Der Tod kann warten - Roland Krause - E-Book

Der Tod kann warten E-Book

Roland Krause

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  • Herausgeber: Piper ebooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Kidnapping im Altenheim! Die 97-jährige Mutter des pensionierten Oberstaatsanwalts ist aus dem Seniorenheim verschwunden. Ihre Entführer fordern nur eines: die Aufklärung eines alten Mordfalls. Während sich seine Kollegin auf die Suche nach der alten Dame macht, begibt sich Hauptkommissar Josef Sandner undercover in die Münchner Vorstadt, in der einst der Mord geschah, und stößt dort auf eine ganze Menge Verdächtige …

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www.piper.de

ISBN 978-3-492-98301-3

Dezember 2016

Deutschsprachige Ausgabe:

© 2013 Piper Verlag GmbH, München

erschienen im Verlagsprogramm Malik

Diese Ausgabe:

© Piper Fahrenheit, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2016

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: © Michal Skowronski

Datenkonvertierung: Kösel, Krugzell

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

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»Weil Du am Leben bist, ist jeder Tag gut.«

Henry Old Coyote – Crow

Rauchzeichen

Nicht einmal das Wetter ist gekommen. Kein Regen, kein Windhauch, kein Sonnenstrahl.

Achthundert Euro zahlst du für die Verbrennung in Tschechien. Discountpreis für das finale Einschüren.

Sie sind mit dem Reisebus gekommen. Nebeneinander mussten sie ausharren, vier Stunden lang. Kein Wort ist zwischen ihnen gefallen. Es hätte auch keiner von beiden aufheben und verwenden können. Zu Asche soll werden, was ihnen gemeinsam war. Ihr Sohn.

Merkwürdig, dass es kein unfassbarer Moment ist. Unwirklich – ja, aber es fühlt sich an, als wäre ihnen beiden längst klar gewesen, einmal genau so dazustehen. Mit hängenden Schultern und dieser Leere hinter der Stirn.

Die Jahre haben sie vorbereitet.

Wenn das Schicksal einmal beschlossen hat, sich den Schlagring überzuziehen, prügelt es immer weiter. Und du gewöhnst dich daran, die Haut wird ledern, der Geist undurchlässig wie Felsgestein.

Ein Messerstich. Mitten ins Herz. Er hat nicht leiden müssen, hat ihnen ein triefäugiger Beamter mitgeteilt. Die Worte von sanfter Stimme ummantelt, wie die scharfe Klinge durch die Scheide. Als machte das einen Unterschied – danach.

Eine Rauferei soll es gewesen sein. Gestritten hat er immer gern – mit allen und jedem sich angelegt. Ein Rumtreiber, einer der sich nichts sagen ließ. Nicht einmal Schläge haben geholfen. Und später, als die Polizei zum ständigen Gast geworden war, hat der Vater ihn rausgeschmissen. Alles hat doch einmal ein Ende haben müssen, den Krug hatten sie viel zu lange zum Brunnen getragen.

Die Frau denkt zurück – an das Baby auf ihrem Schoß. Warm, glucksend vor Vergnügen und voller Neugier auf den Augenblick. Kurz legt sie ihre Hände auf den Bauch.

So lange her und doch schmerzlich nah.

Das grummelnde Förderband setzt den Sarg in Bewegung. Kiefer aus Rumänien. Chopins Trauermarsch beginnt, aus den Boxen zu scheppern. Es wird ihren Leibern warm.

Der Boandlkramer hat sich zuletzt des Burschen angenommen – für ihn ist ein jeder bedeutsam. Achtsamkeit ist sein Motto.

Und so sät der Sensenmann, dort, wo er gemäht hat, auch all die Gespenster und Fratzen, die verblichenen Träume und Hoffnungen, das Leiden und die Schuld.

Manchmal dauert es nur einen Augenblick, bis sie austreiben und bittere Früchte tragen – manchmal fünf lange Jahre.

Aber es passiert. Und immer gibt es jemanden, der ernten wird.

Kriegspfad

Die Gegner belauern sich. Ihre Augen sind weit aufgerissen. Schweißtriefende Oberkörper schaukeln hin und her, als wären es fleischerne Bojen auf hoher See.

Sie kennen sich genau. Den linken Fuß vorgestellt, die Leiber unter geduckter Anspannung, stoßen sie zögerlich Fäuste heraus, die wirkungslos auf die Deckung prallen. Das Patschen der gepolsterten Handschuhe klingt nicht saftig genug, um zu beeindrucken. Zermürbungstaktik, warten auf die Lücke – oder nackte Vernunft angesichts drohender Prügel.

Zu viel Ritual, zu wenig effektive Aggressivität zeigt der geringschätzige Gesichtsausdruck des blumenohrigen Zuschauers an. Vom »Punch« ganz zu schweigen. Der Mann hält sich neben der Ringmatte auf und leidet sichtlich. Als wäre er gezwungen, zickende Möchtegern-Models im TV zu beglotzen. Seine hellwachen Augen begleiten jede Nuance des Schauspiels. Die Stirn unter kahlem Schädeldach gefaltet, zucken seine Schultern, antrainierten Bewegungsimpulsen folgend, immer wieder nach vorn.

»Was soll des darstellen, Mädels? Geht’s doch ins Ballett!«, schmeißt er seine heißere Stimme in den Ring. »Steck dir a Rosen in den Oasch, Sandner!«

Lebende Blumenvase zieht der angesprochene Hauptkommissar nicht in Erwägung. Tänzeln und Fintieren ist seine Sache nicht. Die Füße flach in die Plane gestemmt, versucht er, sich seiner Haut zu erwehren. Gerade hat er genug damit zu tun, Luft zu bekommen. Seine halbherzigen Schwinger verprügeln die abgestandene Luft. Salziger Schweiß brennt in seinen Augen. Die Arme werden schwer und schwerer, als hätte er Hufeisen in den Handschuhen verborgen. Seiner Schlagkraft könnte es nicht schaden. Jeder Fausthieb wird begleitet von tierhaftem Ächzen. Klingt nach Paarungsritual der Riesenschildkröten. So ein Panzer wäre dem Sandner recht. Kopf einziehen und sorgenlos.

Zehn Zentimeter größer als der Sandner und zumindest zehn Kilo leichter kommt sein Gegenüber, der Miran, daher. Drahtig und beweglich. Nicht ganz auf Augenhöhe, die beiden Kampfhähne.

Trotz seiner eins achtzig boxt der Hauptkommissar im Schwergewicht. Knapp fünfundachtzig Kilo, ohne Schuhe. Minotaurus-Stil. Kompakt, den Kopf gesenkt, die Schultern nach vorn. Seit dem Vierzigsten hat sich die letzten sechs Jahre noch das eine oder andere Kilo zur Polsterung hinzugesellt, trotzdem wirkt der Mann nicht füllig. Aber selbst wenn das dunkelblonde Haar noch jedem Kamm trotzt und die Stirnfalten einstellig sind, so schnauft er doch wie der Marathonläufer auf den letzten Metern. Nur noch ein paar Minuten durchhalten – und Schluss für heute mit der Schinderei. Für diese Woche. Für diesen Monat.

»Herr Sandner!«

Der scharfe Schrei schlitzt den Hallenmief auf, wie ein Metzgermesser die Sau. Sandners Blick jagt für den Bruchteil einer Sekunde umher. Was zum Kuckuck ...?

Der Leberhaken kommt wie aus dem Nichts. Wamp! Unter den Ellenbogen gesetzt – Volltreffer. Chirurgische Präzision, wie der Fachmann kommentieren würde.

Augenblicklich weicht alle Luft aus seiner Lunge. Aus! Ihm wird schwarz vor Augen, die Knie knicken ein. Nach einer Vierteldrehung sinkt er hin. Gefällt wie eine morsche Eiche. Ein Yoga-Guru hätte Sandners Haltung vielleicht als Schlusssequenz der »tibetischen Niederwerfung« interpretiert – inklusive aufgesetztem Schädeldach. Dumpfer Schmerz verteilt sich großzügig. Jede Faser im Körper soll von der Gaudi etwas abbekommen.

Im Menscheninneren tummeln sich Dutzende Organe. Beim Sandner scheinen alle gemeinsam einen Tumult anzuzetteln. Als wollten sie heraus aus dem Häuflein Fleisch, Knochen und Elend, das auf dem Gummiboden kniet und japst.

Er speit den Mundschutz aus.

Die Stimme ist unverkennbar gewesen.

Jetzt kauert sich ihr Besitzer neben ihn – legt den Kopf schräg, um ihm in die Augen zu schauen, zwei Fingerbreit über der Matte.

Es ist der Kommissar Hartinger. Für den rothaarigen Jungspund der Münchner K11 kann es nur einen Grund geben, beim Faustkampf das Zünglein an der Waage zu spielen: ein Todesopfer in München. Mit dem Verkünden einer Gewalttat hätte der Kommissar es nicht so eilig haben müssen. Seinem Chef hat er einen schmerzhaften Vorgeschmack kredenzt. Der dankt auf Knien.

