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Ein grausamer Frauenmörder treibt sein Unwesen in einem alten Schmugglerversteck im Gebirge. Die Hilfeschreie seiner Opfer bleiben ungehört, niemand kennt sein Versteck – und so werden die Gräber der ermordeten Frauen im Lauf der Jahre immer mehr. Durch ein magisches Blutopfer plant der wahnsinnige Täter, den sagenumwobenen Pfähler Vlad wieder zum Leben zu erwecken und selbst Unsterblichkeit zu erlangen. Gleichzeitig sitzt ein Unschuldiger bereits seit einem ganzen Jahrzehnt für die blutrünstigen Taten im Gefängnis. Niemand hegt einen Verdacht, bis eine schwer verletzte junge Frau von ihrem Martyrium berichtet. Wird es Kommissar Puck gelingen, den Fall mithilfe seiner Zeugin aufzudecken und den wahren Täter zu entlarven, oder wird die Welt im Chaos versinken?
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Seitenzahl: 484
Veröffentlichungsjahr: 2025
Impressum
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© 2025 novum publishing gmbh
Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt
ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0514-6
ISBN e-book: 978-3-7116-0515-3
Lektorat: Monika Nebl
Umschlagabbildungen: Julia Zharkova, Alexey Poprotskiy | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
www.novumverlag.com
Vorwort
Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie. Er übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.
Alle Ähnlichkeiten mit lebenden und verstorbenen Personen sowie realen Orten sind rein zufällig.
Diese Geschichte entstand ohne Hilfe von KI.
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Zur Autorin
Eintauchen in die kriminelle Energie des Verbrechens ist meine Leidenschaft, die ich mit meinen Lesern teile.
Als „die Krimifrau“ bin ich freischaffende Buchautorin von Krimis und Kinderbüchern unter dem Namen Lis Loren.
Mein erstes Leben, Familie, Kinder, Beruf und Selbständigkeit liegt hinter mir. Jetzt zählen Dinge für mich, die Spaß und Abwechslung bringen.
Krimis schreiben und Märchen erzählen.
Als Spätberufene startete ich meine Karriere als „die Krimifrau“ erst spät, obwohl ich schon als Kind die Liebe zum geschriebenen Wort entdeckt habe.
www.die-krimifrau.de
Zum Buch
Es ermitteln:
Kommissar Paul Ulrich „Puck“ Krasser
und seine beiden besten Männer Fleck und Falko
„Der Butterfly-Killer“ ist nach „Blutacker“ und „Brennende Schuld“ ihr dritter, brutalster und komplexester Fall.
Die Brut des Bösen
Angst, nackte grausame Angst, ergriff ihr stumpfsinniges Gehirn, sie war weit davon entfernt, noch einen klaren Gedanken fassen zu können. Langsam wie schleichendes Gift drang Panik in ihren Körper ein und machte sie für rationales Denken taub. Gespenster sah sie schon seit Jahren, ihre eigenen, doch in dieser Sekunde fühlte, nein, spürte sie, dieser Geist war Wirklichkeit. Er kam, um sie zu holen. Wie sie es seit langer Zeit, genau genommen seit über zehn Jahren, ahnte: Er würde sie töten, diesmal endgültig. Alles wäre umsonst gewesen, all ihre Lügen, ihre mit Blutgeld erkaufte Freiheit. Sie wusste die Wahrheit: dass ein Unschuldiger für lange Zeit ins Gefängnis gegangen war, war ganz allein ihre Schuld, ihrer entsetzlichen Angst entsprungen, vor dem Peiniger aus vergangenen Tagen.
Sie, nur sie, kannte den wahren Mörder. Doch hätte sie anders gehandelt, wäre sie längst nicht mehr am Leben, sie wäre das dritte Opfer gewesen. Die Schlinge war schon um ihren Hals gelegen, doch der Killer hatte es sich überlegt und sie stattdessen gezwungen, ihm ein lückenloses Alibi zu geben. Dafür durfte sie ihr lächerliches Leben, an dem sie so hing, behalten. Ihr Tod war nur aufgeschoben, bis jetzt.
Dabei tötete er sie schon damals, vor langer Zeit, sie hatte nur keine Erinnerung daran. Alles Grausame war ausgelöscht gewesen, bis zu dem Tag, als er ihr auf dem Friedhof gegenüberstand. Er brauchte sie nur anzusehen, kein Wort kam über seine schmalen, zu einem zynischen Grinsen verkniffenen Lippen. Sie wusste auch so, dass sie schweigen musste. Niemand würde ihr glauben. Die Angst vor dem Ungeheuer war grenzenlos, das Grauen hatte wieder ein Gesicht.
Die Erinnerung kam wie ein Keulenschlag, ein Blick seiner kalten Augen, die wie hypnotisiert auf ihr lagen, genügte, um sie an die Qualen und schrecklichen Dinge, die er ihr angetan hatte, in ihr verschüttetes Gedächtnis zurückzubringen. Seit dem Tag wusste sie: Ihr Leben war vorbei, der Teufel in Menschengestalt hatte sie eingeholt.
Da war es wieder – ein leises, kaum wahrnehmbares Schlurfen hinter dem Haus, ein dumpfes Klirren, das in ein schabendes Geräusch überging. Jetzt schien es aus dem Keller zu kommen. Die hilflose Starre schwand und die panische Angst in ihr ebbte ab. Sie nahm einen großen Schluck aus dem Glas, das neben ihr auf dem kleinen Nachttisch stand.
Sie verschwendete keinen Gedanken mehr an die schwere Eisentür, es war nicht mehr wichtig, ob sie fest verschlossen war. Jeden bisherigen verfluchten Tag hatte sie sorgsam vor der ersten Dämmerung alle Türen und sämtliche Fenster geprüft, bis sie sicher war, alles verriegelt zu haben. Dieses Ritual war ihr in Fleisch und Blut übergegangen.
Hier und jetzt, in diesen Sekunden, spürte sie, dass ihr Weg zu Ende war. Sie musste nur noch warten, warten auf den Tod. Sie war ihm schon einmal begegnet, vor vielen Jahren. Eigentlich war sie damals gestorben, ihre Jugend und ihre Unschuld befanden sich längst im Totenreich. Alles, was von ihr noch existierte, war eine leere Hülle, frei von Gefühlen oder Lebensfreude.
Vielleicht war es Gerechtigkeit, dass sie genau an diesem Tag sterben musste, an dem Tag, als vor vielen Jahren ein Unschuldiger ins Gefängnis ging anstelle des wahren Mörders, den sie sehr gut kannte.
Doch dieser würde sich wundern. Sie hatte abgeschlossen mit der Vergangenheit, würde es ihm leicht machen und sich nicht wehren. Der Tod würde sie von unsäglicher Last befreien, sie würde ihn als Freund willkommen heißen.
Der Mörder ihrer Seele würde nicht triumphieren, sie allein würde bestimmen, wann es zu Ende war.
Die leisen schlurfenden Geräusche aus dem Keller waren verstummt, eine lähmende, grauenvolle Stille breitete sich aus. Kein Schrei, kein Betteln oder Flehen war zu vernehmen, nur unheimliche Stille.
***
Es war halb neun vormittags, als die niedliche Julia, ein sommersprossiges, rotblond gelocktes Mädchen gerade von der Nachbarin gegenüber abgeholt wurde. Julia und Niklas waren im selben Kindergarten. Die Mütter wechselten sich wöchentlich ab, heute war Monika Kleinschmidt an der Reihe. Deren größere Kinder waren schon aus dem Haus, nur Niklas, ein Kind aus zweiter Ehe und ein absolutes Wunschkind, bedurfte noch ihrer ganzen Aufmerksamkeit. Monika verwöhnte den launischen Jungen nach Strich und Faden und schien nicht zu bemerken, welch egoistischen und aufmüpfigen Bastard sie da großzog. Aber Julia durchschaute seine kleinen Ränkespiele und mochte den verzogenen Bengel nicht. Sie hatte genug andere Freunde und Freundinnen zum Spielen. Gott sei Dank war heute schon Donnerstag, und ab Montag war ihre Mutter wieder mit dem Fahrdienst dran. Die war viel cooler und quatschte nicht so hochgestochenes Zeug wie die Kleinschmidt, die immer meinte, dass aus ihrem Sprössling einmal was ganz Besonderes würde.
Heute allerdings war es Julias Mutter Gerti, die nervte, und zwar ihren Mann. Zum gefühlt tausendsten Mal redete sie auf ihn ein, dass er endlich zum Nachbarhaus gehen und nachsehen solle. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand seit geraumer Zeit ein Fenster sperrangelweit offen. Ausgerechnet bei der übervorsichtigen, manchmal arrogant wirkenden Frau Petzold. Da stimmte etwas nicht. Gerti konnte sich normalerweise sehr wohl auf ihr Bauchgefühl verlassen.
Sie kannte die übertriebene Angst der Nachbarin, die schon eine Krise bekam, wenn eins der Fenster nur gekippt war. Die Sonnenrollos zog sie meist schon am frühen Nachmittag zu, egal, ob die Sonne schien oder ob es in Strömen regnete.
Naja, sie war eben pingelig und eingebildet, jedenfalls gewann man diesen Eindruck von der Dame. Dass es schlichtweg Angst und Furcht um ihr Leben sein könnte – auf den Gedanken wäre in diesem eher gutbürgerlichem und gutsituierten Stadtteil niemand gekommen.
