Der Zaubergarten – Überraschungen haben Fell - Nelly Möhle - E-Book
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Der Zaubergarten – Überraschungen haben Fell E-Book

Nelly Möhle

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Beschreibung

In diesem geheimen Garten werden Kinderträume wahrEndlich geht es los mit dem Zauberblumenunterricht für Tilda und ihre neue Freundin Anni, im geheimen Zaubergarten hinter der großen Mauer. Schließlich gibt es für die Aufnahmeprüfung in den Kreis der Zaubergärtner noch viel zu lernen. Gleichzeitig startet, kurz vor den Ferien, in der Schule die Projektwoche. Und an deren Ende soll es eine große Zauberaufführung geben! Mit echtem Hasen! Tilda und Anni sind mit Feuereifer dabei. Doch dann wird erstens der Lehrer krank, zweitens muss Herr Bovist plötzlich verreisen, und drittens geht einfach alles schief. Können die beiden Mädchen mithilfe der magischen Zauberblumen dafür sorgen, dass die Vorstellung doch noch stattfindet?Flink wie ein Eichhörnchen, bärenstark und unsichtbar – mit den magischen Blumen aus dem Zaubergarten meistern Tilda und Anni auch die überraschendsten Abenteuer. Streicheln erlaubt!Der dritte Band der erfolgreichen Kinderbuchreihe von Nelly Möhle – mit vielen magischen Bildern von Eva Schöffmann-DavidovAlle Bände der Reihe »Der Zaubergarten«:Band 1: Geheimnisse sind blauBand 2: Abenteuer können fliegenBand 3: Überraschungen haben FellBand 4: Freundschaft macht lustigBand 5: Wunder blühen bunt (erscheint im Frühjahr 2022)Band 6: Ferien bringen Glück (erscheint im Sommer 2022)Reihe bei Antolin gelistet

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Seitenzahl: 173

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Nelly Möhle

Der Zaubergarten

Überraschungen haben Fell Band 3

Eva Schöffmann-Davidov

FISCHER E-Books

Mit Bildern von Eva Schöffmann-Davidov

Inhalt

[Widmung][Prolog]Riesenhase und ZauberstundeHört, hört!Manege frei!Neue WegePechsträhneZauberblumengeheimnisseVerflixt und zugenähtAuf der SucheFlinke EichhörnchenLauter KnüppelBeim ZaubermeisterPläneschmiedenZaubereiBärenstarkVerwandlungenVorbereitungenBei Herrn BovistWolfsgeheulSo ein ZirkusNeuankömmling

Für Mémé und Pépé

Hallo! Ich bin Tilda. Und ich habe dir vor kurzem meine unglaubliche Geschichte erzählt. Eine unglaubliche Geschichte? Ach was! Meine Freundin Anni und ich erleben gerade ein Abenteuer nach dem anderen. Und das liegt an Herrn Bovist und seinen Zauberblumen. Der alte Mann lebt mit seinem Hund Rupert in einem sehr, sehr großen und wildbewachsenen Garten. Dort züchtet er Blumen. Aber nicht irgendwelche Blumen, wie man sie bei Blumen-Einstein um die Ecke kaufen kann. Nein, Herr Bovist züchtet Zauberblumen: Wenn man zum Beispiel an ihren wunderschönen Blüten riecht, erlebt man die tollsten Sachen!

Und die letzte unglaubliche Geschichte, die Anni und ich erlebt haben, will ich euch jetzt erzählen. Sie ist uns wirklich genau so passiert. Echt und ungelogen!

Dieses Mal fängt meine Geschichte mit Kalli an. Dem größten Zauberhasen aller Zeiten.

Ich muss mit dem Erzählen an einem Sonntag beginnen. Anni und ich waren gerade auf dem Weg zu Herrn Bovist. Weil heute endlich, endlich unser Zauberblumenunterricht beginnen sollte. Und gerade, als wir in die Scheffelstraße einbogen, machte es plötzlich neben mir »Pscht!«.

Aus dem Gebüsch starrte mich ein Panda an. Vor Schreck verschluckte ich mein Melonenkaugummi.

»Aaah!«, machte Anni.

Natürlich war das in echt kein richtiger Panda. Sondern ein Junge. Aber sein Gesicht war komplett hinter einer Pandamaske versteckt.

