Der verborgene Zauber: Die Reise einer Hexe - Alyra Nox - E-Book

Der verborgene Zauber: Die Reise einer Hexe E-Book

Alyra Nox

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Beschreibung

Tauche ein in eine Welt, in der Magie die Grenzen zwischen Illusion und Realität sprengt! Mia, ein Mädchen mit einer Leidenschaft für Zaubertricks, entdeckt das Grimoire der Alten und wird in die schimmernde Ätherwelt gezogen – eine Welt voller Kristalltürme, Drachen und dunkler Geheimnisse. Als Auserwählte der Prophezeiung muss sie das Gleichgewicht der Magie retten, doch der Schattenlord droht, alles zu verschlingen. Mit ihren Freunden Lira, Finn und der reumütigen Sylvara kämpft Mia gegen Verrat, magische Fallen und die Verlockung der Schattenmagie. Von epischen Duellen in Obsidianfestungen bis hin zur Vereinigung von Licht und Schatten wächst Mia über sich hinaus, um beide Welten zu verbinden. Doch als sie das Erbe an eine neue Generation übergibt, flüstert eine neue Bedrohung am Horizont – ein Schatten, der die Balance erneut herausfordert. Ein mitreißendes Fantasy-Epos über Mut, Freundschaft und die Macht, sich selbst zu finden – für alle, die von Magie, Abenteuer und einem Hauch von Geheimnis verzaubert werden wollen.

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Seitenzahl: 232

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Der verborgene Zauber: Die Reise einer Hexe

Akt 1: Die Entdeckung

Das Mädchen mit den Tricks

Der alte Flohmarkt

Der erste Blick

Zweifel und Neugier

Die erste echte Magie

Der Ruf der Hexen

Die verborgene Gemeinschaft

Die Prüfung

Abschied vom Alten Leben

Der Einstieg

Akt 2: Die Ausbildung

Die Akademie der Magie

Freunde und Rivalen

Der erste Zauberspruch

Geheimnisse des Buches

Training im Verborgenen

Die dunkle Seite

Eine gefährliche Lektion

Persönliche Zweifel

Der Fortschritt

Die Weihe

Akt 3: Der Konflikt

Die aufkommende Bedrohung

Allianzen schmieden

Der Verrat

Kampf in der Schattenwelt

Verluste

Die Prophezeiung

Verbündete sammeln

Der große Angriff

Innere Kämpfe

Vorbereitung auf den Showdown

Akt 4: Die Erfüllung

Der Marsch in die Dunkelheit

Fallen und Täuschungen

Alte Feinde

Das Herz der Macht

Der finale Kampf

Opfer und Sieg

Die Rückkehr

Neues Gleichgewicht

Persönliches Wachstum

Das Erbe

Das Mädchen mit den Tricks

Mia stand im schummrigen Licht des Schulsaals, die Hände leicht zitternd vor Aufregung, während sie die Blicke ihrer Mitschüler auf sich spürte. Die Schulfete war in vollem Gange – der Geruch von Popcorn und Zuckerwatte lag in der Luft, Gelächter und Musik drangen von allen Seiten an ihr Ohr. Doch für Mia gab es in diesem Moment nur die kleine Bühne, die sie mit ein paar Freunden aus der Theater-AG hastig aufgebaut hatte. Ein roter Vorhang, der schon bessere Tage gesehen hatte, hing schief hinter ihr, und ein wackeliger Tisch stand vor ihr, bedeckt mit einer schwarzen Decke, die ihre Requisiten verbarg. Es war nicht die große Bühne, von der sie träumte, aber es war ein Anfang.

„Bereit für etwas Magie?“, rief sie in die Menge, ihre Stimme ein wenig lauter als nötig, um die Nervosität zu überspielen. Einige ihrer Mitschüler klatschten, andere lachten spöttisch, aber Mia ließ sich nicht beirren. Sie war 16, schlaksig, mit wilden braunen Locken, die sich nie ganz bändigen ließen, und einem Lächeln, das mehr Selbstbewusstsein vortäuschte, als sie tatsächlich fühlte. Doch auf der Bühne war sie in ihrem Element. Hier war sie nicht nur Mia Berger, die schüchterne Schülerin aus der 10b, die in Mathe durchschnittlich war und in Sport meistens die Letzte. Hier war sie Mia die Magierin, die mit ein paar geschickten Handbewegungen und einem Funkeln in den Augen die Welt verzaubern konnte – oder zumindest ihre Klassenkameraden.

