzköpfige Ober schaute zur Tür herein, „Was darf ich den Herren bringen?“

„Hubert, Champagner. Aber den Besten. Wir haben etwas zu feiern.“

„Kommt sofort die Herren. Dann meinen herzlichsten Glückwunsch!“

Wenn er gewusst hätte, um was es geht, ob er dann auch noch so freudestrahlend gratuliert hätte?

Zwei

Die Musik dröhnte, die Bässe wummerten. Im Takt dazu wirbelten die schwitzenden Körper. Unter ihnen Alexandra von Königstein, die ihr wöchentliches Tae-Bo-Training absolvierte. Die Kommissarin musste sich fit halten. Diese Übungen waren ihr uneingeschränkter Favorit unter den Selbstverteidigungsdisziplinen, die sie nicht nur trainierte, sondern auch hundertprozentig beherrschte. Plötzlich wurde die Musik sanfter, um den tänzerischen Teil der Übung einzuleiten. Die japanische Shakuhachi-Flöte, die von Mönchen bei der Meditation benutzt wird, erklang. Zwischendurch hörte man die Töne der Klangschalen heraus. Die Körper wanden sich wie Schlangen, die um ihr Opfer herum tanzten, und dann zuschlugen. Neben ihr versuchte ihr bester Freund, Hans Maybach, der Verleger der hiesigen Tageszeitung, sich dem Rhythmus anzupassen, meist vergeblich. Aber er war gern mit der Kommissarin zusammen, und ein bisschen Fitness schadet nicht, wie er meinte.

Nachdem die Trainingseinheit beendet war, und sie etwas zu Atem gekommen waren, meinte sie, „Ich glaube, das ist nichts für dich. Walking käme dir eher gelegen.“ Dabei grinste sie. Die beiden waren beste Freunde, und foppten gern.

„Nun werde nicht übermütig. Du bist nur so fit, weil du mehr Freizeit wie ich hast. Als Verleger hat man nicht immer so viel Zeit, wie als Beamter.“

Ein wenig Flachs gehörte bei ihnen dazu. „Wir können von Glück sagen, dass im Moment saure Gurken Zeit ist. Es ist schon aufregend, wenn ein Ladendieb sich erwischen lässt. Aber das hat auch sein Gutes. Kann ich endlich den ganzen Papierkram aufarbeiten, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hat.“

„Geht mir genauso. Meine Zeitung hat bald mehr Werbeanzeigen, wie Gegebenheiten. In der Politik ist auch Sommerpause. Es fehlt einfach ein wenig Spannung.“

Fast gleichzeitig klingelten ihre Handys. „Ich muss los, Einsatz!“, rief die Kommissarin ihrem Freund zu, nachdem sie aufs Handy geschaut hatte.

„Ich auch“, gab er schmunzelnd zurück. „Vermutlich haben wir den gleichen Weg.“

„Wenn du auch zur Oase musst, hast du recht. Ich muss mich beeilen, scheint sich etwas Fürchterliches ereignet zu haben. Kriminaltechnik und Feuerwehr sind bereits vor Ort.“

„Ich fahre dir hinterher. Dann komme ich dichter an das Geschehen heran. Du weißt ja, Presse ist nicht gern in vorderster Reihe gesehen.“

Schon von weitem sahen sie die lodernden Flammen, die aus dem Dach der Gärtnerei Schütterle in den Himmel schlugen. Aus mehreren Stellen tobten die Feuersäulen in den Himmel. Die entflammten Balken knisterten und knackten. Hitze waberte auf dem Gelände. Mehrere Feuerwehrzüge waren verbissen daran, die mannigfaltigen Brände zu löschen. Durch die hohen Temperaturen, die herrschten, war es nicht leicht, an die Brandherde zu kommen. Die rechte Seite der Oase war durch die Polizei abgesperrt worden, da die Gärtnerei genau am Ende der Straße lag.

„Endlich, Frau Kommissarin. Sie werden schon vom Brandmeister erwartet“, wurde sie von einem Streifenbeamten angesprochen. „Er steht dort an vorderster Front, wo es am heftigsten zugeht.“

„Hallo, Herr Stocker“, sprach sie den Brandmeister an. „Wie sieht es denn aus? Können Sie mir schon ein paar Informationen geben?“

„Frau Kommissarin, ich habe Sie gar nicht bemerkt. Der Brand nimmt mich voll in Anspruch. Aber so wie es aussieht, handelt es sich hier um vorsätzliche Brandstiftung. Das kann man daran erkennen, dass an verschiedenen Stellen das Feuer gleichzeitig ausgebrochen ist, in schöner Regelmäßigkeit. Ich muss mir nach dem Löschen zwar noch alles genau ansehen, aber hier waren Profis am Werk.“

„Was meinen Sie, wann Sie mir Genaueres sagen können?“

„Wird sich noch ein paar Stunden hinziehen, bis wir gelöscht haben, und die größte Hitze weg ist. Dann begehe ich das Ganze mit meinem Sachverständigen. Am besten schicken Sie mir gleich einen Spezialisten von Ihnen mit. Erspart uns doppelte Arbeit. Geht dann alles in einem Abwasch.“

„Gut, Herr Stocker. Ich schaue mich noch ein wenig um. Meine Männer sind bereits an der Arbeit. Ich warte Ihren Bericht ab.“

Alexandra von Königstein sah sich nach den Eigentümern um, die sie nach kurzem Suchen fand. Sie standen dicht gekauert zusammen, die junge Familie mit ihren zwei kleinen Kindern an der Hand, und seine Eltern. Alexandra kannte die Familie, weil sie hier des Öfteren schon Blumen geholt hatte. Sie hielten sich an den Händen und schluchzten.

„Hallo, Familie Schütterle. Ist ja schlimm, was hier gerade geschieht. Tut mir aufrichtig leid. Können Sie mir sagen, was geschehen ist?“

Rainer Schütterle schaukelte seinen Kopf hin und her, „Wir haben erst nichts bemerkt, dann plötzlich den Rauch gerochen, und sind überstürzt rausgelaufen. Es ging alles so schnell!“

„Haben Sie denn gar nichts mitbekommen? Vielleicht ein Kurzschluss? Oder hatten Sie ein offenes Feuer? Besteht die Möglichkeit, dass eine Kerze gebrannt hat? Irgendetwas?“

„Nein“, gab Frau Schütterle weinend zurück. Sie war mit den Nerven total fertig und am Ende, zitterte am ganzen Leib.

„Soll ich Ihnen den Notarzt holen?“, gab die Kommissarin fragend zurück, als sie merkte, dass die Eltern sich nur noch mühsam auf den Beinen halten konnten. „Er steht dort drüben.“

„Ist nicht nötig, danke.“

„Wissen Sie was, wir gehen dort drüben in das Café. Sie können sich setzen und einen Kaffee trinken. Die Kosten übernehme ich. Hier können wir doch nichts mehr ausrichten.“

Sie nahmen dankbar an, folgten der Kommissarin, konnten aber den Blick nicht vom Feuer abwenden. Alexandra von Königstein rief einen Kollegen an, der psychologischen Beistand bei der Familie Schütterle leisten sollte. Am liebsten hätte sie eine Befragung durchgeführt, aber unter dem Schock, unter dem die kleine Schar stand, war dies unmöglich. Sie würde nichts erfahren, was der Sache dienlich war. Kurz darauf kam der Psychologe, und sie verabschiedete sich von den Schütterles.

Draußen rief sie nochmal den Streifenführer sowie den Brandmeister Stocker zu sich. Der Brand war jetzt zwar eingedämmt, aber ansonsten gab es bisher keine neuen Erkenntnisse. Sie fuhr ins Büro und wollte die dort eingehenden Ergebnisse zusammentragen und sichten. Am späten Nachmittag kam der Psychologe mit Herrn Schütterle ins Büro. „Frau von Königstein, ich glaube, dass Herrn Schütterle doch noch etwas aufgefallen ist, was eventuell wichtig sein könnte. Aber ich lasse Sie allein, damit Sie in Ruhe mit ihm reden können."

