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„In der Dunkelheit strebt der Mensch nach dem Licht.“ Valerian Arkyn hat geschworen, nie wieder ein Schwert zu führen. Doch als sein Heimatdorf Ky von grausamen Kreaturen überrannt wird, zwingt ihn das Schicksal, seine Vergangenheit neu zu durchleben – und sein Erbe anzunehmen. An der Seite der mystischen Mahrt Runa und mit einer legendären Heldenwaffe in der Hand wird Valerian hineingezogen in einen uralten Kampf zwischen Licht und Finsternis. In einer Welt voller vergessener Legenden, versiegelter Magie und verlorener Seelen muss er lernen, was es heißt, ein wahrer Held zu sein – oder bei dem Versuch unterzugehen. „Erleuchte den Horizont“ ist der erste Roman zur epischen Fantasywelt Eridian – eine Geschichte voller Emotion, Magie und Mythos. Der Auftakt zu einer Saga, die Leser und Leserinnen in eine tiefgründige, vielschichtige Welt entführt und die Grundlage für kommende Abenteuer bildet.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Unsere Welt wurde vor Jahrtausenden von den Alten zum ersten Mal mit Feuer, Eisen und But überzogen. Diese Zerstörung hinterließ Leid, Trauer und Asche. Es brach das erste Dunkle Zeitalter an. Die Dunkelheit brachte den Völkern Verzweiflung und Leid. So vergingen die Jahre ohne eine einzige Hoffnung. Die Völker lehnten sich oft gegen die Dunkelheit auf, jedoch endeten sie immer wieder in einem Krieg untereinander. So vergingen die Jahrhunderte...
Doch nach siebenhundert Jahren in der Dunkelheit erhob sich ein Mann aus den Schatten. Anders als die anderen vor ihm, ging er nicht still in die Nacht, er erhob sich gegen das Sterben des Lichts. Als die Dunkelheit in seine Heimat, im hohen Norden, vordrang, begann sein Leben nach und nach auseinander zu fallen. Doch eines blieb immer gleich... seine Liebe zu ihr... Als die Dunkelheit sie zu verschlingen drohte, begann ein rotes Leuchten ihn zu umgeben. Seine schwarzen runden Pupillen wurden zu schlitzen. Sie ähnelten Drachenaugen. Seine Haut begann sich in weißen Schuppen zu verwandeln. Er sah wie einer der Drachenmenschen aus, halb Drache halb Mensch.
Sein Zorn war erwacht. Er erhob sich von seinen Knien, hielt seinen Blick gesengt und erhob sein Schwert ein letztes Mal. Er richtete seine Stimme gegen die Dunkelheit. "Fasst sie nicht an..." Es drang leise aus seiner Kehle, jedoch trug eine uralte und längst vergessene Kraft seine Worte in jedes Ohr. Seine Liebe sah ihn nur aus großen Augen an und formte mit ihren Lippen die Worte: "Du Narr... Ich wollte dich retten..."
Er verstand ihre unausgesprochenen Worte und antwortete mit seiner, von dieser unheimlichen Kraft erfüllten, Stimme: "Mein Leben gehört dir allein... Ich werde dich beschützen... Bis zum äußersten... Du bist mein Licht in der Finsternis... Ich liebe dich!" Mit jedem Wort wurde er lauter. Am Ende brüllte er ihren Namen hinaus. Über die Jahre gingen ihre Namen in Vergessenheit. Sein inneres Feuer loderte auf. Das Leuchten wurde immer heller. Die Dunkelheit wich vor ihm zurück. Sein Leuchten begann die ganze Gegend zu erhellen. Aus der Ferne sah man ein grelles Licht hinter den Bergen. Es war wie der Sonnenaufgang, der den nächsten Tag ankündigte. Es war der Sonnenaufgang, der die neue Ära ankündigte. Es war die Hoffnung aus den Prophezeiungen. Als das Leuchten schwächer wurde, konnte man es aus der Ferne im Himmel erkennen. Einen Mann, der seinen linken Arm erhoben hatte und mit der Handfläche auf die Dunkelheit zeigte. Linien aus Licht tanzten um seinen Arm herum. Eine Leuchtende Kugel bildete sich vor seiner Handfläche.
Plötzlich schossen aus dieser Kugel Bänder aus dem reinsten Licht, dem Sternenlicht, auf die Dunkelheit zu. Die Bänder begannen die Dunkelheit zu umgeben. Sie wickelten sich um die Dunkelheit.
Aus diesem Bündel kam eine Stimme und sprach zu dem Helden: "Ha, ich sehe schon, was du planst... Du willst uns versiegeln. Doch welchen Preis wirst du zahlen? Es bedarf einer Seele, um eine solche Versiegelung zu vollbringen."
Der Held brüllte laut auf. Worauf die Dunkelheit erschrocken antwortete: "W... Was hast du vor? Das ist Wahnsinn! Seine Eigene Seele für eine Versiegelung zu nutzen! Damit machst du dich verwundbar..."
"Das ist mir egal! Ich werde niemanden opfern, um über euch zu siegen!"
Als die Dunkelheit eine Lücke in den Bändern fand, nutze sie diese sofort und schoss einen Strahl Finsternis auf die Seele des Helden ab. Die Dunkelheit lachte bereits siegessicher. Doch kurz bevor dieser Strahl den Helden treffen konnte, zwängte sich das reinste weiß dazwischen. Eine reine Seele. Der Held riss seine Augen auf, als ihm klar wurde, wer das war. Es war seine Liebe. Sie sprach leise zu ihm: "Ich werde dich nicht alleine lassen. Wenn du eine Ewigkeit in den Schatten auf dich nehmen willst, um uns zu retten, werde ich dich begleiten und bei dir sein."
Nach diesen Worten liefen Tränen aus seinen Augen, über seine Wangen. Denn er konnte sie nicht davon abhalten. Nicht in diesem Zustand.
So sprach er die Worte zur Versiegelung: "Ich...", darauf folgte sein in Vergessenheit geratener Name, "... halte hier und jetzt mein Wort. Ich lege den Schwur der Ewigkeit ab."
Nach einer kurzen Pause begann er das Siegel zu formen: "Ich stehe vor der Dunkelheit und weiche nicht. Heute bin ich ein Licht in der Finsternis, für all jene, die sich nach Freiheit sehnen. Ich stehe für die Schwachen ein, ich stehe für die Starken, ich stehe für einen jeden ein, der sich nach Frieden sehnt. Ich bezahle den Preis für alle. Ich gebe meine Seele heute für die Freiheit eines jeden.
Weiche Dunkelheit, weiche vor meinem Licht." Als er diese Worte aussprach, richtete er beide Hände mit den Handflächen auf die Dunkelheit. Ein Licht begann vor seinen Handflächen zu erleuchten. Das Licht begann heller und heller zu erstrahlen. Es begann die Dunkelheit zu vertilgen.
Die Überlebenden hatten, das Bewusstsein verloren und sind erst am nächsten Morgen wiedererwacht. Diese Geschichte von den Überlebenden verbreitete sie noch an diesem Morgen. Niemand erinnerte sich, was nach diesem Licht geschah.
So verbreitete sich die Geschichte. Über die Jahre gerieten die Namen in Vergessenheit. Doch die Geschichte blieb immer die gleiche. Die Jahrhunderte vergingen. Die Geschichte wurde zu einem Mythos, Zur letzten Legende des Nordens. Merkt euch diese Legende. Verbreitet sie weiter. Lasst sie nicht in Vergessenheit geraten.
Erzählung von Ahros, dem Ersten der Barden.
50 Jahre später…
Ich atmete tief ein durch meine Nase. Ich roch nach über einem Jahrzehnt endlich wieder diesen vertrauten Geruch. Nur in der Nähe meines Heimatdorfes Ky roch es so intensiv nach den schwarzen Crysalis. Dieser süße Duft. Auf meinen Reisen habe ich noch keinen so süßen Duft gerochen wie im Frühling in Ky. Ich ritt auf Runa, meiner besten Freundin. Sie war eine der letzten ihrer Art, eine der letzten Mahrt. Ihr pechschwarzes Fell nahm die Wärme der Frühlingssonne auf. Es fühlte sich so weich und warm an. Wir ritten auf die Spitze des letzten Hügels zu. Wenn wir oben angekommen sind, können wir unsere beiden Heimaten nach einer so langen Zeit endlich wieder sehen. Als wir den Gipfel erreichten, blieb Runa stehen. Sie wusste genau, was ich machen wollte. Hinter ihrem großen Elchgeweih erstreckten sich die Glutberge. Ihre Gipfel strahlten wie früher in diesem warmen rot. Und vor uns erstreckte sich das schwarze Tal. Die Crysalis bedeckten die gesamten Wiesen um das Dorf herum. Und dazwischen gab es nur zwei Wege nach Ky. Die mit dem weißen Sand geschaffenen Wege im Süden und Norden. Ich genoss diesen wundervollen Anblick. Sie pflanzten gerade die Samen für das Getreide in die Felder um Ky herum. Die alte Felsmauer um das Zentrum herum stand noch wie damals unbeschadet. Bis heute weiß niemand, wer diese Mauer aus Felsen geschaffen hat.