„Für meinen ersten Trick brauche ich einen Freiwilligen!“ Sie scannte die Menge, ihre Augen funkelten unter den billigen LED-Spots, die die Theater-AG aufgetrieben hatte. Einige Hände schossen in die Höhe, andere wurden von Freunden lachend hochgerissen. Schließlich zeigte sie auf Jonas, den Klassenclown, der immer für einen Spaß zu haben war. „Jonas, komm her! Traust du dich, meine Assistentin zu sein?“

Die Menge johlte, und Jonas, mit seinem zerzausten blonden Haar und einem frechen Grinsen, sprang auf die Bühne. „Nur wenn ich danach noch alle Finger habe!“, rief er, was für noch mehr Gelächter sorgte. Mia mochte Jonas – er war unkompliziert, immer gut gelaunt und einer der wenigen, die ihre Leidenschaft für Zaubertricks nicht belächelten. Sie zwinkerte ihm zu und zog ein Kartenspiel aus ihrer Tasche, das sie mit einem eleganten Schwung auffächerte. Die Karten waren abgenutzt, die Ecken leicht geknickt, aber für Mia waren sie wie alte Freunde.

„Wähl eine Karte, Jonas. Aber zeig sie niemandem – nicht mal mir!“ Sie drehte sich theatralisch weg, während Jonas eine Karte zog und sie der Menge zeigte. Es war die Herz-Zwei, wie Mia später erfahren würde, aber in diesem Moment war es egal. Sie hatte diesen Trick hundertmal geübt. Mit einer flinken Bewegung mischte sie das Deck, ließ Jonas die Karte zurücklegen und begann, die Karten in einer übertrieben dramatischen Choreografie zu mischen. Ihre Finger bewegten sich so schnell, dass sie fast verschwammen – ein Trick, den sie stundenlang vor dem Spiegel geübt hatte, während ihre Mutter sie durch die geschlossene Zimmertür fragte, warum sie nicht für die nächste Mathearbeit lernte.

„Und jetzt…“, sagte sie und zog mit einem Schwung eine Karte aus dem Deck, „…ist das deine Karte?“ Sie hielt die Karo-Dame hoch. Die Menge lachte, Jonas schüttelte grinsend den Kopf. „Oh, warte, warte!“ Mia tat, als wäre sie verwirrt, und zog eine weitere Karte. „Diese hier?“ Wieder falsch. Die Menge begann zu kichern, und Mia spielte die Verwirrung perfekt, bis sie schließlich mit einer großen Geste ihre Jackentasche öffnete und – wie aus dem Nichts – die Herz-Zwei herauszog. Die Menge applaudierte, einige pfiffen, und Jonas verbeugte sich übertrieben, als hätte er den Trick selbst gemacht.

„Das war doch gar nicht so schlecht, oder?“, rief Mia und spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Es war nicht nur der Applaus, der sie beflügelte – es war das Gefühl, die Kontrolle zu haben, die Blicke, die auf ihr ruhten, die Magie, die sie erschuf, auch wenn es nur Tricks waren. Sie liebte es, die Grenze zwischen Realität und Illusion zu verwischen, wenn auch nur für ein paar Minuten.

Der nächste Trick war komplexer. Sie hatte ihn „Der verschwundene Hase“ genannt, inspiriert von den großen Magiern, die sie auf YouTube bewunderte. Unter der schwarzen Decke auf dem Tisch stand eine Kiste, in der ein Stoffhase – ein Geschenk ihrer kleinen Schwester zu ihrem zwölften Geburtstag – versteckt war. Mit einer Reihe von dramatischen Gesten und einem Ablenkungsmanöver (einem lauten Knall aus einer kleinen Knallkapsel, die sie heimlich in der Hand hielt), ließ sie den Hasen „verschwinden“, nur um ihn Sekunden später aus dem Hut eines verdutzten Lehrers zu ziehen, der in der ersten Reihe saß. Die Menge tobte, und Mia spürte, wie ihr Gesicht vor Freude glühte.

Doch während sie sich verbeugte und die Menge klatschte, fühlte sie einen kleinen Stich im Herzen. Das hier war alles, was sie hatte – eine kleine Schulbühne, ein paar Tricks, die sie sich selbst beigebracht hatte, und ein Traum, der so groß war, dass er in ihrer kleinen Stadt kaum Platz fand. Mia wollte mehr. Sie wollte auf großen Bühnen stehen, in Las Vegas oder Paris, wo die Lichter heller leuchteten und die Magie echt wirkte. Aber wie sollte sie das schaffen? Ihre Familie war nicht reich, ihre Noten waren solide, aber nicht herausragend, und die Welt der professionellen Magier schien so weit entfernt wie ein ferner Planet.