»Alles okay?«, vergewissert sich der Hartinger. Ausgestattet mit solch einer Beobachtungsgabe könntest du die nächste Leich am Tatort genauso gut fragen: »Geht’s wieder?«

»So war es recht, Miran«, schnarrt die Stimme des Boxprofis anerkennend dazwischen. »Ned rumkasperln, gleich drauf auf den Mann.«

Der besagte »Mann« sagt nichts. Jeder ausgekeuchte Buchstabe wäre Quälerei. Er dreht den Kopf zur Seite, schaut dem jungen Kollegen in die arglose Visage. Stirn und Augenbrauen formulieren eine Frage.

»Es pressiert«, versichert ihm der Bursch, »wirklich!«

»Wenn nicht ...«, grunzt der Sandner und versucht, sich hochzustemmen. Die Knie leisten Widerstand. Der unvollendete Satz schmiegt sich dem jungen Polizisten wie eine hungrige Python um den Kragen. Zeit für die Fütterung.

Standesgemäß im grauen Everlast-Jogginganzug stakst der Sandner neben dem Kollegen zum Dienstwagen, als hätte er nicht bloß einen dornigen Stängel in der Rosette, sondern den kompletten Rosenstock. Duschen ist ausgefallen. Keine Zeit – und zu bewegungsintensiv. Dass es um Leben und Tod ginge, hat sein polizeilicher Begleiter dramatisiert.

Der Hauptkommissar hatte sich in der Boxhalle nicht auf Diskussionen einlassen wollen. Die Neugier allenthalben wäre zu gerne abgefüttert worden. Hier klopfte sich manch ein Journalist seinen Frust von der Seele – die Ohren auf Stand-by. Ärzte und Anwälte gab es epidemisch. Neben dem kopflastigen Studieren musst du die niederen Instinkte berücksichtigen. Das Tier in dir spüren, den Moschusochsen brüllen lassen. Mindestens Geländewagen solltest du fahren oder ein Trekkingbike in der Garage haben.

Die Frage von Leben oder Tod ist in Sandners Gewerbe zweifelsfrei beantwortet worden – vom Gerichtsmediziner. Um das Sterben in all seinen Formaten ist es gegangen. Der Tod fordert dich zum Tanz auf, wenn du Ermittler bei der Münchner Mordkommission bist. Manchmal Tango, manchmal Capoeira, immer trampelt dir der Boandlkramer schmerzhaft auf die Zehen.

Der Miran hatte ihm zugeraunt, er solle bloß nicht mit »Ablenkung« als Ausrede daherkommen – die zwanzig Euro würde er trotzdem kassieren. Sein begleitendes Grinsen konnte den Leberschmerz locker übertrumpfen.

Die männliche Eitelkeit kennt kein Alter. Die strotzt vor Energie, wenn sie dich am Wickel hat. Würde und Weisheit taugen nicht zur Doppeldeckung.

Malträtiertes Fleisch fleht den Sandner an, nicht mehr den Peter Pan zu geben. Der Chor der geknechteten Muskeln rechnet ihm die Lebensjahre vor. Er hatte den inneren Schweinehund angezählt und sich motiviert, an der Fitness zu arbeiten – da kam die knallharte Rechte. Die großspurigen Vorsätze abgekocht und ausgeknockt. Vielleicht wäre eine Mikadorunde die Alternative.

Der Sandner schleicht belämmert über den Parkplatz.

An seiner Seite wacht der Rotschopf. Seine erhobenen Hände hält er in zupackender Bereitschaft. Altenpfleger-Attitüde. Nicht, dass ihm sein Chef aus den Latschen kippt. Großes Zutrauen scheint er in dessen Konstitution nicht zu haben. Kein Wunder. Niedergeschlagen, im reinsten Wortsinn.

Betätscheln lässt sich der Hauptkommissar nicht, dagegen wirkt ein abwehrender Knurrlaut. Meter für Meter schleppt er sich dahin.

Den Dienstwagen hat der Hartinger ums Eck abstellen müssen. Nichts ist in München kostbarer als ein fußläufig erreichbarer Parkplatz. Aber was heißt schon erreichbar für den Sandner? Endlich vor dem Fahrzeug, schnauft er durch. Der Kragen seines Sweatshirts ist feucht. Alles hat seine Zeit. Der Rotschopf lässt bereits den Motor aufheulen.

»Woher hast du überhaupt gewusst, wo ich bin?«, will der Kriminaler von ihm wissen, nachdem er die Beifahrertür des Dienst-BMWs zugezogen hat. Das Angurten ist ein mentaler Kraftakt. Empfange den Schmerz wie einen Bruder. Der Sandner wäre diesbezüglich lieber Einzelkind.

»Ich sollte rasch bei Ihnen vorbei, weil Ihr Handy ausgeschaltet war. War ein Versuch. Vor Ihrem Haus ist eine alte Frau gestanden, wohl Ihre Nachbarin ...«

Eine der Ratschn! Er ist sich sicher, niemand im Haus ahnt, dass er mehr mäßig als regelmäßig beim Boxtraining vorbeischaut. Du brauchst nicht allüberall Überwachungskameras, Facebook und Paybackkartengschiss. Letzten Endes bist du sowieso der gläserne Bürger. Bei ihm unterm Dach haust der hundertäugige Argus. Schmerz und Ärger verbrüdern sich.

»Sie hat mir gleich aufs Brot geschmiert, Sie wären mit Sporttasche los«, unterbricht der Hartinger seine Grübelei, »hat wohl gerochen, zu wem ich wollte. Und der Brauner hat gemeint, er wisse, dass Sie mal geboxt haben – früher. Zumindest sich darin versucht.«

Jugendliche Überheblichkeit produziert ein Lächeln, das prompt an Sandners versteinerten Zügen zerbröselt.

»Versucht? Pass auf, was du daherredst – und wieso der Brauner? Also was ist los – sag?«

»Zu dem müssen wir – der wartet.«

Während der Hartinger samt Fahrgast gen Obermenzing prescht, versucht er sich im Multitasking. Er gehört zu der Sorte Menschen, die ihre Reden gestenreich untermalen. Wenn du die Hände am Steuer lassen solltest, ist der pantomimische Ansatz kontraproduktiv. Er steigert nur die Herzschlagfrequenz beim Mitfahrer.

Der Sandner kauert auf dem Beifahrersitz. Probehalber bewegt er den rechten Arm, ballt die Faust. Taub fühlt der sich an, bis zur Schulter. Häuserzeilen rauschen an ihm vorbei, als wäre er im ICE unterwegs, bis der Petueltunnel ihm kurzzeitig die Sicht nimmt. Der Hartinger beherrscht die Kunst, sich selbst in zähem Verkehr durchzuschlängeln, als hätte das Auto eine Aalhaut. Immer am Limit.

»Hartinger! Ich hab nicht gewusst, dass es um Leben und Tod bei mir gehen soll! Reiß dich zam.«

Bis zum Gasfuß des jungen Kollegen dringt die Mahnung nicht vor. Der scheint ein autarkes Leben zu führen.

»Dem Oberstaatsanwalt Brauner haben sie die Mutter entführt!«, platzt es endlich aus dem Hartinger heraus.

Der Sandner fährt im Sitz hoch und starrt den Fahrer an, als hätte der sich vor seinen Augen in einen sprechenden Kohlrabi verwandelt.

»Was sagst du? Bist du narrisch! Die lebt immer noch? Die muss doch schon bald hundert sein.«

»Keine Ahnung, aber jedenfalls ist sie abgängig, und die Entführer haben sich beim Brauner schon gemeldet.«

»Entführer? Sakrament – was wollen die? Und was haben wir damit zu tun? Ich hab nicht einmal Bereitschaft. Kreuzkruzifix.«

»Ich weiß nicht mehr darüber. Der Brauner hat nach Ihnen verlangt – subito.«

Der Sandner versinkt in Schweigen. Nach ihm verlangt hat er also, der ehemalige Oberstaatsanwalt. Kein Grund zu hyperventilieren.

Zum Knecht taugt er nicht. Da hat er ein Wort mitzureden. Das muss der Brauner gut begründen können, sonst geht es wieder retour. Warum sollte jemand das alte Waiberl eintüten? Anders als bei der schönen Helena kann man schmachtende Liebe als Beweggrund für ein Kidnapping ausschließen. Rache? Bei einer gebrechlichen Alten ist das Risiko hoch, dass sie die Geschichte nicht an einem Stück übersteht.

Dann hast du eine überflüssige Leich und das Malheur. Meistens weißt du nicht, wohin damit. Es gibt ja keine Container wie beim Altglas – vielleicht ein zukunftweisender Gedanke. Zumindest für Urnen, falls der Platz knapp wird. Braun, silber und schwarz getrennt.

Möglicherweise hat der Miran dem Sandner die Birne weich gekloppt. Mit der Konzentration hapert es gewaltig. Kein Wunder, wenn deine Leber dir suggeriert, sie hinge an der Steckdose.

Falls der Tod der alten Brauner von den Entführern einkalkuliert wäre – dann gut Nacht. Lösegeld? Besonders wohlhabend kommst du mit der Beamtenpension nicht daher.

Den Brauner kennt er seit zwanzig Jahren. Bis zu seiner Pensionierung war er eine charismatische Figur innerhalb der Staatsanwaltschaft – quasi Legende. Ein dickköpfiger, gefürchteter Grantler, aber ein kompetenter Kopf – und was für den Sandner essenziell war: Er hat alle Fünfe gerade sein lassen können und ihm manches Mal den Kopf aus der Schlinge gezogen. Ohne dessen Fürsprache wäre er mutmaßlich Ampelersatzkraft oder dürfte in schicker Uniform Katzenaugen an Fahrrädern zählen.

