Der Sohn des Löwen - Mac P. Lorne - E-Book
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Mac P. Lorne

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Beschreibung

Der krönende Abschluss der historischen Abenteuer-Saga über den König der Diebe Robin Hood von Mac P. Lorne im Taschenbuch. So sehr er sich auch nach Frieden sehnt, noch sind die Tage des Kämpfens für Robin Hood nicht vorüber: 1230 beginnt der junge König Heinrich III. erneut einen Krieg gegen Frankreich, und auch in England steht es nicht zum Besten. Machthungrige Höflinge machen sich die Unerfahrenheit und den chronischen Geldmangel Heinrichs zu Nutze, unter anderem auch Robins alter Feind, der Earl of Chester, der es auf Loxley und Huntingdon abgesehen hat. Ein letztes Mal noch müssen die Gefährten aus dem Sherwood Forrest zusammenkommen, um für Recht und Gerechtigkeit einzustehen. Nach den Erfolgsromanen "Das Blut des Löwen", "Das Herz des Löwen", "Die Pranken des Löwen" und "Das Banner des Löwen" der fünfte und letzte Band über Robin Hood. 1. Band: Die Pranken des Löwen 2. Band: Das Herz des Löwen 3. Band: Das Blut des Löwen 4. Band: Das Banner des Löwen 5. Band: Der Sohn des Löwen

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Seitenzahl: 774

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Mac P. Lorne

Der Sohn des Löwen

Ein Robin-Hood-Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Der krönende Abschluss der historischen Abenteuer-Saga über den König der Diebe

So sehr er sich auch nach Frieden sehnt, noch sind die Tage des Kämpfens für Robin Hood nicht vorüber: 1230 beginnt der junge König Heinrich III. erneut einen Krieg gegen Frankreich, und auch in England steht es nicht zum Besten. Machthungrige Höflinge machen sich die Unerfahrenheit und den chronischen Geldmangel Heinrichs zu Nutze, unter anderem auch Robins alter Feind, der Earl of Chester, der es auf Loxley und Huntingdon abgesehen hat. Ein letztes Mal noch müssen die Gefährten aus dem Sherwood Forrest zusammenkommen, um für Recht und Gerechtigkeit einzustehen.

Nach den Erfolgsromanen »Das Blut des Löwen«, »Das Herz des Löwen«, »Die Pranken des Löwen« und »Das Banner des Löwen« der fünfte und letzte Band über Robin Hood.

Inhaltsübersicht

WidmungKarteWappenPersonenregisterProlog1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. KapitelEpilogHistorische Anmerkungen des AutorsZeittafelGlossarBibliografieDanksagung
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Für Gisela und Hannes, Agnes und Alban,die mir auf dem Weg in ein neues Leben zur Seite standen

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England um 1225

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Personenregister

(historische Personen sind mit einem * gekennzeichnet)

Die Engländer

Robert Fitzooth, auch Robert von Loxley, später Robin Hood – geb. 1160 in Loxley, gest. 1247 in Kirklees Priory, ab Oktober 1190 Sir Robert von Loxley, ab August 1192 Earl von Huntingdon

Marian Leaford – seine Frau, geb. 1165 in Fenwick, gest. 1243 in der Gascogne

Fulke* – Sohn von Richard Löwenherz und Joan de Saint Pol (Existenz spekulativ), Ziehsohn von Robin Hood und Marian Leaford

Blanche – seine Gemahlin, Nichte von William Marshal

Martha, Anne, Roger und William – Blanches und Fulkes Kinder

Little John, Will Scarlett, Much Millerson, Bruder Tuck – Gefährten von Robin Hood

Henry III.* – geb. 01.10.1207, gest. 16.11.1272, ab 1216 und damit sechsundfünfzig Jahre lang König von England

Richard Plantagenet* – sein Bruder, geb. 05.01.1209, gest. 02.04.1272, ab 1257 römisch-deutscher König

Ranulph de Blondeville*, Earl von Chester – geb. circa 1172, gest. 28.10.1232, Robin Hoods Todfeind

John von Scotland* – sein Neffe und Erbe, hatte ab 1227 die Honour of Huntingdon inne, geb. 1206, gest. 1237

Hubert de Burgh* – Justiziar von Henry III., später entmachtet und gefangen gesetzt, geb. um 1170, gest. 1243

Peter des Roches* – intriganter Bischof von Winchester und Politiker unter Henry III., gest. 1238

Peter de Rivallis* – vorgeblich sein Neffe, aber wohl eher sein Sohn, Höfling unter Henry III., gest. 1262

Stephen de Seagrave* – englischer Ritter und Lordrichter, von 1232 bis 1234 königlicher Justiziar, gest. 1241

Guillaume Marshal* – Sohn von William Marshal und als 2. Earl von Pembroke dessen Nachfolger, geb. circa 1190, gest. 1231

Richard Marshal* – sein Bruder, 3. Earl von Pembroke, geb. circa 1192, gest. 1234

Gilbert Basset* und Richard Siward* – seine Gefolgsleute und Befreier von Hubert de Burgh

Die Franzosen

Louis IX.* – genannt der Heilige, ab 1226 König von Frankreich, geb. 25.04.1214, gest. 25.08.1270

Blanka von Kastilien* – seine Mutter, geb. 1188, gest. 27.11.1252

Simon de Montfort* – Schwager von Henry III. und Sohn des Anführers des Kreuzzuges gegen die Katharer, geb. 1208, gest. 04.08.1265, ein Mann, der zeit seines Lebens nach einer Krone strebte

Amaury de Montfort* – sein Bruder, geb. 1195, gest. 1241

Graf Hugo von Lusignan* – Stiefvater von Henry III. und Prinz Richard, geb. um 1200, gest. 05.06.1249

Isabella von Angoulême* – seine Gemahlin, Mutter von König Henry III. und Prinz Richard, geb. um 1188, gest. 04.06.1246

Hugo IV.* – Herzog von Burgund, nahm an drei Kreuzzügen teil, geb. 1212, gest. 1272

Andere

Friedrich II.* – römisch-deutscher Kaiser, auch »das Staunen der Welt« genannt, hatte mit mindestens dreizehn Frauen mehr als zwanzig Kinder, geb. 26.12.1194, gest. 13.12.1250

Heinrich VII.* – sein Sohn, geb. 1211, römisch-deutscher König und ab 1235 bis zu seinem Tod 1242 in väterlicher Gefangenschaft

Heinrich von Molenark* – Erzbischof von Köln, geb. um 1190, gest. 1238

Heinrich I.* – Herzog von Brabant, genannt der Mutige, geb. um 1165, gest. 1235

Al-Malik as-Salih Nadschm ad-Din Ayyub* – Sultan von Ägypten, gest. 1249

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Prolog

Wolvesey Castle, Dezember 1226

Es war eine wahrlich illustre Gesellschaft, die da in dem heimelig eingerichteten Kabinett des Bischofspalastes von Winchester bei üppigen Speisen und edlen Weinen zusammensaß. Vor achtzig Jahren hatte Heinrich von Blois während der Regierung seines königlichen Bruders Stephan aus der ehemals düsteren Burg einen luxuriösen Wohnsitz für das Oberhaupt der reichsten Diözese Englands geschaffen, was Peter des Roches, sein gegenwärtiger Nachfolger, durchaus zu schätzen wusste. Dennoch war Wolvesey Castle auch eine wehrhafte Festung, die gut geschützt von zwei Seitenarmen des Flusses Itchen auf einer Insel lag und zudem von einer Ringmauer mit mächtigen Türmen und Bastionen umgeben war. Schon so manch ein Belagerer hatte sich hier die Zähne ausgebissen, und auch den Bürgern von Winchester führte die Trutzburg vor Augen, wer in der Stadt wirklich das Sagen hatte. Auf keinen Fall der königliche Statthalter, der unweit des Bischofspalastes auf Winchester Castle residierte.

Ranulph de Blondeville, der Earl von Chester, war mit seinem Neffen, John von Scotland, im Geheimen nach Winchester gekommen. Sie wollten mit dem Bischof besprechen, wie man die Verhältnisse in England endlich wieder derart gestalten könnte, dass ihren Ansprüchen angemessen Rechnung getragen wurde. Für den bei seiner Krönung vor zehn Jahren erst neunjährigen König Henry III. war ein regierender Kronrat eingesetzt worden, dem William Marshal, der Earl von Pembroke und Sieger über die eingedrungenen Franzosen, vorgestanden hatte. Des Weiteren gehörten von Anfang an Hubert de Burgh, der heldenhafte Verteidiger von Dover Castle, und vonseiten des Klerus eben Bischof Peter des Roches dazu. Chester hingegen, obwohl größter Landbesitzer in England und in den Grenzmarken zu Wales, war zu seinem Leidwesen übergangen worden. Nur notgedrungen und zähneknirschend hatte er diese Zurücksetzung geschluckt, gedachte aber keineswegs, die Schmähung auf ewig hinzunehmen. Seither versuchte er ständig, das Rad der Fortuna zu seinen Gunsten zu drehen, und hatte erstmals Hoffnung, gebührenden Einfluss auf den jungen König zu bekommen, nachdem William Marshal hochbetagt vor mehr als sieben Jahren gestorben war. Wer, wenn nicht er, sollte die Stelle des Dahingeschiedenen im Kronrat einnehmen?

