Der verliebte Studente - (Pseudonym) Celander - E-Book

Der verliebte Studente E-Book

(Pseudonym) Celander

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Beschreibung

*Ein pikanter "Studentenroman" aus dem Jahr 1709(Originaltext + Neufassung mit aktueller Interpunktion)Der Student Infortunio, der aufgrund einer Verwechslung zum Amanten der verheirateten Cleophis wird, lernt bei dieser deren schöne Base Bellandra kennen und verliebt sich unsterblich in sie.Die Umstände meinen es jedoch zunächst nicht gut mit dem jungen Glück, und so bleibt Infortunio nichts anderes übrig, als seinen Liebesschmerz durch galante Abenteuer mit anderen Damen zu lindern.Doch auch die Liebeshändel seiner Mitmenschen sind ein steter Quell des Interesses für ihn, besonders wenn sie nicht einer gewissen Pikanterie entbehren.Quality Books hat dieses literatur- und kulturhistorisch interessante Werk aus dem Jahr 1709 mit aktueller Interpunktion versehen, wodurch der alte Text erheblich angenehmer zu lesen ist.Daneben ist in dieser Ausgabe auch die Originalfassung enthalten, die die zur Entstehungszeit des Romans typischen Schrägstriche zur Satzgliederung aufweist.Unter dem Pseudonym "Celander" haben nach Auffassung der Literaturwissenschaft mindestens zwei verschiedene Autoren geschrieben. Der eine ist Johann Georg Gressel (1675 - 1771), Feldarzt von August dem Starken und Karl XII. von Schweden, der andere ist Christoph Woltereck (1686 - 1735), der laut Max Bauers "Sittengeschichte des deutschen Studententums" ein ehemaliger Theologe gewesen sein soll.

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Seitenzahl: 342

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Der

verliebte Studente

 

In einigen annehmlichen und wahrhafftigen

Liebes-Geschichten,

welche sich in einigen Jahren

in Teutschland zugetragen

* * *

Der galanten Welt

zu vergönter Gemüths-Ergetzung

vorgestellt von

 

Celander

 

Quality Books

2018

* * * *

Quality Books

Klassiker in neuem Glanz

 

Textgrundlage:

Der verliebte Studente.

Celander.

Nachdruck: Hyperionverlag, 1918, Berlin.

Erstdruck: Pierre Martaux, 1709, Cölln.

 

Original und Neufassung mit aktualisierter Interpunktion

Herausgeber: Marcus Galle

Umschlaggestaltung: Maisa Ahmad-Galle

 

© 2017 by Quality Books, Hameln

1. Auflage: Mai 2018

ISBN 978-3-946469-13-1

 

E-Mail: [email protected]

 

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Anschrift

 

Dieses E-Book, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Herausgebers nicht vervielfältigt, wiederverkauft oder weitergegeben werden.

Inhaltsverzeichnis

Titel

Impressum

 

Der verliebte Studente (Neufassung)

Vorrede an den Leser

Der Roman

 

Der verliebte Studente (Original)

Vorrede an den Leser

Der Roman

 

Impressum (Anschrift)

Der

verliebte Studente

von

Celander

Vorrede an den Leser

Hochgeneigter Leser

Gegenwärtiger verliebter Studente unterwirfft sich dessen geneigtem Urtheile, in dem er die Schaubühne der Welt betritt und das jenige, was sich an verschiedenen Orten auf unsern Teutschen Boden in etlichen Jahren zugetragen, vorstellet. Sich einbildend, wol angenommen und mit einem gütigen Auge gelesen zu werden, indem er keine erdichtete noch aus eigenem Gehirne entstandene Phantasien, sondern lauter wahrhafftige Geschichte erzehlet. Denn wenn er solches nicht versichern könte, so würde ich ein groß Bedencken getragen haben, denen häuffigen Romanen selbigen beyzufügen. Ich gebe ihm aber im geringsten vor keinen Roman aus, als zu welcher angenehmen Schreib-Art sich meine Feder annoch zu schwach befindet, verlange auch gar nicht, ein Romaniste genennet zu werden, welche Ehre ich, allen Vorurteilen zu entgehen, wie denn billig, dem berühmten Talander und dem ihm gleichenden Menantes überlasse. Weil aber die Wahrheit allhier die Feder führet und mancher curieuser Leser in einer ihm etwas bekanten Affaire mehr Licht dadurch bekömmt, so hoffe ich nicht, daß er so bald einen Unlust im Lesen erwecken werde. Ob sie aber alle eine gleichgültige Artigkeit an sich haben, kan ich nicht versichern. Denn von unterschiedlichen Personen, deren ein jeder ein ander Naturel wie der eine hat, ausgerichtete Dinge können nicht von einer Artigkeit seyn, zumahl der ander in seinen Handelungen blicken lässet. Also darff ich nicht, ohne Beschuldigung eines eigenen Ruhms, sie durchgehends artig nennen: Denn ob er schon nicht meine Erfindungen, sondern frembder unngalanter Personen Liebes-Avanturen entdeckt, so würde ich doch, wenn ich selbige mit einer grossen Lob-Rede heraus striche, eine grosse Thorheit begehen, der ich ohne dem nicht versichert bin, ob nicht etliche Störrische Köpffe mich durch die Hechel ziehen werden: Allein man wird ihnen ihr bellen nicht verwehren, doch aber durch eine genereuse Aufführung verachten können und sich selbiges eben so wenig anfechten lassen, als sich ein muthiges Pferd durch das Schreyen eines ohnmächtigen Hundes schüchtern läst. Doch aber hoffe ich, daß er die jenigen, welche ihn der Lesung würdigen, contentiren soll. Dabey ich mir denn dieses ausbitte, daß sich keiner in Verfassung frühzeitiger Urtheile versehen und meiner Feder Schuld geben möge: als hätte sie von einer Person, die er errathen zu haben vermeynet, etwas, so wieder die Honettete stritte, geschrieben. Denn diesen allen vorzukommen, habe ich mich einer kleinen Masque bedienet, damit keine Person beleidigt werden möchte. Wie denn einer meinen Vorsatz sehr übern Hauffen werffen würde, wenn er, da er glücklich in Herausbringung der versteckten Namen, selbige der klugen Aufführung zuwider entdecken und jemand dadurch bekannt machen würde. Bitte demnach nochmals die jenigen, so etwas erzwingen werden, daß sie im verständigen Schweigen das Merckmahl der raresten Tugend zeigen, auch die Fehler, so etwan mit eingeschlichen, vernünfftig ausdeuten mögen. Denn es findet sich keiner, der so vollkommen, daß ihm nicht Schwachheiten anhängen solten, die er selber zu erkennen nicht fähig ist. Letzlich recommendire ich mich in Seine Affection und versichere dabey, daß wo dieser verliebte Studente und die andern von Celander edirten Schrifften wol aufgenommen werden, Sie mit nächsten ein mehrers zur Presse befordern dürfften. In Erlangung nun des grossen Glückes dessen Gewogenheit. verbleibe

 

Des Hochgeneigten Lesers

dienstgeflissener

 

CELANDER.

