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DESIGN THINKING IN IT-PROJEKTEN //
- Design Thinking als Innovations- und Problemlösungsmethode kennenlernen
- Fokus auf Praxisnähe und Anwendbarkeit
- Fokus auf IT-Projekte
- Beispiele, wie sich der Design-Thinking-Prozess in IT-Projektvorgehensmodellen integrieren lässt
- Die wichtigsten Design-Thinking-Techniken für IT-Projekte
Design Thinking ist eine Innovationsmethode, die bereits in den 1980er-Jahren entstanden ist, aber erst in jüngster Zeit wirklich Verbreitung gefunden hat. Das Buch beschreibt diese Methode – mit speziellem Fokus auf ihre Anwendbarkeit in IT-Projekten. Gerade in IT-Projekten werden nämlich oft Lösungen entworfen, die an den Kundenbedürfnissen vorbei entwickelt werden. Hingegen wird beim Design Thinking mit dem kundenorientierte Ansatz dieses Problem von Anfang an vermieden. Das Buch zeigt, wie man Design Thinking und agile Entwicklung miteinander kombiniert, um bereits in der Konzeption flexibel agieren zu können.
Techniken mit Fokus auf Empathie und Kreativität helfen dabei, Lösungen zu generieren, von denen Ihre Kunden überzeugt sein werden.
Der hier beschriebene Ansatz ist praxiserprobt und basiert auf jahrelanger Erfahrung der Autoren in IT-Projekten, von der Analyse bis zur Entwicklung und zum Testen von Lösungen. Da sich Design Thinking in vielen Branchen und bei den unterschiedlichsten Fragestellungen anwenden lässt, behandelt dieses Buch ganz spezielle Methoden und Techniken, die sich im Rahmen von IT-Projekten bewährt haben.
AUS DEM INHALT //
- Einführung
- Was ist Design Thinking?
- Design Thinking in IT-Projekten einsetzen
- Design Thinking vorbereiten
- Design Thinking in der Praxis
- Projektmuster
- Design Thinking im Unternehmen einbinden
- Fragen und Antworten
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Seitenzahl: 375
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Ingrid GerstbachPeter Gerstbach
Design Thinking in IT-Projekten
Agile Problemlösungskompetenz in einer digitalen Welt
Die Autoren:
Ingrid und Peter Gerstbach, Gerstbach Business Analyse GmbH, Klosterneuburg, [email protected]
Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2020 Carl Hanser Verlag München, www.hanser-fachbuch.deLektorat: Brigitte Bauer-SchiewekCopy editing: Petra Kienle, FürstenfeldbruckIllustrationen: Peter Gerstbach, www.gerstbach.atUmschlagdesign: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, MünchenUmschlagrealisation: Max KostopoulosTitelmotiv: © Sebastian Völkel, unter Verwendung von Grafiken von© shutterstock.com/PureSolutionLayout: Kösel Media GmbH, Krugzell
Print-ISBN: 978-3-446-45959-5E-Book-ISBN: 978-3-446-46074-4E-Pub-ISBN: 978-3-446-46583-1
