Der verschenkte Albtraum - Jürgen Warmbold - E-Book

Der verschenkte Albtraum E-Book

Jürgen Warmbold

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Beschreibung

Matthias Böse leidet unter Angststörungen. Diese nehmen dramatisch zu, als ihm seine Frau ein Taschenbuch mit dem Titel BÖSES ENDE schenkt. Zunächst ist er nur verstört, über den Titel und weil der Protagonist seinen Namen trägt. Als das Buch auf unheimliche, nicht nachvollziehbare Weise seine Inhalte ändert, gerät er in Panik. Zusätzlich geschürt durch beunruhigende Szenen, die sich rund um das Buch abspielen. Im bizarren Finale, das einem Albtraum gleicht, stellt sich die Frage, ob der Tod sein Wort hält, wie es BÖSES ENDE in seinem Titel prophezeit?

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Seitenzahl: 121

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Der in Braunschweig geborene Autor Jürgen Warmbold hat viele Jahre als Werbef und Marketingleiter verantwortliche Positionen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Verkaufsförderung bekleidet. Seit 1992 ist Warmbold als freiberuflicher Fachjournalist in technischen Themenbereichen tätig. Mit »Kalte Schreie«, »Erfrorene Seelen«, »Falsche Schatten« und »Dumpfe Angst« hat der Autor, der heute im Bremer Umland lebt, vier Kriminalromane publiziert. Darüber hinaus hat er Kurzgeschichten in Anthologien und als E-Books veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

EINS

Ist es möglich, einen Albtraum zu verschenken? Getarnt als Präsent, das sich hinterhältig gegen den Empfänger wendet? Mit dem Ziel, seine Ängste zu schüren und ihn zu vernichten?

Matthias Böse wäre nie auf die Idee gekommen, sich diese Frage zu stellen. Nichts ahnend hält er das Geschenk in den Händen, dreht es hin und her, verbiegt es, zieht in gespannter Erwartung an der Schleife und reißt es auf. »Ein Taschenbuch.«

»Schau dir den Titel an«, meldet sich sein inneres Misstrauen.

BÖSES ENDE

Matthias verzieht sein Gesicht, betrachtet es als Frechheit, was er sieht. Warum schenkt ihm seine Frau ein Buch, dessen Titel wie eine bedrückende Prophezeiung klingt? Er registriert den Autorennamen: Annika Brandt, ihr Mädchenname. Ärger steigt in ihm hoch, wächst zu einem Berg an, der ihm den Weg zu klaren Gedanken versperrt.

Er zuckt zusammen, als Annika ihn anspricht. Sie lehnt im Rahmen der offenen Wohnzimmertür und lächelt. »Was ist los mit dir, Matthias? Hast du Angst vor einem Buch?«

Matthias wirft der Frau, mit der er seit über zehn Jahren verheiratet ist, einen finsteren Blick zu. »Vor einem Buch fürchte ich mich nicht; aber ich empfinde es angesichts meines Namens als geschmacklos, mir ein Buch mit diesem Titel zu schenken. Warum wünschst du mir ein böses Ende?«

Annika stöhnt auf. »Ich gebe zu, der Titel hat mich fasziniert. Ein böses Ende bedeutet ja nicht gleich den Tod.« Sie schüttelt den Kopf, wobei ihr schwarzer Pagenschnitt hin- und herschwingt. »Da du schon wegen des Buchtitels eingeschnappt bist, bin ich auf deine Reaktion gespannt, wenn du auf den Namen des Protagonisten stößt.«

Matthias liest den Klappentext und ist frustriert, weil die Figur nach ihm benannt ist. »Ich bin die Hauptperson, du bist die Autorin. Ist es nicht zu früh, einem Achtunddreißigjährigen eine Biografie zu widmen?« Matthias zieht an seinem Hemdkragen, als bekäme er zu wenig Luft. »Was hast du über mich geschrieben? Was erfährt die Welt über mich?«