Jedenfalls vermieste Gerti ihrem armen Werner schon den zweiten Tag mit ihrer Schwarzmalerei. Ihm selbst kam die Sache ja auch nicht geheuer vor, doch er würde garantiert nicht hinübergehen und die Frau belästigen. Nur, weil seine bessere Hälfte ein mulmiges Gefühl, wie sie es ausdrückte, verspürte. Es war doch nicht seine Angelegenheit, ob die ihr Fenster offenließ oder nicht! Warum sollte er sich da einmischen. Werner musste allerdings einsehen, dass seine Gerti nicht so leicht davon abzubringen war, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Er kannte seine bessere Hälfte gut genug: Die gab keine Ruhe, bis er nicht da rüber marschiert und sich, verdammt noch, mal zum Affen gemacht hatte.
Zuerst klingelte er zaghaft an der Türglocke, die an der Straßenseite in der gemauerten Eingangssäule angebracht war. Er schielte dabei zu dem offenen Fenster. Just in diesem Augenblick fegte eine Windbö durch die Straße und verfing sich im Vorhang, der lustig aus dem Fenster wehte, als wolle er den Eindringling begrüßen. Unschlüssig trat Werner von einem Fuß auf den anderen. Er kam sich vor wie ein dummer Junge, der bei etwas Verbotenem erwischt wird. Er schalt sich selbst einen Idioten. Was zum Teufel machte er hier eigentlich?
Was sollte er tun, wenn tatsächlich etwas nicht stimmte? Zum ersten Mal kam ihm die Sache selbst nicht ganz geheuer vor. Er wusste genau so gut wie alle anderen in der Straße von dem spleenigen Verhalten der Frau. Sie lebte sehr zurück gezogen und pflegte kaum Kontakt zu den Nachbarn. In den ganzen vergangenen Jahren konnte er sich nicht erinnern, ob die jemals ein Fenster zur Gänze aufgemacht hatte. Wenn dann war es höchstens gekippt. Werner fühlte sich hilflos. Kein Geräusch, kein Laut drang aus dem Haus. Sein Blick fiel auf den Briefkasten, die Zeitungen der vergangenen Tage ragten aus dem breiten Schlitz. Ein Zeichen, dass sie nicht da war?
Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf, vielleicht sollte man die Polizei verständigen. Er wollte schon kehrtmachen, als sein Blick auf etwas noch Bemerkenswerteres stieß. Dieser Umstand elektrisierte ihn: Die massive Haustür aus Eichenholz mit schmiedeeisernen Beschlägen stand einen winzigen kaum wahrnehmbaren Spalt offen, durch den höchstens ein Blatt Papier passte. Aber sie war nicht abgeschlossen, und das war mehr als seltsam. Ein vergessenes Fenster mochte ja noch angehen, aber die Eingangstür würde diese Frau niemals offenlassen, so gut kannte er sie und ihre manische Angst. Hier musste jemand eingedrungen sein, so viel stand für Werner fest. Er war sich plötzlich gar nicht mehr sicher, ob er überhaupt hineingehen sollte, doch ein Blick über seine Schulter zeigte ihm überdeutlich, was seine Gerti von seinem Zögern hielt. Sie stand im eigenen Garten und wedelte mit der Hand, was so viel bedeutete wie, „na los, geh schon rein“. Er war kein Held oder Supermann, er war Bankangestellter mit Schwerpunkt Kreditwesen.
Werner holte tief Luft, riss sich zusammen und drückte mit der rechten Schulter die Tür einen größeren Spalt auf, gerade so weit, dass er den Flur einsehen konnte. Alles schien in Ordnung zu sein.
Er rief erst leise und, als keine Antwort kam, etwas lauter: „Hallo, ist jemand zuhause? Frau Petzold?“. Nichts, keine Antwort, kein Ton! Es blieb mucksmäuschenstill.
Auf den ersten Blick war nichts Verdächtiges zu entdecken. Er betrat ein blitzblank aufgeräumtes Zuhause, sauber, adrett, ja fast penibel. Genau so hatte er die Frau eingeschätzt, kein Fussel, kein Staubkorn, eine Sterilität wie in einem Operationssaal. Seine Gerti war eine ordentliche Hausfrau und eine super Mama, aber sie litt unter keinem Putzzwang, was hier anscheinend der Fall war.
Die Diele nebst Spiegel und Schuhschränkchen strahlte wie neu, die Holztreppe, die ins Obergeschoss führte, glänzte frisch aufpoliert und roch stark nach Politur. Werner zog seine Schuhe aus, um ja keinen Schmutz zu hinterlassen, und stieg auf Socken die Treppe hoch, denn im Obergeschoss befand sich das offenstehende Fenster. Seine Hand streifte das Geländer, es fühlte sich kalt und unpersönlich, wie das ganze Haus, an.
Bedächtig immerzu ihren Namen rufend näherte er sich dem Ende der Treppe. Wenn die Bewohnerin schon nicht anwesend war, so wollte er doch wenigstens alles dicht machen und später auch die Haustür fest hinter sich zu ziehen. Er achtete penibel darauf, nichts anzufassen, nicht dass noch jemand auf die absurde Idee kam, er wolle hier einbrechen. Vielleicht befand sie sich hinterm Haus in ihrem Garten und erschreckte sich zu Tode, wenn er so unverhofft plötzlich vor ihr stand.
Er zögerte, seine Stimme klang seltsam belegt, als er flüsterte: „Was mache ich hier eigentlich?“
Mit einem letzten Schritt stand er oben auf dem Treppenabsatz, nichts unterbrach die unheimliche Stille.
Vielleicht war die gute Frau schon ein wenig zerstreut oder gedankenverloren, war weggefahren und hatte einfach vergessen abzuschließen. Sowas passierte doch täglich. Er beruhigte sich mit diesen Gedanken selbst, „ja so wird es wohl sein“.
Hoppla! Was war das? Beinahe wäre er auf etwas getreten. Werner bückte sich und hielt einen Seidenstrumpf hoch, ein filigranes Teil, zart und verführerisch. Er schmunzelte und dachte: „Sowas hat meine Gerti schon lange nicht mehr getragen.“ Dabei standen Männer auf solche Attribute, es waren diese Kleinigkeiten, die einem die Sinne verwirrten.
Er schnupperte daran, ein zarter Duft von Lavendel haftete an dem Strumpf. Dass er neu war, noch nie getragen, konnte man erkennen. Der einzige Makel: Das seidige Teil war zusammengeknüllt und fühlte sich feucht an. Werner atmete tief durch, riss sich zusammen und dachte daran, warum er eigentlich hier war. Er hob den Kopf und blickte auf eine Tür einige Schritte weiter: Zwei Dinge fielen ihm gleichzeitig auf: Die Tür war weit nach innen geöffnet, und ein Haarschopf ragte aus einem Berg von zerwühlten Kissen.
Sein erster Impuls war, kehrtzumachen und schleunigst zu verschwinden. „Verdammt noch mal!“ Dass er laut fluchte, schien er gar nicht zu bemerken. Werner war sicher, eine schlafende Frau vor sich zu haben. Wahrscheinlich war sie krank und lag mit Fieber und Schüttelfrost ans Bett gefesselt, vor ihm. Er wagte nicht zu atmen, um sie ja nicht auf sich aufmerksam zu machen. Doch die Person vor ihm gab nicht das leiseste Geräusch von sich. Er sah kein Heben und Senken des Brustkorbes, was normal wäre, wenn jemand ein- und ausatmete. Werner schlich so vorsichtig wie möglich ans Kopfende des Betts. Mit zwei Fingern lupfte er die Zudecke. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, und plötzlich wollte er es ganz genau wissen.
Werner war zwar kein Held, aber auch kein besonders ängstlicher oder gar feiger Mann. Das Grauen packte ihn unvermittelt, es schien ihn regelrecht anzuspringen.
Mit einem Stöhnen ließ er die Decke fallen, als hätte er sich die Finger verbrannt. „Mein Gott, o mein Gott!“
Weit aufgerissene, tote Augen starrten ihn an. Der gleiche feine Seidenstrumpf, den er auf der Treppe gefunden hatte, lag fest um die Kehle seiner Nachbarin geschnürt.
Wie in Trance stolperte Werner die Treppe hinunter. Seine Hand, die immer noch den gefundenen Strumpf umklammert hielt, zitterte. Fahrig steckte er das Ding in seine Hosentasche, er schien dies gar nicht zu registrieren. Wie ein Schlafwandler setzte er einen Fuß vor den anderen, bis er endlich im Freien stand, wo er die kühle Luft einatmete. Der Schreck der vergangenen Sekunden wich, und er konnte wieder klar denken.
Gerti, die immer noch an der gleichen Stelle verharrte, hatte noch nie einen derart verstörten Blick in seinem vertrauten Gesicht gesehen. Aschgrau und zitternd ging er an ihr vorbei, schlurfte wortlos und kopfschüttelnd ins Haus. Er griff sich das Handy, das wie immer auf dem kleinen, zierlichen Biedermeiertischchen im Flur lag, und wählte den Notruf der Polizei. Gerti, die ihm gefolgt war, hörte deutlich die Worte „ich muss einen Mord melden“. Dann nannte er seinen Namen und seine Adresse und beendete das Gespräch. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, stand er wie ein begossener Pudel vor Gerti, die ihn ungläubig anstarrte. Er fühlte das winzige Stück Stoff, den Seidenstrumpf in seiner geballten Faust und hütete sich, es herauszunehmen. Seine Gerti sollte es nicht sehen. Er ärgerte sich jetzt über sich selbst, dass er dieses Ding überhaupt eingesteckt hatte.