„Bitte nehmen Sie Platz, Herr Schütterle. Wie geht es Ihnen? Es ist Ihnen doch noch etwas Bedeutsames eingefallen? Erzählen Sie.“

„Ach, Frau Kommissarin, uns allen geht es elend. Das Blumenhaus haben wir in dritter Generation. Unser Sohn sollte es übernehmen, und jetzt ist es vernichtet. Einfach weg, nicht mehr vorhanden. Wie soll es einem da gehen?“

„Das kann ich mir vorstellen. Haben Sie denn wenigstens ein Quartier? Oder soll die Stadt Sie im Hotel unterbringen?“

„Nein danke, wir sind bei meiner Schwägerin untergekommen.“

„Jetzt berichten Sie bitte, was Ihnen Außergewöhnliches aufgefallen ist.“

„Das Ganze hat sich vor zwei Tagen abgespielt. Ein eleganter Herr kam in der Gärtnerei vorbei und wollte den Inhaber sprechen. Ich meinte, das wäre ich. Er erwiderte, er wolle nicht lange um den heißen Brei herum reden. Er würde eine Interessentengruppe vertreten, die hier Fuß fassen, und viel Geld investieren will. Diese würde gern meine Gärtnerei kaufen. Ich habe gelacht, und gesagt, die wäre unverkäuflich.“

Die Kommissarin unterbrach ihn, „Haben Sie den Herrn schon einmal gesehen, oder können Sie ihn beschreiben?“

„Gesehen habe ich ihn bisher noch nie. Bis vorhin hatte ich an ihn gar nicht mehr gedacht. Erst, als Sie gefragt haben, ob etwas Ungewöhnliches geschehen sei. Eine ungefähre Beschreibung kann ich Ihnen geben. Meinen Sie, er hat damit was zu tun?“

„Das kann ich zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht sagen. Aber das könnte unsere erste interessante Spur werden. Wir müssen noch die Ergebnisse meiner Ermittlungsgruppe und den Bericht des Brandmeisters abwarten. Dann können wir anfangen, das Puzzle langsam zusammenzusetzen. Falls Sie sonst keine weiteren Angaben mehr haben, würde ich Sie bitten, zu einem Kollegen von mir zu gehen, der ein Phantombild nach Ihren Angaben erstellt.“

Kurz darauf rief ihr Freund Hans Maybach aus der Zeitungsredaktion an, „Hallo Alexandra, habt ihr schon Ergebnisse für mich? Wir gehen bald in Druck. Da würde ich gern noch einige Fakten zu dem Feuer von dir haben, oder gibt es noch nichts Spruchreifes?“

„Nein, Hans, wir müssen selbst erst alle Befunde abwarten. Bisher liegt noch nichts Konkretes vor. Aber, so wie es ausgesehen hat, gehen wir von vorsätzlicher Brandstiftung aus.“

„Gut, ich schreibe den Artikel unter Vorbehalt. Soll ich von deiner Sicht aus, irgendwelche Kriterien reinbringen, die dir vielleicht weiter helfen könnten?“

„Nein, nein, wir haben nur Vermutungen, nichts Handfestes. Wir dürfen keine Pferde scheu machen.“

„Steckt also doch mehr dahinter? Verschweigst du mir was?“

„Wir sind zwar Freunde, Hans, aber alles darf ich dir noch nicht sagen. Warten wir das Weitere ab. Du bist jedenfalls der Erste, der etwas erfährt, wenn ich Konkretes weiß.“

„Danke. Eine gute Freundschaft ist was wert, vor allem, wenn man sich auf den anderen verlassen kann. Und wir kennen uns schon sehr lange.“

„Das sehe ich genauso. Ich muss jetzt Schluss machen. Eben kommt mein KTU-Mann von der Gärtnerei zurück. Mal sehen, ob er Neuigkeiten bringt. Ich halte dich, unter gewissem Vorbehalt auf dem Laufenden.“

„Kommen Sie herein, Herr Langer. Nehmen Sie Platz, und erzählen, was Sie bisher herausgefunden haben.“

„Frau Kommissarin, langer Rede, kurzer Sinn, es handelt sich eindeutig um Brandstiftung. Ich habe mit dem Brandmeister zusammen eine Begutachtung vorgenommen. Wir haben an vier verschiedenen Stellen Brandnester gefunden. Natürlich sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, aber so viel kann ich Ihnen vorab schon sagen.“

„Ausgezeichnete Arbeit, Herr Langer. Es handelt sich tatsächlich um Brandstiftung?“

„Hundert Prozent!“

„Gut. Dann erstatte ich dem Chef einen vorläufigen Bericht. Er sieht das Ganze als Chefsache, weil er mit dem Vater vom jungen Schütterle befreundet ist.“

„Kann ich verstehen, dass er da Ergebnisse sehen will.“

Die Kommissarin ging eine Treppe hoch zu ihrem Vorgesetzten. „Hallo, Herr Dr. Franke. Ich wollte Ihnen kurz Bericht erstatten.“

Sie musste immer schmunzeln, wenn sie ihn sah. Er war ein Verschnitt von Clark Gable, verwegener kleiner pomadisierter Schnäuzer, eine dunkle Stirnlocke, die ihn draufgängerisch aussehen ließ. Dazu die aufgekrempelten Ärmel des weißen Hemdes. Er hätte als Freibeuter an der Reling eines Piratenschiffes stehen können.

„Ich will Sie gar nicht lange aufhalten. Wir gehen von Brandstiftung aus. Dafür liegen Beweise vor. Näheres hierzu müssen wir noch abwarten, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Der einzige Lichtblick in dieser Sache ist, dass Herr Schütterle gerade unten bei einem Kollegen sitzt, und mit ihm zusammen ein Phantombild erstellt. Zwei Tage, bevor der schreckliche Brand ausgebrochen ist, war ein Mann bei ihm, der die Gärtnerei kaufen wollte. Angeblich für ein Konsortium, das dort bauen will. Diesen Mann hatte er bisher noch nie gesehen.“

„Das ist ja wenigstens etwas. Wenn der Schütterle bei Ihnen fertig ist, schicken Sie ihn bitte zu mir. Ich möchte unbedingt mit ihm reden. Wir sind schließlich schon eine ganze Zeit befreundet.“

„Wird gemacht“, gab sie lächelnd zurück.

Drei

Heute saßen die fünf Gentlemen im Stadthaus von Karl-Heinz Weber. Er hatte einen Partykeller, der groß genug für einen Empfang war. Die chromblitzende Theke war das Prunkstück, das jedem sofort ins Auge stach. Der Raum war in mehrere Komponenten unterteilt, welche je nach Anlass benutzt werden konnten. Jetzt saßen sie im Klubabteil, mit den gemütlichen Ledersesseln, in denen sie schier versanken. Neben jedem von ihnen stand ein kleines Tischchen mit goldenen Füßchen. Darauf das gewählte Getränk. Karl-Heinz Weber zeigte allen gern seinen Reichtum.

Der ahnungslose und leicht naive Jürgen Reichert meldete sich zu Wort, „Habt ihr das in der Zeitung gelesen, dass die Gärtnerei Schüttler abgebrannt ist? Wenn die wieder aufbauen wollen, bekomme ich endlich wieder Geld ins Haus. Ich bin schließlich die Nummer Eins im heimischen Baugewerbe.“

„Ich wusste ja, dass du nicht der Schnellste im Denken bist. Aber das übertrifft wirklich alles. Wie du nur dein Abitur geschafft hast?“, gab der Bürgermeister zurück, schüttelte den Kopf.

„Nun werde mal nicht beleidigend. Kann schließlich nicht jeder ein Superhirn sein! Außerdem konnte ich bei dir immer gut abschreiben.“

„Sag nur, du hast damit etwas zu tun?“, meldete sich der Oberst mit großen Augen.

Weber feixte, „Wir waren uns doch einig, oder?“ Ein Strahlen ging über sein Gesicht.

Man hätte eine Nadel im Raum fallen hören können. Dann brandete Jubel auf. Ein Worttornado dröhnte durch den Raum. Niemand verstand mehr ein Wort der anderen.

„Ruhe! Ruhe, verdammt noch mal! Seit doch endlich still! Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr!“ Ein höhnischer, satanischer Zug grub sich in sein Gesicht.

Das Freudengeheul verstummte augenblicklich, als sie seinen Gesichtsausdruck wahrnahmen. Sie begriffen, er hatte es ernst gemeint.

„Karl-Heinz“, gab der Bankier Hans Clement vorsichtig von sich. „Ist das wirklich wahr? Hast du den Brand in Auftrag gegeben, oder selbst verursacht?“

„Wir waren uns doch einig! Jetzt tut doch nicht so überrascht! Wir profitieren schließlich alle davon!“, meldete er sich lautstark und mit Unmut in der Stimme.

„So hatte ich mir das nicht vorgestellt“, meldete sich Reichert zu Wort. „Neue Aufträge ja, aber nicht so. Das ist doch kriminell.“

„Jetzt stellt euch doch nicht so an. Waren alle eure Geschäfte reell? Habt ihr niemanden betrogen und übers Ohr gehauen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Oder wie war das letzten Herbst, als das Gemeindehaus neu verputzt worden ist? Wer hat dir den Auftrag besorgt? Was meinst du, wie das abgelaufen ist? Warst doch auch im Endeffekt einverstanden, oder?“

„Stimmt schon, aber das war kein Verbrechen, nur ein Geschäft unter Freunden.“

„Oder Werner, wer hat dafür gesorgt, dass deine Fahrzeuge jetzt als Stadtwagen fahren? Alles wegen deiner blauen Augen? Ach, ich könnte bei jedem von euch noch einiges aufzählen. Aber lassen wir das.“

„Jawohl!“ Oberst Degen strahlte. „Ein hundertprozentiger Plan muss her. Der Feldzug kann nur dann erfolgreich durchgeführt werden!“

„Seht ihr, der Oberst ist ganz meiner Meinung. Ein Mann, ein Wort. Ihr wollt doch alle etwas von dem großen Kuchen abhaben, oder?“

Weber wollte sie an ihrer empfindlichsten Stelle treffen, der Brieftasche. Er registrierte, dass seine Worte auf fruchtbaren Boden fielen.

