Die 5 Ringe der Sicherheit - Florian Peil - E-Book

Die 5 Ringe der Sicherheit E-Book

Florian Peil

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Beschreibung

Ob im Alltag, auf Reisen oder unterwegs in Krisengebieten - dieses Buch gibt Ihnen mit den fünf Ringen der Sicherheit erprobte Werkzeuge an die Hand, um Ihre persönliche Sicherheit sofort zu erhöhen und Risiken und Gefahren künftig souveräner und smarter zu begegnen. Die Ringe stehen für fünf Verhaltensprinzipien, die weltweit anwendbar sind und sich als Schutz bei Angriffen durch Kriminelle, Terroristen, Stalker und Sexualstraftäter bewährt haben. Sie lernen unter anderem, Ihren persönlichen Gefahrenradar so gezielt einzusetzen, dass Sie potenzielle Bedrohungen frühzeitig erkennen; Gefahrensituationen souverän zu überstehen, indem Sie schnellere und bessere Entscheidungen treffen; sich in der Öffentlichkeit so unauffällig zu bewegen, dass potenzielle Angreifer Sie gar nicht erst wahrnehmen. Florian Peil begleitet Sie auf Ihrem Weg hin zu mehr Sicherheit - ob in Rio de Janeiro, der Wüste Mauretaniens oder in der U-Bahn von Berlin. Zahlreiche Fallbeispiele illustrieren die Anwendung der fünf Ringe in der Praxis und machen das Buch zu einem spannenden und hilfreichen Lesevergnügen.

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Florian Peil

Die 5 Ringe der Sicherheit

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

©2021 Florian Peil, Berlin | www.florianpeil.de

Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mithilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Autors untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten. Die Benutzung dieses Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Rechts- und Schadensersatzansprüche sind ausgeschlossen. Das Werk inklusive aller Inhalte wurde unter größter Sorgfalt erarbeitet. Der Autor übernimmt keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte des Buches.

Es kann keine juristische Verantwortung sowie Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstandene Folgen von dem Autor übernommen werden.

Lektorat: Ute Flockenhaus | www.uteflockenhaus.de

Umschlaggestaltung und Satz: Martin Zech | www.martinzech.de

Korrektorat: Ulrike Hollmann

Herstellung und Verlag: tredition GmbH, Halenreie 40–44,

22359 Hamburg

ISBN 978-3-347-34938-4 (Paperback)

ISBN 978-3-347-34939-1 (Hardcover)

ISBN 978-3-347-34940-7 (e-Book)

FLORIAN PEIL

DIE 5 RINGE DER SICHERHEIT

MIT RISIKEN UND GEFAHREN SOUVERÄN UMGEHEN

IM ALLTAG UND AUF REISEN

INHALT

 

 

Einleitung: So geht persönliche Sicherheit

RING 1MINDSET

 

Die Psychologie der Stärke

 

 

Wissen: Die Bedrohungslage kennen

 

 

Verantwortung: Sicherheit beginnt mit einer Entscheidung

 

 

Wahrnehmung: Ignorieren, Leugnen, Verdrängen

 

 

Mehr Sicherheit durch weniger Wahrnehmungsfehler

 

 

Confirmation Bias und Availability Bias

 

 

Praxis: Wie man das eigene Mindset kalibriert

 

 

Fact-Box: Mindset

 

 

Story: Ahnungslos in Mexiko von Jan Kestner

RING 2RISIKOFORMEL

 

Wie die Risikoformel funktioniert

 

 

Zwei Routen, zwei Bedrohungslandschaften

 

 

Die Risikoformel im Alltag

 

 

Geschäftsreise nach Indien

 

 

Praxis: 6 Schritte für mehr Sicherheit

 

 

Fact-Box: Risikoformel

 

 

Story: Als Risikomanager in Haiti von Malte Roschinski

RING 3SITUATIVE AUFMERKSAMKEIT

 

Awareness als Gefahrenradar

 

 

Die 4 Stufen von Awareness

 

 

Der Cooper Color Code

 

 

Den Farbcode in der Praxis einsetzen

 