Titelei
Impressum
Inhalt
1 Einführung
2 Was ist Design Thinking?
2.1 Was bedeutet eigentlich Design?
2.1.1 Wie aus einer Idee eine Innovation wird
2.1.1.1 Wünschbarkeit: Trifft Ihre Lösung das Bedürfnis des Kunden?
2.1.1.2 Machbarkeit: Was ist technologisch umsetzbar?
2.1.1.3 Wirtschaftlichkeit: Lohnt sich Ihre Lösung finanziell?
2.1.1.4 Das richtige Timing
2.2 Einführung in Design Thinking
2.2.1 Wie alles anfing – die Geschichte des Design Thinking
2.2.2 Design Thinking ist ein Mindset, nicht nur eine Methode
2.2.3 Die zehn Gebote im Design Thinking
2.2.4 Die vier Phasen im Design Thinking
2.2.4.1 1. Phase: Einfühlen
2.2.4.2 2. Phase: Definieren
2.2.4.3 3. Phase: Ideen generieren
2.2.4.4 4. Phase: Experimentieren
3 Design Thinking in IT-Projekten einsetzen
3.1 Sicherheit in einer komplexen Welt bieten
3.1.1 Komplexe Systeme erfolgreich managen
3.1.2 Sicherheit in komplexen Systemen dank Design Thinking
3.2 Wichtige Entscheidungen anhand der richtigen Informationen treffen
3.3 Die Bedeutung von menschenzentrierter Arbeit
3.4 Hohe Geschwindigkeit, um auf die Wünsche der Nutzer einzugehen
3.4.1 Das Dream-Team: agile Entwicklungsmethoden und Design Thinking
3.5 Das Scheitern von IT-Projekten verhindern
3.5.1 Der Einsatz von Design Thinking, damit Projekte nicht scheitern
3.6 Agilität ins gesamte Unternehmen bringen
3.6.1 Design Thinking als Bindeglied zwischen Organisation und IT
3.6.2 Design Thinking als universelle Methode
3.7 Identifizieren des eigentlichen Problems
3.7.1 Verhindern Sie eine Paralyse
3.7.2 Wie Design Thinking eine Paralyse verhindert
3.8 Effizienter zusammenarbeiten
3.8.1 Darf Arbeit Spaß machen?
3.8.2 Design-Thinking-Workshop: das „etwas andere“ Meeting
3.9 Keine in Schubladen begrabenen Konzepte
4 Design Thinking vorbereiten
4.1 Ist Design Thinking für Ihr Projekt die Methode der Wahl?
4.2 Die idealen Bedingungen für Design Thinking
4.2.1 Der lösungsoffene Auftrag
4.2.2 Das ideale Team
4.2.3 Der inspirierende Raum
4.2.4 Die passenden Methoden
5 Design Thinking in der Praxis
5.1 Methoden für die 1. Phase: Einfühlen
5.1.1 Empathisches Gespräch
5.1.2 Job Shadowing
5.1.3 Persona
5.1.4 Extreme User
5.1.5 Empathy Map
5.1.6 Kamera- und Screenshot-Stories
5.1.7 What – How – Why
5.2 Methoden für die 2. Phase: Definieren
5.2.1 Insight-Karten
5.2.2 Erlebnisse erzählen und ergänzen
5.2.3 2 x 2-Matrix
5.2.4 Customer Journey Map
5.2.5 Kraftfeld-Analyse
5.2.6 CATWOE
5.2.7 Ishikawa- oder Fischgräten-Diagramm
5.2.8 SWOT-Analyse
5.2.9 ERAF-Systemdiagramm
5.2.10 Gestaltung der Design Challenge
5.2.11 How-Why-Ladder
5.3 Methoden für die 3. Phase, Teil 1: Ideen generieren
5.3.1 Brainstorming allgemein
5.3.2 6-3-5
5.3.3 Kopfstand- und Umkehrtechnik
5.3.4 SCAMPER
5.3.5 Walt-Disney-Methode
5.3.6 Mind Mapping
5.3.7 Wort-Assoziations-Technik
5.3.8 Die schlechtesten Ideen
5.3.9 Analogie
5.3.10 1 – 2 – 4 – All
5.3.11 Methoden für die 3. Phase, Teil 2: Ideen auswählen
5.3.11.1 Einfaches Voting oder Punkte kleben
5.3.11.2 Vier Kategorien
5.3.11.3 Affinitätsdiagramm
5.4 Methoden für die 4. Phase: Experimentieren
5.4.1 Quick and Dirty Prototyping
5.4.2 Speedboat
5.4.3 Fast Finish
5.4.4 Pre Mortem
5.4.5 Usability Testessen
5.4.6 Wireframes
5.4.7 Zauberer von Oz
5.4.8 Feedback-Gespräch
5.4.9 Weitere Feedback-Methoden
5.4.9.1 One-Minute-Paper
5.4.9.2 Rezension
5.4.9.3 Blitzlicht
5.4.9.4 Feedback-Briefe
6 Projektmuster
6.1 Vor dem Start des Design-Thinking-Projekts
6.2 Ein typisches Design-Thinking-Projekt
6.3 Ein neues Produkt für Endkunden entwickeln
6.3.1 Der Auftrag
6.3.2 Das Team
6.3.3 Der Design-Thinking-Projektraum
6.3.4 So gehen wir vor
6.3.5 Zusammenfassung
6.4 Ein digitales Geschäftsmodell entwickeln
6.4.1 Der Auftrag
6.4.2 Das Team
6.4.3 Der Design-Thinking-Projektraum
6.4.4 So gehen wir vor
6.4.5 Zusammenfassung
6.5 Eine bereits existente Anwendung verbessern
6.5.1 Der Auftrag
6.5.2 Das Team
6.5.3 Der Design-Thinking-Projektraum
6.5.4 So gehen wir vor
6.5.5 Zusammenfassung
6.6 Entwicklung einer neuen internen IT-Anwendung
6.6.1 Der Auftrag
6.6.2 Das Team
6.6.3 Der Design-Thinking-Projektraum
6.6.4 So gehen wir vor
6.6.5 Zusammenfassung
6.7 IT-Prozessverbesserungen
6.7.1 Der Auftrag
6.7.2 Das Team
6.7.3 Der Design-Thinking-Projektraum
6.7.4 So gehen wir vor
6.7.5 Zusammenfassung
7 Design Thinking im Unternehmen einbinden
7.1 Design Thinking und IT integrieren
7.1.1 Überführung in prädiktive Projektmanagementansätze
7.1.2 Überführung in adaptive Projektmanagementansätze
7.1.3 Beispiel Scrum
7.1.4 Wie Sie Design Thinking und Scrum miteinander verbinden können
7.1.4.1 Design Thinking als vorgelagerter Prozess
7.1.4.2 Prototypdefinition mit Design Thinking – Entwicklung mit Scrum
7.1.4.3 Design Thinking zur Lösung komplexer Teilprobleme in IT-Projekten
7.2 Implementierung von Design Thinking im Unternehmen
7.2.1 Unternehmen sind nur dank der Kreativität und Motivation ihrer Mitarbeitenden erfolgreich
7.2.2 Wie Sie in Ihrem Unternehmen eine ideale Kultur für Design Thinking schaffen
7.2.3 Wie Sie in Ihrem Unternehmen Design Thinking einführen
7.2.4 So implementieren Sie Design Thinking Schritt für Schritt
7.3 Design Thinking in räumlich verteilten Teams
7.3.1 Fokus auf Integration aller Team-Mitglieder
7.3.2 Globale Unterschiede beachten
7.3.3 Einen für Design Thinking geeigneten virtuellen Raum schaffen
7.3.4 Die richtige Technik wählen
7.3.5 Für exzellente Visualisierungsmöglichkeiten der Ergebnisse sorgen
7.3.6 Die vier Phasen des Design Thinkings in virtuellen Teams durchlaufen
7.4 Ein guter Design-Thinking-Moderator
Fragen und Antworten
Glossar
Literaturverzeichnis
Immer wieder erleben wir Design Thinking bei unseren Kunden als den berühmten „Stein des Anstoßes“, der eine gesamte Unternehmenskultur zum Positiven verändert. Einmal angestoßen, schleicht sich das offene, kreative Denken des Design Thinking per Dominoeffekt ins Mindset des Unternehmens und öffnet Motivation, Kreativität und Innovationen Tür und Tor.
So ist es auch bei einer Spedition in Baden-Württemberg, die wir auf ihrem Prozess begleitet haben. Das Familienunternehmen, über mehrere Jahrzehnte vom kleinen Fuhrunternehmen zur großen Spedition mit über 500 Mitarbeitenden gewachsen, steht vor dem Problem, marktfähig zu bleiben: Seine Software war um die 20 Jahre alt und damit hoffnungslos veraltet.
Während die Mitbewerber sämtliche Prozesse längst in Echtzeit abbildeten, konnten die Systeme unseres Kunden einfach nicht mithalten. Die Daten kamen beim Dispatching ständig zeitlich verzögert an, niemand wusste, wo sich ein LKW zu einem bestimmten Zeitpunkt wirklich aufhielt. Zudem führten manuelle Dateneingaben häufig zu Fehlern. Und die verschiedenen Abteilungen arbeiteten mit unterschiedlich aktuellen Datenbeständen, weil in den verschiedenen Abteilungen ohne Absprache die Excel-Tabellen individuell angepasst und verändert wurden. In der Disposition hakte es also an vielen Punkten. Das machte sich gegenüber den Marktbewerbern sicht- und spürbar.
Die Lösung lag für die Geschäftsführung klar auf der Hand: eine neue Software. Und wenn man schon mal auf dem Weg in die Moderne war, dann sollte auch gleich mit zeitgemäßen Methoden gearbeitet werden.
Gerade in Sachen Software eignen sich bekanntermaßen agile Methoden besonders. Da in der Spedition allerdings kein Experte für Agilität zu finden war und generell eine große Unsicherheit über das weitere Vorgehen herrschte, wurden wir eingeladen, um zu helfen.
Wir begannen also in der Spedition an einem Teilprojekt zu arbeiten. Als Methode verwendeten wir Design Thinking. Wie Sie später noch an verschiedenen Stellen nachlesen werden, ist einer der wichtigsten Punkte im gesamten Design-Thinking-Prozess die Wahl des Teams. Alles steht und fällt letztlich mit den Menschen, mit denen man an einer Lösung arbeitet.
Wir haben also als Erstes auch in diesem Projekt das Team zusammengestellt. Wie im Design Thinking üblich, achteten wir darauf, Menschen aus verschiedenen Bereichen aus dem ganzen Unternehmen zusammenzusuchen und zur Zusammenarbeit einzuladen. Am Schluss bestand das Team aus folgenden Personen: ein Mitarbeiter aus dem Bereich Dispatching, eine Mitarbeiterin aus dem Bereich Operations, zwei Mitarbeiter aus der IT und ein Mitarbeiter aus dem Controlling.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, warum wir gerade jemand aus der Abteilung Controlling in ein Projekt für die Entwicklung einer Software für Dispatching geholt haben. Wenn Sie schon jemals die Chance hatten, an einem Design-Thinking-Projekt teilzunehmen, es sind genau solche Personen, die so wichtig für das ganze Gelingen im Design Thinking sind. Denn zunächst blockiert das Controlling der Spedition das Projekt: Es herrscht Angst und Unsicherheit, ob ein agiles Vorgehen wirklich die beste Idee ist. Wenn man bei Design Thinking und agiler Softwareentwicklung nicht von vornherein sagen kann, was am Ende dabei herauskommt, sei der Erfolg ja nicht messbar. Für so etwas Unkalkulierbares könne man beim besten Willen kein Budget freigeben.
Also luden wir Personen aus dem Controlling gleich ein, damit sie Design Thinking und agile Softwareentwicklung besser verstehen und selbst erleben konnten, wie produktiv und konstruktiv dieses Vorgehen ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass oft Angst vor der Veränderung dahintersteckt, wenn Menschen skeptisch gegenüber dem Vorgehen sind. Und diese Angst kann man am besten besiegen, indem man sich darauf einlässt. Getreu der chinesischen Weisheit: Kannst du den Feind nicht besiegen, umarme ihn.
