DER TEUFLISCHE KREIS - Evelyn Berckman - E-Book

DER TEUFLISCHE KREIS E-Book

Evelyn Berckman

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Beschreibung

Albert und Clive können alles kaufen, was für Geld zu haben ist – nur eines nicht: die Freiheit. Die Freiheit von zwei Ehefrauen. Aber als erfolgreiche Geschäftsleute wissen sie, dass Schwierigkeiten dazu da sind, überwunden zu werden.

Und sie überwinden sie.

Sie sind umsichtige Planer und haben dafür gesorgt, dass kein Verdacht auf sie fällt. Der Weg ist frei. Sie gehen ihn, ohne zurückzuschauen – aber sie ahnen nicht, welchem entsetzlichen Abgrund sie entgegengehen...

Evelyn (Domenica) Berckman (*18. Oktober 1900; †18 September 1978) war eine US-amerikanische Autorin von Kriminal- und Schauer-Romanen.

Der Roman Der teuflische Kreis erschien erstmals im Jahr 1966; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1968.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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EVELYN BERCKMAN

 

 

Der teuflische Kreis

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 78

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DER TEUFLISCHE KREIS 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

Achtzehntes Kapitel 

Neunzehntes Kapitel 

Zwanzigstes Kapitel 

Einundzwanzigstes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Albert und Clive können alles kaufen, was für Geld zu haben ist – nur eines nicht: die Freiheit. Die Freiheit von zwei Ehefrauen. Aber als erfolgreiche Geschäftsleute wissen sie, dass Schwierigkeiten dazu da sind, überwunden zu werden.

Und sie überwinden sie.

Sie sind umsichtige Planer und haben dafür gesorgt, dass kein Verdacht auf sie fällt. Der Weg ist frei. Sie gehen ihn, ohne zurück zu schauen – aber sie ahnen nicht, welchem entsetzlichen Abgrund sie entgegengehen...

 

Evelyn (Domenica) Berckman (*18. Oktober 1900; †18 September 1978) war eine US-amerikanische Autorin von Kriminal- und Schauer-Romanen.

Der Roman Der teuflische Kreis erschien erstmals im Jahr 1966; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1968.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

   DER TEUFLISCHE KREIS

 

 

 

 

 

  

  Erstes Kapitel

 

 

Großer Gott, dachte Mr. Albert Fawsher bei dem Gerede seiner Frau, und es gibt immer noch Menschen, die den Mut haben, zu heiraten.

Dann verschloss er seine Ohren vor dem weiteren Geschwätz seiner Frau - eine Technik, die er sich im Laufe der Jahre angeeignet und zu einer gewissen Perfektion gebracht hatte. Dennoch schützte sie ihn nicht gegen den Klang, den Veras Stimme jetzt angenommen hatte. Sie war laut und penetrant und zitterte verdächtig. Als sich Veras Augen nun auch noch mit Tränen füllten, wusste Mr. Fawsher, dass sie kurz vor einem hysterischen Ausbruch stand. Situationen dieser Art waren Mr. Fawsher im höchsten Maße zuwider. Wenn sie nur dem Mittelstand angehört hätten oder arme Leute gewesen wären, die allein frühstückten, dann hätte er seine Frau mit einer Ohrfeige zum Schweigen bringen können. Da sie jedoch sehr reiche Leute waren, die ihr Frühstück in Gegenwart eines tadellos gekleideten Butlers und zweier nicht minder adretter Dienstmädchen einnahmen, musste er sich beherrschen. Bei dieser Anstrengung lief sein ohnehin schon rötliches Gesicht mit den schmalen harten Augen, der klobigen Nase, den wulstigen Lippen und den groben Poren dunkelrot an. Während er dasaß und versuchte, seinen Zorn zu unterdrücken, erkannte er, dass es Vera zwar nicht zu einem Tränenausbruch kommen lassen würde, dass aber auf der anderen Seite die Dienstboten ihre feuchten Augen nicht übersehen konnten. Er ließ eine gewisse Zeit, die er für angemessen hielt, verstreichen und sagte dann: »Vielen Dank, Parkin, wir brauchen Sie im Augenblick nicht mehr.« Obwohl ihm dieser Satz leicht über die Lippen gekommen war, glaubte er, dass seine Stimme steif geklungen hatte. Er wandte sich an die Mädchen: »Vielen Dank, Rose und Agnes.«

»Du hast mir überhaupt nicht zugehört«, fauchte ihn seine Frau an, sobald die drei das Zimmer verlassen hatten. Wie immer hatte sie nicht so lange gewartet, bis die Dienstboten außer Hörweite waren. Sie mussten hinter der geschlossenen Tür jedes Wort verstehen können.

