Die Akte Zodiac 3 - Linus Geschke - E-Book

Die Akte Zodiac 3 E-Book

Linus Geschke

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Beschreibung

Wenn der Maskenmann kommt, sterben Liebespaare. Meist nachts, meist auf abgelegenen Parkplätzen. Das Ermittlerteam um Kommissarin Eva Lendt und den Fallanalytiker Marco Brock steht vor einem Rätsel, bis es merkt, dass die Morde den Taten eines berüchtigten Killers gleichen, der Ende der sechziger Jahre in der San Francisco Bay Area gewütet hat. Der ZODIAC gehört zu Amerikas berühmtesten Serienkillern. Hollywoodfilme wurden über ihn gedreht, unzählige Bücher geschrieben, und dennoch liegt seine Identität bis heute im Dunklen verborgen. Eva Lendt und Marco Brock ahnen, dass sie den jetzigen Killer nur fassen können, wenn sie die Taten des damaligen verstehen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt … "Eine atemraubende Hetzjagd zwischen Fakten und Fiktion – der Thriller des Jahres!"

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Seitenzahl: 114

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Über das Buch:

Wenn der Maskenmann kommt, sterben Liebespaare. Meist nachts, meist auf abgelegenen Parkplätzen. Das Ermittlerteam um Kommissarin Eva Lendt und dem Fallanalytiker Marco Brock steht vor einem Rätsel, bis es merkt, dass die Morde den Taten eines berüchtigten Killers gleichen, der Ende der sechziger Jahre in der San Francisco Bay Area gewütet hat.  "Eine atemberaubende Hetzjagd zwischen Fakten und Fiktion-der Thriller des Jahres!"

Folge III

Linus Geschke

Die Akte Zodiac

FOLGE III

Edel Elements

Edel Elements Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2016 Edel Germany GmbH Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edelelements.de

Copyright © 2016 by Linus Geschke

Lektorat: Hannes Windisch Korrektorat: Anika Beer Covergestaltung: Designomicon, München. Konvertierung: Datagrafix

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Agentur Lesen&Hören.

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-95530-820-9

Inhalt

Über das Buch

Vallejo, Kalifornien 15. März 1969

Gegenwart

Folge III

Alles, was Philipp spürte, war die Hand, die seine Schulter berührte. Er fuhr herum, sein Puls raste, und vor Angst hätte er sich fast eingenässt.

„Bist Du wahnsinnig?“, stöhnte er, nachdem er sich vom ersten Schock erholt hatte. „Ich hätte fast ‘nen Herzinfarkt bekommen!“

„Tut mir leid“, flüsterte Julia. „Ich musste einfach mit dir reden und wollte Kai nicht wecken.“

Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, griff er nach ihrer Hand. „Ist schon okay“, sagte er. „Sorry, ich war nur … ach, egal. Es ist schön, dass du da bist.“

Sie lächelte ihn an. Dann beugte sie sich vor und küsste ihn.

„Ich will mich nicht mit dir streiten“, sagte sie anschließend. „Schon gar nicht wegen so was. Ich glaube, ich habe an dem Abend ganz schön überreagiert.“

„Mir tut es auch leid. Lass uns die Sache einfach vergessen, einverstanden?“

Sie nickte. Dann deutete sie auf das Buch, das er schnell unter das Kopfkissen geschoben hatte, sodass nur noch eine Ecke herausschaute. „Was liest du denn da?“

„Och, nichts Besonderes, ich …“

Bevor er reagieren konnte, hatte Julia bereits danach gegriffen. Stumm blickte sie abwechselnd auf den Titel und auf ihn. Philipp befürchtete schon, dass der Streit jetzt wieder von vorne losgehen würde. Dass sie das Buch als Beweis dafür ansehen würde, dass mit seiner Gedankenwelt irgendetwas nicht stimmte. „Rutsch mal“, flüsterte sie stattdessen und krabbelte zu ihm unter die Decke. „Und dann erzähl mir alles, was du darüber weißt.“

*

Als Marco Brock am nächsten Morgen um acht Uhr aufwachte, schien die Sonne bereits in sein Zimmer. Er stand auf, sprang unter die Dusche und setzte anschließend einen Kaffee auf. Während der Kaffee durchlief, holte er das gestern gekaufte Buch aus dem Schlafzimmer. Er hatte vorm Einschlafen Stunden darin gelesen und sich Notizen gemacht, die er jetzt mit Hans Koller besprechen wollte, einem mittlerweile pensionierten Kollegen vom Landeskriminalamt.