Urona.

1709.

 

Die Feuer-blitzende Sonne, das grosse Licht der Welt, hatte allbereits die blauen Wogen des brausenden Meeres geküsset und mit seinen Strahlen der Welt auf wenig Stunden Adjeu gegeben, so daß sie nichts von ihrem annehmlichem Lichte hinterließ als den Purpur an den wellichten Wolcken, welcher durch seinen Wiederschein eine Schatten-reiche Demmerung erweckte, als Infortunio, von seiner Kranckheit befreiet, welche ihm der Eiffer und die Bekümmerniß über der Bellandra Untreu zugezogen hatte, sich auf den Marckt-Platz machte, um an denen daselbst bei kühler Abend-Zeit spatzierenden Jungfern die Augen zu weiden. Wie er aber denselben etliche mahl auf und nieder gangen und ihm keine, so von sonderlicher Schönheit war, begegnete, nahm er ihm vor, seinen guten Freund, den annehmlichen Rosander, zu besuchen und die Zeit mit vergnüglichen Discursen hinzubringen. Er fand, wie er hinkam, denselben auf der Lauten spielend, bey welcher Arbeit er nach abgelegten Complimenten bleiben muste, da dann Infortunio einen aufmercksamen Zuhörer abgab und des Rosanders Music nebst denen darzwischen von ihm gesungenen Arien, die Unbeständigkeit der Damen betreffend, mit stillen, von vielen Seuftzern beseelten Nachdencken überlegte und seinem noch nicht veraltetem Schmertz nachhienge. Welche Traurigkeit ihm denn Rosander leicht abmercken können, wenn er nicht auf die Music zu sehr verpicht gewesen, daß er darüber des Infortuniens betrübtes Gesichte und seine unzehlich verschickte Seuftzer nicht beobachtet. Doch wie sich nicht leicht ein geheimes Anliegen verbergen läst, daß es nicht ein unversehener Zufall entdecken solte, so waren auch Infortuniens seine Bemühungen in Unterdrückung seines Schmertzens umsonst, und des Rosanders Unachtsamkeit machte ihm eine solche Historie wissend, die ihm sonst verborgen blieben wäre. Denn als er eine wanckelmüthige Dame mit folgender Arie beschrieb:

 

1.

Des Frauenzimmers falsches stellen,

Das gleicht den wilden Meeres-Wellen,

Wer ihren glatten Worten traut,

Auf Glaß die höchsten Thürme baut:

Der fischet in der Lufft und pflüget in der See

Und sucht ein Schwalben-Nest in dem erstarrten Schnee.

 

2.

Sie lieben hefftig mit dem Munde,

Doch steht die Lieb’ auf schlechten Grunde,

Wenn nur ein kleiner Wind entsteht,

Sogleich sie auch zu Boden geht;

Im wandeln siegen sie des Mondes Wandel an,

Ja, selbst der Unbestand sie nicht besiegen kan.

 

so nahm die Hefftigkeit des Affects bey Infortunien überhand, daß er in diese Worte unversehens herausbrach: »Ach, wahrhafftiges Abbild der ungetreuen Bellandra.« Diese Worte machten Rosandern stutzend und erweckten ihn gleichsam aus dem Schlaffe, darein er wegen aller auf die Musik gewendeten Gedancken gefallen zu sein schiene, und die wegen ihrer Unvorsichtigkeit geschlossene Lippen des Infortunio eröffneten seine, so daß er nach angegebenem Spielen von seinem Freunde zu wissen verlangte, was Bellandra vor eine wäre und warum er über ihre Untreu klage.

Infortunio, welcher seinem Freunde in allen zu Gefallen lebte, trug kein langes Bedencken, des RosandersCuriosität zu vergnügen, weil er nicht mächtig war, ihrer vertrauten Freundschafft nach, ihm sein Begehren zu versagen. Wie er denn auch, nachdem sie vorher die Thür verschlossen und der Gefahr des behorchens zu entgehen sich den Fenstern genähert hatten, also seine Erzehlung anhub:

»Es wird dir annoch in frischen Andencken sein, daß ich mich eine Zeitlang zu Philneis, der Fürstin der Teutschen Academien, aufgehalten und der Jurisprudenz obgelegen habe, so daß ich, meinem studiren nachhengend, mich die Conversation des Frauenzimmers fast entschlagen hatte und lieber bey einem guten Freunde als bey einer lockenden Sirene Visiten ablegte; so machte doch ein wunderlicher Zufall, daß ich von meiner Kaltsinnigkeit abließ und dem lieblichen Geschlechte mehr Ehrerbietung erwieß. Denn wie ich mich einstens nach meinem sonderlich guten Freund, dem Boso, auf eine Pfeiffe Toback begeben wolte und in der späten Eulenflucht zu ihm gieng, faste mich ein verschleyertes Frauenzimmer von hinten zu an den Arm und überreichte mir im umsehen einen Brief. So bald ich solchen von ihr angenommen, eilte sie mit geschwinden Schritten davon und strebte aufs äusserste darnach, mir zu entwischen, welches ihr denn auch, ungeachtet meines eilfertigen nachfolgens, wol von statten gieng. Denn wie ich sie fast erreichet hatte, begegnete mir Selander und machte durch seine unversehene Aufstossung, daß mir die Mensche aus den Augen entkam.

Weil ich nun durch ihm in meinem Vornehmen war verhindert worden, so trug ich ihm die Ebentheuer zu erzehlen Bedencken und machte mich mit guter Manier von ihm loß, ob ich mich schon an den Boso versprochen hatte, wohin er gedachte. So bald ich seiner befreyet war, trieb mich meine Curiosität nach Hause, wie ich mir denn auch den Brief durchzusehen, so bald als ich heim kam, ein Licht anzünden ließ und den Brief, welchen ich folgenden Inhalts befand, hervor suchte:

 

Monsieur,

Eur Charmantes Wesen hat mich dergestalt entzündet, daß ich meine Glut nicht länger verbergen kan. Ja, ich sterbe, wo ihr euch nicht geneigt gegen mich erkläret. Meine Sehnsucht gegen euch ist unaussprechlich … erfüllet, liebster Engel, mein Begehren und stellet gegen eilff Uhr euch auf der Peters-Strasse ein; die ausgehängte Leuchte soll der Pharos seyn, der euch führen wird zu der vor Liebe sterbenden

Cleophis.