Während Mr. Fawsher ihr dieses Vergehen zum tausendsten Mal ankreidete, lehnte er sich zurück und wartete schweigend auf ihren Ausbruch. Er wusste genau, was jetzt kommen würde. Szenen dieser Art waren ihm auf grässliche Weise vertraut. Sie würde bitten, Vorwürfe machen, Beschuldigungen ausstoßen - kurzum, sie würde den üblichen Unsinn von sich geben, den sie für Argumente hielt. Dabei würde ihre Stimme zunächst zittern und beben und dann so schrill werden, dass es ihm schon jetzt davor graute.

»Du hörst mir nie mehr zu«, beschuldigte sie ihn. »Ich merke doch, dass du dich taub stellst, wenn ich irgendetwas sage. Es ist, als sei ich in einem leeren Raum und redete mit mir selbst. Ich komme mir ganz einsam vor. Niemand kümmert sich um mich. Das ist schrecklich für mich, Bert, schrecklich...«

»Nenne mich nicht Bert!«, schrie er. »Habe ich dich nicht immer wieder gebeten, das zu unterlassen? Und trotzdem...«

»Es tut mir leid, sehr leid«, versicherte sie hastig, fast automatisch. Obwohl ihre Stimme bei diesen Worten gezittert hatte, war Vera nicht allzu sehr zerknirscht, denn sie kam sofort wieder auf ihr Thema zu sprechen.

»Ich bin allein«, fuhr sie unbeirrt in ihrer Anklage fort. »Ich bin so allein, als lebte ich auf einer - auf einer einsamen Insel. Das ist bitter! Einsamkeit. Nichts als Einsamkeit. Und das Tag für Tag!«

Während er ungerührt dasaß, als hörte er sich ein schon oft gespieltes Band an, betrachtete er sie. Sie war klein und hatte gut zwanzig Kilo Übergewicht. Da sie von jeher ein molliger Typ gewesen war, hätte sie sich dieses Gewicht selbst in ihren besten Jahren nicht leisten können. Aber jetzt...! Und sie hatte überhaupt keinen Geschmack. Sie war ein Typ, an dem die Modeschöpfer und die Friseure verzweifeln konnten. Jedes Modellkleid wirkte an ihr wie ein Sack, und jede Frisur sah entweder lächerlich oder aufgedonnert aus.

»Es ist genauso, als ob ich Witwe wäre«, fuhr sie in ihrem Monolog fort. »Als hätte ich nie einen Mann gehabt, oder Kinder oder irgendetwas...«

»Vera«, unterbrach er sie. Es war sinnlos. Er wusste es. Er wusste es von vielen tausend ähnlichen Unterhaltungen her. Dennoch zwang er sich zu einem erneuten Versuch. »Hör mir um Gottes willen zu, Vera.« Selbst der Name widerte ihn an. Dass er diesen Namen einmal anziehend gefunden hatte, konnte er sich genauso wenig vorstellen wie die Tatsache, dass er seine Frau vor vielen, vielen Jahren einmal begehrenswert gefunden hatte. »Es tut mir wirklich leid, dass du unglücklich bist. Du glaubst doch sicher nicht, dass mir diese Situation gefällt, oder? Aber ich kann nichts daran ändern. Ich schwöre, dass ich nichts daran ändern kann. Wir haben uns auseinandergelebt, Vera. Keinen von uns trifft die Schuld. Das ist Tausenden vor uns passiert, und das wird immer wieder geschehen. Es ist die alte Geschichte. Wir haben uns im Laufe der Jahre verändert. Wir sind zwei verschiedene Menschen geworden. Merkst du das nicht selbst, Vera? Spürst du nicht auch jeden Tag, dass uns nichts mehr verbindet?«

Es geschah das Wunder, dass sie daraufhin schwieg. Sie blickte ihn auch nicht an, sondern starrte mit ihren rotumrandeten Augen stumpfsinnig vor sich hin. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, ob ihr Schweigen Gutes oder Böses zu bedeuten hatte. Konnte es sein, dass er mit seiner Logik schließlich doch Erfolg hatte? Er fühlte sich so ermutigt, dass er - wenn auch mit äußerster Vorsicht - einen Schritt weiterging.