Annika lacht ihn aus. »Frag eher, was alles über dich zu berichten wäre. Dass du dich, neben deinem unbefriedigenden Beruf als Lehrer, erfolglos als Schriftsteller versuchst und unter Angststörungen leidest? Keine Sorge, für das Buch dürften sich höchstens unsere Bekannten interessieren, und die wissen ohnehin über dich Bescheid.« Sie reibt ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger, als stellte sie tief greifende Überlegungen an. »Falls du es wünschst, lasse ich das Manuskript in verschiedene Sprachen übersetzen.«

Matthias läuft rot an. »Es ist zwar nett, dir so viel Mühe mit einem Geschenk zu machen, aber ich finde es absolut unangebracht, fremden Menschen Details über meinen Charakter und meine Befindlichkeiten zu präsentieren.«

»Komm wieder runter, Matthias. Es ist weder eine Biografie, noch habe ich es geschrieben. Und es existiert nur dieses eine Exemplar. Abgesehen davon hat der Protagonist, außer seinem Namen, nichts mit dir gemeinsam. Eine weitere Übereinstimmung wäre reiner Zufall.«

Matthias blättert in dem Buch, ohne Annika aus den Augen zu lassen. »Vermutlich hast du recht. Ich habe BÖSES ENDE an der Stelle aufgeschlagen, an der die Hauptfigur beschrieben wird. Er ist zehn Jahre älter und hat gelbliche Zähne. Zudem ist er, verglichen mit mir, ein Zwerg. Ach, wie ich lese, heißt die Frau an meiner Seite Barbara. Hoffentlich sieht sie hinreißend aus?« Er wirft das Buch auf den gläsernen Couchtisch. »Tut mir leid, überreagiert zu haben; trotzdem gefällt mir deine Aktion nicht. Sag mir dennoch, wer das Buch geschrieben hat, wenn nicht du?«

Sie zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung, ich kenne nicht mal den Inhalt. Eine Frau, die auf dem Hafenfest in der Bremer Überseestadt ausgestellt hat, hat mir das Buch als Gag angeboten. Der Roman, ein banaler Krimi, war fertig, aber es gab die Möglichkeit, den ursprünglichen Namen des Protagonisten durch deinen und den des Autors durch meinen ersetzen zu lassen. Ich habe BÖSES ENDE gestern bestellt und es heute abgeholt. Eine Kontaktadresse habe ich nicht.«

»Das soll ich für bare Münze nehmen? Wir waren doch an beiden Tagen zusammen auf der Veranstaltung.«

Annika verdreht ihre braunen Augen und schaut zur Zimmerdecke hoch, als erwarte sie Beistand von oben. »Meldet sich wieder dein inneres Misstrauen? Wann hört das endlich auf? Es ist deine Schuld, dass du nie mitkriegst, was auf dem Hafenfest passiert. Weil du ständig in dieser bizarren Hafenbar hockst, deren Dach aus halbierten Blechfässern besteht und deren Außenwände aus Holztüren zusammengezimmert sind.«

»Du weißt, dass ich das Hafenfest nicht in mein Herz geschlossen habe. Dort laufe ich doch nicht wie ein Hund neben dir her und stehe mir die Beine in den Bauch, da du dich für jeden langweiligen Marktstand interessierst.«

Annikas Gesicht ziert ein breites Grinsen. »Da hast du recht. Du könntest deine Rolle als Hund zu ernst nehmen und ein Beinchen heben. Wie dem auch sei, den Stand mit den Büchern hast du verpasst.«

»Ist der Anbieter ein Print-on-Demand-Verlag?«

»Keine Ahnung, der Begriff sagt mir nichts. Jedenfalls ist es ein interessantes Konzept. Vor allem Kinder sind Feuer und Flamme, wenn eine Comicfigur ihren Namen trägt.«

»Wage es nicht, mich als Witzfigur durch das nächste Buch geistern zu lassen.«

Schmollend tritt Matthias ans Fenster, betrachtet den Herbststurm, der Regen auf die Landschaft peitscht und die Äste der Bäume hin und her schleudert, bis sie ihre Blätter verlieren. Ein Wetter, das mehr und mehr außer Kontrolle gerät und sich von seiner wilden Seite zeigt, das er hasst, weil es einen idealen Nährboden für seine Angststörungen bildet.

