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Nichts ist zu klein für ein Gedicht. Brauchen Spinnen in der Straßenbahn eine Netzfahrkarte? Wie kommen Kaulquappen ans Zugfenster? Wo kann man an vier Ketten mal so richtig abhängen? Und was geschah eigentlich neulich in Alicante? Veronika Käter betrachtet die Welt mit neugierigen Augen und findet dabei Dinge, die bei näherem Hinsehen das Leben zu einem Gedicht werden lassen.
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Seitenzahl: 29
Veröffentlichungsjahr: 2019
Veronika Käter
Dicht auf den Versen
Für meine Eltern
Augenblick
bleibe mit
Stift und Papier
dir dicht auf den
Versen.
Wolkenschieberin –
mein Traumberuf!
Mit stürmischen Händen
zaubere ich sonniges Land
schattenscheckig.
Sommerregen
auf Staubpflaster –
ein kurzer Augenblick
und ein wunderbarer Duft
vergeht.
Nase
im Herbst
schon doch noch
strahlt Kornblumenauge am Wegesrand
Sommer.
Meine
Hast überschreitet
silbrig angetrocknete Spuren
von nächtlichen Wegen der
Schnecken.
Mauersegler
umturnen einander
stofflos ihr Pfeifen
auf Lüften des nahenden
Regens.
Tanzen
im Kreis
weiche weiße Wollkugeln
gewiegt im Wind sind
Pappelkinder.
Prisen
schwarzer Vögel
würzen den Himmel
im Orangeblau des frühen
Abends.
Ist es von eigner Sorte
Wellenflug
Drei Euro für ein paar Minuten.
Ich hab es passend: eins plus zwei.
Die Sitze außen sind die guten.
Ich nehme Platz, ich bin so frei.
Noch beide Füße fest am Boden.
Fanfare tönt. Es geht empor.
Die Bodenhaftung aufgehoben,
komm ich mir leicht und schwebend vor.
Ich werd bewegt, und doch ist Ruh da,
ich hänge ab und hänge an
vier Ketten für ein Halleluja:
ich bin zuvor und jetzt und dann.
Ich fliege über meinen Schatten.
Die Ewigkeit vergeht so schnell
und steigt mit Schritten weich wie Watten
hinab vom Kettenkarussell.
Schläfchen
Schnell nochmal ins Bett zurück!
Draußen toben kalte Winde.
Weich und warm, so ist das Glück,
das ich in den Kissen finde.
Längst ist alles eingeräumt,
was ich in des Tages Hast
brauche. Doch erst wird geträumt,
wenn ich in die Kissen tauche.
Nochmal seufzen, nochmal spüren,
dass die Welt mir gar nichts kann.
Ganz und gar, an allen Vieren
fühlt sich’s gut und richtig an.
Liege dort, die Augen zu,
tanke Kraft vorm Haus-Verlassen.
Senke mich in süße Ruh,
flüchte, eh der Sog der Massen
mich hineinzieht in den Strom:
Wochentagsalltäglichkeit
jener, die in Brot und Lohn.
Ist das denn die Möglichkeit?
Ja, sie ist’s! Ich kann’s gestehen,
schlüpf beschwingt in meine Schuhe.
Kraft, der Welt ins Aug‘ zu sehen,
gibt mir diese Morgenruhe.
Frühstücksgast
Sei mir willkommen, später Brummer!
Flogst vom Balkon in meine Küche,
denn draußen siecht ein alter Sommer –
hier drinnen gibt es Süßgerüche.
Unschlüssig flügelst du im Kreise,
weißt scheinbar weder aus noch ein.
Mein Herz folgt dir in gleicher Weise:
nicht Sommers satt. Soll Herbst schon sein?
Mein Herz bereit
für dich wäre es
etwas anderes
hab ich nicht
bei mir bin ich
mir gar nicht
so sicher dein Blick
trifft mich tief
in meine Seele
will ich dich
lassen wir einander
noch etwas Zeit.
Die Poesie steht auf der Straße,
sie geht zu Fuß, sie radelt Rad,
in schnellem oder trägem Maße
fließt sie im Fluss, in Land und Stadt.
Sie wirbelt fort in schnellen Winden,
ist tief und oben auch zu finden,
kann stille sein und Luft zufächeln,
meint sie es gut, lässt sie dich lächeln.
Manchmal gehört sie zu den Bösen –
doch immer kann sie dich erlösen.
bachstelze
stelz ich am bach
stelzen mir nach
bachstelzeriche.
stelz ich am zaun
neugierig schaun
zaunkönigliche.
stelz ich am strand
kommen gerannt
strandläuferiche.
komme mir selbst
wo ich auch stelz
kaum auf die schliche.
Wie im Märchen
Der Wind, der Wind,
das himmlische Kind.
Es ist schon unglaublich, wie Türen jetzt sind:
Erst gehn sie nicht auf,
dann knallen sie zu,
mal säuselt es drunter: ein Ruckediku.
Die Wolken sind des Windes Knechte,
ziehn von der linken auf die rechte
Seite des Meeres, dessen Brausen
dein Herze nährt und deine Flausen.
Die Sprache gehorcht mir aufs Wort
Mein Tintenfischlein schwimmt voran,