»Es ist nicht deine Schuld«, fuhr er bedächtig fort. »Gott weiß, dass die ganze Geschichte nichts mit Schuld zu tun hat. Du warst« - mir hätte er fast gesagt; doch er korrigierte sich in Gedanken und wählte eine vielsagendere Formulierung. »...dem Mann, der ich einmal war, eine gute Frau. Es konnte keine bessere Frau geben. Ich wünschte, ich wäre derselbe Mann geblieben. Dann gäbe es keine Schwierigkeiten und alles wäre viel einfacher, Vera. Aber ich bin nicht mehr derselbe Mann. Ich habe mich geändert. Kein Mensch kann etwas dafür, wenn er sich ändert. Das ist eine Entwicklung, die man selbst nicht kontrollieren kann. Du kannst mir nicht dafür die Schuld geben – genauso wenig, wie ich dir die Schuld geben kann.«

Er machte eine kurze Pause und sah sie an. Als sie immer noch schwieg, war er sicher, dass seine Worte Eindruck auf sie gemacht hatten. Mein Gott! Sollte er es endlich geschafft haben? Aber warum eigentlich nicht? Wenn man lange genug gegen eine Mauer anrennt, dann gibt schließlich ein Stein nach, und wenn man lange genug auf die dümmste aller Frauen einredet, dann muss auch das kleinste Spatzenhirn anfangen zu denken. Er jubelte innerlich bei dieser Erkenntnis, doch er hütete sich wohlweislich, sich diesen plötzlichen Triumph anmerken zu lassen.

Dennoch nahm seine Stimme, die zuerst bittend und dann sachlich geklungen hatte, einen zuversichtlichen Ton an.

»So, wie die Dinge nun einmal zwischen uns liegen, Vera«, fuhr er fort, »hilft uns auch kein Reden weiter. Worte würden nichts ändern. Wäre es da nicht - zivilisierter« - er war insgeheim stolz, dass ihm dieses Wort eingefallen war -, »wenn du in eine Scheidung einwilligen würdest? Ich denke an eine stille, unauffällige Scheidung... so etwas lässt sich arrangieren. Kein Trubel, kein Wirbel, kein Aufsehen. Wir gehen auseinander und bleiben gute Freunde. Ich möchte gern, dass wir gute Freunde bleiben. Und was die finanzielle Seite angeht - das kann man alles schwarz auf weiß noch vor der Gerichtsverhandlung festlegen. Du sollst vorher wissen, woran du bist. Ich verspreche dir feierlich, dass du dir alles leisten kannst, was du haben willst. Ein Haus, ein Auto, Dienstboten - dein Leben soll nach der Scheidung genau weitergehen wie bisher. Nichts wird sich ändern...«

»Nein!«, stieß sie heftig und völlig unerwartet hervor. Ihre Trägheit - oder das, was er für Trägheit gehalten hatte - war mit einem Schlag verschwunden. »Niemals! Niemals! Niemals!«

Während ihn die Hoffnungslosigkeit übermannte, fuhr sie aufgebracht fort: »Ich will keine Autos und keine Dienstboten! Oder ein Haus!« Sie lachte schrill und verächtlich. »Ein Haus, in dem ich allein sitzen kann! Das würde dir so passen, nicht wahr? Oh, nein, das will ich nicht. Ich will nur - ich will nur - du bist schließlich mein Mann!« Ihre Stimme war eine einzige Anklage. »Ich bin deine Frau. Du hast mich geheiratet. Du hast dich vielleicht geändert - ich nicht. Ich bin die gleiche geblieben. Du hast mich geliebt, und ich habe dich geliebt. Oh, B - ich meine Albert, hast du denn vergessen, wie sehr wir uns geliebt haben, wie glücklich wir einmal waren...«

»Ach du lieber Gott!« In seiner Stimme lag solch abgrundtiefer Widerwillen, dass es ihr die Sprache verschlug. Er reagierte wie alle Männer, die sich etwas über eine vergangene Liebe anhören müssen. »Was hat denn das für einen Sinn, Vera? Zum Teufel, was soll das jetzt für einen Sinn haben?«

Sie starrte ihn an. Obwohl sie schwieg, hatte er plötzlich das Gefühl, auf der Hut sein zu müssen. Ihre Tränen waren versiegt. Stattdessen war ein harter Zug in ihr Gesicht getreten.

»Es ist diese Frau!«, kreischte sie unvermittelt und sprang auf. »Diese Frau, deine - deine Miss King!«

Er stierte sie mit offenem Mund an. Noch nie hatte sie gewagt, so weit zu gehen. Und sie war so entsetzt über ihre Unbesonnenheit, dass sie ihn ebenfalls mit offenem Mund anstarrte.