Nach Obermenzing schafft es der Hartinger in zwanzig Minuten – ohne Blaulicht.

An der Würm lässt es sich aushalten. Das haben sie schon vor viertausend Jahren gewusst. Aus der Bronzezeit ist das entdeckte Hockergrabin Obermenzing gewesen. Es lässt sich also auch gut sterben am Fluss. Daran wird der Brauner nicht gedacht haben, als er vor vierzig Jahren seine Zelte hier aufgeschlagen hat. Er wird dereinst kein Bronzeschwert mit ins Grab bekommen, höchstens ein Strafgesetzbuch. Die Zeiten ändern sich und damit das Handwerkszeug für die Rechtsprechung.

Ein gemächliches, sattes Fleckerl Erde. Schloss Blutenburg im stolzen Wappen. Den alten Zehentstadel gibt es noch, allerdings könnten die Bewohner heutzutage schwerlich ihre bäuerliche Abgabe leisten. Sense und Dreschflegel hängen als museale Relikte zur Dekoration in der Stube. Statt Schwielen an den Händen haben die Leut im Stadtteil höchstens Blasen vom Geigeüben.

Brauners Domizil liegt in der Finsterwalder Straße.

Weder finster noch Wald. Gediegene Einfamilienhäuser in Reih und Glied aufgepflanzt. Kein Pomp, keine Kristallkugeln oder tönernes Viechzeug in den Vorgärten. Den soliden Wohlstand der Sechziger strahlen sie aus, die cremefarbigen Gemäuer. Wenn du ein Studierter gewesen bist, damals, oder leitende Arbeitsbiene, ist ein Häuserl drin gewesen – zwei Kinder dazu und fertig verschnürt war der Lebenstraum. Heutzutage musst du eine perverse Ader haben, wenn du dich mit dem Erwerb von Wohneigentum im Münchner Einzugsgebiet beschäftigst. Der Gedanke ist schmerzlicher als die Neunschwänzige – falls dir nicht bereits als kleiner Hosenscheißer die Bauklötze durch Goldbarren ersetzt worden sind.

Im Braunerschen Garten ist der Rasen kurz rasiert, wie das Haupthaar vom Eigentümer, der auf ihr Läuten hin die Tür aufreißt. Als hätte er im Flur auf sie gelauert. Das letzte Mal hat ihn der Sandner zufällig in einem Gasthaus getroffen, bei der turbulenten Verhaftung eines Mordverdächtigen. Der Trachtenjanker scheint derselbe zu sein – der Mann nicht. Gebeugt kommt er daher, gelbliche Gesichtsfarbe, die Augen tief in den Höhlen.

Den Lack hat sie ihm abgeschmirgelt, die Geschichte, und darunter werden die Rostlöcher sichtbar. Selbst argloses Opfer zu werden hätte er sich nicht vorstellen können. Das bringt den Motor zum Stottern.

Ohne ein Wort hinkt der Hausherr vor ihnen her ins Wohnzimmer. Schwer stützt er sich auf seinen Stock.

In der Stube umzingeln deckenhohe Bücherregale die dunklen Kolonial-Sitzmöbel. Seine Klassiker hat der Brauner gelesen. Gewichtige Wälzer in gefärbtes Schweinsleder gebunden. »Wallenstein« von Golo Mann besetzt aufgeschlagen einen Sitzplatz. Wohl der Lesesessel samt passendem Fußschemel und Stehlampe. Ein muffiger, musealer Geruch liegt in der Luft.

Dem Sandner kommt es vor, als müsste er sie mit Händen zerteilen, um sich fortzubewegen. Zum Staubwedeln scheint der Alte nicht oft zu kommen. Auf einem Tisch im Eck ruht ein Hackbrett. Der Oberstaatsanwalt pflegt die Stubenmusi.

Die beiden setzen sich an den Wohnzimmertisch. Massiv und unverwüstlich ist der, gleich seinem Besitzer.

»Wieso hat das so lang gedauert?«, wird der Hauptkommissar angeraunzt, vom eisernen Blick festgenagelt. Der Ledersessel mutiert zur Anklagebank. Noch ehe der Ermittler Einspruch erheben kann, winkt der Brauner ab. Sich aufs Wesentliche zu besinnen fällt ihm sichtlich schwer. Die unruhigen Finger hat er ineinander verknotet. Knorrige Wurzeln, die aus seinen Hemdsärmeln zu wachsen scheinen.

»Zur Lage«, beginnt er, sich an die vertraute Floskel klammernd. »Um sechs hab ich einen Anruf bekommen. Sie hätten meine Mutter, hat der Mann am Telefon gesagt. Ich hab geglaubt, das ist ein depperter Scherz. Was will jemand mit meiner Mutter? Wenn du die näher kennst, überlegst du dir das zweimal. Aber der Sauhund hat bloß gesagt, der Fuhrer Benedikt säße unschuldig im Gefängnis. Ich solle den wahren Mörder finden, und meine Mutter käme frei. Wenn ihnen die Polizei auf den Pelz rückte, müsst meine Mutter sterben. Und aufgelegt.

Ich ruf also im Altenheim an. Die haben erst nachschauen müssen, verstehst. Nachschauen! Da lach ich doch in Wald nei. Und dann haben sie gesagt, sie könnten sich das nicht erklären – die wäre tatsächlich weg. Ja, so eine Überraschung. Das Gschwerl! Da können die Spitzbuben reinspazieren und die Leut mitnehmen, wie es ihnen passt.«

Er ist außer Atem und wischt sich über die Augen.

Der Sandner verkneift sich die Bemerkung, dass im Allgemeinen keiner die lästigen Greise wiederhaben will, wenn sie einmal geparkt sind. Altenheim ist kein Leihhaus.

»Wer ist das, der Fuhrer Benedikt?«, will der Hartinger wissen. Er hat sich unauffällig neben der Tür aufgestellt. Hierarchisches Gespür für den optimalen Platz – quasi Hundedecke.

Die beiden Männer reagieren nicht.

Der junge Polizist räuspert sich entschlossen.

»Haben Sie das Telefonat vielleicht aufgezeichnet, Herr Brauner?«

Von den »Senioren« wird ein Blick auf ihn abgeschossen, als hätte er sich die Hose heruntergerissen, um einen lauten Furz zu lassen.

»Was ist denn das für eine depperte Frage?«, braust der Brauner auf. »Ich weiß gar nicht, wie das geht an dem Glumptelefon. Normalerweise hebst du ja nicht den Hörer ab und schneidest alles mit.«

»Na ja, hätte ja sein können – wäre hilfreich.« So leicht lässt sich der Rotschopf nicht den Maulkorb umhängen. Die Zeiten wandeln sich.

Aktuell hat ihn der Ruheständler offensichtlich als Sandners Chauffeur abgespeichert. Er hat noch nie mit ihm fahren müssen. Da erscheint das Jenseits in Sichtweite. Der Sandner verzichtet, wann immer möglich. Selten genug.

»Ist der fähig, dein Mitarbeiter, oder bloß ein Dampfplauderer?«, wendet sich der Brauner an den Hauptkommissar.

»Horch zu, da gibt’s Routinen«, knurrt der Angesprochene, die Frage ignorierend. »Spezialisten, Fachleute für Kidnapping. Verhandlungsprofis, was immer du willst. Dir muss ich doch nicht erzählen, wie das abläuft bei einer Entführung. Dokumentierte Vorgehensweisen aus dem Qualitätshandbuch und das ganze Technikgrafl. Wenn die Mutter von einem Staatsanwalt wegkommt, steht München Kopf. Da haut sich jeder Beamte rein, als wär’s das eigen Fleisch und Blut. Da stampfen sie ruckzuck eine Soko aus dem Boden. Also, was heckst du aus, Brauner? Warum sollt ausgerechnet ich her? Da müsst doch gerade eine Hundertschaft das Altenheim auseinandernehmen, bis auf die Grundmauern.«

Der Brauner schnauft auf und rutscht unruhig auf seinem Sessel hin und her. Nach einer Prise Schnupftabak legt er los.

»Ich hab der Heimleitung klargemacht, die polizeiliche Untersuchung leite ich in die Wege. Damit waren sie zufriedengestellt. Da ruft jetzt keiner von denen auf der Dienststelle an. Ich weiß, dass man die Leute immer beruhigt, die Polizei regelt das, und man soll ihnen vertrauen und eiapopeia, Kind schlaf ein. Hab ich selber oft genug erlebt und vorgebetet. Aber es ist meine Mutter und ...«

»Wir sind als Ermittler da – oder?«

»Ja, schon irgendwie – und du als Freund – verstehst? Ich brauch jemanden, dem ich vertrauen kann. Keine fremden Gschaftlhuber, die sich bloß wichtig machen. Von denen kommt mir keiner ins Haus!«

Dem Sandner schwant Böses. Für solch eine Vorahnung brauchst du in niemandes Gedärmen lesen oder Knöchelchen werfen. Er dürfte nicht hier sein, der Hartinger ebenso wenig. Und trotzdem werden sie sich alles anhören und mitentscheiden. Hinterher könnte er immer noch den korrekten Weg veranlassen – oder dem Brauner Vernunft einbläuen. Hinterher.