Die Pandamaske tönte: »Hier im Gebüsch sitzt Kalli, der Riesenhase.«

Anni und ich beugten uns vor. Und was soll ich sagen: Dort saß der größte Hase, den ich jemals gesehen habe. Ein Monsterhase sozusagen. Mit strubbeligem, weißem Fell und sehr, sehr langen Ohren. Oh, wie war der schön.

»Hallooo!«, sagte ich zum Hasen. Der Junge mit der Pandamaske stand jetzt auf dem Gehweg. Er war größer als Anni und ich. Und er trug ein Fußballtrikot.

»Passt bitte auf Kalli auf«, sagte der maskierte Junge. »Sonst holt ihn der Fuchs!«

Kalli riss vor Schreck seine blauen Augen auf. Und dann drehte die Pandamaske sich um und galoppierte in einem Höllentempo die Straße runter und um die Ecke.

»He, du!«, rief ich hinter ihm her. Aber weg war er.

»War das der berühmte Sänger mit der Pandamaske?«, fragte Anni und kratzte sich am Bauch.

Das glaubte ich eigentlich eher nicht.

»Komm!«, lockte ich den mächtigen Hasen. Der hatte ein Löwenzahnblatt zwischen den langen Schneidezähnen. Im Eiltempo verschwand es in seinem zuckenden Maul. Ratatata. Hasen haben wirklich fiese Vorderzähne. Die will man nicht in der Hand stecken haben. Vorsichtig fasste ich Kalli trotzdem unter seinen kuschelweichen Bauch. Er mümmelte einfach weiter. Auch als ich ihn ganz langsam in die Höhe stemmte, zuckte er nur kurz mit seinen langen Hasenohren.

»Mein lieber Scholli!«, stöhnte ich. »Du wiegst ja mehr als Floh!«

Floh ist Tante Ilses Dackel. Und gegen den dicken Kalli war Floh wirklich leicht wie ein Floh.

Endlich hing Kalli in meinem Arm. Mucksmäuschenstill.

»Und jetzt?«, fragte Anni.

Tja.

»Ich glaube nicht, dass Mama einen Riesenhasen bei mir im Zimmer wohnen lässt«, stellte ich fest.

»Und meine Mama hat eine Fellallergie«, sagte Anni und kraulte vorsichtig den Hasenrücken.

»Wir können ihn aber auch nicht im Gebüsch lassen«, sagte ich. »Du hast ja gehört: Da kommt am Ende noch der Fuchs und verspeist den Hasen mit Haut und Haar.«

»Dann bringen wir ihn einfach im Schuppen unter«, schlug Anni vor. »Bis der Panda wieder auftaucht.«

»Genau!«, rief ich begeistert. Meine Freundin Anni hat einfach immer die besten Ideen!

Also schleppte ich den kuschelweichen Riesenhasen die Scheffelstraße entlang bis in den Garten von Oma und Opa.

Der Schuppen ist unser Geheimversteck ganz hinten im riesigen Garten meiner Großeltern. Und aus diesem grünen Holzschuppen räumten Anni und ich wenig später den runden Tisch und die roten Kinderhocker.

»Ein großer Kalli braucht Platz«, erklärte ich Anni.

»Warum lässt der Pandajunge seinen Hasen im Gebüsch?«, fragte Anni.

»Das versteht kein Mensch«, antwortete ich. »Aber ich glaube, wir werden es noch erfahren!«

Anni und ich rupften unglaublich viel Grünzeug und bereiteten dem Hasen ein Grasbett im Schuppen. Richtig gemütlich sah es aus. Jedenfalls für einen Hasen. Und fuchssicher war es hier auch.

»Und jetzt müssen wir auch los«, sagte ich. »Herr Bovist und Rupert warten auf uns.«

Schnell wie die Wildpferde galoppierten wir zur Obstbaumwiese. Annis schwarze Pantherhaare flatterten als lange Mähne hinter ihr her.

Der Garten von Oma und Opa ist riesig. Wie in einem Park schlängeln schmale Wege sich zwischen kleinen Wiesen, Bäumen und Büschen hindurch. Und neben einem prächtigen Rosengarten gibt es auch eine Obstbaumwiese. Dort steht die alte, lange Holzleiter, mit der Opa Äpfel, Kirschen und Birnen von den Bäumen holt.