Sein Unbehagen wächst. Wie ist Annika auf die lächerliche Idee gekommen, seinen Namen an einen Protagonisten zu vergeben, der, wie er erst jetzt sieht, mit seinem Fassonhaarschnitt und seinem abgetragenen Anzug im Gegensatz zu allem steht, was ihn ausmacht? Eine Figur, die als durchgeknallter Privatdetektiv gegen sich selbst ermittelt, um den Grund für seinen hohen Alkoholkonsum zu finden. Ein Sonderling, der seinen Beruf kaum konträrer zum wahren Matthias Böse hätte wählen können, der nach Abitur und Studium sofort eine Stelle als Kunstlehrer bekommen hat. Dass ihn seine Schüler hinter vorgehaltener Hand den bösen Matthias nennen, ficht ihn ebenso wenig an wie ihre Verachtung, die auf seiner Pedanterie beruht.

Matthias versucht, sich zu beruhigen. Er schaltet die Stereoanlage ein, in der Hoffnung, die Musik werde ihn entspannen.

»Zieht dich Mozarts Requiem nicht tiefer in die Welt deiner Ängste?« Annika schmiegt sich an seinen Rücken und schaut seinem Abbild, das die Fensterscheibe spiegelt, in die Augen. »Sei nicht gleich stinkig. Ich wollte dir eine Freude bereiten. Du wünschst dir doch, mit einem Buch groß rauszukommen.«

Er dreht sich zu ihr um. »Ja, als Autor, nicht als Protagonist.«

Sie schenkt ihm ein Lächeln. »Da du als Autor nichts taugst, eröffne ich dir eine Alternative.«

Statt ihr Lächeln zu erwidern, lauscht er der Musik, die seine Stimmung reflektiert, und wendet sich wieder dem düsteren Himmel zu, aus dem es unablässig regnet. »Wirklich reizend, was du von mir hältst. Mich wundert nur, dass du darauf verzichtet hast, mir die Rolle einer Leiche zuzuweisen. Aber vielleicht endet ja die Hauptfigur als solche?«

»Wie gesagt, ich habe das Buch nicht gelesen.« Annika stellt BÖSES ENDE in das Bücherregal aus massivem Kernbuchenholz, das eine Wand des Lesezimmers ziert, das sie und Matthias großspurig als ihre Bibliothek bezeichnen, »Verkümmere doch in deinem Misstrauen und deiner Humorlosigkeit.«

Matthias bleibt ihr eine Antwort schuldig. Zurück im Wohnzimmer schaltet er die Musik aus. Eine unheilvolle Ruhe umfängt ihn und lässt ihn frieren. Nach Ablenkung suchend, tastet er mit seinen Augen die Einrichtung ab. Ein persönlicher Stil ist nicht zu erkennen. Leben bringen nur die Ölgemälde in den Raum, die er gemalt hat und die Annika hin und wieder veranlassen, die Nase zu rümpfen. Ihm ist klar, kein begnadeter Künstler zu sein. Dennoch steht er zu seinen Gemälden.

Gern nähme er einen Angsthemmer, möchte aber Stärke zeigen. Hat Annika ihm das Buch geschenkt, um seine Angststörungen zu steigern, die ihn voll im Griff haben? Mit dem Ziel, ihn zu zerstören?