Red dir nichts ein, Sandner. Es gibt kein Hinterher, nur ein Mittendrin. Sie waren bereits auf dunklen Pfaden unterwegs. Die Show hatte begonnen, und ob sie alle mit heiler Haut und ohne dienstliche Schrammen davonkommen würden, stand auf einem anderen Blatt.

Die Entführung der alten Dame hatte mit Brauners letztem Fall zu tun. Er musste ihn übernehmen, weil damals die Influenza drei Viertel der Staatsanwaltschaftsbelegschaft ins Bett geworfen hatte. Kein Standvermögen, die jungen Burschen. Aber herausgeputzt wie die Brauereigäule zur Wiesnzeit. Seidentüchlein und Lackschuh im Gerichtssaal – und Duftwässerchen und Puderchen, dass du meinen könntest, die Reinkarnation vom Sonnenkönig defiliert an dir vorbei.

Er hatte seinen Schreibtischinhalt bereits in der Schuhschachtel verstaut. Eine versilberte Schnupftabakdose mit Monogrammvon den Kollegen überreicht bekommen und ein Reserve-Bürgermeister hatte ihm die Hand getätschelt. Er hat längst vergessen, welcher es war. Fünf Jahre her. Das Haifischlächeln nebst gewollt sportlichem Händedruck ist ja bei allen Politikern identisches Handwerk.

Und dann dieser Fall:

Ein kleines Licht aus dem Harthofviertel hätte bei einer Rauferei seinen Kontrahenten abgestochen. Zwei Stiche, einer exakt ins Herz. Wohl ein Zufallstreffer. Glück gehabt. Eine erfolgreiche Aktion mit zwei Promille im Blut. Da könntest du getrost im Kasino zocken. Wobei sich Glück unterschiedlich definieren lässt. Keine große Sache – ermittlungstechnisch eindeutig. Abgefüllt bis zur Oberkante, vom Tatort geflüchtet, und das Messer wurde später in seinem Kellerverschlag gefunden. Andere Täter kamen nicht infrage. Bingo. Noch Fragen, Herr Richter? Dass der Mann bis zuletzt seine Unschuld beteuert und einen Unbekannten als Täter benannt hatte, war nur eine Randerscheinung gewesen. Typischer Täterreflex. Jeder Zweite gibt die Scheherazade und probiert es mit einem Märchen aus Tausend und einer Nacht. Die wenigsten sind unterhaltsam. Schützt daher vor Strafe nicht. Letzten Endes Indizienprozess, zwölf Jahre Stadelheim.

»Und jetzt haut mir jemand die alte Geschichte um die Ohren«, schließt der Alte seine Erzählung ab, »wie ein Springteufel hupft die aus dem Kasterl.«

Brauners Mutter lebt seit neun Jahren im Altenheim. Damit dürfte sie sich hierarchisch und überlebenstechnisch weit nach oben gearbeitet haben im Bewohner-Ranking. Du brauchst eine Portion Fatalismus oder musst religiös gut unterfüttert sein. Wenn du zuschauen darfst, wie die jüngeren »Golden Agers« sich himmelwärts davonmachen, fragst du sonst am Ende gar nach Sinn.

Der Sandner hat sie und ihren Sohn einmal getroffen – überraschenderweise in einem Jazzclub in Haidhausen beim Gastspiel der »Al Porcino Big Band«. Anders als der Oberstaatsanwalt, der bayrisches Liedgut vorzieht, ist sie der zeitgenössischen Musik aufgeschlossen gegenübergestanden. Louis Armstrong und Ella Fitzgerald hat sie vergöttert – aber die heutigen Jazzgrößen durchaus nicht verschmäht. Der Brauner hat in den sauren Apfel beißen müssen. Es ist ihr Geburtstagswunsch zum Fünfundneunzigsten gewesen. Er wäre lieber zum Obermenzinger Musikantenstammtisch im »Grünen Baum« gegangen.

Die alte Frau und ihr Sohn sind früh verschwunden an jenem Abend. Weil er nebst anregender Begleitung am Nebentisch gesessen ist, hat der Sandner ab und zu einen Blick auf sie geworfen. Ein ums andere Mal ist der Seniorin, trotz treibender Rhythmen und virtuoser Trompetensoli, der Kopf auf die Brust gesunken. Wie sie beide synchron mit ihren Gehstöcken von dannen gezogen sind, hätte man sie fast für ein Paar halten können. Im Alter nähert man sich halt immer weiter an.

Kurz hatte sich der Sandner mit der Frage beschäftigt, ob er wohl in dreißig Jahren genauso daherhatschen würde, als exotisches Exemplar zwischen feierndem Jungvolk. Oder wäre er längst von Spinnweben überzogen, auf seinem Couch-Stammplatz vor dem brüllenden Fernseher festgeklebt? Bei Mutter Brauner war offensichtlich noch genug Saft in der Batterie gewesen.

Brauners Vater Justus ist aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr heimgekommen. Serbische Partisanen haben ihm das Kerzerl ausgeblasen. Da hat sein Stammhalter gerade die ersten Wörter gebrabbelt. »Papa« hat er nicht mehr lernen brauchen.

Überhaupt ist die männliche Verwandtschaft dezimiert worden in jener Zeit. Ein Onkel hat die Nazi-Polizeihaft in der Ettstraße nicht überlebt, einen anderen hätte die Tuberkulose weggerafft – wurde ihnen von Amts wegen bescheidet. Beiden ist ihr Rückgrat zum Verhängnis geworden. Kein Wunder, dass ein Streben nach Gerechtigkeit im jungen Brauner-Bursch aufgekeimt ist.

Die Mutter hat den Jungen allein groß bekommen und das Studium der Rechtswissenschaften ermöglicht. Er hat nie geheiratet. Vielleicht aus Verehrung für die Frau, die ihn zu dem verholfen hat, was er darstellt. Da wird er keinen Ersatz gefunden haben, der diesem Anspruch standgehalten hätte.

Er ist ein Eigenbrötler. Tisch und Bett hättest du als Eheweib mit Aktenbergen teilen müssen. Die Antwort auf die Frage, wem er lieber Zeit und Energie auf der Matratze opfern mag, hätte jede halbwegs fleischeslustige Frau tief gekränkt auf Abwege getrieben.

Der Sandner könnte nur spekulieren, ob das eine oder andere Hurenhaus eine alternative Geschichte über den Brauner zu erzählen wüsste. Schlamm drüber – über die Untiefen.

Im Pasinger Altenheim hat seine Mutter ein Einzelzimmer bezogen, weil sie zuletzt ihre Gedanken nicht immer in die richtigen Schubladen sortieren konnte. Der Brauner hätte das nicht stemmen können – Reibereien inklusive, wie sie vorkommen bei zwei dickköpfigen Alleinherrschern. Eine stolze Frau, die sich aber für keine Arbeit zu schade gewesen war und gewusst hat, wie man Überleben buchstabiert.

Dem Polizisten erscheint sie vor dem inneren Auge, mit ihren schlohweißen Haaren, der aufrechten Haltung und ihrem Forscherblick aus klaren, graublauen Augen, den sie an ihren Sohn weitergegeben hat. Sonst sollte er in absehbarer Zeit nichts erben müssen.

Persönliche Betroffenheit ist in Sandners Geschäft ein sumpfiger Untergrund. Aber hier und heute wird er dem Brauner und seiner Mutter zur Seite stehen – Sumpf hin oder her.

Und nicht nur er.

Die Sandra Wiesner rekelt sich in der Badewanne. Ein Schnappschuss vollendeter Entspannung. Doch sollte man die Vorstellungskraft nicht in die falsche Richtung lenken. Sie ist allein mit Schaum und Wasser. Einzig dem Badspiegel ist der Anblick vergönnt. Wer ist die schönste Oberkommissarin im Lande? Die Blonde vom Münchner K11. Oh mei. Sag jetzt nichts, Spieglein, was du hinterher bereust. Alles wird gegen dich verwendet.

Das Radio spielt Barbra Streisands geniale Version von Cole Porters »What is this thing called love«. Sie greift gerade nach dem Glas Rioja, als ihr iPhone »Für mich soll’s rote Rosen regnen« aufspielt und die Streisand rüde übertönt. Grandiose Idee, es mit ins Bad zu nehmen. Alte Gewohnheit.

Sie hört eine Weile unschlüssig der Melodie zu, bevor sie zugreift. Der Sandner! War nicht anders zu erwarten. Alles liegen und stehen lassen soll sie. Natürlich polizeilicher Kontext. Dennoch kocht Wut in ihr hoch – fast hätte sie das Handy gegen die Fliesen gedeppert. Die Mannsbilder führen allerweil den gleichen Tanz auf. Als wären sie das Auge des Sturms, und du darfst um sie herumwirbeln, wurscht, ob du gerade verschnaufen willst oder das Leben für dich woanders eine zünftige Weise fiedelt.

Im Fernsehen hat sie einmal ein Rindviech gesehen, das mittels eines Hurrikans durch die Luft geblasen wurde, wie ein Fetzen Papier. So schaut es aus. Natürlich alles nicht wichtig!

Der Sandner ist darin Spezialist. Sein augenblickliches Herzblatt hat Glück, dass es achtzig Kilometer weg wohnt. Ruhig in der Badewanne planschen könnte sie, seine Bad Kohlgruber Trulla. Die könnte sich der Hauptkommissar nicht einfach herbestellen wie eine Pizza, wenn er Appetit bekäme.

