15,99 €
Millionen Kinder und Jugendliche wurden durch die teils völlig überzogenen Corona-Maßnahmen und Schulschließungen um Jahre ihrer Kindheit gebracht. Ihrer Bildungschancen beraubt, hat man sie, ohne wissenschaftliche Evidenz, als „Pandemietreiber“ beschimpft, sie psychisch und sozial überfordert, ihre gesunde Entwicklung beschädigt und nicht zuletzt sie und ihre Eltern durch eine völlig undifferenzierte Pauschalverurteilung in eine Impfung getrieben. Anstatt ihre Rechte als schwächste Mitglieder unserer Gesellschaft ganz besonders zu schützen, hat kaum jemand so sehr unter den Maßnahmen gelitten wie die Kinder und Jugendlichen. Die Folgen sind dramatisch, vielfältig und teilweise nicht mehr zu reparieren. Dieses Buch ist die Dokumentation eines Unrechts. Denn es ist notwendig, diese skandalöse Politik, die auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen wurde, aufzuarbeiten - gerade auch, weil sich die Politik einer echten Aufklärung immer noch verweigert. Es ist notwendig, weil es sich einfach nicht wiederholen darf, dass politisches Kalkül, angstgetriebene Politik, Kaltschnäuzigkeit und Denkfaulheit rationale und evidenzbasierte, aber auch menschliche Entscheidungen komplett ersetzen. Dieses Buch ist eine Anklage im Namen der Kinder und Jugendlichen. Ein Buch gegen das Vergessen und gegen die Wiederholung, denn nach der Pandemie ist am Ende nur vor der nächsten Pandemie oder dem nächsten Grund, im Namen vermeintlich höherer Interessen, jene unserer Kinder hintenanzustellen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 354
Veröffentlichungsjahr: 2025
Birgit Kelle | Eva Demmerle
DIE CORONA GENERATION
Wie unsere Kinder um ihre Zukunft gebracht wurden
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.
Originalausgabe1. Auflage 2025Copyright © 2025 by Birgit Kelle und Eva Demmerle© 2025 Deutscher Wirtschaftsbuch Verlag, Deutscher Wirtschaftsbuch Verlag GmbH,Christoph-Rodt-Straße 11, 86476 Neuburg an der Kammelwww.deutscherwirtschaftsbuchverlag.comAlle Rechte vorbehalten.Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors nicht zulässig. Das gilt gleichermaßen für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Wir behalten uns die Nutzung der Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor. Falls die Publikation Links zu externen Webseiten Dritter enthält, haben wir auf deren Inhalte keinen Einfluss; für diese fremden Inhalte können wir keine Gewähr übernehmen. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung nicht erkennbar.
Redaktion: Christine Rechberger Satz: Daniel Förster, Belgern Korrektorat: Manuela KahleCover- und Umschlaggestaltung: www.b3k-design.de, © 2025 Andrea Schneider & diceindustries Bildnachweis: © maxim ibragimov / shutterstock.comeBook: ePUBoo.com
ISBN Print: 978-3-69066-072-3ISBN E-Book (PDF): 978-3-69066-074-7ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-69066-073-0
»Niemand, dem Du beibringst zu denken, kann danach wieder so gehorchen wie zuvor. Nicht aus rebellischem Geist heraus, sondern wegen der Angewohnheit, im Zweifel alle Dinge zu prüfen.«
Hannah Arendt
Für alle, die standgehalten haben.
VORWORT VON DR. KRISTINA SCHRÖDER
WARUM DIESES BUCH?
AM ANFANG WAR DIE SCHULSCHLIESSUNG
DOCH, MAN KONNTE ES SCHON DAMALS WISSEN
GENERATION DEPRESSION
GENERATION KRANK UND DICK
GENERATION SCHULDIG – WIE KINDER ZU PANDEMIETREIBERN ERKLÄRT WURDEN
GENERATION VERSUCHSKANINCHEN
GENERATION ANALPHABET
GENERATION OPFER – HINTER VERSCHLOSSENEN TÜREN
UND JETZT? – ZWISCHEN VERANTWORTUNG UND VERGEBUNG
DANKSAGUNG
ANMERKUNGEN
Juni 2021, seit Tagen liegen die Temperaturen in unserer Heimatstadt Wiesbaden um die 30 Grad. Endlich erbarmt sich das Hessische Kultusministerium: Wenigstens die Maskenpflicht auf dem Schulhof wird aufgehoben – in den Klassenzimmern müssen die Kinder natürlich weiter unter der Maske schwitzen.