Nach der Vorstellung half sie, die Bühne abzubauen, während ihre beste Freundin Lena neben ihr plapperte. „Das war der Hammer, Mia! Ehrlich, wie machst du das? Ich hätte schwören können, dass der Hase echt weg war!“ Lena war klein, mit einem wilden Pferdeschwanz und einer Energie, die Mia manchmal erschöpfte, aber sie war die Einzige, die Mias Leidenschaft wirklich verstand.

„Übung, Lena. Nur Übung“, sagte Mia mit einem Lächeln, obwohl sie wusste, dass es mehr war als das. Es war die Liebe zur Täuschung, die Freude daran, Menschen glauben zu lassen, dass das Unmögliche möglich war. Sie packte ihre Requisiten in eine alte Sporttasche – Karten, Seile, ein paar kleine Spiegel – und seufzte. „Manchmal wünschte ich, es wäre echte Magie, weißt du? Nicht nur Tricks.“

Lena lachte. „Echte Magie? Wie in Harry Potter? Komm schon, Mia, deine Tricks sind doch schon magisch genug.“

Mia zuckte mit den Schultern, aber tief in ihr nagte ein Gedanke. Was, wenn es mehr gab? Was, wenn Magie nicht nur ein Trick war, sondern etwas, das die Welt verändern konnte? Sie schüttelte den Kopf über ihre eigene Naivität und folgte Lena nach draußen, wo die Schulfete langsam zu Ende ging. Die Lichter der Stände erloschen einer nach dem anderen, und die Luft wurde kühler. Mia zog ihre Jacke enger um sich und schaute in den Nachthimmel, wo die Sterne schwach über der Stadt funkelten.

„Was machst du morgen?“, fragte Lena, während sie ihre Fahrräder aufschlossen. „Hast du wieder einen neuen Trick geplant?“

„Vielleicht“, sagte Mia. „Aber ich hab gehört, da ist so ein alter Flohmarkt am Stadtrand. Der soll total verrückt sein – alte Bücher, seltsame Sachen. Willst du mitkommen?“

Lena grinste. „Klar, warum nicht? Vielleicht findest du da einen Zauberstab oder so.“

Mia lachte, aber irgendetwas in ihr – ein leises, unerklärliches Kribbeln – sagte ihr, dass dieser Flohmarkt mehr bereithalten könnte, als sie erwartete. Sie wusste nicht, dass dieser Samstag ihr Leben für immer verändern würde. Dass sie in einem Haufen vergessener Dinge ein Buch finden würde, das nicht nur Tricks, sondern echte Magie enthielt. Dass sie bald nicht mehr nur Mia die Magierin sein würde, sondern Mia, die Hexe.

Doch in diesem Moment, unter dem Sternenhimmel, war sie einfach nur ein Mädchen mit einem Traum, einer Tasche voller Requisiten und dem unstillbaren Wunsch, die Welt zu verzaubern. Sie schwang sich auf ihr Fahrrad, trat in die Pedale und fuhr in die Nacht, ohne zu ahnen, dass das Abenteuer ihres Lebens nur einen Tag entfernt war.

Der alte Flohmarkt

Der Regen prasselte sanft auf die Dächer der kleinen Stadt, als Mia und Lena ihre Fahrräder durch die nassen Straßen lenkten. Es war ein grauer Samstagmorgen, einer von jenen Tagen, an denen die Welt in ein weiches, melancholisches Licht getaucht schien. Mia zog die Kapuze ihrer regenfesten Jacke tiefer ins Gesicht, während sie neben Lena her radelte, die unbeeindruckt vom Wetter fröhlich plauderte. „Ich sag dir, Mia, das wird ein Abenteuer! Ein Flohmarkt am Stadtrand? Das klingt nach einem Ort, wo man Schätze findet – oder zumindest was total Schräges!“

Mia grinste, obwohl sie sich fragte, warum sie sich überhaupt auf diese Idee eingelassen hatte. Der Flohmarkt war eine spontane Eingebung gewesen, inspiriert von einem verblassten Plakat, das sie am Schwarzen Brett der Schule gesehen hatte. „Vergessener Flohmarkt – Raritäten und Kuriositäten“, hatte darauf gestanden, in einer krakeligen Schrift, die genauso altmodisch wirkte wie die Adresse: ein verlassenes Gelände am Rand der Stadt, wo früher ein altes Herrenhaus gestanden hatte. Irgendetwas an der Vorstellung, zwischen alten Sachen zu stöbern, hatte Mias Neugier geweckt. Vielleicht lag es an ihrer Liebe zu Zaubertricks, die oft auf alten Requisiten und cleveren Geheimnissen basierten. Vielleicht war es einfach die Sehnsucht nach etwas Neuem in ihrem eintönigen Alltag.