Außerhalb des Dorfes gab es eine einzige Ebene, die aus dem Schwarz hervorragte. Auf dieser Ebene stand mein altes Zuhause.
Ich beugte mich nach vorn zu Runa und kraulte sie hinter ihrem Ohr, während ich flüsterte: „Es ist an der Zeit, meine Kleine.“
Runa sprang nach vorn und streckte ihre Vorderbeine zu den Seiten aus und entfaltete ihre Flügel. Ich tat es ihr gleich und streckte meine Arme aus. Ich liebte dieses Gefühl der Freiheit. Wenn der Wind unter meinen Armen hindurchrauschte. Ich schrie wie so oft in diesen Momenten all meine Freude hinaus. Runa brüllte mit mir. Vom Wind getragen, gleiteten wir auf unser Haus zu. Sanft landete Runa vor dem Haus und lief die letzten Schritte zur Tür. Oder eher zu dem, was von ihr noch übrig war. Es schien, als wäre seit damals niemand mehr hier gewesen. Ich schwang mich von ihrem Rücken herab und nahm meinen Umhang ab. Ich legte ihn über Runas Rücken, sowie meinen Kegelhut aus Stroh. Doch diesen hängte ich auf ihrem Geweih auf. Ich klopfte ihr zweimal beruhigend auf den Hals und sagte: „Ich bin gleich wieder da.“, bevor ich mich der Türe näherte. Sie hing schräg in den Angeln. Die Türe wurde mit einer Axt eingeschlagen.
…Was ist hier nur geschehen?...
Ich rüttelte an der Türe, doch sie ließ sich nicht bewegen. Also entschloss ich mich die aus der Angel zu reißen. Ich trat so fest ich konnte gegen die Türe. Und erneut. Beim zweiten Tritt flog die Türe heraus und stürzte zu Boden. Vorsichtig betrat ich das Haus. Die Fenster waren größtenteils noch intakt, doch im ganzen Haus sah es aus, als hätte ein Sturm gewütet. Ich lief auf das Zimmer meiner Eltern zu. Die Türe war als einzige unversehrt. Langsam näherte ich mich ihr. So leise wie möglich drückte ich die Türklinke herunter und schob die Türe auf. Es war das einzige Zimmer, in dem es kein Chaos gab. Ich näherte mich der Kommode meiner Eltern. Vorbei am Schminktisch meiner Mutter und Vaters Waffenständer. Die Waffen darauf sind nichts Besonderes. Zwar von Meisterhand geschmiedet doch nichts Besonderes. Ich sollte sie trotzdem mitnehmen, damit sie niemand missbrauchen kann. Doch zuerst musste ich sein Messer finden. Ich öffnete eine Schublade nach der anderen und durchsuchte sie, doch in keiner konnte ich etwas finden. Nur die Kleider meiner Eltern waren da. Wo hat er ihn nur versteckt.
Plötzlich schoss eine Erinnerung in meinen Kopf. Ich sah meinen Vater, sein schwarzes schulterlanges Haar wurde schon von grauen Streifen durchzogen. Er trug seinen schwarzen Mantel. Mit unserem Wappen darauf. Er hatte dieses Wappen auf all seinen Kleidern. Ein Schwert mit zwei an den Seiten der Klinge abgehenden spitz zulaufender Arme und einem Kreis der von dem Schwert durchbohrt war. Ich kam damals als kleiner Junge ohne anzuklopfen in das Zimmer und überraschte Vater dabei, als er etwas unter seinem Bett verstecken wollte.
Ich lief neben das Bett und kniete mich genau an die Stelle, an der auch mein Vater kniete. Ich beugte mich unter das Bett und suchte mit meinen Augen alles ab, doch ich konnte nichts sehen. Daher entschied ich mich dazu, den Boden und das Bett mit meinen Händen abzutasten. Doch auch hier blieb der Erfolg aus. Ich wusste nicht mehr weiter. Ich war kurz davor aufzugeben, doch dann fiel es mir ein. Er musste es direkt vor sich versteckt haben, es ist nicht unter dem Bett. Ich tastete den Boden um mich herum ab, und meine Finger blieben an einem leicht hervorstehenden Brett hängen. Ich tastete das Brett vorsichtig ab, auf der Suche nach einem weg das Brett anzuheben. Es gab keine Möglichkeit das Brett am Rand anzuheben. Also drückte ich auf der niedrigeren Hälfte auf das Brett. Und siehe da, es gab nach und klappte auf. Darunter kam ein dunkelrotes Tuch zum Vorschein. Als ich das Tuch auffaltete, offenbarte es mir seine wahre Natur. Es war der Banner meines Vaters. In der Mitte befand sich sein Wappen in Weiß. Es war sein offizielles Banner. Und darin hatte er ihn eingewickelt, die Sonnenklinge Artrium. Sie war nur ein Messer, doch war sie im Stande mit den großen Sonnenklingen mitzuhalten. Auf ihrer Scheide befand sich das Zeichen der Sonnenklingen. Eine goldene Sonne mit gebogenen abgehenden Strahlen. Endlich hatte ich Artrium gefunden. Diese Klinge war ein Teil meines Erbes. Ich steckte die Klinge an meinen Gürtel auf dem Rücken und stand wieder auf. Ich war gerade dabei, dass Haus wieder zu verlassen, da fiel mir im Flur das Gemälde auf. Es war unbeschadet. In all dem Chaos wirkte es so fehl am Platz. Ich trat näher heran. Dabei fiel mir Mutters Ring auf, er lag direkt vor dem Bild. Ich nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn. Ich drehte ihn in meinen Händen. Auf der Innenseite stand eine Inschrift geschrieben.
Entfessle das Feuer in dir, befreie deine Seele und finde die Macht
Sie hat diesen Ring immer getragen. Ich entschloss mich den Ring anzuziehen. Sie hat mir früher versprochen, dass er eines Tages mir gehören wird. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, doch sie hat ihr Versprechen gehalten. Trotz all der Jahre war diese Erinnerung wie ein Stich ins Herz. Ich fühlte, wie Tränen aus meinen Augen liefen. Meine Knie begannen zu zittern und gaben unter mir nach. Ich fiel auf meinen Hintern und umschlang meine Knie mit meinen Armen, während ich zu weinen begann. Ich weiß nicht wie lange ich dagesessen bin und geweint habe, doch als ich mich wieder beruhigt hatte und das Haus verließ, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Runa kam direkt auf mich zu. Sie wusste immer, wenn etwas war. Sie schmiegte sich an ich und ich schloss Runa fest in meine Arme. Doch dieser Moment wurde plötzlich von panischen Rufen unterbrochen, gefolgt von Schreien. Wir beide lösten uns, ohne zu zögern voneinander und begannen nach der Ursache für die Schreie zu suchen. Und wir wurden schnell fündig. Die Dorfbewohner kamen von den Feldern gerannt. Viele von Ihnen schrien vor Angst. Irgendetwas muss geschehen sein. Es dauerte einige Sekunden, bis ich den Grund ausmachen konnte. Aus dem Wald östlich von Ky kamen Sucher aus dem Wald und ihnen voran vier Lukore. Ihre nackte glatte graue Haut spiegelte das schwindende Licht der Sonne. Auf ihren vier Beinen waren sie deutlich schneller als die großgewachsenen Sucher hinter ihnen. Ihre Arme hielten sie gierig nach vorne. Ihre mit Klauen besetzten Hände griffen ins Leere, auf ihrer Suche nach Beute. Sie hatten ihre Mäuler weit aufgerissen, und entblößten dabei ihre spitzen Zähne. Ihre Mäuler waren so groß wie der Kopf eines Menschen.
Sie waren selbst für Lukore schnell. Die Glocken des Dorfes erklangen, um vor der Gefahr zu warnen. Überall im Dorf begann man die Häuser zu verbarrikadieren. Einzig die vierundzwanzig Wächter des Dorfes sammelten sich auf dem Dorfplatz. Sie bildeten einen Schildwall zwischen dem Dorf und den Lukoren. Doch ich wusste, sie würden alle sterben. Runa warf mir einen Blick zu. Ihr Götter, wieso nur müssen sich die beiden so ähnlich sein. Ich wusste genau, was sie von mir wollte. Sie wollte, dass ich gehe, dass ich zurückkehre. Doch ich schüttelte nur den Kopf und setzte mich auf den Stein vor dem Haus meiner Kindheit. Hier saß ich immer und wartete auf Vater. Ich sah hinab auf das Dorf. Sah die Furcht. Sah das Ende all jener die ich kannte kommen und es war mir schlicht egal.
„Was ist nur aus mir geworden…“, flüsterte ich zu mir selbst.
…“Nacht“…, flüsterte eine leise Frauenstimme in meinem Kopf. Es war eher ein leises Hauchen. Sie sagte noch mehr, doch ich konnte nur dieses eine Wort verstehen.