Die Anforderungen, die wir bearbeiten sollten, bekamen wir aus den Fachabteilungen. Diese Anforderungen können aber niemals Gespräche und Beobachtungen ersetzen, sondern sie ergänzen sie bzw. sie sind eine gute Grundlage, um ein Gespräch zu beginnen. Insofern nutzten wir die Anforderungen dazu, gleich mit der Einfühlen-Phase zu starten.
Wir sprachen mit internen Nutzern, um herauszufinden, welche Bedürfnisse die Anwender im Unternehmen an die Software tatsächlich hatten. Aber auch externe Kunden befragten wir, denn wir wollten auch wissen, was sie sich eigentlich wirklich von der Spedition ihres Vertrauens wünschten: War ihnen der Preis besonders wichtig, die Reaktionsgeschwindigkeit, die Möglichkeit einer persönlichen Kontaktaufnahme oder vielleicht doch etwas ganz anderes, an das wir alle nicht dachten?
In der Phase der Problemdefinition bestimmten wir unsere Design Challenge so, dass sie in den Köpfen des Teams für regelrechte Kribbelanfälle sorgten. Wir konnten es kaum erwarten, mit dem Generieren von verschiedenen Lösungen zu starten. Die meisten dieser Ideen verfolgten wir gar nicht mehr weiter, weil das Team sie als „jetzt gerade nicht wichtig“ oder „passt gar nicht“ eingestuft hat. Andere Ideen dagegen haben wir gleich aufgegriffen und gemeinsam im Design-Thinking-Team Low-Fidelity-Prototypen dafür gebaut.
Die Stimmung im Team war durchgängig großartig. Das ist wichtig, weil es letztlich diese Energie ist, die Lösungen erst so richtig gut macht. Je mehr Arbeiten Spaß macht, desto besser werden die Ergebnisse. Das sind viele nicht gewohnt und auch hier war das Team über sich selbst überrascht, wie kreativ es war. Außerdem machte das Team erstmals die Erfahrung, wie angenehm und hilfreich es ist, abteilungsübergreifend zusammenzuarbeiten.
Schließlich baten wir die IT, einen Prototyp für die Idee in den nächsten Sprint einzubauen, die bei den Testnutzern am besten ankam. Auch das war eine Premiere in dem Unternehmen: Noch nie wurde die IT beauftragt, einen Prototyp zu bauen, und nie vorher ist jemand aus den Fachabteilungen auf die Idee gekommen, die IT darum zu bitten.
Am Ende dieses Teilprojekts ist mit dem Prototyp dann in sehr kurzer Zeit und für ein minimales Budget eine Idee herausgekommen, die so gut funktioniert hat, dass sie nun weiterentwickelt wird. Und dieses Mal kann die IT tatsächlich agil arbeiten.
Aus dem Design-Thinking-Projekt der Konzeptionsphase wurden nicht nur bereits priorisierte Product-Backlogs erstellt, sondern es konnten auch neue Backlogs entwickelt werden, die die tatsächlichen Bedürfnisse adressierten. Das war möglich, weil das Team schon so tief im Thema verankert war und die Hintergründe kannte, da ein Mitarbeiter von Anfang an zum Kernteam der Design Thinker gehörte.
Aber wie gesagt, dieses Teilprojekt war nur der Anfang eines kompletten Kulturwandels in der Spedition. Alle direkt und indirekt Beteiligten waren so begeistert, dass sie mit ihrem Enthusiasmus nach und nach immer mehr Leute im Unternehmen ansteckten und Elemente des Design Thinkings einen immer größeren Platz im Alltag des Unternehmens einnahmen.
Denn die Design Thinker übernehmen auch im Alltag einzelne Elemente des Design Thinkings. Und das tun sie auch bei Aufgaben, die nicht in einem Design-Thinking-Projekt gelöst werden. Sie genießen die fachübergreifende und wertschätzende Zusammenarbeit und machen davon auch unabhängig von Design-Thinking-Projekten immer öfter Gebrauch.
Die Meeting-Kultur in der Spedition veränderte sich ebenfalls radikal. Die Teilnehmenden sitzen nicht mehr nur passiv hinter ihren Notebooks und lauschen dem jeweils Vortragenden. Sie reden und interagieren viel intensiver miteinander.
Wer an einem Problem arbeitet, geht einfach zwischendurch ans Whiteboard und skizziert dort Ideen, Hypothesen oder mögliche Lösungswege und bespricht sich mit anderen.
Die Ängste vor Problemen – und auch vor Ideen – und dem damit verbundenen Genehmigungsaufwand konnten massiv reduziert werden. Das ganze Unternehmen kommt nun viel schneller ins Machen: Jemand hat eine Idee oder ein Problem . . . Gut, machen wir doch einen kurzen Design-Thinking-Workshop und probieren aus, wie und ob es funktioniert. Es gibt keine langen, aufwendigen Bewilligungswege, kein Einholen vieler Genehmigungen mehr – ein Problem taucht auf, man fragt andere, fachfremde Personen um Hilfe und geht das Problem an.
Auch die Skeptiker aus der Controlling-Abteilung konnten hautnah erleben, dass in sehr kurzer Zeit und mit minimaler Investition absolut wirtschaftliche und praxistaugliche Ergebnisse aus Design Thinking plus agiler Softwareentwicklung herauskommen – auch ohne, dass vorab budgetiert oder bis ins Detail geplant werden muss.
Selbst die Unternehmensspitze ist sehr angetan von den vielfältigen Ergebnissen des Design-Thinking-Projekts. Keiner dort hat damit gerechnet, wie viel in welch kurzer Zeit mit so minimaler Investition herauskommen kann. Um diese Energie und diese neue Form des Arbeitens aber nicht als Eintagsfliege verkommen zu lassen, haben wir intern die Mitarbeitenden zu Design Thinkern ausgebildet und ihnen das Werkzeug in die Hand gegeben, um einfach „mal eben“ Ideen schnell auszuprobieren. Das bedeutet, dass es nicht immer riesige Projekte und Genehmigungen braucht. Nur so kann ein Unternehmen auch wirklich innovativer werden.
Ganz enorm profitierte aber vor allem die IT durch die veränderten Prozesse. Durch das vorgeschaltete Design-Thinking-Projekt hat sich vor allem die Arbeit in der Konzeption verändert: Jetzt ist die IT von vornherein als Mitglied des Design-Thinking-Teams schon in die Konzeption involviert. Es sind nicht mehr die Fachbereiche, die lange und komplizierte Anforderungskataloge erstellen. Stattdessen werden in Design-Thinking-Workshops Ideen entwickelt und getestet. Mit einem priorisierten Product-Backlog beauftragt das Team dann die IT, die Software – oder sogar schon den entsprechenden High-Fidelity-Prototypen – agil zu entwickeln.
Allein die Tatsache, dass sie von vornherein in einen Innovationsprozess eingebunden sind, stärkt die Motivation der IT-ler. Und es ist angenehm für sie, dass sie nicht mehr nur sehr große komplexe Projekte auf den Tisch bekommen, sondern auch mal kleine Prototypen bauen können. Vor allem aber können sie jetzt endlich produktiv und sinnvoll agil arbeiten.
Und nicht zuletzt erhöht die Spedition nun ihre Chance, auch renommierte Softwareentwickler zu rekrutieren, denn gute Developer setzen heute einfach voraus, dass sie mit agilen Methoden arbeiten können. Sie lehnen einen Job in der Regel ab, wenn sie erfahren, dass in einem Unternehmen nicht agil entwickelt wird. Gute Entwickler sind heute so gefragt, dass sie sich ihren Job aussuchen können – laut Handelsblatt vom 28. 11. 2019 gibt es allein in Deutschland 124 000 offene Stellen für IT-Fachkräfte.