Die beiden Mädchen bogen in eine schmale Straße ein, die aus der Stadt hinausführte. Die Häuser wurden seltener, die Bürgersteige unebener, und bald fuhren sie an einem verwilderten Feld vorbei, auf dem das Gras knöcheltief stand. Der Regen hatte nachgelassen, hinterließ aber eine feuchte Kühle in der Luft, die nach Erde und altem Holz roch. Am Ende der Straße tauchte das Gelände auf: ein chaotisches Labyrinth aus Ständen, überdacht mit Planen, die im Wind flatterten. Alte Lampen, rostige Werkzeuge, zerfledderte Kleidung und stapelweise Bücher lagen auf wackeligen Tischen, bewacht von Verkäufern, die in dicken Mänteln unter ihren provisorischen Dächern kauerten.

„Wow“, murmelte Lena, während sie ihre Fahrräder an einen Laternenpfahl ketteten. „Das sieht aus wie aus einem alten Film. Fehlt nur noch ein Typ mit einem Monokel, der uns ein verfluchtes Amulett andrehen will.“

Mia lachte leise. „Komm schon, Lena, vielleicht finden wir was Cooles. Oder zumindest was, das ich für einen Trick benutzen kann.“ Sie zog ihre Tasche enger an sich, in der sie immer ein Notizbuch und einen Stift bei sich trug, um Ideen für neue Zaubertricks zu skizzieren. Ihre Finger kribbelten vor Vorfreude, als sie zwischen die Stände traten, die sich wie ein verwinkelter Basar vor ihnen ausbreiteten.

Der Flohmarkt war ein Wirrwarr aus Gerüchen und Geräuschen: der modrige Duft alter Bücher mischte sich mit dem süßlichen Aroma von Kräutertee, den eine ältere Frau in einer Ecke verkaufte. Irgendwo spielte ein altes Radio knisternd Schlager, während zwei Männer über den Preis eines angelaufenen Kerzenleuchters stritten. Mia ließ ihren Blick über die Tische schweifen, angezogen von allem, was ungewöhnlich aussah. Eine Kiste voller kaputter Taschenuhren, ein Stapel verblichener Postkarten, ein zerbrochener Spiegel mit einem geschnitzten Rahmen – alles schien eine Geschichte zu erzählen, die darauf wartete, entdeckt zu werden.

Lena zog sie zu einem Stand mit bunten Tüchern und Perlenketten, aber Mia wurde von einem Tisch am Rande des Marktes angezogen, der fast im Schatten einer großen Eiche stand. Der Verkäufer, ein älterer Mann mit einem grauen Bart und einer Brille, die auf seiner Nasenspitze balancierte, schien halb zu schlafen. Vor ihm lag ein Durcheinander aus Büchern, alten Landkarten und zerknitterten Notizheften. Mia trat näher, ihr Herz schlug ein wenig schneller, als sie die verstaubten Buchrücken betrachtete. Sie hatte schon immer eine Schwäche für alte Bücher, besonders solche mit geheimnisvollen Titeln oder seltsamen Symbolen. Sie erinnerte sich an die Abende, an denen sie in der Stadtbibliothek gesessen und Bücher über Zauberkunst durchgeblättert hatte, auf der Suche nach Inspiration.

„Guck mal, Lena“, sagte sie und hob ein Buch mit einem abgegriffenen grünen Einband hoch. Der Titel war verblasst, aber sie konnte gerade noch „Illusionen der Bühne“ entziffern. Sie schlug es auf, in der Hoffnung, neue Trick-Ideen zu finden, aber die Seiten waren voller technischer Diagramme, die sie nicht verstand. Enttäuscht legte sie es zurück und ließ ihre Finger über die anderen Bücher gleiten.

Dann sah sie es.

Ganz am Rand des Tisches, halb unter einem Stapel zerfledderter Hefte verborgen, lag ein Buch, das anders war. Es war größer als die anderen, in dunkles Leder gebunden, das an den Kanten abgewetzt war, als hätte es Jahrzehnte in irgendjemandes Händen überlebt. Die Oberfläche war mit seltsamen Symbolen verziert – spiralförmige Muster, die wie Runen aussahen, und ein einzelnes, sternförmiges Zeichen in der Mitte, das im schwachen Licht des regnerischen Tages fast zu glühen schien. Es hatte keinen Titel, keinen Autor, nur diese Symbole, die Mia ein seltsames Kribbeln im Nacken verursachten.