Nach wenigen Minuten hielt ein Streifenwagen der hiesigen Polizei vor ihrem Haus, und zwei Beamte stiegen bedächtig aus. Mit skeptischen Blicken kamen sie auf Werners Gartenpforte zu. Es gab einen Haufen Spinner, die sich einen Spaß daraus machten, der Polizei einen Streich zu spielen, doch als sie vor dem aufgewühlt und erschüttert wirkenden Anrufer standen, war ihnen klar: Hier ging es tatsächlich um Mord!
Werner überquerte mit den Beamten die Straße, hinein gehen wollte er auf keinen Fall mehr, Werner erklärte ihnen, wo die Tote lag, und schlich bedrückt zurück zu seiner Gerti, die tröstend einen Arm um ihn legte.
Nach kürzester Zeit kamen die Polizisten wieder hinaus und riefen die Mordkommission. Noch nie hatte es in dieser sonst so friedlichen Straße einen solchen Aufruhr gegeben. Sämtliche Nachbarn, die noch nicht zur Arbeit gefahren waren, standen vor ihren Häusern oder kamen aus ihren Wohnungen und starrten hinüber zum schmucken Einfamilienhaus des, wie sich schnell wie ein Lauffeuer herumsprach, Mordopfers. Die Sirenen und Blaulichter scheuchten auch den letzten der Anwohner auf die Straße.
Mit brüchiger Stimme wiederholte Werner, warum er ins Haus der Petzold gegangen war, wie er den grausigen Mord entdeckt hatte. Vom offenstehenden Fenster, der nur angelehnten Haustür, dem Verdacht seiner besseren Hälfte, die befürchtet hatte, der seit dem Tod ihres Mannes alleinstehenden Nachbarin könnte etwas zugestoßen sein. An so eine entsetzliche Tat hatte allerdings niemand gedacht. Wie oft las oder hörte man, dass Leute nach Haushaltsunfällen hilflos in ihrer Wohnung lagen und erst nach Tagen gefunden wurden – so in etwa hatte die Vorstellung Gertis ausgesehen. An einen entsetzlichen Mord, nein, mit so was rechnete doch keiner. Noch nie hatte es in dieser eher langweiligen und biederen Gegend ein solch abscheuliches Verbrechen gegeben. Jeder einzelne war geschockt, Angst kroch in die Eingeweide der Nachbarn. Die Furcht, es könnte wieder geschehen, stand in ihre betretenen Gesichter geschrieben. Wer würde dann das nächste Opfer sein?
Dieses Verbrechen war für die biedere Landpolizei einige Nummern zu groß, die Mordkommission übernahm den Fall. Sie schickten ihren besten Mann: Paul Ulrich Krasser, schlicht und ergreifend von sämtlichen Kollegen „Puck“ genannt.
Dieser war erst vor kurzem Papa geworden, glücklicher Vater eines kleinen Prinzen, dementsprechend kurz waren seine Nächte. So sehr er den kleinen „Puck“ auch liebte, war er an manchen Tagen heilfroh, in sein Büro flüchten zu können. Der Winzling hielt seine Eltern gehörig auf Trab, trotzdem wollten Puck und Ulla, seine Frau, keine Sekunde mehr auf den kleinen Schreihals verzichten. Der neue Erdenbürger war mit einer überaus kräftigen Stimme ausgestattet, dennoch waren die beiden mit Sicherheit die stolzesten Eltern der Welt. Ein Enthusiasmus, den sie wahrscheinlich mit Tausenden von Neueltern teilten.
***
An diesem Tag war der Chef schon vor Morgengrauen im Präsidium, als hätte er geahnt, dass es einen bizarren Mord aufzuklären galt. Puck war nach dem letzten spektakulären Fall von Gmeiner, seines Zeichens Polizeipräsident und Pucks direkter Vorgesetzter, zum Revierleiter befördert worden. Ganz ohne Bedingungen ging die Beförderung allerdings nicht über die Bühne. Für einen Bürosessel war er nicht geschaffen, also kein Innendienst. Puck verstand es meisterhaft, den ganzen lästigen Bürokrempel auf seine Mitarbeiter abzuwälzen, allen voran auf Sandra, den Neuzugang vom Betrugsdezernat, die sich als echter Computerfreak wunderbar in die Abteilung einfügt hatte. Die neue Kollegin war eine immense Bereicherung für das Morddezernat. Sie kam am besten mit dem Papierkram klar, was alle zu schätzen wussten. Sie hatte einen engagierten Fürsprecher im Oberstaatsanwalt, letztendlich war es dessen Verdienst, dass sie zur Mordkommission versetzt worden war. Von diesem war man solch lobende Worte in der Regel nicht gewöhnt, es passte nicht zu ihm, war er sich doch üblicherweise selbst der nächste.
Wie gut, dass er verheiratet war, dachte Puck. Man könnte sonst glatt auf seltsame Gedanken kommen … Wahrscheinlich war der Mann aber viel zu klug, um derartige Spekulationen entstehen zu lassen. Die Ehe schien intakt zu sein, seine Frau engagierte sich sehr intensiv für verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen. Er hingegen hielt lieber Abstand zu solchen Aktivitäten, was allgemein bekannt war, sehr zum Missfallen seines stinkreichen Schwiegervaters, einem erfolgreichen Geschäftsmann.
In der kurzen Zeit, die Sandra jetzt auf dem Revier war, schafften es sämtliche männlichen Kollegen, einschließlich Falko und Fleck, sich zum Deppen zu machen. Doch jeder Versuch, bei der hübschen Blondine zu landen, ging in die Hose. Fleck hatte sehr schnell das Interesse an der kühlen Kollegin verloren, war er doch in seiner Beziehung mit Marlies Berger sehr happy. War Sandra überhaupt eine echte Blondine? Ihre dunklen Augen widersprachen dieser Theorie.
Es war nur Flecks Machodenken, das ihn ausprobieren ließ, wie leicht sie möglicherweise rumzukriegen wäre. Dabei stellte er zu seiner eigenen Überraschung fest, dass er nicht wirklich an ihr interessiert ist. Sie war zu allen gleichermaßen freundlich, lachte die derben Sprüche weg und blieb unnahbar. Doch wie hieß es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Also Männer: am Ball bleiben.
Puck hingegen amüsierte sich köstlich über die plumpen Annäherungsversuche seiner werten Mitarbeiter. Er war der Einzige, der mitbekam, dass Falko in Sandras Gegenwart immer einsilbiger wurde. Er bemerkte die verliebten Blicke, die dieser der jungen Frau hinterherwarf, wenn er sich unbeobachtet fühlte. „Sieh mal einer an, unser Kleiner wird doch nicht flügge werden.“ Puck murmelte die Worte leise vor sich hin, doch anscheinend nicht leise genug, denn Fleck, der ihm gegenübersaß, zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
„Habe ich etwas verpasst, läuft da was?“
Puck schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung was du meinst“, mit diesen Worten war das Thema für ihn vom Tisch.
Er schielte verstohlen zur großen Wanduhr, die oberhalb des Ablageregals hing und mit lautem Schlag die volle Stunde anzeigte. Sein Aufbruch heute früh war eher eine überstürzte Flucht vor dem Gebrüll des kleinen Pucks gewesen. Ulla schickte ihn genervt zur Arbeit. Doch ihr Lachen machte ihn fröhlich, und die bittere, traurige Zeit lag weit hinter ihnen, hatte keinerlei Bedeutung mehr. Die Tage waren hell und freundlich, nichts trübte ihr Glück mit dem kleinen Puck. Es stimmte ja auch, Ulla kam mit dem Racker viel besser klar als er. Manchmal fühlte er sich alt und ausgelaugt, doch er hütete sich, diese Gefühle in ihrer Gegenwart aufkommen zu lassen. Lieber flüchtete er in seine Arbeit, da hatten diese frustrierenden Gedanken keine Chance, da war er in seinem Element.
Er schüttelte den Anflug von sentimentalem Selbstbedauern ab, verscheuchte die negative Denkweise und griff zur Kaffeekanne. Die einzige Waffe, die ihn hellwach werden ließ, war nun mal dieses schwarze, starke Gesöff. Das schrille Klingeln des Telefons riss ihn aus seiner Lethargie, gerade als er die Beine ausstreckte und sich für einen neuen, arbeitsreichen Tag bereit fühlte.
Mord, ein bestialischer Mord, in einer feinen Wohngegend. Fleck streckte seinen Kopf durch die Bürotür, sein fragender Blick streifte Puck, als wollte er sagen „der Tag fängt ja gut an“. Puck griff in das kleine Wandregal, fischte eine saubere Tasse raus und goss diese für Fleck randvoll.
„Hier, ich glaube, den kannst du gut gebrauchen, hast wohl eine ziemlich kurze Nacht gehabt.“ Er grinste verständnisvoll, seine Anspielung auf Fleck Liebesleben schien voll ins Schwarze getroffen zu haben. Der lange Lulatsch lief doch tatsächlich rot an. „Immer noch die Frau Doktor, scheint ja was Ernstes zu sein.“
Fleck schluckte eine saftige Retourkutsche runter und murmelte nur „du mich auch“.