 

Die Awareness-Killer: Smartphones und Paranoia

 

 

Praxis: Wie Sie Ihre Umgebung lesen lernen

 

 

Fact-Box: Situative Aufmerksamkeit

 

 

Story: Situative Aufmerksamkeit im Krieg von Tatjana Ohm

RING 4OODA-LOOP

 

Gefahrensituationen mit OODA souveräner überstehen

 

 

Die 4 Phasen: Observe, Orient, Decide, Act

 

 

Ein Plan für den Ernstfall

 

 

Die Straßengang und der Loop

 

 

Praxis: Den OODA-Loop in den Alltag integrieren

 

 

Fact-Box: OODA-Loop

RING 5LOW PROFILE

 

Nicht aus der Masse herausstechen

 

 

Die Brücke in Kairo

 

 

Low Profile in der Praxis

 

 

Aussehen anpassen

 

 

Angemessenes Auftreten

 

 

Interkulturelle Kompetenz

 

 

Bleiben Sie anonym

 

 

Prominente leben gefährlich

 

 

Low Profile im Internet

 

 

Wo Low Profile nicht funktioniert

 

 

Praxis: Standard Operating Procedure (SOP)

 

 

Fact-Box: Low Profile

 

 

Story: Low Profile im Personenschutz von Christian Eck

BONUS-KAPITEL

 

5 REGELN FÜR GEFAHRENSITUATIONEN

 

 

Nachwort

 

 

Literatur

 

 

Über den Autor und die Co-Autoren

 

 

Dank

EINLEITUNGSO GEHT PERSÖNLICHE SICHERHEIT

In diesem Buch geht es um Sicherheit. Es geht um die Frage, wie jeder für seine persönliche Sicherheit sorgen kann. Dieses Buch soll Sie in die Lage versetzen, Ihre persönliche Sicherheit ab sofort selbst in die Hand zu nehmen. Vereinfacht gesagt, stellen wir Sicherheit her, indem wir bestehende Risiken für die betreffenden Menschen minimieren. Je geringer das eigene Risiko, desto höher der Grad an persönlicher Sicherheit.

Was braucht es also, um smart mit Risiken umzugehen und Bedrohungssituationen fortan souverän meistern zu können?

Die fünf Ringe der Sicherheit

Die Lösung ist überraschend einfach. Und anders als Hollywood oder Netflix uns glauben machen wollen, geht es dabei nicht um Waffen oder spektakuläre Kampfkünste, auch wenn diese zweifelsohne nützlich sind. Persönliche Sicherheit funktioniert anders. Jahrelanges Training ist dafür ebenso wenig nötig wie Waffen oder eine teure Ausrüstung.

Um für uns Sicherheit herzustellen, benötigen wir einen »Werkzeugkasten«. Dieser Werkzeugkasten oder dieses Set an Tools umfasst fünf Fertigkeiten, die jeder Mensch erlernen kann. Jede dieser Fertigkeiten wirkt dabei wie ein Schutzring. Mehr Ringe bedeuten ein Mehr an Sicherheit. Zusammengenommen bilden diese Fertigkeiten die fünf Ringe der Sicherheit.

Das Buch ist als Benutz-Buch gedacht und soll Ihre persönliche Sicherheit erhöhen. Sie müssen also nicht mit Kapitel eins anfangen, sondern können bei dem Ring einsteigen, der Sie am meisten interessiert. Suchen Sie sich das heraus, was Ihnen hilft. Jedes Werkzeug ist grundsätzlich auch einzeln nutzbar. Die Tools können Sie überall anwenden, zu Hause im Alltag genauso wie auf Ihren privaten oder beruflichen Reisen und vor allem natürlich in Krisengebieten.

