Die Betonspritze - Ishmael Kardryni - E-Book

Die Betonspritze E-Book

Ishmael Kardryni

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Beschreibung

Ein Mann wird tot, ein anderer schwer verletzt aufgefunden. Die Ermittler Gjergji und Aldo müssen herausfinden, ob die beiden sich gegenseitig erstochen haben, wie behauptet wird, oder ob es sich um eine Verschwörung der deutschen Regierung handelt, die im Gefängnisjargon "Betonspritze" genannt wird. Die Ermittler müssen eine lange Liste von Zeugen anhören, ohne sich dabei in deren fiktiver Welt zu verlieren.

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Seitenzahl: 54

Veröffentlichungsjahr: 2024

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DIE BETONSPRITZE

Ishmael KARDRYNI

Serie: BALKAN PULP 7

Copyright © 2024 Ishmael Kardryni All rights reserved

The characters and events portrayed in this book are fictitious. Any similarity to real persons, living or dead, is coincidental and not intended by the author.

No part of this book may be reproduced, or stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, or otherwise, without express written permission of the publisher.

German:

© 2024 Ishmael Kardryni. Alle Rechte vorbehalten.

English:

© 2024 Ishmael Kardryni. All rights reserved.

Cover design by: Ishmael Kardryni

Dies ist ein fiktives Werk, inspiriert von wahren Begebenheiten. Einige Charaktere und Ereignisse sind Teile der Phantasie des Autors und jegliche Ähnlichkeiten zu tatsächlichen Personen oder Ereignissen sind teilweise zufällig. Obwohl die Geschichte auf realen Ereignissen basiert, wurden bestimmte Ereignisse und Charaktere für dramatische Effekte verändert.

Das Opfer

“Die Betonspritze, es war die Betonspritze!” schrie seine Freundin hinter ihm. Sanitäter brachten ihn auf eine Trage und versuchten, ihn aus der Embryonalstellung zu entpacken. Der andere lag tot im Kanal. Wir mussten dem Spektakel des Bürgermeisters weichen, das nebenan stattfand.

Für die Eröffnung des Bauprojekts für das neue Theater hatten sich Arbeiter der Wasserversorgung und andere Statisten des Nationaltheaters angesammelt. Der deutsche Botschafter, “Der Kaiser”, beobachtete das Spektakel aus dem Podium. Journalisten mit Handys und Kabeln, die aus ihren Taschen ragten, schwirrten wie Schmeißfliegen um hin her. Unten alle bewegten sich etwas träge. Der leichte Regen erschwerte das Gehen. Die Schaulustigen aus der umliegenden Bars trauten sich nicht in die Menge. Im Hintergrund des Podiums hing ein großes Plakat, eine schöne nackte Frau mit einer Pille im Mund: “Haloperidol - Der Weg ins deutsche Paradies”.

“Siehst du! Wieder diese Betonspritze”, wandte ich mich an Aldo. Er sprang über den Kanal hinweg und konzentrierte sich auf die Frau: “Hol sie ab! Wir treffen uns im Polizeirevier.”

Eine strahlende Glatze, wie eine Arschbacke aus einem Pornoheft, entklebte sich mühsam aus der Menge. Es war Hasan. Ein freier Journalist. Er kam zu mir: “Wie viele Tote?”, fragte er mich.

“Einer ist tot; der andere schwer verletzt - wahrscheinlich Junkies. Bist du deswegen hier?”

“Nein”, antwortete er. “Der Bürgermeister wollte ein paar Fotos und Videos haben; nach sechs Monaten soll die Eröffnung wieder in den Medien sein - sie werden wohl nicht das ganze Spektakel mit den Statisten und den Kaiser wiederholen wollen.”

“Sieht hübsch aus. Wie diese tätowierten Nymphen auf Chaturbate”, flüsterte ich Hasan zu.

“Das Mädchen kommt mir bekannt vor – eine Ballerina oder Opernsängerin vielleicht.” Die dunkelhaarige Frau saß weinend auf dem Bürgersteig, ihre großen schwarzen Augen blickten ängstlich umher. Sie wirkte zierlich und verloren neben der tröstenden Polizistin, deren knarrende Stimme die Schaulustigen verscheuchte.

Hasan knipste ein paar Fotos von der Polizistin und wandte sich dann wieder zu mir: “Man könnte meinen, in Tirana gäbe es nur Diplomaten, Politiker, Ultras und Verbrecher. Aber es gibt auch solche –- Punks, Grufties und wie sie alle heißen. Die wandern aber alle bald nach Deutschland aus. Übrigens, ich auch.”

