Der Weg zur Macht - Heinrich Mann - E-Book

Der Weg zur Macht E-Book

Heinrich Mann

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Beschreibung

"Der Weg zur Macht" ist ein Napoleon-Drama bestehend aus 3 Akten. Im Jahr 1794 forderten die französischen Bürger eine politische Führung des Landes, die unter der Leitung von Kriegsspekulanten hohe Preise für viele lebenswichtige Produkte durchsetzen sollte, mit der Folge, dass die Preise in der Inflation steigen würden. Doch mit Hilfe des späteren französischen Kaisers Napoleon, der zu dieser Zeit ein halbverhungerter junger Offizier war und nur in Salons - geschützt von Frauen - geduldet wurde, hielten sie die Bürger in Schach. Heinrich Manns Charakterisierung von Napoleon ist eine skrupellose, geborene Person, die lügt und betrügt. Ein spannendes Drama über die komplexe Geschichte Napoleons. -

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Heinrich Mann

Der Weg zur Macht

Drama in drei Akten

Saga

Der Weg zur Macht

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1919, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726894257

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Person en:

Bonaparte Bourrienne vom regierenden Ausschuss des Konvents Thureau vom regierenden Ausschuss des Konvents Barras vom regierenden Ausschuss des Konvents Tallien vom regierenden Ausschuss des Konvents Collot vom regierenden Ausschuss des Konvents Boissy d’Anglas vom regierenden Ausschuss des Konvents Sieyès vom regierenden Ausschuss des Konvents Dubois-Crancé vom regierenden Ausschuss des Konvents Rühl vom regierenden Ausschuss des Konvents Muscat vom regierenden Ausschuss des Konvents Talma Junot Drei Abgeordnete des Konvents Haushofmeister

 

Madame de Bourrienne Madame Thureau Madame de Beauharnais Madame Tallien Cornelia Duplay

 

Volk, Soldaten, Ein kleiner Neger, Lakaien

 

Paris 1795

Erster Akt

Salon bei Bourrienne. Die Rokokomöbel sind nicht mehr neu, der Raum selbst ist in noch älterem Stil. Rechts vorn ein grosser Kamin mit Spiegel, Stutzuhr, Kandelabern, weiterhin ein Fenster, noch weiterhin der Eingang in eine breite Galerie mit einem zweiten Fenster rechts, einer Tür links, einem Frauenbildnis auf der Rückwand. — Zu der Galerie führen zwei Stufen. Links von den Stufen, an der Rückwand des Salons steht eine Kommode mit aufgesetztem Schrank, neben dem linken Zimmerwinkel ist eine Tür. Born links ein Tisch mit Stühlen; vor dem Kamin fünf Sessel. Es ist abends zwischen neun und zehn. Im Kamin brennt Feuer und beleuchtet, zusammen mit den angezündeten Kandelabern auf dem Kaminsims, hell die rechte Hälfte des Raumes und die Gruppen der Personen am Kamin. Im Hintergrund liegt Dämmerung; links, zwischen Tür und Schrank, ist ein tiefdunkler Winkel.

Erste Szene

Vor dem Kamin sitzen: vorn, mit dem Rücken nach der Tür links, Madame de Bourrienne, dreissigjährig, elegant. Dann Madame Thureau, zweiundzwanzigjährig, schlicht. Einander gegenüber: Bourrienne, fünfunddreissig, blond, und Thureau, fünfundvierzig, ergraut, dieser bürgerlicher als jener. Collot, kräftiger Vierziger von gediegener Kleidung, lehnt am Kamin. Der junge Muscat, im ausschweifendsten Kostüm des „Incroyable“, zeigt sich in häufig wechselnden Stellungen.

 

Muscat

Einige, auf jenem Ballfest, trugen rings um den Hals einen roten Streifen, als hätten sie schon einmal den Hopf verloren. Bei mehreren Damen bemerkte man nur im Nacken eine blutige Rinne, die Guillotine schien sie vergebens gekitzelt zu haben.

 

Madame de Bourrienne

Entsetzlich.

 

Bourrienne

Der Ball der Opfer.

 

Madame Thureau

Thureau, zeige den Unfug dem Konvent an! Noch lebt die Republik.

 

Collot

(zu Muscat )

Adolf, wer war dabei? Ich sehe es gern, dass mein Kommis viel mitmacht.

 

Muscat

Die Tallien — ah! eine Königin, umringt von Sklaven. Ein Gürtel aus Gaze, das Kleid noch weniger als Gaze, und dann der rote Streifen.

 

Madame Thureau

Hätte Robespierre wenigstens sie noch im Ernst auf den Richtplatz geladen.

 

Bourrienne

Bevor er selbst dahin musste.

 

Madame de Bourrienne

Ich hasste Ihren Robespierre, Herr Thureau. Aber nicht durch eine Tallien hätte er sterben dürfen.