Doch der Earl von Pembroke hatte auf seinem Sterbebett Hubert de Burgh zu seinem Nachfolger bestimmt. Diesem war es nicht nur gelungen, Chester im Kronrat zu verhindern, sondern auch Peter des Roches weitestgehend zu entmachten und so den König dessen schädlichen Einflüsterungen zu entziehen. Geholfen hatte ihm dabei Fulke St. Pol, der illegitime Spross von Richard Löwenherz, der in der Obhut von Robert von Loxley, in England besser bekannt als Robin Hood, und seiner Gemahlin Marian in der Gascogne aufgewachsen war. Diesem jungen Ritter hatte der verstorbene Marshal einst vertrauensvoll die ritterliche Erziehung Henrys anvertraut.

Nun allerdings wendete sich langsam das Blatt. Fulke weilte gemeinsam mit Prinz Richard, dem Bruder des Königs, auf dem Festland, um die angevinischen Besitzungen der Plantagenets vor der endgültigen Vereinnahmung durch die Franzosen zu schützen. Henry, seines Erziehers damit ledig, lehnte sich jetzt des Öfteren gegen de Burgh auf, dessen Ratschläge er mehr und mehr als Bevormundung empfand. So war nun offenbar endlich die Zeit gekommen, das in den Augen von de Blondeville und des Roches bislang gebeugte Recht wiederherzustellen. Sie wollten den jungen und in seinem Urteilsvermögen oft schwankenden Herrscher dafür gewinnen, denjenigen unter den Edlen des Reiches wieder zu Macht und Ansehen zu verhelfen, die beides in ihren Augen auch verdienten. Und das waren natürlich in erster Linie sie selbst und ihre durchaus zahlreiche Anhängerschaft.

»Findet Ihr es nicht furchtbar, Exzellenz, dass man Euch mehr und mehr den Einfluss auf den König entzieht, ja Euch sogar zeitweise vom Hof verbannt?«, schmeichelte Chester hemmungslos dem Bischof. »Euch, den der päpstliche Legat im Auftrag des Papstes eigens in die Rolle eines königlichen Erziehers und Ratgebers berufen hat! England ist immerhin ein Lehen des Heiligen Stuhls, seit König John sein Reich einst vertrauensvoll in die Hände der heiligen Mutter Kirche legte, um ihre Unterstützung gegen die unselige Magna Charta zu erhalten. Solltet Ihr da nicht eher an der Spitze des Kronrates stehen statt dieses Emporkömmlings de Burgh? Von Richard Löwenherz’ Bastard ganz zu schweigen!«

Dass Chester gegen den Ziehsohn seines alten Feindes Robin Hood Gift und Galle spuckte, konnte jeder in der Halle nachvollziehen. Aber der höchste Geistliche in England war immer noch der Erzbischof von Canterbury und nicht der Bischof von Winchester. Wieso wandte sich der mächtige Earl nicht eher an den Erzbischof, anstatt hier vorstellig zu werden, fragte sich Chesters Neffe, der bisher nicht in die Pläne seines Onkels eingeweiht worden war. Doch de Blondeville wusste schon, was er tat, und wo er seine Verbündeten suchen musste. Stephen Langton, der Erzbischof, war ein starker Verfechter der Magna Charta. Er hatte den jungen König gleich zweimal dazu gebracht, die seinem Vater Johann ohne Land abgerungenen und darin verbrieften Rechte für jeden freien Mann in England zu bestätigen, und jedem, ganz gleich ob Herrscher, Richter, Sheriff oder Baron mit Exkommunikation gedroht, der dagegen verstieß. Um selbst mehr Einfluss und noch größeren Reichtum zu erlangen, wollte Chester nun, dass einige Teile der Urkunde außer Kraft gesetzt wurden.

Natürlich nicht diejenigen, die die Machtfülle des Königs beschnitten, oh nein. Damit lebte vor allem der hohe Adel in England ganz gut. Eher die Artikel, die die Barone dazu zwangen, sich der Gerichtsbarkeit des Parlaments und des Königs, vertreten durch seinen Kronrat, zu unterwerfen. Der Earl von Chester, ständig bestrebt und regelrecht davon besessen, seinen bereits sehr umfangreichen Ländereien neue hinzuzufügen, dachte nicht im Traum daran, seinen Expansionsdrang zu zügeln, nur weil ein Pergament ihm das vorschrieb. Wenn der junge König sich daran hielt – seine Sache. Er jedenfalls war nicht gewillt, diese Einschränkung seiner Rechte zu akzeptieren.

Schon lange hatte Chester sein Augenmerk auf die Grafschaft Huntingdon geworfen, die einmal von Richard Löwenherz – wahrscheinlich in einem Anfall von geistiger Umnachtung – dem Sohn eines Bauern übereignet worden war. Das konnte, davon war Ranulph de Blondeville überzeugt, nicht Gottes Wille sein, und deshalb war er hier, um diese unsinnige Belehnung rückgängig zu machen. Schließlich hatte sein Neffe John, der einer Seitenlinie des schottischen Königshauses entstammte, die Honour von Huntingdon geerbt. Er war also der Ehre, dem Namen nach, der Earl der Grafschaft, auch wenn sie ein anderer verwaltete und den Titel führte. Aber das musste ja schließlich nicht so bleiben, und Chester war der Meinung, dass nun die Zeit reif war, der Ehre auch die eigentliche Herrschaft beizufügen, die allerdings er auszuüben gedachte. Noch dazu, wo sowohl der junge als auch der alte Earl von Huntingdon zurzeit außer Landes weilten und niemand wusste, ob sie je zurückkehren würden. Dass beide für den Erhalt der angevinischen Ländereien auf dem Festland gegen die Franzosen kämpften, focht Chester dabei nicht weiter an. Umso besser, dann konnte er während ihrer Abwesenheit vollendete Tatsachen schaffen. Damit ihm das aber nicht womöglich eines Tages auf die Füße fiele, dafür brauchte er Peter des Roches, und deshalb war er hier.

»Wie so oft habt Ihr zweifelsohne recht, Sir Ranulph. Aber was soll ich tun?« Der Bischof gab sich unterwürfig und zuckte mit den Schultern. »Am Hofe haben jetzt andere das Sagen. De Burgh duldet niemanden neben sich, schon gar keinen Kleriker. Er ist der Meinung, König Henry wäre jetzt schon zu fromm und mehr dem Gebet als den ritterlichen Tugenden zugewandt. Zu seiner Unterstützung hat er sich Guillaume Marshal, den neuen Earl von Pembroke, an den Hof geholt und ihn mit Henrys Schwester vermählt, obwohl diese bei der Eheschließung gerade einmal neun Jahre alt war. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Das arme Mädchen hätte doch wahrlich besser mit einem ausländischen Prinzen verheiratet werden können. Aber offenbar wollen die Marshals das Amt des königlichen Ratgebers erblich machen. Dem Vater folgt jetzt der Sohn nach. Vielleicht streben die Marshals ja letztlich selbst nach der Krone! Zuzutrauen wäre es der ehrgeizigen Familie allemal. Wo soll das nur hinführen, frage ich Euch?«

»Ins Verderben, sage ich. Das dürfen wir auf keinen Fall zulassen. Wir müssen Henry endlich die Augen über de Burgh und all das andere zwielichtige Gesindel an seinem Hof öffnen. Wenn er erfährt, wie großzügig sein Justiziar mit dem Kronbesitz umgeht und wie viel sich dieser und seine Kumpane Pembroke und Huntingdon davon unter den Nagel reißen, wird er vielleicht begreifen, welch falsches Spiel seine jetzigen Ratgeber mit ihm treiben.«

»Ich kehre in zwei Tagen an den Hof zurück und kann ja versuchen, mit Henry unter vier Augen zu sprechen. Zumindest während der Beichte sollte mir das gelingen. Ansonsten hütet de Burgh ihn mit wahren Argusaugen. Was soll ich ihm denn sagen? Ihr müsst schon begründete Forderungen aufstellen und Beweise für deren Richtigkeit erbringen, wollen wir Erfolg haben.«

»Nun, daran soll es nicht scheitern, Exzellenz. Schaut, nach Ende des Bürgerkrieges sind viele Ländereien und Burgen nicht ihren ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben worden, obwohl das beschlossen war, um den Frieden zu sichern. Nehmen wir nur Marlborough Castle, das Guillaume Marshal nach wie vor besetzt hält und damit der Krone vorenthält. Noch schlimmer aber ergeht es meinem Neffen hier. Zugegeben, die Schotten haben aufseiten der französischen Invasoren gekämpft und Louis als König von England gehuldigt. Aber das sollte Schnee von gestern sein, und wir sollten stattdessen zusehen, unser Verhältnis zu unseren nördlichen Nachbarn zu verbessern. Dem widerspricht aber eindeutig, dass einem Angehörigen des schottischen Herrscherhauses seine ererbten Besitzungen in England nicht übergeben werden.«

»Die da wären, Mylord? Ich bin nicht ganz auf dem Laufenden.«

»Nun, zum einen Fotheringhay Castle in Northamptonshire, das sich seit weit mehr als einhundert Jahren im Besitz der Herrscherfamilie von Schottland befindet, ihr aber ebenso vorenthalten wird wie Marlborough unserem König. Guillaume Marshal hat seine Hand auf beide mächtige Festungen und die sie umgebenden Ländereien gelegt. Und das mit ausdrücklicher Billigung von Hubert de Burgh. Ein Skandal, denkt Ihr nicht auch?«

Was Chester geflissentlich verschwieg, war, dass Marshal wie einst schon sein Vater mit seinen Garnisonen die Interessen des minderjährigen Königs gegen die raffgierigen Barone in jenen Regionen schützte, was ihm selbstverständlich ein Dorn im Auge war. Henry war noch viel zu schwach und unerfahren, um diese Aufgabe selbst zu meistern.