Die Spedition kann jetzt mit Fug und Recht behaupten, dass die IT wirklich agil arbeitet. Das erhöht einerseits die Chance für die IT, gute Kollegen und Kolleginnen hinzuzugewinnen. Andererseits freut sich auch die Unternehmensführung, weil sie ihre Arbeitgebermarke stärkt und gute Leute rekrutieren kann.
Die meisten der Unternehmen, in die wir gerufen werden, stehen vor solchen oder ähnlichen Problemen, wie es diese süddeutsche Spedition tat.
Bezogen auf die IT sind viele Unternehmen bei der Einführung agiler Methoden unsicher. Sie hören und lesen davon, dass agile Methoden „state of the art“ sind, und wollen sie auch implementieren. Sie ändern einiges so gut es geht, aber vom Konzept her bleibt leider alles beim Alten. Statt Use Cases wie im klassischen Projektmanagement werden vielleicht User Stories geschrieben. Oder morgendliche Standup-Meetings stehen repräsentativ für eine offene Unternehmenskultur. Aber nach wie vor werden die User Stories aus Fachkonzepten abgeleitet, ohne dass jemand tatsächlich die Nutzer befragt und ohne dass jemand aus der IT direkt in die Konzeptionsphase einbezogen wird.
Die Entwickler bekommen erst das fix und fertige Fachkonzept zu sehen und sollen dann sofort 327 User Stories statt eines priorisierten Product-Backlogs mit zehn Issues umsetzen. Die Konzeption wird nicht in den agilen Prozess integriert. Aber auf diese Weise kann agile Softwareentwicklung beim besten Willen nicht funktionieren.
Das mittlere Management befindet sich oft in einer undankbaren Sandwich-Position, wenn es um IT-Projekte geht: Einerseits müssen IT-Projekte die Unternehmensstrategie stützen, gleichzeitig sollen sie dem Betrieb Entlastungen bringen. Das ist oft kaum zu stemmen, zumal die klassischen IT-Projekte sehr aufwendig und ressourcenintensiv sind. Die zu treffenden Entscheidungen sind aufgrund ihrer enormen Auswirkungen also sehr wichtig, aber in der Regel kommen nur minimale Effizienzsteigerungen dabei heraus.
Die Ressourcenintensität von großen IT-Projekten ist auch ein Problem, das die Unternehmensführung vor jeder Bewilligung stark verunsichert, weil sie keine Sicherheit hat, wann und ob die hohen Investitionen sich überhaupt jemals auszahlen werden. Business Cases und Marktanalysen bieten nur eine vermeintliche Sicherheit – was viele schon durch gescheiterte Projekte oder nicht funktionierende Prozesse leidlich erfahren mussten.
Der Spagat zwischen Wahrung der Unternehmensziele und Erfüllung der Nutzerbedürfnisse ist für das mittlere Management kaum zu meistern. Das liegt vor allem daran, dass die Distanz des Managements aber auch der IT zum Nutzer normalerweise sehr hoch ist.
Oft arbeitet die IT völlig losgelöst von den Kundenbedürfnissen die Anforderungskataloge ab, die sie kommentarlos geliefert bekommen, wenn sie Software entwickeln soll. Sie weiß meist gar nicht, wer der eigentliche Nutzer ist, wie er oder sie tickt und welche Bedürfnisse hinter den Wünschen an die Software wirklich stecken. Die Kunden, oft unternehmensinterne Auftraggeber, sind mit den langen Konzepten, die sie für die IT schreiben müssen, völlig überfordert und schreiben an den Bedürfnissen der IT – und vor allem an den Bedürfnissen der späteren Nutzer – vorbei.
IT und auftraggebender Kunde reden viel zu wenig miteinander, wissen zu wenig übereinander und helfen sich nicht gegenseitig. Die IT nimmt den Kunden nur bedingt ernst, weil dessen Konzeption sie nicht richtig weiterbringt. Der Kunde wiederum ist zornig auf die IT, weil er nicht verstehen kann, warum „Mal eben“-Aufträge so lange dauern müssen.
Einige der hier angerissenen Probleme kennen Sie wahrscheinlich aus Ihrem eigenen Unternehmen. Stimmt’s?
Vielleicht waren Sie überrascht und sind noch immer skeptisch, dass sich mithilfe von Design Thinking gleich mehrere Probleme lösen lassen. Bei dem oben erwähnten Beispiel mit der Spedition ist die neue Software gegenüber der Veränderung in der Unternehmenskultur vielleicht sogar das weniger wichtige Ergebnis, denn von dem neuen Mindset wird die Spedition bei allem profitieren, was sie unternimmt. Diese Erfahrung machen wir bei sehr vielen unserer Hunderten Unternehmenskunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Seit wir uns vor über zehn Jahren auf Design Thinking spezialisiert haben, erleben wir einen wachsenden Run auf dieses Konzept. Immer mehr Menschen wollen Design Thinking lernen, allein in den letzten fünf Jahren hatten wir Tausende von Teilnehmenden in unseren Trainings und Vorträgen rund um Design Thinking und Innovation. Wie oft wir schon Gastgeber für Design-Thinking-Workshops im ersten Design Thinking Space® in Wien waren, wissen wir gar nicht mehr – wir haben jedenfalls Mühe, freie Termine zu finden.
Wir lieben und leben Design Thinking mit jeder Faser unseres Körpers, was uns unsere Kunden und Teilnehmenden auch immer wieder anmerken und bestätigen. Workshops und Trainings moderieren wir zusammen als Team. Denn jeder von uns hat seine eigenen Stärken und auch Schwächen. Während Ingrid enorm empathiestark ist und sehr schnell spürt, was die Teilnehmenden wirklich wollen und brauchen, welches gerade ihre Bedürfnisse sind, bietet Peter das IT-Know-how und erklärt, wie die Methoden funktionieren und leitet diese an.
Beide können wir sehr gut spontan mit Situationen umgehen. Wir planen die Trainings und Workshops niemals im Vornhinein, sondern nehmen die Bedürfnisse und Stimmungen auf, die die Teilnehmenden gerade mitbringen. Sind sie müde? Dann wählen wir Methoden aus, die munter machen. Sind sie gerade sehr aufgekratzt, dann versuchen wir gezielt, diese Energie zu nutzen, und wählen Methoden aus, die ihnen dabei helfen, wieder ihren Fokus zu finden.
Nach all den Jahren verfügen wir über ein sehr großes Methodenrepertoire und viel Erfahrung und sind dankbar dafür, deshalb flexibel auf Stimmungen und Bedürfnisse reagieren zu können. Meist reicht ein Satz oder ein Augenkontakt zwischen uns, damit wir uns auf die nächste Methode einigen.
Wir haben selbst immer viel Spaß in den Workshops, triezen uns gegenseitig ein wenig, witzeln herum und stecken die Teilnehmenden mit unserer Fröhlichkeit an. Wir machen keine Show, sondern sind tief davon überzeugt, dass Arbeit nur dann erfolgreich sein kann, wenn man Spaß dabei hat und gerne das macht, was man tut. Auch Kreativität macht nicht nur Spaß, sie braucht auch Freude und Lebenslust, um entstehen und wachsen zu können. Viele Teilnehmende sind am Ende, wenn sie vor all den tollen Ergebnissen stehen, immer überrascht, was sie alles selbst in so kurzer Zeit erarbeitet haben und wie viel Kreativität in jedem einzelnen von ihnen steckt. Und wie wenig sich diese Tage nach Arbeit angefühlt haben, wenn auch alle am Schluss sehr müde sind. Wir glauben nicht nur daran, sondern wir wissen tatsächlich, dass wirklich jeder kreativ ist – es müssen nur die Umstände dafür stimmen.