„Das ist... interessant“, murmelte sie und hob das Buch vorsichtig hoch. Es war schwerer, als es aussah, und das Leder fühlte sich warm an, fast lebendig. Sie drehte es in den Händen, suchte nach einem Hinweis, was es sein könnte, aber da war nichts außer den Symbolen. Der Verkäufer blinzelte sie an, als hätte er sie erst jetzt bemerkt.

„Das? Oh, das ist nur ein altes Ding“, sagte er mit einer Stimme, die wie trockenes Laub klang. „Hab’s vor Jahren von einem Reisenden gekauft. Sagte, es sei eine Art... Tagebuch oder so. Kann die Schrift nicht lesen. Willst du’s haben? Gib mir fünf Euro, und es gehört dir.“

Lena, die inzwischen neben Mia stand, zog die Augenbrauen hoch. „Fünf Euro für ein staubiges Buch, das du nicht mal lesen kannst? Das ist doch Betrug!“

Aber Mia hörte sie kaum. Ihre Finger strichen über die Symbole, und für einen Moment hatte sie das Gefühl, dass das Buch... vibrierte. Es war kaum spürbar, wie ein fernes Summen, das mehr in ihrem Kopf als in ihren Händen zu sein schien. „Ich nehm’s“, sagte sie, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Sie kramte in ihrer Tasche, zog einen zerknitterten Fünf-Euro-Schein heraus und reichte ihn dem Verkäufer, der nur nickte und wieder in seinen Halbschlaf verfiel.

„Du bist verrückt“, sagte Lena, aber sie grinste. „Was willst du mit dem Ding? Es sieht aus, als würde es in deinen Händen zerfallen.“

„Ich weiß nicht“, gab Mia zu, während sie das Buch in ihre Tasche schob. „Es fühlt sich... besonders an. Vielleicht finde ich was Interessantes drin. Oder es ist einfach nur cool für die Optik bei meinen Shows.“

Lena schnaubte, aber sie hakte nicht weiter nach. Die beiden stöberten noch eine Weile weiter, kauften ein paar bunte Armbänder und eine alte Taschenlampe, die Lena für „retro“ hielt, aber Mias Gedanken waren bei dem Buch. Selbst als sie den Flohmarkt verließen und zurück in die Stadt radelten, spürte sie sein Gewicht in ihrer Tasche, als würde es sie rufen.

Zu Hause, in ihrem kleinen Zimmer mit den schiefen Regalen und den Postern von berühmten Magiern, zog Mia das Buch heraus. Der Regen hatte aufgehört, und ein schwacher Sonnenstrahl fiel durch ihr Fenster, tauchte das Leder in ein warmes Licht. Sie setzte sich auf ihr Bett, das Buch auf den Knien, und schlug es vorsichtig auf. Die Seiten waren vergilbt, die Tinte verblasst, und die Schrift war in einer Sprache, die sie nicht kannte – keine lateinischen Buchstaben, sondern eine Mischung aus Schnörkeln, Linien und Symbolen, die wie eine geheime Code-Sprache aussahen. Doch zwischen den Zeilen waren Zeichnungen: ein Kreis aus Flammen, ein Vogel, der aus Asche aufstieg, eine Hand, die Lichtstrahlen hielt. Mia spürte, wie ihr Herz schneller schlug.

„Das ist kein normales Buch“, flüsterte sie zu sich selbst. Sie blätterte weiter, und auf einer Seite fand sie ein Diagramm, das wie ein Zaubertrick aussah – eine Anleitung, wie man eine Flamme mit den Fingern lenken konnte. Es war absurd, aber Mia konnte nicht widerstehen. Sie stand auf, zündete eine Kerze an, die auf ihrem Schreibtisch stand, und folgte der Zeichnung: eine bestimmte Geste mit der Hand, ein gemurmeltes Wort, das sie kaum aussprechen konnte.

Nichts geschah. Sie lachte über sich selbst, fühlte sich dumm. Doch dann, als sie die Hand noch einmal bewegte, flackerte die Kerzenflamme – nicht nur ein bisschen, sondern wild, als würde ein unsichtbarer Wind sie tanzen lassen. Mia erstarrte, ihr Atem stockte. Sie versuchte es erneut, und diesmal schoss die Flamme in die Höhe, fast bis zur Decke, bevor sie wieder zu ihrer normalen Größe zurückkehrte.

„Das... das ist unmöglich“, flüsterte sie, aber ihr Herz raste vor Aufregung. Das Buch war kein Trick. Es war Magie. Echte Magie. Und Mia wusste, dass ihr Leben gerade eine Wendung genommen hatte, die sie sich nie hätte träumen lassen.