Brock brauchte bis zu dessen Wohnung im Stadtteil Riehl nur eine Viertelstunde. Zweimal musste er den Block umfahren, dann hatte er einen Parkplatz gefunden und stand kurz darauf vor dem kunstvoll restaurierten Jugendstilhaus, in dem Koller wohnte.

Nachdem der Kollege ihn hereingelassen hatte, setzten sie sich ins Wohnzimmer. Brock schaute sich um. Eichenparkett und dicke Teppiche. Über ihnen erhob sich eine Decke, die mit Stuck verziert war. Sämtliche Möbel bestanden aus dunkelbraunem Holz, die Wände waren weiß verputzt und der Tisch zwischen ihnen besaß jenen edlen Schimmer, den Möbelstücke aus Holz nur bekamen, wenn sie regelmäßig gepflegt wurden.

Koller selbst war ein durchschnittlich großer Mann Anfang sechzig mit grauen Haaren und einem sauber gestutzten Vollbart. Auf der ein wenig zu großen Nase saß eine Brille mit dünner Goldfassung und die Augen dahinter schauten Brock jetzt neugierig an.

„Schön, dich zu sehen, Marco“, sagte Koller und bot Brock etwas zu trinken an. „Ich habe mich die letzten Tage bereits intensiv in den historischen Fall eingelesen. Faszinierend, fürwahr! Ich sollte dir dankbar sein, dass du mein Pensionärsdasein mit etwas so Aufregendem bereicherst.“

„Sollte?“, fragte Brock lächelnd.

„Ich korrigiere: Bin!“, antwortete Koller und grinste. „Allerdings habe ich mich gefragt, wozu du bei dem Profil überhaupt meine Hilfe brauchst. Du hast die gleiche Ausbildung wie ich – eigentlich sollten wir aus den Fakten dieselben Schlüsse ziehen.“

Das stimmte nicht ganz: Koller war als Fallanalytiker durch deutsche Vorgehensweisen geprägt, Brock dagegen eher amerikanisch orientiert, was auch der Hauptgrund dafür war, dass ihm Kollers Meinung zu dem Fall so wichtig war. Davon abgesehen, sahen vier Augen bekanntlich mehr als zwei.

„Erzähl mir, wie du den Zodiac einschätzt. Und tu dabei so, als ob du mit einem Laien reden würdest.“

Koller beugte sich zu einem Beistelltischchen und griff nach einigen Blättern Papier, auf denen er in seiner akkuraten Handschrift Notizen vermerkt hatte. Als er sich wieder Brock zuwandte, blitzten seine hellblauen Augen.

„Nach Sichtung sämtlicher Information und nach Analyse seiner Vorgehensweise würde ich davon ausgehen, dass der Zodiac unter paranoidem Größenwahn litt“, begann Koller. „Er ist ein Sexualsadist: Wahrscheinlich hat er schon als Kind Tiere gequält. Seine Mutter war dominant, der Vater ist entweder früh gestorben oder war häufig abwesend. Seine ganze Entwicklung war geprägt von starken Fantasien, einer Verflechtung von Gewalt und Liebe. Er hat bereits in dieser Zeit einen starken Hass auf Frauen entwickelt, ausgelöst wahrscheinlich durch seine Mutter. Irgendetwas hat seine Welt komplett aus den Fugen geraten lassen, und jetzt versucht er, sie wieder zusammen zu setzen, indem er die tötet, die er dafür für verantwortlich hält – im übertragenen Sinne, natürlich.“

Brock nickte. Bis hierhin waren sie einer Meinung.

„Ich denke, dass er nicht in der Lage ist, eine normale sexuelle Beziehung zu führen. Wie du weißt, suchen solche Täter dann häufig nach Alternativen. Sex mit Kindern etwa – oder auch mit Leichen oder Tieren. Ganz entscheidend dabei dürfte sein Drang gewesen sein, Macht auszuüben. Seine Opfer waren in seinen Augen nichts als Objekte. Ich denke, er hat angefangen zu töten, um sexuelle Lust zu gewinnen. Er strebte danach, seine Opfer durch die Taten zu erniedrigen, damit er sie vollständig dominieren konnte. Ich bin sicher, dass er nach den Morden und beim Schreiben der Briefe häufig onaniert hat.“

„Was denkst du, warum er mit dem Töten aufgehört hat?“

Koller strich sich mit seinen feingliedrigen Fingern bedächtig über das Kinn. „In der Regel enden Menschen mit einer solchen Persönlichkeitsstörung in einer psychiatrischen Klinik oder sie bringen sich um. In diesem speziellen Fall könnte es auch sein, dass sein Drang, die Polizei zu verhöhnen, am Ende zum stärksten Motiv seiner Taten wurde. Er blieb siegreich gegen sämtliche Behörden, gegen die Öffentlichkeit, gegen die auf ihn angesetzten Ermittler. Vielleicht hat das seinen Größenwahn befriedigen können.“