In meiner Arbeit als Sicherheitsberater wende ich die fünf Ringe ständig an – einige davon täglich –, je nachdem wo auf der Welt ich mich gerade aufhalte. Gemeinsam werden wir uns in diesem Buch also anschauen, warum die fünf Ringe in Berlin-Mitte genauso funktionieren wie in einem Slum in Kenia, in der Wüste Mauretaniens ebenso wie auf einem Spaziergang in Rio de Janeiro oder beim Karneval in Köln. Gemeinsam mit einigen meiner Kolleginnen und Kollegen werden wir Sie in diesem Buch mitnehmen, wenn wir als Risikomanager im Irak unterwegs sind, durch den Souk in Kairo streifen oder eine Entführung in Beirut beobachten. Dabei begegnen wir nicht nur Kriminellen und Terroristen, sondern auch einem toten Rapper, den Juwelen von Kim Kardashian, dem Kalifen Harun ar-Raschid aus 1001 Nacht und sieben Hobbits mit Trompeten. Sie werden erfahren, dass unsere eigenen Wahrnehmungsfehler uns häufig einen Streich spielen. Unterwegs wird Jason Bourne kurz zu Ehren kommen, James Bond hingegen nicht.

DAS EISBERG-PRINZIP

Rund 90 Prozent eines Eisbergs befinden sich unter der Wasseroberfläche. Sichtbar ist nur die sprichwörtliche »Spitze des Eisbergs«. Wer sich als Kapitän im Polarmeer nur auf seine Augen verlässt, wird sein Schiff mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Grund setzen. Wer jedoch um die Eismassen unter Wasser weiß, hat sehr gute Chancen, Schiff und Crew sicher durch die Gefahrenzone zu manövrieren.

Mit der persönlichen Sicherheit verhält es sich ähnlich wie mit Eisbergen: Der weitaus größte Teil der Sicherheitsmaßnahmen ist nur für Erfahrene sichtbar. Die effektivsten Stellschrauben liegen deutlich unterhalb der Wasseroberfläche. Doch aus meinen Sicherheitstrainings und meiner Beratungspraxis weiß ich, dass viele Menschen Sicherheit mit »Selbstverteidigung« oder »Waffen« gleichsetzen – Hollywood lässt grüßen. Aber das ist ein Trugschluss.

Tatsächlich beginnt Sicherheit viel früher, weit vor einer körperlichen Auseinandersetzung oder einer Attacke durch Kriminelle oder andere Täter. Persönliche Sicherheit fußt auf einer geschulten Wahrnehmung und einer adäquaten Vorbereitung auf Gefahrensituationen. Diese Vorbereitung wiederum basiert auf dem Wissen darum, wie Angreifer ihre Taten planen und vorbereiten.

Jedem Angriff geht aufseiten der Täter eine Phase der Vorbereitung voraus. Wer in der Lage ist, die eigene Umgebung zu lesen und solche Vorbereitungshandlungen zu erkennen, der kann proaktiv handeln und bedrohliche Situationen frühzeitig entschärfen. Wer sich hingegen nur auf eine mögliche körperliche Auseinandersetzung fokussiert, der sieht nur die Spitze des Eisbergs und hat neunzig Prozent der Tat, nämlich die Tatvorbereitung im Vorfeld, nicht wahrgenommen.

Das vorliegende Buch konzentriert sich auf den entscheidenden Faktor für die persönliche Sicherheit: den »Faktor Mensch«. Es geht um Bedrohungen, die von anderen Menschen ausgehen; es geht um Kriminelle, Terroristen, Stalker und Sexualtäter, die andere Menschen bedrohen und dadurch deren Sicherheit gefährden. In diesem Buch möchte ich Ihnen die Perspektive von Tätern näherbringen: wie sie denken, wie sie ihre Angriffe planen und durchführen. Modelle wie der »feindliche Angriffszyklus« und das »Dreieck der Kriminalität« helfen dabei, Täter und ihr Vorgehen zu entmystifizieren. Ebenso geht es um Situationen, in denen Menschenmassen zu einer Gefahr werden können: durch Unruhen, Mobs oder Demonstrationen. Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis sind hingegen nicht Thema dieses Buches, auch wenn einige der hier vorgestellten Werkzeuge Ihnen auch in solchen Szenarien helfen können.