Die Gemüter beruhigten sich. Der Verstand schaltete sich ein. Sie kamen auf den Boden der Tatsachen zurück, erinnerten sich, was sie vor ein paar Tagen besprochen hatten. Einige von ihnen waren sich der Tragweite sicher nicht bewusst gewesen. Aber es war geschehen, und ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Mitgefangen, mitgehangen. Jetzt hieß es kühlen Kopf bewahren. Sie hatten keine andere Wahl als zusammen den weiteren Weg zu gehen. Ein meisterhafter Plan musste geschmiedet werden. Hieb- und stichfest. Hierfür waren der Bürgermeister und der Oberst geradezu prädestiniert. Weber für seine Schläue, Degen für seine Strategie. Zusammen waren sie unschlagbar. Das würden ihre Mitbürger bald merken.

Vier

Alexandra von Königstein hatte stapelweise Untersuchungsergebnisse vor sich auf dem Schreibtisch liegen. Aber alles unbefriedigend. Von der KTU und Brandmeister Stocker lagen bisher nur vorläufige Ergebnisse über die Brandbeschleuniger vor. Es war abzuwarten, ob sich daraus Rückschlüsse ziehen lassen konnten. Dazu blieb nur noch die Personenbeschreibung mit dem Phantombild. Diese wollte sie unbedingt Hans Maybach mailen, damit er es in der morgigen Ausgabe seiner Zeitung veröffentlichen konnte. Ob sich dies allerdings als heiße Spur erweisen würde, war ebenfalls abzuwarten. Der Chef wollte unbedingt schnelle Ergebnisse. Die Familie Schütterle lag ihm schließlich sehr am Herzen. Aber das war alles leichter gesagt als getan, vor allem bei der bisherigen dürftigen Spurenlage.

Sie wählte die Telefonnummer von Hans Maybach, „Hallo Hans, ich will dich nur kurz auf dem Laufenden halten. Wie gesagt, handelt es sich um Brandstiftung. Details dazu gibt es noch nicht. Aber eine klitzekleine Spur, obwohl diese auch sehr vage ist. Ich schicke dir gleich per Email ein Foto. Setze es bitte in die morgige Ausgabe: Wer kennt diesen Mann? Nähere Beschreibung zu diesem Mann, siehe Aufstellung. Vielleicht ist es ein Täter, vielleicht aber auch nur unbescholtenes Blatt. Ist jedenfalls alles, was wir bisher haben. Er hat vor dem Brand bei den Schütterles vorgesprochen, und wollte die Gärtnerei kaufen, was diese natürlich abgelehnt haben. Dann kurz darauf das Feuer, ist doch seltsam, oder? Mache aber bitte keine Hetzkampagne daraus, sondern nur eine Personensuche. Aber da kennst du dich damit ja recht gut aus.“

„Da hast du doch wenigstens etwas. Vielleicht hilft das weiter? Ich werde dir jedenfalls einen guten Artikel schreiben. Kannst dich drauf verlassen. Und vielen Dank für die neuen Infos.“

„Sobald sich etwas tut, melde ich mich. Aber jetzt fahre ich nach Hause, noch ein wenig relaxen. Im Pool kommen mir oft die besten Ideen.“

„Du hast es gut. Man könnte fast neidisch werden. Ich muss noch eine Weile im warmen Büro sitzen.“

Die Kommissarin stieg in ihr Mercedes-Cabrio. Die extra für sie eingebaute Musikanlage erklang in vollen Tönen. Man wähnte sich in einem Konzertsaal. Geld spielte bei ihr keine Rolle.

Sie hatte sich noch nie darum Sorgen machen müssen. Ihre Großeltern hatten in Südafrika Glück gehabt. Sie konnten sich gewinnbringend an einer Diamantenmine beteiligen, und dadurch ein beträchtliches Vermögen zusammentragen. Ihre Eltern übernahmen nach deren Ableben die Geschäftsanteile. Bei einem Inlandsflug in Afrika stürzte das Flugzeug ihrer Eltern ab, wobei diese ums Leben kamen. Alexandra war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschäftsfähig. Ihr damaliger Vormund legte das beachtliche Vermögen gewinnbringend für sie an. Deshalb kannte sie Geldsorgen nur von ihrer Kundschaft oder aus der Zeitung. Sie hätte keinen Tag arbeiten müssen, aber nur zu Hause sitzen, war nicht ihr Ding. So entschloss sie sich für die Laufbahn bei der Polizei, und nahm ein entsprechendes Studium auf. Schon während ihrer Einsätze auf einigen Polizeirevieren verbuchte sie Erfolge, und landete recht schnell als Kommissarin im Kommissariat für Gewaltverbrechen.

Ihr Hauspersonal war schon gegangen. Sie hatte eine Putzfrau, sowie einen Gärtner, die aber beide morgens nur für ein paar Stunden präsent waren. Zuhause angekommen begrüßte sie ihre Katze Pegasus. Den Namen hatte diese bekommen, weil sie mit ihrer Zeichnung genau wie ein Einhorn aussah. Sie schnurrte und miaute, um sich ihre Streicheleinheiten abzuholen. Nach einigen Minuten siegte dann doch der Hunger, und sie lief an ihren angestammten Platz in der Küche, wartete auf ihr Futter.

Sie bekam ihr Fressen. Alexandra schob für sich eine Tiefkühlpizza in den Backofen. Nachdem beide sich gestärkt hatten, schlenderte sie in den Garten, das schöne Wetter ausnutzen. Sie wollte noch einige Bahnen im Zwanzig-Meter-Becken ziehen, um ihren Frust auszutoben, außerdem war es gut für die Fitness. Das Schwimmen war für sie Meditation, brachte innere Ruhe und Ausgeglichenheit. Dabei kamen ihr die besten Ideen. Das Karussell in ihrem Kopf begann sich zu drehen. Immer wieder blieben ihre Gedanken bei dem mysteriösen schwarz gekleideten Mann hängen. Hatte er etwas mit dem Fall zu tun, oder war er ein Unbeteiligter, der wirklich nur die Gärtnerei für ein Konsortium kaufen wollte? Hoffentlich brachte der Zeitungsartikel etwas Licht ins Dunkel, und er wurde gefunden, oder meldete sich. Die bisherigen Ergebnisse gaben jedenfalls nichts her, außer, in den Brandsätzen konnte noch ein wichtiges Detail gefunden werden. Mal abwarten.

Fünf

Der nächste Morgen brachte Neuigkeiten. Sie wurde schon vom Chef erwartet, der einen Gesichtsausdruck hatte, als wäre seine Ernte verhagelt.

„Frau von Königstein“, dabei holte er Luft, um dann polternd fortzufahren. „Der Täter hat schon wieder zugeschlagen!“

„Wo denn, Herr Kriminalrat? Meiner Abteilung liegt bisher keine Mitteilung vor.“

„Gleich neben der Gärtnerei Schütterle. Die Feuerwehr ist bereits dorthin unterwegs, wie mir Brandmeister Stocker am Telefon gesagt hat.“

„Ich fahre sofort hin, Dr. Franke. Sobald ich mehr weiß, rufe ich Sie an.“

„Machen Sie das. Aber Beeilung! Das darf nicht um sich greifen! Wir sind doch keine Verbrecherstadt!“ Er war außer sich.

Die Kommissarin machte schleunigst sich auf den Weg. Innerhalb kurzer Zeit war sie vor Ort und sah bereits von Weitem die Feuerwehr.

Brandmeister Stocker winkte ab, als er die Kommissarin sah, „Nichts Tragisches, Frau von Königstein. Hat nur eine Mülltonne gebrannt. Schon gelöscht. Aber Vorsicht ist besser, nachdem das gestern geschehen ist.“

„Bin ich beruhigt, und kann dem Chef Bericht erstatten.“

Im Präsidium angekommen, ging sie zum Leiter der Dienststelle, um Aufschluss über das Feuer zu geben, „Entwarnung, Dr. Franke. Es hat lediglich ein Abfallbehälter gebrannt.“

„Gut, dann bin ich nochmal beruhigt. Hat sich im Fall Schütterle etwas ergeben? Sie sind dringend auf Ergebnisse angewiesen, damit die Versicherung zahlen kann.“

„Wir setzen alle Hebel in Bewegung. Wird schon, Chef.“

„Ich zähle auf Sie.“

Im Büro wollte sie sich gerade die neu eingegangenen Unterlagen der KTU anschauen, als das Telefon klingelte. „Hallo Hans, hast du Neuigkeiten für mich?“

„Erst einmal guten Morgen, liebe Alexandra. Weißt du, wie viel Männer in schwarzen Anzügen und weißem Hemd hier herumlaufen? Von den Bestattern einmal abgesehen? Ich maile dir die Liste gleich rüber. Jeder will einen schwarzen Mann gesehen haben. Schau dir das Ganze mal an, ob etwas Brauchbares dabei ist.“