„Sodass damit weitere Morde überflüssig wurden …“

Koller nickte. „So in etwa.“

Brock atmete durch, griff nach dem Wasserglas, trank einen Schluck und sagte: „Es gibt da eine Sache, die meiner Meinung nach merkwürdig ist. Wie jeder Serienkiller neigte auch der Zodiac dazu, seine Opfer in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zu suchen. In diesem Fall halt junge, weiße Paare, die meisten Studenten. Und wie du ganz richtig sagst, waren dabei immer die Frauen seine bevorzugten Angriffsziele.“

„Und?“

„Die letzte Tat passt einfach überhaupt nicht in sein Muster, der Taxifahrer Paul Stine. Ich hätte es noch verstanden, wenn er von Paaren auf einzelne Frauen umgestiegen wäre, zumal ja der männliche Part bei den Anschlägen die größere Bedrohung für den Killer darstellte. Aber warum bitte ein einzelnes männliches Opfer?“

„Das stimmt“, entgegnete Koller, nachdem er kurz darüber nachgedacht hatte. „Die damaligen Ermittlungen haben zweifelsfrei ergeben, dass es der Zodiac war, der den Taxifahrer umgebracht hat. Aber warum … das ist mir auch ein Rätsel.“

Brock rieb sich die Augen. Mittlerweile kam ihm die ganze Geschichte wie eine Operation im Nebel vor. Schemenhaft tauchten Umrisse auf, um gleich wieder zu verschwinden. Als ob es nur darum ginge, Verwirrung zu stiften.

Hans Koller riss ihn aus seinen Gedanken. „Nachdem du jetzt mein allgemeines Täterprofil kennst, Marco: Was sind deine Vermutungen seine Identität betreffend?“

Brock lehnte sich zurück. Er freute sich fast schon darauf, endlich jemandem seine Theorie Stück für Stück erläutern zu können. Zudem half es ihm dabei, die Vermutungen in einen geordneten Zusammenhang zu setzen.

„Meiner Meinung nach hatten die Behörden es damals mit einem Menschen zu tun, der seine Aktivitäten sorgfältig geplant hat. Auch in Krisensituationen hat der Zodiac stets ruhig reagiert. Ein Ordnungsfanatiker, der sehr empfindlich reagiert hat, wenn die Polizei falsche Informationen über ihn verbreitete. Er wollte jemand sein, etwas Besonderes darstellen, und aus diesem Grund konnte er es nach den Morden auch kaum abwarten, den Medien und der Polizei Einzelheiten mitzuteilen. Schaut her, das habe ich gemacht, so sieht es aus, und ihr könnt nichts tun, um die nächste Tat zu verhindern. Er hat die Polizei sogar einige Male aus einer Telefonzelle in der Nähe angerufen, damit er anschließend die Sirenen der Fahrzeuge hören konnte, die zum Tatort fuhren. Ich denke, seine größte Angst war es, nicht für voll genommen zu werden. Meiner Meinung nach hätte man ihn damals deutlich stärker provozieren müssen.“

„Ihn als Schwulen darstellen oder so was in der Art?“

Brock nickte. „Man hätte auch über die Medien verbreiten können, dass er die Taten gar nicht begangen hat. Erinnere dich bitte, wie oft er sich auch mit Morden geschmückt hat, die er gar nicht verübt hatte. Und jetzt stell dir vor, man hätte ihm die tatsächlich begangenen Taten abgesprochen – der Kerl wäre ausgerastet!“

Koller stimmte zu, dann hing eine Zeit lang jeder seinen eigenen Gedanken nach. In diesem Moment, im Wohnzimmer seines alten Kollegen, erschien der Zodiac für Brock zum ersten Mal greifbar. Eine reale Person. Kein Mythos mehr.