Von Oma und Opa war nichts zu sehen.

»Wahrscheinlich machen sie noch ihr Mittagsschläfchen!« Unbemerkt schleppten wir die Leiter zum Schuppen. Dort lehnten wir sie an die große Gartenmauer. Der Garten von Herrn Bovist liegt nämlich direkt hinter der hohen Mauer. Eigentlich darf niemand auch nur über die große Mauer in den Nachbargarten schielen. Über die Mauer zu klettern ist strengstens verboten.

»Wer da rüberklettert, ist verloren«, behauptet Tante Ilse immer. Dabei stimmt das gar nicht. Denn Herr Bovist ist unser Freund. Und sein Hund Rupert auch. Aber nur Anni und ich kennen ja auch die ganze Wahrheit über die beiden!

Ich kletterte als Erste die wacklige Leiter hoch und stellte mich auf die breite Mauer aus roten Steinen. Anschließend kraxelte Anni flink Sprosse für Sprosse nach oben. Trotz eingegipstem Arm. Den hatte sie sich bei einem unserer letzten Abenteuer gebrochen. Der blaue Gips war schon ganz schön dreckig, musste aber trotzdem noch am Arm bleiben.

Dann zogen wir die Leiter nach und ließen sie auf der anderen Seite in Herrn Bovists Garten hinab. Und endlich, endlich standen wir im grünsten Grün.

Herrn Bovists Garten ist ein wildwuchernder Dschungel. Die Büsche und Bäume stehen dicht an dicht. Auch dieses Mal schlängelten wir uns um die Baumriesen herum, kletterten über umgestürzte Stämme und zwängten uns zwischen Büschen und Farnen hindurch bis zu einer kleinen Lichtung. Auf der funkelte bei diesem Sommersonnenschein das kleine Gewächshaus wie ein Diamant.

Wouuu!, kam es aus dem Tannenwäldchen. Und dann trabte der größte Hund aller Zeiten auf uns zu.

»Ruuupert!«, rief ich.

Der graue Riesenhund tanzte schwanzwedelnd um uns herum. Ich kraulte sein Kinn und das Brustfell. So mag er es am allerliebsten.

»Hallo, du oller Wurstschädel«, sagte Anni aus sicherer Entfernung. Sie hat nämlich Angst vor Hunden. Vor allem vor so großen wie Rupert.

»So«, sagte ich zu meinen Freunden, »auf zu Herrn Bovist!«

Also wanderten Anni, Rupert und ich durch das dichte Tannenwäldchen bis zur anderen kleinen Lichtung. Auf der steht Herrn Bovists Hexenhäuschen. In echt wohnt da natürlich keine Hexe, sondern eben Herr Bovist. Aber es sieht mit seinem spitzen Dach, dem großen Schornstein und den kleinen Sprossenfenstern aus wie das Hexenhaus von Hänsel und Gretel, nur ohne Lebkuchen dran.

Herr Bovist saß mit geschlossenen Augen auf der Vordertreppe und hielt das runzelige Gesicht in die Sonne. Seine Haare bauschten sich wie Watte und leuchteten in der Sonne zuckerweiß.

»Huhuuu!«, rief Anni und winkte. »Herr Bovist!«

Herr Bovist lächelte, ohne seine Augen zu öffnen. »Da seid ihr ja endlich!«

Nur wenig später quetschten wir uns alle in Herrn Bovists Arbeitshäuschen. Es steht direkt neben dem Hexenhaus. Und es sieht auch genauso aus, ist aber viel, viel kleiner.

»So«, sagte Herr Bovist und hängte seinen großen braunen Mantel über den Schreibtischsessel. »Ich begrüße euch zu eurer ersten Unterrichtsstunde.«

Ein paar kleine Glückskäfer wuselten durch meinen Bauch. Wir hatten unsere erste Unterrichtsstunde schon einmal verschieben müssen. Weil da ein Abenteuer in die Quere gekommen war. Aber heute sollte es endlich losgehen!

»Wir starten mit einem praktischen Teil«, fuhr Herr Bovist fort. »Schließlich benötigen wir Anschauungsmaterial. Deshalb dachte ich, dass wir damit beginnen, ein paar ausgewählte Samen zu pflanzen.«

Anni und ich guckten uns an. Und jubelten los. Wir hatten nämlich befürchtet, dass unser Unterricht bestimmt mit dem Lesen des dicken Familienzauberbuches starten würde.