Und weil wir wirklich für das Konzept des Design Thinking brennen, ist es uns natürlich eine Herzensangelegenheit, es möglichst vielen nahezubringen.
So sind von uns bereits über 300 Podcast-Folgen zum Design Thinking erschienen, die sich unsere Hörer hunderttausendfach heruntergeladen haben.
Sechs Bücher wurden von uns bereits veröffentlicht: Von Ingrid gibt es bereits fünf Bücher zum Thema Design Thinking und gemeinsam haben wir das erste deutschsprachige Business-Analyse-Buch mit einem ganzheitlichen Ansatz geschrieben.
Peter kommt ursprünglich aus der Business-Analyse und hat dort Akzente im deutschsprachigen Raum gesetzt. So bietet er als Einziger im deutschsprachigen Raum die komplette Ausbildung zum BCS International Diploma in Business Analysis an. Es ist das erste vom International Institute of Business Analysis (IIBA) akkreditierte österreichische Trainingsinstitut und Peter ist Mitgründer des IIBA Austria Chapter.
Dieses Buch verknüpft unsere beiden Kernkompetenzen: die Welt der Empathie und Kreativität, aus der Ingrid stammt, und die Welt der IT, in der Peters Wurzeln liegen.
Apropos Business-Analyse: Es ist übrigens durchaus nicht so, dass wir beide schon immer für Design Thinking brannten.
Das heißt, Ingrid schon – sie ist wohl schon mit dem Design-Thinking-Mindset auf die Welt gekommen. Aufgrund ihrer Erfahrung und der Welt, in der sie aufgewachsen ist, musste sie schon früh ein sehr feines Gespür für Menschen und viel Empathie aufbauen. Sie hat schon Elemente des Design Thinking in ihre Projekte aufgenommen, als sie Design Thinking als Konzept noch gar nicht kannte.
Peter war zunächst der komplette Gegenpol. Er ging den ganz klassischen Weg: Wirtschaftsstudium in Mindeststudienzeit, dann noch ein Informatikstudium und direkt danach als Business-Analyst in ein Beratungshaus. Was für ihn zählte, waren vor allem Zahlen, Daten und Fakten. Zwar hat er sich immer schon für Kommunikation interessiert, deshalb entschied er sich auch für die Business-Analyse und nicht für die Softwareentwicklung. Er wollte lieber herausfinden, was die Leute an einer Software brauchen, als sie zu programmieren. Aber wenn es hart auf hart kam, waren es für ihn letztlich doch die Fakten und nicht die Gefühle, die zählten.
Als Peter dann Ingrid kennenlernte, sind zwei Welten aufeinandergeprallt und das war für beide nicht immer einfach. Im Laufe der Zeit gab es auch viele Gespräche, die sich um den beruflichen Alltag und Fragen aus den Projekten drehten. Gemeinsam haben die beiden überlegt, wie diese zu lösen seien. Nach und nach hat Ingrid Peter klargemacht, dass es in Wahrheit nie um faktische Dispute geht, sondern immer um Zwischenmenschliches, das sich in der Kommunikation widerspiegelt: „Ihr redet aneinander vorbei. Es geht nicht um Web oder Mobile, der hat gerade ein menschliches Problem mit dir. Redet miteinander.“ Auf solche Dinge zu achten, brachte Ingrid Peter bei.
Und so hat sie nach und nach eine recht weitreichende Persönlichkeitsentwicklung in ihm angestoßen, indem sie ihm ihre Einstellung einfach vorlebte.
Vorher brauchte er immer Sicherheit und Kontrolle über eine Situation, je länger Peter mit Ingrid zusammen war, desto mehr konnte er ein „Lass uns das einfach mal ausprobieren“ zulassen.
Und er sagt heute: „Irgendwann ist immer das erste Mal, dass du etwas machst. Aber ich hatte zu lernen, dass alles, was du tust, immer ein erstes Mal sein wird, weil du immer vor einer neuen Situation stehst. Also nützt all das Planen sowieso nichts.“
Schließlich stieg Ingrid in die Firma mit ein, befasste sich aber von Anfang an intensiv mit Design Thinking, hat es ausprobiert und die ersten Workshops gemacht. Und irgendwann machte auch Peter dann seinen ersten Design-Thinking-Workshop.
Sie sehen an Peters Historie, dass selbst „hartgesottene“ Business-Analysten ihren Weg ins Design Thinking finden können. Vorausgesetzt, sie sind bereit, ihr Mindset zu ändern und sich zu öffnen.
Freundlicherweise macht uns Design Thinking das leicht, weil es so sehr dazu passt, wie wir von Natur aus angelegt sind: kommunikativ, offen für Neues, empathisch, spielerisch, freudvoll.
Design Thinking bringt uns also eigentlich nur die Werte und Einstellungen zurück, die wir als Kinder alle in uns haben und die wir mit der Zeit und dank der Gesellschaft verlernen. Spätestens seit Beginn unserer Schulzeit werden andere Systeme übergestülpt.
Das ist wohl auch der Grund, warum sich so viele so schnell vom Konzept des Design Thinking überzeugen und von der Begeisterung eines neuen „Fans“ anstecken lassen. Es passiert recht oft, dass wir in unseren Trainings erst einen Mitarbeiter eines Unternehmens haben und kurz darauf dann weitere sechs oder sieben. Und dass wir dann für ein Projekt ins Unternehmen geholt werden – bis wir schließlich dafür sorgen, dass dort selbstständig ganz viel mit Design Thinking gemacht und das Mindset vor allem auch gelebt wird.
Die einzelnen Schritte und Methoden lassen sich recht einfach lernen. Probieren Sie einfach immer wieder aus, was bei Ihnen im Unternehmen gut funktioniert. Zumal Sie sich zu Beginn ja problemlos Unterstützung von Profis mit Erfahrung holen können. Wir selbst begleiten unsere Kunden zwar gern – stehen auch Monate nach Abschluss eines Projekts jederzeit gern mit Rat und Tat zur Verfügung. Aber am meisten freuen wir uns, wenn unsere Unternehmenskunden recht bald allein zurechtkommen und Design Thinking immer selbstverständlicher und selbstständiger in ihre Unternehmensprozesse integrieren.
Und das schaffen die meisten auch recht schnell. Natürlich kann man anfangs nicht alle Methoden aus dem Tiefschlaf heraus abrufen. Das ist auch klar und alles andere wäre schlimm, schließlich machen wir ja auch seit zehn Jahren nichts anderes. Das macht aber nichts, Sie können ja nachschlagen und ausprobieren – oder eben uns fragen.
Sie müssen auch gar nicht gleich komplette Design-Thinking-Projekte mit allen vier Phasen durchführen. Picken Sie sich einfach die Methoden heraus, die Ihnen gerade nützlich erscheinen, übernehmen Sie kleine oder größere Elemente des kompletten Frameworks, die Ihnen gerade Spaß machen. Und wenn Sie dann Blut geleckt haben, bauen Sie das aus.
Wir haben zum Beispiel mal ein kleines Softwareunternehmen gecoacht, das unsere Bücher gelesen hatte und begeistert davon war, dass sie mittels Design Thinking mehr über die Bedürfnisse ihrer Kunden erfahren können. Jetzt nutzen sie das Gelernte in ihrem Presales-Prozess, um innovative Lösungen genau auf die Bedürfnisse ihrer Klientel zuschneiden zu können.