Der erste Blick

Mia schloss die Tür ihres Zimmers hinter sich, das vertraute Knarren des alten Holzes ein beruhigender Klang nach dem aufregenden Vormittag auf dem Flohmarkt. Der Regen hatte aufgehört, aber die Luft war noch feucht, und ein kühler Windhauch zog durch das angelehnte Fenster. Ihr Zimmer war ein kleiner Zufluchtsort, vollgestopft mit Erinnerungen an ihre Leidenschaft für Zaubertricks: ein Regal mit abgenutzten Kartenspielen, ein alter Zylinderhut, den sie auf einem anderen Flohmarkt ergattert hatte, und ein Stapel Bücher über berühmte Magier, deren Seiten von ihren vielen Notizen gekennzeichnet waren. Doch heute war ihre Aufmerksamkeit ganz auf das neue Buch gerichtet, das schwer in ihrer Tasche lag.

Sie ließ sich auf ihr Bett fallen, die Federn der Matratze quietschten leise, und zog das ledergebundene Buch hervor, das sie auf dem Flohmarkt gefunden hatte. Im schwachen Licht der Nachmittagssonne, die durch die Vorhänge sickerte, wirkte das Buch noch geheimnisvoller. Das dunkle Leder war abgewetzt, die Kanten rau, als hätte es Jahrzehnte in den Händen von Menschen überlebt, die längst vergessen waren. Die seltsamen Symbole auf dem Einband – Spiralen, sternförmige Zeichen, Linien, die wie ein verschlungener Tanz aussahen – schienen im Licht fast zu schimmern. Mia strich mit den Fingern darüber, und ein leises Kribbeln lief ihren Arm hinauf, wie ein schwacher elektrischer Schlag. Sie schüttelte den Kopf, lachte leise über sich selbst. „Das ist nur ein altes Buch, Mia“, murmelte sie. „Du bist doch keine, die an Gespenstergeschichten glaubt.“

Trotzdem konnte sie nicht widerstehen, es aufzuschlagen. Sie setzte sich im Schneidersitz auf ihr Bett, das Buch auf den Knien, und schlug vorsichtig die erste Seite auf. Ein muffiger Geruch stieg auf, der Geruch von altem Papier und Tinte, vermischt mit etwas, das sie nicht ganz einordnen konnte – wie Kräuter oder Weihrauch. Die Seiten waren vergilbt, die Ränder brüchig, und die Schrift darauf war ein Rätsel. Keine lateinischen Buchstaben, sondern eine Reihe von Runen, die wie eine Mischung aus alten Hieroglyphen und verschlungenen Mustern aussahen. Sie versuchte, ein Wort zu entziffern, aber die Zeichen schienen sich vor ihren Augen zu verschieben, als wollten sie sich nicht lesen lassen. „Was zum…?“, flüsterte sie, blinzelte und schaute erneut hin. Die Runen blieben unverändert, aber sie hatte das Gefühl, dass sie sie anstarrten, als hätten sie ein Eigenleben.

Zwischen den unleserlichen Texten waren Zeichnungen: detaillierte Skizzen von Händen, die seltsame Gesten machten, Diagramme von Kreisen mit Sternen darin, Abbildungen von Flammen, die in der Luft schwebten. Auf einer Seite fand Mia eine Zeichnung, die wie ein Leitfaden für einen Zaubertrick aussah – eine Hand, die eine Kerzenflamme lenkte, begleitet von einer Reihe von Symbolen und einem Wort, das sie tatsächlich aussprechen konnte: „Ignis“. Sie lachte laut auf. „Ein Zauberbuch? Echt jetzt?“ Es klang absurd, wie etwas aus einem Fantasy-Roman oder einem alten Film. Aber die Zeichnungen waren so präzise, so durchdacht, dass sie ihre Neugier weckten. Sie hatte schon genug Bücher über Bühnenzauberei gelesen, um zu wissen, wie Trick-Anleitungen aussahen. Dies hier war anders. Es fühlte sich… ernst an.

„Okay, Mia, du bist ja verrückt“, sagte sie zu sich selbst, während sie das Buch auf ihrem Schoß hin und her drehte. „Aber wenn das ein Zauberbuch sein soll, dann muss ich’s doch wenigstens ausprobieren, oder?“ Sie grinste, halb aus Spott über ihre eigene Fantasie, halb aus echter Neugier. Sie stand auf, ging zu ihrem Schreibtisch und holte eine kleine Kerze hervor, die sie manchmal anzündete, wenn sie abends übte. Es war eine einfache weiße Kerze, die nach Vanille duftete, ein Geschenk ihrer Mutter zu ihrem letzten Geburtstag. Sie stellte sie auf den Schreibtisch, zündete ein Streichholz an und hielt es an den Docht, bis eine kleine Flamme flackerte.