 

Thureau

Dafür danke ich Deiner Frau, Bourrienne.

 

Madame de Bourrienne

(zu Madame Thureau)

In der Regierung sitzen Dein Mann, Luise, der meine, und dann der Gatte einer Dirne.

 

Muscat

(ironisch )

Nicht eifersüchtig, meine Damen, auf die Königin unserer Republik.

 

Collot

Mein Muscat ist Royalist. Ich sehe es gern, dass er auch bei dem ehemaligen Adel zu Hause ist.

 

Thureau

Collot, diese Republik ist nur Deine. Wir liessen so viel Blut nicht fliessen, damit endlich nur Geld daran verdient werde.

 

Bourrienne

So ist es aber gekommen mit Euren Taten, Thureau! Damit Einige reich wurden, mussten so viele sterben.

 

Thureau

Wir wollten die Idee. Reinheit und Einheit, dafür starben wir und töteten.

 

Bourrienne

Ich, Dein Freund, musste auswandern mit der Meinen. Zurückgekehrt kämpfte ich als Soldat für die Republik, indes sie meine Frau gefangen hielt. Willst Du noch mehr Einheit? Noch mehr Reinheit?

 

Madame Thureau

(zu Madame de Bourtienne)

Du warst gefangen, Emilie?

 

Madame de Bourrienne

Im Gefängnis gab es Spioninnen aus Euren Reihen, die uns küssten, unsere Tränen tranken und mit unseren Seufzern die Namen unserer Liebsten auffingen, um sie auf das Schafott zu bringen.

 

Madame Thureau

Du gingst zu den Empfängen der Königin, ich aber war die Kammerfrau ihrer Kammerfrau. Ich war erst fünfzehn, ein Jahr vor der Erstürmung der Bastille. Die Nadeln aus dem Kleid der Königin steckte meine Herrin mir in den Arm, wie in ein Kissen. Ich zuckte zuletzt nicht mehr. Drum habe ich auch nicht mehr gezuckt, als auf dem Platz die Köpfe fielen.

 

Thureau

Auch wir waren in Gefahr, als Ihr Robespierre tötetet. Hätte ich ihn doch auf das Schafott begleitet! Wenn sein Blut vergossen wurde, war alles frühere umsonst geflossen.

 

Bourrienne

Da haben dann wir Gemässigten Euch nach Kräften massakriert.

 

Thureau

Es droht noch wieder anzufangen.

 

Bourrienne

Bon beiden Seiten.

 

Thureau

Aber da Du mich in Dein Haus ludest, Bourrienne, bin ich gekommen.

 

Collot

Nur vernünftig. Man lernt wieder leben, wenn man die Geschäfte bespricht. Man kann nicht ewig die Höchstpreise mit der Guillotine aufrecht erhalten.

 

Thureau

Leben? Wir sitzen und dünsten das Blutbad aus.

 

Bourrienne

Bis wir wieder Kraft genug haben, zu hassen.

Zweite Szene

Die Vorigen. Bonaparte (sechsundzwanzig Jahre, kaum mittelgross, gelb, mager, maurischer Typ; sein Haar fällt in pomadisierten schwarzen Strähnen bis auf die Schultern, seine Augen brennen düster, er hat gute weisse Zähne. Seine Kleidung ist dürftig. Dunkler Uniformrock, die schwarze Halsbinde verdeckt den weissen Kragen fast ganz. Zivilhose in hohen Stiefeln, die verbraucht und nicht sauber sind. Wenn er nicht starr und unbeteiligt dasteht, hat er manche weite, wilde Bewegungen. Seine kleinen Hände drücken aus, was er will, sein Mienenspiel ist überaus beweglich, er kann bezaubern. Die Stimme ist klangvoll im Affekt, mit rollendem R).

 

Bonaparte

(lautlos von links, drückt sich, den anderen unsichtbar, in den dunkelsten Winkel).

 

Madame de Bourrienne

(zuckt, ohne sich umzuwenden, heftig auf).

 

Madame Thureau

Du bist erschrocken, Emilie?

 

Madame de Bourrienne

Ich habe Anwandlungen von Furcht. Sie sind mir geblieben. Früh beim Erwachen höre ich noch manchmal die Räder des Karrens kreischen und die Verurteilten singen.

 

Bourrienne

Wer von uns wird wieder anfangen?

 

Thureau

Ihr Royalisten habt Euch der Wahlen bemächtigen wollen, die Erlasse des Konvents haben Euch daran verhindert. Eure Wut ist ungeheuer. (Steht auf .). Auf wann der Aufstand?

 

Bourrienne

(steht ihm gegenüber auf)

Ich bin ein gemässigter Republikaner. Heute abend übrigens regnet es.

 

Muscat

Wer weiss, ob Helden wie wir sich nicht sogar in den Regen getrauen.