Die beiden verstanden sich prima und hatten keine Geheimnisse voreinander, genauso wie der Dritte im Bunde, Falko. In dem eingespielten Team konnte sich jeder blind auf den anderen verlassen. Es ging mittlerweile so weit, dass sie von den anderen im Dezernat scherzhaft nur noch das „das Kleeblatt“ genannt wurden. Sie bildeten eine kleine verschworene Gemeinschaft, und knifflige Fälle waren ihr Spezialgebiet.
Doch diesmal würde es ihnen verdammt schwer gemacht werden! Dieser Mord würde sie in die Vergangenheit führen, zu abscheulichen Verbrechen, bei denen Unschuld und Schuld eng beieinanderlagen. Dieser Fall schien der Auftakt zu einer grausamen, geradezu perfiden Mordserie zu sein, die Puck und seinen Männern alles abverlangen würde.
Würden sie dieses verworrene Rätsel überhaupt lösen können?
***
Die Kirchturmuhr schlug zehn, als der Kommissar und Fleck am Tatort eintrafen. In der Zwischenzeit war die nähere Umgebung des Mordhauses von der Polizei abgeriegelt worden. Die Gaffer sollten keine Gelegenheit bekommen, eventuelle, vom Mörder hinterlassene Spuren zu vernichten. Die enge Straße wurde kurzerhand gesperrt und der Verkehr auf eine Nebenstraße umgeleitet.
Puck stieg aus und sah sich um. Die schmucken Häuser und die gepflegten Gärten standen im krassen Gegensatz zu dem abscheulichen Verbrechen, dass hier stattgefunden hatte. Seinem prüfenden Blick entging nicht die geringste Kleinigkeit. An dem offenen Fenster blieb er für Sekunden haften. Der Vorhang, ein dunkelbrauner Voile-Store, hing heraus, und die leichten Bewegungen im Wind erinnerten an einen Trauerflor.
Weshalb stand im Obergeschoß ein Fenster offen? Ohne Leiter war es kaum möglich dort einzusteigen, außer man war ein verdammt guter Fassadenkletterer. Der oder die Täter mussten schon auf anderem Wege ins Haus eingedrungen sein, zum Beispiel über die Terrassentür an der Rückseite. Vielleicht hatte die Tote aber auch selbst die Tür geöffnet und ihren eigenen Mörder ins Haus gelassen, der womöglich kein Unbekannter war. Noch konnte man nur spekulieren. Sie mussten die Ergebnisse der Spurensuche abwarten, die noch in vollem Gange war.
Puck stand am Fußende des Bettes. Die Leiche lag noch genauso da, wie der Zeuge sie gefunden hatte. Der Gerichtsmediziner war mit seiner vorläufigen Arbeit zum Ende gekommen und gab die Leiche zum Abtransport in die Pathologie frei. Erstaunlicherweise war es immer noch Dr. Weinberger, der es sich nicht nehmen ließ, selbst die ersten Untersuchungen an Mordopfern vorzunehmen. Dabei gab es mittlerweile zwei fleißige Assistenten in der gerichtsmedizinischen Abteilung, die begierig darauf lauerten, den Job des alten Griesgrams zu übernehmen. Nach einem kurzen Kopfnicken in Pucks Richtung mit einem hervorgequetschten „Hallo, jetzt seid ihr dran“ verschloss der Doktor seine Tasche.
Bereits im Gehen murmelte er, wie beiläufig und kurz angebunden: „Ich bin vorerst fertig. Alles, was ich mit Sicherheit sagen kann“, jetzt blickte er Puck direkt an, verkniff sich aber eine Bemerkung über dessen dunkle Augenringe und den müden Gesichtsausdruck, da er von dessen schlaflosen Nächten mit dem Baby wusste, „die Frau ist seit mindestens vierundzwanzig Stunden tot. Sie wurde aller Wahrscheinlichkeit nach brutal stranguliert, mit einem Seidenstrumpf“. Er hielt eine Plastikhülle hoch, in der sich die vermeintliche Mordwaffe befand und setzte hinzu: „Verflucht nochmal, dieser Fall erinnert mich an etwas! Ich komm nur nicht drauf.“
Seinem grimmigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, würde er keine Ruhe finden, bis er herausgefunden hatte, an was ihn dieser Mord erinnerte. Seufzend griff er sich an die Stirn. „Es fällt mir bestimmt wieder ein, dann melde ich mich.“ Weinberger schien kurz in der Vergangenheit zu stöbern, kratzte seinen dünn bewachsenen Schädel und brummte: „Etwas gefällt mir hier ganz und gar nicht!“
Er beugte sich zu Pucks Ohr hinüber.
„Die arme Frau muss einmal einen furchtbaren Unfall überlebt haben, ihr Körper ist von alten Narben grässlich entstellt.“ Der alte Kauz hatte in seinem langen Berufsleben schon etliche Strangulierte auf seinem Seziertisch gehabt, doch an dieser Leiche kam ihm einiges seltsam vor. Er klemmte sich seine abgewetzte Tasche unter den Arm, eilte zur Treppe, mit einer Behändigkeit, die man ihm nicht zugetraut hätte, und verschwand kopfschüttelnd aus Pucks Blickfeld.
Der sah sich den Tatort sehr gründlich an, es gab keine Auffälligkeiten, keine herausgerissenen Schubläden, keinen durchwühlten Schrank. Nichts deutete auf einen Raubmord oder dergleichen hin. Ein Blick in das Nachtkästchen genügte vollends, um einen Raub auszuschließen. Eine goldene Damenarmbanduhr sowie zierliche Perlenohrringe mit dazu passender Halskette hätte kein Einbrecher so einfach liegen lassen. Aber was war es dann? Eine Beziehungstat aus Eifersucht?
Puck sah in das Gesicht der Frau und nahm die Fotos von der Kommode. Wie eine leichtsinnige Femme fatale sah sie nicht aus, eher traurig, als hätte sie ein schweres Schicksal zu tragen gehabt. Seine Gedanken kreisten um das mögliche Tatmotiv, doch er kam auf keinen grünen Zweig. Daher wollte er erst mal mit dem Mann sprechen, der den Mord gemeldet hat.
Am Treppenabsatz stand Fleck und unterhielt sich gerade mit einem der Streifenpolizisten, die als erstes am Tatort gewesen waren. Puck sprach aus, was auch den anderen durch den Kopf schwirrte: „Warum gibt es keine Einbruchs- oder Kampfspuren? Nichts deutet darauf hin, dass sich die Frau gewehrt hätte. Hat der Kerl sie im Schlaf überrascht, oder kannte sie ihn?“
Auf den ersten Blick fehlte ein Motiv, die Frau lebte zurückgezogen, war anscheinend gutsituiert, schien keine Geldprobleme zu haben. Nichts deutete auf wechselnde Männerbekanntschaften oder sonstige Ausschweifungen hin, es gab im ganzen Haus weder Aschenbecher noch alkoholische Getränke. Sie schien überhaupt keine Laster zu haben. Alles deutete auf einen gewissen Wohlstand hin. Die ganze Wohnung war penibel geputzt, aufgeräumt, ja fast in einem sterilen Zustand.
Werner und sämtliche Nachbarn bestätigten Pucks Eindruck. Frau Petzold hatte mit niemandem Streit gehabt, selten Besuch bekommen, und von Männern schon gar nicht. Eine ehemalige Arbeitskollegin war die Einzige, die regelmäßig bei ihr reinschaute. Sie half ab und zu bei der Gartenpflege, oder kam auf einen Kaffee vorbei. Sonst gab es nichts über sie zu sagen, also war die Tote ein völlig unbeschriebenes Blatt. Doch wer ermordet einen Menschen, der niemandem die Gelegenheit gibt, ihn so sehr zu hassen?
Wie viel Gewicht auf dem Ausdruck „unbeschriebenes Blatt“ lag, konnte Puck in diesem Augenblick nicht im Entferntesten ahnen.
Der Kommissar war sich sicher, dass man hier tiefer schürfen, ihre Vergangenheit durchleuchten musste. Wie sagt das Sprichwort: „Jeder hat eine Leiche im Keller versteckt, man muss nur tief genug graben.“
Pucks graue Mähne schien heute eine Spur grauer zu sein und widerspenstiger zu sein. Fleck nannte es „friedhofsblond“, was ihm einen vernichtenden Blick seines Bosses einbrachte. Dieser fuhr mit gespreizten Fingern durch sein aufmüpfiges Haar, fischte das Handy aus der Innentasche seiner Jacke und tippte auf die gespeicherte Nummer seines zweiten „besten Mitarbeiters“.
Falko schien geradezu auf den Anruf gewartet zu haben, denn es dauerte keine drei Sekunden, so fix war er am anderen Ende der Leitung. Puck erklärte kurz die Sachverhältnisse, gab ihm konkrete Befehle durch und besprach anschließend mit Fleck die weiteren Schritte.