»Und welche Zauberblumen pflanzen wir?«, fragte Anni. Ihre blauen Augen funkelten.

Herr Bovist lächelte. »Welche Zauberblumen würdet ihr denn gerne anpflanzen?«

Da musste ich nicht lange überlegen. »Ludmilla!«, rief ich. »Oder Ludmillo!«

Die Unsichtbarkeitspflanze Ludmilla war meine absolute Lieblingsblume. Wenn man an ihrer wunderschönen blauen Blüte roch, wurde man unsichtbar. Echt und ungelogen! Schon zweimal hatte ich eine als Hausblume. Und weil die zweite Blume eindeutig ein sehr behaartes Männchen war, hieß sie eben Ludmillo.

Jetzt lachte Herr Bovist. »Das hätte ich mir ja fast denken können«, sagte er. »Und du, Annemarie? Mit welcher Blume möchtest du beginnen?«

Anni kratzte sich am Bauch. »Im Zauberbuch habe ich eine Blume gesehen, die hat ganz runde Blüten. Und wenn man an einer davon riecht, soll man klettern können wie ein Eichhörnchen. So richtig von Ast zu Ast hüpfen!«

Herr Bovist nickte mit dem Kopf. »Diese Blume gibt es in der Tat. Eine gute Wahl, Annemarie.«

Ich fand die Wahl auch richtig, richtig gut. Vor allem, da Anni schon so gerne als Spinne die Mauer hoch- und runtergeflitzt war. Dank des Spinnenzaubers. Es war bestimmt noch lustiger, blitzschnell durchs Baumgeäst zu springen.

»Ich wollte schon immer mal richtig toll klettern können«, raunte Anni mir ins Ohr, als Herr Bovist sein dickes Familienblumenbuch aus der Schreibtischschublade wuchtete. »Wie Finn und Jonas. Oder eben noch besser! Wie der kleine Eichhörnchenflitzer im Kastanienbaum auf dem Schulhof.«

O ja, das wäre bestimmt ein großer Spaß!

»Kannst du mit deinem Gipsarm überhaupt von Ast zu Ast springen?«, musste ich aber noch fragen.

»Der doofe Gips kommt diese Woche sowieso ab«, antwortete Anni.

Dann zeigte Herr Bovist uns, wie man die Blumen, die man sucht, auch schnell unter den tausend abgebildeten Pflanzen findet. Vielleicht sind es auch nur zweihundert verschiedene Zauberblumen. Ich habe sie noch nicht gezählt.

»Jede Zauberblume hat eine Nummer«, erklärte Herr Bovist. »Diese Zahl braucht man, um anschließend die gewünschten Samen im Labor zu finden.«

Also suchten Anni und ich als Erstes unsere Pflanzen im Zauberbuch. Die Unsichtbarkeitspflanze fand ich schnell. Annis Eichhörnchenblume war ein schwierigerer Fall. Aber endlich hatten wir die richtige Seite aufgeschlagen.

Ich las: »Riecht man an einer der runden, dunkelroten Blüten, schießt eine ungeheure Kraft in die Beinmuskulatur. Das Gewicht des Gesäßes verlagert sich etwas nach hinten und stellt bei einem Sprung das Gleichgewicht her. Wichtig: Die wildwuchernde Kletterpflanze sollte nicht gekürzt werden, da nicht vorhersehbar ist, an welchem Trieb eine der Blüten mit Zauberkraft wachsen wird.«

»Heißt das, man bekommt einen großen Popo?«, fragte Anni.

»Nicht direkt, jedenfalls soweit ich mich erinnern kann«, antwortete Herr Bovist und kratzte sich am Kopf.

»Ist ja auch egal«, sagte Anni. »Der Samen hat die Nummer sechsundfünfzig.«

Das kleine Arbeitshäuschen besteht aus einem winzigen Arbeitszimmer, das mit dem großen Schreibtisch vor dem kleinen Fenster und den Bücherregalen an den Wänden schon komplett voll ist. Eine schmale Tür führt jedoch noch in ein winzig kleines Zimmerchen. Herr Bovist nennt es Labor. Darin steht ein riesiger Holzschrank mit vielen, vielen kleinen Schubladen. In den Schubladen stecken Papiertütchen. Und in den Tütchen sind die Samen verstaut. In diesem Schrank suchten wir jetzt das Tütchen mit der Nummer sechsundfünfzig. Und das, in dem die Samen der Unsichtbarkeitspflanze stecken. Vorsichtig nahm ich einen weißen und wunderschön schillernden Samen aus dem kleinen Tütchen.