Es ist also nicht vorgeschrieben, wie Sie vorgehen oder wofür Sie Design Thinking nutzen – immer vorausgesetzt natürlich, Ihr Problem lässt sich mit Design Thinking lösen – dazu erfahren Sie mehr in Kapitel 3. Design Thinking bietet so viele Möglichkeiten.
Also: Nur Mut. Ihre Welt kann dadurch nur besser werden.
Mit Design Thinking ist es ein wenig wie mit dem Lesenlernen: Wenn Sie einmal lesen können, wird Ihre Welt nie wieder dieselbe sein wie vorher. Wenn Sie ein Buch lesen und in die Welt des Helden eintauchen, werden Sie nie mehr nur einen Text als Aneinanderreihung verschiedener Buchstaben sehen.
Und so wird auch Design Thinking umso stärker Ihre Wahrnehmung und Ihr Verhalten verändern, je intensiver Sie sich damit auseinandersetzen und es praktizieren.
Als Führungskraft und Unternehmer werden Sie verstanden haben, dass und wie Design Thinking die Unternehmenskultur positiv verändert. Und Sie haben die Sicherheit, dass Sie nun in kurzer Zeit und mit kleinem Budget Ideen ausprobieren können, bei denen am Ende taugliche Lösungen herauskommen. Lösungen, von denen Sie wissen, dass die Kunden sie auch annehmen werden und sich so dem Unternehmen noch stärker verbunden fühlen. Diese Sicherheit lässt Sie ruhiger schlafen und gleichzeitig Ihr Unternehmen deutlich innovativer werden.
Der Begriff „kundenzentriert“ ist ab sofort für Sie keine leere Floskel mehr, hinter der der Glaubenssatz steht: „Aber wir wissen doch sowieso, wie unsere Kunden ticken.“ Fortan wird „kundenzentriert“ für Sie bedeuten, dass Sie Ihre Kunden wirklich fragen, in deren Welt eintauchen, beobachten und gemeinsam Lösungen ausprobieren, damit Sie wirklich wissen, wie und was diese denken und fühlen und welche Bedürfnisse sie tatsächlich haben. Sie werden automatisch die Perspektive wechseln und Probleme und Lösungen aus Sicht Ihrer Kunden betrachten.
Sie werden mit Ihren Kollegen im Unternehmen einen intensiveren Austausch pflegen – auch und gerade mit denen aus anderen Abteilungen als der Ihren –, weil Sie zu schätzen gelernt haben, dass deren Blickwinkel Ihnen ganz neue Perspektiven und Sichtweisen bieten. Und Sie werden Ihren Kollegen wahrscheinlich mit noch mehr Wertschätzung begegnen, weil Sie durch das Design Thinking viel mehr über sie erfahren haben: Ihre Bedürfnisse, Sichtweisen und Herausforderungen.
Sie werden mit mehr Spaß und Motivation arbeiten, nicht mehr ewig lange über theoretischen Konzepten brüten, sondern kreativ an Probleme herangehen können, wann immer Sie wollen. Nie wieder werden Ihre Vorgesetzten zu Ihnen sagen: „Nun denk doch mal out of the box, sei doch mal kreativ.“ Denn Sie können Ihre Kreativität jetzt jederzeit abrufen – indem Sie jederzeit einzelne Elemente und Methoden des Design Thinking nutzen oder ein ganzes Design-Thinking-Projekt initiieren.
Sie werden feststellen, dass sich Ihr Mindset verändert und Sie auch einzelne Elemente des Design Thinking in Ihr Alltagsgeschäft integrieren, ohne jedes Mal das gesamte Framework in einem kompletten Design-Thinking-Projekt zu nutzen.
Als IT-ler werden Sie noch besser beurteilen können, ob in Ihrem Unternehmen Software tatsächlich schon agil entwickelt wird. Oder ob nur marginale Veränderungen eingeführt wurden, die Herangehensweise aber noch nicht durchgehend von agilen Methoden getragen wird. Sie werden lesen, wie sehr Projekte von durchgängigen agilen Ansätzen profitieren, und noch bessere Argumente haben, um dafür in Ihrem Unternehmen zu kämpfen.
Trauen Sie sich also einfach mal an die Idee von Design Thinking heran. Sie werden erstaunt sein, welche großartigen und umfassenden Erfolge Sie damit in Ihrem Unternehmen – und in Ihrem Leben insgesamt – erzielen. Schließlich haben Sie ja auch nicht wirklich etwas zu verlieren, denn Design-Thinking-Projekte dauern nicht lange und kosten fast nichts. Damit Sie starten können, bietet Ihnen dieses Buch eine gute Basis:
In Kapitel 2 erfahren Sie, was Design Thinking überhaupt ist und wie es begann, und Sie lernen die wichtigsten Regeln und Grundsätze kennen.
In Kapitel 3 lernen Sie zu trennen, wann Sie Design Thinking einsetzen sollten und wann nicht, und Sie stellen fest, wobei es Sie in Ihrem Unternehmen unterstützen kann.
In Kapitel 4 schaffen Sie auf allen Ebenen ideale Voraussetzungen für Design-Thinking-Projekte.
In Kapitel 5 liegt Ihnen ein großes Methodenrepertoire für jede der vier Design-Thinking-Phasen jederzeit abrufbereit und sehr praxisnah vor.
Damit Sie Ihr eigenes Design-Thinking-Projekt nicht von null ab aufsetzen müssen, stellen wir Ihnen in Kapitel 6 einige Muster von Design-Thinking-Projekten vor, die Sie für Ihr eigenes Unternehmen dann nur noch zu modifizieren brauchen.
In Kapitel 7 dreht sich alles darum, wie Sie Design Thinking in Ihrem Unternehmen etablieren – sei es, wie Sie Schnittstellen zwischen Design Thinking und der IT schaffen, wie Sie Design Thinking in verteilten Teams machen können oder wie Sie Ihre Unternehmenskultur für Design Thinking öffnen.
Kapitel 8 schließlich enthält viele der Fragen, die uns immer wieder gestellt werden und die wir hier beantworten.
Und wenn Sie Design Thinking richtig erlernen oder nicht gleich allein in Ihrem Unternehmen umsetzen wollen, sind wir gerne jederzeit für Sie da.
Und nun: Viel Spaß und Erfolg beim Lesen und vor allem Anwenden der vorgestellten Design-Thinking-Methoden!
Herzlichst
Ingrid und Peter Gerstbach
Bevor wir klären, was Design Thinking ist, lassen Sie uns doch kurz über den Begriff „Design“ nachdenken. Denn schon dieser Teilbegriff ist mit durchaus unterschiedlichen Bedeutungen besetzt. Und dann widmen wir uns den Grundlagen des Design Thinking, das enorm dabei hilft, Produkte und Services zu entwickeln, die wirklich erfolgreich werden.
Woran denken Sie spontan bei dem Begriff „Design“? Wahrscheinlich an gestalterische Merkmale von Produkten: Farben, Formen, Materialien. Wenn Sie oft mit Druck- oder Online-Medien zu tun haben, fallen Ihnen wohl auch Elemente wie Schriftarten, Layout und Visualisierungen ein.
Den Fans von Steve Jobs fällt in diesem Zusammenhang vielleicht auch eines seiner berühmtesten Statements ein: „It's not just what it looks like and feels like. Design is how it works.“ – Es geht nicht nur darum, wie es aussieht und sich anfühlt. Design ist, wie es funktioniert.