Er richtete seine Kamera auf eine lange Reihe von Fernbussen, die zusammen mit einer Raumschiff-Installation den Platz vor dem Kulturpalast erobert hatten. Der Astronaut des Raumschiffs schwenkte mit der einen Hand eine Deutschlandfahne, mit der anderen zeigte er auf ein riesiges Plakat, das einlud: “Ihr seid die neuen Deutschen. Deutschland heißt euch willkommen. Herfried Münkler, der Bundeskanzler“. Die Reiseziele - Hamburg, Hannover, München, Nürnberg, Mannheim, Frankfurt und Stuttgart - hingen feierlich unter den Dächern der Busse. Reiseführer riefen Preise, Abfahrtszeiten und Grenzübergänge aus - mit oder ohne Papiere: ‘München! Noch 10 Plätze frei! Abfahrt um 12 Uhr für 180 EUR über Serbien; zusätzlich 50 EUR für die ungarische Grenzpolizei. Hamburg, 230 EUR über Italien; ohne Papiere bitte nicht einsteigen...’’.

“Ach so! Unser ganzes Revier wandert irgendwann nach Deutschland aus. Die vom sechsten Revier sind alle da.”

“Und schon ist die Kriminalität im Kombinat Viertel zurückgegangen”, sagte ich.

“Ja, ja. Kommen Sie jetzt noch auf ein Pilav mit Köfte, bevor der Koch uns auch nach Deutschland verlässt?”, winkte Aldo uns zu. “Die lassen uns sowieso nicht mehr rein. Die Eröffnung dauert bestimmt bis zum Nachmittag”, fügte er hinzu und nahm den Gerichtsmediziner unter den Arm.

Harapash und Bakllava

Julia ignorierte meine Aufforderung und setzte sich nicht. Sie ertappte mich dabei, wie ich ihren Unterleib zwischen den Akten auf meinem Tisch beobachtete. Sie bemerkte es und lächelte schelmisch: “Und, wie stellst du dir meine Muschi vor?”

Ich schluckte zu viel von dem scheußlichen türkischen Kaffee, den Muli in seiner schmutzigen Bude hatte kochen lassen, und spritzte das Gebräu auf ihre Akten. Etwas teigiges, sicherlich. Baklava! Mit viel Sorbet. Sie war sehr hübsch.

“Es tut mir leid, aber dein Freund wird wahrscheinlich nicht überleben. Laert? So heißt er doch, oder?”

Sie nickte. Wahrscheinlich dachte sie nach. Mein lautes Schlürfen half dabei bestimmt nicht.

Dann bemerkte sie: “Ich brauche dein verficktes Mitleid nicht! Möchtest du nicht fragen was passiert ist?”

“Dazu kommen wir gleich”, fiel Aldo ihr ins Wort. Er schob seinen zerkrümelten aber ordentlichen Tisch zur Seite und fragte: “Edi, Eduart - so hieß der andere doch, oder?”

Endlich setzte sie sich hin und antwortete: “Ja, Eduart. Wir arbeiteten zusammen im Nationaltheater. Bevor sie beide nach Deutschland gereist sind.”

“Wann sind die beiden zurückgekommen?”, fragte ich.

Sie steckte ihre langen Hände tief in den grün verfärbten Parka und antwortete: “Vor ein paar Monaten. Sie waren anders. Nicht so, wie ich sie kennengelernt habe. Wir kannten uns seit unseren Jahren in der Kunstschule “Jordan Misja.”

“Eine anrüchige Schule. Ich wohne ja in der Nähe und sehe immer irgendwelche Ganoven, die herumlungern.” Der Kaffee war so ungeheuer abscheulich, ich musste ihn mit ein paar übriggebliebenen Kekskrümeln hinunterschlucken.

“Ja, von der Sorte gibt es eine Menge. Aber auch viele Bleistiftspitzer und andere Perversen.” Sie musterte mich, wedelte den muffigen Zigarettengeruch des Büros mit ihrer Hand weg und redete weiter: “Das ist bestimmt nicht das Bolschoi. Die Lehrer machen es mit ihren sowjetischen Ansprüchen und Ambitionen noch miserabler.”

“Stimmt, einen haben wir sogar als Kinderschänder entlarvt. Wie hiess der, Aldo? Gjerasim, Xhevdet? Doch, Gjin. Dieses Mal war ein Katholiker.”

Aldo ignorierte meine Bemerkungen und fragte: “Was ist mit den beiden passiert?”

“Sie waren nicht mehr dieselben. Sie haben sich verändert.”

“Gebrochene Erfahrungen in der Migration? Drogen?”, fragte ich.

“Nein. Ich glaube, es war Deutschland. Die Betonspritze.”

“Aber du warst doch auch in Deutschland? Oder?”