Die bessere Hälfte - Dr. med. Eckart von Hirschhausen - E-Book
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Die bessere Hälfte E-Book

Dr. med. Eckart von Hirschhausen

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Beschreibung

DIE ZWEITE LEBENSHÄLFTE IST BESSER ALS IHR RUF! In der Mitte des Lebens kann einem schon mal die Puste ausgehen. Alles stresst gleichzeitig: Beruf, Kinder, Eltern und die ersten körperlichen Macken, die nicht mehr weggehen. Geht es gefühlt ab 40 nur noch bergab? Nein, sagen Eckart von Hirschhausen und Tobias Esch. Im Gegenteil. Die Zufriedenheit nimmt für die meisten Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu! In einem inspirierenden Dialog gehen die beiden Ärzte auf die Suche nach dem Glück, das durch Erfahrung, Weisheit und Reife wächst. Sie finden persönliche Vorbilder, diskutieren über wissenschaftliche Forschung und knüpfen an eigene Erfahrungen an. Und so gelingt den beiden Glücksexperten das kleine Wunder: Man bekommt beim Lesen richtig Lust aufs Älterwerden! Ein Buch mit Gleitsicht, Weitsicht und Augenzwinkern! Ein ärztliches Gespräch unter Freunden EvH: «Tobias, du behauptest, dass die Zufriedenheit mit den Lebensjahren ansteigt. Und das trotz zunehmender Krankheiten. Eine steile These. Wie kommst du darauf?» TE: «Das habe ich mir nicht ausgedacht. Viele Studien über Glück und Zufriedenheit, über das menschliche Gehirn und die Psychologie der zweiten Lebenshälfte zeigen es deutlich.» EvH: «Gute Aussichten für uns alle, die sich in dieser stressigen Lebensmitte befinden und Kinder, Job, Eltern und Bausparvertrag unter einen Hut bekommen müssen. Nach dieser ‹Rushhour› wird es besser?» TE: «Absolut. Du kannst dich aufs Älterwerden freuen, Eckart.» EvH: «Dann lass uns deine Forschung durch meine Brille betrachten. Lass uns darüber reden, welche Auswirkungen solch ein positives Bild vom Älterwerden für die Medizin, die Gesellschaft und auch für uns hat.» TE: «Das Thema Alter bietet viele Perspektiven. Deshalb schreiben wir das Buch ja auch zusammen, als zwei Ärzte und zwei Freunde, denn ich habe mal gehört: Glück kommt selten allein.» EvH: «Egal wie alt Sie gerade sind oder wie alt Sie sich fühlen, wir versprechen Ihnen: Im Buch und in Ihrem Leben wird vieles besser!»

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Dr. med. Eckart von Hirschhausen • Prof. Dr. med. Tobias Esch

Die bessere Hälfte

Worauf wir uns mitten im Leben freuen können

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

DIE ZWEITE LEBENSHÄLFTE IST BESSER ALS IHR RUF!

 

In der Mitte des Lebens kann einem schon mal die Puste ausgehen. Alles stresst gleichzeitig: Beruf, Kinder, Eltern und die ersten körperlichen Macken, die nicht mehr weggehen. Geht es gefühlt ab 40 nur noch bergab? Nein, sagen Eckart von Hirschhausen und Tobias Esch.

Im Gegenteil. Die Zufriedenheit nimmt für die meisten Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu! In einem inspirierenden Dialog gehen die beiden Ärzte auf die Suche nach dem Glück, das durch Erfahrung, Weisheit und Reife wächst. Sie finden persönliche Vorbilder, diskutieren über wissenschaftliche Forschung und knüpfen an eigene Erfahrungen an. Und so gelingt den beiden Glücksexperten das kleine Wunder: Man bekommt beim Lesen richtig Lust aufs Älterwerden! Ein Buch mit Gleitsicht, Weitsicht und Augenzwinkern!

 

 

Ein ärztliches Gespräch unter Freunden

EvH: «Tobias, du behauptest, dass die Zufriedenheit mit den Lebensjahren ansteigt. Und das trotz zunehmender Krankheiten. Eine steile These. Wie kommst du darauf?»

TE: «Das habe ich mir nicht ausgedacht. Viele Studien über Glück und Zufriedenheit, über das menschliche Gehirn und die Psychologie der zweiten Lebenshälfte zeigen es deutlich.»

EvH: «Gute Aussichten für uns alle, die sich in dieser stressigen Lebensmitte befinden und Kinder, Job, Eltern und Bausparvertrag unter einen Hut bekommen müssen. Nach dieser ‹Rushhour› wird es besser?»

TE: «Absolut. Du kannst dich aufs Älterwerden freuen, Eckart.»

EvH: «Dann lass uns deine Forschung durch meine Brille betrachten. Lass uns darüber reden, welche Auswirkungen solch ein positives Bild vom Älterwerden für die Medizin, die Gesellschaft und auch für uns hat.»

TE: «Das Thema Alter bietet viele Perspektiven. Deshalb schreiben wir das Buch ja auch zusammen, als zwei Ärzte und zwei Freunde, denn ich habe mal gehört: Glück kommt selten allein.»