Aufgewühlt wie er ist, fällt Matthias das Buch aus der Hand, als er es, zurück im Lesezimmer, aus dem Regal zieht. Es bleibt aufgeschlagen liegen, mit dem Cover nach oben, das er erst in diesem Moment bewusst wahrnimmt. Neben dem Titel und Annikas Nennung als Autorin ist ein geschlossenes Augenpaar abgebildet. Als Metapher für den Tod?

Er hebt das Buch auf, und blättert wieder zu der Seite, auf welcher der Autor seinen Namensvetter, den Protagonisten Matthias Böse, einführt. Der Absatz sticht ihm ins Auge, als wolle das Buch ihn verhöhnen. Ein Gefühl, das nicht grundlos in Matthias hochkocht, zumal er liest, dass die Figur, die seinen Namen trägt, mittlerweile ebenfalls als Kunstlehrer arbeitet.

Hat Annika das Buch ausgetauscht? Eine Alternative fällt Matthias nicht ein. BÖSES ENDE dürfte kaum in der Lage sein, sich selbst auszuwechseln.

Erneut kommt ihm das Print-on-Demand-Verfahren in den Sinn, das auf Digitaldruck basiert. Er hat es für seine Buchprojekte abgelehnt, weil er gehofft hatte, einen Vertrag mit einem herkömmlichen Verlag abschließen zu können. Annika dagegen wird gern die Möglichkeit nutzen, Bücher auf Bestellung innerhalb kürzester Zeit in Stückzahl eins drucken und den Namen des Protagonisten ersetzen zu lassen.

Unvorstellbar ist es allerdings, einen Betrieb zu finden, der nachts ein Buch druckt und dies auch noch anliefert. Also ist Print-on-Demand auszuschließen.

Annika sieht ihn fragend an. »Du zitterst ja. Warte, ich hole dir deine Pillendose.«

Matthias bringt nicht genug Kraft auf, sich gegen einen Angsthemmer zu wehren, beschließt aber, dessen Einnahme einzuschränken. Er spült eine Tablette mit einem Schluck Wasser herunter. Am liebsten vergäße er das Buch für heute, was ihm nicht gelingt.

»Annika, falls du dir einen Scherz erlauben wolltest, wäre der Zeitpunkt gekommen, ihn zu beenden. Wenn nicht du, wer sonst könnte seine Finger im Spiel haben?«

Annika schweigt ihn mitleidig an. Ihr Blick lässt in Matthias den Entschluss wachsen, das Geschenk zu zerstören. Nachdem sie sich ins Bett verabschiedet hat, schaut er grübelnd aus dem Fenster in die Nacht. Der monotone Klang des anhaltenden Regens beruhigt ihn.

Was hindert ihn daran, gemeinsam mit dem Buch zu duschen? Er stellt es hochkant in die Duschwanne. Während er sich abtrocknet, beobachtet er mit Vergnügen Annikas Machwerk, dessen Seiten aufquellen. Er packt seinen Feind und wirft ihn in den Papierkorb.

Hätte er damit gerechnet, was ihn morgen früh erwartet, hätte er in der Nacht kein Auge zugemacht.

ZWEI

Matthias wacht nach einer entspannten Nacht erfrischt auf. Das Buch fällt ihm wieder ein, aufgequollen wie eine Wasserleiche. Er wäre gut beraten, es bald aus dem Haus zu schaffen und in der Mülltonne oder Biotonne zu entsorgen, damit es keine Gelegenheit erhält, im Gebäude Schimmel anzusetzen. Sich über das Ergebnis seiner Wässerungsidee freuend, greift Matthias in den Papierkorb. Was er ertastet, lässt sein Lächeln gefrieren.

BÖSES ENDE ist trocken; die Seiten sind glatt, als hätten sie nie Erfahrungen mit einer Dusche gesammelt.

Das Cover ziert ein gelber Smiley. Matthias gleitet mit einer Fingerspitze darüber. Das Strichgesicht ist aufgedruckt, nicht geklebt.