»Ja«, sagte er schließlich. Seine Stimme war ruhig, eiskalt und tausend Meilen von ihr entfernt. »Miss Talbot-King ist meine Sekretärin, Vera. Versuch doch nachzuweisen, dass sie etwas anderes ist! Hetze ihr Privatdetektive auf den Hals. Von mir aus eine ganze Armee. Doch lass dir gesagt sein, dass du dein Geld nur zum Fenster hinauswerfen würdest.«

Er ließ eine lange Pause verstreichen, ehe er fortfuhr: »Und noch etwas. Nimm ihren Namen nicht wieder in den Mund.« Seine Stimme klang gleichgültig, doch sein Blick war hart. »Erwähne mir gegenüber nie wieder ihren Namen. Hast du mich verstanden?«

Als er die Tür aufstieß und Vera wimmernd zurückließ, dachte er, dass die Dienstboten, falls sie in Hörweite gewesen waren - und sie waren seltsamerweise immer in Hörweite -, bestimmt auf ihre Kosten gekommen sein mussten. Auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer - das sein absolutes Privatreich war - steigerte sich sein Hass so sehr, dass er an nichts anderes mehr denken konnte. Nachdem er den Raum betreten und die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb er stocksteif stehen. Sein Atem ging schwer und unregelmäßig. Seine Hände fuhren immer wieder unbewusst glättend über seine Haare.

Es dauerte eine Weile, bis er sich so weit beruhigt hatte, dass er den Telefonhörer in die Hand nehmen konnte, um die erste Verabredung für den Morgen - die nicht im Büro stattfinden sollte - zu treffen. Während er auf die Verbindung wartete, tauchte vor seinem geistigen Auge ein Bild auf. Er sah die herrlichen blonden Haare, das reine, klassisch schöne Gesicht und die prächtige Figur seiner Sekretärin, Miss Cecily Talbot-King, vor sich.

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Mr. Fawsher stieg in den Bentley und ließ sich auf den Sitz fallen. Für Cityfahrten benutzte er nur sehr selten den Rolls-Royce oder den Daimler. Young, der Chauffeur, erkannte den unterdrückten Zorn seines Chefs und beschloss, in jeder Hinsicht besonders vorsichtig zu sein. Young war nicht gerade vernarrt in Mr. Fawsher, aber er war sich darüber im Klaren, dass der Posten günstig und sein Chef nicht schlechter als andere Geschäftsleute war. Deshalb startete er den Wagen heute noch sanfter als sonst.

Während der Bentley über die Straßen rollte, hätte Mr. Fawsher eigentlich an die Unterredung, die er vor sich hatte, denken müssen, denn bei einem Geschäftspartner wie Braddock konnte man sich nicht lange mit der Vorrede aufhalten. Doch stattdessen stellte er sich immer wieder in allen Einzelheiten die Szene vor, die sich im Frühstückszimmer abgespielt hatte. Und je länger er darüber nachdachte, desto hoffnungsloser und verzweifelter wurde sein Gesichtsausdruck. Er schien auf dem Sitz völlig in sich zusammenzusacken.

Jeder Mensch hat in einem Winkel seines Herzens geheime Sehnsüchte und Wünsche. Albert Fawsher bildete da keine Ausnahme. Trotz oder gerade wegen seines plumpen Körpers und derben Gesichts bedeuteten ihm Herkunft und Abstammung alles. Er beneidete die Menschen, die in gute Kreise hineingeboren waren und die durch ihr Auftreten deutlich zeigten, dass sie diese Tatsache als selbstverständlich betrachteten.

Mr. Fawsher liebte jedoch nicht nur aristokratische Kreise - deren Glanz und Pracht er in seiner Phantasie wahrscheinlich überbewertete -, sondern auch Titel. Einige Leute sagen immer, die Zeit, in der diese Dinge zählten, sei vorbei. Aber nichts war vorbei. Vielleicht war es in vierzig bis fünfzig Jahren soweit. Er wusste genau, dass Titel heutzutage noch wichtig waren. Er brauchte nur an das Avery-Mädchen, die Tochter eines Freundes, zu denken, das auf jene Schule in Sussex geschickt worden war. Schon das Kind war darüber unglücklich, dass sie von adligen Sprösslingen umgeben war, während sie nur eine schlichte Miss war. Zugegeben, diese Dinge hatten nicht mehr die gleiche Bedeutung wie noch vor einem halben Jahrhundert. Dennoch gab es viele Kreise, die auf Adel und Titel großen Wert legten. Und Mr. Fawsher war versessen darauf, in diese Kreise zu kommen.