EvH: «Egal wie alt Sie gerade sind oder wie alt Sie sich fühlen, wir versprechen Ihnen: Im Buch und in Ihrem Leben wird vieles besser!»

Über Dr. med. Eckart von Hirschhausen • Prof. Dr. med. Tobias Esch

PROF. DR. MED. TOBIAS ESCH, geboren 1970, ist Pionier einer ganzheitlichen Allgemeinmedizin und Experte für die Neurobiologie des Glücks. Er prägte die Integrative Gesundheitsförderung in Deutschland und ist Gastprofessor an der Harvard Medical School sowie assoziierter Neurowissenschaftler an der State University von New York. Seit 2016 forscht und lehrt er an der Universität Witten/Herdecke. Er veröffentlichte über 200 wissenschaftliche Arbeiten – von der Grundlagenforschung bis zur Gestaltung der Arzt-Patienten-Kommunikation. Zuletzt erschien von ihm das Buch «Der Selbstheilungscode», nominiert u.a. für das Wissensbuch des Jahres 2017.

 

DR. MED. ECKART VON HIRSCHHAUSEN, geboren 1967, ist Deutschlands bekanntester Arzt und einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren («Glück kommt selten allein …», «Wunder wirken Wunder»). Hirschhausen verbindet medizinische Inhalte mit Humor und nachhaltigen Botschaften. Seit über 20 Jahren ist er als Komiker auf allen großen Bühnen Deutschlands unterwegs, aktuell mit seinem Liveprogramm «Endlich!». In der ARD moderiert Hirschhausen die Wissensshows «Frag doch mal die Maus» und «Hirschhausens Quiz des Menschen» und dreht Reportagen. Mit seiner Stiftung HUMOR HILFT HEILEN bringt er gesundes Lachen ins Krankenhaus und stärkt das Humane in der Humanmedizin und Pflege.

Das-haben-wir-vor-Wort

Herzlich willkommen zu unserem ersten gemeinsamen Buch «Die bessere Hälfte». Fast egal, wie alt Sie jetzt gerade sind, nach aktuellem Stand der Wissenschaft gilt: Das Beste kommt erst noch. Nicht ganz zum Schluss, aber all die Jahre davor! Die zweite Lebenshälfte ist für die meisten von uns die bessere.

Falls Sie weiterhin glauben wollen, dass Altern nur schrecklich ist, lesen Sie nicht weiter. Allerdings wird Sie die Angst vor dem Älterwerden Lebenszeit kosten. Es geht nicht nur um ein allgemeines Sich-Wohlfühlen – es geht knallhart um Ihre Lebenserwartung. Denn wenn man positive Erwartungen an die zweite Lebenshälfte hat, verlängert das tatsächlich die Spanne um bis zu sieben Jahre. Und noch eine wissenschaftliche Tatsache: Der effektivste Weg, nicht älter zu werden, ist, früh zu sterben. Das wünschen wir aber weder Ihnen noch uns. Worauf können wir uns denn mitten im Leben freuen? Eine fast vermessene Frage angesichts des allgegenwärtigen Jugendkultes.

Aber es ist schlichtweg Quatsch, dass es nach der Jugend nur noch bergab geht. Klar kann einem in der Mitte des Lebens schon mal die Puste ausgehen. Alles stresst gleichzeitig: Beruf, Kinder, Eltern und die ersten körperlichen Macken, die nicht mehr weggehen. Aber haben wir deshalb unseren Zenit schon überschritten?

Nein, sagen wir. Im Gegenteil. Die meisten sind mit 57 zufriedener als mit 17 oder mit 27. Lassen Sie sich überraschen, warum das so sein kann und was dabei hilft.

Wir wissen, wovon wir reden, denn wir stehen beide gerade voll im Leben, haben viel um die Ohren, vor Augen und im Hinterkopf. Wir wollen auch für uns selber wissen, worauf wir uns beim Blick nach vorne freuen dürfen. Wie geht es weiter mit unseren Lesern, Zuschauern, Patienten, mit der Gesellschaft, mit der Medizin, dem Planeten und mit uns selber?

Aber Moment – wer sind «wir» eigentlich?

Tobias ist Arzt, Wissenschaftler und Visionär im Gesundheitswesen. Er hat an der Harvard Medical School geforscht, über die Neurobiologie des Glücks, und baut gerade an der Privatuniversität Witten/Herdecke eine Ambulanz für integrative Medizin auf – es geht um wirksame Naturheilverfahren, gründliche Anamnesegespräche, Akupunktur und Tai-Chi auf Krankenschein. Eckart hat ebenfalls Medizin studiert, dazu Wissenschaftsjournalismus, und widmet sich seit 20 Jahren der Vermittlung von gesunden Ideen auf den verschiedensten Kanälen von Bühne, Büchern und Fernsehbeiträgen.