Fahrig blättert er zu dem Absatz, auf dem die Personenbeschreibung steht. Der Protagonist des Machwerks hat sich optisch an Matthias angeglichen, als seien sie eineiige Zwillinge. Beide sind ein Meter achtundachtzig groß, haben blaue Augen und eine hagere Figur. Selbst die schwarzen Locken, die seinen Kopf schmücken, sein Drei-Tage-Bart und die Tätowierung eines aufgeschlagenen Buchs auf seinem linken Unterarm entdeckt er bei seinem Namensvetter. Abgesehen davon hat der Protagonist Matthias' Kleiderschrank geplündert und wandelt in seinen lässigen Klamotten samt locker umgebundenen Schal durch die Handlung.

Obwohl Matthias die Änderungen schwarz auf weiß sieht, spricht er BÖSES ENDE die Fähigkeit ab, sich über Nacht verwandeln zu können wie Gregor Samsa.

Er blättert zum Impressum, wo er die rechte untere Ecke mit einem blauen Kreuz markiert hat. Es ist noch da. Hat das Buch doch die Macht, ein Eigenleben zu entwickeln?

***

Trotz des frischen Kaffeedufts, der in der Küche eine heimelige Atmosphäre entstehen lässt, rechnet Matthias damit, dass ihn ein Tag zum Vergessen erwartet. Ohne Appetit quält er sein Frühstück herunter. Egal, was er isst, an Unterrichtstagen plagt ihn morgens miserable Laune. Zumal ihm Stunden mit Schülern und Schülerinnen bevorstehen, von denen viele sein Fach als brotlose Kunst betrachten und es daher nutzen, um sich zwischen Deutsch und Mathematik zu erholen.

Wo sind seine Träume geblieben, die er einmal mit dem Beruf des Kunstlehrers verbunden hatte? Einer unbefriedigenden Entwicklung sind sie gewichen, aufgrund derer er versucht, sich als Schriftsteller einen Ausgleich zu schaffen. Wie hat er gehofft, als Autor und bildender Künstler leben und die desinteressierten Schüler in den Mülleimer der Vergangenheit werfen zu können. Dafür wäre es unerlässlich, mit dem Schreiben vorankommen. Da bisher alle Verlage seine Manuskripte abgelehnt haben, haben sie den Hohn seiner Frau provoziert.

Er schreckt auf, als Annika lautlos die Küche betritt.

Sie verzieht ihr Gesicht. »Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«

Er schiebt seinen Teller zurück und holt das Buch aus dem Lesezimmer.

Annika schüttelt den Kopf. »Na, wie hat es sich diesmal verändert? Lass es nicht zu einer Manie werden.«

Matthias klärt sie über die Selbstregenerierung auf.

Sie taxiert ihn skeptisch. »Hätte ich geahnt, welche Gefühle das Präsent in dir auslöst, hätte ich dir Pralinen geschenkt. Komm wieder runter und löse dich von deinen Fantasien. Du glaubst, dich an etwas zu erinnern, was nicht geschehen ist.«

Sie stellt das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine. »Die Arbeit ruft, Dr. Herzberg und die Patienten warten auf mich.«

Matthias greift seine Tasche. »Ich muss auch los.«

»Nimm mich mit und setz mich vor der Praxis ab. Ich habe heute keine Lust, selbst zu fahren.«

Nachdem sie ausgestiegen ist, fallen Matthias Annikas Worte ein, er mische seine Erinnerungen mit Fantasien. Strebt sie seine Entmündigung an?

***

Zurück aus der Schule wendet sich Matthias unverzüglich dem Buch zu. Bevor er das Haus verlassen hat, hatte er das Machwerk aufgeklappt auf seinen Schreibtisch gelegt und einen Brieföffner in den Falz geklemmt, damit es nicht zuschlägt. Jetzt liegt BÖSES ENDE zugeschlagen neben dem Öffner. Ein Vorgang, der Fragen aufwirft.