„Genauso eine Liste liegt bei mir auch auf dem Schreibtisch. Muss ich erst sichten. Das Telefon in unserer Zentrale hat nicht mehr stillgestanden.“

„Sehen wir uns zum Mittag? Bei dem Wetter wäre der Italiener um die Ecke mit seinem Biergarten nicht schlecht.“

„Ok. Bis dahin müsste ich die meisten Unterlagen durchgesehen haben. Ich werde meinen beiden Kollegen auch noch einiges davon hinlegen. Sie müssen nicht meinen, dass die Chefin alles allein macht.“

„Lukas! Evi! Arbeit!“

Ihre Mitarbeiter marschierten grinsend im Gänsemarsch herein, „Wir dachten schon, du willst den Fall allein lösen.“

„Das könnte euch so passen. Ausruhen, und dann die Lorbeeren kassieren.“

Sie waren ein super Team, in etwa gleich alt. Lukas war aus Bayern zu ihnen gekommen, nachdem er hier seine Frau kennengelernt hatte. Bei den beiden hatte es im Urlaub sofort gefunkt, Liebe auf den ersten Blick. Mit seiner Versetzung hierher hatte es fast umgehend funktioniert. Evi, die große Blonde, eigentlich Evelyn, war die Nichte vom Chef. Sie bildete sich aber nichts darauf ein, sondern arbeitete großartig im Team mit. Was in diesen Räumen gesprochen wurde, blieb auch hier. Nichts wurde in die Chefetage getragen.

„Passt auf, ich habe hier verschiedene Listen ausgedruckt, auf denen alle Männer mit schwarzen Anzügen sein sollen. Überprüft bitte, ob sich darunter eventuell ein Verdächtiger befindet. Ruft an, geht hin, macht, was ihr für richtig haltet. Ich war ja auch erst von der Aktion überzeugt, aber schaut es euch an. Wenn ihr nur irgendetwas Suspektes entdeckt, sofort sagen. Es ist wenigstens ein Versuch. Polizeiarbeit bedeutet nun mal auch die Nadel im Heuhaufen suchen. Alles verstanden?“

„Ja, Chefin!“, kam es chorgleich zurück. Sie rauschten in ihre Zimmer ab.

Die Kommissarin nahm sich jetzt den Bericht der KTU vor. Erstaunt hob sie die Augenbrauen. Das gibt’s doch gar nicht. Das ist seltsam. Da rufe ich sofort an. Sie suchte sich die Telefonnummer des nächstliegenden Stabes der Bundeswehr heraus. Dort wurde sie mit Brigadegeneral Neumann, dem Kommandanten der Garnison, verbunden.

Er meldete sich mit zackiger Stimme, „General Neumann! Was kann ich für Sie tun, Frau Kommissarin?“

„Haben Sie von dem Brand bei uns in der Stadt gelesen?“

„Selbstverständlich! Und was haben wir damit zu tun? Sagen Sie nur nicht, das wären meine Männer gewesen.“ Seine Stimme verlor etwas von der Schärfe, die er bisher an den Tag gelegt hatte.

„Ich hoffe nicht, Herr General. Aber unsere KTU hat herausgefunden, dass es sich um einen Brandbeschleuniger handelt, der bei der Bundeswehr verwendet wird.“

„Und da sind Sie ganz sicher?“

„Absolut! Kann es sein, dass eventuell solche Materialien einmal gestohlen wurden?“

„Ja, vor zwei Jahren kam es zu einem größeren Diebstahl aus unserer Waffenkammer. Aber bitte Stillschweigen darüber. Ich sage Ihnen das nur, weil Sie in unsere Richtung wegen des BW-Brandbeschleunigers ermitteln.“

„Ist da noch mehr abhandengekommen? Ich versichere Ihnen, dass ich Ihre Angaben nur für unsere Recherchen nehme, und auf keinen Fall in die Öffentlichkeit bringe.“

„Gut, Frau Kommissarin. Ich verbinde Sie mit unserer Waffenkammer. Der Hauptfeldwebel Schmitt soll Ihnen detaillierte Auskünfte geben.“

„Ich bin Ihnen sehr verbunden, Herr General. Vielen Dank.“

Eine zackige Stimme meldete sich, „Hauptfeldwebel Heinrich Schmitt! Wie kann ich Ihnen helfen? Der Herr General hat befohlen, ich soll Ihnen die benötigten Auskünfte geben. Was wollen Sie genau wissen?“

„Bei Ihnen soll es einen größeren Diebstahl gegeben haben. Hat Sie General Neumann über Einzelheiten in Kenntnis gesetzt, weshalb ich anrufe?“

„In Kurzform. Wie er andeutete, geht es um Brandbeschleuniger. Ja, davon wurde eine ganze Anzahl gestohlen.“

„Sie betonen das so sonderbar. Ist noch mehr entwendet worden?“

„Das können Sie laut sagen!“ Die Stimme des Hauptfeldwebels hatte einen scharfen Ton bekommen. Man konnte seinen Zorn und seine Wut förmlich spüren. „Und das mir. Aus meiner Waffenkammer. Hier ist bisher noch nie nur eine Patrone abhandengekommen. Und dann das. Sie können sich nicht vorstellen, wie mir zumute war.“

„Kann ich Ihnen nachfühlen. Mir geht es mit manchen meiner Kunden genauso. Ein hilfloses Gefühl. Du ermittelst, dann kommt so ein schlauer Rechtsanwalt, und schon hast du verloren. Ich verstehe Sie vollkommen.“

„Das beruhigt mich. Was ich mir von meinen Vorgesetzten habe anhören müssen, das geht auf keine Kuhhaut. Ich wollte schon hinschmeißen. Aber schlussendlich konnte man mir nichts anhängen. Es war ein Diebstahl gehobener Klasse. Die Kerle müssen direkt mit einem Kleinbus vorgefahren sein, und eingeladen haben. Niemandem ist nur eine Kleinigkeit aufgefallen. Es muss sich um einen Soldaten gehandelt haben, der Insiderwissen hatte. Anders kann es nicht sein.“

„Ist denn an Ihrem Schlagbaum bei der Ausfahrt nichts aufgefallen?“

„Nein. Darum gehe ich davon aus, es kann sich nur um einen Kameraden gehandelt haben kann.“

„Was hat denn noch gefehlt?“

„Die ganze Palette rauf und runter. Angefangen bei Pistolen, unserem Sturmgewehr G3, und der dazugehörigen Munition. Weiter ging es mit Blendgranaten und Handgranaten, aber die scharfen, keine Übungsgranaten. Ach, beinahe hätte ich es vergessen, eine Panzerfaust. Können Sie sich das vorstellen?“

„Das ist ja furchtbar! Wenn jemand so ein Arsenal hat, kann er einen Kleinkrieg führen. Sind die Waffen auf dem Schwarzmarkt gefragt?“

„Das schon. Aber die Preise sind dafür nicht besonders hoch, weil es doch schwere Waffen sind, die sich unter der Jacke oder dem Mantel nicht so einfach verstecken lassen. Auf dem Markt sind eher kleinere Sachen wie Pistolen gefragt.“

„Hatten Sie damals einen Verdacht, wer hinter dem Diebstahl stecken könnte?“

„Ja, eine gewisse Person hatten wir im Visier. Aber nachweisen konnten wir es ihm nicht. Es wurde sogar eine Hausdurchsuchung durch die Feldjäger vorgenommen. Aber nichts.“

„Um wen handelte es sich?“

„Das war der Leutnant Weinrich. Der hat ein oder zwei Monate nach dem Vorfall sein Dienstverhältnis beendet. Das machte ihn nochmals verdächtig. Aber er meinte, nach der ganzen Schikane könne er nicht mehr bei der Truppe bleiben, sein Ruf wäre ruiniert.“

„Haben Sie die Personalien von ihm?“

„Nein, aber die Personalabteilung sicherlich.“

„Können Sie mich mit denen verbinden? Das würde mir sehr weiterhelfen.“

„Selbstverständlich. Mache ich gern. Ich sage denen, dass Sie mit dem General gesprochen haben, und Auskünfte geben sollen. Kleinen Moment.“

„Vielen Dank. Sie haben mir wirklich sehr geholfen. Ich hoffe, dass mich das bei meinen Ermittlungen einen Schritt weiter bringt.“

Von der Personalabteilung bekam die Kommissarin den vollständigen Namen und die Adresse des Verdächtigen.

Sofort schaute sie im Computer nach der Zielperson. Die Adresse stimmte sogar noch. Er wohnte gleich im Nachbarort. Den Herrn wollte sie augenblicklich aufsuchen. Aber zuvor musste sie dem Chef Bericht erstatten.