Wir lernten uns vor zehn Jahren auf einer Tagung über «Medizin und Meditation» kennen und merkten schnell, dass wir gemeinsame Interessen hatten. Bald starteten wir ein Forschungsprojekt, mit dem wir herausfinden wollten, ob das Internet-Training «glück-kommt-selten-allein.de» auch bei gestressten Callcenter-Mitarbeitern wirkt. Die Ergebnisse wurden in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlicht und zeigten, wie die positive Psychologie im Arbeitsalltag helfen kann. Während der professionellen Zusammenarbeit wuchs unsere Freundschaft. Über Tobias’ Forschungsarbeiten zur Zufriedenheit im Alter und seine überraschende These, dass das Lebensglück zunimmt, haben wir immer wieder diskutiert und merkten, wie alle, die dabei zuhörten, sich einmischten und eigene Erfahrungen beisteuerten. Das Thema trifft offenbar den Nerv unserer Zeit. Und vielleicht sogar Ihren?

Und deshalb ist dieses Buch ein Gespräch zwischen Tobias, Eckart und Ihnen. Ab jetzt sind wir zu dritt: wir beide, Tobias Esch, Eckart von Hirschhausen, und Sie – als Lesende und Mitdenkende. Wir erzählen Neues aus der Wissenschaft, persönliche Anekdoten, wollen Ihnen unsere Vorbilder für ein gelingendes Reifen und Altern vorstellen und all das, was uns davon selber beschäftigt und betrifft. Wundern Sie sich deshalb nicht, wenn wir neben den Demütigungen beim Brillenkauf und anderen Freuden des Alterns auch Aspekte des Klimawandels und der Nachhaltigkeit ansprechen – es hängt alles miteinander zusammen.

Wir trafen uns bei unseren Müttern, machten Spaziergänge, waren zusammen auf der Kartbahn und meditierten am See, hatten nächtliche Sessions vor dem Computer und standen sehr früh wieder auf, um dieses Buch entstehen zu lassen – so lebendig und lebensnah wie möglich. Wir werfen gemeinsam 99 Jahre Lebenserfahrung in die Waagschale, davon kennen wir uns 20 Jahre, also jeder den anderen zehn Jahre, oder gefühlt ewig, wie das eben so ist, wenn man einen Seelenverwandten trifft. Entstanden ist ein Gespräch über Gott und die Welt, Wissen und Wollen, Mütter und Großmütter und wie man im Alter zufrieden werden kann.

Wir sind und bleiben Ärzte, mit unterschiedlichen Blickwinkeln, Erfahrungen und Expertisen. Wir haben diskutiert, voneinander gelernt, Thesen aufgestellt und wieder verworfen, wir haben uns gestritten und wieder versöhnt, ziemlich beste Freunde eben. Mal fragt der eine, mal der andere. Einig sind wir uns darin, dass die Erkenntnisse der positiven Psychologie in Deutschland noch nicht wirklich angekommen sind. Im Gegenteil sehen wir die Wichtigkeit einer positiven Gestimmtheit, der Aktivierung von Selbstheilung und Eigenverantwortung für die körperliche und seelische Gesundheit in vielen Bereichen der Medizin (und anderswo!) unter die Räder kommen. Dabei bestreitet niemand: Je mehr zufriedene Menschen es gibt, desto besser geht es uns allen. Zufriedene müssen nicht ständig zum Arzt, keine unnötigen Untersuchungen und Pillen in Anspruch nehmen und verbrauchen generell weniger Ressourcen. Denn, kabarettistisch formuliert: Kapitalismus heißt, du kaufst lauter Dinge, die du nicht brauchst, von Geld, das du nicht hast, um Leute zu beeindrucken, die du nicht magst. Der Motor dieses Systems, das auf äußeres statt auf inneres Wachstum zielt, ist die permanente Unzufriedenheit und ein seelischer Hunger, der mit materiellen Dingen nicht zu stillen ist. Um aus diesem kranken Spiel auszusteigen, dass uns und unseren Planeten an die Grenzen der Belastbarkeit gebracht hat, sollten wir uns immer wieder fragen: Was brauchen wir wirklich? Was ist wichtig im Leben? Und wenn wir Liebe, gute Beziehungen und Glück an die erste Stelle unserer Prioritäten und Entscheidungen setzen: Was macht das mit uns?

Ausnahmen bestätigen die Regel, die zweite Lebenshälfte kann und wird nicht für alle die bessere sein. Vor dieser Realität verschließen wir nicht die Augen. Wir sprechen natürlich auch über die unschönen Dinge wie Schmerzen, Depression, Einsamkeit und Schicksalsschläge. Das Thema berührt ganz viele gesellschaftliche Dimensionen, von Pflege über Grundeinkommen und Altersarmut bis zu Sterbehilfe und politischen Debatten. Das alles zu vertiefen sprengt jeden Rahmen. Unser Fokus liegt auf den Aspekten, die unserer Meinung nach zu kurz kommen, weil sie leiser sind. Von den Stillen, Zufriedenen und Gesunden bekommen wir wenig mit, sie machen weniger Schlagzeilen, erhalten weniger mediale Aufmerksamkeit, aber von ihnen können wir viel lernen. Dieses Buch gibt auf der Grundlage aktueller Forschung unerwartet viel Grund für Hoffnung. Altern ist Lebenskunst!

Sie können mit diesen Ideen Ihr Leben verlängern und vertiefen. Müssen Sie aber nicht. Sie können sich jetzt erst einmal die Zeit mit uns vertreiben und unserem Gespräch folgen. Was Tobias sagt, ist kursiv. Eckart bleibt gerade. Sie dürfen sich so viele Gedanken dazu, darüber und um die Ecke machen, wie Sie lustig sind. Und vielleicht stellt sich bei Ihnen wie bei uns klammheimlich eine kleine Vorfreude ein auf das, was da noch kommen mag.