Er war sicher, dass das nicht völlig unmöglich war. Man musste nur langsam und vorsichtig zu Werke gehen und durfte nicht versuchen, Türen einzurennen. Wenn man Geduld und einen einigermaßen guten Geschmack hatte, dann konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die verschlossenen Pforten öffneten. Zuerst einen Spalt und dann immer weiter... Doch der Schlüssel zu diesen bewachten Festungen war eine Frau. Diese Frau sollte nicht nur ausgeglichen, gescheit und in Gesellschaft anziehend sein, sie sollte auch mit der Malerei und der Musik vertraut sein, um sich angeregt über eine Privatausstellung der Royal Academy oder die Abende im Covent Garden unterhalten zu können. Sie müsste etwas von Pferderennen verstehen und vielleicht dem Royal Yacht Club in Cowes angehören. Doch, was das wichtigste war, sie müsste sich so natürlich und selbstsicher benehmen, als hätte sie von Geburt an diesen Kreisen angehört... Wieder tauchte vor seinem geistigen Auge das Bild der blonden, strahlendschönen Cecily Talbot-King auf. Doch zu diesem Paradies - womit er sowohl die ersehnte Lebensweise als auch das Mädchen meinte - hatte er keinen Zutritt. Kein Engel mit einem Flammenschwert verwehrte ihm den Einlass, sondern eine kleine, untersetzte, schlampige Frau, eine Frau, die sich bei den unbedeutendsten gesellschaftlichen Anlässen in ein Nervenbündel verwandelte und nicht fähig war, auch nur ein paar verbindliche Sätze hervorzubringen. Wenn er dann sah, wie sie hilflos dastand und irgendetwas stammelte, dann fühlte er sich persönlich gedemütigt. Er selbst hatte heimlich Unterrichtsstunden genommen, um eine gute Aussprache und gute Umgangsformen zu erlernen. Um weiterzukommen, musste er in der Lage sein, in einem größeren Kreis frei und ungehemmt sprechen zu können. Er hatte mit zäher Ausdauer und eiserner Entschlossenheit so lange an sich gearbeitet, bis kaum noch etwas an die Art, in der er in früheren Jahren geredet hatte, erinnerte. Seine Redeweise war jetzt kurz und bündig und gemischt mit einem Schuss deftigen Humors. Man hörte ihm gern zu. Doch was nützten ihm seine ganzen Ambitionen und Anstrengungen, wenn er an eine Frau wie Vera gebunden war? Er war an eine Frau gekettet, die nicht über ihren eigenen Schatten springen konnte. Er betrachtete sich als einen geschlagenen Mann, der ein Leben führen musste, das seinem jetzigen Niveau keinesfalls entsprach. Es war ein Jammer, dass sie nicht irgendeinen Geschäftsmann in Putney oder West Ken geheiratet hatte. Dann wäre sie wahrscheinlich bis ans Ende ihrer Tage glücklich und zufrieden gewesen. Doch sie hatte ihn geheiratet, und er hatte es in der City zu etwas gebracht. Doch was hatte er schon davon, wenn sie mit ihrer sinnlosen Hartnäckigkeit und mit ihrem ständigen Wehklagen und Jammern all seine Pläne vereiteln konnte?

Ach Gott, dachte er. Er war so niedergeschlagen, dass er sie im Augenblick nicht einmal hassen konnte. Nach einem innerlichen Seufzer versuchte er, an etwas anderes zu denken. An irgendetwas.

Da er sich auf dem Weg zu Braddock befand, war es das Nächstliegende, seine Gedanken auf Braddock zu konzentrieren. Braddock wohnte - genau wie er - in der schönen Grafschaft Sussex. Beide Häuser waren nur fünfzehn Meilen voneinander entfernt. Die Bekanntschaft der beiden Männer ging ein wenig über das rein Geschäftliche hinaus, denn Mr. Fawsher hatte es Braddock, beziehungsweise dessen langjähriger Sekretärin, Miss Hamylton, zu verdanken, dass Miss Talbot-King jetzt für ihn arbeitete. Als seine eigene Sekretärin, Miss Pritchard, bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen war, hatte sich Miss Hamylton mit ihm in Verbindung gesetzt und ihm Miss Talbot-King empfohlen. Es war seltsam, dass er durch eine Flugzeugkatastrophe, die ihn sehr erschüttert hatte, das begehrenswerteste Wesen, das er sich vorstellen konnte, kennengelernt hatte... Doch was hatte es für einen Sinn, darüber nachzudenken? Sein Gesicht verfinsterte sich wieder. Er fühlte, wie ihn die Hoffnungslosigkeit erneut übermannte.

Doch dann riss er sich mit einem plötzlichen Entschluss zusammen. Wenn ihm das auch schwerfiel, so durfte er es dennoch nicht so weit kommen lassen, dass die Verzweiflung ihn lähmte.

Inzwischen war er auch am Ziel angelangt. Der Wagen war bei einem weißen Pförtnerhäuschen von der Straße abgebogen und fuhr jetzt eine vierhundert Meter lange Einfahrt hinauf, die zu Braddocks Haus führte. Dieses im Kolonialstil gebaute Haus war ein weißes Schmuckstück, das von einer großen Rasenfläche umgeben war, die wie Samt wirkte.