„Frau von Königstein. Schön Sie zu sehen. Wenn Sie so strahlen, haben Sie gewiss Neuigkeiten.“

„Ganz recht, Herr Dr. Franke. Sie werden staunen.“

Alexandra berichtete von ihren Ermittlungen, und wurde nur von einigen Aha und Soso unterbrochen. Andächtiges kurzes Schweigen folgte. Dann legte der Polizeichef los, „Das haben Sie wirklich hervorragend ermittelt. Mein Kompliment. Wie gedenken Sie, jetzt weiter vorzugehen?“

„Ganz einfach, Chef, ich fahre hin, und befrage ihn. Wenn er keine vernünftigen Antworten auf meine Fragen hat, nehme ich ihn mit.“

„So problemlos stellen Sie es sich vor?“, gab er amüsiert zurück. „Wenn alles nur so mit Leichtigkeit gehen würde. Dann bräuchten wir den ganzen Polizeiapparat nicht. Deshalb schlage ich vor, Sie nehmen den Haberl mit. Der soll aber behutsam sein, und nicht seinen bayerischen Charme ausspielen. Letztes Mal wollte er auch mit seinen Fäusten zupacken. Das soll er beim Fingerhakeln machen, aber nicht bei uns. Ich weiß, er ist ein prima Kollege, und hat manche gute Idee, aber seine Ruppigkeit müssen Sie ihm noch abgewöhnen.“

„Sicher, Dr. Franke. Er ist ein guter Kerl, manchmal ein wenig ungestüm, aber das bekommen wir auch noch hin.“

„Gut, dann fahren Sie sofort, und schauen sich den Verdächtigen an.“

Sechs

„L ukas, wir fahren!“

„Wo geht´s denn hin?“

„Erkläre ich dir alles im Auto, Tempo!“

Im Wagen erzählte die Kommissarin von ihren Ermittlungen bei der Bundeswehr, und nannte ihm das Fahrziel.

„Das ist ja ein Ding! Das wäre ein schneller Erfolg! Aber bei solchen Typen müssen wir sehr vorsichtig sein und abwarten.“

„Da hast du recht. Wenn das unser Mann ist, hat der sicherlich Waffen, um damit eine ganze Armee ausrüsten zu können.“

„Vor allem auch Handgranaten. Da bist du machtlos. Habe ich selbst erlebt, wie ich noch bei der Bundeswehr war. Das war zu der Zeit, wo sie Leute für den Kosovo gesucht haben. Unser Hauptfeldwebel hat uns die Wirkung demonstriert. Furchtbar. So schnell kannst du gar nicht laufen, wie dir so ein Ding um die Ohren fliegt.“

„Das kann ich mir vorstellen. Keine Alleingänge, nichts Unüberlegtes. Ich hoffe, wir haben uns verstanden? Nicht das dein Temperament mit dir durchgeht.“

„Ja, Chefin, ich weiß, nicht so wie beim letzten Mal. Der Kriminalrat hat es mir oft genug unter die Nase gerieben.“

Sie klingelten an der Adresse des Verdächtigen. Es handelte sich um ein kleines verschlafenes Einfamilienhaus, dass absolute Stille umgab. Sie klingelten nochmal.

Eine Stimme kam aus dem Garten, „Gehen Sie um das Grundstück. Dort ist eine kleine Pforte!“

Sie marschierten vorsichtig um das Anwesen herum, wobei die Kommissare sich ständig umblickten. Vorsicht um jeden Preis.

„Wer sind Sie? Was wollen Sie?“, kam eine barsche Stimme aus dem Garten.

Alexandra hielt ihren Dienstausweis hoch, „Polizei! Hauptkommissarin von Königstein. Das ist mein Kollege Kommissar Haberl. Sind Sie Herr Weinrich?“

„Warum wollen Sie das wissen? Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“

„Dürfen wir eintreten?“, gab die Kommissarin leicht angesäuert zurück. Dieses Wortgeplänkel gefiel ihr überhaupt nicht.

„Kommen Sie herein. Das Tor ist nicht abgeschlossen.“

Auf der Wiese saß ein Mann in schwarzer Hose, weißem Hemd und kurzem dunklen Haarschnitt. Er machte eine elegante Figur, obwohl er im Rollstuhl saß. Die Beschreibung passte auf ihn.

Alexandra schluckte. Eine Seifenblase platzte. Ein Mann im Rollstuhl konnte unmöglich der Täter sein. Sie wollte sich aber die Enttäuschung nicht anmerken lassen.

„Kommen Sie bitte zur Sache. Ich erwarte noch anderweitigen Besuch, meine Physiotherapeutin.“

„Warum sind Sie so rebellisch? Ich habe Ihnen weder etwas getan, noch unterstellt. Und Sie wissen noch nicht einmal, um was es geht. Aber wenn Sie meinen, so unausstehlich zu sein, bitte. Wo waren Sie gestern in der Zeit zwischen zwölf und achtzehn Uhr?“

„Das kann ich Ihnen genau sagen“, lachte er höhnisch. „Hier natürlich, wo sonst. Oder meinen Sie ich klettere auf Hausdächer, oder fahre auf dem Nürburgring?“

„Ich verstehe Sie wirklich nicht. Warum sind Sie so bissig?“

„Es geht doch bestimmt wieder um den Diebstahl von den Waffen und der Munition aus der Waffenkammer. Kann doch gar nicht anders sein! Ich habe es langsam satt. Man konnte mir nichts beweisen, und damit fertig. Ständig kommt jemand und bohrt nach. Jetzt sogar die Polizei. Ich glaube, da hätten Sie auch genug und würden ihre schlechte Laune zeigen.“

„Kann ich verstehen, trotzdem geht es noch einmal um das leidige Thema. Sie werden mir sicher nicht sagen, ok, ich habe das Zeug gestohlen. Erwarte ich auch nicht. Haben Sie einen Verdacht, wer da sonst seine Finger im Spiel hatte?“

Der ehemalige Leutnant änderte seinen Kurs, als er merkte, dass er auf diese Art und Weise nicht weiterkam, und nicht unbedingt als alleiniger Täter dastand. „Wir hatten alle noch eine Vermutung, aber wie gesagt, es ist nur ein Verdacht. Ein ehemaliger Zeitsoldat, um genau zu sein, ein Soldat mit zwölfjähriger Verpflichtung, war auch im Gespräch. Sie müssen sich vorstellen, er war in seinem zwölften Dienstjahr, und immer noch Unteroffizier. Normalerweise ist man zu diesem Zeitpunkt in dieser Laufbahn Hauptfeldwebel. Sie können sich ausmalen, dass da einiges vorgefallen ist.“

„Da ist was dran“, gab die Kommissarin zurück. „Wären Sie so gut, mir den Namen zu sagen?“

„Selbstverständlich! Heinrich Karstadt.“

Die Kommissarin schmunzelte.

„Ja, Sie lachen“, gab er zurück. „Aber er war einer, der alles hatte. Wenn man etwas benötigte, bei ihm bekam man es.“

„Und da könnten Sie sich vorstellen, dass er auch den Waffendiebstahl begangen hat, oder daran beteiligt war?“

„Sie können gern in der Kompanie Rückfrage halten. Er war ebenso in Verdacht, wie ich. Aber im Endeffekt konnte man uns beiden nichts nachweisen, und die Ermittlungen sind im Sand verlaufen.“

„Das lässt sich sicher nachprüfen? Ich werde mich nochmal an Ihren ehemaligen Kompaniechef wenden.“

„Tun Sie das. Falls Sie noch Fragen haben sollten, können Sie jederzeit anrufen“, gab er süffisant zurück.

Die Kommissare verabschiedeten sich.

„Und, was meinst du?“, wollte Lukas von seiner Chefin wissen, als sie im Auto saßen.

„Zuerst dachte ich, getroffene Hunde bellen. Aber dann kam die Geschichte mit Heinrich Karstadt. Das prüfe ich umgehend nach. Ich hoffe nur, dass sie mir bei der Bundeswehr wieder bereitwillig Auskunft geben. Sie waren bisher sehr zuvorkommend, und das ohne Bürokratie.“

„Ja, das hat mich auch sehr gewundert. Das haben die sicher gemacht, damit kein schlechtes Licht auf sie fällt, weil es sonst heißen würde, sie wären schuld oder nachlässig.“

„So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Mein Charme war wohl ausschlaggebend“, gab sie lachend zurück.

„Stimmt, du und dein Charme. Damit erreichst du wohl alles?“

„Bisher schon. Aber ich will ja nicht angeben.“

Diese Flachserei machte ihnen Spaß. Ihr Beruf war schließlich anstrengend genug.

Alexandra von Königstein rief noch einmal in der Personalstelle der Garnison an, und bekam ohne Weiteres die gewünschte Auskunft. Sie suchte über das Einwohnermeldeamt die Adresse heraus, die sich mit den Angaben der Bundeswehr deckte.

„Lukas!“ die Kommissarin rief ihren Mitarbeiter.

„Was gibt´s, Chefin?“

„Wir können gerade noch mal umdrehen.“

„Warum? Hast du etwas vergessen?“

„Nein, aber der Karstadt wohnt zwei Querstraßen vom Weinrich weg. Der hat uns doch auf den Arm genommen, weiß bestimmt, dass der da wohnt.“

„So ein Haderlump!“ Das Bayerische kam manchmal noch durch.

„Beruhig dich. Bei dieser Fahrt nehme ich die Evi mit, damit sie auch mal wieder aus den vier Wänden kommt. Du kannst solange die Listen weiter durchsehen. Vielleicht haben wir wenigstens einen Erfolg.“

Lukas Blick drückte nicht gerade große Freude aus, dafür konnte sie förmlich das Strahlen von Evi aus dem Nebenzimmer spüren.