Wie ich diesen Brief gelesen, kunte ich leicht erachten, daß er dem unrechten überliefert worden; weil aber mein naturell also beschaffen, daß ich keiner Dame ein Turnir versage, so beschloss ich hinzugehen und meine Person so gut zu agiren, als müglich seyn könte. Zu dem Ende kleidete ich mich propre an, puderte meine Paruque, setzte einen brodirten Hut mit einer Plüme auf und verschmierte eine gantze Büchse voll Le Zellischen Balsam, daß ich in diesem Putze wol einen Cavallier de Qualité abgeben kunte. Machte mich auch, so bald die Glocke eilffe am Bord schlug, mit einem guten Degen und ein paar geladener Sack-Pistolen, auf allen Nothfall versehen, marchfertig. Meinen Leuten aber im Hause ließ ich diesen Bescheid, daß sie meiner nicht erwarten solten, weil ich schwerlich vor Tage heimkommen würde, indem ich einigen Damen eine Music zu bringen gesinnet wäre. Wie ich ihnen diesen Bescheid gelassen, marchierte ich voller Verwunderung zum Hause hinaus und gerades Weges der Peters-Strasse zu, ersahe auch gleich die ausgehenckte Laterne, welche aber, so bald ich angepochet, eingenommen und dabey, daß ich solte eingelassen werden, gesaget wurde. Die Thür ward mir auch denselben Augenblick von einem wolgemachten Mädchen aufgemacht, welchem die Brüste ziemlich bloß lagen, daß ich mich nicht enthalten kunte, daran zu greiffen und meine Hände in dem Sammt-gleichenden Schnee ein wenig abzukühlen oder vielmehr zu erhitzen; sie ließ mir solches ohne weigern zu, als ich mich aber täppisscher machen wolte, sagte sie: ›Monsieur, ihm ist heinte noch was galantes vorgesparet, daran er seine Lust zur gnüge wird büssen können. Wann er aber nach abgelegten Rendevous bey meiner Frauen etwas vor mich übrig hat, so kan er sich darnach wieder bey mir angeben, anjetzo leidet es die Zeit nicht, daß wir uns allhier länger aufhalten.‹ Hierauf gieng sie die Steigen hinan, nachdem ich ihr sie zu vergnügen versprochen, und ermahnte mich zu folgen.

Wie wir einige Steigen aufgestiegen, langten wir vor ein schön geputztes Zimmer, welches offen stunde, an: worein ich mich auf ihr Geheiß verfügte und an eine mit vielerley Confecturen besetzte Tafel satzte. Ich hatte aber kaum etwas von den Sachen zu mir genommen, da hörte ich zwey in der Neben-Kammer reden, welches mich den Tisch zu verlassen und der Thür zu nähern bewog. Ich kunte eine gute weile zwar nichts darinnen wieder vernehmen, so daß es schiene, als hätten sie sich aus der Kammer weggemacht. Endlich aber fieng die eine an: ›Ach, liebste Margo, wie habt ihr mich betrogen! Ach! Ach!‹ Diese schwieg hierauf stille, die andere aber, so ich an der Stimme vor die Magd erkannte, erwiederte dargegen: ›Was ist daran gelegen, meine Frau? Ich gestehe es, daß ich geirret habe in der Uberreichung des Briefes. Es ist aber ein galanter Kerl.‹ Nach kurtzen Stillschweigen hub die erste also wieder an: ›Wenn ich nur wüste, daß dieser den Brief überkommen, so will ich schon mit ihm zu frieden seyn, denn er gleicht in allen dem Sanmedir.‹ Wie ich dieses hörte, machte ich die Thür auf und sagte: ›Annehmliche Madame, es ist mir leid, daß ihre Sehnsucht durch mich, als den unrechten, nicht kan gestillet werden, wenn aber der Brief was zur Sache dienen soll, so lege ich denselben vor eure schöne Augen‹. Hierauf gab ich ihr denselben, nachdem ich ihn vorher geküsset, in die Hände. Sie durchlief denselben mit niedergeschlagenen Augen, wie sie ihn aber gelesen, stellte sie mir denselben mit einem aufgeklärten Gesichte und recht charmanten Minen wieder zu und sagte: ›Monsieur, die Irrung in Uberreichung des Briefes muß mir allerdings lieb seyn, da es das Glücke selbst so gefüget und mich mit einem so galanten Menschen versehen hat. Er sol auch forthin der jenige seyn, welchem ich zu meinen Amanten annehmen will, zumahl da der Brief dem Sanmedir nicht eingeliefert worden.‹ Ich bedanckte mich darauf vor ihr gütiges Erbieten und führte sie, nachdem ich ihre Hand mit einem Kusse ergriffen, in das grosse Zimmer. Daselbst satzte ich mich neben sie an die Tafel. Wie wir von den darauf gesetzten etwas zu uns genommen und die Zeit mit vielen Discursen von annehmlicher Materie, darunter einige Handgreifliche mit durchlieffen, biß nach Mitternacht hingebracht hatten, zog ich mich auf ihr Anmahnen aus, indem sie sich gleichfals entkleidete. So bald dieses geschehen, legten wir uns in das in dem Zimmer sich befindliche Bette. Was daselbst vorgegangen, wird ein jeder, dem ehmals das Glück eine solche liebens-würdige Schönheit an die Seite geleget, leicht errahten. Unsere Vereinigung war überaus zärtlich, und ich genosse so viel Vergnügung in ihrem Schoosse, daß ich fast entseelt mit meinen Lippen auf ihre Brüste fiel und den süßen Liebes-Nectar zu Erstattung der verlohrnen Kräffte aus denen auf dem Milch-Meer gewachsenen Corallen Zacken soge. Wie ich mich ein wenig auf der Rosen-Au ihrer Lippen wieder erhohlet und auch das dem Mädgen von mir gethane Versprechen mir beyfiel, brach ich von meiner Ergetzlichkeit ab, mich, sie ferner zu bedienen, entschuldigend, da die allzu starcke Arbeit mich, sie heinte ferner zu bedienen, untüchtig gemacht. Sie willigte in mein Begehren ein, weil der Schlaf ihr bereits die Augen einzunehmen mit Macht begunte. Doch muste ich ihr, sie folgendes Abends wieder zu besuchen, mit Hand und Mund versprechen.

Ehe ich aber aus dem Zimmer gieng, reichte sie mir nebst einem feurigen Kusse einen versiegelten Beutel mit den Worten: ›Nehmet an, mein liebster Engel, dieses wenige Gold als ein Zeichen meiner Liebe gegen euch, nicht aber als eine Belohnung vor die mir geleisteten Dienste, als welche ein weit grössers und mehrers würdig sind.‹ So bald ich das Gold angenommen, begab ich mich nach höflicher Bedanckung und verpflichteten Abschieds-Ceremonien die Steige hinunter, an deren Ende ich das Mädgen schlaffend bey einem Lichte fand, welches aber, so bald ich ihr ein Schmätzgen gabe, erwachte und den Kuß mit doppelter Zinse ersetzte. Wir hielten uns darauf daselbst nicht länger auf, sondern eilten nach ihrer Kammer, allda ich ihr das versprochene, nachdem ich sie auf das Bette legte und mit den übrigen Kräfften bediente, lieferte. Da mich dann meine ersparten Kräffte nicht gereuten, weil ich auf eine so verpflichtete Art von ihr umfangen ward, daß mir der Schooß dieses jungen Mädgens fast mehr Vergnügung als der Leib ihrer 24 Frauen brachte. Nach Verlauff einer halben Stunde nahm ich von ihr Abschied. Wie sie mir nun etwas schencken wolte, sagte ich: ›Liebste Margo, von solchen angenehmen Kindern, wie ihr seyd, bin ich nicht gewohnt, etwas vor meine Bemühungen zu nehmen, sondern vielmehr auszuzahlen‹, griff auch, indem ich dieses sagte, in die Tasche und langte drei Gulden, so ich ohne die geschenckten Ducaten bey mir hatte, heraus und gab sie ihr mit diesen Worten: ›Nehmt dieses wenige vor eure verpflichtete Umarmung, liebste Margo, von mir an.‹ Sie wolt sich zwar anfangs es anzunehmen weigern, muste sie aber auf mein anhalten zu sich nehmen. Hierauf gab ich ihr noch einen Kuß und gieng damit zum Hause hinaus.«

Als Infortunio diese Worte kaum ausgeredet, hörten sie jemand an der Thüre klopffen, welches sie aufstehen und des Infortunio Erzehlung vor dasmahl zu endigen bewog. Wie sie aufmachten, wurde Rosander durch einen Jungen, welchen die Mademoiselle Sepitia hergesandt, nach einer Hochzeit gebeten. Rosander, welcher diese Jungfer wol leiden mochte, ließ ihr durch selbigen Jungen wieder sagen, daß er sich gleich mit einem seiner Freunde einstelen wolte. Wie er denn auch, nachdem sich der Junge wegbegeben, nicht viel federlesens machte, sondern sich nebst Infortunien in einen Mantel warff und dem Hochzeits-Hause zu eilten, welches sie, als sie hinkamen, verschlossen und mit einer Wache versehen befanden, die aber den Schlüssel zu der Thür in Verwahrung, doch auch Befehl hatte, keinen Ungebetenen einzulassen, ausgenommen etliche wenige, unter denen Rosander sich befand, welche nach angezeigten Namen solten passiret werden.

Die Menge der davor stehenden Leute und die Unbescheidenheit des Wächters machte, daß Rosander, der gerne unbekannt hinein kommen wollen, seinen Namen andeuten muste; wie er denn halb im Eifer seinen Namen der Wachte in geheim sagte, welche ihn darauf ihrem Befehl nach einließ. Infortunio aber, weil er unbekannt, wurde von der Wache mit guten Worten angehalten und vertröstet, daß er solte eingelassen werden, wenn die Leute, die häuffig daselbst stunden, sich nur ein wenig bey Seite gemacht. Rosander, als er sahe, daß seine Bemühungen vergeben, wie er denn seinen Freund auch durch Darbietung einiges Geldes nicht hineinbringen kunte, gieng die Steige hinan in den Gedancken, die Einlassung seines Freundes bey Sepitien loß zumachen. Zu allem Glück begegnete ihm Sepitia nebst ihrer Base auf der Steige, wie er mit den Gedancken schwanger gieng. Nach abgelegten Complimenten war dieses das erste, daß er sie um die Einlassung seines Freundes bat, wozu sie dann gleich willig war, so daß Rosander nicht so bald seine Bitte vorgetragen, als sie sich selbige einzugehen geneigt erklärte und mit ihrer Basen, die Einlassung Infortuniens zu beschleunigen, in den Vorhof gieng. Weil sie nun Infortunio nicht kannte, von Rosandern aber vernommen, daß er mit einem blauen Mantel bedeckt wäre, so faste sie ihn an denselben und sagte leise zu ihm, ob er Infortunio hiesse. Dieser, voller Verwunderung, wie die ihm unbekante Jungfer seinen Namen wuste, antwortete ihr mit höflichen Worten, daß er so genennet würde. So bald Sepitia solches von ihm vernommen, nahm sie ihn bey der Hand und führte ihn ins Hochzeit-Hauß. Daselbst machte er denen Damen seine Reverentz und bedanckte sich aufs höflichste vor die Ehre, die er von ihnen empfangen. Hernach begab er sich die Steige hinan zu Rosandern, weil die Damen erhitzet vom tantzen im innern Hofe noch verbleiben und frische Lufft schöpffen wolten.

Nachdem sie eine gute weile dem Tantze zu gesehen und unter den schweren Manteln derbe schwitzeten, begaben sie sich auf eine in dem Saale befindliche Gallerie, um sich allda durch kühle Luft zu erhohlen. Weil sie aber die grosse Hitze der heissen Sommer-Nächte und die Last der Manteln sehr durstig gemacht, baten sie um eine Erfrischung, welche sie auch erhielten. Indem sie sich nun durch selbige ein wenig wieder erfrischten und durch den genossenen Trunck sich erquickten, ward Sepitia an Rosandern dencken, und weil sie ihn im Saale nicht sahe, suchtete sie ihn aller Orten, da sie dann endlich so glücklich ward und ihm auf der Gallerie antraff. Da muste er nun einen kleinen Verweiß von ihr annehmen, ja, sie stellte sich, als wäre sie etwas über ihn erzürnet, und solches aus den Ursachen, daß er seine Geschicklichkeit im tantzen nicht sehen lassen wollen. Doch dieses Zorn-Gewitter gieng leicht vorüber und brachte an statt der feurigen Blitze erfreuliche und erquickende Blicke und vor grosse Regen-Güsse safftige Küsse. Denn Rosander schmeichelte ihr auf so verbindliche Art, daß sie allen Zorn fahren ließ und sich durch einige Küsse mit ihm versöhnte. Wie sich ihre Seelen annoch auf den Lippen weideten, kame der Septien Base auf die Gallerie, welche durch eine kleine Eifersucht getrieben zu Septien sagte: »Wie, liebste Base, schämet ihr euch nicht, euren Mund im Beyseyn einer fremden Person dem Rosander zum Tummel-Platz seiner Küsse zu leihen?« Sepitia, welche wohl sahe, wo sie der Schuh drückte, stellte sich nichts erzürnet, sondern erwiederte im annehmlichen Lächeln darauf: »Ich merke es, Ernestina, daß es euch ziemlich nahe gehet, daß ihr nicht gleiche Vergnügung wie ich haben könnet. Damit euch aber das Hertze nicht bluten soll, so gehet zu und küsset meinen Rosander so viel ihr wolt. So ihr euch aber weigern wolt, gebe ich Rosandern Macht, die Küsse mit Gewalt zu nehmen und euch eurer verstellten Sprödigkeit halben im Beyseyn seines Freundes schamroth zu machen. Ernestina wolte sich zwar im Anfang solches zu verrichten weigern, sie mußte aber, weil Rosander, Sepitien zu gefallen, ihr die Küsse nicht erlassen wolte, denselben etliche mahl umarmen. Hierdurch war Sepitia besänfftiget, und der gefaste Groll gegen Ernestinen verzog sich, weil sie ihren Willen erhalten und sich auf gleiche Art an ihr gerochen hatte.

Infortunio stund unterdessen wie im Traume, denn ihn die alte Liebe gegen Bellandra, derer er sich doch mit Macht zu entschlagen trachtete, die neue gegen Sepitien gefaste in dem ersten Grase zu ersticken anmahnete. Doch besiegte ihn endlich der gegenwärtige Mond, und die ihm ihre Strahlen nicht mitteilende Sonne muste den kürtzern ziehen. Seine Gedanken waren demnach auf nichts anderes gerichtet, als wie er mit Sepitien bekannt werden und ihr seine Liebe eröffnen möchte. Welche Jungfer, ob sie wol nicht von Verwunderungs-würdiger Schönheit, dennoch charmant und annehmlich war wie denn ihre nette Taille, und die bey Isabell-Haaren lächelnde grau-weißlichte Augen dem mit Rosen untermischten Lilien-Angesichte eine sonderliche bezaubernde Anmuth gabe. Sein Nachdenken schläfferte ihn endlich so weit ein, daß er Rosandern mit den Damen nicht einst weggehen gesehen, davon jener Confect und Wein, die Damen damit zu reglaliren, auff die Gallerie bringen ließ, diese aber sich eine Motion im tantzen machten. Wie nun Sepitia, Ernestina und Rosander sich wieder auf der Gallerie mit einigen Geräusche einfanden, erwachte er dadurch gleichsam aus dem Schlaffe und sagte zu den ankommenden: »Bin ich denn bezaubert gewesen oder triegt mich mein Gesichte? Denn ich hätte wol geschworen, daß ich die angenehme Compagnie stets vor mir gesehen, da sie sich doch diesen Augenblick erst wieder bey mir einfinden.« Rosander erwiederte darauf: »Vielleicht mag der Herr mit den Gedancken annoch zu Philneis bey seiner Cleophis gewesen seyn.« Als ihm nun Infortunio darauf antworten wolte, trat er ihn sanffte auf den Fuß, um ihm dadurch anzuzeigen, daß er nicht wieder antworten solte, brachte ihm darauf die Gesundheit beider Damen mit einem Glaß Weine zu und gebärdete sich ziemlich frey mit Sepitien, weil er Infortunien als einen Freund, nicht aber als einen Mit-Buhler ansahe. Denn er nennte Sepitien seine Base, aß ihr als ein zahmes Vögelgen das Confect aus dem Munde und küsste sie, so offte er nur Beliebung kriegte. Worüber sich Infortunio heimlich ärgerte, weil er, durch ihr artiges Wesen entzündet, von ihr gleiche Vergnügung nicht geniessen kunte. Doch war er es nicht alleine, welcher sich durch heimliche Eifersucht quälte und Rosandern sein Glück bey Sepitien nicht gönte. Denn MonsieurDebosu, ein Bedienter des Groß-Hertzogs von Urona, welcher sich hefftig in Sepitien verliebt, vermißte sie auff dem Tantz-Platze und suchte selbige mit einer noch embsigern Bemühung, als Sepitia den Rosander kurtz vorher aufgesuchet, in allen Gemächern. Ob er nun wol alle Zimmer durchgesehen, so kunte er sie doch nirgends finden, biß ihm endlich eine Dirne auff sein Fragen den Bescheid gab, daß sie sich auff der Gallerie bey zwei Frembden befünde. So bald er dieses von der Dirnen vernommen, verfügte er sich auff die Gallerie und redete Sepitien mit diesen ungewaschenen Worten an: »Mademoiselle, ist es recht, daß man sich aus dem Tantze weg und zu ungebetenen Gästen, ja wol gar Frembden hinbegiebt?« Worauf Sepitia mit einer kaltsinnigen Mine dieses antwortete: »Monsieur, was gehet euch das an? Ihr seyd mein Hofmeister nicht«, und sich von ihm weg zu Rosandern wandte. Debosu, welchem dieses nicht wenig Verdruß erweckte, daß in Sepitia in Gegenwart dieser beyden so verächtlich tractirte, wolte vor Eifer bersten; doch begriff er sich und machte sich an Rosandern, um zu sehen, was er vor einen Mit-Buhler hätte, welcher, ob er sich wol biß an die Augen in seinen Mantel verhüllet, so ward er doch durch seine kennbare trugen verrathen und von dem Debosu erkannt. Denn Debosu fing laut an zu lachen und sagte: »MonsieurRosander, wenn man ihm nicht kennen soll, so muß er eine Masque vornehmen, damit ihn seine Augen nicht verrathen.« Weil er nun Rosander erkannt, so wolte er auch gern wer sein Gefährte war wissen, kunte ihn aber, weil Infortunio das gantze Gesichte bedeckte und über dem frembd zu Urona war, nicht erkennen, unerachtet aller seiner Bemühungen. Wie er eine zeitlang zugebracht und Infortunio nicht erkennen kunte, wandte er sich zu Rosandern und sagte: »Seinen Gefährten werde ich nicht verrathen sollen, wer er ist, so gar unbekant kommt er mir vor. Damit ich aber wieder auff mein propo komme, so muß ich ihn fragen, wie er hieher kommen?« Rosander erwiederte darauff mit einem verächtlichen Lachen: »Ich weiß nicht, wie mich das Glücke hieher geführet.« »Ha!«, fieng Debosu mit einer hönischen Mine hierauff an, »man höret wol, daß der Herr Romanen gelesen und die Kunst mit Damen zu conversiren gelernet hat.« Wie ihm Rosander darauff antworten wolte, kam der Sepitien Mutter nebst ihren Vettern MonsieurSebin, welche ihr verwiesen, daß sie vom Tantze bliebe und die Compagnie verliesse, nahmen sie auch, nachdem sie von Rosander und Infortunio Abschied genommen, bey der Hand und führten sie auf den Tantz-Platz. Wohin sich Debosu auch verfügte, dem aber Rosander diese Worte zurieff: »Debosu, man wird eurer Worte halber Rechenschafft von euch fordern.« Welches Debosu nicht beantwortete, worüber sich Rosander und Infortunio so sehr alterirten, daß sie ohne ferneres Wort-Sprechen die Steige hinunter und zum Hause hinaus giengen, von Eifer und Begierde angeflammet, sich an den Debosu seiner Unhöflichkeit wegen zu rächen.

In dieser Raserey begaben sie sich auff den dem Hochzeits-Hause nahegelegenen Wein-Keller, allda sie so lange zu verbleiben und den Debosu, wenn er Sepitien zu Hause brächte, anzufallen beschlossen. Denn er muste nothwendig, so er anders keinen Unweg nehmen und Sepitien allein zu Hause gehen lassen wolte, daselbst vorbey passiren. Wie er denn einige Stunden darnach mit Sepitien ankam, von vielen Frauen und Jungfrauen begleitet, welche dann Ursache waren, daß das Gefechte nicht sonderlich scharff war; denn als Rosander den Debosu mit entblößten Degen anlieff, warfen sich selbige dazwischen und verhinderten, daß Debosu nicht tödtlich verwundet ward, doch gieng er nicht frey aus, sondern bekam eine Wunde in dem rechten Arm. Wie er solche empfangen, begaben sich Infortunio und Rosander nach ihrer Behausung, sich nicht groß bekümmernd, wie es dem Debosu ergehen möchte, welcher sich des Tags darauff mit der Post nach Allerona begab, sich allda curiren zu lassen.

So bald Rosander des Tages darauff erwachte, hieß er Infortunien zu sich bitten, die angefangene Erzehlung der Geschichte von der Bellandra bey einer Tassen Thee zu endigen. Der Bote fand denselben noch im Bette, worinnen ihn die verliebten Gedancken gegen Septien so lange arrestiret hatten, um in denselben, als in dem Cabinet der Gedancken, selbige desto ruhiger auszulassen: Als er aber des Rosanders Anbringen vernahm, begab er sich nach schleuniger Ankleidung zu demselben. Da er dann seine Erzehlung nach eingenommenen Thee folgender massen wieder anhub: »Nachdem ich von dem Mädgen Abschied genommen, schwermte ich auff den Gassen rum, weil es ein anmuthig Wetter war. Die feurigen Sterne spielten an den Wolcken und der silbergleiche Mond erhellte alle Gassen, daß es nicht anders schien, als wäre der Tag schon angebrochen gewesen; indem ich nun so die eine Strasse auf und die andere wieder hinunter gieng, hörte ich jemand in einer Nebengasse also singen:

 

1.

Ich lieb dich schönstes Kind,

Weil deine Schwane-reine Wangen

Mir beliebte Anmuth thaun,

Da auff deren Perlen tun

In Rosen die Rubinen prangen.

Auch kein Zinnober mag erreichen

Deiner Lippen schönste Pracht,

Die die Schönheit selbst anlacht,

Vor deren Mund Corallen weichen.

 

2.

Ich lieb dich schönstes Kind,

Da man in den verliebten Augen

Sieht den rechten Liebes-Trieb

Und den Zucker-süsser Lieb,

Die Seelen aus den Lippen saugen,

Die durch ihr Anmuth abgewinnen

Stets den süssen Nektar Fluß,

Denn durch den beliebten Kuß

Spürt man Rosen-Zucker rinnen.

 

3.

Ich lieb dich schönstes Kind,

Weil süsse Wollust-Rosen grünen

Auff der Sammet-weichen Brust,

Auch die Apffel süsser Lust

Und die erquickende Jeßminen

Stets auf den Perlen Brüsten pralen,

Die mit Balsam sind besämt,

Deren schönste Pracht beschämt

Der Pommerantzen Purpur Schaalen.

 

4.

Ich lieb dich schönstes Kind,

Da deine Brüste überwiegen

Auch den edlen Demant Stein

Und das weisse Helffenbein,

Die stets in süssen Schalen liegen

Und sich mit Anmuths-Rosen decken,

Die mit Milch bestrichen sind,

Deren Purpur überwindt

An Pracht das edle Blut der Schnecken.

 

5.

Ich lieb dich schönstes Kind,

Schleuss nur dein Paradies mir offen,

Das in vollen Lüsten schwebt

Und in süsser Anmuth lebt,

Da ich kan Lebens-Früchte hoffen

Und an den schönen Port anlanden,

Der mir ein neues Leben schafft,

Denn der Brüste Stärckungs-Safft

Schmeckt als das süsse Zuckercanden.

 

6.

Ich lieb dich schönstes Kind,

Du schönes Bild der hellen Sonnen.

Deine Wang mit Rosen spielt

Und der Busem Zucker quilt;

Ach, wenn du mich nur lieb gewonnen,

Könt ich mit Honig mich stets laben,

Denn das Küssen deiner Brust

Bringet ja vergnügte Lust,

Wodurch man kan den Himmel haben.

 

7.

Ich lieb dich schönstes Kind!

Laß doch, mein Schatz, mein süsses Leben,

Nur mich deiner Schönheit Macht

Küssen und der Wangen Pracht,

Die Milch und Schnecken-Blut umgeben.

So kan ich Wollust-Milch der Seelen

Und der Liebe flössen ein.

Da denn alle Angst und Pein

Verschwindet und das Seelen-quälen.

 

Wie er dieses geendet, kamen welche mit vollen Lachen von der andern Seiten herein in die Gassen gelauffen und verjagten den Sänger durch ihr ungestümes Geräusche; wie die Lachenden näher kamen, war es Boso und Selander nebst dreyen artigen Mädgens, welche Profeßion machten, sich von den Burschen vor Geld bedienen zu lassen. Weil wir nun allerseits gute Freunde waren, nahm ein jeder eine davon an die Hand und vertrieb ihr die Zeit mit lustigen Discursen, da es denn so genau nicht zugieng, daß nicht etwas, so wider die Erbarkeit stritte, solte vorgefallen seyn. Denn die andern beyden, so ziemlich berauschet, wurden durch Trunck, ich aber durch das bey der Cleophis genossene Confect, welches aus solchen Sachen, die zur Liebe reitzeten, angefrischet. Die Mädgens, welche dieses wünscheten, waren wie die geduldigen Schaafe und liessen zu, was wir immer wolten. Durch solche zugelassene Freyheiten wurden unsere glimmenden Begierden noch mehr entzündet, so gar, daß wir endlich unser Begehren ihnen vortrugen, worzu sie sich gleich erklärten und uns in ein auff dem Briel gelegenes Hauß führten. Wie wir nein kamen, wurden wir in ein nettes Zimmer geführet und mit einem wol zubereiteten Chocoladeregaliret, allein ich bedurffte nicht, meine Geister durch den Chocolade noch mehr zu entzünden, weil das genossene Confect schon so hefftig bey mir wirckte, daß ich alle drey Mädgens zu bedienen capabel war. Nachdem wir denselben verzehret, fingen wir das Kauff-Labet an zu spielen. Es wolten sich aber unsere Begierden nicht länger mehr im Zaum halten lassen, denn wir lescheten das Licht aus und legten uns auff unterschiedene im selbigen Zimmer stehende Bette. Was daselbst vorgegangen, kanst du leicht dencken. Es wolte mir dasmahl auch das Glücke so wol, daß ich unter allen das artigste Mädgen bekam. Es war wol proportioniret vom Leibe und hatte überaus delicate Brüste, welche, so offt ich sie beküßte, mir neue Süßigkeiten schmecken liessen. In solcher Vergnügung blieben wir, biß daß die Sonne mit ihren Strahlen das Zimmer erleuchtete, welche uns unsere angenehme Lagerschafft durch dieselbige zu verlassen gebot. Wir waren aber kaum von unsern Lagern aufgestanden, als uns schon durch eine kleine Dirne der Caffe nebst einer Tinctur, welche die verlohrnen Kräffte ersetzte, auffgetragen ward. Nachdem wir denselben in der Eile ausgeschlurffet, bezahlten wir und giengen voneinander. Da ich dann, so bald ich zu Hause anlangte, mich zu Bette legte und von meiner dreyfachen Nacht-Arbeit, biß es Zeit zu speisen war, durch einen sanfften Schlaf geruhig ausruhete. Die übrigen Stunden des Tages brachte ich in vergnügten Nachdencken der gehabten Lust hin und ließ meine Poetische Einfälle in folgenden Versen darüber aus:

 

1.

Es schmecken die Lippen der Damen so süsse

Und reichen im Küssen ein himmlisches Brodt.

Man weidet die Seele durch wechselnde Küsse

Und solche entziehen befordert den Todt.

Es treuffet ein Nectar von deinen Corallen

Und tausend entzückende Lüste dabey;

Wem pfleget dis Manna nicht stets zu gefallen,

Wie eckel sonst immer im andern er sey?

 

2.

Es müssen den Brüsten die Lippen doch weichen,

Weil mehre Vergnügung bey ihnen sich findt.

Da kan man die Venus entkleidet beschleichen,

Die uns in den Marmor zu baden vergünt.

Es hitzen und kühlen die Marmorne Ballen,

Und dieses erquickende Schnee-Gebürg macht,

Daß man in die Flammen nur wünschet zu fallen,

Weil einen erwünschete Kühlung anlacht.

 

3.

Ihr Lippen und Brüste ihr schmecket zwar süsse

Und zinset den Kostenden völlige Lust,

Doch machen des Schoosses entzückende Küsse

Uns größre Vergnügung und Anmuth bewust;

Da bricht man die Früchte vom Baume des Lebens

Und trincket den fließenden Honig darzu;

Man suchet das Manna da niemahls vergebens,

Daß man es nicht sammeln im Überfluß thu.

 

Uber der Verfertigung dieser Verse war der Abend eingebrochen, welcher mich durch seine angenehme Schatten zur Ruhe lockte, da ich dann, ob ich wol mich an die Cleophis auff eine Nacht-Visite versprochen, dennoch zu Hause blieb und mich zu Bette legte, weil ich eine kleine Mattigkeit in den Gliedern fühlte, die mich verhinderte, meinem Versprechen nachzukommen. Des folgenden Morgens, wie ich noch im Bette lag, kame der Cleophis Magd, die artige Margo, zu mir ins Zimmer und bat mich zur Mittags Mahlzeit bey ihrer Frauen. Sie verzog über eine Stunde bey mir, da ich dann von ihr erfuhr, daß ihr Herr gewisser und nothwendiger Ursachen halber nach Carivoca vorgestern verreiset wäre und daß ihre Frau die MademoiselleBellandra und mich heute tractiren wolte. Wie ich solches von ihr erfahren, ließ ich sie mit einigen Complimenten an ihre Frau von mir. So bald sie hinweg, zog ich meine besten Kleider an und putzte mich aufs propreste heraus, denn der Sinn trug es mir zu, daß ich meine Liebes-Händel kriegen würde. Wie es mir nun Zeit zum Speisen zu seyn bedünckte, gieng ich dem bewusten Hause zu und wurde von der Margo hinein in das Zimmer geführet, worinn ich den Liebes Renconter mit der Cleophis gehabt. Als ich aber der Cleophis mein Compliment gemacht und die Bellandra gleichfalls bedienen wolte, erstaunte ich vor denen Lieblichkeiten, welche ihre schwartze Augen auff mich zuschossen; meine Ceremonien waren dennoch kurtz und modest, und weil sie albereits mit der Mahlzeit auf mich gewartet, satzten wir uns nach verrichteten Complimenten zu Tische. Bey der Mahlzeit redeten wir sehr wenig, und ich speißte mehr von der Anmuth, welche die gegen mir übersitzende Bellandra aus ihren schönen Augen blitzte, als von den delicaten Gerichten, die ich vor mir hatte. Doch verbarg ich meine Effecten so sehr, daß sie niemand merckte. Nach abgetragenen Speisen spielten wir Allombre, da ich dann so nachläßig spielte, daß ich in einer halben Stunde 4. Dukaten, welche Bellandra gewann, verlohr; die Cleophis aber, wie sie sahe, daß ich so unglücklich war, gab das Spielen an und wolte nicht, daß ich weiter spielen solte. Ob ich mich nun wol annoch ziemlich gezwungen, so kunte ich mich doch in die Länge nicht so verstellen, daß nicht Cleophis solte gemercket haben, daß ich in Bellandra verliebet wäre, welches ihr dann, wie ich wol meinte, nicht zuwieder, sondern höchst angenehm war, so daß sie schon mit den Gedancken umgieng, wie sie mir der Bellandra Gegengunst zuwege bringen wolte. Sie rieff mich auch in das Nebenzimmer und sagte: ›Infortunio, wenn ihr in Bellandra, meine Base, verliebet seyd, so lasset mich nur rathen. Ich wil es schon dahin bringen, daß eure Sehnsucht durch ihre Gegengunst soll gestillet werden.‹ Ich stellte darauff alles ihren Gutdüncken anheim und reommendirte mich ihr aufs beste. Sie aber, nachdem sie mich nochmahls ihrer treuen Dienste versichert, nahm mich bey der Hand und begab sich in das grosse Zimmer. Weil sie nun, mir der Bellandra Gewogenheit zu erwerben, gesinnet war, so bemühete sie sich, unsere Discursen auf eine solche Materie zu bringen, davon ich eine Liebes-Erklärung an die Bellandra hätte wagen können, in welchen Discursen ich es denn so weit brachte, daß sie einige Hochachtung gegen mich faste, welche der Anfang zur Liebe ist.