Was war das? Ich hatte nicht die geringste Idee, was das war. Doch plötzlich berührte Runa meine Stirn mit der ihren. Die Welt verschwamm vor meinen Augen. Alles um mich herum wurde schwarz. Vor meinen Augen formte sich ein Raum. Vor mir befand sich ein gewaltiges Gitter. Es wirkte wie ein riesiger Käfig. Nur gab es keine Türe. Was auch immer hinter dem Gitter war, sollte niemals befreit werden.
Ich brauchte lange bis ich begriff, wo ich war. Dies ist Runas Seelenherz. Es heißt die Mahrt waren im Stande, Seelen in sich aufzunehmen. Im Schatten bewegte sich etwas. Eine kleine Gestalt saß an der Wand und begann sich zu rühren. Sie stand langsam auf. Als sie näher kam, erkannte ich, dass es eine Frau war.
„Vergib mir mein Bruder, ich habe es all die Zeit vor dir verbergen müssen. Es war ihr Wunsch.“, flüsterte eine weibliche Stimme traurig. Ich erkannte sofort, wer es war. Runa. In ihrem Seelenherz schien sie eine Stimme zu haben.
„Was meinst du Runa?“, fragte ich unsicher, während ich die Frau anstarrte, unsicher.
Als sie näherkam, konnte ich erkennen, dass sie scharlachrotes Haar. Es reichte bis zu ihren Brüsten.
„N… Nein! Dass kann nicht sein! Du bist gestorben!“, rief ich erschrocken.
„Val, vergib mir, dass ich mich erst jetzt zeige. Runa musste mir schwören, zu warten, bis ich bereit bin. Ja ich bin gestorben, doch Runa sah dein Herz zerbrechen und entschied sich meine Seele zu retten, indem sie meine Seele in ihr Seelenherz aufnahm. Ich sah dich leiden, ich sah, wie du gestorben bist. Du bist an jenem Tag mit mir gestorben. Doch heute ist der Tag! Kehre zurück in diese Welt. Ich werde wieder ein Teil dieser Welt. Ich werde das Licht, welches ich für dich gewesen bin. Du darfst dich dem Schrecken nichtmehr abwenden. Diese Welt braucht dich, dringender denn je. Wenn du noch nicht bereit bist, dann erinnere dich wenigstens an dein früheres ich an den Valerian den ich so sehr liebe. Zumindest für heute! Leuchte in der Dunkelheit!“, sprach sie zu mir. Doch die letzten Worte brüllte sie hinaus. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, verschwand Runas Seelenherz vor mir.
„Nein! Runa bitte ich muss mit ihr sprechen!“, brüllte ich aus tiefster Seele. Doch noch während ich die Worte sprach, erkannte ich es. Ich musste ihren Wunsch erfüllen.
„Runa! Bring mich auf den Friedhof im Dorfzentrum. Ich muss in Vaters Gruft.“, rief ich ihr zu. Ich schwang mich auf ihren Rücken und setzte meinen Hut wieder auf. Runa schwang sich in die Lüfte. Wir rasten auf das Herzstück von Ky zu. Den Friedhof hinter dem Tempel. Er nahm die Hälfte des Dorfzentrums ein. Der Tempel bildete zusammen mit dem Rathaus das Herz von Ky. Hinter dem Tempel, direkt an der Mauer stand ein schwarzes Tor. Es war der Eingang in die Gruft meines Vaters. Das Grabmal der Klingen von Ky. Doch niemand in diesem Dorf wusste, was die Klingen von Ky waren. Runa geleitete über Ky hinweg und landete sanft vor dem schwarzen Tor. Die Menschen bejubelten Runa. Das Erscheinen einer Mahrt galt als Omen für etwas Großes. Die Menschen glaubten, dass es sich dabei um das Erwachen eines Helden ging.
Kaum waren wir gelandet, strömten die Bewohner herbei, um die Mahrt zu sehen. Nur wenige konnten von sich sagen, dass sie eine Mahrt gesehen haben. Ich schwang mich noch vor der Landung von Runas Rücken herab und eilte auf das Tor zu. Kurz bevor ich es erreichte, verlangsamte ich mein Tempo. Dieser Ort war eine Legende. Seit dem Begräbnis meines Vaters war niemand mehr dort unten. Voller Ehrfurcht griff ich nach dem Griff des Tores. Vorsichtig öffnete ich das schwarze Tor und trat ein. Direkt hinter dem Tor befand sich eine Steintreppe. Sie führte nach unten. An beiden Seiten befanden sich Halterungen, in denen sich Lichtsteine befanden. Sie beleuchteten die Treppe. Ich schritt hinab. Tief in die Erde. In das Herz des Heiligtums. Als ich auf der ersten Ebene ankam, fand ich einen langen Gang, der dutzende Abzweigungen zu beiden Seiten hatte. Ich ging den Gang entlang. Ich wusste, dass Vaters Grab sich im siebten Gang auf der rechten Seite befand. Auch in diesem gab es eine weitere Steintreppe hinab. Doch an deren Ende fand ich ein weiteres schwarzes Tor. Auf diesem befanden sich uralte Schriftzeichen, doch ich konnte diese nicht lesen. Vorsichtig drückte ich auch dieses Tor auf und trat ein. Vor mir befand sich ein großer Raum. In der Mitte befand sich ein schwarzer steinerner Sarkophag. Auf diesem befand sich keinerlei Zierde. Einzig ein Wort war in den Stein gemeißelt. Dieses kannte ich. Vater hat es mir in meiner Jugend beigebracht. Es bedeutete Mut. Auf dem Sarkophag lag die Klinge meines Vaters. Das schwarze Schwert. Ehrfürchtig verneigte ich mich vor Vater, bevor ich das Schwert vorsichtig mit beiden Händen ergriff. Ich hob die Klinge an und legte den Waffengurt um. Heute war es so weit. Ich flüsterte leise: „Ich hoffe du siehst mich durch Runas Augen. Ich akzeptiere mein Erbe.“
Gerade als ich mich umdrehte, um Vaters Grabkammer zu verlassen, Erblickte ich einen Stapel zusammengelegter Kleider. Als ich diese aufhob, erkannte ich, dass es sich dabei um seine Mäntel handelte. Ich entschloss mich alle, bis auf einen einzelnen mitzunehmen. Ich lief den Gang entlang. Die Stufen hinauf. Vor dem Tor wartete Runa auf mich. Ich stopfte die Mäntel in einen Rucksack. Doch eine Idee ließ mich innehalten. Wenn sie von mir verlangte meinen Eid zu brechen, nach all den Jahren wieder ein Schwert zu führen. Ich hatte geschworen niemals wieder eine Waffe zu Töten zu führen. Doch nun muss ich eines Vaters Erbe antreten. Ich muss der Legende des Schwertkämpfers folgen. Das Erbe annehmen. Ich behielt einen Mantel in meiner Hand und lief auf das Steinerne Tor im Wall zu. Dahinter standen die Wächter und warteten auf ihren Tod. Ich näherte mich schnell dem Tor und rief den Wachten zu: „Öffnet das Tor!“
Doch die Wächter rührten sich nicht, da entschied ich mich mehr zu sagen: „Ich bin Valerian Arkyn und fordere, dass Ihr das Tor öffnet!“
Als sie meinen Namen hörten, weiteten sich ihre Augen. Sie starrten mich einen Moment lang an. Doch da brüllte jemand: „Was steht ihr hier noch herum! Wenn er unbedingt sterben will, sollten wir ihn nicht daran hindern. Also lasst ihn hinaus!“
Kaum hatten sie den Befehl vernommen, setzten sie sich in Bewegung und entfernten den schweren Riegel von der kleinen im Tor eingebauten Türe. Diese drückten sie einen Spalt weit auf und deuteten mir mit ihren Händen, dass ich hindurch gehen solle. Ohne zu zögern, setzte ich mich in Bewegung und schritt durch die Steintüre hindurch. Während ich auf die Türe zulief, zog ich mir Vaters schwarzen Mantel an. Als ich an ihnen vorbei war, hörte ich wie sie ehrfürchtig die Luft anhielten, als sie das Wappen auf einem Rücken erblickten. Das Wappen des Hauses Arkyn. Ich hörte, wie ihre Fäuste auf ihre Brust trafen. Sie salutierten vor mir, oder eher vor Vaters Andenken. Ich hörte, wie sie die Türe hinter mir verschlossen. Ich lief auf die Wächter zu. Auf ihren Schildwall zu. Als ich mich ihnen näherte, bemerkte mich der Hauptmann zuerst und kam auf ich zu.
„Was wollt ihr hier!“, brüllte er ich an.
„Ich will euch beistehen.“, antwortete ich ihm.
„Ich habe bereits gegen Lukore gekämpft. Und euch stehen heute beim ersten Mal gleich vier gegenüber und dazu noch die Sucher! Der Wall wird euer Tod sein. Sie durchbrechen jede Formation. Die Sucher würden wahrscheinlich an dem Wall scheitern, doch die Lukore zerreißen diese Formation wie wir Papier. Es klingt verrückt, doch die einzige mir bekannte wirksame Taktik ist das perfekte Duo. Dazu müsst ihr euch in Paare aufteilen. Die Paarungen müssen wie eine Person kämpfen.“
„Blödsinn! Wir machen das, was wir gelernt haben.“, wütete der Hauptmann.