„Erst mal machen wir aber Mittag!“ Die Kommissarin dachte an ihre Verabredung mit Hans Maybach beim Italiener. Der Gesuchte würde ihr in der Zeit sicher nicht weglaufen.

Der Redakteur wartete bereits auf sie. Er hatte in einem lauschigen Eckchen Platz genommen. Ein Glas Rotwein stand vor ihm auf dem wunderbar eingedeckten Tisch. Die Blumenvase war mit Rosen ausgefüllt. Die Tischdecke leuchtete in den italienischen Farben, die Servietten waren farblich angepasst. Aus dem Hintergrund erklangen leise Lieder von Eros Ramazotti. Es war wie im Urlaub, fehlten nur noch die Gondeln.

„So kann man es aushalten“, flötete Alexandra.

„Den herrlichen Platz an der Sonne habe ich extra für dich bestellt“, gab er schmunzelnd zurück.

„Wenn die Arbeit nicht wäre, könnte ich es hier eine ganze Weile aushalten“, gab sie zurück. „Ich habe leider nicht viel Zeit.“

„Geht mir genauso. Ich werde über die Geschichte mit der Brandstiftung eine Reportage schreiben. Ist sonst in den letzten Tagen nicht viel geschehen. Da nehme ich es als Aufhänger und berichte über vergangene spektakuläre Feuer, die bei uns bisher in der Stadt waren. Vielleicht ganz interessant, und wir finden irgendwelche Parallelen.“

„Gar nicht schlecht die Idee. Bin gespannt, ob du etwas findest. Meine Telefonnummer kennst du ja. Jetzt lass uns schnell bestellen, ich habe einen Mordshunger.“

Hans Maybach bestellte sich eine große Pizza Diavolo, dazu noch ein Glas Rotwein. Alexandra ließ sich einen gewaltigen italienischen Salat mit gebratenen Garnelen und eine Flasche Mineralwasser bringen.

„Da sieht man wieder den Unterschied“, meinte die Kommissarin scherzhaft. „Mittags schon Rotwein. Das kann ich mir als Beamtin nicht erlauben.“

„Genau, da sieht man den Unterschied. So ein Luxusessen kann ich mir als armer Redakteur nicht leisten.“

Die beiden verstanden sich blendend und flachsten öfter. Man munkelte bereits, ob da nicht mehr zwischen ihnen wäre.

Nun erzählte die Kommissarin, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, von ihrer Vernehmung des ehemaligen Soldaten Weinrich. Sie spielten sich öfter gegenseitig die Bälle zu, konnten manche Sachen deshalb schneller bewerkstelligen. Den neuen Verdächtigen erwähnte sie nur nebenbei. Sie wollte nicht vorgreifen. Vor allem wies sie ihn auf Verschwiegenheit hin, damit sie nicht in Teufels Küche kommt.

Nach dem Essen fuhr sie mit Evi zu dem ehemaligen Zeitsoldaten. Dabei zeigte sie ihr im Vorbeifahren das Haus von Weinrich. Am Ziel klingelten sie, aber ohne Reaktion.

Eine ältere Frau mit Lockenwicklern schaute zum Fenster heraus, „Zu wem wollen Sie denn?“

„Hauptkommissarin von Königstein! Wir wollen zu Herrn Karstadt! Wissen Sie, wo wir ihn finden können?“

„Von der Polizei sind Sie? Zeigen Sie bitte Ihren Ausweis. Könnte ja jeder kommen.“

Die Beamtin hielt ihren Dienstausweis hoch.

„Gut, bin ich beruhigt. Aber Sie kommen zu spät. Heinrich hat zwar hier noch seine Wohnung, ist aber seit Monaten nach Frankreich zur Fremdenlegion. Hier ist ihm die Decke auf den Kopf gefallen. Und außer Soldat hat er ja nichts gelernt.“

„Haben Sie eventuell eine neue Adresse von ihm?“

„Nein, er hat für seine Post ein Schließfach. In seiner Wohnung schaue ich ab und an nach dem Rechten.“

„Danke für die Auskunft.“

Im Auto meinte sie zu Evi, „So ein Mist. Erst haben wir zwei Verdächtige. Beide haben sich sozusagen in Luft aufgelöst. Fangen wir wieder von vorne an.“

„Das ist nun mal die Polizeiarbeit“, gab Evi schmunzelnd zurück. „Mein Onkel hat mir eingetrichtert, Polizeiarbeit ist Laufarbeit, die nie aufhört. Gleichzeitig meinte er, ob das was für dich ist, wo du doch keine Geduld hast. Dann habe ich es ihm gezeigt, und meinen Lehrgang als Beste abgeschlossen.“

„Ja, ich weiß, du bist eine Streberin. Aber du machst wirklich gute Arbeit, und gehst immer ruhig an die Sache heran. Lukas muss noch Geduld und Feingefühl üben.“

„Ich finde auch, wir sind ein super Team.“

Sieben

In der folgenden Nacht ereignete sich das nächste Unheil. Die Stadt wurde durch eine Explosion aus dem Schlaf gerissen. Die Detonation ließ das gesamte Viertel der Oase erbeben. Krachen, Schutt und Asche senkten sich auf die Hausdächer. Atemlose Stille, dann das Geheul der Sirenen, die durch die Nacht schnitten, Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen.

Die Kommissarin wurde durch das Getöse geweckt. Gleichzeitig läutete ihr Telefon. Kriminalrat Dr. Franke meldete sich aufgelöst.

„Frau von Königstein, machen Sie schnell! Die Stadt versinkt in Schutt und Asche. Die Oase ist gesprengt worden. Bitte beeilen Sie sich!“

„Wissen Sie, was genau geschehen ist, Chef? Ich habe eine Explosion gehört. Danach heulten nur noch Sirenen der Rettungsdienste.“

„Exaktes weiß ich noch nicht. Fahren Sie schnell zum Unglücksort. Den finden Sie sicher sofort. Ihre Kollegen rufe ich auch an.“

Evelyn und Lukas waren vor der Kommissarin am Brennpunkt. Sie liefen gerade zum Explosionskrater. Alexandra sprintete hinterher.

Dort hatte sich bereits eine dichte Menschentraube gebildet, Uniform an Uniform. Gewaltiges Stimmengewirr brandete durch die Nacht. Und wie immer die Schaulustigen, die sämtliche Arbeiten behinderten, durften nicht fehlen. Die Streifenbeamten, die bereits vor Ort waren, mussten für Ruhe und Ordnung sorgen, und die Neugierigen mit sanfter Gewalt aus der Gefahrenstelle schieben.

Am Krater sah sie die komplette Besatzung der Spurensicherung im hektischen Treiben. „Und Männer, könnt ihr schon etwas sagen?“

„Immer langsam, Frau Kommissarin. Soweit wir bisher feststellen konnten, handelt es sich um eine Gasexplosion.“

„Keine Bombe oder Granate?“

„Nein, das kann ich auf jeden Fall ausschließen.“

„Also ein ganz normaler Unglücksfall, kein Attentat oder Ähnliches?“

„Wir gehen davon aus. Endgültig kann ich es erst bei Tageslicht sagen. Unsere Lampen sind zwar stark, ersetzen aber das natürliche Licht nicht. Wie würde unser Doc sagen, Näheres nach der Obduktion“, gab er grinsend zurück.

Erleichtert schnaufte die Kommissarin, „Dann bin ich beruhigt. Rufe gleich den Chef an, damit er sich wieder entspannen kann.“

„Evi! Lukas!“, rief sie lautstark in die Menge. „Feierabend!“

Die beiden Kollegen folgten ihrer Chefin, die sich ein wenig abseits stellte. „Der Edi von der Spusi hat gemeint, es handele sich um ein normales Gasunglück und kein Verbrechen. Näheres teilt er uns morgen mit. Darum heim mit euch. Ein wenig Schlaf könnt ihr sicher noch vertragen.“

Als die beiden sich verabschiedet hatten, zog sie ihr Handy aus der Tasche und rief Kriminalrat Dr. Franke an, „Hallo Chef, hier ist von Königstein.“

„Und Frau Kommissarin, was ist los?“

„Entwarnung. Es scheint sich um ein normales Gasunglück zu handeln. Aber bei Tageslicht will die Spusi noch einmal den Ort des Geschehens genau unter die Lupe nehmen. Dann berichte ich Ihnen.“

„Dann bin ich zufrieden. Ich dachte schon, ein Verbrechen würde das andere jagen, und wir wären mittendrin. Jetzt können wir doch noch eine Mütze Schlaf nehmen.“

„Machen wir Chef. Gute Nacht.“ Das hörte er schon nicht mehr, weil nur noch das Freizeichen antwortete.

