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Unkonsequenter Versuch einer zeitzgenössischen Biographie, in Kurzerzählungen und Gedichten, verfaßt in den Jahren 1968-1980 im sozialistischen Rumänien. Die Themen sind Heimat, Liebe und Geisteshaltung in einer bewegten Zeit.
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Seitenzahl: 56
Veröffentlichungsjahr: 2025
I Der Vogel auf dem Dach
1. Zur Erklärung
2. An die Partei
3. DER VOGEL AUF DEM DACH
4. Ich
5. Ich liebe das Leben
6. Wissen will ich nichts
7. Das Boot
8. Er ging
9. Marsch
10. BERICHT…
11. Es müsste sein
II Siebenbürgen und Umgebung…
12. Schäßburger Mauern
13. Bergkirche Schäßburg
14. Rathaus zu Kronstadt
15. Banater Dorf
16. Berlin DDR im Winter 1972
17. Schäßburger Tage der Überschwemmung
18. NÄCHTLICHE ANKUNFT IN SCHÄßBURG
19. Wiedersehen mit Siebenbürgen 1979
20. Steinerne Zierfigur…
21. Morgenlied für einen Freund
22. Vom Lebensgefühl Eingeschlossener
III Romanzen…
23. Motto 1
24. Herbstlied
25. Zeitgewebe
26. Liebeslied
27. Überschwang
28. Vereinen
29. Romanze
30. Melancholie
31. Stimmungsbild für Wechselrahmen
32. Einsam
33. Hoffnung
IV. Im Sternzeichen Traumbild
34. Eingangs
35. Welten Angst
36. Der Muse des zwanzigsten Jahrhunderts
37. LETZTE STERNSTUNDE…
38. Wiederbeginn
39. Für Rilke
40. Im Sternzeichen Traumbild
V: Brunnen in der Wüste
41. Motto 2
42. Am Brunnenrand
43. Wüste
44. In den Dünen von Warnemünde
45. Motto 3
46. Alltag
47. Licht
48. Ausverkauf
49. Hinter Glas Ikone
50. Gedanken eines Vogel Strauß Kopfes
51. Ausgang
52..Jahresübergang
Als Präambel setze ich ein Gedicht,
das ich nie geschrieben hätte, wäre mir dazu nicht,
der zwingende Auftrag erteilt worden.
Ich reichte den Band, zur Veröffentlichung in dem
Facla Verlag Temeschburg ein. Kurze Zeit darauf
erhielt ich den wohlwollenden Bescheid,
dass Alles zwar schön und gut sei,
aber nichts mehr veröffentlicht werden könnte,
ohne ein klares Bekenntnis zu der
Partei.
Nun gut!
Dann sollen sie eben hören, was ich von ihnen denke.
Ich schrieb meine Meinung und reichte sie ein.
Fast sich entschuldigend, schickte mir mein Lektor
den Band, samt dem neuen Gedicht, zurück.
Er schätze mich zu sehr, um mich den Schwierigkeiten
auszusetzen, die mir der Veröffentlichungsversuch
eines solchen Inhaltes,
unweigerlich hätte bringen müssen.
Meine Gedichte und Kurzerzählungen
verschwanden in der Schublade
und schienen mir nach Landeswechsel verschollen -
bis ich sie unlängst wiederfand.
( als Auftrag zum Gedichtband 1974 geschrieben)
Ich lieb dich nicht, Partei.
Denn: was ist Liebe?
Ein Spiel der Gier mit den verwirrten Sinnen,
man sieht die Welt im Wust der eigenen Triebe
und findet aus dem Wirbel kein Entrinnen.
Was?
Willst du, dass ich dich begatte?
Danach kann dir nicht sein.
Ich singe dich auch nicht!
Sollen denn Töne,
in sinnentleertem Sing-sang Hirn vernebeln,
wie ich mein Kind mit seinem Bett versöhne,
um seinen Überschwang
zum Schlaf zu knebeln?
Sieh das doch ein!
Ich muss dich lebe.
Dich, als meine Zeit
und weiß: Partei heißt Wille,
Eigenwillen zu brechen.
Was hilft da Liebe?
Partei heißt Handeln, selbst wo Kraft versagt.
Hilft da Gesang?
Partei ist
für Gemeinschaft ein Versprechen,
das, überprüfbar
in die Zukunft ragt.
Das fordere ein!
Dies Handeln starker Arme,
dies freie Denken, deiner besten Köpfe
und zwinge deine eigenen Söhne,
zum Füllen der versprochenen Töpfe.
Denn erst,
wenn das getan ist,
müsste das Schöne
nicht mehr in sich verschnörkeln.