Denn so eine Dame erst eine Hochachtung gegen eine Manns-Person blicken läst, so kan er versichert seyn, daß sein Liebes-Antrag nicht werde den blossen schlagen; wie ich solches bey mir wahr nahm, indem ich auf der Cleophis Befehl einige Arien auff der Cither, davon sie eine grosse Liebhaberin war, schlagen muste, damahls dauchte mir die beste Gelegenheit zu seyn, meine Liebe der Bellandra vorzubringen, und zwar auff eine solche Art, die ihr nicht konte nachteilig seyn und die sie ohne Verletzung der Jüngfräulichen Schamhaftigkeit anhören konte. Wie ich denn meine Liebe ihr in folgender Aria offenbahrte:

 

1.

Mein Hertze und das Auge spricht,

Obschon die Lippen schweigen.

Nennt gleich mein Mund mein lieben nicht,

Dennochs die Seufftzer zeigen.

Und deckt mein Blut

Gleich seine Glut,

Die Funcken doch aus meinen Adern steigen.

 

2.

Mein Wesen läßt mein Feuer sehn,

Ob ich es schon verhähle.

Läst gleich mein Mund kein Klagen gehn,

So thut es doch die Seele.

Und zeigt die Brust

Gleich aussen Lust,

Doch ich mich sehr durch innre Flammen quäle.

 

3.

So lieb’ ich nun: doch scheut der Mund

Mein Lieben zu bekennen.

Das Hertze aber macht es kund

Und zeiget an mein brennen.

Doch weiß ich nicht,

Wenns Hertze spricht,

Ob meine Glut Bellandra wird erkennen.

 

Wie ich die letzten Worte sang, gab ich genaue Achtung auff ihre Stellung, denn ich mit Fleiß ihren Namen nein rückte, da sonst eigentlich mein Engel müssen gesungen werden; allein mein Vorwitz machte, daß ich mich fast selber verrieth, da ich sie fangen wolte; denn die angenehme Röthe, die bey Nennung ihres Namens die Lilien-Wangen überzog, fochte meine Glut dergestalt an, daß mir die Funcken gleichsam aus den Augen und dem gantzen Gesichte heraus stoben, so daß ich so wol als die Bellandra durch eine Bestürtzung die Sprache verlohren. Sie erhohlte sich aber bald wieder und gab mir durch ihre Anrede Anlaß, meine Geister in Ordnung zu bringen, wie sie denn also zu reden anhub: ›Monsieur, er wird verliebet seyn, und zwar an einem solchen Orte, da ers zu bekennen Scheu träget. Gewiß, ich möchte gerne wissen, wer die Person sey, die das Glück, einen so angenehmen Menschen in sich verliebet zu wissen, geniesset.‹ Ich erwiederte ihr darauff, daß ich gar nicht verliebet wäre noch Bekandtschafft mit irgend einer artigen Dame hätte, dareinn ich mich verlieben könte, weil ich nicht wüste, was lieben wäre. ›Monsieur‹, warff sie ein, ›wann ich glaube, daß er nicht weiß, was lieben ist, so kehret sich Blut in Schnee, denn wie kan ein Mensch in seiner Blüte ohne Liebe seyn. Nein, nein, dieses muß er mir nicht einbilden. Er liebet, und ich trage Verlangen zu wissen, welche sich seiner Liebe rühmen kan.‹ ›Sie belieben nur zu schertzen‹, war meine Antwort, ›und wollen meine offenhertzige Bekenntniß nich annehmen, weil der Name Bellandra in meiner Arien sich befindet. Allein sie glauben, daß ich keine Dame dieses Namens kenne, welchen ich ohngefehr mit eingerückt (denn ich ließ es mir gegen sie nicht mercken, daß ich ihren Namen wuste). So sie aber Bekandtschafft mit einer artigen Damen dieses Namens haben, so bitte ich die grosse Gutheit zu erweisen und mich in derselben Gunst zu setzen. Sie fing hierauf an zu lächeln und sagte, womit wil er mir verhafftet seyn, wenn ich ihn versichern kan, daß er bey einer Damen dieses Namens wol angeschrieben ist.‹ ›Mademoiselle‹, war meine Gegen-Antwort, ›ich würde ihr unendlich davor verbunden seyn, wenn sie selbst die jenige Dame, wie es mir der Sinn zuträgt, wäre.‹ Hierauff schwieg sie stille; nach kurtzen Schweigen aber hub sie an: ›Monsieur, er ist glücklich im rathen, ich gestehe es, daß ich dieselbe Bellandra bin, welche ihm nicht ungeneigt ist, denn sein artiges Wesen und seine complaisanteConduite machen ihn vollkommen galant und würdig einer noch weit schönern Damen Gunst, als wie ich bin, zu geniessen.‹ Ich bat sie hierauff, sie möchte mich mit so grossen Lobe verschonen, als der ich mich keiner jetzt-genannten Artigkeiten fähig wüste. Wolte auch ferner in sie dringen mit einer deutlichen Liebes-Erklärung, welches sie aber mit einer solchen Artigkeit ablehnte, daß ich vergnüglich mit ihrer Abschlagung seyn kunte. Dieses war der Anfang unserer Bekandtschafft, darinn es denn so weit kam, daß sie mich zu ihren Liebsten annahm und die Freiheit gab, sie so offte, als der Wohlstand zuließ, zu besuchen. Wie ich denn die Ehre hatte, sie nach Hause zu begleiten und auff ihren Zimmer ihr eine Visite zu geben; selbiges war überaus nette auffgeputzet und mit vielen kostbaren Schildereyen versehen. Unter andern war eine, auff welcher die nackte Venus in der Adonis Armen abgemahlet war. Dieses Bild war so naturell