 

Collot

Ihr werdet hoffentlich bedenken, wie viel Geld verloren geht in einer Revolutionsnacht.

 

Muscat

Und gewonnen wird, Herr Collot.

 

Collot

Ich sehe es nicht gern, wenn mein Komms gegen mich spielt.

 

Madame de Bourrienne

(wie abwesend)

Ach zittern ohne Ende um das Leben des einzigen Gutes, geliebter als das eigene Leben.

 

Madame Thureau

Du musst um Deinen Gatten nicht mehr zittern.

 

Madame de Bourrienne

Wo ist er? Welche Gefahren braut um ihn nun wieder die Nacht?

 

Madame Thureau

Um Herrn Bourrienne?

 

Thureau

Wir werden Euch zuvorkommen, Bourrienne. Die Sache wird zwischen uns beiden ausgetragen, Collot. Die schwache Republik der Geschäftsleute wird erobert werden von der stärkeren der Menschenfreunde.

 

Bourrienne

Und der Guillotine.

 

Thureau

Kein Blut mehr! Ich rechtfertigte es einst mit meiner Wissenschaft. Was Leben, was Tod. Es sind nur wechselnde Phasen desselben ewigen Kreises, nur Operationen der Weltchemie.

 

Bourrienne

Und jetzt so empfindsam?

 

Thureau

Nicht die grössten Gedanken von Menschen rechtfertigen es, dass andere Menschen sterben.

 

Collot

Meine Herren! Bürger! Die jetzige Regierung führt siegreiche Kriege. Könige schliessen mit ihr Verträge. Wir haben den Kommunismus aus der Öffentlichkeit vertrieben. Die Kunst, die Feste leben auf. Sein Zweifel, dass diese Zeit uns bereichert hat.

 

Muscat

Welch, ein Wort, von meinem Prinzipal!

 

Bourrienne

Ein einziger Makel an Deinem Paradies.

 

Thureau

Die Masse hungert.

 

Madame Thureau

Gern würden wir alles fünffach bezahlen, wüssten wir nicht zu gut, wem es anschlägt.

 

Thureau

Ein Dieb, Euer Barras.

 

Bourrienne

Das Haupt der Regierung ein gemeiner Dieb.

 

Muscat

Mit seinem Tallien, (leise ) mit seinem Collot.

 

Thureau

Das, der Nachfolger des unbestechlichen Robespierre!

 

Bourrienne

Und unserer Könige!

 

Collot

(zu Thureau )

Er siegt öfter als Dein Maximilian. (Zu Bouvrienne ): Öfter als Dein Heinrich der Vierte.

 

Thureau

Mit Generalen, die reich werden.

 

Collot

Siegt ohne Gelb, wenn Ihr könnt!

 

Thureau

Ein General wird kommen, der selbstlos für die wahre Republik siegt.

 

Bourrienne

Selbstlos für seinen — (leise und verzückt ): König.

 

Bonaparte

(aus seinem Winkel hervor).

 

Madame de Bourrienne

(fährt mit einem Schrei aus ihrem Sessel, wendet sich um und sieht Bonaparte entgegen).

(Erwartungsvolle Stille )

 

Madame Thureau

Der Schrecken sass Dir schon längst im Nacken, Emilie.

 

Bourrienne

(Bonaparte entgegen)

Unser Freund Bonaparte! (Umarmt ihn. Leise ): Heute heisst es noch einmal heucheln.

 

Bonaparte

(verneigt sich vor Madame de Bourrienne ).

 

Thureau

Mein Freund Bonaparte. (Umarmt ihn. — Zu Madame Thureau ): Du hast unseren General nicht vergessen, Luise.

 

Madame Thureau

Er wird nicht mehr wissen, wer vor einem Fahr die Frau des Kommissars der Republik war, der er am Col di Tenda seinen Krieg zeigte.

 

Bonaparte

(schweigt ).

 

Madame Thureau

Obwohl er doch der Freundschaft des Konventskommissars seine ganze Stellung bei der italienischen Armee verdankte.

 

Bonaparte

Seiner Freundschaft und meinem Talent.

 

Thureau

So ist es.

 

Madame Thureau

Aber er hat es uns nicht vergessen, dass er nach unserem Sturz verhaftet wurde, unter dem Verdacht, unser Freund zu sein.

 

Thureau

Und der Freund Robespierres.

 

Bourrienne

Ich habe für ihn gebürgt. Ich bürgte für ihn schon auf der Militärschule, wenn der soviel kleinere der Kameraden verdächtig war durch sein fremdes Gesicht.

 

Collot

Er hat viele Freunde.

 

Muscat

Aber man möchte ihm nicht allein in einem Wald begegnen.

 

Collot

Er ist General. Wohl entlassen. Was hat er geleistet?

 

Muscat

Unbekennt.