Die Kollegen durchsuchten immer noch jeden Winkel, jede Ecke vom Keller bis zum Dachboden. Hinter dem Haus im weitläufigen Garten, der von der Straße her nur schlecht einsehbar war, erledigten sie ihre Arbeit besonders gründlich. Die Gelegenheit, sich zu verbergen und die Dunkelheit abzuwarten, war hier am günstigsten, trotzdem sprach die fehlende Abwehr des Opfers für eine andere Version. Es schien wirklich, als hätte die Frau freiwillig ihrem Mörder die Tür geöffnet. War sie ihm auch freiwillig ins Schlafzimmer gefolgt? Sie war nur leicht bekleidet unter der Decke gelegen. Hatte sie ein erotisches Abenteuer gehabt oder war sie vergewaltigt worden? An diesem Punkt hatte sich Weinberger nicht festlegen wollen. Erst die genauere Untersuchung in seinem Labor konnte diese Vermutung bestätigen oder dementieren. Für gewöhnlich gebrauchte er den Satz „erst wenn ich sie auf meinem Tisch habe, kann ich mit Sicherheit sagen, was Sache ist, alles andere wäre reine Spekulation, meine Herren“.
In der Zwischenzeit war auch Falko eingetroffen.
„Ich habe den Namen Petzold durch den Computer gejagt, und voilà: Er hat tatsächlich einiges ausgespuckt.“
Triumphierend wedelte er mit einigen losen Papierblättern vor Flecks Nase herum, was diesen regelrecht auf die Palme brachte. Er riss ihm ungeduldig die Schriftstücke aus der Hand.
„Gib schon her, den blöden Wisch!“
Je mehr Fleck las, desto verdutzter wurde sein Gesichtsausdruck, als könne er nicht glauben, was dort schwarz auf weiß stand. „Das nenn ich mal ein Motiv. Aber nach mehr als zehn Jahren, wer wartet so lange auf seine Rache?“
Er reichte die Blätter an seinen Boss weiter. Dessen Blick flog über die Zeilen, dann nickte er bedächtig, strich die kleine widerspenstige Locke aus der Stirn und brummte an Falko gewandt: „Überprüf, ob dieser Knabe noch im Knast einsitzt, oder ob er schon wieder seine Freiheit genießt.“
Der verurteilte Mörder, um den es in den Unterlagen ging, hatte zwei Frauen auf die gleiche Art erdrosselt wie es beim aktuellen Opfer, Frau Petzold, der Fall war. Die Verbindung zwischen den Verbrechen stellte eine Zeugenaussage vor Gericht her, die die gerade Ermordete gemacht hatte. Sie hatte damit einen weiteren Verdächtigen entlastet, indem sie diesem ein Alibi gegeben hatte, obwohl einiges für diesen Mann als Täter sprach. Doch ihre Glaubwürdigkeit stand nie infrage, so verurteilte man den Ehemann des zweiten Opfers, eine gewissen Walter König.
Der Fall damals hatte sich zu einem Indizienprozess entwickelt, die ganze Sache war sehr heikel und verwirrend gewesen. Das Mordwerkzeug war mit dem jetzigen identisch. Das Besondere daran: Diese Strumpfmarke wurde seitdem nicht mehr hergestellt. Die Firma gehörte dem zweiten Opfer, der Frau des verurteilten Mörders.
Puck erinnerte sich vage an die Schlagzeilen. Sein damaliger Chef, Oberkommissar Fasnacht – er hieß wirklich so –, hatte den Täter zwar hinter Gitter gebracht, glaubte aber selbst nicht wirklich an dessen Schuld, doch zur Entlastung fehlten ihm die Beweise.
Puck wusste, was zu tun war: Er musste seinen alten Chef aufsuchen. Der war längst in Pension und genoss seinen verdienten Ruhestand, doch Puck kannte dessen Adresse. Der alte Griesgram lebte noch immer in dem kleinen Reihenhaus am Ende der Pestalozzi-Straße.
„Falko, du besuchst unsere fleißige Laborratte, und wir beide, Fleck, machen einen kleinen Hausbesuch.“
Dabei warf er dem zuletzt Angesprochenen seinen Autoschlüssel zu. „Du begleitest mich zu meinem alten Chef.“
Gleichzeitig kramte er ein Notizbüchlein aus einer seiner unzähligen Jackentaschen, klappte es auf und kritzelte hinein. In letzter Zeit schien er zerstreuter als üblich zu sein, machte sich immer öfter Notizen.
„Äh, Falko, du siehst dir ganz genau den Strumpf an, mit dem die Frau erdrosselt wurde.“ Auf Pucks Stirn bildeten sich die lustigen Dackelfalten, wie immer, wenn er über etwas grübelte. Falko, der sich zum Gehen wandte, wurde jedoch von Pucks Stimme noch mal eingeholt.
„Pass auf: Sollten kleine glitzernde Schmetterlinge in das Material eingewebt oder aufgedruckt sein, gib mir sofort Bescheid!“
Falko und Fleck zogen erstaunt die Augenbrauen hoch.
„Oha!“ Was wusste der alte Wolf, was sie nicht wussten?
Hatte der schlaue Terrier schon Witterung aufgenommen, vermutete er einen direkten Zusammenhang zwischen den Morden?
Oh ja, Puck erinnerte sich gut an den Fall, obwohl er selbst nicht viel damit zu tun gehabt hatte. Er war damals noch der kleine Laufbursche gewesen, der, wie sein damaliger Chef immer betont hatte, „noch viel lernen müsste“. Puck erinnerte sich aber auch daran, dass dieser ganz und gar nicht glücklich über den Verlauf der Ermittlungen gewesen war.
Es hatte zwei ermordete Frauen gegeben: eine Professionelle, die im Bordell anschaffen ging, und die erfolgreiche Ehefrau des verurteilten Täters.
Pucks Gedanken wanderten zurück, er versuchte, die Puzzleteile wieder zusammenzusetzen. Dazu konnte er getrost seine kleinen grauen Gehirnzellen strapazieren, denn Fleck musste fast durch die ganze Stadt fahren. Er wusste, dass sein Boss jetzt nicht reden wollte, kannte die Anzeichen. Wenn Puck grübelte, hielt man lieber den Mund.
Fasnacht hielt damals einen ganz anderen für den Mörder. Sofern Puck sich nicht irrte, hatte der Kerl sogar zum näheren Freundeskreis der Königs gehört, also des Verurteilten und seiner Frau. Beide Männer waren in dem Luxusbordell verkehrt und kannten sich. Obgleich Walter König schwor, unschuldig zu sein, gab es zu viele Indizien, die gegen ihn sprachen. Der Richter wollte den Fall damals schnell abschließen, die Presse saß ihm im Nacken, ein Schuldiger musste dringend her.
Es wurde gemunkelt, der Sohn des Richters sei der andere Stammkunde im Bordell gewesen. Es drang aber nichts an die Öffentlichkeit, der Mann wurde nicht angeklagt, sondern nur als Zeuge vernommen, nachdem er ein hieb- und stichfestes Alibi nachweisen konnte. Die Gerüchte allerdings hielten sich hartnäckig, es kehrte erst wieder Ruhe ein, nachdem das Urteil gesprochen war und der Killer für lange Jahre einsaß. Es würde schwer werden, dieses Gerichtsurteil zu revidieren. Der Richter von damals war verstorben, sein Sohn irgendwo im Ausland verschollen, alle Bemühungen, ihn ausfindig zu machen, waren im Sand verlaufen. Das Alibi hatte diesem ausgerechnet Frau Petzold gegeben. Sie war damals allerdings noch eine andere gewesen: eine Frau ohne Gedächtnis!
Warum zur gleichen Zeit, als man die beiden Frauen so bestialisch getötet hatte, ein junges Mädchen aus dem Haus der Familie König verschwand, konnte nie geklärt werden. Walter König hatte seine liebe Not mit der Kratzbürste gehabt, die seine Halbschwester und schon oft von zu Hause abgehauen war. Sie war achtzehn und ließ sich vom großen Bruder nicht bevormunden. Meist kam sie nach einigen Wochen, manchmal erst nach Monaten zurück. Sie kam und ging, wie es ihr passte.
Puck ahnte, dass die Fälle von damals in engem Zusammenhang mit dem heutigen standen. Ein Zufall wäre zu absurd, die Verbindung war da, er musste sie nur finden.
Die Tote konnte ihm keine Antworten mehr geben, aber vielleicht hatte sie einen Hinweis hinterlassen. Er nahm sich vor, nach seinem Besuch bei Fasnacht noch einmal zum Haus der Petzold zu fahren. Vielleicht hatte er etwas übersehen, ein Detail, eine winzige Kleinigkeit. Etwas das nicht wichtig schien, aber auf den zweiten Blick vielleicht zu einer Spur führen konnte, die zur Aufklärung beitragen würde.
***
Der zierliche Vogel pickte die kleinen Brotkrumen auf, die sie aus dem winzigen Loch – man konnte den Spalt, der sie mit der Außenwelt verband, wohl kaum Fenster nennen – nach draußen warf. Wahrscheinlich war die Öffnung früher ein Lüftungsschacht gewesen, mehr war ihr seit Jahren nicht vergönnt. Wenn er das Haus verließ, schloss er sogar diese Brücke zur Freiheit. Sie konnte schreien, so viel sie wollte, bis ihre Stimmbänder versagten und nur noch krächzende Töne aus ihrer Kehle kamen. Niemand hörte sie, keine Menschenseele wusste von ihr. Das Furchtbarste jedoch war: Keiner schien sie zu vermissen.