Und wenn Sie ab jetzt aus Überzeugung und Lust auf Ihre persönliche Entwicklung alles im Regal stehenlassen, auf dem fett «Anti-Aging» draufsteht, haben Sie bald viel Zeit und noch mehr Geld übrig, um Ihre «bessere Hälfte» voll auszuleben.

Willkommen zu unserem Buch mit Gleitsicht, Weitsicht und Augenzwinkern!

 

Ihr

Unsere sieben Thesen

1

Das Alter ist besser als sein Ruf. Was nicht so schwer ist bei dem Ruf. Halten Sie sich fest: Die allermeisten Menschen werden in der zweiten Hälfte des Lebens zufriedener! Deshalb nennen wir dieses Buch auch provokant «Die bessere Hälfte»!

2

Wer jammert, der ist nie allein. Ein Teil der Verzerrung: Von denen, die still zufrieden sind, bekommt man wenig mit. Aber es gibt sie, und es sind viele. Die Chancen, heute selbstbestimmt älter zu werden, sind so gut wie noch nie. Im Vergleich zu unseren Großeltern leben wir zehn Jahre länger, sind im Schnitt gebildeter, gesünder und körperlich fitter. Und auch reicher. An Geld und Möglichkeiten.

3

Die meisten Menschen sind mit 70 besser drauf als mit 17. Wenn Sie also wissen wollen, wie sich Altern anfühlt, beurteilen Sie es nicht von außen, sondern reden Sie mit den Leuten, die wissen, wie es ist, mit 70, 80 oder 90 zu leben. Altern ist kein Abgesang – Altern ist Leben für Fortgeschrittene.

4

Aus Langzeitstudien wissen wir heute viel über die Psychologie des Alters. Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher sind körperliche Einschränkungen. Was aber ebenso stimmt: Je älter wir werden, desto unabhängiger wird unsere seelische Verfassung von der körperlichen. Es gibt auch einen gesunden Geist in einem nicht ganz so gesunden Körper. Viele unserer Vorurteile und Ängste sind schlichtweg unbegründet.

5

Klar gibt es auch viele Menschen, die leiden: Demenz, Krebs, Schmerzen, Depression und Einsamkeit sind die großen «Stimmungskiller» der zweiten Lebenshälfte. Und die Zeit direkt vor dem Tod ist für viele auch nicht schön. Das wissen wir. Die Medizin kann dabei eine neue Rolle spielen: nicht als «Reparaturbetrieb», sondern als Begleiter, Linderer und Ermöglicher.

6

Mächtiger als die Medizin ist der Alltag. Wir haben mehr Dinge selbst in der Hand, als wir glauben. Wir altern, wie wir gelebt haben. All das, was wir jeden Tag in unseren Köpfen und Herzen tun, bestimmt mit, wie freudig wir auf die bessere Hälfte zugehen. Lebensstil, Engagement und positive Erwartung verlängern nachweislich das Leben! Und das ist gut so, denn das Leben ist oft schön. Und lang. Länger und schöner, als wir denken.

7

Die Phase zwischen 60 und 85 ist länger als die Kindheit und Pubertät, länger als die Ausbildungszeit, länger, als die meisten Menschen am Stück in einem Job verbleiben – warum ist diese lange Lebensphase für viele ein «schwarzes Loch»? Die zweite Lebenshälfte ist kein Loch und auch nicht schwarz. Im Gegenteil: Diese Zeit kann extrem erfüllend sein, heiter und bunt!

Woher das Älterwerden seinen schlechten Ruf hat

 

Warum es sich lohnt, uns aus der Selbsthypnose zu befreien

 

Und: warum wir jünger werden, wenn wir uns mit alten Dingen umgeben

Kapitel einsGleitsicht und Weitsicht

«Werd’ ich noch jung sein, wenn ich älter bin?»

Konstantin Wecker

Tobias, ich habe jetzt eine Brille, und ich muss mich wirklich daran gewöhnen.

Immerhin trägst du sie.

Muss ich, sonst kann ich das Kleingedruckte in deinen Studien nicht mehr lesen. Ich dachte immer, ich hätte Luchsaugen, und plötzlich hat der Typ im Brillenladen mir was von einer «Entspannungsbrille» erzählt. Es war schon ein bisschen lustig, wie er auf Teufel komm raus versuchte, das Wort «Gleitsichtbrille» zu vermeiden. Wahrscheinlich dachte er, Gleitsicht klingt nach Kapitulation vor dem Alter. Das war ein guter Verkäufer, der hätte wahrscheinlich auch Kühlschränke an Eskimos verkauft – schon vor der globalen Erwärmung. Aber meine Frage an dich, alte Brillenschlange: Ist die Brille mein Schuss vor den Bug, bedeutet sie, ab jetzt geht es bergab?