Die Wiesner versucht, einen Gang herunterzuschalten – es geht ja nicht um den Sandner. Um dem nicht unrecht zu tun – seine Ansprüche sind wenigstens geschlechtsunabhängig. Ob Weiblein oder Männlein, alles soll tanzen nach des Meisters Pfeife. Dienstlich hat er das Motto ausgegeben: »Du sollst keine Götter haben neben mir.« Das Augenzwinkern dabei nicht vergessen. Herrschen heißt teilen. Und die Wiesner hat sich längst ihren Teil genommen. Leider kannst du dir Emotionen nicht auswählen wie das schmeichelnde Lieblingsgewand. Ihre Gefühlswelt gleicht einer Vulkanlandschaft. Krater, Eruptionen, Verwerfungen, Erdbeben und Geröll – alles dabei. Zur Tropeninsel hat es bei der Polizistin nicht gelangt.

»Beeilst du dich, ja?«

Bevor der Sandner das Gespräch abrupt beendet, sorgt er noch für zügigen Lavafluss. Zehn Minuten später ist die Wiesner gedressed und geschniegelt. Ein Kleid hat sie sich ausgesucht. Schwarz und eng. Aus Trotz leert sie noch das Weinglas, bevor sie die Wohnung in Schwabing verlässt.

In Obermenzing kündigt sich derweil ein neuer Gast im Hause Brauner an.

Ein dezentes »Ding-Dong« lässt den Sandner hochfahren. Understatement. Der bayrische Defiliermarsch hätte dem Charakter des Oberstaatsanwalts mehr entsprochen. Der Mann ist kein Leisetreter.

»Des wird der Wenzel sein«, verkündet er.

Der Sandner, schon halb bei der Tür, verharrt auf der Stelle. Der »Ochs am Berg« hatte sich ihm zugewandt. Er wagt nicht einmal zu blinzeln.

»Der wer?«

»Bist du taub – der Staatsanwalt Wenzel – mach ihm auf!«

Dass ein schlichter Name Gänsehaut auslösen kann, kennt man sonst von Tolkiens Sauron oder vergleichbaren dunklen Herrschern. Sprich ihn niemals laut aus!

Den Sandner und den Staatsanwalt Wenzel fesselt ein Strick aus intensiver Abneigung zusammen. Nicht zu lösen, der Gordische Knoten ist ein Dreck dagegen. Jedes Zusammentreffen der beiden wäre für Konfliktforscher eine sprudelnde Quelle an Erkenntnissen. Angefangen damit, dass der Wenzel mit der Exfrau des Hauptkommissars liiert ist, bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen, ist alles im Programm. Klassische Daily Soap. Es kann halt nur einen geben.

»Wieso ausgerechnet der?«, kann der Sandner bloß herauspressen. Niveau: mauliges Kind. Noch immer bewegt er sich nicht.

Der Hartinger hockt auf dem Scheißhaus. Den hat seine Verdauung aus der Affäre gezogen. Einer muss den Portier geben. Vielleicht kann man das Schicksal durch Tatenlosigkeit bezwingen, und der Wenzel verzupft sich wieder nach Hause. Nichts wäre passiert.

Der Brauner klopft mit dem Stock auf die Eichenbohlen. Herrische Geste. Lauf, Sandner, lauf!

»Weil wir einen Staatsanwalt brauchen und ich ihm vertrauen kann. Ich kenn seinen Vater gut. Burschenschaft – verstehst? Verbindung. Und jetzt machst ihm endlich auf! Kruzifünferl!«

So sei es. Der Hauptkommissar führt den Befehl aus. Letztes Jahr hätte ihn fast jemand erhängt, schlimmer könnte es kaum kommen. Zumindest physisch.

Offenbar hatte sich der Wenzel darauf vorbereitet, wen er antreffen wird. Der Gesichtsausdruck ist auf »gönnerhafte Herablassung« eingestellt. Für seine Verhältnisse neutral. Im Gegensatz zum Eau de Toilette. Schon olfaktorisch ist der Mann für den Sandner eine Zumutung. Mischung aus ranzigem Iltis und Vanilleschoten. Damit bezirzt du im Tierpark jedwede Spezies. Wenzels brauner Boss-Anzug samt modischer Krawatte lässt den Jogginganzug des Polizisten noch etwas grauer erscheinen. Straßenstaubgrau.

Der hagere Staatsanwalt geht auf Tuchfühlung, schiebt sich am Sandner vorbei, um in die Stube zu gelangen. Dass er dabei die Nase rümpft, führt der Sandner auf seinen ehrlichen, kernigen Männerschweiß zurück. Für den Staatsanwalt wohl die erste Begegnung mit greifbarer Wildnis. Der Polizist nimmt sich im Flur einen besinnlichen Moment, bevor er nachkommt.

»Servus, Björn«, hört er den Brauner brummen.

»Grüß dich, mein lieber Beppo«, wenzelt es zuckersüß zurück.

Zu viert dürfen sie sich um den Couchtisch gruppieren.

Der Wenzel nimmt sich gleich das Wort, als hätten alle seinen geistigen Ergüssen entgegengefiebert. Es soll Menschen geben, die glauben, jeder ihrer formidablen Sätze gehöre mindestens auf ein Plakat an die Litfaßsäule.

»Also, wenn du mich fragst – Großfahndung. Wir konzentrieren uns voll auf die Entführer. Fehler macht jeder. Im Altenheim hat sicher wer was mitbekommen und das LKA ...«

»Nimmt deine Mutter Medikamente?«, haut der Sandner dazwischen.

»Freilich«, knurrt der Brauner, »grad genug, genau wie ich. Weiß der Teufel, was alles und wozu. Damit die Pharmaindustrie sich die Hände reibt und immer fetter wird. So kann man die Alten wenigstens noch abmelken.«

»Aber wenn sie die nicht bekommt? Wird’s dann eng?«

»Ich ruf gleich ihren Hausarzt an.« Der Brauner ruckt hoch und greift zum bereitliegenden Telefon. »Ich hab seine Handynummer.«

»Auch ein schlagender Verbindungsbursch?«

Der Alte nickt dem Sandner finster zu und geht mit dem Telefon nach draußen.

Schweigen macht sich im Wohnzimmer breit.

Der Wenzel öffnet seine Aktentasche und entnimmt ihr einen dicken, blauen Ordner. Er wirft ihn auf den Tisch und breitet die Arme aus, als hätte er die Zehn Gebote vom Berg Sinai mitgebracht. Genau dahin wünscht ihn sich der Hauptkommissar gerade – ohne Rückflugticket.

»Das sind die wichtigsten Akten zum Fall Benedikt Fuhrer«, doziert der Staatsanwalt. »Eindeutige Sachlage. Täter-Opfer-Vorbezug, Motiv, lückenlose Indizienkette. Da brauchen Sie nicht anzusetzen. Ich weiß beim besten Willen nicht, warum der Herr Brauner ausgerechnet Sie ...«

Der Erwähnte erscheint wieder. Schweißtropfen rinnen an seinen Schläfen herab. Mit langsamer Bewegung lässt er sich in den Sessel fallen.

»Wenn sie ohne Medikamente bleibt, wird’s kritisch. Besonders Blutzucker und Blutdruck. Lebensbedrohlich, hat der Doktor gesagt. Die Haderlumpen werden sie verrecken lassen! Die werden sie verrecken lassen!«

Der Sandner hat den Aktenordner aufgeschlagen und blättert darin, um seine Hände zu beschäftigen. Bei Fuhrers Foto bleibt er hängen. An dem Mann ist nichts außergewöhnlich. Mittelblond, hohe Stirn, fleischiger Hals, die Augen zusammengekniffen. Durchschnittsmensch, Dutzendware, Allerweltsmörder, keinerlei Hang zu satanischer Überhöhung.

»Wenn ich aus Überzeugung einen Unschuldigen befreien will, mag ich dafür keine gebrechliche Frau auf dem Gewissen haben – oder? Vielleicht wird sie gut versorgt«, meint Sandner.

»Aha, Gutmenschen, sagst du«, schnarrt der Brauner zurück. »Vielleicht schicken die mir morgen ihre Ohren in einem Packerl! Was sagst du dann? Das war nicht bös gemeint? Sie hat eh schlecht gehört. Drecksäu sind das, dreckerte, sonst nix!«

Darauf weiß der Hauptkommisar nichts zu erwidern.

Der Pensionär will keine verbalen Beruhigungsmittel schlucken. Der kennt sich aus. Aber die Fassade bröckelt. Ganz alte Schule versucht er, seine Gefühle im Griff zu behalten. Das kennt der Sandner auch anders, inklusive Heulen und Zähneklappern. Der Mann ist eisern. Nur keine Schwäche zulassen. Immer Haltung bewahren. Ob du den Hausschlüssel verlegst oder sie dir die Mutter kidnappen, ist einerlei. Drinnen sieht es anders aus. Da fegt der Sturm die Möbel um.

»Also«, wirft der Hartinger mutig dazwischen, »wir müssten uns mit dem Fuhrer befassen. Ihn befragen, seine Besucherliste, seine Freunde und Verwandtschaft, Frau, Kinder, Knastbekanntschaften durcharbeiten. Und zwar so, dass alle denken müssen, wir arbeiten an seinem Mordfall. Vielleicht hat er Verbindungen zu den Entführern.«

»Da muss es ja irgendeine Verbindung geben«, bekräftigt der Brauner und wirft ihm einen kurzen Blick zu. Immerhin.