 

 

 

 

  Drittes Kapitel

 

 

Da sich Clive Braddocks Beruf nicht so einfach beschreiben lässt, sollte man vielleicht - in Ermangelung einer besseren Formulierung - die Berufsbezeichnung Gesellschaftsgründer und Manager wählen. Er war der Wortführer und entscheidende Mann einer Gruppe, die über ein enormes Kapital verfügte, das in Millionenprojekten angelegt wurde. Braddocks geschäftliche Verbindungen in Amerika und Kanada waren genauso imponierend wie seine Transaktionen in Großbritannien. Er schien noch nie einen Misserfolg gehabt zu haben, über den es sich gelohnt hätte zu reden. Abgesehen davon, dass er auf diesem Gebiet ein Naturtalent war, verfügte er über ein fundiertes Wissen über die Wirtschaftslage der Länder, mit denen er verhandelte, und hatte zudem noch die fast hellseherische Fähigkeit, Konjunkturschwankungen vorauszusehen. Ein Beispiel: Als die Vereinigten Staaten plötzlich entdeckten, dass sie einen dringenden Bedarf an kanadischen Waldbeständen hatten, stellte es sich heraus, dass Clive Braddock seit über einem Jahr Besitzer dieses bestimmten Waldgebietes war. Schließlich zahlten die Vereinigten Staaten eine und eine Viertel Million Pfund für ein Gebiet, das Braddock für eine halbe Million erworben hatte. Dieses Beispiel zeigt, dass Braddock immer seiner Zeit voraus war.

Fawsher näherte sich dem Haus dieses Mannes. Braddocks Büro befand sich in der City und war seiner Sekretärin, Miss Hamylton, deren Sekretärin und zwei Mädchen, die in der Registratur arbeiteten, überlassen. Das Stadtbüro bestand aus drei mittelgroßen Räumen, einem kleinen Umkleideraum, einem Bad und nicht zuletzt aus Braddocks Heiligtum. Dieser Raum, der etwa die Ausmaße der Paddington Station hatte, glich mit den Perserteppichen, der Holzverkleidung aus Eiche, den Regalen, in denen nur ledergebundene Bücher standen, und den massiven Möbeln eher einer exklusiven Bibliothek als einem Büro. Braddock betrat diesen Raum vielleicht sechsmal im Jahr. Erbrauchte sein Büro nicht. Es genügte ihm, nach außen hin zu demonstrieren, dass er sich ein solches Büro leisten konnte. Das war wichtiger als die Tatsache, dass er es fast nie benutzte. Nach einigen Überlegungen war er zu dieser Erkenntnis gekommen. Er kam meist nach einigen Überlegungen zu der richtigen Erkenntnis.

Nachdem der Butler den Gast angemeldet hatte, kam Braddock ruhig und gelassen in die Halle, um Fawsher zu begrüßen. Braddock wirkte immer ruhig und gelassen. Er war ein großer, elegant gekleideter Mann, der dunkelgraue Straßenanzüge bevorzugte. Braddock hatte breite Schultern, schmale Hüften, nicht die Andeutung eines Bauches und hielt sich immer sehr aufrecht. Er wirkte vom Scheitel bis zur Sohle wie ein Mann um die Vierzig, obwohl er einige Jahre älter war. Sowohl sein leicht schütteres Haar als auch sein Schnurrbart waren schon ziemlich grau. In seinem zerfurchten, fast hässlich zu nennenden Gesicht mit dem strengen Mund, dem kantigen Kinn und den scheinbar desinteressiert blickenden grauen Augen spiegelte sich die Macht wider, die er besaß. Seine Stimme war sympathisch und konnte so einschmeichelnd werden, dass sie für Frauen unwiderstehlich wurde. Braddock war ein Mann, der immer wusste, was er zu tun und wie er sich zu verhalten hatte.

Tatsache war, dass Fawsher jedes Mal neidisch wurde, wenn er Braddock sah. Wie attraktiv musste so ein Mann auf Frauen wirken. Es gab zwar keinerlei Gerüchte in diesem Zusammenhang, aber das hatte nichts zu sagen. Ein Mann wie Braddock konnte ein Dutzend Geliebte haben, ohne dass jemand etwas davon erfuhr. Doch, wie dem auch sei, Braddock war verheiratet. Fawsher hatte seine Frau vor Jahren einmal kennengelernt. Eine hübsche Frau, die jedoch eine Atmosphäre von Nervosität um sich verbreitete. Auch so eine, die nicht Schritt halten kann, hatte er bei ihrem Anblick grimmig gedacht. Dennoch war sie zweifellos etwas, das Vera nicht war - eine Dame. Ansonsten wusste Fawsher nichts über Braddocks Privatleben. Sie hatten keinen gesellschaftlichen Kontakt miteinander - eine Tatsache, die nach Fawshers Meinung nur Veras Unzulänglichkeit zuzuschreiben war.