„Dann bleibt hinter mir und seht zu was die Jägergilde mich lehrte.“, antwortete ich ihm ruhig. Ich durfte jetzt keinen Streit mit ihm anfangen. Aber nach dieser Sache werde ich ihm meine Meinung sagen. Ich ließ ihm keine Zeit zum Antworten. Ich lief einfach auf den Wall zu. Und als ich mich ihm näherte, traten die Männer beiseite und liesen mich durch. Im Gegensatz zu ihrem Hauptmann nickten sie mir anerkennend zu. Sie waren gute Männer. Sie hatte Recht, ich war noch immer da. Mein altes ich wäre für einen jeden dieser Männer gestorben. Doch seit jener Nacht war ich ohne Hoffnung. Ich suchte den Tod schon seit Jahren.
Die Lukore kreischten. Dieses ohrenbetäubende Geschrei der Lukore riss mich aus meinen Gedanken. Ich lief bis zur Mitte des großen Platzes. Hier würde ich mich ihnen stellen. Allein.
Wie schon tausendmal zuvor setzte ich mich vor einem Kampf auf die Knie und begann leise zu beten. Zum ersten Mal seit der dunkelsten Zeit meines Lebens betete ich zu den Göttern. Ich hatte wieder eine leise Hoffnung gefunden.
So betete ich, bis ich spürte, dass die Lukore mich umzingelt hatten. Sie waren sich unsicher, was sie tun sollten, sie waren keinen dummen Kreaturen. Sie wussten das niemand so ihnen entgegentreten würde der noch bei Verstand war. Doch ich musste es tun. Ich musste um Beistand bitten. Vier Lukore würde ich niemals allein bezwingen können. Ich stand auf und rief mit fester Stimme: „Wenn ihr euch erhebt, dann steht nicht einfach nur, werdet ein Fels in der Brandung!“
Noch während ich sprach, sprang der Lukor vor mir auf mich zu. Ich musste meinem Körper keine Befehle mehr geben, er wusste von allein ganz genau wie er reagieren musste. Es war wie damals, beim ersten Mal. Mein Kopf schrie weich zurück doch mein Körper wusste es besser. So legte ich meine Kraft in einen kurzen Sprint, dem Lukor entgegen. Kurz bevor ich ihn erreichte, ließ ich mich fallen und schlitterte unter seinem Sprung hindurch. Während ich unter ihn war, streckte ich meine Hand vor mich und rief meinen Speer herbei. Von einem alten Freund habe ich dieses Geschenk erhalten. Er meinte diese Form der Siegelmagie wäre unter den Sieglern Grundwissen, doch wie alle Magier teilten, diese ihr Wissen ungern mit der Welt. Amund, der Beschützer. Angeblich soll es sich bei ihm um eine schlummernde Heldenwaffe handeln. Wenn dies der Fall sein sollte, bin ich seiner wahren Macht wohl nicht würdig. Es sah aus, als würde er sich aus tausenden kleinen Schnipseln bilden. Zuerst erschien der schwarze Borkstiel, er formte sich zugleich in beide Richtungen. Zum Schluss erschien die längere metallische Spitze. Ich hatte keine Ahnung, woraus diese bestand. Doch sie hätte ohne den Speer ein Kurzschwert sein können. Ich drehte mich herum und bremste mein Schlittern mit meiner freien Hand und meinen Füßen. Dabei richtete ich mich halb auf und hielt Amund hinter meinem Rücken. Nach einigen Metern kam ich zum Stillstand und sank kurz auf mein rechtes Knie herab. Doch noch beim Aufstehen drückte ich mich vom Boden ab und sprang auf den Lukor zu. Ich stieß mit meinem Speer nach seinem Rücken und traf ihn auch, doch an diesem Lukor war etwas anders. Ihre Haut schien deutlich dicker zu sein. Amund hinterließ nur eine kleine kaum sichtbare Stichwunde. Sollten alle vier so sein, habe ich wie ich jetzt Kämpfe keine Chance zu siegen. Doch ich durfte nicht aufgeben. Das war alles, was in diesem Augenblick für mich galt.
Ich begann mich zu bewegen. Ich kreiste um die Lukore. Bereit jederzeit zu reagieren. Die Wächter beobachten den Kampf gebannt. Plötzlich sprangen der Lukor zu meiner Linken und der Lukor zu meiner Rechten auf mich zu und schlugen auf unterschiedlicher Höhe mit je einer ihrer Hände nach mir. Ihre Klauen hätten mich zerfetzt. Doch mein Körper reagierte erneut von allein. Ich sprang ab und bildete mit meinem Körper eine gerade waagrechte Linie. Als die Schläge mich passiert hatten, drehte ich mich noch in der Luft und stieß meinen Speer nach dem vor mir. Ich traf eins seiner acht Augen und offenbarte mir damit ihre Schwachstelle. An ihren Augen bot ihnen ihre besonders widerstandsfähige Haut keinen Schutz. Amund durchbohrte das Auge und drang tief in den Schädel ein. Ich konnte durch den Speer spüren, wie die Spitze auf seinen Hinterkopf traf. Noch vor der Landung zog ich ihn mit einem kräftigen ruck wieder heraus und schlitzte damit seinen Schädel auf. Dabei flogen Teile des Gehirns hinaus. Doch seltsamerweise war es dunkel, fast schon schwarz. Ich konnte es den anderen Lukoren ansehen, sie erlebten zum ersten Mal in ihrem Leben, das sie nicht unbesiegbar sind, sie hatten Angst um ihr Leben. Sie haben gesehen, dass sie nicht unbesiegbar sind.
Das würde mir den Kampf umso schwerer machen. Wenn sie jetzt versuchen sich selbst zu Schützen. Ich konnte ihre Haut nicht durchdringen. Doch sie konnten mich angreifen und ihre Augen schützen. Wenn ich sie nicht mehr verletzten kann, habe ich keine Chance mehr. Die Männer jubelten, als sie sahen, wie ich einen der 4 tötete. Ich konnte sehen wie in ihren Augen wieder Hoffnung entfacht wurde. Sie brannte in ihren Augen wie ein Feuer. Dabei war die Gefahr noch lange nicht gebannt, selbst eine dieser Kreaturen könnte das Ende von Ky bedeuten. Ich hörte ein surrendes Geräusch. Ich ahnte schon was auf mich zukam. Der Klingenschwanz eines Lukors. Ich drehte mich auf der Stelle um, indem ich meine Fußstellung veränderte und schaffte es gerade noch rechtzeitig meinen Speer zwischen den Schwanz und mich zu bringen. Doch der Wucht des Hiebes vermochte ich nichts entgegenzusetzen. Der Lukor schleuderte mich durch die Luft. Ich schlug hart gegen eine Hauswand, dabei verlor ich Amund. Ich sank auf meine Knie.
…Ist das mein Ende? Nach all der Zeit ohne Hoffnung musste es ausgerechnet heute sein…
Ein stechender Schmerz durchzog meine Brust. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass ein anderer Lukor meine Brust mit seinen Klauen aufgeschlitzt hatte. Ich sank zu Boden.
…Diese Kälte… Mir ist so kalt… werde ich heute Sterben?... Diese Kälte…
Die Welt vor meinen Augen wurde schwarz. Ich wusste, dies war mein Ende.
Ich hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, seit ich das Bewusstsein verloren hatte, doch als ich meine Augen wieder öffnete. Stand eine Frau mit weißem Haar vor mir.
In ihrer Hand hielt sie ein leicht gebogenes einschneidiges Schwert. Ihr gesamter Körper war mit einer schwarzen Lederrüstung bedeckt.
Ich erkannte sie. Niemand außer mir konnte diese Frau erkennen, denn nur ich kannte diese Form. Runa. Noch nie hatte sie dieses Gesicht der Welt offen gezeigt. Die Mahrt verfügten alle über eine zweite Gestalt. Runa meinte einmal, es gäbe sogar einen Mahrt, der die Gestalt eines Trier hatte. Doch sie war eine weißhaarige Elfe. Sie war in dieser Gestalt kleiner als ich, doch noch immer groß für eine Frau. Ich überragte die meisten Menschen.
Es war wie in meiner Kindheit. So habe ich sie kennengelernt. Als junges Elfenmädchen das mich vor einem Borg beschützt hatte. Ein Borg ähnelt sehr den fast ausgestorbenen Bären, doch hatte er sechs Beine. Damals stand sie in dieser Gestalt vor mir und hielt ihre Arme schützend zu beiden Seiten.
Sie flüsterte damals: „Hab keine Angst, ich bin für dich da.“
Sie warf mir einen kurzen Blick mit ihren alles durchdringenden blauen Augen zu. Ich konnte jene Worte von damals in diesem kurzen Blick spüren. Doch heute war ich nicht mehr dieser kleine schwache Junge. Nein heute bin ich Valerian, der Schlächter von Karndal. Sie ist meine Kampfpartnerin. Gut, dass sie gekommen war, ich wäre verloren gewesen allein. Ich zwang mich aufzustehen. Doch Amund lag außerhalb meiner Reichweite unter den Lukoren. Unbewusst griff ich mach Vaters Schwert. Doch brachte ich es nicht über mich, meinen Eid ihr gegenüber endgültig zu brechen. So entschied ich mich, Amund zu erreichen.