„Noch etwas ist mir aufgefallen“, sagte er dann. „Er war beherrscht, ruhig, von einem tiefen Ordnungssinn durchdrungen. Durch die verschlüsselten Botschaften wissen wir, dass er sich zumindest rudimentär mit Kryptografie ausgekannt haben muss. Er hat seine Taten stets gut geplant, für einen sonderlich kreativen Menschen halte ich ihn aber nicht. Die Taten selbst, die gesamte Symbolik, die Mitteilungen – das ist keinem erfinderischen oder originellen Geist entsprungen. Das ist alles schon mal da gewesen – er hat es irgendwo gesehen oder gelesen. Wenn man diese Aspekte zusammen betrachtet, könnte es gut sein, dass der Zodiac ein aktiver oder ehemaliger Soldat war.“

„Interessante These“, sagte Koller nach ein paar Sekunden. „Ein Soldat … oder ein Polizist!“

*

Nach seinem Besuch bei Hans Koller fuhr Marco Brock sofort wieder nach Hause. Nachdem er geparkt hatte, stattete er dem Supermarkt um die Ecke einen Besuch ab, um seinen Kühlschrank zu füllen.

Um diese Zeit war der Laden noch relativ leer, und so hatte Brock keine Probleme, mit dem Einkaufswagen zügig durch die Gänge zu kommen. Äpfel waren im Angebot, er bediente sich großzügig beim Gemüse, packte ein paar Schokoriegel ein und ein Sixpack Bier. Dann fiel sein Blick auf die Käsetheke und das Mädchen, das davor stand.

„Hi“, sagte sie und grinste ihn an. „Das ist ja ein Zufall, dass wir uns hier sehen.“

„Hi“, sagte er und hatte keine Ahnung, wer sie war. „Freut mich auch.“

Ein paar Sekunden lang grinsten sie sich schweigend an, dann fiel es ihm wieder ein. Die Kellnerin aus dem Lokal. Eva und ihr komischer Lover.

„Wolltest du nicht anrufen?“, fragte sie und legte den Kopf schief.

Sie hatte recht, das hatte er gewollt. Aber jetzt, wo sie ungeschminkt vor ihm stand, fiel ihm erst so richtig auf, wie jung sie war. Maximal Anfang zwanzig, keine einzige Falte – fast noch ein Kind. In ihrem Gesicht waren noch keine Spuren zu sehen, die Zeit, Trauer oder Schmerz hinterlassen hatten, und er wollte nicht der Erste sein, der ihr solche Spuren zufügte.

„Ich denke, das ist keine gute Idee“, sagte er.

„Warum? Gefalle ich dir plötzlich nicht mehr?“

„Du gefällst mir sogar ausgesprochen gut“, sagte er und lächelte. „Aber es passt einfach nicht.“

Irritiert sah sie ihn an. „Was stört dich denn an mir?“

„Nichts“, antwortete er. „Aber ich habe schon ein Leben gelebt, das du noch vor dir hast.“

Bevor sie ihm antworten konnte, hatte er sich schon abgewendet.

Auf der Straße blieb er noch einen Moment lang stehen und sah dem Treiben der Menschen zu. Er dachte an die Kellnerin, an Eva, und ärgerte sich einen absurden Moment lang darüber, dass seine verstorbene Frau selbst jetzt noch recht behalten musste.

*

„Du hast was gemacht?“

Zornentbrannt schaute Adam Philipp an. Die beiden hatten sich gemeinsam mit Kai nach Schulschluss in der verlassenen Jagdhütte getroffen und Philipp hatte ihnen gerade erzählt, dass er mit Julia darüber gesprochen hatte, was sie bislang über den Zodiac herausgefunden hatten.

„Ich packe es einfach nicht! Wie konntest du ihr nur alles verraten? Wenn die jetzt zu den Zeitungen rennt und sich dort wichtigmacht, sind wir im Arsch, verstehst du? Dann ist es vorbei mit unserem Plan. Ganz abgesehen davon, dass die dumme Schlampe dann den ganzen Ruhm absahnt!“

„Nenn Julia nicht Schlampe“, fuhr Philipp seinen Kumpel an. „Sie ist meine Freundin!“

„Das ist echt typisch: Du vermasselst hier alles, brichst sämtliche Absprachen und machst dann ‘nen Aufstand wegen einer Formulierung, die dir nicht passt.“

„Julia wird nichts verraten.“

„Und woher willst du das wissen?“

„Sie ist nicht so.“

„Oh, dann entschuldige ich mich natürlich!“ Adam hatte sich jetzt völlig in Rage geredet. „Sie ist nicht so … Na, dann ist doch alles prima! Auf dein Gefühl können wir uns natürlich blind verlassen, so objektiv, wie du bei der Kuh bist. Warum rege ich mich eigentlich auf? Warum …“

„Leute, macht mal halblang“, ging Kai dazwischen. „Ich finde es auch nicht gut, dass Philipp ihr alles erzählt hat, aber müssen wir deshalb jetzt ‘nen Krieg vom Zaun brechen?“

Philipp schaute Kai verwundert an. „Du findest also auch, dass ich einen Fehler gemacht habe?“