Die in diesem Buch beschriebenen Werkzeuge zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Mindset so kalibrieren, dass Sie fortan mit einer »Psychologie der Stärke« durchs Leben gehen (Ring 1). Die Risikoformel ist ein Werkzeug, mit dem Sie schnell die entscheidenden Hebel identifizieren, um das eigene Risiko in unterschiedlichsten Situationen zu verringern und auf diese Weise die eigene Sicherheit zu erhöhen (Ring 2). Situative Aufmerksamkeit ist Ihr persönlicher Gefahrenradar, der Sie frühzeitig auf mögliche Bedrohungen aufmerksam macht (Ring 3). Der OODA-Loop hilft Ihnen, in Gefahrensituationen schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen und diese Situationen so souveräner zu überstehen (Ring 4). Schließlich erfahren Sie, wie man sich so unauffällig in der Öffentlichkeit bewegt, dass Kriminelle und andere Angreifer Sie gar nicht erst als mögliches Ziel identifizieren (Ring 5).

Selbstverständlich empfehle ich nur Tools, die ich selber anwende und von denen ich weiß, dass sie funktionieren. Einige der hier vorgestellten Werkzeuge habe ich bereits in meinem 2016 erschienenen Buch »Terrorismus – wie wir uns schützen können« skizziert. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben mir diese Werkzeuge Dutzende Male geholfen, brenzlige Situationen unversehrt zu überstehen. Einige dieser Situationen beschreibe ich in den folgenden Kapiteln. Das Gleiche berichten viele meiner geschätzten Kolleginnen und Kollegen, denen dieselben Tools im Alltag genauso helfen, und zwar in so unterschiedlichen Kontexten wie Afghanistan, Haiti, Mexiko, Kongo, Pakistan oder Russland. Einige von ihnen berichten in diesem Buch aus ihrem beruflichen Alltag.

Alle Geschichten und Fallbeispiele in diesem Buch habe ich so auszuwählen versucht, dass sie die vorgestellten Werkzeuge und ihren jeweiligen Nutzen in der Praxis möglichst anschaulich darstellen. Es ging mir also nicht darum, Ihnen besonders gefährliche Situationen zu präsentieren, die meine Co-Autoren und ich erlebt haben. Davon gäbe es einige. Doch diese Geschichten würden entweder den Nutzen der Werkzeuge weniger eindeutig illustrieren oder sie sind mit Verschwiegenheitsklauseln belegt, weil sie unter Umständen stattgefunden haben, über die nicht berichtet werden darf. Selbst wo das nicht explizit der Fall ist, wird im seriösen Teil der Sicherheitsbranche über potenziell vertrauliche Inhalte nicht gesprochen. Entsprechend habe ich einige Details der in diesem Buch beschriebenen Geschichten verändert oder teilweise bewusst unscharf beschrieben, um Personen, Projekte oder Operationen zu schützen. Das gilt auch für die Storys meiner Co-Autoren.

Und auch dies ist mir wichtig anzumerken: Keines der fünf Werkzeuge habe ich selbst entwickelt, erfunden oder gar als Erster in der Praxis eingesetzt. Die hier vorgestellten Tools werden im Gegenteil seit Langem von Sicherheitsprofis in Militär, Nachrichtendiensten und bei der Polizei sowie in der Privatwirtschaft, etwa im Personenschutz, angewendet und haben sich entsprechend in der Praxis bewährt und das Leben unzähliger Menschen sicherer gemacht, auch unter härtesten Bedingungen. Ich habe diese Tools lediglich zu einem System zusammengestellt – den fünf Ringen der Sicherheit.

Das Ziel dieses Systems ist Prävention. Es geht immer darum, Angriffe durch Kriminelle, Terroristen, Stalker oder Spione proaktiv zu verhindern und damit aus einer Position der Stärke heraus zu handeln, anstatt sich durch Angreifer in die Defensive drängen zu lassen. Nur wer Sicherheit proaktiv begreift, kann Bedrohungen frühzeitig identifizieren und durch angepasstes Verhalten rechtzeitig entschärfen. Angriffe lassen sich allerdings nur verhindern, wenn wir die Bedrohungslandschaft und die zugehörigen Bedrohungsakteure, also die in einem Kontext bestehenden Bedrohungen und die tatsächlichen und potenziellen Angreifer, genau kennen und stets im Auge behalten.