Im Fall von Design Thinking aber setzt das Wort „Design“ in einem deutlich früheren Stadium an als bei Aussehen und Funktionen von Produkten und Services:
Mit dem Wort „Design“ ist im Design Thinking die Innovation und (Weiter-) Entwicklung von Produkten, Prozessen und Services gemeint.
Am Anfang jeder neuen Lösung steht die Idee. Doch gleichgültig, wie großartig diese Idee ist, zu einer echten Innovation wird sie erst, wenn drei wichtige Voraussetzungen erfüllt sind.
Jeder Mensch hat großartige Ideen, auch wenn er oder sie sich dessen nicht immer bewusst ist. In unserem Geschäftsalltag erleben wir das Tag für Tag. Wir lernen dabei Ansätze und Ideen kennen, die das Leben von Nutzern grundlegend verbessern könnten. Das ist fantastisch und wichtig. Solche Einfälle sind auch ein Indiz dafür, dass die Menschen hinter ihnen kreativ, motiviert und engagiert sind.
Aber die beste Idee ist nichts wert, wenn sie in diesem Stadium stecken bleibt. Die Frage ist, ob eine Idee es auch schafft, den Innovationstest zu bestehen.
Dieser Test bestimmt, ob die Idee das Zeug dazu hat, zu einem Produkt oder einer IT-Lösung zu werden, und einen Platz auf dem Markt behaupten kann.
Zu einer Innovation wird eine Idee dann, wenn sie wünschbar, machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Konkret muss diese Idee
wünschbar sein, das bedeutet, dass der Nutzer sie wirklich braucht und will,
machbar sein, das heißt, dass sie mit den aktuellen Fertigkeiten und technischen Begebenheiten umgesetzt werden kann, und
wirtschaftlich sinnvoll sein und somit auch als ein nachhaltiges Geschäftsmodell realisiert werden können.
Bild 2.1Die drei Faktoren der Innovation
Was aber, wenn eine Idee nicht alle drei Kriterien erfüllt?
Vielleicht ist eine Idee aus Kundensicht beispielsweise wirklich wünschenswert. Sie trifft die Bedürfnisse vieler potenzieller Nutzer mitten ins Herz. Und auch technologisch gesehen scheint sie umsetzbar zu sein. Aber trotz mehrfachen Nachrechnens wäre das Produkt wirtschaftlich einfach nicht profitabel.
Müssen Sie Ihre tolle Idee dann sofort fallen lassen, weil sie nicht funktionieren wird?
Keine Sorge, so schnell sollten Sie nicht aufgeben. Oft können Sie den einen oder anderen Aspekt modifizieren. Manches Mal reichen dazu schon minimale Anpassungen und schon springt die Innovationsampel auf Grün.
So könnten Sie sich zum Beispiel zu einem Geschäftsmodell zusätzliche Einnahmequellen einfallen lassen, die wiederum dazu führen, dass sich die Entwicklung Ihrer Lösung auch rechnet.
Außerdem gilt es zu beachten, dass sich alle drei Kriterien auch über die Zeit wandeln können. Die Bedürfnisse der Menschen ändern sich im Laufe ihres Lebens und neue Erfindungen ermöglichen erst die Machbarkeit. Beides zusammen kann auch dazu führen, dass wir mit einem vormals unwirtschaftlichen Produkt plötzlich doch Geld verdienen können.
Schauen wir uns die drei Kriterien aber einfach mal im Detail an.
Mit der Wünschbarkeit stellen Sie sicher, dass Ihre Idee ein echtes Problem Ihres Kunden bzw. Ihrer Stakeholder löst, weil Sie so sichergehen, dass Ihre Lösung auch das grundlegende Bedürfnis erfüllt.
Um das herauszufinden, stellen Sie sich am besten Fragen wie:
Wie kann ich meinen Nutzer dabei unterstützen, seinen Alltag angenehmer zu gestalten?
Was verändert sich für meinen Nutzer, wenn er dieses Produkt oder jenen Service nutzt? Was wird dadurch besser oder einfacher?
Was braucht mein Nutzer, damit er sich auf meine Lösung und mein Unternehmen einlassen kann?
Versetzen Sie sich in die Lage der Person, für die Sie eine Lösung entwickeln, und überlegen Sie, was ihr wirklichen Nutzen bringt. Der Dreh- und Angelpunkt ist, dass Sie Ihre Lösung vom Standpunkt des Kunden aus betrachten müssen.
Was genau sind Bedürfnisse?
Ein Bedürfnis ist der Wunsch, also das starke Verlangen, einen tatsächlichen oder subjektiv empfundenen Mangel zu beseitigen. In der Motivationspsychologie wird das Wort Bedürfnis (engl.: need) als ein zeitstabiles Merkmal bzw. eine Motivation bezeichnet, mit deren Hilfe bestimmte Ziele erreicht werden.
Oft wird das Wort „Bedürfnis“ dem Motiv gleichgesetzt. So gibt es Leistungsmotive (engl.: need for achievement), Machtmotive (engl.: need for power) und Intimitätsmotive (engl.: need for intimacy).
Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, abhängig von Bildung, Erziehung, Herkunft, Beruf, Einkommen, Vermögen, Alter, Geschlecht, Geschmack, Hobbys . . .
Bedürfnisse bilden die Grundlage allen menschlichen Handelns. Jede Aktion basiert letztlich somit auf menschlichem Verhalten, das sich aus Erwartung, Einstellung und Erfahrung zusammensetzt.
Wenn Ihre Idee aus Kundensicht brauchbare Antworten liefert, dann haben Sie das Kriterium der Wünschbarkeit erfüllt und können gleich loslegen. Sollte dies aber nicht der Fall sein, versuchen Sie Ihre Idee zu adaptieren und den einen oder anderen Aspekt noch nachzujustieren. Vergessen Sie aber auf gar keinen Fall, nach der Anpassung nochmals die Probe aufs Exempel zu machen und die Fragen erneut zu stellen.
Praxisbeispiel aus der Automobilbranche
Tesla adressiert mit seinen Produkten den Umweltschutz. Die Mission des Unternehmens lautet: Tesla steht für eine Mission: Die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie.1 So zeigen Studien, dass Kunden, die sich für einen Tesla interessieren, beim Fahren eines Benzin- oder Diesel-Autos sich vor allem Gedanken über die schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt machen. Tesla hat sich daher auf die Entwicklung und den Verkauf von Elektro-Autos konzentriert, die diese Sorge adressieren. Allerdings können oder wollen sich viele Menschen, die sich mit Fragen rund um Umweltschutz und Mobilität beschäftigen, einen doch recht teuren Tesla finanziell nicht leisten.
Das Unternehmen Tesla hat aber auch darauf eine Antwort gefunden: Sobald der Autopilot, der bereits in jedem neuen Tesla-Modell standardmäßig eingebaut, aber noch nicht aktiviert ist, wirklich ausgereift und vom jeweiligen Land freigegeben ist, wird das Auto autonom fahren. Das bedeutet, dass wenn ein Fahrer sein Ziel erreicht hat, sich das Auto selbstständig und ohne menschlichen Fahrer zu einem anderen Reisenden begeben, diesen abholen und zu seinem Zielort bringen kann.
Durch diese Lösung erweitert Tesla seinen potenziellen Kundenkreis, der zukünftig Teslas Autos bei Bedarf mieten kann. Aber auch intern führt diese Idee zu neuer Motivation. So hat das Team um Elon Musk eine neue, inspirierende Vision, der es folgen und die es nach und nach umsetzen kann.