Ich wusste was ein jeder um mich herum dachte. Zieh doch einfach das Schwert. Doch ich habe einen Eid abgelegt. Niemals mehr wieder ein Schwert zu ziehen.
Jetzt konnte ich den Wächtern das perfekte Duo zeigen. Runa und ich liefen ohne ein Wort gleichzeitig los. Sie kannte mein Ziel. Amund. Einer der Lukore stellte sich uns in den Weg, doch Runa schlug mit ihrem Schwert und ihrer übermenschlichen Kraft nach dem rechten Arm der Kreatur. Ihre Klinge galt als unzerbrechlich. Deshalb habe ich sie ihr damals geschenkt. Keine andere Klinge hätte diesen Hieb überstanden. Doch es überstand ihn nicht nur. Es durchdrang die Haut am Arm und trennte diesen Mit einem Schnitt ab. Der Lukor wich zurück und gab den Weg zu Amund frei. Ich rannte auf meinen Speer zu und als ich ihn erreichte, schleuderte ich ihn mit meinem Fuß in meine rechte Hand. Ich spürte die Verbindung zwischen uns erneut aufleben. Selbst eine nicht erweckte Heldenwaffe verlieh ihrem Träger besondere Eigenschaften. Amund gab seinem Träger körperliche Kraft.
Doch diesmal war etwas anders. Der Schmerz schwand. Amund nahm mir meine Schmerzen, doch nicht meine Wunden. Wir mussten den Kampf schnell beenden. Jedoch erwischte mich der Schwanz des von mir leicht Verwundeten Lukors an meiner rechten Schulter und durchbohrte diese. Ich verlor mein Gleichgewicht, als er seinen Schwanz wieder herauszog, und ging in die Knie.
…Ich habe keine andere Wahl… Ich muss es benutzen…
Mit zitternder und blutverschmierter Hand griff ich in meine Weste und zog ein dünnes Stück Metall heraus. Es war schwarz mit einem rot glimmenden Siegel. Manche Fürsten ließen sich diese Siegel in ihre Rüstungen einarbeiten. Es waren die einzigen Siegel der Siegelmeister, die sie der Welt anvertrauten. Doch aufgrund ihrer Seltenheit erzielten sie einen sehr hohen Preis auf den Märkten.
Ich legte die Scheibe flach auf meine Brust. Wie man es mir erklärt hatte. Zuerst geschah nichts, doch nach einem kurzen Augenblick wurde das Glimmen zu einem leuchten und dann zu einem strahlen. Bis das Licht zum Schluss erlosch. Ich konnte spüren, wie die Magie ihre Wirkung entfaltete. Meine Wunden schlossen sich. Sie schien sogar den Blutverlust rückgängig zu machen. Sorgsam steckte ich die aufgebrauchte Heilscheibe wieder in meine Weste, während ich mich erhob. Ich konnte mich nicht erinnern Amund aufgehoben zu haben, doch als ich stand, bemerkte ich, dass ich ihn in meiner rechten Hand hielt. Runa schloss zu mir auf. Wir standen Rücken an Rücken. Sie ging in ihre Kampfhaltung. Dabei hielt sie ihr Schwert mit beiden Händen vor ihr Gesicht und der Schneide nach oben. Die Klinge zeigte weg von ihr. Dabei senkte sie ihren Schwerpunkt auf ihr hinteres Bein ab. Ich machte mich auch bereit. Ich senkte meinen Schwerpunkt ab und setzte meinen linken Fuß nach. Dabei hob ich meine Arme über meinen Kopf und hielt Amund mit der Spitze nach vorn über meinen Kopf. Wie eine Person setzten Runa und ich uns in Bewegung. Wir drehten uns. Die Lukore wurden vorsichtiger und gingen auf Abstand. Während die Wächter uns anstarrten. Es war, als wären wir zu einer Einheit verschmolzen.
…Gemeinsam eins…
So lautete der erste Grundsatz des perfekten Duos. Der erste der Lukore stürzte auf Runa zu und begann somit den Tanz des Todes. Runa sank hinab auf ihren hinteren Fuß und gab mir dabei mit ihrem rechten Arm, durch eine Berührung, das Zeichen. Ich drückte mich mit meinem Speer vom Boden ab und sprang über Runa hinweg. Noch im Flug ließ ich Amund auf den Lukor schnellen, doch dieser wich aus. Aber das war nichts neues für uns. Ich reichte Runa meine Hand und als sie meine Hand ergriff, schleuderte ich sie an mir vorbei auf den Lukor zu. Ihre Klinge durchbohrte seine Brust. Um sicher zu gehen, zerteilte sie seinen Oberkörper in zwei Teile. Der Oberkörper klappte wie ein Buch auf und viel Boden. Überall verteilte sich das Blut. Die Hälfte hatten wir geschafft. Die Wächter begannen erneut zu jubeln. Diesmal teilte ich jedoch ihre Euphorie. Wir hatten eine Chance. Mit Runa an meiner Seite könnten wir siegen.
Runa kam wieder an meine Seite. Die Lukore wichen vor uns zurück, doch hinter ihnen kamen die Sucher immer näher. Als die beiden überleben Lukore das merkten, näherten sie sich uns wieder. Sie schienen die Sucher mehr als den Tod selbst zu fürchten. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ganz und gar nicht.
Seit wann fürchteten Lukore Sucher? Ich hatte das Gefühl das etwas Großes in der Welt vorging und ich es durch meine Trauer fast nicht mitbekommen hätte.
Doch plötzlich drehten sich die Lukore zu dem Wächter. Ich ahnte nichts Gutes. Ich musste etwas dagegen tun. Ich muss sie retten. Ich konnte spüren, wie Amund mir mehr Kraft denn je verlieh. Er lenkte sie in meine Beine. Ich bereitete mich auf einen Sprint vor, doch Amund gab mir so viel Kraft, dass die Erde unter mir nachgab. Meine Füße hinterließen Abdrücke in der Erde. Ich schoss wie ein Pfeil an den Kreaturen vorbei direkt auf die Männer zu. Doch kurz vor ihnen rammte ich Amund in die Erde, um meinen Sprung zu stoppen. Ich landete hart vor den Wächtern und war gezwungen der Kraft nachzugeben und auf mein linkes Knie zu sinken. Ich stellte mich Ihnen allein. Runa konnte nicht so schnell bei mir sein. Schützend hielt ich meinen Speer vor die Wächter. Sie werden nicht an mir vorbeikommen. Ich werde diese Männer beschützen. Wenn es sein musste, würde ich mein Leben dafür geben. Für einen jeden unter ihnen. Ich entschied mich es auszusprechen: „Ich werde diese Männer beschützen! Selbst wenn es mich mein Leben kosten sollte. Ich bin bereit für einen jeden von ihnen meine Seele zu opfern! Ich bin Valerian Arkyn Erbe von Valandor!“
Ich meinte jedes Wort genauso wie ich es sagte. Mein Entschluss stand fest. Ich würde alles geben. Sie kamen näher. Der Tod raste auf mich zu.
…Ich werde nicht Wanken… ich werde nicht weichen!...
Plötzlich hatte ich das Gefühl meine Hand würde brennen. Eine Hitze ging von Amund aus. Das Gefühl durchzog meinen gesamten Körper. Die Zeit schien stillzustehen.
…Was geschieht hier?...
Nach einer gefühlten Ewigkeit begriff ich es endlich. Amund befand mich für würdig. Ich hatte seine Prüfung bestanden. Seine Form begann sich zu verändern. Das stumpfe Ende an der unteren Seite verwandelte sich in eine spitze Klinge. Nun trugen beide Enden die gleichen Klingen. Ich fühlte mich mit Amunds Macht unbesiegbar. Das war also die Macht einer Heldenwaffe. Ich sprang den Lukoren entgegen und schwang dabei meinen Speer nach dem Lukor zu meiner Linken. Mühelos drang Amund in sein Fleisch ein. Sein erwachen musste noch mehr an ihm verändert haben. Es heißt die Heldenwaffen sind so lange bereits auf der Welt, dass sie eine eigene Seele erlangt haben. Es schien zu stimmen. Ich konnte sie kurz sehen. Amunds Seele hatte die Erscheinung eines Affenmenschen. Als ich an dem Lukor vorbei raste, schlitzte Amund seine gesamte linke Seite auf und trennte seine Beine von seinem Leib und riss Amund wieder aus ihm hinaus. Der letzte Lukor näherte sich mir von hinten. Ich wirbelte herum und rammte Amund durch sein Maul hindurch. Mit meinem und seinem Schwung, drang er fast vollständig in den Lukor ein. Er sackte augenblicklich tot zusammen.