Das Handwerk »Sicherheit« habe ich von der Pike auf gelernt. In einer deutschen Sicherheitsbehörde war ich im Bereich der Terrorismusbekämpfung eingesetzt, immer an der Schnittstelle zwischen operativer Tätigkeit und Analyse. Mein tägliches Geschäft bestand vor allem in der Identifizierung und fortlaufenden Überwachung von Dschihadisten. Unser Auftrag war es, potenzielle Attentäter frühzeitig zu identifizieren und effektive Maßnahmen zu entwickeln, um die von ihnen ausgehende Bedrohung für die Gesellschaft zu neutralisieren. In dieser Zeit bin ich viel unterwegs gewesen und habe Männer kennengelernt, von denen einige später zu Terroristen wurden.

Die für diesen Job notwendige Kenntnis bestimmter Kulturen, Kontexte und Milieus hatte ich mir vor allem in meinem Studium der Islamwissenschaften angeeignet sowie durch zahllose Studien- und Arbeitsaufenthalte. Vor allem im Nahen Osten und Nordafrika bin ich nunmehr seit zwanzig Jahren regelmäßig unterwegs. Dutzende Lehrgänge in Psychologie, Kommunikation sowie in verschiedenen operativen und taktischen Themen kamen hinzu. Später machte ich an der Steinbeis-Hochschule Berlin zusätzlich den Abschluss als »Certified Investigation Expert«. Seither bin ich als Sicherheitsberater für Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen tätig. In meiner beruflichen Praxis nutze ich ebenjenen proaktiven Ansatz, für den ich auch in diesem Buch werbe.

Was Ihre persönliche Sicherheit angeht, so können die fünf Ringe Ihr Werkzeugkasten für einen souveränen Umgang mit Risiken und Gefahrensituationen werden. Ich behaupte sogar, dass die Anwendung der fünf Ringe die Wahrscheinlichkeit drastisch verringert, dass Sie überhaupt in gefährliche Situationen geraten. Darüber hinaus werden die fünf Ringe nach und nach Ihren eigenen Radius und Spielraum erweitern; Sie werden nicht nur sicherer, sondern auch freier unterwegs sein können, weil Sie gelernt haben, mit Risiken und Gefahren souverän umzugehen.

Berlin, im Juni 2021

Florian Peil

RING 1MINDSET

Fünfzehn Männer und Frauen saßen in einem Halbkreis und schwiegen. Einigen waren die Anstrengungen der vergangenen Tage ins Gesicht geschrieben. Andere saßen entspannt und ausgeruht auf ihren Stühlen.

Viele lächelten freundlich, Anstrengung hin oder her. Nun warteten alle auf das finale Feedback dieses Sicherheitstrainings.

Ich trat in den Halbkreis und sagte: »Das Training mit der Gruppe in der letzten Woche war wesentlich leichter. Die wussten nämlich schon alles.« Einen Moment war Stille, dann brachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Gelächter aus. Denn tatsächlich war es genau andersherum gewesen. Das wussten auch die Frauen und Männer, die jetzt vor mir saßen. Da jedes Training auch von den Erfahrungen und Erlebnisberichten anderer Teilnehmer lebt, hatte ich hier und dort von anderen Trainings berichtet. Das Training der Vorwoche hatte ich dieses Mal des Öfteren zur Sprache gebracht, einfach aus dem Grund, weil ich nie zuvor zwei derart gegensätzliche Gruppen trainiert hatte.

Die erste Gruppe bestand ausschließlich aus Personen Mitte zwanzig, von denen mehr als zwei Drittel Frauen waren. Alle hatten ein Studium mit sehr guten Noten abgeschlossen und gerade ihren ersten Job angetreten. Sie waren intelligent, schnell im Kopf, interessiert, streitbar und stark in Diskussionen. Die meisten hingen zudem irgendeinem »-ismus« an, also einer der Ideologien, die sie dazu motivierte, in die Welt hinauszugehen, um diese zu einem besseren Ort zu machen. Das Wort »ich« fiel sehr häufig. Was den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Gruppe hingegen fehlte, waren Erfahrungen, von einigen kurzen Praktika im Ausland abgesehen. Jetzt standen sie kurz davor, von ihrem Unternehmen das erste Mal längerfristig ins Ausland entsandt zu werden, überwiegend in Krisenländer. Das war die Gruppe der Neulinge.