Erst mal: Willkommen im Club! Mit meinem Optiker habe ich genau die gegenteilige Erfahrung gemacht. Vor anderthalb Jahren wollte ich eine neue Brille, und dann sagte er zu mir: «Sie brauchen unbedingt eine Gleitsichtbrille.» Dabei konnte ich wunderbar ohne. Ich sagte zu ihm: «Ich brauche die Brille nur ab und zu im Alltag, beim Autofahren, aber ich kann noch gut lesen ohne Brille.» Doch er blieb dabei: «Sie brauchen eine Gleitsichtbrille, und ich werde es Ihnen beweisen.» Dann maß er meine Sehstärke und setzte noch einen drauf: «Sie brauchen definitiv eine, und überhaupt, Herr Esch, die menschliche Linse ist nicht für ein Alter über 40 gemacht!»

Ab 40 bist du im freien Fall, hat er mir suggeriert, kannst nur noch mit Ersatzteilen und Hilfsmitteln den Status quo halten oder das endgültige Aus hinauszögern. Ein ganz schräges Bild vom Älterwerden. Was ist mit reifen, wachsen und munter durchs Leben gehen? Kein Wort davon, nur die Botschaft: Ab dem 40. Lebensjahr ist biologisch das Ende erreicht – das Haltbarkeitsdatum überschritten.

Dann folgen nur noch … Siechtum. Treppenlift. Wasserdichte Matratze. Was hast du dem Verkäufer gesagt?

Ich hab ihm freundlich nahegelegt, doch mal an seiner Wortwahl zu arbeiten, denn seine Kommunikation sei demotivierend. Ich erzählte ihm von meiner Zeit an der Harvard-Universität in den USA, wo meine Chefs und Kollegen noch mit 75 und 80 ins Büro gekommen sind, und das blitzgescheit, hellwach und vergnügt. Wenn ich denen erzählt hätte, mit 40 hätten sie ihren Zenit überschritten und jetzt komme nur noch das Verwalten der Mängel, dann hätten die mir einen Vogel gezeigt.

Was macht das mit einem persönlich, aber auch mit der Gesellschaft an sich, wenn wir eingebläut bekommen, dass man ab 40 nur noch auf die Rente hin lebt, alles für den Abgang vorbereiten muss? Kein Kredit, kein großes Projekt, weil sich das Anfangen nicht mehr lohnt oder man den Abschluss vielleicht nicht mehr selbst erlebt. Da gehe ich ja innerlich schon am Stock aus dem Brillenladen wieder raus.

Das Bild, das dein Optiker vom Leben hat, ist tatsächlich sehr verbreitet. Da werden aber oft die Zeit kurz vor dem Tod und die lange Lebensphase davor in einen Topf geworfen. Denn am Ende stehen immer der körperliche Abbau und der Verlust von Fähigkeiten. Dieses Bild überlagert all die guten Jahre. Tatsächlich aber sind wir heute in der Lage, sehr viel länger und gesünder zu leben als jede Generation vor uns. Wir bleiben so lange jung wie nie zuvor, und dieser Trend ist ungebrochen. Bei den heute 90-Jährigen ist die geistige Leistungsfähigkeit höher als die der 90-Jährigen von vor 20 Jahren. Und natürlich sind die heute 90-Jährigen viel fitter als 90-Jährige, die wir selber noch in unserer Kindheit erlebt haben. Aber unsere Vorstellungen, wie ein alter Mensch so ist, werden halt schon sehr früh geprägt. Irrtum. Altern ist heute wirklich etwas ganz anderes. Auch das «Rentenalter». Der Gesundheitszustand eines heutigen 65-Jährigen entspricht in etwa dem eines 55-Jährigen von vor 20 Jahren! So betrachtet ist das Rentenalter nicht auf 63 gesunken, sondern auf biologische 55 Jahre! Das ist doch eine tolle Botschaft! Aber in Deutschland reden wir mit düsterer Miene vom «demographischen Wandel», vom «Methusalem-Komplott», von der «Überalterung der Gesellschaft». Aber die Tatsache, dass wir älter werden, ist doch nicht per se furchtbar. Was wäre denn die Alternative? Früher sterben? Das will ja auch keiner.

Warum reden so wenige öffentlich darüber, wie man nicht nur dem Leben mehr Jahre, sondern auch den Jahren mehr Leben einhauchen kann? Was für Qualitäten lassen sich über den Lebensbogen aufbauen? Dieser Teil der Geschichte fehlt uns in unserem kollektiven Bewusstsein. Ich bin ja ein großer Fan von Paul Watzlawick, dem mit «Anleitung zum Unglücklichsein» eines der witzigsten Selbsthilfebücher überhaupt gelungen ist. Er hat darin wie kein anderer erklärt, wie wir uns ständig die Realität selber erzeugen, vor der wir eigentlich Angst haben. Wenn man die Nachricht verbreitet, dass das Benzin in einer Stadt knapp zu werden droht, gehen alle Leute noch mal schnell tanken – und dann wird das Benzin tatsächlich knapp. Deine Brillengeschichte klingt für mich auch sehr nach einer solchen selbsterfüllenden Prophezeiung. Gibt es eine Art Selbsthypnose ins Gebrechen hinein?