»Bitte kommen Sie«, sagte Braddock und führte Fawsher in den Raum, in dem sie sich immer unterhielten. Das Zimmer war mit Büchern, Landkarten und alten Globen, die keinen praktischen Wert hatten, angefüllt. Dann gab es eine ganze Sammlung von astronomischen Instrumenten, für die Braddock ein besonderes Interesse hatte.

»Haben Sie schon gefrühstückt?«, fragte Braddock, nachdem sie in den bequemen Sesseln Platz genommen hatten. »Ja? Dann vielleicht ein Drink oder sonst etwas...?«

»Nein, danke, nichts.«

»Nun dann...« Braddock lehnte sich zurück und setzte ohne Einleitung die Unterredung, die sie kürzlich gehabt hatten, an dem Punkt fort, wo sie unterbrochen worden war. Man hätte meinen können, dass diese Unterredung vor fünf Minuten und nicht vor fünf Tagen stattgefunden hatte. Wie immer redete er schnell, konzentriert und kam sofort auf den Kernpunkt der Sache zu sprechen. Fawsher musste sich anstrengen, ihm zu folgen, und hoffte nur, dass ihm diese Anstrengung nicht anzumerken war. Er fühlte sich immer nach Szenen wie der heutigen im Frühstücksraum wie ausgelaugt. Vera sollte der Teufel holen.

»Einen Augenblick. Ich muss nur...« Braddock hatte den Hörer aufgenommen. »Miss Hamylton?«, fragte er eine Sekunde später. »Würden Sie bitte gleich...« Er gab ihr einige Anweisungen. »Nein, Sie brauchen nicht zurückzurufen. Ich bleibe am Apparat.« In der kurzen Pause, die eintrat, wandte er sich höflich an Fawsher. »Haben Sie eigentlich noch die Sekretärin, die Ihnen Miss Hamylton empfohlen hat?«

Fawsher nickte.

»Sind Sie mit ihr zufrieden?«

»Oh, ja«, meinte Fawsher mit betonter Gleichgültigkeit. »Sie ist recht gut.«

»Recht gut!« Braddock zog die Augenbrauen leicht in die Höhe. »Das ist für einen Mann in Ihrer Position nicht annähernd ausreichend.«

»Nein - nein, so habe ich es nicht gemeint«, beeilte sich Fawsher zu sagen. »Sie ist sehr gut. Wirklich ausgezeichnet.«

»Nun, das freut mich.« Er lächelte leicht. »Ich habe mich immer ein wenig verantwortlich gefühlt, weil Miss Hamylton sie Ihnen empfohlen hat.«

»Sie brauchen sich darüber keine Gedanken zu machen«, sagte Fawsher und hoffte, dass seine Stimme nicht gereizt klang. Er hatte das dringende Bedürfnis, das Thema zu wechseln.

»Vielleicht nicht. Da ich sie aber nicht kenne, hatte ich häufig das Gefühl, ich hätte sie erst gründlich unter die Lupe nehmen sollen, ehe ich Miss Hamyltons Empfehlung weiterreichte.«

»Vielen Dank, aber es hat sich erwiesen, dass das nicht nötig war«, grunzte Fawsher. Er war von ganzem Herzen glücklich, dass Clive Braddock Cecily Talbot-King nicht zu Gesicht bekommen hatte. Nach seiner Meinung musste jeder Mann, der nicht aus Holz geschnitzt war, bei Miss Talbot-Kings Anblick entflammen.

»Dann ist ja alles in bester Ordnung. Ich kann mir vorstellen, dass Sie wirklich in der Patsche saßen, als Ihre frühere Sekretärin auf diese grässliche Art ums Leben gekommen war.« Fawsher merkte an Braddocks Tonfall, dass dessen flüchtiges Interesse an einer gewissen Miss Talbot-King bereits erloschen war. »Selbstverständlich ist niemand unersetzlich«, fuhr Braddock fort, »aber wenn Miss Hamylton etwas zustoßen sollte, dann wäre ich auch eine Zeitlang in großer Verlegenheit.« Er grinste. »Nun ist meine Ham allerdings viel zu rücksichtsvoll, um bei einem Flugzeugunglück ums Leben zu kommen - Ja, Miss Hamylton, haben Sie alles beisammen? Dann lassen Sie es gleich zu mir hinausschicken. Und dann fragen Sie auch noch den Bücherrevisor, ob...« Er redete noch ein paar Minuten, ehe er den Hörer auflegte.