Manchmal, wenn er nach Tagen wieder kam, war er nicht allein. Sie vernahm dumpfe, von Schmerzen hervorgerufene Schreie, die aber so schnell wieder verstummten, dass sie glaubte, es sich eingebildet zu haben. Ihr Verstand spielte ihr wieder einen Streich. Jedenfalls behauptete er das, wenn sie es wagte, ihn darauf anzusprechen. Dabei grinste er bösartig und verging sich an ihr. Er vergewaltigte sie wie schon gefühlte tausende Male zuvor. Sie, die sie in diesem Verschlag dahinvegetierte. Warum lebte sie eigentlich noch? Er war ein bestialischer Mörder. Sie wusste es, hatte ihn morden sehen.
Ließ er sie am Leben, weil er es so bestimmte? Oder weil sie vor vielen Jahren in das Scheusal verliebt gewesen war, nicht den Teufel erkannt hatte, der er immer sein würde. Mein Gott, sie war fast noch ein Kind gewesen. Er hatte gut ausgesehen, war im Haus ihres Bruders aus- und eingegangen. Sie hatte ihm vertraut, sein perfides Spiel nicht durchschaut.
Vor wenigen Stunden war er zurückgekommen, nachdem sie Tage in völliger Stille verbracht hatte. Ihr Verließ glich einer Gruft. Die schwere Eisentür, die einzige Verbindung zum Leben, öffnete sich nur, wenn er kam, um sie zu quälen.
Sie liebte es, wenn er weg war, selbst wenn es ihren Hungertod bedeuten konnte. Sie fragte ihn oft, warum er es nicht zu Ende brachte: „Wieso tötest du mich nicht?“
Die Antwort war immer die gleiche: „Weil du mir gehörst, ich kann mit dir machen, was ich will. Du bist mein Eigentum, und irgendwann bringe ich dich wirklich um, wie all die anderen Schlampen.“
Er hatte längst jeglichen Fluchtgedanken in ihr erstickt, mit brutaler, brachialer Gewalt. Die ersten Versuche hatten damit geendet, dass er sie regelrecht fast zu Tode geprügelt hatte.
Seine Tobsucht kannte keine Grenzen. Sie wünschte sich so sehr, dass er sie endlich totschlagen würde. Doch das brächte ihn um sein perverses Vergnügen. Er könnte sie nicht mehr quälen, demütigen und verhöhnen, denn genau diese Dinge waren es, die ihm die größte Befriedigung brachten.
Wie lange sie schon in seiner Gewalt war, wusste sie nicht. Jeder Tag war wie der andere. Die meiste Zeit vegetierte sie im Dämmerzustand, in völliger Isolation dahin. Zu Beginn ihres Martyriums hatte er ihr Spritzen gegeben, um sie gefügig und willenlos zu machen. Dabei hatte er wie der Satan persönlich gegrinst, sie „mein flügellahmes Täubchen“ genannt. Die Dinge, die er dann mit ihr angestellt hatte, waren eklig und grausam gewesen.
Sie hatte schon längst keine Tränen mehr, keine wirkliche Erinnerung an ihr früheres Leben. Sie war abgestumpft und fern jeder Hoffnung. Die einzigen Momente, die sie daran erinnerten, dass es auch ein anderes Leben gab, bestanden in den kurzen Augenblicken, in denen er sie nach oben, in seine Welt holte. Dabei beobachtete er sie mit Argusaugen. Manchmal dauert ihr „Ausflug“ nur Minuten.
Wenn er ganz viel Zeit hatte, quälte er sie stundenlang. Dann steckt er sie in die Badewanne, ein eisernes Monstrum aus dem vorigen Jahrhundert, das die Bauern als Tränke für ihr Weidevieh verwendet hatten. Er kettete sie ans Abflussrohr. Unter seiner Aufsicht musste sie ihre Haare waschen, ihren ganzen Körper einseifen: Brauchte sie zu lange, steckte er ihren Kopf unter Wasser, bis sie strampelnd und zuckend nach Luft rang. Wenn es ihm gefiel, brauste er sie eiskalt oder brühheiß ab, je mehr sie vor Schmerzen schrie, desto lauter lachte er.
Einmal war es ihr gelungen, aus dem Haus zu entkommen. Hinterher wusste sie, dass er sie absichtlich laufen gelassen hatte, er nannte es ein neues Spiel. Er hatte sie gejagt, bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen, sein Sadismus und seine Grausamkeit kannten keine Grenzen.
Rasende Schmerzen rissen sie aus der Bewusstlosigkeit. Sie schmeckte Blut, qualvoll war jeder Atemzug, jede Bewegung verursachte neuen wahnsinnigen Schmerz. Sie versuchte, aufzustehen, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht. Ihre Füße steckten in dicken blutdurchtränkten Verbänden. Von ihrem Peiniger fehlte jede Spur, sie lag auf dem nackten Boden. Sie wusste nun mit tödlicher Sicherheit, was er ihr angetan hatte. Warum hatte er sie nicht verbluten lassen? Weshalb verband er ihre Wunden? Sein krankes Hirn, seine abartigen Spielchen, die er immer schlimmer und brutaler mit ihr trieb, ließen ihr keine Hoffnung. Existierte überhaupt noch ein Funken Menschlichkeit in diesem Monster?
Seine Drohung, ihr beim nächsten Fluchtversuch die Achillessehnen zu durchtrennen, er hatte sie wahrgemacht. Nun war es gewiss: Sie konnte ihm niemals entkommen! Die Verzweiflung übermannte sie, sie schrie wie ein waidwundes Tier. Seitdem kroch sie auf allen vieren die Treppe hoch, wenn er sie rief. Er weidete sich an ihrer Qual, verspottete sie als flügellahmer Spatz.
Sie war die Einzige, die von seinen Morden wusste, hörte die Geräusche von oben aus seiner Folterkammer und die verzweifelten Todesschreie, wenn sie regungslos in ihrem Kellerverließ lag. Sie ahnte seit Langem, warum er sie nicht tötete: Er brauchte sie, um mit seinen Morden und Taten prahlen zu können. Er weidete sich an dem Grauen und Entsetzen in ihren Augen, wenn er ihr die furchtbaren Einzelheiten, die seine Opfer erleiden mussten, schilderte.
Diese Hütte würde nie gefunden werden, sie lag in undurchdringlichem Dickicht, fernab jeder Wanderroute, ringsum gab es nur Wald und Fels.
Ihr einziger Lichtblick war der kleine Vogel, der sich von ihren Brotkrumen ernährte. Als würde er verstehen, welch Schicksal die Frau quälte, sang und zwitscherte er besonders laut.
***
„Hallo Jako, hi Doc, gibt es schon Neuigkeiten? Irgendwas, womit wir was anfangen können, eine klitzekleine Spur, ein Indiz, Fingerabdrücke oder sonstige Beweise, die uns zum Täter führen?“
Falko stand neben der Leiche, die in der Gerichtsmedizin auf einem der Edelstahltische lag. Der Anblick bereitete ihm immer noch ein mulmiges Gefühl. Jeder der hier lag, war gewaltsam zu Tode gekommen.
Der neue Assistent Jakob Simmel – Falko hatte mitbekommen, dass ihn der Chefpathologe nur Jako nannte und tat es nun ebenfalls – war gerade damit beschäftigt, den geöffneten Brustkorb der Leiche mit einigen groben Stichen zu schließen. Falko wusste, wie es hier zuging, trotzdem würgte es ihn immer noch. Der penetrante, süßliche Blutgeruch haftete überall, er würde sich wahrscheinlich nie daran gewöhnen und war stets heilfroh, wenn er diesen Ort wieder hinter sich lassen konnte.
Es war der alte Arzt, der ihm antwortete: „Es gibt tatsächlich einiges, mein Junge.“
Er ging um den Tisch herum und forderte Falko auf, sich neben ihn zu stellen.
„Siehst du diese Narben?“, dabei hob er leicht einen Fuß der Leiche an, zeigte auf die bewusste Stelle und fuhr mit den Fingern an vernarbtem Gewebe entlang. „Hier und hier“, nun war das zweite Bein an der Reihe. „An beiden Fersenbeinen wurde die Achillessehne durchtrennt.“
Der Arzt nahm ein Röntgenbild vom Tisch, hielt es gegen das Licht und deutete auf die Stellen. „Die Sehne verbindet die Fersenknochen mit der Wadenmuskulatur, sie ist die stärkste Sehne des menschlichen Körpers, so ohne Weiteres reißt die nicht.“ Der erfahrene Pathologe schien seiner Sache sehr sicher. „Bei unserer Toten wurde sie absichtlich durchtrennt, mit einer scharfen Klinge, das zeigen die gleichmäßigen Schnitte.“ Er schüttelte den fast kahlen Schädel, als könne er selbst nicht glauben, was er vermutete. „Die groben Narben sind alt, erst später hat man sie fachmännisch operiert. Das beweisen die glatten, feinen Narben. Wo war die Frau, wie konnte sie existieren und vor allem, wer hat ihr das angetan?“
Der junge Kripobeamte war sprachlos. Es gab doch immer wieder neue abscheuliche Dinge, die Menschen anderen antaten. Eigentlich gab es nur eine Erklärung für ihn. Plötzlich bekam alles, was er über Frau Petzold herausgefunden hatte, beziehungsweise eben nicht herausfand, einen Sinn. Er überlegte, ob er mit Weinberger darüber sprechen sollte. Vielleicht kamen sie gemeinsam hinter das Geheimnis dieser bizarren Geschichte?