Sie fuhr total übermüdet in ihre Villa. Dort wurde sie bereits sehnsüchtig von ihrer Katze Pegasus erwartet. Diese strich ihr um die Beine und verlangte Streicheleinheiten. Die weißen Stirnhaare standen wie bei einem Einhorn spitz nach oben. Tänzelnd stolzierte sie in ihre Futterecke und setzte sich vor den Futternapf. Alexandra holte einen Leckerbissen aus dem Kühlschrank, den sie ihr sacht hinhielt. Schnurrend nahm die Katze ihn fast zärtlich aus der Hand. Als Dankeschön schleckte sie ihrer Besitzerin die Finger.

„Komm, wir gehen jetzt ins Bett. Ich dusche nur noch, dann verschwinden wir.“

Als hätte die Katze dies verstanden spazierte sie ins Schlafzimmer, und legte sich dort auf das zweite Kopfkissen. Kurz darauf kam Alexandra mit einem Glas Rotwein und setzte sich in ihre Betthälfte. Sie war todmüde, aber durch die Aufregung der letzten Stunden konnte sie nicht sofort schlafen. Deshalb nahm sie ihren Laptop und erstellte eine Datei über die bisherigen Erkenntnisse.

Die Müdigkeit überkam sie nun doch. Bevor sie einschlief, kreisten ihre Gedanken. Was passiert noch? Hoffentlich war das alles, und es kehrt wieder Ruhe ein. Wir müssen uns um die Schütterles kümmern, damit diese wieder ein Dach über den Kopf bekommen. Hat Hans mit der Artikelserie Erfolg? Bringt uns das neue Aufschlüsse? Der Bericht der Spusi …?

Acht

Im Golfklub herrschte Hochbetrieb. Die fünf Honoratioren hatten es sich wie immer im Nebenraum gemütlich gemacht. Rauchgeschwängerte Luft füllte den Raum. Hochprozentiges zog seine Kreise. Die Stimmung schwoll im Laufe der Zeit an.

„Mensch Karl-Heinz, das läuft doch wie geschmiert“, äußerte Jürgen Reichert der Bauherr. „Immer mehr Zerstörungen. Da kann ich mich sicher bald vor Aufträgen nicht mehr retten.“

„Wieso?“, gab dieser zurück. „Was habe ich damit zu tun?“ Er lächelte süffisant.

„Na, die Explosion! Das ist doch auf deinem Mist gewachsen. Das war genial!“

„Ich bin zwar der Bürgermeister, aber nicht für alles verantwortlich, was in meiner Stadt geschieht.“ „Jetzt tue doch nicht so.“

„Jetzt lass doch den Karl-Heinz in Ruhe“, meldete sich der schleimige Autohändler Werner Schulz. „Er wird es uns schon sagen, wenn er wieder etwas Neues ausheckt.“

„Richtig Männer! Kommt lasst noch mal den guten Whisky rumgehen. Ich wusste gar nicht, dass der Klub so ein edles Tröpfchen hat.“

„Den habe ich extra für uns bestellt“, meldete sich Hans Clement der Bankier.

„Immer nobel! Aber du hast es ja!“ gab Oberst Degen seinen Kommentar ab. „Sicher von Kundengeldern bezahlt.“

„Ruhe Männer! Genug dummes Zeug geschwafelt! Werdet wieder ernst. Haben schließlich noch Einiges vor.“

Der Oberst meldete sich zu Wort, „Ein Schlachtplan muss her! Wer hat eine Idee?“ Zackig kamen die Worte aus seinem Mund, als wäre er noch beim Militär. Seine Mitstreiter waren regelrecht erschrocken.

„Genau. Ich habe mir einige Gedanken gemacht. Es ist alles schön und gut. Wir wollen aus der Oase die schönste, größte Wohn- und Geschäftswelt machen. Wir sind mit unseren Berufen in allen Belangen vertreten. Das ist gut so. Aber wer übernimmt die Planung?“

„Stimmt. So weit haben wir alle nicht gedacht“, meldete sich Clement. „Und da hast du jemanden an der Hand? Den richtigen Mann für uns?“

„Ihr habt´s erfasst. Hört zu. Ich habe einen alten Studienkameraden. Er ist mir noch so einige Gefälligkeiten schuldig. Ich habe ihm einige Male aus der Patsche geholfen. Aber ein bisschen Druck wäre bei ihm sicher hilfreich.“

„Ist er ein Wackelkandidat, oder kannst du dich auf ihn verlassen?“, wollte Degen wissen. „Hundertprozentiger Verlass ist meiner Meinung nach das Wichtigste bei so einem Projekt.“

„Ich denke schon, dass auf ihn Verlass ist. Aber bevor ich ihn mit der Arbeit betraue und in das Projekt einweihe, will ich von euch wissen, ob ihr einverstanden seid. Ich bitte um Handzeichen.“

Vier Arme wurden in die Luft gestreckt.

„Gut. Ich danke euch für die Zustimmung. Ich bringe ihn bei unserem nächsten Treffen mit. Ich will dann von euch das OK haben. Bis dahin lasse ich ihn noch im Ungewissen, mache nur Andeutungen. Ist das in eurem Sinne?“

Seine vier Mitstreiter nickten.

„Wird auch langsam Zeit, dass etwas geschieht“, meldete sich Jürgen Reichert. „Ein wenig Geld in der Kasse könnte ich gut vertragen.“

„Du immer mit deinen Geldproblemen. Aber ein wenig Geduld wirst du schon noch haben müssen.“

„Wann treffen wir uns wieder?“, meldete sich der Oberst zum Abschluss.

„Wartet es ab. Ich habe noch einen Trumpf in der Hinterhand. Mal sehen, ob der sticht. Aber mehr verrate ich euch noch nicht.“

Gemurmel. Aber er rückte nicht mit der Sprache raus.

Neun

Alexandra von Königstein saß pünktlich um acht Uhr an ihrem Schreibtisch. Papierberge stapelten sich im Posteingangskorb. Evi und Lukas kamen meist ein wenig später. Aber dies glichen sie durch längere Arbeitszeiten am Abend wieder aus. Diese frühe Zeit, in der sie allein war, genoss sie mit einem Cappuccino. Ihre Gedanken hatten freien Lauf, kreisten im Kopf. Niemand störte sie. Morgens kamen die besten Einfälle, wie heute z. B.: Was ist in der Stadt los? Warum immer in der Oase? Ist dort etwas Besonderes, oder das Ganze nur Zufall? Ob Hans in seiner neuen Serie eine Entdeckung gemacht hat? Das Karussell drehte sich immer wieder im Kreis. Es ergab sich aber nichts Greifbares.

Das Telefon klingelte, „Na, auch schon munter? War gestern eine turbulente Nacht in der Stadt. Hast mich gar nicht bemerkt, obwohl ich dir Handzeichen gegeben habe.“

„Hallo Hans. Ich habe dich tatsächlich nicht gesehen. War wirklich eine unschöne Sache, und der Chef ist mir auf den Füssen gestanden.“

„Ok, ok. Aber ich habe auch Neuigkeiten für dich. Ich glaube, meine neue Artikelserie über die Feuer in unserer Stadt wird ein Knüller. Stell dir vor, sogar ich als Laie, habe Ungereimtheiten festgestellt.“

„Und zwar?“

„Langsam. Ich brauche da noch deine Hilfe. Einige von den Bränden, die innerhalb der letzten fünf Jahre ausgebrochen sind, waren in der Oase. Ist doch seltsam, oder?“

„Kannst du Zusammenhänge erkennen?“

„Ja und nein. Komme besser bei mir vorbei. Dann können wir zusammen die Unterlagen sichten. Sind einige Bände zusammengekommen.“

„Nach der Dienstbesprechung komme ich rüber.“

Zwischenzeitlich waren ihre Mitarbeiter eingetrudelt.

„Was ist mit einer Dienstbesprechung?“, wollte Lukas wissen.

„Dr. Franke hat eine große Dienstbesprechung mit allen Abteilungen veranlasst. Punkt neun Uhr im großen Sitzungssaal.“

„Ich denke, gestern war es ein technisches Problem und kein Anschlag.“

„Sicher, aber es haben bisher auch noch nicht alle Ergebnisse der Untersuchungen vorgelegen. Die Analysen der Spusi und der Feuerwehr werden dann wohl ebenfalls ausgewertet sein.“

Kurz vor neun Uhr gingen sie in den bereits gut gefüllten Sitzungssaal. Ihr eigentlicher Platz neben Dr. Franke war vom Feuerwehrkommandanten Stocker besetzt. Die beiden waren ins Gespräch vertieft. Sie schmunzelte, als sie ihren Chef lautstark lamentieren sah. Sein Clark-Gable-Schnäuzer glänzte im kalten Licht der Deckenlampen. Die Hemdsärmel schauten wie immer aus den Ärmeln seines Saccos hervor, die goldenen Manschettenknöpfe funkelten. Die Wangen des neben ihm Sitzenden waren so rot, als wenn es brennen würde. Alexandra schmunzelte, wie sie die beiden diskutieren sah, und setzte sich zu ihren Mitstreitern, die sie verwundert ansahen. Sie deutete nur in Richtung des Chefs.