Ja, die scheint es zu geben. Eine Kollegin von mir, die Psychologin Ellen Langer in Boston, hat beispielsweise untersucht, wie unterschiedlich sich Menschen verhalten, je nachdem, in welcher Umgebung sie sind. Sie nannte das «Versuche gegen den Uhrzeigersinn». Dafür versetzte sie Männer im Alter von etwa 80 Jahren mit Hilfe von Möbeln, Tapeten und Musik in die Zeit ihrer Jugend zurück – in ein Ambiente Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre. Tatsächlich blühten viele der älteren Menschen auf, wurden aktiver und beweglicher. Und auch ihr Immunsystem, das Gehör und das Gedächtnis verbesserten sich. Die Männer liefen aufrechter und wurden auch von unabhängigen Beobachtern viel jünger eingeschätzt. Aber vor allen Dingen hatte das neue Lebensgefühl einen Einfluss auf das Befinden: Die Männer waren schlichtweg besser drauf.

Und wie lange hielt dieser Effekt an?

Das hat man nicht im Langzeitversuch getestet. Das ist aber auch für unser Thema gar nicht entscheidend: Vielmehr zeigt uns der Versuch, dass wir durch äußere Faktoren das Gehirn dazu bringen können, Alterungsprozesse zu beeinflussen. Aber das Ziel ist natürlich nicht, nur noch in der Vergangenheit zu leben und uns unsere Jugend vorzugaukeln. Spannend ist aber, dass das prinzipiell ginge.

Muss ich jetzt mein Leben lang Neue Deutsche Welle auflegen? Ob es für mein Wohlbefinden dauerhaft gut wäre, «Da Da Da» zu hören, bezweifle ich. Aber es stimmt: Wenn ich an diese Musik, die Feten und die Tanzstile meiner Jugend denke, sind die Erinnerungen an damals sofort wieder da. – Sag mal, geht das auch in die andere Richtung? Bestimmt lassen sich manche Menschen älter machen, als sie sind – vielleicht, indem man ihnen Gleitsichtbrillen aufsetzt?

Es reicht schon, in eine Umgebung zu kommen, die keine Reize bietet, die fade und trist ist, so wie viele Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Da gehst du automatisch am Geländer.

… oder am Stock. Und du denkst: Ach, jetzt lohnt es sich auch nicht mehr, eine neue Langspielplatte zu kaufen. Oder einen Mobilfunkvertrag abzuschließen.

Das war ja mein Punkt bei dem Gespräch mit dem Gleitsichtbrillen-Verkäufer: Wie man auf sich und die zweite Lebenshälfte schaut, macht etwas mit einem. Wer hat bei einer negativen Sichtweise denn noch Lust, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen, ein Häuschen zu bauen, eine Weltreise zu machen oder Italienisch zu lernen?

Ich habe auch was vor: Ich möchte mal all die Bücher über moderne Alternsforschung lesen, die ich mir zur Vorbereitung auf unser Projekt bestellt habe und die sich jetzt auf meinem Schreibtisch türmen. In letzter Zeit ist echt eine Menge geforscht worden auf diesem Gebiet. Aber erst einmal schreiben wir unser Buch fertig …

Die Chancen stehen gut, dass du noch zum Lesen kommst. Wir alle leben heute viel länger, statistisch zumindest: Vor kurzem sind die aktuellen Zahlen zur Lebenserwartung in Deutschland erschienen, und sie ist erneut angestiegen. Sie beträgt für neugeborene Jungen jetzt 78 Jahre und 4 Monate und für neugeborene Mädchen 83 Jahre und 2 Monate. Eine heute 50-jährige Frau wird statistisch über 80 Jahre alt! Da kommt also noch viel nach dem 40. Lebensjahr! Auch in Bezug auf die Aufgaben, die wir zu erfüllen haben. Es sind für viele von uns, gottlob, wertvolle und wichtige Jahre, die da vor uns liegen. Sicher – nicht für jeden. Altwerden kann aber ganz offensichtlich auch schön sein, etwas, auf das man sich freuen, das positive Dinge beinhalten kann – bei allem Leid und trotz aller Einschränkungen. Zumindest sagen das die Daten unserer Studien und die vielen Interviews, die wir dazu führen.

Und das sind dann wahrscheinlich eher nicht die zeternden Alten hinter den Gardinen oder auf der Straße mit erhobenem Gehstock, die die jüngeren Generationen verfluchen?

Nein, Alter kann auch Reichtum, Wissen, Weisheit, Erfahrung, Würde und Schönheit bedeuten! Und diese positiven Seiten zu betonen und zu leben ist objektiv gesund. Bis hinein in die genetische Ebene. In einer aktuellen Studie wurden Menschen untersucht, die ein genetisch deutlich höheres Risiko für eine Alzheimer-Demenz hatten. Ob es aber zum Ausbruch der Erkrankung kam oder nicht, entschieden zu einem guten Teil die Ängste und Erwartungen, nicht die Gene. Das heißt, obwohl unsere «Werkseinstellungen» reale Risiken mit sich bringen, können wir dennoch wesentliche Teile davon selbst beeinflussen. Und das geht los mit unseren kulturellen Ideen über das Altern: Sind die eher positiv oder negativ?

Was ist denn das für eine Kultur, die positiven Einfluss auf unsere Gedächtnisfähigkeit hat?