„Vor gut zehn Jahren war die Frau Zeugin in einem Mordprozess, von ihrer Existenz vorher gibt es seltsamerweise keinerlei Unterlagen.“ Er fröstelte plötzlich. „Verdammt kalt hier bei euch.“
Dr. Weinberger schien darauf zu warten, dass er weitersprach, er machte keinerlei Anstalten mit seiner Arbeit fortzufahren. Falko knöpfte seine Jacke zu und sinnierte weiter.
„Es schien nicht relevant oder von Bedeutung, schließlich ist die Frau ja Opfer und kein Täter.“
Weinberger nickte ein paarmal und kratzte sich am Kinn. „Das kommt ungefähr hin, die Operationsnarben dürften etwa so alt sein, aber die Schnitte, die zur Durchtrennung der Sehnen führten, sind älter, mindestens ein paar Jahre. Sie muss damals sehr jung gewesen sein.“
Ohne ein weiteres Wort ging Weinberger zu dem Leichnam und zog die grüne Plane, die den Körper bedeckte, zurück. Was Falko vorher nicht gesehen hatte, weil Jako über die Frau gebeugt in seiner Arbeit vertieft gewesen war, sprang ihn jetzt geradezu an. Unwillkürlich wich er entsetzt einen Schritt zurück. Er konnte nicht verhindern, dass ein lauter Fluch über seine Lippen kam, gefolgt von einem leisen „Herrgott im Himmel, was ist das?“.
Es gab kaum eine Stelle an der Toten, die nicht mit Narben übersät war, alte längst verheilte Narben. Es waren unzählige.
„Es sind Verbrennungen darunter, die zweifelsfrei von Zigaretten herrühren, man hat sie gequält und gefügig gemacht. Ein perverses Arschloch hat sie als Aschenbecher missbraucht, und zwar über einen längeren Zeitraum hinweg.“ Weinberger stieß die Worte mit einer unbändigen, grimmigen Wut heraus.
„Diese Narben hier“, dabei strich er fast behutsam, als könnte die Tote es fühlen, mit seinem behandschuhten Zeigefinger über das verwachsene Gewebe hinweg.
„Solche Verletzungen entstehen bei Stürzen über schroffes Felsengeröll oder Schotter, und zwar aus größerer Höhe. Die obere Hautschicht war teilweise bis auf den Knochen abgeschürft.“ Er schüttelte bei dem Gedanken daran ungläubig den fast kahlen Schädel.
„So gravierende Verletzungen habe ich zuletzt bei einem toten Bergsteiger gesehen. Der arme Kerl war hundert Meter tief abgestürzt, er war nur noch ein blutendes Bündel Mensch. Das nadelspitze Geröll hat die Wirkung, als hätte ihn jemand durch den Fleischwolf gedreht.“
Falko war ziemlich blass geworden, allein der Gedanke an hohe Berge und die damit verbundenen Strapazen, dort hinaufzugelangen, erzeugten bei dem Stadtmenschen Übelkeit. Aber Weinberger war in seinem Element, es erinnerte ihn an seine Jugendzeit bei den Gebirgsjägern, vor einer gefühlten Ewigkeit.
„Damals war ich noch ein richtiger Heißsporn, bei den Sanitätern, ich kann mich noch gut an einen ähnlichen Fall erinnern.“ Er drehte sich zu Falko um und wollte dem jungen Schnösel mal eine echt grausige Geschichte erzählen – doch da war keiner mehr. Er hatte sich klammheimlich aus dem Staub gemacht. Wie jeder einzelne auf dem Revier kannte er natürlich die Storys aus Weinbergers Erinnerungen und hatte keine Lust verspürt, die aufgewärmten Geschichten des alten Schwerenöters zum tausendsten Mal zu hören.
Es verging keine Weihnachtsfeier, oder sonst eine Fete, wo der Pathologe solche nicht zum Besten gab, und Falko hatte absolut keinen Bock darauf. Er war heilfroh, dem Gestank nach Tod entkommen zu sein und wieder richtig durchatmen zu können. Doch das Durchatmen musste warten, ein kurzer, aber verhängnisvoller Satz hinter ihm stoppte seine Flucht.
Der Besitzer der polternden Stimme hatte ihn eingeholt.
„Ich bin noch nicht fertig, mein junger Freund.“
Falko schloss für Sekunden die Augen und hoffte inständig, nicht noch mehr gruslige Details zu hören. Noch schlimmer konnte es doch gar nicht kommen, oder?
„Die Frau war schon tot, als ihr vermeintlicher Mörder ihr den Strumpf um den Hals legte und zuzog.“
Jetzt war Falko sprachlos, sein Gesicht ein einziges Fragezeichen. Sein ungläubiges Staunen ließ den Arzt kichern.
„Du siehst aus wie ein Schaf, dem man sein Gras weggefressen hat.“
Der sonst so taffe und coole Bulle verstand gar nichts mehr. War die Frau nun ermordet worden oder nicht? Woran war sie dann verstorben?
In seinem Kopf wirbelten die Gedanken wild durcheinander, allein kam er hier auf keinen grünen Zweig. Als erstes musste er diese Neuigkeit seinem Boss mitteilen. Kaum hatte er zum zweiten Mal die Tür der Gerichtsmedizin hinter sich geschlossen, fielen ihm die Worte seines Chefs wieder ein. „Sieh nach, ob in dem Strumpf, mit dem das Opfer stranguliert wurde, kleine Schmetterlinge aus Gold- oder Platinfäden eingewebt sind.“
Widerwillig machte er kehrt.
Weinberger konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wieder sehen.“
Falko ging auf seinen scherzenden Ton nicht ein und fragte nach dem Mordwerkzeug.
„Ha, jetzt weiß ich es wieder“, ein Strahlen überzog sein faltiges Gesicht, was den alten Arzt um Jahre jünger wirken ließ. „Ich wusste doch gleich, dass mich dieses Ding an etwas erinnert. Ich kam nur nicht drauf, es war die Mordwaffe, aber nicht heute, sondern vor mehr als zehn Jahren.“
Aus einer der unzähligen Schubläden zauberte er den filigranen Strumpf hervor und hielt ihn Falko vor die Nase.
„Genau wie damals, der Mörder bevorzugte die gleichen Teile, um seine Opfer ins Jenseits zu befördern. Ich erinnere mich wieder ganz genau.“
Falko besah sich das „Tatwerkzeug“ sehr genau. Er schnupperte sogar, denn es haftete immer noch ein zarter Duft nach Lavendel daran. Die Stimme des Pathologen riss ihn mit einer enttäuschenden Mitteilung aus seiner Versunkenheit. „Es befinden sich keine brauchbaren Spuren darauf, nichts, was auf den Täter deuten könnte. Es gibt keine daktyloskopischen Spuren. Die Kollegen von der Kriminaltechnik fanden nichts, weder Hautausscheidungssubstanzen noch Schuppen oder fremde Dann an dem Strumpf. Der Bastard muss Handschuhe getragen haben, was darauf schließen lässt, dass der Mord eiskalt geplant war.“
Er deutete auf den Leichnam und meinte: „Der hat Routine im Morden, die Frau ist mit Sicherheit nicht sein erstes und auch nicht sein letztes Opfer.“ Sein Blick schien in die Ferne gerichtet, als er leise mit einem fast verlegenen Lächeln meinte: „Die Medien nannten ihn den Butterflykiller, aufgrund dieser edlen und sauteuren Strümpfe.“
Falko bestaunte die filigranen, zarten Schmetterlinge, die sich an der Ferse und am oberen Abschluss befanden.
„Eine normale Hausfrau konnte sich diese Dinger überhaupt nicht leisten.“ Mit einem schiefen Grinsen schien das Thema für den Arzt abgeschlossen, er ließ das Beweisstück wieder in der Schublade verschwinden und wandte sich seiner Arbeit zu.
***
Puck saß in einem hellen, freundlich eingerichteten Wohnzimmer. Die Sonne trug einiges zu diesem Eindruck bei, sie erwärmte den Raum mit ihren Strahlen. Er unterhielt sich mit seinem ehemaligen Chef, zuerst plauderten sie über belangloses Zeug, banale Alltagssorgen, bis Puck auf den wahren Grund seines Besuches kam.
Mit einem donnernden Faustschlag und einer Wucht, dass der Aschenbecher einen Salto schlug, hieb der pensionierte Kommissar auf den Tisch, was ihm einen strengen Blick seiner besseren Hälfte einbrachte. Sogleich schickte er einen zerknirschten, um Entschuldigung heischenden Augenaufschlag in ihre Richtung, er kannte ihre Abneigung, gegen Lärm und deftige Flüche.
„Ja, zum Donnerwetter, verflucht nochmal. Endlich bewegt sich was in dieser Sache, viel zu lange saß ein Unschuldiger im Knast.“
Das war Kriminalhauptkommissar Fasnacht, wie er leibt und lebt. Seit Jahren im Ruhestand war er aber immer noch der gleiche ehrliche, polternde Kerl wie früher. Der strenge Blick seiner Anne, die gerade Kuchen und duftenden Kaffee auf einem großen Tablett hereinbrachte, dämpfte seine Stimme. Sie stellte alles vor den Männern ab und entfernte sich diskret, auf keinen Fall wollte sie die zwei bei ihrem Wiedersehen stören. Es kam nicht oft vor, dass ehemalige Kollegen bei ihnen hereinplatzten.
In gemäßigtem Ton fuhr Fasnacht fort: „Ich habe immer gewusst, der wirkliche Mörder läuft frei rum. Aber wieso mordet er wieder, nach so vielen Jahren?“
Ein leichtes Kopfschütteln seines Gegenübers zeigte dessen Ratlosigkeit. „Ich habe keine Ahnung, aber vielleicht hat er nie damit aufgehört.“
Puck wusste auf die Frage Fasnachts keine andere Antwort. Er lobte gerade den Kuchen, als das Handy in seiner Tasche summte. Am anderen Ende war Fleck, den Puck aufs Revier geschickt hatte, nachdem er sich von ihm zu seinem alten Boss chauffieren gelassen hatte, mit einer bedeutsamen Nachricht. Als er das Gespräch beendet hatte, rührte Puck gedankenverloren in seinem Kaffee. Sein Blick wanderte über das liebevoll eingerichtete Wohnzimmer, die hellen Eichenmöbel, den mit kleinen Streublumen übersäten bunten Vorhang und blieb auf der Orchidee mit ihrem üppigen zartrosa Blütenwuchs hängen. Fasnacht, der diesen grüblerischen Ausdruck im Gesicht seines Besuchers nur zu gut kannte, drängte darauf, zu erfahren, was Puck so sehr beschäftigte.
„Tja, es sieht so aus, als hätten wir den Mörder“.
Doch sein Blick zeigte berechtigte Zweifel an diesen Worten. Es wäre zu einfach! Puck schüttelte seine graue Mähne und sprach aus, was Fleck ihm soeben mitgeteilt hat. Jedoch sein Bauchgefühl rebellierte dagegen, alarmierte sämtliche Sinne. Irgendetwas schien ihm mächtiges Unbehagen zu bescheren, die Nachricht passte ganz und gar nicht.
„Vor genau vier Tagen ist der … Butterflykiller … entlassen worden.“ Nach diesen Worten herrschte gespenstische Stille im Raum, man hätte eine Stecknadel fallen hören.
„Aber so blöd ist kein Mensch, gleich wieder munter drauflos zu morden.“ Diese Worte kamen mehr geflüstert, als spreche er zu sich selbst.
***
Elf Jahre, vier Monate und dreiundzwanzig Tage vor ihrem Tod war sie schon einmal gestorben, jedenfalls für ihren Mörder. Er war überzeugt gewesen: „Verdammt, jetzt ist die Schlampe tatsächlich verreckt!“
Dabei wollte er doch nur spielen, wie so oft vorher. Bisher war sie bei jedem seiner … Spielchen … wieder munter geworden und hatte gequiekt wie ein kleines Ferkel, nach Luft gejapst wie ein Karpfen auf dem Trockenen. Ihn hatte es jedenfalls köstlich amüsiert.
Verflucht! Diesmal hatte er wohl zu lange und zu fest zugedrückt. So eine Scheiße! Jetzt muss er sich ein neues Spielzeug zulegen. Er schickte dem „toten Miststück“ noch einige deftige Flüche hinterher, denn er war mächtig verärgert. Ausgerechnet heute fehlte ihm die Zeit, sie zu verscharren, dringende Termine erforderten seine Anwesenheit in der Stadt. Ein hässliches, dreckiges Grinsen huschte über sein vor Wut verzerrtes Gesicht. „Tja, ich bin nun mal ein sehr viel beschäftigter, allseits beliebter Mann.“
Er schleppte sie zu seinem Wagen, immer noch fluchend hievte er sie auf die Ladefläche seines Pick-ups. Schweiß lief ihm in die Augen und seinen Nacken hinunter, immerhin waren es einige hundert Meter, kein Weg führte zu seinem Versteck, die Hütte lag abseits jeder Zivilisation.
Für ihn war es ideal, er musste niemals mit ungebetenen Besuchern rechnen. Niemand kannte diesen Ort, in diese unwirtliche Gegend verirrte sich kein Schwein und wenn doch, so versperrte diesem der haushohe Wildwuchs und die schroffen Felsen jede Einsicht. Es war damals reiner Zufall gewesen, dass er den zugewachsenen Eingang zu einem ehemaligen Schmugglerweg und der geheimen Felsenhöhle gefunden hatte. Dieses Versteck hatte ihm anscheinend der Teufel persönlich zukommen lassen. Was vor Hunderten von Jahren wilde Gesellen vor ihren Schergen und Verfolgern geschützt hatte, diente ihm als Verlies, als ein geheimer Ort, wo er seine perversen und abartigen Triebe austoben konnte.
Er zurrte ihren leblosen Körper mit Kabelbinder auf der Ladefläche fest, womöglich verlor er sie, wenn er den holprigen Abhang hinunterfuhr. Wie oft hatten ihn seine sogenannten „Freunde“ ausgelacht, seinen Spleen für diese großen amerikanische Fahrzeuge als kompletten Quatsch abgetan, doch er allein wusste, warum er diese Geländewagen brauchte. Seine neueste Errungenschaft ein SUV, ein richtiges Schnuckelchen, ein Panzer für unwegsames Gelände, eine Klasse für sich und genau das richtige für seine Zwecke. Diese Idioten waren alles Penner, nicht einer unter ihnen bedeutete ihm etwas. Er benutzte sie alle, diese Trottel, diese Volldeppen, die sich noch in seinem Ruhm sonnten. Wie geil war das denn!
Er fuhr wie ein Wahnsinniger über Stock und Stein, querfeldein bis an den Abgrund einer tiefen Schlucht. Von unten drangen gurgelnde, zischende Geräusche eines eiskalten Gebirgsbaches zu ihm herauf. Hier konnte er sie „entsorgen“, ohne Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden. Kein Aas würde sie jemals finden. Er zog und schleifte ihren Körper bis zum Rand, mit dem Fuß schubste diesen hinunter in die Klamm. Der Mörder wartete nicht auf das Geräusch des Aufpralls, man würde vermutlich eh nichts hören, das Tosen des wilden Wassers erstickte alles ringsum. Es interessierte ihn auch nicht, wie sie unten aufschlug. Für ihn war sie schon vergessen, seine Gedanken drehten sich bereits um eine Nachfolgerin. Warum musste sie auch gerade jetzt, wo es so schön lief mit ihnen, abkratzen, dieses blöde Luder!
Mit dem Bild eines neuen Spielzeugs in seinen perversen Gedanken fuhr er zufrieden in die Stadt, absolvierte seine wichtigen Termine und genoss das Leben als angesehener Bürger. Sein dunkles Geheimnis kannte keiner und so sollte es bleiben.
***
Doch er war sich zu sicher, sonnte sich in seiner Überlegenheit! Ein Sturmtief, das unvermittelt und mit brachialer Kraft aufzog – im Gebirge keine Seltenheit – brach mit Urgewalt über das Land herein. Niemand hatte mit der Stärke des Sturmes gerechnet, einen Paragleiter trieb es weit von seiner üblichen Flugbahn ab. Der orkanartige Wind blies ihn über die Schlucht, wie eine Marionette spielte er mit dem Mann. Obwohl dieser erbittert um sein Leben kämpfte und mit einem Stoßgebet um selbiges schrie, übersah er nicht den leblosen Körper, der in einem Baum quer über eine zerklüftete Felsenschlucht hing. Die blaue Plastikplane hatte sich gelöst, sie wehte wie eine Fahne, zwei Arme pendelten heraus, als würden sie winken, hin und her. Zuerst glaubte er, seine Angst abzustürzen, gaukle ihm etwas vor. Doch so sehr er sich die Augen rieb, das Bild blieb das gleiche. Als hätten die Winde ein Einsehen, flauten sie so rasch wieder ab, wie sie aufgekommen waren. Das Wunder geschah, der Paragleiter Josef Petzold kam unbeschadet, aber weit abgetrieben von seinem ursprünglichen Ziel, auf dem weichen Waldboden an. Der Aufprall bescherte ihm nur einige blaue Flecke. Sein Handy funktionierte noch, Gottseidank, und er alarmierte sofort die Bergrettung.
Die hielten es zuerst für einen schlechten Scherz, doch der Mann war glaubwürdig, die meisten der Bergwacht kannten ihn als besonnenen und äußerst zuverlässigen Sportkameraden. Viele von ihnen teilten seine Leidenschaft, das Paragleiten. Nachdem sich das Wetter beruhigt hatte und nur noch ein laues Lüftchen wehte, bargen sie die vermeintliche Leiche mit dem Hubschrauber.
Niemand hatte es für möglich gehalten, doch ein winziger Pulsschlag durchzuckte den schwer verletzten Körper. Es gab keine Erklärung, wie sie in diese unwirtliche Gegend gekommen war. Am Körper trug sie nur ein zerschlissenes Shirt und eine Jogginghose. Ihr von Narben entstellter Körper ließ sie als Opfer eines Sadisten und grausamen Mörders erkennen. Doch fehlte ihr jede Erinnerung, sie kannte weder ihren Namen, noch erinnerte sie sich an irgendein Detail ihrer Vergangenheit. Ihr Gedächtnis war ausgelöscht.