…Unfassbar… Ich habe es geschafft…
Die Wächter starrten mich fassungslos an. Runa strahlte mich an. Sie schien sich für mich zu freuen. Doch es war noch immer nicht vorbei. Die Sucher waren im Dorf angekommen. Runa eilte zu mir. Sie stand immer an meiner Seite. Doch plötzlich wurden rufe aus dem angrenzenden Wirtshaus, „Zur schwarzen Crysalis“, mehrere Stimmen drängen hinaus. Jemand wollte wohl hinaus, doch der Wirt wollte deine Türe nicht öffnen. Die Sucher kamen auf dem Platz an. Sie sahen sich die Lukore an und danach uns.
Ihr Anführer ergriff das Wort: „Also ist unter euch ein wahrer Held. Das scheint unser Glückstag zu sein. Das Kopfgeld bringt uns die nächsten Zyklen durch. Sie kamen näher. Die Wächter schlossen zu uns auf, um uns beizustehen. Doch da flog auf einmal die Türe des Wirtshauses auf und ein Mann mit einem langen braunen Ledermantel trat hinaus. Auf deinem Kopf trug er eine Kapuze. Und hinter ihm traten weitere Männer und Frauen hinaus. Alle trugen das gleiche, doch er verbarg als einziger nicht sein Gesicht.
„Kommandant? Seid ihr es?“, fragte er mich ungläubig.
„Hauptmann? Was treibt euch in diese Gegend?“, antwortete ich ihm. Ich konnte es nicht glauben vor mir stand der Hauptmann meiner Feldschlangen. Darl schien sich nicht von den Schlangen getrennt zu haben.
„Dafür haben wir später Zeit.“, antwortete Darl mir.
„Du hast recht. Was steht ihn noch so untätig herum? Na los, bereit machen!“, befahl ich meinen Feldschlangen. Als wäre unsere Zeit im Heer erst gestern gewesen, reagierten sie ohne zu Zögern. Augenblicklich schwärmten sie aus und umringten die Sucher. Noch unterwegs schlugen sie Ihre Mäntel zurück und enthüllten ihre Waffen. Sie alle trugen mindestens je zwei magische Pistolen, Magiebolzen. Ohne einen weiteren Befehl zogen sie ihre Magiebolzen und feuerten auf die Sucher. Es war noch immer das dutzend Schützen von früher. Sie waren noch immer so präzise wie früher. Nur der Anführer der Sucher ging nicht zu Boden, er schien ein Siegel bei dich zu tragen. Das Siegel des magischen Schutzes. Im Gegensatz zu den Heilplatten, war dieses je nach Macht des Magiers unterschiedlich lange nutzbar. Es schützte seinen Träger vor jeder Magie. Er stürmte auf mich zu, doch bevor er mich erreichen konnte, verwandelte sich Runa neben mir, während des Sprunges auf ihn zurück in ihre andere Gestalt. Die schwarze riesige Katze mit
Ihrem Geweih und ihren Schwingen an den Vorderbeinen. Sie riss dem Anführer die Kehle heraus, noch während der Anführer zu Boden fiel. Nun wusste es ein jeder hier. Runas Elfengestalt war kein Geheimnis mehr.
Ich schickte Amund wieder hinfort, doch wie es schien, war dies ein Fehler. Als seine Kraft mich verließ merkte ich erst, wie sehr dieser Kampf an mir gezehrt hatte. Ich bekam weiche Knie und fiel zu Boden. Noch bevor ich aufschlug, verlor ich mein Bewusstsein…
Meine Glieder waren schwer. Mein Körper schmerzte. Langsam öffnete ich meine schweren Augenlieder. Ich musste meinen Geist erst wieder sammeln, bevor ich begriff, wo ich war. Ich lag noch immer auf dem Dorfplatz. Runa lag dicht an mich gekuschelt als Marht. Darl kniete neben mir und kontrollierte meinen Puls. Seine Feldschlangen standen schützend um uns herum. Die Hände unter ihren Mänteln verborgen. Ich war mir sicher, dass sie ihre Hände an den Griffen ihrer Magiebolzen. Die Wächter des Dorfes drängten sich um uns. Sie wollten einen Blick auf mich erhaschen, doch die Schlangen ließen es nicht zu. Die Sonne hatte sich hinter dunklen Wolken versteckt. Der Himmel verfinsterte sich. Soweit man blicken konnte, sah man die Dunkelheit. Der dunkle Horizont verhieß nichts Gutes. Bei solch einem Himmel, würden selbst die Wesen, welche das Tageslicht fürchten, zu jeder Zeit erscheinen. Es war wie in der Legende. So soll auch die letzte Zeit des Blutes angefangen haben. Ein Gedanke vertrieb diese Furcht. Diese Sorgen. Ab dem heutigen Tag bin ich ein wahrer Held. Ich habe es geschafft, eine Heldenwaffe zu erwecken. Den Speer Amund, der Beschützende.
„Erwacht unsere kleine Prinzessin nun endlich aus ihrem Schönheitsschlaf?“, spottete Darl.
Es war wie früher im Heer. Wir hatten uns damals zeitgleich freiwillig zum Dienst gemeldet. Es dauerte nicht lange, bis wir uns gefunden hatten. Wir wurden beste Freunde, Brüder. Er war einer der Drei, mit welchen ich das perfekte Duo vollführen konnte. Er provozierte mich immer.
„Nur dank des Kusses meines edlen Prinzen.“, gab ich ihm zurück.
Darl starrte mich einen Moment an, ehe er laut zu lachen begann.
…Ich habe keine Zeit hier herumzuliegen…
Ich setzte meine müden Glieder in Bewegung. Widerwillig folgten sie meinen Anweisungen.
Runa schon ihren Hals langsam unter meinen Rücken, als ich mich aufsetzen wollte, um mir dabei zu helfen. So saß ich jetzt mitten auf dem Platz. Das Leben als ruhmreichen Helden hätte ich mir anders vorgestellt.
Ich wollte mich gerade erheben, da spürte ich wie meine Beine unter mir nachzugeben drohten. Doch kurz bevor ich zu Boden fallen konnte, ergriff Darl meinen Arm und hielt mich. Er legte meinen Arm über seine Schulter und flüsterte: „Du hast genug getan für heute. Überlasse den Rest uns. Ich bringe dich in den Tempel. Ich weiß doch noch, was du immer erzählt hast. Im Tempel bist du immer willkommen.“
Ich nickte nur. Ich fühlte mich so schwach, der Kampf hatte all meine Reserven verbraucht. Die Schlangen setzten sich zuerst in Bewegung und schoben die Wächter zur Seite. Sie bildeten einen Weg für uns. Während Darl mich stützte, lieg Runa direkt hinter uns. Daher entschieden Darls Männer und Frauen, dass dort keine Feldschlange stehen musste. Vor uns hatten sie den Gang dafür jedoch geschlossen. Auf jedem langsamen Schritt von mir, folgte einer von ihnen. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah ich endlich die Felsmauer. Ich hatte bereits zwei Pausen gebraucht. Als wir uns dem Tor näherten, schwang dieses sofort auf.
„Dein Ruf scheint uns vorauszueilen.“, sagte Darl lachend.
Wir traten ein. Die Wachen im inneren des Walls, salutierten vor mir. So wie es Typisch war für die Soldaten. Sie schlugen ihre rechte Faust auf ihr Herz und die linke legten sie auf ihren Rücken. Die Faust auf ihren Herzen stand für die Opferbereitschaft der Soldaten. Sie waren bereit ihre Seelen zu Opfern. Doch die Bedeutung der Hand auf dem Rücken, ist vor langer Zeit in Vergessenheit geraten.
Darl führte mich an ihnen vorbei. Direkt auf den Tempel zu. Als wir uns der Pforte näherten, kam ein Priester heraus. Es war Halon. In meiner Jugend war er noch ein Anwärter. Doch nun schien er der Priester von Ky zu sein. Er hatte, wie es von den Priestern verlangt wurde, sein Haar geschoren. Dazu trug er das traditionelle schwarze Gewand der Priester. Es bedeckte seinen gesamten Körper. Ich war mir jedoch sicher, dass darunter die Tätowierungen der Mönche waren.
„Val.“, sagte er überrascht, eher er weitersprach und Darl befahl: „Bringt ihn herein. Auf der rechten Seite findet Ihr Zimmer für die Kranken. Legt ihn dort in ein freies Bett. Darl brachte mich hinein. Der Tempel sah noch immer aus wie in meiner Jugend. Das gesamte Mauerwerk bestand aus weißem Marmor. Die Bänke wurden aus einem dunklen Holz gefertigt und standen dadurch in einem starken Kontrast zu den weißen Mauern. In der Mitte des Tempels stand eine Statue auf einem schwarzen Sockel aus Stein. Die Statue war eigentlich eher das Ebenbild einer Feuersäule. Der Stein war in vielen Farben bemalt. Blau, Rot, schwarz und noch vielen mehr. Die Priester nannten es die Flammen von Tiamat. Der Tempel war schlicht gehalten. Ohne Dekorationen. Darl brachte mich durch eine schlichte Holztüre in ein Zimmer mit einem einzelnen Bett. Vorsichtig legte ich mich mit seiner Hilfe hinein. In dem Zimmer gab es ansonsten nur einen Stuhl aus dem Gleichen Holz wie der Bank. Im Tempel schienen nur drei Materialien verbaut worden zu sein. Der weiße Marmor, der schwarze Steinsockel und das dunkle Holz. Ich schlief sofort ein.