Die zweite Gruppe, die gerade lachend im Halbkreis vor mir saß, war in vielen Punkten das Gegenteil von Gruppe eins. Das Alter der Männer und Frauen lag im Durchschnitt jenseits der Fünfzig; der älteste Teilnehmer war Anfang siebzig. Intelligent und schnell im Kopf waren sie auch in diesem Kurs. Sie waren neugierig und Neuem gegenüber sehr aufgeschlossen. Viele hatten irgendwann einmal studiert, aber längst nicht alle. Diese Männer und Frauen hatten lange Jahre Erfahrungen im Ausland gesammelt, teils unter äußerst widrigen Bedingungen. Einige waren bereits in ernster Gefahr gewesen, hatten die Situationen jedoch unbeschadet überstanden. Jetzt standen sie vor der nächsten Entsendung. Das war die Gruppe der Interessierten.

Einige der Unterschiede zwischen den beiden Gruppen waren offensichtlich. Dazu gehörten zum Beispiel das Alter und die Erfahrung. Die einen waren jung und hatten kaum Erfahrung, die anderen waren im Durchschnitt mehrere Jahrzehnte älter und verfügten über sehr viel Erfahrung. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Gruppen trat jedoch erst im Verlauf der Trainings zutage: Neulinge und Interessierte hatten ein vollkommen anderes Mindset.

Die Männer und Frauen beider Gruppen waren gut auf die Ausreise vorbereitet. Alle kannten ihren lokalen Kontext und die Verhältnisse vor Ort, zumindest theoretisch. Alle würden in sehr herausfordernden Verhältnissen arbeiten: in der Zentralafrikanischen Republik, in Nigeria und im Kongo, im Irak, in Pakistan sowie in Kolumbien und Mexiko. Alle waren sich bewusst, dass in ihrem jeweiligen Zielland Gefahren existierten, die ihnen ersthaften Schaden zuzufügen könnten, bis hin zum Tod.

Doch die Wahrnehmung der Teilnehmer beider Gruppen unterschied sich fundamental. Denn während die Gruppe der Interessierten überwiegend Fragen stellte, hatten die Neulinge vor allem Antworten. Sie wussten zwar mangels Erfahrung nicht, wie die Dinge vor Ort waren. Dafür hatten sie aber sehr klare Ansichten, wie die Verhältnisse sein sollten. Die einen waren neugierig, die anderen teils borniert. Die Interessierten sahen, was war; die Neulinge sahen, was sie sehen wollten.

Besonders deutlich wurde der Unterschied, wenn es um die Frage der Verantwortung ging. Wer ist für die persönliche Sicherheit verantwortlich? Die Neulinge sahen die Verantwortung vor allem bei den staatlichen Behörden, allen voran der Polizei. Dabei standen sie der Institution Polizei zugleich sehr kritisch gegenüber. (Was in vielen Ländern der Welt eine sehr gesunde Haltung ist.) Die Interessierten gaben demgegenüber praktisch einhellig dieselbe Antwort: Für die eigene Sicherheit ist jeder selbst verantwortlich. Und sie waren bereit, diese Verantwortung zu übernehmen.

Damit waren die Interessierten gut aufgestellt, weil sie ein Mindset hatten, das sie schützte oder das sie zu ihrem Schutz nutzen konnten. Den Neulingen hingegen fehlte ein solches Mindset. Noch. Einige der jungen Männer und Frauen hatten sogar ein Mindset, das geeignet war, sie in ihrem Ausreiseland in ernste Schwierigkeiten zu bringen.