Mia setzte sich zurück aufs Bett, das Buch vor sich, und suchte die Seite mit der Flammen-Zeichnung. Die Anleitung war einfach: eine bestimmte Geste mit der Hand – ein Kreis mit dem Zeigefinger, gefolgt von einer Drehung des Handgelenks – und das Wort „Ignis“, gesprochen mit „Absicht“. Was auch immer das bedeuten sollte. Mia kicherte. „Absicht. Klar, als ob ich wüsste, wie man mit Absicht zaubert.“ Sie warf einen Blick auf die Kerze, deren Flamme ruhig brannte, und schüttelte den Kopf. „Das ist so dumm“, murmelte sie, aber ihre Finger zitterten leicht vor Aufregung, als sie die Geste nachahmte.

Sie zeichnete einen Kreis in die Luft, drehte ihr Handgelenk und flüsterte: „Ignis.“ Nichts passierte. Die Flamme brannte weiter, unbeeindruckt. Mia schnaubte. „Was hab ich denn erwartet? Dass ich jetzt Feuerbälle werfe wie in einem Videospiel?“ Sie wollte das Buch schon zuklappen, als sie es noch einmal versuchte, diesmal mit mehr Überzeugung. Sie stellte sich vor, wie die Flamme sich bewegte, wie sie tanzte, wie sie ihrer Hand folgte. Sie wiederholte die Geste, langsamer, präziser, und sprach das Wort lauter: „Ignis!“

Die Kerzenflamme flackerte. Nicht nur ein bisschen, wie es bei einem Luftzug passieren könnte, sondern wild, als hätte jemand einen unsichtbaren Blasebalg darauf gerichtet. Sie schoss in die Höhe, fast bis zur Decke, bevor sie wieder zu ihrer normalen Größe zurückkehrte. Mia erstarrte, ihr Atem stockte. Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie es in ihren Ohren hören konnte. „Das… das war Zufall“, flüsterte sie, aber ihre Stimme zitterte. Sie schaute sich im Zimmer um, suchte nach einer Erklärung – ein offenes Fenster, ein Windstoß, irgendetwas. Aber das Fenster war nur angelehnt, und die Luft war still.

„Okay, noch mal“, sagte sie, diesmal mit einem Anflug von Entschlossenheit. Sie wiederholte die Geste, konzentrierte sich auf die Flamme, stellte sich vor, wie sie sich bewegte, wie sie lebendig wurde. „Ignis“, flüsterte sie, und diesmal fühlte sie etwas – ein warmes Kribbeln in ihren Fingerspitzen, wie ein schwacher Strom, der durch ihre Adern floss. Die Flamme tanzte, schwankte zur Seite, als würde sie von einer unsichtbaren Hand gezogen, und formte für einen Moment die vage Form eines Kreises, bevor sie wieder ruhig wurde.

Mia sprang vom Bett auf, das Buch fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden. „Das ist nicht möglich“, keuchte sie. Sie starrte auf die Kerze, dann auf ihre Hände, dann auf das Buch. Ihr Verstand suchte nach einer logischen Erklärung – ein Trick, den sie übersehen hatte, eine chemische Reaktion, irgendetwas. Aber tief in ihr wusste sie, dass das kein Trick war. Das war etwas anderes. Etwas Echtes.

Sie hob das Buch auf, ihre Hände zitterten jetzt stärker. Sie blätterte durch die Seiten, schneller diesmal, suchte nach weiteren Hinweisen. Die Runen waren immer noch unleserlich, aber die Zeichnungen sprachen eine klare Sprache: eine Hand, die Wasser aus der Luft zog; ein Fuß, der über den Boden schwebte; ein Auge, das durch Wände sehen konnte. Jedes Bild war mit einem Wort versehen, das sie aussprechen konnte, und jedes schien eine Anleitung zu sein. „Ein Leitfaden für echte Zauberkunst“, flüsterte sie, und diesmal lachte sie nicht. Stattdessen fühlte sie eine Mischung aus Ehrfurcht und Angst. Was hatte sie da gefunden? Und warum hatte sie das Gefühl, dass das Buch sie gefunden hatte, nicht umgekehrt?