Bei der Frage der Machbarkeit geht es einerseits darum, inwiefern ein Unternehmen die technischen Mittel und Fähigkeiten seitens der Mitarbeitenden bereitstellt, um das neue Produkt, den neuen Service oder Prozess zu entwickeln. Andererseits stellt sich dabei auch die Frage, ob die Technik bereits so ausgereift ist, dass die Ideen wirklich umgesetzt werden können.
Kurz gesagt geht es also darum, ob Sie eine Lösung mit den momentan verfügbaren Ressourcen entwickeln können oder nicht. Zu diesem Punkt stellen Sie sich folgende Fragen:
Verfügt Ihr Unternehmen über die technischen Gerätschaften, um das Produkt zu produzieren?
Gibt es ausreichend trainierte Mitarbeitende, die die Technik sachkundig bedienen können?
Verfügt das Unternehmen über die notwendigen finanziellen Mittel, um die Entwicklung dieser Idee auch weiterführen und letztlich umsetzen zu können?
Wenn die Geräte oder Kompetenzen nicht innerhalb des Unternehmens vorhanden sind, können diese anderweitig besorgt werden? Wie lange dauert es, bis Ihr Unternehmen alles Nötige am Start hat? Oder können Sie die Produktion teilweise outsourcen?
Wenn eine neue Lösung hauptsächlich die vorherrschenden unternehmensinternen Fähigkeiten nutzen kann und nur wenig investieren muss, um weitere Stärken aufzubauen, dann ist bereits viel gewonnen.
Wenn die Umsetzung Ihrer Idee komplett neue Ressourcen erfordert, ist eine Investition vielleicht nicht sinnvoll. Auf jeden Fall wird das ganze Vorhaben dann wesentlich riskanter.
Praxisbeispiel aus der Automobilbranche
Bleiben wir beim Beispiel von Tesla. Das Unternehmen will mit dem autonomen Fahren keineswegs vorhandene Carsharing-Modelle kopieren. Vielmehr will Tesla die Bedürfnisse der Sharing Economy erfüllen. Dazu kann sich das Unternehmen auf die Tesla-eigenen Kernkompetenzen verlassen.
Uber oder andere Unternehmen im Bereich des Carsharings sind daher für Tesla keine Konkurrenten, weil deren Produkte autonomes Fahren und umweltfreundlichen Fahrzeugantrieb bisher nicht implementiert haben.
Deren Geschäftsmodell befriedigt andere Bedürfnisse der Menschen, die Uber und Co. wiederum mit ihren eigenen Stärken erfüllen wollen.
Der Versuch, die Stärken anderer Unternehmen lediglich zu imitieren, geht meistens nach hinten los. Denn einerseits erfordert die bloße Kopie trotz allem viel zu viel Aufwand für eine Lösung, die bereits existiert – und andererseits hat Ihr Unternehmen bereits vor Beginn einen zumeist sehr starken Konkurrenten am Markt, gegen den es automatisch antreten muss.
Der letzte Test bei der Frage, ob Ihre Idee wirklich das Zeug zu einer echten Innovation hat, konzentriert sich auf die Wertschöpfungskette Ihrer Lösung. In dieser Kategorie geht es darum, sicherzustellen, dass Ihre Idee bereits jetzt und auch in Zukunft rentabel ist. Diese Fragen sollten Sie dazu beantworten:
Überlegen und überprüfen Sie, welchen Betrag Ihre Kunden wirklich für Ihre Lösung bereit sind zu zahlen.
Steht dieser Betrag in einem sinnvollen Verhältnis zu der Summe, die Sie für die Entwicklung und Umsetzung der Idee einsetzen müssen?
Wie nachhaltig ist Ihre Lösung? Bei der Frage zur Wirtschaftlichkeit geht es nicht nur um den Profit, sondern auch darum, inwiefern Ihre Idee zum Gemeinwohl beiträgt und wie nachhaltig diese ist.
Praxisbeispiel aus der Automobilbranche:
Tesla hat natürlich auch diesen Aspekt der Innovation betrachtet und in seine Überlegungen miteinbezogen. Anstatt sich auf kurzfristige Gewinne zu konzentrieren, investiert Tesla viel im Vorfeld in die Entwicklung und baut die neuesten Modelle so auf, dass es für das Unternehmen nur einen geringen Aufwand bedeutet, sie zukünftig zum autonomen Fahren umzurüsten.
In all diesen Überlegungen wurde auch die gesamte Infrastruktur mitbedacht, wie beispielsweise das einzigartige Netzwerk an Schnellladestationen.
Teslas erklärtes Ziel ist, die Fahrer bestmöglich zu unterstützen, sodass diese schnell, wohlbehalten und auch ausgeruht an ihrem geplanten Reiseziel ankommen.
Selten erfüllt eine neue Idee bereits zu Beginn alle Kriterien zu hundert Prozent. Das ist auch vollkommen in Ordnung. Jede Idee startet klein und muss erst mal wachsen. Deswegen ist es so wichtig, immer neue Informationen zu sammeln, zu testen, zu experimentieren und sich Feedback – am besten von potenziellen Kunden – zu holen. Iteration sollte der wichtigste Verbündete für Ihre Innovationsstrategie sein.
Aber auch das richtige Timing ist ein wesentlicher Faktor, wenn es darum geht, ob Ihre Idee erfolgreich ist oder nicht. Sie müssen sicherstellen, dass die richtigen Ideen zu dem Zeitpunkt aufgedeckt werden, an dem sie am dringendsten benötigt werden.
Die wirklichen Erfolgsgeschichten von bahnbrechenden Innovationen sind immer eine Mischung der drei Faktoren gepaart mit dem richtigen Zeitpunkt. Neben der perfekten Umgebung und dem Team bieten diese Dinge den passenden Nährboden für das Wachstum Ihrer Ideen. Der richtige Zeitpunkt einer Idee ist eine starke Determinante für den Erfolg einer Idee. Gerade wenn Sie mit Endkunden zusammenarbeiten, ist es wichtig, mit Ihrer Idee nicht zu früh dran zu sein, bevor der Markt überhaupt bereit dafür ist. Sie sollten aber auch nicht mit Ihrer Idee warten, bis der Markt beispielsweise bereits mit Wettbewerbern gesättigt ist.
Wenn Sie zu früh mit einer Innovation für ein Produkt oder einen Service dran sind, gibt es oftmals nicht genügend Early Adopters, die Ihnen erste Rückmeldungen geben können. Oder auch die Technologie oder die Infrastruktur sind noch nicht ausreichend entwickelt, um eine breite Akzeptanz zu unterstützen. Wenn Sie zu spät dran sind, ist es schwierig, Kunden in einem überfüllten Markt zu gewinnen und etablierte, angenommene Wertversprechen zu übertreffen.
Der Begriff Early Adopter bezeichnet eine Person oder ein Unternehmen, das ein neues Produkt, eine Innovation oder eine Technologie vor anderen nutzt. Meistens zahlt ein Early Adopter mehr für ein Produkt als andere Nutzer es tun, allerdings tut er/sie es in der Hoffnung, dass die Anwendung des Produkts oder der neuen Technologie entweder die eigene Effizienz verbessert, die Kosten senkt oder den eigenen sozialen Status erhöht.
Unternehmen profitieren vom Feedback der Early Adopters, da sie so schneller Produktmängel und blinde Flecken erkennen. Denn die Verbreitung und/oder Akzeptanz eines neuen Produkts auf dem Markt kann je nach Produkttyp und Preis variieren und ist oft mit einem hohen Risiko verbunden.
Bild 2.2Diffusionstheorie nach Rogers und die „Early Adopters“
Fragen zum richtigen Timing sind: