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Diese Geschichte ist frei erfunden, Eimsbüttel erinnert an meine Jugendzeit, die »Gasse« gibt es so nicht, wohl ähnliche Straßen. Über Tibet habe ich verschiedene Dokus gelesen und eventuelle Ähnlichkeiten mit Personen wären rein zufällig. Das ist, was es ist, ein Roman. Gewidmet meinem lieben 2011 verstorbenen Mann.
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Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Diese Geschichte ist frei erfunden, Eimsbüttel erinnert an meine Jugendzeit, die »Gasse« gibt es so nicht, wohl ähnliche Straßen.
Über Tibet habe ich verschiedene Dokus gelesen und eventuelle Ähnlichkeiten mit Personen wären rein zufällig.
Das ist, was es ist, ein Roman.
Gewidmet meinem lieben 2011 verstorbenen Mann. Helga Mladek – 2016
Mitte September, bunte Blätter tanzen ihren letzten Tanz, sinken ermüdet auf Straßen und Wege.
Die Sonne erfreut uns noch einmal mit ihrem nunmehr silbernen Glanz, weiße Wolkentupfen am blauen Himmel. Schön ist es.
Ich sitze in der U-Bahn von Hamburg-Billstedt Richtung Schlump und fahre gerade vom Rathaus hoch über Baumwall und Landungsbrücken.
Das Wasser glitzert und gerade fährt ein Mississippi-Raddampfer vorbei. Einige Barkassen dümpeln vor sich hin und am Kai liegt das Museumsschiff »Rickmer-Rickmers«. Für uns, meinen Mann und mich, ist heute ein neuer Anfang, unser erster Arbeitstag in unserer Detektei in Hamburg-Eimsbüttel.
Ein Anfang nach einem langen Arbeitsleben. Wir sind beide über sechzig. Vor zwei Jahren wurden wir – wie viele – arbeitslos und gingen in den Vorruhestand.
Nun wurde natürlich das Geld knapper und das reine Rentner-Dasein war auch nichts für uns. Wir wollten noch irgendetwas leisten.
Aber was?
Die Detektei-Idee wurde bei einer Kaffeerunde mit Freunden geboren. Mein Spitzname war immer Miss Marple wegen meiner Neugier, und eine Freundin meinte: »Du willst immer alles genau wissen, alles erforschen. Wie wäre es mit einem Detektivbüro?« Mein Mann Walter war zuerst nicht so begeistert und es kostete einige Überredungskunst, und so einfach war es dann auch nicht.
Wir machten erst einmal diverse Kurse, bis wir eines Tages die Lizenz bekamen.
Nun fehlte uns noch ein Büro.
Stadtmitte, Zentrallage wäre natürlich gut gewesen, aber viel zu teuer.
Eines Tages sahen wir dann im Wochenblatt eine kleine Anzeige: »Hamburg-Eimsbüttel – Nachmieter für 70-qm-Wohnung gesucht.« Telefonnummer des Maklers stand dabei.
Eimsbüttel, meinte ich – eigentlich meine Heimat. Dort bin ich – mit Pausen durch den Krieg – groß geworden. Oft war ich nach meiner Heirat und dem Tod meiner Eltern nicht mehr dort gewesen. Auch meine Freundinnen von früher leben zumeist woanders.
Die Nostalgie hatte mich zu fassen.
Ich machte mit dem Makler einen Termin aus und wir sahen uns die Wohnung an.
Sie lag in der »Kleinen Gasse« im zweiten Stock eines fünfstöckigen Jugendstilhauses. Einen Fahrstuhl gab es nicht und die Treppe ähnelte einer breiteren Wendeltreppe.
Doch nun zur Wohnung:
Es war ein Gefühl, nach Hause zu kommen. Sie glich der Wohnung meiner Eltern sehr. An den Decken Stuckränder und Rosetten und auch die alten Öfen waren noch vorhanden, die wir allerdings damals schon erneuert hatten.
Im Wohnzimmer dominierte in einer Ecke der große raumhohe Kachelofen, weiß mit Stuckaufsatz. Im Schlafzimmer und einem kleineren Zimmer waren schöne gusseiserne Öfen mit Rosetten und Klappen, wo man Bratäpfel schmoren konnte, und in der Küche war tatsächlich noch der große gekachelte Herd mit einer blitzblank geputzten Herd-Messingstange vorhanden. Die Wände waren mit Jugendstil-Tapeten verkleidet, die eigentlich noch sehr gut aussahen.
Eine Renovierung konnte man vorerst sparen, und es waren noch alte Möbel vorhanden.
»Es sieht nicht nach Büro aus«, meinte mein Mann. »Das weiß ich«, meinte ich, »aber es wäre gerade noch bezahlbar für uns.
Die Wohnung hatte vorher zwei alten Damen gehört, einer Kunigunde von Öllern und ihrer Zofe Ottilie Schmidt. Frau von Öllern war verstorben und ihre Zofe in ein Altersheim gegangen. Sie hatte die Wohnung zur Nachvermietung freigegeben.
Es waren auch noch Möbel vorhanden, alt, doch gut erhalten. Die konnten wir übernehmen.
Im Wohnzimmer, was unser Sprechzimmer werden sollte, stand ein wunderschöner alter Schreibtisch mit Ledersessel. Dazu ein imposantes Büfett, was zwar auch nicht in ein Büro gehörte, doch es bot viel Platz für Ordner und Papiere.
Den Pitchpineboden zierte ein etwas abgetretener, doch gut erhaltener roter Perserteppich.
»Lass uns doch hier erst einmal anfangen«, sagte ich, und so machten wir einen Mietvertrag.
Die »Kleine Gasse« zeigte nicht so sehr viel her, ein kleines Sträßchen mit je zehn fünfstöckigen Häusern auf jeder Seite, getrennt durch die kopfsteingepflasterte Fahrspur.
Einige alte Laternen erhellten abends die Dunkelheit und ein mageres Bäumchen mickerte vor dem Haus vor sich hin.
In dem Wochenblatt, wo wir die Wohnung gefunden hatten, entdeckten wir in einer Anzeige auch noch unser Werkzeug, das heißt einen gebrauchten PC, ein Faxgerät und ein Telefon mit Anrufbeantworter.
Alles wurde angeschlossen und angemeldet und war nun betriebsbereit. Ordner, Papier, Schreibstifte, alles war parat.
Walter, mein Mann, brachte seinen gebrauchten Golf mit ein und natürlich seine Kamera von wegen der Observation.
Es konnte also losgehen.
In den Wochenblättern hatten wir annonciert – unser Name »Detektei Durchblick«.
Später dann saß ich in unserem Büro in dem breiten gemütlichen Ledersessel an meinem Schreibtisch und wartete auf das, was hoffentlich bald kommen sollte – nämlich Kunden.
Mein Mann, Walter, inzwischen auch eingetrudelt, brachte unten an der Hauswand noch unser neu erstandenes Firmenschild in glänzendem Messing an.
Ich hörte Stimmen – und wer noch? – ein Kunde? Es war Frau Schulze, die Frau von gegenüber, jeden kennend, über alles Bescheid wissend und von einer Neugierde, die meiner noch weit überlegen war.
Frau Schulze, seit sieben Jahren Witwe, redete wie ein Wasserfall. Nach kurzer Zeit brummte mir der Kopf, doch sie brachte uns bei, dass wir sie unbedingt brauchen würden. Wir könnten doch nicht zu unserer Arbeit auch noch saubermachen und sie wollte doch auch nur 15 Euro die Stunde, was ja wirklich günstig war.
Frau Schulze war unsere erste Personalerweiterung, eine Investition, die wir nie bereut haben.
Sie zählte bald zur Familie, machte sauber, kochte Kaffee, holte Brötchen, brachte Kuchen mit und – besonders wichtig – fütterte uns mit Neuigkeiten! Einen habe ich noch vergessen, »Schnurri« – den Kater, auch eine Hinterlassenschaft der Vormieter. Er war kein Edelexemplar, normal getigert, doch von hoheitsvollem Wesen und unbestimmbaren Alter.
Frau Ottilie Schmidt, die Zofe, hatte ihn nicht mit ins Altersheim nehmen können.
Zuerst hatte ich das Gefühl, Schnurri guckte nur verächtlich zu, was wir so taten, doch mit der Zeit und je nach Laune geruhte er sich auch einmal streicheln zu lassen.
Unsere Kunden oder Klienten teilte er nach gut oder schlecht ein. Wenn er meinte, der ist nichts, verließ er hocherhobenen Hauptes und Schwanzes den Raum. Hielt er den Kunden für genehm, blieb er auf dem Teppich vor dem Ofen liegen und blinzelte mir aus einem Auge zu.
Nun – mich selbst und meinen Mann Walter habe ich auch noch nicht näher vorgestellt.