»Ich denke, darüber kann ich durchaus mit dem König reden. Aber wenn Marshal die Burgen seinem königlichen Schwager nicht freiwillig zurückgibt, damit dieser darüber nach Gutdünken verfügen kann, wer soll sie ihm entreißen? Henry wird kaum einen Kriegszug in die Midlands, geschweige denn das Tal des Kennet unternehmen, um sie wieder in seinen Besitz zu bringen.«

»Das braucht er auch nicht. Zumindest, soweit es Fotheringhay Castle betrifft. Darum würden wir uns selbst kümmern.« Chester nickte zu seinem Neffen hinüber, der noch immer kein einziges Wort gesagt hatte. »Vorausgesetzt natürlich, der König beauftragt uns mit der Einnahme der Burg. Oder er duldet zumindest stillschweigend, dass diese wieder von ihrem rechtmäßigen Besitzer übernommen wird.«

»Nun, das würde ihn aber todsicher in Konflikte mit Hubert de Burgh und Guillaume Marshal bringen«, sinnierte des Roches laut vor sich hin. »Eine Konstellation, die viel für sich hätte, muss ich zugeben. Doch da wäre immer noch dieser Bastard von Richard Löwenherz, auf den Henry so gerne hört. Mischt der sich ein und ergreift Partei für Marshal und de Burgh, könnte Euer Plan glatt scheitern.«

»Dazu dürfen wir es natürlich nicht kommen lassen, Exzellenz. Wir müssen die Sache so darstellen, dass sein ritterlicher Erzieher kein unabhängiger Ratgeber, sondern selbst Vorteilsnehmer ist. Zugegeben, König Henry II. hat die Grafschaft Huntingdon damals nach dem Verrat des schottischen Herrschers Wilhelm I. eingezogen. Sie gehörte damals dessen Bruder. Doch Henrys Sohn Richard hat später in Palästina Robert von Loxley, diesen ehemaligen Geächteten, mit ihr belehnt. Der lebt jetzt aber in der Gascogne und hat sie wiederum seinem Ziehsohn, Fulke St. Pol, übereignet. Mit welchem Recht, frage ich? Schließlich ist mein Neffe, John von Scotland, in direkter Erbfolge der wahre Earl von Huntingdon, oder etwa nicht? Ich denke, es wird höchste Zeit, dass dem Gesetz in England wieder Geltung verschafft wird und nicht Bastarde und Bauern über Grafschaften herrschen.«

»Ganz so einfach ist die Sachlage in diesem Fall allerdings nicht«, wies der Bischof den Earl sanft zurecht. »Erstens beruhte der Anspruch der Schotten, sich Earls von Huntingdon zu nennen, immer nur auf der Honour, der Ehre. Die Einnahmen aus der Grafschaft gingen stets an die Krone. Und zweitens hat König John Robert von Loxley nie offiziell enteignet. Wohl weil er ihn für tot hielt und es deshalb nicht für notwendig erachtete. Deshalb und weil sowohl William Marshal wie auch unser junger König das Lehen bestätigt haben, kann Loxley damit tun und lassen, was er will. Ihr mögt König Richards Bastard nicht besonders schätzen und seinen Ziehvater sogar abgrundtief hassen. Aber vergesst nicht, alle zusammen haben wir noch vor ein paar Jahren gemeinsam bei Lincoln gegen die Franzosen und unsere eigenen Landsleute gekämpft. Damals stritt auch der leider verstorbene William Longsword, Earl von Salisbury, an unserer Seite. Und der war schließlich ebenfalls ein Bastard, nämlich der von Henry II., und damit ein Bruder der Könige Richard und John. Niemand hätte je gewagt, ihm Salisbury streitig zu machen. Und Fulke St. Pol ist nun einmal der Sohn von Richard Löwenherz. Wir haben es hier also mit der gleichen Konstellation zu tun.«

»Nicht ganz, denn Richard hat Fulke nie anerkannt.«

»Macht Euch nicht lächerlich, Chester. Das war nur der Zeit geschuldet. Fulke ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, geradezu sein jüngeres Ebenbild. Wäre es vor ein paar Jahren nur ein klein wenig anders gekommen, säße er heute vielleicht auf dem Thron.«

»Das hätte uns gerade noch gefehlt! Also wollt Ihr uns, was Huntingdon betrifft, nicht helfen, Exzellenz?«

»Das habe ich nicht gesagt. Es wäre sicherlich gottgefällig, könnten wir den Einfluss von de Burgh, Marshal und Fulke St. Pol am Hofe auf einen Schlag beenden. Ich habe da auch schon eine Idee. Sagt, junger Mann«, des Roches wandte sich direkt an John von Scotland, »habt Ihr nicht Lust, mich morgen nach Westminster zu begleiten? Zumindest hat man nicht versäumt, mich zum Weihnachtshof zu laden. Ihr seid, wie ich sehe, etwa ebenso alt wie unser König. Er hält ständig Ausschau nach jungen Rittern, aus denen er sich mittlerweile ein eigenes Gefolge zusammenstellt. Ihr hättet vielleicht noch eher als ich Gelegenheit, ihm Eure Wünsche und Ansprüche vorzutragen.«

»Es wäre mir natürlich eine große Ehre, Exzellenz, wenn Ihr mich Henry vorstellen könntet. So wie einst mein Vater wäre ich bestrebt, alles dafür zu tun, dass sich das Verhältnis zwischen England und Schottland wieder verbessert. Es war zweifelsohne falsch von uns, sich im Bürgerkrieg gegen König John und auf die Seite der Franzosen zu stellen. Was in meiner Macht steht, um diesen Fehler wiedergutzumachen, werde ich gern tun.«

»Und um eine angemessene Position bei Hofe zu erhalten, käme Euch der Titel und der Besitz eines Earls von Huntingdon gerade recht, nicht wahr?«, schmunzelte des Roches. »Nun, ich werde sehen, was ich tun kann. Aber versprechen will ich nichts. Rechnet lieber nicht damit, dass sich Henry eindeutig für Euch entscheidet und gegen seinen ritterlichen Erzieher stellt. Es sei denn, Ihr gewinnt seine Freundschaft und macht Euch ihm unentbehrlich.«

»Ich werde mein Bestes geben, Exzellenz, das versichere ich Euch.«

»Euer Neffe ist ja kaum zu bremsen, Chester. Wollen wir hoffen, dass er nicht noch in dieser Nacht ohne mich nach Westminster aufbricht.«

»Was wäre so falsch daran, des Roches? Euch könnte es doch nur recht sein, verschwänden de Burgh, Marshal und Fulke St. Pol aus dem Dunstkreis des Königs. Sagt ihm nur immer wieder, dass sie sich an seinem und anderem Besitz bereichert haben, und er wird über kurz oder lang auf Euch hören. Appelliert an sein Rechtsempfinden und sein Ehrgefühl. Mein Neffe wird Euch dabei nach Kräften unterstützen. Wärt Ihr nicht selbst daraufgekommen, hätte ich Euch vorgeschlagen, ihn mit an den Hof zu nehmen. Hält Henry still, will ich mich um den Rest kümmern. Dann gehören Fotheringhay und Huntingdon bald uns, und er selbst kann Marlborough haben. Euer Schaden soll es auch nicht sein, Exzellenz, das versichere ich Euch.«

»Ich werde Euch zu gegebener Zeit daran erinnern, Chester! Dessen seid gewiss. Wenn wir gemeinsam und entschlossen handeln, dann dürfte unser Plan nach menschlichem Ermessen nicht scheitern, und um Gottes Segen werde ich mich bemühen. Es gibt nach meinem Dafürhalten eigentlich nur einen, der uns noch in die Suppe spucken kann.«

»Wer bitte sollte das sein, der etwas gegen die mächtigsten geistlichen und weltlichen Lords von England ausrichten könnte?«, wollte der junge John von Scotland wissen und grinste über das ganze Gesicht. Er sah sich seinem Ziel, endlich Earl von Huntingdon zu werden, mit dem heutigen Tag schon ein ganzes Stück näher und gedachte nicht, sich auf dem Weg zu Titel und Land noch von irgendetwas oder -jemandem aufhalten zu lassen. Die bedeutungsschweren Blicke, die sich Chester und der Bischof zuwarfen, wusste er nicht zu deuten.

»Ein Mann, der schon einen König in den Tod getrieben und dafür gesorgt hat, dass ich jahrelang in deutschen Kerkern schmachten musste«, belehrte Ranulph de Blondeville seinen Neffen. »Ganz zu schweigen von den vielen anderen Dingen, die vielleicht die Geschicke Englands verändert haben und auf sein Konto gehen. Ihn dürfen wir unter keinen Umständen außer Acht lassen.«

»Von wem sprecht Ihr, Onkel?«

Doch es war Peter des Roches, der Bischof von Winchester, der für den Earl von Chester antwortete.

»Auch wenn der Name, unter dem er in England vornehmlich bekannt ist, heute noch nicht gefallen ist, so saß er doch wie ein Geist mit an diesem Tisch. Dein Onkel und ich, wir beide hatten schon mit ihm zu tun, und es ist uns nicht gut bekommen. Er ist eine Legende, mehr noch als Richard Löwenherz, Gott habe ihn selig, und gegen eine solche ist schwer zu bestehen. Barden und Troubadoure besingen ihn und seine Taten seit Jahren landauf, landab.«

»Jetzt glaube ich zu wissen, von wem Ihr sprecht. Also vor ihm fürchtet Ihr Euch? Aber das ist doch ein alter Mann!«, meinte John von Scotland im Brustton der Überzeugung und mit der Überheblichkeit der Jugend.

»Der erst vor Kurzem Raimund von Toulouse dabei geholfen hat, die Kreuzfahrer aus seinem Land zu werfen. Und unserem Heer in Aquitanien, König Louis zu schlagen.« Peter des Roches hob die Hand, und einen Moment lang glaubte der junge Ritter, dass der Bischof ihn segnen wollte. Doch es war nur eine Geste der Warnung, die seinen darauffolgenden Worten den nötigen Nachdruck verleihen sollte.

»Ich kann dir nur eins raten, mein Sohn. Willst du am Leben bleiben und es noch dazu auf Huntingdon genießen, unterschätze nie, niemals Robin Hood.«

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1. Kapitel

England, Winter 1227

Immer wieder tauchte der Bug des dickbäuchigen Nef in ein tiefes Wellental ein, um schon im nächsten Moment wieder steil nach oben gehoben zu werden, sodass der Vordersteven fast senkrecht in den Himmel zeigte. Zwei Männer, die nicht wie Seeleute gekleidet waren, standen auf dem Vorderkastell des Schiffes, hielten sich an der umlaufenden Reling fest und blickten sehnsuchtsvoll nach vorn, wo sich am Horizont die Küstenlinie abzuzeichnen begann.

Robin fluchte innerlich darüber, wie langsam dieser alte, morsche Kahn vorankam. Ganz anders als die neuen Schiffe des deutschen Städtebundes, der Hanse, die mittlerweile den Seehandel bis hinunter nach Kastilien und Portugal beherrschten, Weine aus Bordeaux ebenso transportierten wie Wolle aus England und im Gegenzug dafür unter anderem die kostbaren und begehrten Pelze aus den weiten Ländern der Rus anboten. Sogar Spezereien, Seide und Duftöle aus dem Orient schafften sie heran und strichen dafür märchenhafte Gewinne ein. Der von den Kauf- und Seeleuten des Nordens für diese Fernfahrten entwickelte Schiffstyp, die Kogge, war wesentlich schnittiger als das normannische Roundship, das nun schwerfällig durch den Kanal stampfte und dessen Planken und Spanten dabei so vernehmlich stöhnten, als wollten sie gleich auseinanderbrechen.

In Harfleur, wo Robin und Fulke an Bord gegangen waren, hatte leider keines dieser neuen, hanseatischen Schiffe mit Ziel England am Kai gelegen. So mussten sie sich notgedrungen mit dem Nef begnügen, das sich trotz achterlichen Windes so mühsam dem ersehnten Ziel entgegenquälte, dass es kaum zum Aushalten war.

In Fontevrault Abbey war von Robin der Frieden zwischen den drei Enkeln der dort bestatteten Eleonore von Aquitanien und ihrem auf ewig neben ihr ruhenden Gemahl König Henry II. vermittelt worden. Blanka von Kastilien, Richard von Cornwall und Raimund von Toulouse hatten sich nach endlosen Debatten und gegenseitigen Vorhaltungen schließlich doch noch über den Gräbern ihrer Großeltern die Hände gereicht. Zumindest vorläufig würden die Menschen im ehemals großen, unter König John allerdings mächtig dahingeschmolzenen angevinischen Reich – und auch in Frankreich – nicht weiter unter den Machtgelüsten ihrer Herrscher zu leiden haben. Selbst für die Katharer in Okzitanien zeichnete sich ein Silberstreif am Horizont ab. Robin hatte sich Berengaria von Navarra, die Witwe seines ehemaligen Lehnsherrn Richard Löwenherz, der ebenfalls in Fontevrault zu Füßen seiner Eltern seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, zu Hilfe geholt. Gemeinsam war es ihnen gelungen, die verfeindeten Enkel davon zu überzeugen, dass auf Dauer niemandem damit gedient war, wenn sie sich weiterhin gegenseitig die Köpfe einschlugen, und nur ein gegenseitiger Kompromiss den geschundenen Ländern den Frieden bringen konnte, um den vor allem Eleonore zeit ihres langen Lebens so bemüht gewesen war.

Fulke hatte währenddessen mit einer Abteilung Bogenschützen die Zusammenkunft abgeschirmt, damit nicht womöglich sein Ziehvater in eine von Blanka wohlvorbereitete Falle geriet. Schließlich war deren mittlerweile verstorbener Gemahl Louis von Robin sowohl in England wie auch unlängst im Toulounaise und in Aquitanien gnadenlos bekämpft worden. Doch der Argwohn war glücklicherweise unbegründet gewesen, denn es war Blanka mehr um den Machterhalt für ihren noch unmündigen Sohn als um Rache gegangen.

Jetzt befanden sich Vater und Sohn auf dem Weg nach England. Fulke voller Sehnsucht nach seiner Frau und den Kindern, Robin nach seinen Enkeln und dem Sherwood im Frühling. Er hatte Marian die Zustimmung zu dieser Reise abgerungen, um noch einmal die alte Heimat nebst den Freunden aus lang vergangenen Tagen wiederzusehen. Sie selbst würde ihn diesmal allerdings nicht begleiten, das hatte sie unmissverständlich klargestellt. Zum einen stand die Abfohlperiode auf Lisse unmittelbar bevor, während derer sie ihren Stuten nicht von der Seite wich und so richtig niemandem außer sich selbst vertraute. Zum anderen graute ihr im Gegensatz zu ihrem Mann, der das Meer fast ebenso liebte wie die weiten Wälder der Midlands, abgrundtief vor jeder Seefahrt. Robin musste hoch und heilig versprechen, spätestens im Herbst zurück in der Gascogne zu sein, und so hatte Marian ihn schweren Herzens ziehen lassen.

Beiden war klar, dass in diesen unruhigen Zeiten immer etwas Unvorhergesehenes geschehen konnte. Robin, das wusste seine Frau nur zu gut, zog außerdem nun einmal Trouble an wie das Licht die Motten. Ihm war die Gabe, sich aus Dingen herauszuhalten, die ihn eigentlich wenig bis gar nichts angingen, einfach nicht gegeben. Aber gerade deshalb liebte Marian ihren Mann über alles, hatte ihre Befürchtungen für sich behalten und ihn mit einem langen Kuss verabschiedet. Wohl wissend, dass weder der Ritt nach Fontevrault noch die Weiterreise nach England frei von Gefahren waren. Ihre Sorge galt natürlich auch Fulke, und lieber hätte sie es gesehen, wäre er zusammen mit Richard von Cornwall und dem Heer von Bordeaux aus nach England zurückgekehrt. Doch ihren Sohn zog es so schnell wie möglich zu Blanche und den Kindern nach Huntingdon, wofür sie natürlich Verständnis hatte. Schließlich war es nur ein kurzer Ritt von der Loire zu den Häfen der Normandie. Und dass Robin und Fulke wieder einmal längere Zeit miteinander verbringen konnten, außerdem ein erfreulicher Nebenaspekt, den sie beiden, wenn auch insgeheim etwas neidisch, gönnte.

 

»Meinst du, dass der Frieden diesmal hält?«, wollte Fulke von seinem Ziehvater nach längerem Schweigen wissen. »Es wäre wirklich zu schön, um wahr zu sein.«

Bevor Robin antwortete, wischte er sich erst einmal einige salzige Gischtspritzer aus dem Gesicht.

»Frag mich etwas Leichteres, mein Sohn. Letztlich wird es von Henry und damit auch von der Erziehung abhängen, die du ihm hast angedeihen lassen. Blanka hat im Moment andere Sorgen, als über die Eroberung angevinischer Ländereien nachzudenken. Raimund hingegen wird mit der Kirche klarkommen müssen, um seine Untertanen vor dem Scheiterhaufen zu bewahren. Keine beneidenswerte Aufgabe, aber wenn die französischen Truppen aus dem Languedoc abgezogen sind, fehlt dem Klerus der bewaffnete Arm, um weiter gegen die Katharer vorzugehen. Falls Henry den Friedensschluss, den sein Bruder Richard ausgehandelt hat, akzeptiert, wüsste ich nicht, warum Aquitanien nicht wieder aufblühen sollte. Es wird an dir und dem Prinzen liegen, dem jungen König klarzumachen, dass er kaum eine andere Wahl hat, als stillzuhalten.«

»Lade nicht so eine schwere Last auf meine Schultern, Vater! Er hört schon lange nicht mehr bedingungslos auf mich. Leider auch nicht auf den besonnenen Hubert de Burgh. Eher auf die jungen Männer bei Hofe, mit denen er sich jetzt umgibt und die auf Krieg drängen, weil sie sich beweisen wollen. Und auf Peter des Roches, diesen streitsüchtigen Pfaffen, der lieber kämpft, als die Messe zu lesen, und den Streitkolben dem Weihwasserwedel vorzieht.«

»Wem erzählst du das? Ich habe ihn bei Lincoln erlebt.«

»Ja, aber je älter er wird, desto schlimmer. Gebe Gott, dass er zur Vernunft kommt. Auch in England hetzt er ständig gegen die Magna Charta und ihre Ergebnisse. Wenn er so weitermacht, treibt er das Land noch in einen neuen Bürgerkrieg.«

»Das möge der Herr verhüten! Ich habe zwar geschworen, ihn nie wieder um etwas zu bitten, aber dann würde ich dieses Versprechen wohl brechen müssen. Oder notgedrungen erneut zu Langbogen und Schwert greifen. Beides nichts, wonach es mich wahrlich gelüstet.«

»Wollen wir hoffen, dass es nicht so weit kommt! Noch überwiegt der Einfluss von Guillaume Marshal, der vor ein paar Jahren Henrys Schwester Eleanor geheiratet hat, von de Burgh und mir bei Hofe. Und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, damit das auch so bleibt. Glücklicherweise steht Prinz Richard auf unserer Seite, wie du weißt. Aber die Adelsopposition wird immer mächtiger. Ranulph de Blondeville führt sie an, und was von dem zu halten ist, sollte dir ja bekannt sein.«

»Erzähl mir nichts über den Earl von Chester! Ich habe ihn mir in Nottingham schon einmal vorgenommen und später seine Armee im Sherwood vernichtend geschlagen. Danach durfte er dem deutschen Kaiser einige Zeit als Geisel für König Richard dienen. Obwohl wir dann später vor Lincoln gemeinsam gegen die Franzosen gekämpft haben, werden wir wohl nie mehr Freunde. Auch du solltest dich vor ihm in Acht nehmen. Er ist hinterhältig wie die Kreuzotter im Dickicht und machtgierig ohne Ende. Ich weiß noch, wie er getobt und ewige Rache geschworen hat, als William Marshal ihn nicht in den Kronrat berief. Die Kränkung wird er wohl sein Leben lang nicht überwinden.«

Fulke lachte leise vor sich hin.

»Seine und Guillaumes Truppen liefern sich an der Grenze zu Wales immer mal wieder kleinere Gefechte. Nichts Bedeutendes, aber man sieht daran, dass sich beide Marcher Lords in wahrer Feindschaft zugeneigt sind. Stoßen sie bei Hofe aufeinander, fliegen jedes Mal die Fetzen. Ich warte nur darauf, dass es einmal richtig kracht.«

»Es war schon richtig, dass Guillaume nicht mit nach Aquitanien gekommen ist und stattdessen seinen Bruder geschickt hat. Wenn alle vernünftigen Ratgeber von Henry zur gleichen Zeit das Land verlassen hätten, wäre das vielleicht für Chester die Gelegenheit gewesen, sich den Einfluss zu sichern, auf den er schon immer scharf war.«

»Dann wollen wir mal hoffen, dass ihm das nicht trotzdem gelungen ist. Ich habe ein ganz ungutes Gefühl in der Magengegend. Ganz anders als sonst, wenn ich nach England zurückgekehrt bin.«

»Du bist schon fast so eine alte Unke wie Little John. Färbt sein ewiger Pessimismus womöglich langsam auf dich ab, Fulke? Dann solltest du vielleicht überlegen, ihn aufs Altenteil zu schicken, und dir einen neuen Kastellan suchen.«

»Bloß nicht! Er hat aus Huntingdon eine nahezu uneinnehmbare Festung gemacht und wacht in meiner Abwesenheit über Blanche und die Kinder wie eine Glucke über ihre Küken. Ihm kann ich grenzenlos vertrauen. Und sein Sohn schlägt ganz nach ihm, sodass ich mir glücklicherweise keine Gedanken um einen Nachfolger für ihn zu machen brauche.«

»Nun, auch wenn dieser Kahn hier kaum vorankommt, sind wir doch bald in England, und dann kannst du selbst nach dem Rechten sehen. Ich bin sicher, Blanche wird dir gemeinsam mit meinen Enkeln auf der Zugbrücke freudestrahlend entgegenkommen und Marian blass vor Neid werden, wenn ich ihr später davon berichte.«

Robin konnte nicht ahnen, wie sehr er sich täuschen sollte.

 

Ganze drei Tage dauerte die Überfahrt von Harfleur nach Southampton, und Robin fragte sich, wann England wohl endlich einmal anständige Schiffe bauen würde. Wenigstens die Pferde hatten auf dem dickbäuchigen Nef ausreichend Platz, waren aber trotzdem heilfroh, als die furchtbare Schaukelei endlich vorbei war und sie wieder festen Boden unter die Hufe bekamen. So sträubten sie sich auch nicht sehr, über die schmale, rutschige Planke, die ein Bootsmann von der Bordwand zum Hafenkai gelegt hatte, an Land zu gehen. Fulke führte seinen Hengst selbst und vertraute ihn nicht seinem Knappen an. Dessen Wallach machte den größten Terz, und Robin beschloss, dem Jungen bei Gelegenheit einmal ein paar Tricks im Umgang mit Pferden beizubringen. Marian hätte jedenfalls nicht sehen dürfen, wie ungeschickt er sich anstellte. Robins Achill ging das Ganze jedenfalls nicht schnell genug. Er drängelte von hinten, sodass der Knappe fast mitsamt seinem Wallach in das Brackwasser gestürzt wäre, und sprang dann die letzten Yards von der Planke aus an Land. Sein Herr ließ ihn gewähren, denn er wusste, dass das gut erzogene Ross aus eigener Zucht nicht auf und davon galoppieren würde.

Bei Gelegenheiten wie dieser dachte Robin noch oft mit Schaudern an die lange Reise über das Mittelmeer von Sizilien bis nach Palästina, und was gerade die Rösser dabei auszuhalten gehabt hatten. Mehr als fünfunddreißig Jahre war es jetzt her, dass Richard zu seinem Kreuzzug aufgebrochen war – eine unvorstellbar lange Zeit! Begleitet hatte er den König damals, um für sich und seine Gefährten Begnadigung zu erhalten und nach der Rückkehr in Frieden leben zu können. Doch was war seither nicht alles geschehen, wo hatte er nicht überall kämpfen müssen! Nichts von dem, was er sich erhofft hatte, war eingetreten, aber auch keineswegs alles schlecht, was das Schicksal ihm und Marian beschert hatte. Statt in Loxley lebte er in der Gascogne und hatte im wahrsten Sinne des Wortes einen Sohn geschenkt bekommen. Gottes Wege waren in der Tat meist unergründlich, und Robin glaubte fest daran, dass der große Weltenlenker im Himmel oft herzhaft über die Pläne der kleinen Menschlein auf Erden lachte und sie wie Schachfiguren nach eigenem Gutdünken hin- und herschob.

Von Southampton aus wollten Robin und Fulke direkt nach Huntingdon reiten. Eigentlich hätte der königliche Erzieher zuerst den jungen Henry in Westminster aufsuchen müssen, doch zu sehr zog es ihn zu seiner Familie, als dass er sich davor noch groß am Hofe aufhalten wollte. Wenn sein Vater von Huntingdon aus weiter nach Loxley zog, konnte er das immer noch nachholen. Vielleicht würde ihn Blanche ja begleiten, der in der abgelegenen Grafschaft öfter die Decke auf den Kopf zu fallen drohte und die sich von Zeit zu Zeit nach etwas Abwechslung sehnte. Deshalb mieden sie auf ihrem Ritt bewusst die großen Städte wie Winchester und London, übernachteten in einfachen Gasthöfen und Herbergen oder auch einfach unter freiem Himmel, nur in ihre Pferdedecken gehüllt. Eine unheimliche Ahnung, die er sich nicht erklären konnte, trieb vor allem Fulke voran, und Robin, der dieses Gefühl kannte, hielt ihn nicht zurück. Und die innere Stimme sollte seinen Sohn nicht getrogen haben, denn um ein Haar wären sie zu spät gekommen und selbst in ihr Verderben geritten.

Es war mittlerweile zehn Jahre her, dass Robin zuletzt auf englischem Boden geweilt hatte. Damals war das Land vom Bürgerkrieg zerrissen gewesen, ein Teil des Adels hatte sich gegen den König erhoben und für die Magna Charta gekämpft. Ein an sich erstrebenswertes Unterfangen, doch als die Barone zu unterliegen drohten, waren von ihnen die Franzosen ins Land geholt und war Prinz Louis die Krone Englands angeboten worden. Das hatte zu einer blutigen, jahrelangen Auseinandersetzung zwischen den verfeindeten Parteien geführt. Erst nach dem Tod von König John, an dem Robin nicht ganz unschuldig gewesen war, gelang es, Louis und seine Truppen wieder aus England hinauszujagen und der Magna Charta, der großen Freiheitsurkunde, die nun für jeden freien Mann in England gelten sollte, zu ihrem Recht zu verhelfen.

Auf ihrem Ritt nach Norden sah Robin, dass das Land sich nur langsam von den Schrecken des Krieges erholte. Wie immer, wenn die hohen Herren versuchten, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen, hatten die einfachen Menschen am meisten zu leiden gehabt. Die Barone und die von ihnen angeheuerten Söldnerbanden, aber auch die königlichen Truppen erschlugen nun einmal lieber die wehrlosen Bauern ihrer Feinde und brannten deren Städte nieder, um ihnen zu schaden, als die eigene Haut im Kampf gegen ihnen ebenbürtige Gegner zu Markte zu tragen. Das war schon immer so gewesen und würde wohl bis ans Ende aller Zeit so bleiben, erregte aber ständig aufs Neue Robins Zorn. Es sei denn, Gott würde doch noch einmal Mitgefühl mit seinen geschundenen Kreaturen zeigen und dem Treiben derjenigen, die er angeblich über das gemeine Volk erhoben hatte, endlich ein Ende setzen. Doch seine Hoffnung, dass sich der Herr seiner irdischen Schäfchen erbarmen und sich um deren allgemeines Wohlergehen kümmern würde, schwand bei Robin von Krieg zu Krieg, mit jedem Kampf, der Unschuldige Leib und Leben kostete, mehr. Eines Tages, so hoffte er – und das hatte er sogar bereits einmal einem Erzbischof ins Gesicht gesagt –, würde vielleicht auch für den Herrscher des Himmels eine Magna Charta gelten und dieser nicht mehr schalten und walten können, wie er wollte.

 

Während Robin beim Reiten seinen Gedanken nachhing, war es zuerst Abend, dann Nacht geworden. Trotzdem wollten die drei Reisenden, auch wenn es spät werden sollte, Huntingdon noch heute erreichen, und Fulke seine Familie, sein Vater seine Enkel in die Arme schließen. Noch einen dicht bewaldeten Hügelrücken galt es zu überwinden, dann würden sie die Great Ouse erreichen. An ihren Ufern war Marian damals von Sheriff Ralf de Lacy das ungeborene Kind aus dem Leibe geschnitten worden. Für diesen Sohn hatte Robin am Heiligen Grab in Jerusalem gebetet, doch als er glaubte, der Herr hätte seinen und Marians Wunsch endlich erhört, hatte Gott ihn wieder zu sich genommen. Das würde er dem Herrn sein Leben lang nicht verzeihen, wahrscheinlich nicht einmal nach seinem Tod, und wenn er dafür in die Hölle käme, dann sollte es eben so sein. Dass seiner Frau und ihm danach von Königin Eleonore Richards illegitimer Sohn Fulke übergeben worden war, damit er wohlbehütet und fernab von seinem blutdürstigen Onkel John bei ihnen in der Gascogne aufwuchs, war für Robin nur bedingt ein adäquater Ausgleich gewesen. Seine von seinem Großvater ererbten Gotteszweifel waren seither ständig gewachsen und hatten ihn schon mehrmals um ein Haar auf den Scheiterhaufen gebracht.

Sowohl Fulke wie auch Robin kannten hier im Huntingdon Forest jeden Schritt und Tritt. Nur noch der Abstieg vom Hügelkamm auf dem schmalen Pfad durch den Wald, die Great Ouse mittels einer Furt queren, das kleine, aber schmucke, etwas westlich der Burg gelegene Städtchen umreiten, dessen Stadttore bereits geschlossen sein würden, dann läge Huntingdon Castle vor ihnen.

Als Robin das ihm von König Richard in Palästina verliehene Lehen nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land endlich übernehmen konnte, war es halb verfallen gewesen. Doch Little John hatte sich mehr oder weniger selbst zu seinem Kastellan ernannt und nach und nach die Befestigungen ausgebessert und verstärkt, so wie es ihm in Palästina von Löwenherz beigebracht worden war. Der noch aus Normannenzeit stammende Donjon erhob sich auf einer aufgeschütteten Motte, Ober- und Vorburg waren von steinernen Ringmauern umgeben, und durch die Gräben, über die nur zwei Zugbrücken führten, floss das umgeleitete Wasser des Flusses, der die gesamte weitläufige Anlage an einer Seite schützte.

Schon wollte Fulke tief durchatmen, weil sich seine unterschwelligen Befürchtungen offenbar nicht bewahrheitet hatten und bisher auf ihrem Ritt alles friedlich und ruhig gewesen war, als plötzlich unweit von ihnen ein großer Feuerball direkt in den Himmel zu steigen schien und, einen flammenden Kometenschweif hinter sich herziehend, durch die ansonsten stockfinstere Nacht flog. Direkt auf Huntingdon Castle zu, das durch sein Licht gespenstisch erleuchtet in der Ferne auftauchte, um gleich darauf wieder in der Dunkelheit zu verschwinden. Doch nur kurz, denn offenbar flackerten Brände im Inneren der Burganlage auf, und gleichzeitig erscholl aus wohl Tausenden von rauen Männerkehlen ein infernalischer Freudenjubel.

»Um Himmels willen, was war das?«, stieß Fulke erschrocken aus. Im nächsten Moment gab er seinem Hengst die Sporen und preschte voller Panik in Richtung Burg davon.

Doch Robin war schneller, rasch an seiner Seite und griff dem Pferd in die Zügel.

»Bist du wahnsinnig? Willst du ihnen direkt in die Fänge laufen? Wem wäre damit geholfen? Du weißt genau, was das war. Eine von einem Trebuchet abgeschossene Pech- und Strohkugel. Daran besteht doch kein Zweifel. Huntingdon Castle wird belagert, und wenn ich das Geschrei richtig deute, dann nicht nur von einer Handvoll Männer. Nein, das scheint mir sogar eine ganze Armee vor den Toren zu sein! Es nützt niemandem, wenn du unbesonnen zwischen ihre Reihen reitest und sie dich gefangen nehmen. Bringen sie dich nicht gleich um, benutzen sie dich garantiert als Geisel, um die Übergabe der Burg zu verlangen. Dann befindet sich auch deine Familie ganz schnell in der Hand der Angreifer, was gegenwärtig offenbar noch nicht der Fall ist.«

»Lass gefälligst mein Pferd los! Du glaubst doch nicht im Ernst, Vater, dass ich auch nur einen Moment zögern werde, mich auf die Belagerer zu stürzen? Wer zum Teufel soll das überhaupt sein? Wer wagt es, den ausgerufenen Landfrieden zu brechen und mit einer ganzen Armee anzurücken, um mir meine Burg zu nehmen?«

»Genau das müssen wir schnellstens in Erfahrung bringen, Fulke. Und möglichst nicht dadurch, dass du dich in die Hände deiner Feinde begibst. Bewahre ruhig Blut, auch wenn es dir noch so schwerfällt. Denkst du, mir geht es anders? Aber schau, die Brände sind gelöscht, und selbst wenn die Belagerer sich große Mühe geben, brauchen sie Stunden, um das Trebuchet wieder zu spannen und zu bestücken. Wenn überhaupt, werden sie einen Sturmangriff wohl kaum vor Tagesanbruch unternehmen. Bis dahin müssen wir herausbekommen haben, was hier vor sich geht und mit wem wir es zu tun haben. Hast du mich verstanden?«

Robin war geneigt, seinen Sohn zu packen und durchzuschütteln, damit dieser wieder zu sich kam. Voller Entsetzen starrte Fulke nach vorn, dorthin, wo sich Huntingdon Castle und damit seine Familie befand. Doch dann gewann die Vernunft auch bei ihm die Oberhand, und das Denken setzte wieder ein.

»Du hast ja recht. Ich schlage vor, wir suchen ein Bauerngehöft in der Nähe und befragen die Bewohner. Die werden schon wissen, wer es wagt, gegen jedwedes Recht zu verstoßen.«

Gute Idee, dachte Robin. Vorausgesetzt, dass die Bauern in der näheren Umgebung noch am Leben sind. Schließlich waren diese immer die Ersten, die unter einem ausgebrochenen Krieg, und um nichts anderes handelte es sich hier, zu leiden hatten. Andererseits roch es nicht nach kaltem Rauch, und wäre die kleine Stadt am Fuße von Huntingdon Castle geplündert und angesteckt worden, würde man dies sicherlich sogar von hier aus bemerken. Griffen die Belagerer womöglich tatsächlich nur die Burg an? Dann wäre allerdings etwas im Busch, was sich selbst Robin nicht zusammenreimen konnte. Nun, was auch immer es war, es musste herausgefunden und ein Plan ausgeheckt werden, wie dem schnellstmöglich ein Ende bereitet werden konnte.

Robin war sich zwar sicher, dass Little John die Burg eine Weile würde halten können, aber wie lange er der offenbar vor den Toren lagernden Übermacht Widerstand leisten könnte, stand in den Sternen. Und was war mit Blanche und den Kindern? Natürlich konnte er Fulkes Sorgen verstehen, er machte sich ja selbst unendlich große. Doch blindes Dahinstürmen brachte rein gar nichts, auch wenn es noch so schwer war, sich zu zügeln. Allein die Überlegung, wo man so schnell wie irgend möglich Hilfe herbekommen konnte, half jetzt noch weiter. Vom königlichen Hof? Eher ungewiss und außerdem zu weit weg. Trotz allen Grübelns fiel Robin auf die Schnelle nur ein Ort ein, aus dem Unterstützung zu erwarten war – aus Loxley von seinen alten Gefährten. Aber wer würde von denen noch am Leben sein, sich überhaupt an ihn erinnern und noch dazu bereit sein, für einen nahezu Unbekannten in den Kampf zu ziehen und sein Leben zu riskieren? Doch einen Versuch war es immerhin wert, und sobald er wüsste, was hier vor sich ging, wollte er nach Loxley reiten und tun, was in seiner Macht stand. Zuvor allerdings musste Fulke in die Burg gelangen, um von innen her den Widerstand zu leiten. Außerdem glaubte Robin nicht, dass er ihn länger als ein paar Stunden würde daran hindern können, sich zu seiner Familie durchzuschlagen. Und es gab ja schließlich einen Weg hinein, den man sich nicht einmal gegen die feindlichen Truppen freikämpfen musste. Ob Fulke ihn kannte? Wenn nicht, wurde es Zeit, ihn demnächst einmal einzuweihen.

»Pass auf, mein Sohn, reite du in Richtung Hinchingbrooke, ich wende mich nach Godmanchester. Wir werden schon jemanden auftreiben, der uns sagen kann, wer seine Finger nach Huntingdon ausgestreckt hat. Und dann schlagen wir sie ihm ab. Bevor der Morgen graut, treffen wir uns in dem kleinen Wäldchen westlich der Stadt, einverstanden?«

»Notgedrungen. Mir fällt auch nichts Besseres ein, weil ich nicht klar denken kann. Also los. Je eher wir wissen, mit wem wir es zu tun haben, desto besser. Ob der Anführer dieser Truppe schon weiß, dass er demnächst vor seinen Schöpfer treten wird?«

Robin hatte ein Déjà-vu. Für einen Moment glaubte er fast, Richard Löwenherz stünde vor ihm und hätte gesprochen.

»Erst einmal gilt es, deine Familie zu schützen. Aber wer weiß, vielleicht hat Little John sie längst in Sicherheit gebracht. Ich habe ihm immer gesagt, dass er, rückt ein Feind an, die Burg besser aufgeben und sich in die Wälder zurückziehen soll, bis die Gefahr vorüber ist.«

»Offenbar hat er aber nicht auf dich gehört, sonst würden sie ja kaum Huntingdon Castle beschießen, oder? Also los, machen wir es so, wie du gesagt hast. Ich will endlich erfahren, was hier vor sich geht, sonst werde ich noch verrückt.«

Fulke wendete sein Pferd und preschte, gefolgt von seinem Knappen, nach Nordwesten davon, während Robin sich nach Südosten wandte.

 

Godmanchester war nicht mehr als ein kleines Dorf, musste früher aber einmal bedeutend gewesen sein, denn es gab bis heute in seiner unmittelbaren Umgebung Ruinen von einst großen Gebäuden, die nur aus der Römerzeit stammen konnten. Der Weiler lag an einer riesigen Aue, wie es sie in England kein zweites Mal gab. Früher, als Robin und Marian noch auf Huntingdon Castle lebten, hatten sie sich hier immer wieder im Frühjahr an der schier unvorstellbaren Blütenpracht erfreut. Erst später im Jahr war das große Flurstück zum Mähen freigegeben worden und durfte nie beweidet oder gar umgeackert werden. Angeblich ging dieses Gesetz auf König Eduard den Bekenner zurück, der beim Anblick der weiten Wiesenlandschaft in Entzückensrufe ausgebrochen war. Niemand hatte es bisher gewagt, etwas an seinen Bestimmungen zu ändern.

Robin wusste allerdings, dass am Rande der Wiese einige einzelne Gehöfte lagen. Eins davon gehörte einem Freisassen namens Alfred, der früher immer Heu für Marians Pferde geliefert hatte. Ihn hoffte Robin anzutreffen und von ihm zu erfahren, was sich gerade vor Huntingdon abspielte. Doch bevor er das Bauernhaus erreichte, flog erneut ein glühender Feuerball durch die Luft, und es schien dem nächtlichen Reiter, als könne er trotz der großen Entfernung Pech und Schwefel riechen. Es wurde höchste Zeit, dass das aufhörte, denn auch wenn Robin großes Vertrauen in Little Johns Kompetenzen als Kastellan hatte, so stand doch zu befürchten, dass die Brände, die die feurigen Geschosse auslösten, nicht immer sofort gelöscht werden konnten. Und dann würde nur noch Gott allein den Belagerten helfen können!

Das Gehöft war in der stockfinsteren Nacht kaum zu finden, und hätte Achill Robin nicht durch ein Schnauben darauf aufmerksam gemacht, dass sich andere Tiere in der Nähe befanden, wäre er womöglich daran vorbeigeritten. Da er nicht wusste, ob es womöglich von den Belagerern besetzt war, band Robin seinen Hengst ein Stück entfernt an einen Baum und schlich sich vorsichtig zu Fuß an. Zu seinem Erstaunen begann kein Hund zu bellen, und auch sonst blieb alles ruhig. Natürlich war das Anwesen verriegelt und verrammelt, aber das hatte er auch nicht anders erwartet. Robin hob schon die Hand, um gegen die starke, eichene Tür zu klopfen, als ihm schwarz vor Augen wurde und er sang- und klanglos zu Boden ging.

Als er langsam wieder zu sich kam und unter halb geschlossenen Lidern hervorblinzelte, sah er zuerst das Licht einer Tranfunzel, dann ein über sich gebeugtes, bärtiges Gesicht.

»Du musst wahnsinnig sein, Bill! Den einzigen Mann zu erschlagen, der uns vielleicht helfen kann«, hörte Robin den Bärtigen nun sagen. Die Stimme kam ihm bekannt vor. Sie gehörte eindeutig Alfred, dem Heulieferanten von Huntingdon Castle, erinnerte er sich. Also war er nicht in die Hände der Feinde gefallen und hatte das Ziel seines nächtlichen Rittes, wenn auch mit nicht unerheblichen Kopfschmerzen, doch noch erreicht.

»Woher sollte ich wissen, wer er ist?« Die jugendliche Stimme, die die Worte hervorstieß, klang angespannt. Gleichzeitig beugte sich ein zweiter, diesmal bartloser Kopf über Robin. »Als der Earl das letzte Mal hier weilte, war ich noch ein Knabe. Außerdem schleichen seit Tagen nur noch Chesters Mordbrenner draußen herum. Und schau, so fest habe ich gar nicht zugeschlagen. Seine Augenlider sind schon wieder halb geöffnet.«

Robins dringlichste Frage war damit auf einen Schlag beantwortet. Also war es Ranulph de Blondeville, der versuchte, sich Huntingdon in Abwesenheit von Fulke unter den Nagel zu reißen. Nun, das war schließlich nicht das erste Mal und somit eigentlich keine Überraschung.

Robin schlug die Augen auf und blinzelte gegen das Licht.

»Schimpft nicht mit Eurem Sohn, Alfred. Es ist ja nichts passiert«, sagte er dann und versuchte, sich mühsam aufzurichten.

»Der Herr sei gepriesen! Ihr lebt.«

»Was denn sonst. Auf meinen Schädel haben schon ganz andere eingedroschen, ohne ihn kaputt zu bekommen. Aber einen kräftigen Schlag habt Ihr schon, Bill, das muss ich zugeben. Das letzte Mal, als ich Euch gesehen habe, wart Ihr noch ein Dreikäsehoch an der Hand Eures Vaters und habt immer die Fohlen streicheln wollen, wenn Ihr in den Stallungen auf Huntingdon wart. Erinnert Ihr Euch?«

»Vergebt mir, Sir Robert! Ich ahnte ja nicht …«

Robin winkte nur ab.

»Schon vergessen. Ihr konntet schließlich nicht wissen, wer heimlich durch Nacht und Nebel schleicht, und Euer Heim zu verteidigen, ist Euer gutes Recht. Sagt mir lieber, was hier los ist, und wieso der Earl von Chester die Burg belagert.«

»Ihr wisst es also schon?«

»Gar nichts weiß ich! Raus mit der Sprache. Was passiert vor Huntingdon, wie lange ist de Blondeville schon hier, und vor allem – wer ist noch alles in der Burg?«

»Großer Gott, Sir Robert, Ihr kommt zur rechten Zeit!«, entfuhr es Alfred mit einem Stoßseufzer. »Vor zwei Tagen tauchte wie aus dem Nichts eine große, berittene Abteilung vor der Burg auf. Um ein Haar wäre es ihr gelungen, die Torwachen zu überraschen. Doch Euer Kastellan hat diese gut geschult, denn im letzten Moment gelang es ihnen, die Brücke hochzuziehen, die sonst immer unten ist. Schließlich herrscht Frieden im Land, und die Leute aus der Stadt und den Dörfern der Umgebung gehen ständig in Huntingdon Castle ein und aus.«

»Das ist mir alles nicht unbekannt, Alfred. Weiter!«

»Die Truppen haben sofort begonnen, die Burg einzuschließen, und es kamen im Lauf des Tages immer mehr. Gestern erschien der Earl von Chester dann persönlich mit seinem Neffen. Die Einwohner von Huntingdon öffneten ihm vor Angst schlotternd die Tore ihrer Stadt, denn sie hätten mit ihren mickrigen Befestigungen der mittlerweile großen Armee nie widerstehen können. Sie rechneten mit dem Schlimmsten, doch Chester gab sich äußerst jovial, versprach, dass ihnen nichts geschehen würde und dass er nur hier wäre, um seinem Neffen zu seinem rechtmäßigen Erbe zu verhelfen. Er wedelte mit einem Schreiben herum, an dem viele Siegel baumelten, und behauptete, in königlichem Auftrag zu handeln. Allerdings gab er es niemandem zu lesen. Seine Leute hat er aber offenbar unter Kontrolle, denn bisher wurde, soweit wir wissen, weder gemordet noch geschändet oder gebrandschatzt. Trotzdem haben die meisten, so wie wir auch, ihre Frauen und Töchter fortgeschickt. Man weiß ja nie, wie lange Soldaten im Feld sich an Befehle halten.«

»Da habt Ihr unzweifelhaft recht. Und was geschah dann? Wisst Ihr etwas darüber, wie es der Burgbesatzung ergangen ist?«

»Das wollten wir natürlich auch alle wissen, und deshalb war ich gestern in Huntingdon«, berichtete Alfred weiter. »Im Ort erzählten sie mir, dass Chester einen Unterhändler auf die Burg geschickt und deren Übergabe verlangt hat. Dann würde er freies Geleit und ehrenhaften Abzug gewähren. Ansonsten wäre das Rebellion gegen den König und jeder, der sich nicht ergäbe, ein Hochverräter. Aber Eure Schwiegertochter und Euer Kastellan müssen den Herold – bitte verzeiht die Worte – kräftig in den Arsch getreten haben. Jedenfalls kam er wie ein begossener Straßenköter zurück und überbrachte dem Earl von Chester eine Nachricht, die diesen zornrot werden ließ. Was er sagte, konnten alle, die sich vor der Stadt versammelt hatten, natürlich nicht verstehen. Doch danach ließ Ranulph de Blondeville uns Zuschauer wegjagen, verstärkte den Belagerungsring um die Burg und begann mit ihrer Beschießung. Mehr als tausend Mann muss er mittlerweile zusammengezogen haben. Ein großes Trebuchet und Rammböcke haben sie auch dabei, und jetzt bauen sie einen Belagerungsturm.«

Robin kratzte sich beunruhigt am Kopf und dachte nach. Ob Chester tatsächlich im Auftrag des jungen Henry handelte? Und wenn ja, was war denn plötzlich in diesen gefahren, dass er sich gegen seinen ritterlichen Erzieher und Freund Fulke stellte? Dem widersprach allerdings, dass de Blondeville das angeblich königliche Pergament weder den Stadtoberen noch dem Abt des Klosters in Huntingdon zu lesen gegeben hatte. Robin vermutete eher, dass Chester log und vollendete Tatsachen schaffen wollte. Henry war wankelmütig, das hatte selbst sein Sohn berichtet, und somit leicht lenkbar.

Nun, wie auch immer, die Zeit würde es weisen. Jetzt wusste Robin wenigstens, mit wem man es zu tun hatte. Er und Chester waren schon des Öfteren aneinandergeraten. De Blondeville war zwar feige und hinterhältig, aber auch machtgierig und rachsüchtig, was ihn gefährlich machte. Vor allem, wenn er jetzt offenbar über eine solch starke Armee verfügte. Kein Wunder, galt Chester doch als der reichste Mann Englands. Wenn es ihm gelänge, unter dem Anschein der Legalität Huntingdon Castle einzunehmen, konnte er sich anschließend die ganze Grafschaft unter den Nagel reißen. Deshalb verbot er wahrscheinlich auch jedwede Plünderung und Übergriffe. Das würde ihn einerseits vor Henry gut dastehen lassen und andererseits später schnell seinen Reichtum mehren. Hier ging es offenbar nicht darum, einem Feind zu schaden, sondern sich dessen gesamten Besitz anzueignen. Da waren Fulke und er wohl gerade noch zur rechten Zeit gekommen, um de Blondeville in die Suppe zu spucken. Hoffentlich würde das auch gelingen, sodass sie diese später nicht selbst auszulöffeln hatten.

»Ihr habt mir sehr geholfen, Alfred. Dafür verzeihe ich dir sogar den Schlag auf meinen Hinterkopf, Bill. Aber nun hört gut zu. Ihr habt mich nie gesehen, verstanden? Chester darf auf keinen Fall erfahren, dass ich hier bin. Nur dann kann ich über ihn kommen wie Gottes Zorn. Aber haltet Euch bereit. Es kann sein, dass ich jeden Mann in der Grafschaft zu den Waffen rufen muss. Oder würdet Ihr es lieber sehen, wenn Ranulph de Blondeville zukünftig über Huntingdon herrscht?«

»Da sei der Herr vor!« Abwehrend hob Alfred die Hände. Für ihn war Robin nach wie vor der Earl von Huntingdon, auch wenn er mittlerweile woanders lebte und seinem Sohn die Herrschaft übertragen hatte. Aber das war nichts Ungewöhnliches in jener Zeit und änderte nichts daran, wem seine Loyalität galt. Außerdem waren in der Grafschaft mit Robins und Fulkes Herrschaft bisher alle gut gefahren, und das Land war aufgeblüht, weil niemand die Bauern schändete, die Handwerker ausplünderte und die Kaufleute über Gebühr besteuerte.

»Gut, dann verlasse ich Euch jetzt. Aber wie gesagt, zu niemandem ein Wort! Ich bestehe darauf. Es sei denn, Ihr erhaltet Nachricht, zu mir zu stoßen. Dann erwarte ich, dass Ihr Euch und alle waffenfähigen Männer der Grafschaft unter meinem Banner versammelt.«

»Das verspreche ich Euch bei Gott, Sir Robert. Und auch die anderen werden nicht zögern, erfahren sie erst, dass Ihr wieder da seid. Ist denn auch Euer Sohn mit Euch zurückgekehrt? Lady Blanche und ihre Kinder werden sicher sehnsüchtig auf ihn warten.«

Robin, der die Schwatzhaftigkeit der Bauern kannte, lächelte nur kryptisch.

»Alles müsst Ihr auch nicht wissen, Alfred. Für mich wird es nun Zeit. Gehabt Euch wohl und denkt an meine Worte. So Gott will, werden wir uns bald wiedersehen und Chester zum Teufel jagen. Da gehört er schließlich hin – in die Hölle.«

 

»Es ist Ranulph de Blondeville!«, rief Fulke Robin zu, als sie sich wie verabredet in dem kleinen Wäldchen trafen. Der erste Schimmer der Morgendämmerung machte sich bereits bemerkbar, und bald würden sie sehen, wie es um und vor Huntingdon Castle stand.

»Das weiß ich mittlerweile auch«, knurrte Robin zurück, den sein Kopf noch immer übel schmerzte. Sie hatten schon Kraft in den Armen, diese Bauernburschen, musste er einräumen. »Von wem hast du es erfahren?«

»Bevor wir Hinchingbrooke erreichten, sind wir auf einen Töpfer getroffen. Er kam vom Markt aus Huntingdon, ein Rad seines Karrens war gebrochen, sodass er im Wald lagern musste. Wir haben ihm geholfen, es zu reparieren, und dabei hat er uns alles erzählt.«

»Chester behauptet angeblich, in königlichem Auftrag zu handeln. Wenn das stimmt, musst du bei Henrys Erziehung aber etliches falsch gemacht haben.«

»Hör auf mit deinen Scherzen! Mir ist gerade nicht danach zumute. Blanche und die Kinder sind in der Burg und werden mit Feuerbällen und was weiß ich sonst noch beschossen. Bestimmt setzt Chester bald zum Sturm an. Ich muss zu meiner Familie und weiß doch nicht, wie ich ihr helfen kann. Oder soll ich Huntingdon aufgeben? Schließlich bist du ja immer noch der Earl der Grafschaft. Sag mir, was ich tun kann? Du hast doch sonst immer einen Plan für alles und jedes.«

Aus Fulke sprach die pure Verzweiflung.

»Als Erstes Little John vertrauen. So schnell kann Chester Huntingdon Castle nicht stürmen. Dafür hat dein Kastellan es viel zu gut befestigt. Und das bisschen Zeug, das von dem Trebuchet geschleudert wird, kann keinen großen Schaden anrichten. Es werden in der Vorburg die Dächer von ein paar Wirtschaftsgebäuden einstürzen, wenn sie Steine verwenden, und vielleicht ab und zu die Zinnen oder die Mauerkrone getroffen werden. Aber das ist schon alles. Bis zum Donjon auf dem Hügel kann das Ding weder Feuerkugeln noch junge Felsen werfen. Also ist deine Familie vorerst in Sicherheit. Und wie will Chester die gefluteten Gräben überwinden? Er müsste zuerst am Fluss Dämme aufschütten, damit kein Wasser mehr in die Gräben nachströmt, und sie dann auffüllen. Das dauert Monate! Bis dahin habe ich längst Hilfe herbeigeholt, das verspreche ich dir. Aber du hast recht, du solltest in die Burg, um Little John zu unterstützen und Blanche und die Kinder zu beruhigen. Weißt du schon, wie du hineingelangst?«

»So wie du damals, als König John sie dir weggenommen und eine Garnison dorthin verlegt hat?«

Robin schmunzelte vor sich hin.

»Nein, eher nicht. Wir sind über die Außenmauer am Donjon geklettert, und das wäre im Moment zu gefährlich. Hat dir Little John den geheimen Fluchtweg tatsächlich noch nicht gezeigt? Ich wusste gar nicht, dass dieser alte Schwätzer doch etwas für sich behalten kann.«

»Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass es einen Geheimgang in die Burg gibt, von dem ich nichts weiß, oder?«

»Beruhige dich, ich habe auch jahrelang auf Huntingdon Castle gelebt und ihn nicht gekannt. Erst ein Franzose in König Johns Diensten hat uns darauf gebracht, weil er aus dem Donjon verschwunden war, ohne dass wir es bemerkten. Little John hat ihm später auf Newark Castle das Geheimnis entlockt, während ich dir an Johns Sterbebett eröffnete, wer du wirklich bist. Im Moment nur so viel: Du wirst schwimmen müssen, um zu deinen Lieben zu gelangen. Nichts, worum ich dich jetzt im Frühjahr beneide.«

»Sei versichert, davor fürchte ich mich nun wahrlich nicht. Schließlich treiben keine Eisschollen auf der Great Ouse. Und selbst wenn, würde ich mich davon nicht abhalten lassen.«

»Dann ist’s ja gut. Sobald es hell genug ist, zeige ich dir den Einstieg. Du musst dann aber noch bis zum Abend warten, denn bei Tag könnte man dich entdecken.«