»Sandner, ich möcht, dass du den Fall Fuhrer wieder aufnimmst.«

Der Hauptkommissar klappt den Aktenordner zu und zieht die Hände weg, als könnte man sich an ihm verbrennen. Er schüttelt vehement den Kopf.

»Es gibt keinen Fall! Das ist doch Schmarrn. Du glaubst doch nicht, ich find morgen einen anderen Mörder. Da ist ermittelt worden, und ihr habt ihn eingnaht. Aus die Maus! Mehr als die alten Akten durchackern kann ich auch nicht. Meinst wohl, die Zeugen erzählen mir fünf Jahre später brisante Neuigkeiten? Oder soll ich’s unter Hypnose befragen?«

»Dann ackern wir die Akten halt durch! Weißt du was? Das eine ist, dass die verreckten Dreckhammel meine Mutter haben – und morgen liegt sie vielleicht schon im Sterben. Und das andere ist, dass die das Risiko eingehen, jemanden zu entführen, nur damit wer den Fall anschaut. Weißt du, was das heißt? Ich will es genau wissen. Wenn’s da Zweifel gibt, Sandner, musst du da nachbohren. Verstehst du? Du musst!«

»Sterben muss ich, sonst nix.«

»Ja, früher oder später. Und meine Mutter? Soll die heut dran sein?«

Jetzt weiß der Sandner, warum der Brauner diese Versammlung einberufen hat. Warum er nach ihm verlangt hat. Er wird dem Brauner nichts abschlagen, und der alte Fuchs weiß das genau.

Der Wenzel verzieht das Gesicht. »Ein Justizirrtum? Lächerlich.«

»Wäre bestimmt nicht der Erste«, murmelt der Sandner.

»Und wenn wir einen falschen Täter präsentieren?«, will der Hartinger wissen.

Der Hauptkommissar winkt ab. »Die Lösung heben wir uns auf. Letzte Option. Des kannst du nicht in den ersten Tagen machen. Hoppla, da haben wir ja den echten Mörder – sorry. Die Entführer werden nicht so deppert sein und darauf reinfallen. Heut ist Donnerstag – vielleicht am Montag.«

»Das kommt eh nicht infrage!«, entrüstet sich der Wenzel. »Was glauben Sie, was da los wäre, mit der Presse und so weiter. Wir leben nicht in einer Bananenrepublik. Das geht alles nach Vorschrift, auch wenn Ihnen das, wie immer, egal zu sein scheint. Vorschriften kommen nicht aus dem Nichts! Die gibt es, weil sie sich bewährt haben.«

»Die gibt’s, damit niemand Schuld hat, wenn’s danebengeht«, sagt der Hauptkommissar, »und damit man vom Denken verschont bleibt.«

Der Staatsanwalt holt Luft, kommt aber nicht zu Wort.

»Wenn das meine Mutter lebend aus irgendeinem Loch holt, scheiß ich auf die Vorschrift, bis sie nimmer rausschaut«, schreit der Brauner den Wenzel an und greift nach dem Stock. Knüppel aus dem Sack! Der Sandner ist nicht sicher, ob er einschreiten würde, wenn er dem Wenzel den Rücken bläute. Möglicherweise müsste er dringend pinkeln.

»Du bist ja auch in Pension«, blökt der Staatsanwalt zurück, »und früher war das halt anders.« Sein Schädel färbt sich rot – harmoniert gut mit der Krawattenfarbe. »Wenn es dir nur um deinen Arsch geht, du Würschterl, dann naus aus meinem Haus! Dein Vater hat wenigstens Eier in der Hose gehabt«, giftet der Brauner.

Die hatten ihnen den Wenzel junior beschert, sinniert der Sandner. Selbst das Gehänge hat zwei Seiten, und nicht jede davon glänzt.

Wenzel junior schüttelt den Kopf, sinkt zusammen.

»Also was machen wir?« Die Erwähnung seines Vaters lässt ihm die Luft heraus. Auf den Felgen fährt er nicht mehr so forsch dahin.

Das forsche Fahren liegt der Wiesner im Blut. Einer ihrer Brüder ist deswegen schon in der »Bams« aufgetaucht. Halbseitiges Farbbild. Crash mit hundertachtzig und von der Autobahnbrücke gesegelt – der GTI hat ausgesehen wie eine umgestülpte Mopsschnauze, aber der Bursch ist annähernd unverletzt ausgestiegen. Sein Schutzengel ist Workaholic.

Seine Schwester lässt es geruhsamer angehen. Trotzdem schafft sie es, den Hartinger zu unterbieten. Anstatt dem Domina-Ton der Navi-Stimme zu gehorchen, schiebt sie ihre neueste Errungenschaft in den CD-Player und zieht die Lautstärke nach oben. »On and on« besingen ihre Geister:

»Everyday the ghosts will come, every way I’ll go with them.«

So ist es. Sie lässt sich in deren Klangwelt saugen, bis sie von den Tönen zur Gänsehaut gestreichelt wird. Allerweil prickelnder als das, was der Geist von Obermenzing ihr anbietet. So wie der Sandner am Handy geklungen hat, ist der bereits besessen. Wird sich zeigen, ob sie die Exorzistin geben kann. Bremsen ist nicht ihre Stärke – zumindest auf der Straße.

Die Oberkommissarin stößt gerade rechtzeitig zur Truppe, um drei Alpharüden in einer Verschnaufpause anzutreffen. Neben dem Wenzel auf der Couch ist noch ein Platz frei. Billiger Rang.

Der Sandner brütet vor sich hin, der Brauner stiert in die Akten, als stünde zwischen den Zeilen eine geheime Botschaft. Der Staatsanwalt, die Nasenwurzel zwischen Daumen und Zeigefinger, generiert sich in denkerischer Pose. Platz hätte er in Hülle und Fülle im Hirnstüberl für den einen oder anderen Gedanken. Nur der Hartinger, dem Welpenschutz gerade entwachsen, überfällt sie mit einem Redeschwall. Innerhalb zweier Minuten ist sie umfassend in Szene gesetzt, dafür brauchte er nur zweimal Atem zu schöpfen.

»Als sie den Benedikt Fuhrer festgenommen haben, ist der mit zwei Promille im Bett geflackt und hat immer von einem schwarzen Mann gefaselt. So wie der beieinander war, hätten das auch weiße Mäuse sein können. Die Tatwaffe im Keller, Zeugen haben ihn vom Tatort flüchten sehen. Ein handfester Streit zwischen ihm und dem Opfer. Blutspuren auf dem Gewand. Blöd für ihn, dass es ein Tranchiermesser gewesen ist. Das hast du ja nicht durch Zufall in der Hosentasche. Neunzehn Zentimeter Klinge. Damit kannst du jede Kreatur zu Aufschnitt verarbeiten. Da hat es nicht hingereicht, für Totschlag im Affekt. Das sind die Fakten.«

Der Sandner ist sich sicher, dass er vor seinem Mietshaus niemanden unbemerkt abstechen könnte. Du würdest dich schon schwertun, dich unbespäht am Hintern zu kratzen. Er taucht wieder aus dem Gedankenmeer auf.

»Wenn es den schwarzen Mann gegeben hätte, wie soll der verschwunden sein?«

»Der Fuhrer hat gesagt, der wäre sofort verschwunden. Also irgendwo in einen Wohnblock rein«, sagt der Brauner.

»Aber da war alles unauffällig?«

»Ja. Die Beamten vor Ort haben das kontrolliert.«

»Der ominöse schwarze Mann müsste also im Block verkehrt haben oder einen Schlüssel haben?«

»Exakt. Es sei denn, der Fuhrer, in seinem Seier, hat sich getäuscht und der Täter ist ganz woandershin. Über alle Berge oder hinterm Baum versteckt. Weiß der Kuckuck. Worauf willst du hinaus?«

»Ich weiß noch nicht. Falls es der Fuhrer gewesen ist, verkopfen wir uns eh nur.«

Die Wiesner schlägt vor, zumindest festzustellen, wer von den heutigen Bewohnern damals schon in der Siedlung gewohnt hätte.

»Falls es eine hohe Trefferquote gibt ...«

»Da kannst du sicher sein«, unterbricht der Hartinger. »Alles Sozialbau. Schaffst du dich selten nach oben. Wenn du arbeitest, kannst du die Miete nicht zahlen und musst in irgendein Loch umziehen, also wofür solltest du schuften? Bleibst lieber, wo du bist. Würde ich auch. Vielleicht sind ein paar gestorben oder rausgeschmissen worden, aber sonst ...«

»Vorurteile hast du keine, Hartinger?«

»Nein, wieso? Ist doch die Wahrheit.«

»Die Wahrheit kommt nie in der Einzahl daher, Hartinger«, mischt sich der Sandner ein. »Aber wenn du meinst – und was haben wir davon?«

Er hat nicht bemerkt, wie sich das Netz um ihn zugezogen hat. Gepackt ist er jetzt vom Jagdfieber. Keinen Gedanken verschwendet er mehr daran, dass BKA, LKA oder weiß der Geier welche Spezial- oder Sonderkoryphäen die klügere Adresse wären. Der Brauner hat das Blatt ausgeteilt, und sie hatten die Karten aufgenommen. Die Frage ist nur, wie die Trümpfe verteilt sind.