»Wie eine Perle an Omas Perlenkette«, sagte ich.

Herr Bovist nickte. »Ich werde auch einen Samen einpflanzen«, erklärte er und zog eine Schublade ganz weit oben im Schrank auf. »Den Samen einer Blume, die einem unglaubliche Kraft schenkt. Als über achtzigjähriger Mann kann ich die immer brauchen.«

Ich betrachtete Herrn Bovist. Wie ein Wiesel flitzte er herum. »Du bist doch topfit«, sagte ich.

Herr Bovist strich sich über seinen wirren Haarschopf. »Und so soll es auch bleiben«, sagte er mit einem Lächeln.

Als wir wenige Minuten später mit unseren drei Samen aus dem dunklen Arbeitshäuschen traten, war es auch draußen ganz schön finster geworden. Dicke Wolkenberge hatten sich über die Sonne geschoben.

»Wir müssen uns beeilen«, stellte Herr Bovist fest. »Uns steht ein Gewitter bevor.«

Schnell wie der Wind sausten wir mit Rupert durch den Tannenwald zum Gewächshaus.

»So«, verkündete Herr Bovist, als wir uns vor dem leeren Beet aufgestellt hatten. »Ich mache euch jetzt Schritt für Schritt vor, wie man einen Samen richtig pflanzt. Und ihr beiden macht mit eurem Zauberblumensamen jeden Pflanzschritt sorgfältig nach.«

Eigentlich musste Herr Bovist uns das Pflanzen der Samen ja nicht so gründlich zeigen. Weil Anni und ich schon einige Zauberblumensamen gepflanzt hatten. Und zwar ganz ohne Herrn Bovist. Und es waren wirklich prächtige Zauberblumen gewachsen, mit unglaublichen Zauberkräften. Schließlich war ich in der Garten-AG. Aber gut.

Zuerst mischten wir in einem Eimer Erde mit getrockneten Pferdeäpfeln. Das war ein bisschen eklig.

»So haben die Zauberblumen gleich genügend Dünger, um Kraft zu tanken«, sagte Herr Bovist.

Dann schichteten wir aus dem Mistgemisch drei hübsche Erdhügel auf und bohrten in die Bergspitzen mit dem Spatenstiel ein Loch. Wie drei Inselvulkane sahen sie jetzt aus.

Sehr, sehr vorsichtig versenkte ich die weiße Unsichtbarkeitsperle im Loch meines Vulkans.

»Tschüss«, sagte ich und ließ Erde darüber rieseln. »Bis bald als wunderschöne Blume.«

Anni und Herr Bovist waren mit ihren Zauberblumen auch so weit fertig. Zum Schluss gaben wir allen Samen noch etwas Wasser zu trinken. Herr Bovist klopfte sich Erde vom Mantel. Über uns rumpelte der Himmel. Inzwischen war er fast schwarz.

»Zurück zum Haus!«, rief Herr Bovist. »Gleich beginnt ein Donnerwetter!«

Zwei Minuten später waren wir im Hexenhäuschen in Sicherheit. Stockdunkel war es draußen. Der Regen klatschte gegen die kleinen Sprossenscheiben wie Wasserbomben.

»Setzt euch an den Tisch im Wohnzimmer«, sagte Herr Bovist. »Ich koche uns heiße Schokolade. Und Kaffee.«

»Super!«, rief Anni mit leuchtenden Augen. »Hast du vielleicht auch noch was zu knabbern?«

Herr Bovist servierte uns Kekse auf einem kleinen Teller mit Blumen und Goldrand.

»Herrje«, sagte Herr Bovist, nachdem er sich seinen Kaffee eingeschenkt hatte. »Jetzt habe ich die Milch vergessen.«

Anni sprang auf. »Ich hol sie dir.«

»Das ist lieb, mein Kind«, sagte Herr Bovist. »Im Kühlschrank steht ein rosa Milchkännchen.«

Anni verschwand in der Küche. Rupert rappelte sich vom Blumenteppich auf und huschte hinterher. Die Kühlschranktür klapperte.

»Rupert hat sich ein Stück Käse geklaut«, rief Anni aus der Küche herüber.

Herr Bovist seufzte. »Rupert ist der verfressenste Hund, der mir je untergekommen ist.«

Ich hörte Anni kichern. Dann rief sie: »Darf ich auch etwas naschen?«

Herr Bovist neben mir am Tisch rief zurück: »Bitte schön!« Und zu mir sagte er: »Dabei handelt es sich bei dem Käse um einen wirklich alten Bergkäse. Der ist nicht jedermanns Geschmack.«

Anni kam mit dem Kännchen zurück an den Tisch.

»Schokolade macht glücklich!«, verkündete Anni mit zufriedener Stimme und nippte an ihrem Kakao.

»Anni!«, stammelte ich und starrte meine Freundin an.

»Was denn?«, fragte Anni erstaunt. »Und warum sprichst du so laut?«

Ich zeigte stumm auf ihre Ohren. Riiieeesig waren die. Und knubbelig. Wie die von Herrn Bovist.

»Gute Güte!«, sagte Herr Bovist stöhnend.

Anni betastete ihre handgroßen Ohren.

»Du hast nicht am Käse genascht«, stellte Herr Bovist kopfschüttelnd fest. »Du hast dir eine Praline aus der geblümten Schachtel genommen, oder?«

Annis Gesicht lief rot an. Wie eine Tomate. Sie nickte. Und steckte sich die Finger in die Ohren.

Herr Bovist flüsterte: »Und du kannst mich wunderbar hören, obwohl ich leise spreche. Habe ich recht?«

Wieder nickte Anni.

Und da machte es bei mir Klick. »Die Pralinen haben Zauberkraft. Sie sind dein Hörgerät, Herr Bovist!«

»So ist es«, sagte der alte Mann nickend. »Emilia stellt diese wunderbaren Pralinen her. Und für mich füllt sie jede mit einem Tropfen einer Höressenz. Ohne diese Pralinen bin ich wirklich schwerhörig.«

Emilia ist auch eine Zauberblumenzüchterin. Und sie gehört, wie Herr Bovist, dem Kreis an. Das ist so eine Art Zauberblumenclub, denn alle Mitglieder besitzen das große und geheime Wissen über die Zauberblumen. Anni und ich sollen bald die Aufnahmeprüfung für den Kreis machen. Aber bis jetzt konnten wir noch keinen Zauberblumenunterricht bekommen. Weil ständig ein Abenteuer dazwischenkam. Und wir müssen noch ganz schön viel lernen. Aber gut.

»Du darfst dir keinen Pferdeschwanz binden«, sagte ich jetzt zu Anni. »Wenn deine Mama die knubbeligen Ohren sieht, fällt sie vor Schreck um. Oder schleppt dich zum Arzt.«

Wenigstens wuchsen aus Annis Ohren keine Haarbüschel heraus wie bei Herrn Bovist.

Schnell löste Anni ihr Gummiband. Zwar sah man die Knubbelohren jetzt nicht mehr in ihrer ganzen Pracht, aber sie ragten immer noch zwischen den schwarzen Haarsträhnen hervor.

Herr Bovist sagte: »Kind, du müsstest doch inzwischen wissen, dass man sich in diesem Haushalt nicht einfach etwas in den Mund stecken kann!«

»Aber du hast doch auch alle deine Zauberkräfte getestet, Herr Bovist, oder?«, fragte Anni.

»Schon«, antwortete Herr Bovist, »aber ich habe das im Verborgenen getan. Und meine Familie war komplett eingeweiht. Da bestand nicht so sehr die Gefahr, dass unser Geheimnis auffliegt. Du hingegen musst morgen in die Schule. Bestimmt eine ganze Woche wirst du mit den Ohren herumlaufen müssen, da die Kraft der Essenz nun einmal länger anhält. Und deine Mutter wird über diese Riesenohren nicht unbedingt begeistert sein!«

»Jetzt muss ich mir meine neuen Ohren aber mal angucken«, sagte Anni. Sie flitzte ins Badezimmer.

»Oooh!«, machte sie laut. »Herr Bovist, kannst du mir vielleicht eine Mütze leihen?«

Er konnte.