Sie setzte sich wieder, das Buch auf den Knien, und starrte auf die Kerze. Die Flamme brannte ruhig, als wäre nichts passiert. Mia biss sich auf die Lippe. „Das ist verrückt“, murmelte sie, aber ihre Neugier war stärker als ihre Zweifel. Sie blätterte zurück zu einer anderen Seite, auf der eine Zeichnung zeigte, wie man einen kleinen Gegenstand bewegen konnte. Ein Apfel war abgebildet, der in der Luft schwebte, begleitet von dem Wort „Levitas“. Mia schaute sich um, griff nach einem Bleistift auf ihrem Schreibtisch und legte ihn vor sich auf das Bett.

„Okay, Buch“, sagte sie, ihre Stimme halb spöttisch, halb hoffnungsvoll. „Zeig mir, was du kannst.“ Sie folgte der Zeichnung, machte eine andere Geste – eine offene Hand, die sich langsam hob – und flüsterte: „Levitas.“ Der Bleistift wackelte leicht, rollte ein Stück zur Seite. Mia hielt den Atem an, versuchte es noch einmal, diesmal mit mehr Konzentration. „Levitas!“ Der Bleistift hob sich, nur ein paar Zentimeter, schwebte zitternd in der Luft und fiel dann zurück aufs Bett.

Mia schrie leise auf, schlug die Hand vor den Mund. Ihr Herz raste, ihre Gedanken überschlugen sich. Das war kein Trick. Kein versteckter Faden, kein Magnet, keine Illusion. Das war Magie. Echte, unmögliche, weltverändernde Magie. Sie starrte das Buch an, als würde es gleich zu ihr sprechen. Und in diesem Moment wusste sie, dass ihr Leben nie wieder dasselbe sein würde.

Zweifel und Neugier

Mia saß auf ihrem Bett, das alte Buch vor sich aufgeschlagen, und starrte auf die vergilbten Seiten. Ihr Zimmer fühlte sich plötzlich enger an, die vertrauten Poster an den Wänden – David Copperfield, Houdini, Criss Angel – wirkten wie stumme Zeugen ihrer Verwirrung. Die Kerze auf dem Schreibtisch brannte immer noch, ihre Flamme nun ruhig und unschuldig, als hätte sie nie getanzt, als hätte Mia sich alles nur eingebildet. Aber sie wusste es besser. Das Kribbeln in ihren Fingern war real gewesen, das Flackern der Flamme kein Zufall. Und der Bleistift... der Bleistift hatte geschwebt. Nur ein paar Zentimeter, aber er hatte geschwebt.

Ihr Herz pochte immer noch, eine Mischung aus Aufregung und Angst, die sie atemlos machte. „Das kann nicht sein“, murmelte sie zum hundertsten Mal, seit sie das Buch aufgeschlagen hatte. Sie war eine rationale Person, oder? Sie glaubte an Wissenschaft, an Physik, an die Kunst der Täuschung, die sie so liebte. Zaubertricks basierten auf Ablenkung, auf Mechanik, auf Psychologie – nicht auf... Magie. Echter Magie. Und doch, hier saß sie, mit einem Buch, das Runen und Symbole enthielt, die sie nicht verstand, und das dennoch Dinge bewirkte, die unmöglich sein sollten.

Mia schloss die Augen, atmete tief ein und aus. „Okay, Mia, bleib ruhig. Experimentiere weiter. Vielleicht ist es nur ein Trick, den du noch nicht durchschaust.“ Sie öffnete die Augen wieder und blätterte durch das Buch, auf der Suche nach einer weiteren Anleitung, die sie verstehen konnte. Ihre Finger zitterten leicht, als sie über die Seiten strichen, und sie hatte das seltsame Gefühl, dass das Buch warm wurde, als würde es auf ihre Berührung reagieren. Auf einer der nächsten Seiten fand sie eine Zeichnung: eine Hand, die einen kleinen Stein oder eine Münze in der Luft hielt, begleitet von dem Wort „Motus“. Es sah ähnlich aus wie der Levitationszauber, aber einfacher, fokussierter auf Bewegung statt Schweben.

„Motus“, flüsterte sie probehalber, ohne die Geste zu machen. Nichts passierte, was sie erleichtert aufatmen ließ. „Siehst du? Es ist nichts.“ Aber die Neugier nagte an ihr, ein unstillbarer Drang, es noch einmal zu versuchen. Sie schaute sich in ihrem Zimmer um, suchte nach einem kleinen Objekt. Ihr Blick fiel auf eine Haarklammer, die auf dem Nachttisch lag – ein simples, silbernes Ding, leicht und unscheinbar. Sie legte sie vor sich auf das Bett, direkt neben das Buch.