Während des kurzen Schweigens, das nach dem Telefonat herrschte, geschah etwas Seltsames. Braddock wandte seine Aufmerksamkeit nicht gleich wieder Fawsher zu, und auch Fawsher schien sich der Gegenwart Braddocks nicht bewusst zu sein. Beide Männer waren in Gedanken versunken und hatten einen abwesenden Blick. Und was noch seltsamer war: dieses Schweigen, diese geistige Abwesenheit, die in die Ferne gerichteten Blicke - das alles schien die beiden Männer, die sich sonst in nichts ähnelten, irgendwie zu verbinden.

Braddock war es dann, der das kurze Schweigen brach. »Sie sehen nicht sehr gut aus«, stellte er fest.

»Mir geht es ganz gut«, murmelte Fawsher. »Vielleicht ein bisschen erkältet - sieht so aus, als ob eine Grippe in der Luft liegt.«

Braddock seufzte. »Eine Grippe kann geheilt werden.« Er seufzte noch einmal.

Dieses zweifache Seufzen löste in Fawsher etwas aus. Und das lag nicht nur daran, dass es bei Braddock ungewohnte Laute waren. Er musste daran denken, wie viele Dinge es gab, die nicht so leicht wie eine Grippe geheilt werden konnten. Aus dieser Stimmung heraus ließ er die Schranken fallen, die im Grunde zwischen ihm und Braddock bestanden, und fing an zu reden.

»Eine Grippe«, wiederholte er mit heiserem Lachen. »Mein Gott, ich wünschte von ganzem Herzen, es wäre nichts weiter als eine Grippe!«

Braddock neigte den Kopf zur Seite und forderte den anderen mit einem aufmunternden Blick auf, weiterzusprechen.

»Ich will Ihnen etwas sagen«, fuhr Fawsher fort. »Es kommt der Augenblick, in dem sich ein Mann fragt, was das alles für einen Sinn hat. Man kann sich ein Leben lang abrackern, um zu Geld zu kommen - und wenn man es dann geschafft hat, dann stellt man fest, dass man mit diesem Geld auch nicht weiterkommt!«

»Ja«, murmelte Braddock. »Ich habe mir schon gedacht, dass Sie Probleme haben. Man sieht es Ihnen an.«

Das war Braddocks zweite unauffällige Aufforderung, dass der andere sein Herz ausschütten sollte. Hätte sich Fawsher das nur einen Moment lang überlegt, dann wäre er wahrscheinlich stutzig geworden. Ihm hätte in den Sinn kommen müssen, dass sie erstens kein allzu freundschaftliches Verhältnis miteinander hatten und dass zweitens Braddock niemals etwas ohne eine bestimmte Absicht tat. Doch Fawsher war so sehr von seinem Kummer erfüllt, dass er blind und taub für alles andere war. Er hatte zu lange seinen Zorn unterdrückt, als dass er jetzt seine Worte länger zurückhalten konnte.

»Probleme«, knurrte er. »Natürlich habe ich Probleme! Wie würden Sie das sonst nennen, wenn ein Mann in seinen besten Jahren, der alles hat, was das Leben lebenswert macht - Gesundheit, Geld, alles -, praktisch lebendig begraben ist, weil ihm all das versagt ist, was er eigentlich haben könnte?«

Braddock hörte ihm schweigend und interessiert zu. Ein allzu neugieriger Blick von Braddock oder eine falsche Bemerkung hätte Fawsher vielleicht auch jetzt noch zum Schweigen gebracht. Doch Braddock drängte sich nicht auf. Er war der ideale Zuhörer. Seine höfliche Aufmerksamkeit bracht Fawsher dazu, weiterzureden.

»Ich war zweiundzwanzig, als ich heiratete, und meine Frau neunzehn«, fuhr er fort. »Ich war Angestellter einer Börsenfirma - keiner sehr guten -, und sie arbeitete als eine Art Assistentin in einem kleinen Restaurant. Sie hatte eine sehr, sehr nette Art, mit den Kunden umzugehen. Ich will damit nicht sagen, dass sie Serviererin war«, unterbrach er sich hastig, »aber in dem Restaurant wurden auch Süßigkeiten und Kuchen und so weiter verkauft...«

»Hmmm...«

»Es war ein guter Job für eine Neunzehnjährige«, fuhr Fawsher fort. »Natürlich liebte ich sie. Doch darüber hinaus glaubte ich auch noch, einen guten Griff getan zu haben. Sie war irgendwie anders als die Mädchen, die ich zuvor gekannt hatte. Sie war intelligent - ich meine«, er unterbrach sich wieder, »sie kam mir damals intelligent vor. Ob ich seinerzeit noch nicht wusste, was Intelligenz war, oder ob ich blind vor Liebe war, oder ob das bisschen Intelligenz, das sie damals besaß, im Laufe der Zeit eingerostet ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber das ist auch unwichtig. Es ändert nichts am jetzigen Zustand.«