Becca Levy, die Autorin der Studie, betont das Gefühl, gebraucht zu werden, sowie Wertschätzung und Freundlichkeit, die älteren Menschen entgegengebracht werden. Erlebt man Menschen, die mit Stress und Belastungen erfolgreich umgehen, kann man auch selbst davon profitieren. Sie geben ein Beispiel dafür, dass Älterwerden fordernd sein kann, aber nicht zwingend überfordernd. Macht sich stattdessen die Angst vor dem Älterwerden breit, beschleunigt das die Alterung.

Ein weiteres großes Thema: der Respekt vor dem Alter. Eine abgedroschene Phrase, aber dahinter stehen harte Fakten.

Ja, respektiert zu werden vermindert ebenfalls Stress mit all seinen negativen Auswirkungen. Chronisch Gestresste sterben früher.

Respekt stärkt auch das Gefühl der Verbundenheit zwischen den Generationen. Ich muss dir von einer Begegnung erzählen, die ich gerade während eines Drehs in einem Gefängnis hatte: Ein Typ, Mitte 20, sitzt ein wegen Drogendelikten und macht intensiv Kraftsport. Ich interviewe ihn, und wir trainieren sogar ein bisschen gemeinsam, was ihn amüsiert. Weil seine Entlassung ansteht, frage ich ihn, ob ich denn Angst vor ihm haben müsse, sollte ich ihm draußen im Dunkeln begegnen. Er lacht und sagt: «Nee, ich schlag keine alten Leute.»

Das war natürlich ein Schlag ins Gesicht. Aber vielleicht auch seine Art, mir gegenüber Respekt auszudrücken. Ich möchte das mal so stehenlassen.

Dann will ich dir die Illusion nicht nehmen. Aber was ich bei meinem Brillenkauf erlebt habe, ist, wie man durch fehlenden Respekt auf seine Gebrechen reduziert wird. In solchen Momenten wird all das Wissen, das ältere Menschen mitbringen, gar nicht gesehen, geschweige denn wertgeschätzt. Der Mangel gerät in den Vordergrund, und die Chance der Verbundenheit und des Voneinander-Lernens ist vertan.

Und man verkauft weniger Brillen … Ein weiterer Grund für das schlechte Image hierzulande könnte sein, dass ältere Menschen die jüngeren an ihre eigene Vergänglichkeit erinnern – und das macht sie nicht beliebter. Gesellschaften mit einem höheren Anteil von alten Menschen haben häufiger auch ein schlechteres Bild vom Altern. Die Altersforscherin Anna Kornadt sagt: Wenn das Alter nicht mit Gebrechlichkeit gleichgesetzt wird, sondern positiv besetzt ist, bereitet man sich auch finanziell besser auf das Altwerden vor. Das entlastet wiederum die Jungen. Wer spart schon gerne, wenn der eigene Untergang unmittelbar bevorsteht?

Und das heißt nicht, dass die Alten so sein müssen wie die Jungen …

Ich finde ja Leute tragisch, die meinen, sie müssten Jugendklamotten tragen, um zu überspielen, wie alt sie sind. Dabei sehen sie darin nicht etwa jugendlicher aus, im Gegenteil: Man sieht erst recht, dass das Basecap zu dem faltigen Gesicht nicht mehr so richtig passen mag oder der Hoodie zum gebeugten Rücken – wobei ich die ja auch gerne trage und denke, na komm, eigentlich bist du noch so ein bisschen Student.

Im Sinne des lebenslangen Lernens bist du das ja auch.

Aber muss ich dafür wieder nachts in die Disko oder schlechten Wein trinken?

Ich glaube, dass sich das, was wir unter Glück verstehen, über die Lebenszeit verändert. Das beinhaltet auch, loslassen zu lernen, nicht mehr um jede Sache kämpfen, nicht mehr alles festhalten zu müssen – weder die Jugend noch die Basecaps. Die Fähigkeit unseres Gehirns, sich zu verformen, sodass es Neues speichern und flexibel reagieren kann, nimmt zwar über die Lebenszeit statistisch gesehen ab, aber es ist weniger schicksalhaft als lange angenommen. Für ein junges Lebensgefühl musst du nicht mehr in die Disko gehen oder Fusel trinken. Schon die Erinnerung daran, wie es früher war, verjüngt dich – zum Beispiel, wenn du an den ersten Kuss, die erste Party oder den ersten Rausch zurückdenkst …

Der dänische Philosoph, der mit «Kierke» anfängt und bei dem ich nie weiß, wie sich die zweite Namenshälfte schreibt oder ausspricht, also, du weißt schon, wer, der sagte: «Leben kann man nur vorwärts, verstehen kann man es nur rückwärts.» Erinnern und Erleben sind nicht dasselbe. Die Erinnerung ist eine Voraussetzung für das Lernen. Gib mir mal ein kleines Fünkchen Hoffnung – erzähl mir, was ich im Alter besser verstehe.