Was wir anstreben, ist ein Mindset, das die eigene Sicherheit effektiv erhöht – ein Mindset der Stärke. Ein solches Mindset ist der erste Ring der Sicherheit.

DIE PSYCHOLOGIE DER STÄRKE

Sicherheit beginnt im Kopf. Unser wichtigstes Werkzeug befindet sich zwischen unseren Ohren. Ein sauber kalibriertes Mindset ist die Grundlage für die persönliche Sicherheit, das Fundament, auf dem alles aufbaut. Und die Voraussetzung für die Anwendung der in den folgenden vier Kapiteln beschriebenen Werkzeuge.

Der Begriff »Mindset« bezeichnet hierbei die eigene Geisteshaltung, unsere Einstellungen und Überzeugungen. Ich verwende den englischen Begriff, weil dieser gleich mehrere Bedeutungsebenen enthält, für die wir im Deutschen verschiedene Wörter benötigen würden.

Unsere Haltung hat einen direkten Einfluss auf unsere Sicherheit. Ein Mindset der Stärke trägt dazu bei, die eigene Sicherheit effektiv zu erhöhen, ob zu Hause oder im Krisengebiet. Ein solches Mindset funktioniert in etwa wie eine Antivirussoftware. Eine gute Software hilft dabei, Angreifer frühzeitig zu identifizieren und unschädlich zu machen. Mit einer schlechten Software hingegen fühlen wir uns sicher, sind aber nach wie vor verwundbar. Angreifer bleiben unentdeckt, die Fragilität des Systems steigt, ein Absturz wird wahrscheinlich. Es sollte unser Ziel sein, immer aus einer Position der Stärke heraus zu agieren.

Mit einem guten Mindset verändert sich unsere Ausstrahlung. Im Kern geht es darum, kein Opfer sein zu wollen. Wer Stärke ausstrahlt, selbstbewusst auftritt und so wirkt, als wisse er oder sie sich zu helfen, wird weitaus seltener als potenzielles Angriffsziel wahrgenommen als jene, die Unsicherheit ausstrahlen und kein Auge für die eigene Umgebung haben. Ein Mindset der Stärke macht Sie zu einem härteren Ziel für potenzielle Angreifer, wie zum Beispiel für Kriminelle, Terroristen, Stalker oder Sexualstraftäter. Härter deshalb, weil Angreifer meist gezielt nach Opfern suchen, nicht nach Gegnern. Selbstbewusst auftretende Menschen mit dem richtigen Mindset wirken jedoch wie Gegner. Also suchen sich Angreifer lieber ein leichteres Ziel, ein weiches Ziel: Menschen mit der Ausstrahlung eines Opfers.

Ein weiteres Merkmal eines Mindsets der Stärke ist, dass wir proaktiv und präventiv handeln. Wer agiert, führt. Wer reagiert, folgt. Proaktiv zu sein bedeutet, dass wir das Spiel zwischen Opfer und Täter so weit wie möglich bestimmen wollen. Stark ist, wer Optionen hat. Wir wollen potenzielle Angriffe nach Möglichkeit verhindern, indem wir auf dem Radar von Tätern gar nicht erst als Ziel auftauchen. Wo das nicht gelingt, sollte es unser Bestreben sein, mögliche Angriffe bereits frühzeitig zu erkennen und diesen durch die richtigen Handlungen oder Unterlassungen unbeschadet zu entgehen. Dabei helfen uns die in den folgenden Kapiteln beschriebenen Werkzeuge.

Das angestrebte Mindset der Stärke setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

• Wissen: Wir kennen die Bedrohungen im jeweiligen Kontext.

• Verantwortung: Wir übernehmen die Verantwortung für unser Handeln.

• Wahrnehmung: Wir schauen den Tatsachen ins Auge und sensibilisieren unsere Wahrnehmung.

Wissen, Verantwortung und Wahrnehmung: Jeder Einzelne dieser Pfeiler hilft, das eigene Mindset neu zu justieren. Seine volle Kraft entfaltet dieses Mindset, wenn alle drei Komponenten zusammenwirken.

WISSEN: DIE BEDROHUNGSLAGE KENNEN