Ich erwachte erst Stunden später wieder. Erst jetzt bemerkte ich das Fenster an der Wand. Doch draußen schien es dunkel zu sein.
…Wie lange habe ich geschlafen?...
Erst als ich mich aufsetzte, bemerkte ich, dass Runa in ihrer Elfengestalt auf dem Stuhl über mich wachte. In ihrem Blick lag solch eine schwere Last. Ihre Sorge um mich. Ich lächelte sie beruhigend an.
„Es geht mir gut Runa. Ich war einfach nur erschöpft. Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte ich Runa, bemüht so beruhigend wie möglich zu klingen.
„Du hast einen ganzen Tag verschlafen. Lass dich nicht von der Dunkelheit nicht verunsichern. Seit gestern ist es so düster.“, antwortete sie mir.
„Einen ganzen Tag…“, flüsterte ich besorgt zu mir selbst.
„Warte die Dunkelheit ist seit gestern nicht verschwunden?“, fragte ich schockiert.
„Ja. Keine Sorge Darl und seine Feldschlangen bewachen Ky.“, beruhigte sie mich.
Sie kannte mich zu gut. Meine Gedanken waren schon immer wie ein offenes Buch für sie.
Ich zuckte zusammen, als plötzlich jemand an der Türe klopfte. Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern trat einfach ein. Es war Darl.
„Oh Prinzessin, ich wusste nicht dass ihr aus eurem tausendjährigen Schlaf erwacht seid. Hätte ich das doch nur geahnt hätte ich vor der Türe gewartet, bis ihr mich hereinbittet.“, spottete er.
Mir war zwar nicht nach Lachen zumute, doch Darl wusste immer genau, was er sagen musste.
Gespielt zog ich schockiert meine Decke vor meine Brust und schrie erschrocken so hoch ich konnte auf. Worauf wir beide laut zu lachen begannen. Rina schüttelte lächelnd ihren Kopf und sagte: „Ihr seid wie Kinder.“
Doch danach stimmte sie in unser Lachen mit ein.
Wir verstummten erst, als Halon hereinkam. Er warf uns strenge blicke zu, Worauf Darl und ich erneut zu kichern begannen. Manchmal waren wir wie kleine Kinder.
„Valerian, wir müssen sprechen. In deiner Abwesenheit ist viel geschehen. In den Katakomben des Temples bin ich auf eine uralte Steintafel gestoßen.“, begann er zu berichten, während er die Türe hinter sich verschloss.
Darl und ich verstummten und starrten Halon an. Dinge, die man in Katakomben gefunden hat waren noch nie ein gutes Zeichen.
„Es war eine alte Prophezeiung. Sie sagt eine zweite Zeit des Blutes voraus. Es heißt, dass er, der sich für uns aufopferte, nach all den Jahrtausenden der Folter nun doch aufgegeben hat. Die Dunkelheit nähert sich. Valerian, es ist dir vorherbestimmt, als Erbe des Hauses Arkyn, die Dunkelheit zu vertreiben. Du musst die Rüstung deiner Ahnen finden und dich nach Arkbrand begeben. Dort erwartet dich die letzte Prüfung. Dort erwartet dich der große Schatten.“, nach diesen Worten pausierte er kurz ehe er weitersprach.
„In den dunkelsten Nächten…“, begann er.
Und ich beendete es: „…Erstrahlen die hellsten Sterne.“
Darl flüsterte ehrfürchtig: „Der Grundsatz der ewigen Ritter. Val, bist du etwa einer der Ritter?“
„Schon seit Jahren nicht mehr.“, antwortete ich ihm. Ich atmete einmal tief durch, ehe ich weitersprach. Denn zu dieser Zeit ist es passiert. Zu dieser Zeit habe ich alles verloren.
„Als ich das Heer verließ, ging ich nach Andryl. Dort fand ich sie, die eine für mich. Um bei ihr sein zu können wurde ich ein einer der Ewigen. Ich wurde ein ewiger Ritter. Doch diese Zeit ist schon lange vorbei.“
Halon ergriff das Wort: „Ich hörte die Stimmen der Glutberge. Etwas Großes geht in dieser Welt vor sich. Sie sprachen von einem großen Magier, der die alte Stadt für sich beansprucht hat. Er entfesselt eine uralte Magie. Selbst die Stimmen der Berge erzittern vor der Magie.“
Ich hatte schon geahnt das etwas nicht stimmt. Doch wenn selbst die Stimmen der Berge erzitterten, musste etwas Großes im Gange sein.
„Und wieso sollte mich diese Welt interessieren?“, fragte ich Halon.
Doch bevor er etwas erwidern konnte, ergriff Runa das Wort: „,weil du Teil dieser Welt bist! Oder etwa nicht?“
Ihre Worte trafen mich, da sie genau wusste das es nur eine Sache gab, die mich an diese Welt band. Alles andere war nicht von Belang.
Erneut verschwamm die Welt vor mir. Doch diesmal war es anders. Diesmal befand ich mich nicht in Runas Seelenherz. Finsternis umgab mich. Es war eiskalt. Egal wohin ich sah, überall war Finsternis. Was geschieht hier nur.
Plötzlich wurde die Stille unterbrochen, eine tiefe Stimme erklang: „Du bist auserwählt, in der Finsternis ein Licht zu sein! Junger Held, Amund, mein Speer, hat dich für würdig befunden. Dich allein. Nach über eintausend Jahren hat er einen würdigen Träger gefunden.“
„Wer bist du?!“, brüllte ich in die Dunkelheit hinaus.
„Das wirst du noch früh genug erfahren! Doch lasse dir gesagt sein, ich erwähle dich als meinen Champion. Deine Aufgabe ist so simpel wie auch schwer.“, sprach er weiter.
„Meine Aufgabe?“, fragte ich die Stimme.
„Wir haben keine Zeit für diese Fragen! Erleuchte den Horizont! Das wird deine Aufgabe sein. Durchbreche die Finsternis. Doch bedenke ohne Licht gibt es keinen Schatten und ihr Schatten kein Licht.“
„Es gibt kein Gut und Böse. Es gibt nur das Gleichgewicht.“, führte ich seinen Satz weiter.
„Ich übergebe dir nur ein Buch. Du musst die sieben Siegel darauf Brechen. Erlange dein Wissen zurück.“, während er sprach, begann ein Licht vor mir zu erstrahlen. Als es schwand, schwebte dort ein schwarzes Buch vor mir. Ich ergriff es.
„Ich will dir einen Wunsch erfüllen. Deine Gefährtin hat eine Seele in sich. Akzeptiere dein Schicksal und ich werde dir einen Weg zeigen sie zurückzuholen. Dazu musst du eine der Seelenschmiede finden. Doch nun zu etwas erfreulicheren.“
Als sein Satz endete, sah ich eine gewaltige Feuersäule am Horizont aufsteigen. Sie durchbrach die Wolkendecke und verbannte die Finsternis an ihrem Ausgangspunkt vollständig. Sie brachte Licht in die dunkle Welt und offenbarte mir, dass ich über Ky schwebte. Die Glutberge waren erloschen. Ky war nicht mehr. Nur noch verbrannte Erde. Um die Städte in der Nähe stand es ähnlich.
„Dieses Schicksal droht uns allen. Du kannst dich nicht weiter abwenden. Val, kehre zurück. Wenn nicht für dich, dann um meinen Willen. Du weißt das ich die Verantwortung für so viele Leben trage.“, flehte sie mich an.
Ich erkannte sie augenblicklich.
„Aeris! Wo bist du?“, rief ich ihr nach.
„Direkt vor dir.“, flüsterte sie mir zu. Und da war sie. Wie aus dem nichts erschien sie vor mir und schloss mich in ihre Arme. Ich brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich mich wieder rührte. Ich schloss meine Arme fest um sie. Nie wieder. Niemals mehr wieder werde ich sie gehen lassen. Sie sah aus wie damals. Ihr scharlachrotes Haar hätte sie zu einem Zopf geflochten, der über ihre linke Schulter auf ihre Brust reichte. Sie trug das hellblaue Kleid von jenem Tag nach der Schlacht. Dem Tag an dem so viele gestorben waren. Für sie. Das Volk bewarf sie damals mit Obst, die Ritter wollten schon eingreifen da meinte sie sie sollen es lassen. Sie hätte es verdient. An jenem Tag wusste ich, dieser einen werde ich folgen, diese eine kann ich meine Königin nennen. Eines Tages. So entschied ich mich dazwischen zu gehen. Ich stellte mich vor sie. In der Rüstung eines ewigen Ritters. Ein Mitglied eines neutralen Ordens, stellte sich schützend vor ein Mitglied des Königshauses. Ich hob meinen Schild empor und schirmte sie vollständig vor den geschossen ab. Und flüsterte, dass sie keine Schuld daran habe. Dass das Volk nur jemandem die Schuld geben wolle.
Darauf hatte sie mich in den Palast einberufen und mich gebeten ihr Paladin zu werden. Ihr Vertrauter.