»Schau mal!«, rief wenig später eine begeisterte Anni. Ich blinzelte. Annis Kopf steckte fast zur Hälfte unter einer geringelten Mütze. Oma stülpt manchmal so ein Ding über ihre Kaffeekanne. Wenn der Kaffee warm bleiben soll. Nur leuchtet Omas Kaffeewärmer nicht in allen Regenbogenfarben.

»Cool, oder?«, fragte Anni.

Ich war mir nicht so sicher. Aber eine bessere Idee hatte ich auch nicht. Und als ich auf meine Uhr guckte, bekam ich einen riesigen Schreck.

»Ich muss nach Hause«, rief ich. »Wenn ich zu spät dran bin, ruft Mama bei Oma an. Und Oma läuft zum Schuppen, um mich zu holen.«

»Und da sitzt Kalli«, ergänzte Anni.

Das Gewitter hatte sich verzogen. Also machten Anni und ich richtig Tempo. Fast wie Geparden flitzten wir ganz ohne Zauberkraft über die Lichtung, durch das Tannenwäldchen, am Gewächshaus vorbei und in den Dschungel.

Auch über die Mauer kamen wir noch ohne Probleme. Aber gerade, als Anni von der untersten Sprosse ins Gras sprang, blieb sie plötzlich ruckartig stehen. Und lauschte.

»Da kommt jemand!«, raunte sie. »Auf dem mittleren Weg.«

»Mist, Mist, Mist!«, fluchte ich. »Die Leiter! Schnell!«

Hastig packten wir das Holzungetüm und schleuderten es mit Karacho ins Gebüsch neben dem Schuppen. Ein Ende schaute noch heraus. Ich gab der Leiter einen letzten Schubs, und sie versank im Grün. Gerade noch rechtzeitig. Auf dem mittleren Pfad tauchten alle meine Geschwister auf.

»Da seid ihr ja!«, rief Leni. Sie ist vierzehn und meine Pubertierschwester. »Wir sollen euch mitbringen!«

»Wie mitbringen?«, fragte Anni.

Jonas sagte: »Wir mussten Papa noch Kohle holen. Von Opa. Papa will grillen. Und da sollen wir euch gleich mitbringen. Zum Abendessen.«

Finn prustete plötzlich los: »Hey, Anni, wieso trägst du dieses riesige Strickding spazieren? Im Sommer?«

Anni zupfte an ihrer Regenbogenmütze: »Das ist gerade modern. Echt!«

In dem Moment kreischte Leni los. Weil sie die Schuppentür geöffnet hatte. Und dahinter saß ja nun mal Riesenkalli.

»Was ist das denn!«, rief sie. Und eine Sekunde später: »Oh, ist der megacool!«

Jetzt drängelten sich natürlich auch meine Brüder in den Schuppen. Ich guckte zu Anni. Die zuckte nur mit den Schultern. Meine Geschwister waren ganz aus dem Häuschen. Also erzählten Anni und ich die Geschichte von Kalli.

»Wir haben ihn sozusagen vor dem Fuchs gerettet«, beendete ich unsere Erzählung.

Leni kraulte Kalli mit ihren lilalackierten Fingernägeln. »Das ist ja eine komische Sache«, sagte sie. »Wer rennt mit Pandamaske durch die Gegend und versteckt seinen Hasen im Gebüsch?«

Tja.

»Mir kommt der Hase irgendwie bekannt vor«, sagte Jonas. »Echt, ich habe den irgendwo schon mal gesehen.«

Aber dann klingelte Lenis Handy, und Papa war dran. Er wollte wissen, wo wir mit der Kohle blieben. Also verabschiedeten wir uns von Kalli. Und im Stillen verabschiedete ich mich auch von der Leiter. Die musste jetzt nämlich im Gebüsch bleiben.

»Hoffentlich braucht Opa heute nicht noch seine Leiter«, raunte ich Anni auf dem Heimweg zu. Die zuckte zusammen. Und hielt sich die Ohren zu.

An diesem Abend wuchtete ich vor dem Schlafengehen meine Matratze ein Stück in die Höhe, so dass ich mein kleines, wunderschön mit Pflanzen und Kakadus beklebtes Tagebuch hervorziehen konnte.

Jetzt schrieb ich:

Sonntag, 22. Juni