Ältere Menschen haben einen besseren Weit- und Überblick! Zeigt man ihnen zum Beispiel Buchstabenfolgen wie beim Scrabble, entdecken sie sehr viel schneller ein verstecktes Wort als jüngere Menschen. Mit der Erfahrung wachsen so etwas wie Intuition und die Fähigkeit, Muster zu erkennen. Der Ältere kann dann zwar unter Umständen nicht genau erklären, wie er zu seiner Lösung gekommen ist, es nicht rational herleiten, aber oft ist er eben schneller und liegt außerdem richtig. Hirnbiologisch steckt dahinter die Tatsache, dass sich im Alter zwar das Faktengedächtnis verlangsamt und an Präzision verlieren kann, aber der Wissensschatz für Weisheit und Kompetenz – manche sprechen auch von der kristallinen Intelligenz –, der kann sich erhalten und sogar vergrößern. Wir erkennen Regeln besser, finden die Nadel im Heuhaufen oder sehen den Wald trotz der vielen Bäume.

Erkennt man denn auch leichter die Muster im eigenen Leben? Die Verhaltensmuster?

Auch das. Lange endete die Entwicklungspsychologie ja bei der Jugend, man ging davon aus, dass unsere Persönlichkeitsentwicklung dann abgeschlossen ist. Heute wissen wir, dass wesentliche Schritte mit jedem weiteren Jahrzehnt erfolgen – solche, die vielleicht weniger offensichtlich sind als die äußeren Veränderungen der Pubertät.

Ich möchte nie wieder Pickel bekommen! Die Psychoanalyse hat ja lange betont, dass wir uns ein Leben lang daran abarbeiten, wie unsere ersten Lebensjahre verlaufen sind. Dass diese Jahre alles Weitere unausweichlich prägen, ist inzwischen allerdings in weiten Teilen widerlegt. Gott sei Dank. Salopp gesagt: Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit. Natürlich sind die ersten Lebensjahre wichtig. Aber wie du heute fühlst und handelst, hängt viel stärker davon ab, was du in deinen letzten fünf Jahren gedacht und getan hast, weniger von deinen ersten fünf.

Das stimmt, Entwicklung geht immer weiter. Im Gegensatz zur Unbeständigkeit und Unruhe der Jugend rücken andere Werte in den Vordergrund: Zufriedenheit, innerer Frieden und Gelassenheit.

Da warte ich ehrlich gesagt noch drauf! Wobei, das Gefühl, nicht mehr jeden Trend oder jede Mode mitmachen zu müssen, das habe ich schon heute. Aber natürlich auch ein Gefühl für meine Zipperlein, die nicht mehr so einfach weggehen wie früher. Bei meinen Liveauftritten liebe ich es, das Publikum kurz ins Grübeln zu bringen mit der Frage: Stellen Sie sich vor, Ihr Körper wäre ein Gebrauchtwagen – würden Sie ihn kaufen? Dann denken viele erst mal an äußere Mängel, an Kratzer im Lack, an Gebrauchsspuren. Und einige Männer, die sich für besonders clever halten, denken gleich: Welche meiner Mängel würde ich beim Weiterverkauf lieber nicht erwähnen? Dabei steht unser Körper nicht auf eBay zum Verkauf, wir haben ja nur den einen.

Momentan fühle ich mich allerdings so, als ob mein Marktwert sinkt und ich noch eine Weile durchhalten muss, um als Oldtimer interessant zu werden und eine neue Wertentwicklung mitzunehmen.

Wenn du dich nicht auf jugendliche Ideen von Wachsen, Expansion und Körperlichkeit reduzierst, geht es dir besser. Eben in den kleinen Mängeln und den Falten können auch Schönheit und Erfahrung gesehen werden. Da reift etwas anderes heran, das ein Wert für sich ist – und das es wert ist, von uns gelebt zu werden. Eine Kultur, die das zeigt und uns die alten Menschen nicht vorenthält, würde uns allen helfen, diese Lebensphase, wenn sie ansteht, zu würdigen und selbst erleben zu wollen.

Dann lass uns doch unsere Sichtweisen, Wissensinseln und Wissenslücken zusammenwerfen, denn gemeinsam haben wir 99 Jahre Lebenserfahrung! Wir stellen Udo Jürgens auf den Kopf, der meinte doch: «Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.»

Udo Jürgens hat sicherlich auch beide Seiten, die wir eben besprochen haben, gekannt. Er war wohl jemand, der das Leben genossen und an ihm gehangen hat. «Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an» – darin ist natürlich schon ein Wunsch nach Aufbruch und Neubeginn zu spüren, vielleicht auch ein gewisses Festklammern an der Jugend. Gleichzeitig hat Udo Jürgens auch sehr melancholische Texte gesungen: Dass am Ende die Verbundenheit zwischen den Menschen zählt, die kleinen Begegnungen, das Abschiednehmen – all das macht ja gerade die späteren Lebensphasen aus.

In einem seiner letzten Lieder beschreibt er, wie er sich nicht nach New York oder San Francisco sehnt, sondern nach einem Zuhause. Und wie er nach dem Auftritt merkt, wie allein er ist und dass er irgendwo ankommen will. Also, altes Haus – auf nach vorne, damit wir mit dem Buch auch irgendwo ankommen.

Altes Haus, von wegen. Du bist der Ältere von uns beiden! Zwei Jahre!

Okay, ehrenwertes Haus!

Was die Dichter schon vor den Wissenschaftlern über das Älterwerden wussten

 

Was uns die Eltern über das Glück mit auf den Weg gegeben haben