Es
könnte sein! –
Dieses ist das Gedicht, an jene Partei,
die in mir Zweifel, Pessimismus und Unwillen erregte
und damit
sowohl den Tenor meines frühen Werkes,
als auch meine Ausreise aus Rumänien bestimmte.
Eigentlich sitze ich ja nur zu Hause
und schneide mir die Fingernägel
Es tut zwar einiges zur Sache, dass dieses zu Hause
gar nicht mein zu Hause ist -
Aber mit irgendetwas muss der Mensch ja anfangen -
Auch wenn er nicht recht weiß warum
Auch könnte ja möglich sein,
dass ich es wohl weiß und nur Angst habe
es zu formulieren
Eben solche Angst, wie ich die habe,
mich zu schneiden
Das hängt alles an meinen abgespreizten Zeige- und Mittelfingern,
deren Nägel ich eben geschnitten habe
Jetzt schneide ich natürlich nicht mehr,
weil ich an zu Hause denke -
doch auch wieder nicht an zu Hause,
weil ich gar nicht weiß,
ob ich jemals ein zu Hause hatte -
Oder jemals haben werde?
Davon aber abgesehen, fängt doch alles
in einem zu Hause an
Und, darüber hinaus, muss rein gesetzlich
jeder Mensch sein zu Hause haben
Da ich nun nach dort denke,
wo ein Gesetz mir vorschreiben wollte,
zu Hause zu sein,
denke ich eben an zu Hause
Dieses zu Hause ist ein Land, eine Stadt,
ein Haus an das man sich gebunden fühlen sollte,
weil man dort aufgewachsen, ja sogar geboren ist
und Sprache, Sitten, Erinnerungen damit
so untrennbar verknüpft sind
Nun ja -
Mag ja stimmen
Oft ist es mir schon, als könnte ich nicht leben,
ohne wenigstens die Erinnerung
an dieses enge, steile, Städtchen, Schäßburg,
dass wie mitten aus den Wäldern gewachsen,
vergessen zwischen Himmel und Erde,
Jahrhunderte alte Mauern
von Wehrturm zu Wehrturm schwingt,
um wilden Rosen, Efeu, oder anderen Schlingpflanzen
die Gelegenheit zu geben, eigenwillige Idylle
aus den grellbunten Häusern
und dem Kopfsteinpflaster zu flechten
Solche Bilder formen sich mir zu Gedanken,
die von den vielen Gesichtern belebt werden,
die durch diese irgendwie weltfremden
Gässchen wuseln -
Doch ist alles zusammengenommen,
ergibt sich daraus das Konterfei
eines guten Bekannten,
an den man sich gerne wendet,
um sich mit ihm zu unterhalten,
oder wenigstens gemeinsam auszuruhen
Aber wäre es nicht schlimm,
wenn man nur einen guten Bekannten hätte,
der einem sein Wesen so offen hinhält,
wie man es doch selber auch tut,
um anderen vielleicht Stütze zu sein?
So war ich denn immer auf der Suche,
nach neuen und neuen Bekannten
und jede Stadt lebte ihr eigenes Gesicht,
so hautnah, dass ich mich
mit ihm hätte an einen Tisch setzen können,
zu einer Tasse Kaffee, oder Tee
Erst dieser gesamte Bekanntenkreis der Städte,
die Vielfalt der Gesichter, die ihre Namen durch einen
bestimmten Charakter,
eine bestimmte Stimmung,
ein spezifisches Dasein, rechtfertigen -
all jene Gesichter, auch wenn ich den ein oder anderen
noch gar nicht besucht habe,
sondern nur in der Plauderei mit anderen,
die Züge eines Nächsten herzustellen suchte -
dieser Bekanntenkreis aller ist mein zu Hause
Und so wünschte ich, in meinem Personalausweis sollte unter Wohnort:
„Der bevölkerte Planet Erde“
stehen, unter Staatsangehörigkeit:
„Der ganzen Welt von Gesichtern zugehörig“
und unter Nationalität:
„Mensch“
Ist denn die düster dumpfe Atmosphäre
verwitterter Klostermauern,
die sich, von Holzhäusern umgeben,
einer Lämmer bedeckten Hochebene beifügen,
um zu dem Gesicht eines abergläubischen,
breit lachenden Hirten zu werden,
der den Fuß nur vorsichtig auf das Gras setzt,
um Gottes Werk nicht zu misshandeln -
Ist denn dieses lärmende, nervöse Asphaltgesicht,
mit seinem unübertroffenen, steilen Ragen
hektisch geometrischer Steinwürfel-
Oder diese aus dem Wüstensand
heraus schwitzende Wucht des Fischerbootes,
die sich dem ewig wiederkehrenden Ton
der schäumenden Wellen entgegen wirft,
fast eingelullt, von der in der Tiefe lauernden Ruhe und geblendet