Dr. Franke erhob sich, „Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, dass Sie erschienen sind, vor allem dem Herrn Feuerwehrkommandant und seinen Spezialisten. Natürlich auch unserer Spusi und meinem Ermittlerteam. Ich hoffe, dass wir miteinander die schlimmen Vorfälle der letzten Zeit aufklären können. Aber ich möchte den Damen und Herren der Abteilung Spurensicherung nicht vorgreifen. Doch wie mir angedeutet wurde, ist die Explosion wohl bewusst herbeigeführt worden. Ich bitte um Erläuterung.“

Edi Braun, der Chef der genannten Abteilung stand auf, „Meine Damen und Herren, es ist durchaus richtig, was Herr Dr. Franke gerade angedeutet hat. Mit meinen Kollegen der Feuerwehr habe ich zusammen die Unglücksstelle untersucht. Es wurden Reste von Sprengstoff gefunden. Es handelt sich einwandfrei um eine bewusst herbeigeführte Explosion.“

Lautes Gemurmel ertönte: Unglaublich … das gibt’s doch gar nicht … und dass hier … Frechheit … den Gaunern muss man das Handwerk legen …

Dr. Franke erhob sich, „Bitte, meine Damen und Herren! Ruhe bitte! Das ganze Lamentieren nutzt nichts. Ergebnisse müssen her. Ich bitte um Wortmeldungen und Vorschläge.“

Die Kommissarin meldete sich, „Ist herausgefunden worden, um was für eine Art Sprengstoff es sich handelt? Kann er zugeordnet werden, oder welche Bestandteile? Wurden entsprechende Kennzeichen festgestellt?“

„Wir haben zwar noch nicht alle Komponenten herausgefunden, weil es sich um ein sehr kleines Teilchen handelt, aber wir sind uns einig. Diese Art Sprengstoff wird von der Bundeswehr benutzt. Hierfür spricht auch, dass wir ein winziges Teil vom Bundesadler, der dort aufgedruckt wird, entdeckt haben. Diese Erkenntnisse haben wir dem Sachverständigen der Feuerwehr zu verdanken, der sehr genaue Prüfungen und Analysen durchgeführt hat.“

Dr. Franke hatte während des Vortrags rote Wangen bekommen, „Meine Herren, ich kann Ihnen nur das allerhöchste Lob aussprechen. Die Zusammenarbeit mit Ihnen hat sich mehr als nur einmal bewährt. Ich danke Ihnen für die gute Arbeit.“

„Eine Frage“, die Kommissarin war wieder in ihrem Element. „Bedeutet das für uns, weitere Anfragen bei der Standortverwaltung stellen zu müssen? Ist kein Irrtum möglich?“

„Nein, absolut nicht“, gab Edi Braun zurück. „Wir haben es mehrfach geprüft, und sind zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Somit wirst du bei der Bundeswehr erneut ermitteln müssen.“

„Genau, Frau von Königstein, nehmen Sie sich diese Herren nochmals vor. Diesmal sollte aber etwas Handfestes dabei herauskommen. Wir müssen Ergebnisse erzielen. Lassen Sie sich nicht abspeisen. Sie haben meine volle Unterstützung.“ Dr. Franke gab sich kämpferisch.

In diesem Augenblick wurde die Tür des Sitzungssaales geöffnet. Ein Uniformierter trat ein, sah sich um, und steuerte auf Kriminalrat zu.

„Entschuldigung Sie bitte die Störung, Herr Kriminalrat.“

„Was ist denn los?“, gab er barsch zurück. „Sie sehen doch, dass wir in einer wichtigen Besprechung sind!“

„Herr Dr. Franke“, gab er zurück. „Es ist von äußerster Bedeutung, sonst würde ich nicht stören.“

Der Streifenbeamte flüsterte ihm ins Ohr.

„Was! Das darf doch nicht wahr sein! Wo ist das geschehen? Erzählen Sie. Diesmal aber so, dass der Saal auch mithören kann. Erspare ich mir das Nachplappern. Aber bitte von vorn.“

Der Hauptwachtmeister errötete, war es nicht gewohnt, vor so vielen Leuten zu sprechen.

Fast flüsternd kam es, „Meine Damen und Herren, in der Oase ist ein Mord geschehen.“

Mucksmäuschenstille. Man hätte eine Nadel fallen hören. Dann brach das Tohuwabohu der lauten Stimmen über den Saal herein.

Die Kommissarin Alexandra von Königstein sprang erregt auf. „Das gibt’s doch gar nicht!“ Sie lief zum Kriminalrat.

„Frau Kommissarin, nehmen Sie Ihr Team mitsamt der Spusi. Beeilen Sie sich. Sobald Sie etwas wissen, informieren Sie mich.“

Er wandte sich an die versammelten Mitarbeiter und die Leute der Feuerwehr, „Meine Damen und Herren, wie Sie mitbekommen haben, ist ein Mord geschehen. Ich hebe hiermit die Zusammenkunft auf. Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen.“

Zehn

Im Laufschritt ging es aus dem Sitzungssaal. Eine Wagenkolonne mit Blaulicht verließ das Präsidium. Vor der Adresse standen bereits zwei Streifenwagen. Soeben wurde das rot-weiße Absperrband angebracht.

Bei dem Gebäude handelte es sich um ein altes Backsteinhaus, in dem eine Schmiedewerkstatt untergebracht war. Der Schmied schärfte nur noch Messer und Scheren. Sein eigentliches Handwerk war heutzutage nicht mehr gefragt.

Die Kommissarin kannte sich in dem Gebäude gut aus, war früher öfter mit ihrem Vater hier gewesen. Die beiden Männer waren gute Freunde gewesen. Wenn der Tote wirklich der Schmied war, hatte der Täter nichts zu lachen. Sie würde die Tat persönlich nehmen, war es dem alten Herrn schuldig.

Und tatsächlich, auf dem kalten Steinboden lag Alfons, der alte Schmied, verbogen und leblos. Tot. Alexandra schluckte.

Mit rauer Stimme fragte sie den Hauptwachtmeister, der zuerst am Tatort war, „Wer hat ihn gefunden?“

„Seine Zugehfrau, die Frau Simon“, gab er gedämpft zurück. Auch er kannte den alten Schmied von Kindesbeinen an. „Ich habe sie in ihre Wohnung gebracht. Sie wohnt im Nebenhaus. Ich hoffe, das war richtig?“

„Ja, ja, das geht in Ordnung. Ich kenne sie schon lange. Wie hat sie es aufgefasst? Muss ein Arzt nach ihr sehen?“

„Nein, sie ist erschüttert, hat es aber gefasst aufgenommen. Ich glaube, sie überspielt den Schock und die Trauer.“

„Ich gehe gleich rüber, um sie zu befragen. Dabei erkundige ich mich nach ihrem Befinden.“

Inzwischen hatte die Spusi ihre Arbeit aufgenommen. Sie waren komplett in ihre Plastikmontur eingehüllt. Allen voran Edi Braun. Er kniete neben dem Toten und sah durch ein Vergrößerungsglas. Er hatte die linke Hand unter die Lupe genommen.

Der Gerichtsmediziner Wilfried Hoffmann polterte mit seinem großen silbernen Koffer herein. „Machst du jetzt schon meine Arbeit, oder kannst du es nicht abwarten“, grummelte er.

„Du Wilfried, ich will dir nicht vorgreifen, aber mir sind da Partikel unter den Fingernägeln aufgefallen, die ich mir vorab angeschaut habe. Ich weiß ja, du bist der Meister deines Faches, aber so Kleinigkeiten schaue ich mir doch gern selbst an.“

„Schon gut, schon gut. Ich habe heute meinen großzügigen Tag. Aber sichere Ergebnisse liefere nur ich“, gab dieser zurück. Die beiden kannten sich schon lange, weil sie ihre Tätigkeit bei der Polizei zur selben Zeit begonnen hatten. Sie frotzelten gern miteinander.

Routinemäßig ging der Gerichtsmediziner an die Arbeit und brummelte dabei vor sich hin.

„Kannst du mir schon etwas sagen? Ich weiß, Genaueres nach der Obduktion. Aber schon irgendein Anhaltspunkt: Todesursache, Zeitpunkt?“, mischte sich die Kommissarin ein.

„Zu eins, zwei Schüsse ins Herz. Aber so was von exakt, habe ich noch nie gesehen. Todeszeitpunkt nicht länger als zwei Stunden, plus minus. Ich muss erst noch Raum- und Körpertemperatur messen.“

„Gut, das gibt mir schon einen Anhaltspunkt.“

An ihre beiden Kollegen gewandt, äußerte Alexandra, „Ich gehe zu Frau Simon rüber. Ihr schaut euch hier noch ein bisschen um.“

Diese saß auf einem Küchenstuhl, hatte eine blaue Strickjacke an, und zerknüllte ein weißes Stofftaschentuch zwischen ihren knotigen Fingern. Ihr gebräuntes faltiges Gesicht zuckte, den Blick nach innen gerichtet. Sie versuchte die Tränen zurückzuhalten.

„Frau Simon, verstehen Sie mich?“ Die Kommissarin musste sie dreimal ansprechen, ehe diese reagierte.