Es war ein langes Kleid mit einem Rückenfreien ausschnitt. Es betonte ihre Figur sehr. Sie war das schönste, was ich je zu Gesicht bekommen sollte.
„Ich werde es für dich tun Aeris. Ich werde das Licht sein. Ich werde einen Weg finden dich zurückzuholen. Ich werde dich immer lieben!“, flüsterte ich ihr zu.
Ich spürte, wie sie wieder aus meinen Armen verschwand. Sie löste sich einfach auf.
Doch flüsterte sie mir noch etwas zu: „Ich liebe dich Valerian!“
Als sie verschwand, schwebte ich wieder allein über Ky. Plötzlich begann ich zu sinken. Ich würde immer schneller. Ich fiel. Ich raste auf den Boden zu. Kurz bevor ich aufschlug, schoss ich meine Augen, doch der erwartete Aufprall blieb aus. Als ich meine Augen vorsichtig wieder öffnete, blickte ich wieder in die Gesichter meiner Freunde. Ich war wieder zurück im Tempel.
„Was ist gerade geschehen?“, fragte ich unsicher die Anwesenden. Darl antwortete einfach: „Was war denn?“
Runa sah mich an und sagte: „Ein mächtiges Geschöpf hat den Kontakt zu dir Gesicht. Es war imstande mein Seelenherz zu öffnen. Es war…“
Doch hier unterbrach Halon sie und fuhr fort: „…der Herr der Glutberge. Er hat sich dir also offenbart. Er hat dir dein Schicksal auferlegt. Er gab dir einen neuen Sinn.“
„Er gab mir ein Ziel. Einen Weg meinen Traum zu erleben.“, antwortete ich.
„Also was hast du jetzt vor Val?“, fragte mich Darl.
„Ich werde mein Schicksal akzeptieren. Einzig für sie.“, antwortete ich.
„Ausgezeichnet!“, rief Halon begeistert.
Runa nickte mir zu. Verborgen unter ihrer ungerührten Maske, las ich in ihren Augen Freude. Freude darüber, dass ich wieder ein Teil dieser Welt bin. Und seltsamerweise verspürte ich Freude. Ich war froh wieder Teil dieser Welt zu sein.
Darl und Runa erhoben sich, als ich aufstand.
„Ich werde morgen früh aufbrechen. Runa, stehst du zu mir?“, verkündete ich.
„Val, ich stehe dir immer bei!“, antwortete sie fest entschlossen.
Ich kannte ihre Antwort bereits vor der Frage, doch es erleichterte die Last auf meinen Schultern, als sie es aussprach.
Gerade als ich mich nach draußen begeben wollte, hielt mich Darl an meinem Arm fest.
„Val, ich bin bei dir. Doch meine Feldschlangen werde ich hierlassen. Sie sollen helfen Ky zu verteidigen. Brüder bis in den Tod!“
„Und noch viel weiter!“, beendete ich unseren Schwur.
Worauf sie mich allein ließen. Ich bereitete mich auf eine lange Reise vor. Das heißt viel zu essen. Für Notfälle nahm ich Trockenfleisch mit. Der Tag neigte sich dem Ende zu.
Der Morgen brach an. Doch der Sonnenaufgang brachte kein Licht. Es wurde nur heller. Die Feldschlangen berichteten von mehreren Sichtungen und vereinzeltem Kontakt. Doch nichts, womit sie nicht klarkamen. Ihre magischen Patronen konnten sie selbst aufladen, dazu wusste ich, dass sie auch über einen Magier des neunten Kreises verfügten. Des niedersten Ranges unter den Magiern.
Ich riet den Bewohnern in den Steinwall umzuziehen, da sie dort sicherer waren. Es war keine Überredungskunst nötig. Sie willigten augenblicklich ein.
Die Wächter hatten die Leichen der Angreifer auf einem Haufen getürmt. „Ich habe sie darum gebeten. Ich dachte mir du willst sie bestimmt untersuchen, bevor sie verbrannt werden.“, flüsterte mir Darl zu, als wir uns dem Dorfplatz näherten. Und er hatte verdammt nochmal recht. Er kannte mich zu gut. Wir verließen Ky. Vor dem Dorf haben sie zwei Haufen gebildet. Einen für die Lukore und einen für die Sucher.
Ich durchwühlte meine Gürteltasche. Auf der Suche nach einem ganz bestimmten Handschuh. Teile meiner alten Ausrüstung.
Als ich ihn gefunden hatte und herausnahm, fragte mich Darl: „woher hast du nur diese ganzen Sachen?“
„Darl, als ich das Heer verließ, ging ich zuerst zu den ewigen Rittern. Dort lernt vieles, doch nach jenem Tag würde ich einer der Jäger. Eins der Lichter in den Schatten. Du weißt was das heißt.“, antwortete ich ihm.
Nur durch Hass und Trauer schließt sich jemand den Jägern an.
Ich kniete mich vor die Sucher. An ihnen war jedoch nichts Auffälliges, außer dem Siegel des Anführers. Solch ein mächtiges Siegel gibt ein Siegler nicht einfach so her. Doch viel wichtiger waren die Lukore. Was hat ihre Körper so verändert. Dazu zog ich den Handschuh an. Auf dem Handrücken befand sich ein Siegel. Es diente der aufspürend von Magie.
Es war ein Geschenk meines Lehrers bei den ewigen Rittern. Ich lenkte etwas von meinem Ki in die Handschuhe, um das Siegel mit Energie zu speisen. Es begann aufzuleuchten und ich schloss meine Augen, um die Magie wirken zu lassen. Vor meinen Augen erschien eine alte verlassene Stadt. Ich sah einen Mann auf der Mauer stehen. Er hielt seine Hände nach vorn gestreckt und lies schwarze Magie frei. Vor der Mauer der Stadt standen hunderte, nein tausende Kreaturen. Und sein dunkler Zauber durchdrang sie. Er verlieh ihnen Kräfte. Diese Magie stärkte die Wesen und unterwarf sie zugleich seinem Willen.
Doch plötzlich schien es so, als hätte er mich entdeckt.
…Das kann nicht sein!... Das ist die Vergangenheit…
Sein Blick schien mich zu durchbohren. In mir stieg ein Gefühl des Unwohlseins auf. Bevor ich reagieren konnte, deutete er mit seiner Hand auf mich und schleuderte mich aus dem Zauber heraus.
Eins stand für mich fest, dieser Mann war kein normaler Magier. Ich glaubte eher, dass es sich bei ihm um einen Zauberer handelte. Einen der mächtigsten Zauberer von denen ich je gehört hatte. Er war imstande einen Aufspürzauber, der dem Anwender nur die Vergangenheit zeigte zu beeinflussen.
Als ich mich nach einer Ewigkeit wieder gesammelt hatte, berichtete ich den anderen: „Die Lukore sind aus der verlorenen Stadt. Dort herrscht nun wohl einer der machtvollsten Zauberer, den die Welt zu Gesicht bekommen hat. Er konnte einen Zauber, der nur Erinnerungen aufzeigt, beeinflussen. Und er hat noch tausende weitere Kreaturen mit seinem dunklen Zauber durchdrungen.“
Als Darl den Mund öffnete, um etwas zu fragen, kam ich ihm zuvor mit den Worten: „Wir haben keine Zeit mehr für Fragen! Ich muss die Jägergilde und die ewigen Ritter warnen.“
Kaum hatte ich ausgesprochen, kam Runa schon herbei mit meinem Rucksack. Sie wusste genau, was ich vor hatte. Ich nahm ihn ihr dankend ab, und begann darin zu wühlen. Ich musste die Siegel finden. Genervt musste ich feststellen, dass die Siegel, wie alles, wenn man etwas sucht, ganz unten vergraben waren. Ich holte sie heraus. Die eine Platte war weiß mit einem schwarzen Siegel, und die andere war rot und trug ebenfalls ein schwarzes Siegel. Ich legte beide Platten vor mir auf den Boden und ritzte mir dabei mit Absicht beide Daumen an, damit Blut herauskam. Diese Siegel funktionierten nur bei einem Mitglied der Ritter und einem Jäger. Mit meinen blutenden Daumen zeichnete ich auf beide Platten ein Dreieck und durch dieses einen geraden Strich. Die letzten Linien des Siegels. Als ich damit fertig war, legte ich meine Handflächen flach darauf und leitete etwas Ki in die Siegel. Doch diese leuchteten nicht auf. Sie bildeten einen Kreis, einen in Rot und einen in schwarz. Ich merkte als die Magie ihre Wirkung entfaltete. Ich konnte die Stimmen der Männer und Frauen auf der anderen Seite hören. Der große Jäger und der Rat der ewigen Ritter. Sie alle verstummten, als sie mich spürten.
„Was willst du von uns Ratte?“, fragte mich der große Jäger wütend. Der oberste Ritter war freundlicher zu mir, als er sprach: „Es ist lange her in Gefallener.“
Gefallener wurden die ausgestoßenen ewigen Ritter genannt.
Ich nahm meinen Mut zusammen, um sprechen zu können musste ich meine Angst herunterschlucken.