Seine Finger klopfen einen schnellen Rhythmus auf dem Aktendeckel. Zuerst gilt es, im Altenheim aufzuschlagen, und dann, den Fuhrer zu befragen. Wie kämen sie zu neuen Erkenntnissen aus dem Wohnblock? So wie ihn seine Kollegin anschaut, wird der Sandner zum Gedankenleser. Der erste Dominostein prallt gerade auf den nächsten. Er steht auf und macht ein paar Schritte hin zu den Regalen. Sogar Senecas Schriften hat der Brauner dort stehen. »Es hat keinen großen Geist ohne eine Beigabe von Verrücktheit gegeben.« Nero lässt grüßen. Gerade wäre der Sandner gern ein polizeilicher Kleingeist. Wobei das vor Verrücktheit nicht schützt.

Er reibt sich mit Daumen und Zeigefinger über die Brauen. Dann dreht er sich zu den vier Gestalten am Couchtisch um. An der Wiesner bleiben seine Augen hängen.

»Die sitzen da, und jemand trägt das Wissen vielleicht seit fünf Jahren mit sich herum – zumindest der mutmaßliche Mörder oder die Entführer«, wendet die sich an ihn.

»Und wir sitzen da, und wissen nix«, ergänzt der Brauner.

»Und wenn sich wer dazusetzen tät zu ihnen?«, fragt die Wiesner, »und gut hinhört?«

Alle Blicke sind plötzlich auf den Sandner gerichtet. Er schaut von einem zum anderen, bevor er sich wieder im Sessel niederlässt. Langsam, weil sein Fleisch nach der Boxeinlage schnelle Bewegungen schmerzhaft bestraft.

»Nicht euer Ernst.« Abwehrbereit verschränkt er die Arme. Sandnersches Felsgestein. Nichts zu holen.

»Des müsst aber augenblicklich sein«, meint der Brauner und jagt sich euphorisch den Schnupftabak in den Zinken. Kein ruhiges Händchen, die Hälfte des dunklen Pulvers bleibt als Bärtchen unter der Nase kleben. Gibt seinem Erscheinungsbild ungewollte Komik. Sein Taschentuch vertreibt den braunen Schlonz.

»Eine verdeckte Ermittlung?« Beim Wenzel fällt der Groschen. »Etwa ohne Genehmigung? Das muss jemand autorisieren.«

»Nur zu«, knurrt der Brauner. »Mach dich nützlich.«

»Momenterl«, bremst der Sandner, »angenommen, ich würd das machen. Angenommen sag ich rein hypothetisch, da müsst ich irgendwie hausen, sonst bringt das nix. Wenn ich hin- und herfahre, würde ich kein Gespür kriegen und die Leut nicht erwischen. Wenn man die Wohnungsgesellschaft fragen wür ...«

»Bekommst du vielleicht eine leere Wohnung«, fällt ihm die Kollegin ins Wort. »Das wäre aber unglaubwürdig, wenn du nicht wirklich einziehst. Außerdem – so kurzfristig nicht zu machen und wir müssten Figuren einweihen, die wir nicht einschätzen können.«

Wenzels Zeigefinger schnellt mahnend in die Höhe. »Hören Sie mal! Wenn Sie da auftauchen und Fragen stellen und der Entführer ist aus dem Umfeld, müsste er bescheuert sein, um nicht eins und eins zusammenzuzählen. Er könnte merken, dass Sie hier ermitteln. Er wird Sie manipulieren wollen!«

Der Sandner schaut ihn überrascht an. Nicht wegen des klugen Einwandes, sondern weil er diesen Geistesblitz dem Breznsalzer nicht zugetraut hätte.

»Sie haben recht – wenn er kein Stroh im Kopf hat«, knurrt der Hauptkommissar widerwillig, »aber das Risiko müsst man eingehen – wenn man es macht.«

Langsam zerbröselt der Konjunktiv.

»Also geht es nicht«, resümiert der Wenzel und klopft damit den guten Eindruck, den er vor einer Minute hinterlassen hatte, in die Tonne. »Ich finde das eh nicht richtig durchdacht. Schnellschüsse helfen nichts! Wir sollten uns der bewährten Methodik zuwenden.« Er scheint erleichtert.

Falscher Spruch zur falschen Zeit. Der Ehrgeiz vom Sandner ist geweckt. Ein Veto vom Wenzel fordert ihn heraus, wie eine Ohrfeige mit dem Handschuh. Vielleicht hätte der eine oder andere am Leben bleiben können, wenn es dieses Zusammentreffen der beiden Kontrahenten nicht gegeben hätte.

Bei Dramen läuft so etwas unter dem Motto: schicksalhafte Begegnungen. Sie schaffen Reibung und Bewegung. In etwa wie Hundehäufchen in den Isarauen oder die Steuererklärung. Nichts, was man vermissen würde, aber wehe, du beachtest sie nicht adäquat. Dann klebt dir Scheiße am Schuh.

Der Sandner würde nie zugeben, dass seine Motive von der Aversion gegen den Staatsanwalt geleitet werden. Den folgenden Satz und die dazugehörige Entscheidung sollte er allerdings noch bereuen.

»Vielleicht hätte ich was in petto.«

Der Brauner schickt ihm einen herzzerreißenden Hundeblick.

»Leut, ich vertrau euch. Ich bitt euch, bringts mir mei Mutter wieder heil zruck!«

Der Satz schwingt noch in Sandners Schädel nach, wie er seine Wohnungstür in der Lohstraße aufsperrt. Der Hartinger hat ihn brav nach Untergiesing gefahren und ihn seinem Schicksal überlassen. Er wird sich später mit der U-Bahn auf den Weg machen. Mit dem Dienstwagen kann er nicht im Harthof auftauchen, und ein eigenes Auto ist für ihn etwas, das man hätscheln und pflegen müsste, als hätte man sich ein Haustier oder ein Baby zugelegt – je nach Pannenstatistik. In München wäre das für ihn so sinnlos wie Trüffeln suchen im Westpark. Schließlich wohnt er in der Zivilisation, und die ist von U-Bahn und Straßenbahngleisen durchzogen, als würde die Stadt unter Krampfadern leiden.

Er schaut sich um, als würde er den Flur und die Stube zum ersten Mal wahrnehmen. Seufzend leert er seine Sporttasche aus, um sie mit dem Nötigsten für seinen Ortswechsel vollzustopfen. Viel wird er nicht mitnehmen. Das, was er wirklich braucht, findet sich nicht in seinem Kleiderschrank. Zufall, Glück und Erfahrung müssen eine Verbindung eingehen. Zur richtigen Zeit am richtigen Platz stehen und Augen und Ohren auf Empfang – falls es den richtigen Platz überhaupt gäbe.

Der Brauner vertraut ihm. Worauf hat er sich da eingelassen? Er wird also den verdeckten Ermittler geben. Allen ist klar gewesen, dass nur er infrage käme, im Harthof herumzugeistern. Hält ihn jeder für ein deppertes Chamäleon? Ein dünner Strohhalm, an den sie sich klammern – vor fünf Jahren abgesenst worden, verwelkt und verrottet. Unwahrscheinlich, dass der Sandner ihn zum Austreiben und Wachsen bringt.

Einsätze dieser Art werden für gewöhnlich akribisch vorausgeplant, jedes unvorhergesehene Ereignis wird bedacht und ausgeschlossen. Tagelange Einsatzbesprechungen. Und er? Schiebt sich die Zahnbürste ein und ab damit. Zeit ist Mangelware. Sie brauchten schnelle Ergebnisse – ums Verrecken. Es wird kein Wellnessurlaub sein, was Brauners Mutter widerfährt.

Lieber hätte er jetzt die Beine ausgestreckt, sich ein Glas Rotwein eingeschenkt und mit ein paar gezupften Klängen auf seiner Jazzgitarre das Abenddösen eingeläutet. Das Wochenende hätte er gern mit seiner Maria verbracht in Bad Kohlgrub. Immer wenn sich der Polizist zu ihr begibt, ist es für ihn ein Kurzurlaub. Hätte er sich nicht vorstellen können, dass er sich einmal ins Oberbayrische verbandelt. Vielleicht die einzige Beziehungsvariante, mit der ein Josef Sandner hantieren kann. Kein »muss«, viel Raum fürs individuelle Treiben, auch wenn ihm die Fahrerei nicht behagt und Spontaneität zum Fremdwort wird.

So bald wird es nichts werden mit der Vergnügungsreise nebst Sättigung fürs durstige Herz und dem ausgehungerten Leib. Er wird über den Harthof herfallen, und der Fall Brauner ist sein Bettgefährte. Keine echte Alternative.

Er legt eine CD ein, fläzt sich für einen Moment aufs Sofa. Das muss sein.

Buddy Guy grollt seinen Blues voller Inbrunst und Einsamkeit heraus. Auf den wird er die nächsten Tage verzichten müssen. Den Blues kann er dafür live erleben.

»I’m so lonely«, jammert Buddy.

Flenn nicht rum, mit dem Gefühl bist du nicht allein. Mann oder Memme?

»Oh Lord, I’m so tired.«

Vielleicht sollte der Polizist seine Tochter, die Sanne, anrufen, damit sie sich keine Sorgen machte. Schmarrn – klassischer Irrtum. Er allein macht sich Sorgen, ob sie sich Sorgen machen könnte. Ewiges Vaterdilemma. Die Sanne wird sich gleich mit ihrem enthaarten Philharmoniker ins Wiener Nachtleben stürzen. Der Flötenhansel gibt den Solisten, Eltern sind bestenfalls Background-Vocals, sofern sie ihren Einsatz nicht verpfuschen. Hauptsache, du akzeptierst deine Rolle.

Der Hartinger hat ihm für alle Fälle eine falsch registrierte Simcard vom Discounter mitgegeben, falls er eine Nummer bräuchte zum Weitergeben. Kummernummer. Warum der Bursch so etwas besitzt, bleibt sein Geheimnis. Vielleicht versucht er sich als Heiratsschwindler oder ruft in einsamen Nächten befriedigende Hotlines an. Praktisch ist es jedenfalls.

Er schließt den Reißverschluss und greift nach der Jacke. Showtime. Auf geht’s. Raus in die Ferne aus dem Untergiesinger Lummerland. Hier zwischen Auer Mühlbach und Isarauen, zwischen Ömers Dönerbude und griechischen Biergartenlauben ist der Sandner zu Hause. Und das gerne – heute besonders.

»Wir wollen in die Stadt marschieren, und drinnen unser Glück probieren«, hat Nestroy einst gedichtet. Ob man Glück mit Sandners Tätigkeit verbinden kann, ist zweifelhaft. Zumindest hat es selten schlimmer kommen können als am Anfang. Ausnahmen bestätigen die Regel, hat die Resi gemeint, als ihre ausblieb.

Der Sandner marschiert los.

Mit der U-Bahn vom Kolumbusplatz aus macht er sich auf den Weg. Es bleiben ihm zwanzig Minuten, alles im Kopf zu sortieren. Ab Hauptbahnhof mustert er die Fahrgäste in der Hoffnung, ein Gespür zu bekommen, wer und was ihn im Harthofviertel erwartete. Ein Versuch, der Atmosphäre Kontur zu verleihen. Vergebliche Mühe. Nur, dass die Mehrzahl der Mitreisenden keine prallen Tüten mit modischen Fetzen vom hippen Klamotten-tandler nach Hause trägt, registriert er. Das erhöht ihren Sympathiewert, auch wenn das Loch im Geldbeutel die Ursache sein könnte. Herausgeputzt wie ein Pfingstochs bist du weder weiser noch freundlicher. Ochs bleibt Ochs zu allen Jahreszeiten.

Ihm gegenüber sitzt ein junges Pärchen. Die beiden kleben aneinander, als wenn sie sofort verwelken müssten, falls sie wer trennt. Vielleicht ist es so. Der Sandner stellt sich vor, wie die Gesichter fahl und faltig werden und ihnen die Haare büschelweise ausfallen, sobald sie sich nicht mehr umhalsen. Aber es besteht keine Gefahr. Sie haben sich festgesaugt, wie zwei Neunaugen. Die Zukunft ist rosarot. Gemeinsam stehen sie auf, als auch der Sandner zur Waggontüre geht. Vor ihm zockeln sie, siamesischen Zwillingen gleich, Richtung Rolltreppe. Sogar die Jeansjacken und rotweißen Joggingtreter sind identisch.

Die Dohle und der Schwan wählen einen Partner für ihr Leben. Der Münchner eher selten. Der Versuch zählt.

Zum Harthof fährst du nicht zur Freizeitgestaltung, sondern aus Mangel an Alternative. Blühende Vorzeigegärten und protzige Gemäuer findest du anderswo. Beim Gang durch das Viertel siehst du, wo sie den Speck herausschneiden, aus dem sie keine zehn Kilometer weiter schicke Gürtel zusammennähen.

Anders als in den Isarauen, wo die Leut in hautenger Funktionswäsche zu jeder Zeit sporteln und den Rassehund präsentieren, überlegst du dir hier jeden Schritt zwei Mal. Nichts umsonst machen – obwohl hier viel Zeit herumzuliegen scheint. Aber weil sie nutzlos ist, hebst du sie nicht auf. Die wird vertrieben oder einfach totgeschlagen.

Wenn die Münchner Stadtteile Schuhwerk wären, könnte man Sneakers, Gesundheitslatschen, Pradasandalen, Lackstiefel, High Heels und vieles mehr entdecken. Für jeden etwas dabei, ganz nach Vorliebe oder Fetisch. Der Harthof kommt als betagter Wanderschuh daher. Das Leder ist runtergeritten und die Sohle abgelaufen. Ein fleißiger Schuster bringt dir das in Ordnung. Neue kannst du dir nicht so einfach zusammensparen. Tanzen kannst du mit den klobigen Tretern nicht, nur hatschen. Aber besser als barfuß über Schotter, und bewährt haben sie sich oft genug.

Einfamilienhäuser und Kleingartenverein stemmen sich gegen die Baggerarmada, die vereint mit langhalsigen Krangetümen nach dem Land grapscht und einen Wohnklotz nach dem anderen in die Höhe stemmt. Längsstreifen sind aufgepinselt, das soll ja schlank machen. Warme Farben überall – gelb, ocker und orange leuchtet es, als würde die Originalsonne hier nicht hinreichen und du müsstest das Viertel alternativ bescheinen. Aber selbst wenn du ihnen »Happy Village« aus dem Boden stampfst, werden die Leut noch lange nicht grinsen wie die Legoköpfe.

Es wimmelt von Baugerüsten, Projekten und aufhübschendem Firlefanz. Doch kaum den Flickenteppich angehoben findet man genügend der uralten, zweigeschossigen Arbeiterhäuser, in denen man haust wie aus der Zeit gefallen. Bunt zusammengewürfelt erscheint das Quartier. Als hätte ein Bub in seine Legokiste gegrapscht und wahllos Häuschen aufgebaut. In allen Größen und Formen. Noch schaut es lebendig und kräftig aus und nicht nach Wohnkäfigen vom Reißbrett. Architektonische Verbrechen findest du andernorts in der Stadt genug.

Der Sandner hat sich längst abgewöhnt, die Leute nach den Gassen zu beurteilen, in denen sie hausen. Gerade in München wäre das ein fataler Irrtum. Bei dem damischen Mietwucher kannst du dir dein Viertel nicht auswählen. Hauptsache vier Wände. Bald wirst du nur im Leichenschauhaus komfortabel wohnen – wenigstens kannst du dich ausstrecken.

Er ist nicht zum ersten Mal im Harthofviertel. Es wird sich hoffentlich niemand an ihn erinnern.

Letztes Jahr hatte er in einem Todesfall hier ermittelt. Keine spektakuläre Geschichte, höchstens ein Fünfzeiler für die Presse. Es sind oft kleine Begebenheiten, die sich einbrennen ins Hirn. Beziehungstat. Die kommt so häufig vor wie ein Heimsieg der Roten. Von daher keine Überraschung. Und doch ist es immer besonders. Besonders, weil der Sandner hinabtauchen muss in diesen blutigen Tümpel aus Leben und Verrecken, aus Entwürdigung, Schuld und abgrundtiefem Hass. Jeder ist einzigartig befüllt. Das Schicksal würfelt einen Pasch und raus bist du. Gleichalt wie der Ermittler ist das Opfer damals gewesen. Die Sicherheitsschlösser an ihrer Wohnungstür hatten der Frau nichts genützt. Eine scharfe Klinge, gekränkter Stolz und ein falsches Wort zur falschen Zeit. Ein tragisches Spiel beginnt, dessen Endergebnis die Mordkommission aufnotieren darf.

Den Miran von der Dringlichkeit zu überzeugen war ein hartes Stück Arbeit gewesen. Der Sandner hat auf ihn vertraut. Sein Spezl war für die unkonventionellen Lösungen zuständig. Ursprünglich Änderungsschneider am Kolumbusplatz ist er ein grandioses Organisationstalent mit dem Hang zu halblegalen Verrichtungen. Diesmal jedoch mit Einschränkungen und ungewohntem Zaudern.

»Nimm es mir nicht übel, Sandner, aber wenn sich rumspricht, dass ich einem den Bullen ins Nest gesetzt hab, quasi eine Bettwanze lanciert, dann nimmt keiner mehr a Stückerl Brot von mir. Dann kann ich zampacken.«

»Des muss niemand erfahren. Ich sperr bloß die Lauscher auf, kennst mich doch, und meine Kollegen packen zu. Zier dich ned, Zenzi.«

»Eben, weil ich dich kenn, Sandner – aber ich denk mal nach.«

»Aber hurtig, wenn’s geht!«

Er hat ihm schließlich, für genügend Bakschisch und das Versprechen auf drei gemeinsame Sparringskämpfe, einen Schlafplatz neben Fuhrers ominösen Häuserblock besorgen können. Nur über das Wochenende. Der Gastgeber wäre ein gemeinsamer Kumpel von ihm und Ömer, Sandners bevorzugtem Dönerbudenbesitzer. Die Verbindung zu Ömer wäre aber geschäftlich und daher kein Gesprächsthema. Der Sandner war mit allem einverstanden gewesen, selbst mit der Klausel, illegale Handlungen des Gastgebers kommentarlos zu akzeptieren.

»Wie heißt der?«

»Chingachgook.«

»Der letzte Mohikaner? Ja verreck. Kannst du mir das buchstabieren?«