Wenige Tage später schreibt das Wiesbadener Gesundheitsamt an die örtlichen Schulleiter und »empfiehlt«, dass die Kinder dennoch auch im Freien weiter Maske tragen, »wenn ein Abstand von mindestens 1,5 m nicht gewährleistet werden kann«, so die absurde Maßgabe der Behörde, die sich etwa auf einem Grundschulpausenhof nur umsetzen lässt, wenn man jedes Kind in einen Kreidekreis stellt und ihm verbietet, diesen zu verlassen. Sollte es zu einer »Unterschreitung des Mindestabstands ohne Masken« kommen, könne dies »für eine große Anzahl von Kontaktpersonen Quarantäne-Maßnahmen zur Folge haben«, lautet die kaum verhohlene Drohung des Amtes gegenüber Sechsjährigen, die es wagen, die Maske im Freien bei 30 Grad auch tatsächlich abzunehmen.
Meine damalige Nachfrage bei einigen Wiesbadener Unternehmen, ob das Wiesbadener Gesundheitsamt ihnen gegenüber denn ähnlich drastisch vorgehe, ergab einhellig: nein, nichts dergleichen.
Ausgerechnet gegenüber Kindern und Jugendlichen herrschte in den Jahren der Pandemie in Deutschland ein unbarmherziger Rigorismus, den ich in unserem liberalen Land niemals für möglich gehalten hätte und der mich dazu brachte, ab Ende April 2020 in Texten, Talkshows und auf Twitter/X meine Stimme zu erheben. Mein Gefühl war ganz klar: Hier läuft etwas völlig falsch. Basale Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie – etwa, dass auch Kinder und Jugendliche vulnerabel sind, und zwar psychisch; oder dass in der Adoleszenz verpasste soziale Erfahrungen kaum nachholbar sind – zählten plötzlich nicht mehr. Wer es doch wagte, derartiges zu erwähnen, wurde herrisch zurechtgewiesen: »Das Virus diskutiert nicht.«
Dabei kam es auch zu einer Erosion des Verantwortungsbegriffs. Als besonders verantwortungsbewusst galten diejenigen, die Schutzmaßnahmen möglichst rigoros umsetzten, sowie jene, die auf die lange Zeit ja sehr drastischen staatlichen Vorgaben freiwillig noch mal eine Schippe drauflegten. Hier taten sich viele Leitungen von Gemeinschaftseinrichtungen wie Seniorenheimen, Behinderteneinrichtungen oder eben auch Schulen und Kindergärten eifrig hervor. (Das Gegenteil gab es aber auch: Heimleiter oder Schuldirektoren, die hart an die Grenze des Legalen gingen, um die Regeln für ihre Schutzbefohlenen so erträglich wie möglich zu machen.) Dabei übernahmen diejenigen, die versuchten, auch noch das kleinste Restrisiko auszuschließen, nach meiner Überzeugung gerade keine Verantwortung im eigentlichen Sinne. Sondern das übernahmen die, die auch bereit waren, ein kalkuliertes Risiko einzugehen, wenn sie nach sorgfältiger Abwägung aller Zieldimensionen zu dem Ergebnis kamen, dass dieser Weg insgesamt mehr Nutzen als Schaden bringt.
In genau diesem Punkt hat unsere Gesellschaft gegenüber Kindern und Jugendlichen dramatisch versagt. Es gab ja noch nicht mal eine nennenswerte gesellschaftliche Debatte darüber, was Schulschließungen und die drastischen Maßnahmen, die Schulen, wenn sie denn mal offen waren, zu kalten, freudlosen Orten machten, für Kinder und Jugendliche bedeuteten: dass ihnen nicht nur Bildung entging, die sie mitunter nie wieder werden aufholen können, sondern dass Schule für Kinder und Jugendliche in der Regel auch sozialer Lebensmittelpunkt außerhalb der Familie ist. Wo sie Freundschaften knüpfen, Konflikte austragen und sich verlieben. Wo sie gemeinsam ein Theaterstück einstudieren und es begeisterten Eltern vorführen, auf Klassenfahrt fahren und im Chor singen. Wo sie es zum Ende der Schulzeit mal so richtig krachen lassen.
Was macht das mit einer ganzen Generation junger Menschen, die all das – in der Regel unwiederbringlich – verpasst hat? Diese Frage wurde im öffentlichen Diskurs tunlichst vermieden, und auch jene, die sie laut und vernehmlich hätten stellen müssen, die Medien, der Ethikrat, erst recht die Kirchen, haben ganz überwiegend zu diesen Punkten geschwiegen.
Dabei hätte es für das Seelenheil vieler Kinder, Jugendlicher und ihrer Eltern sicher viel bedeutet, wenn es wenigstens eine erkennbare Abwägung dieser Punkte gegeben hätte. Selbst wenn man sich am Ende dann doch für den rigorosen Kurs entschieden hätte – Kinder und ihre Eltern hätten dann wenigstens das Gefühl gehabt, dass gesehen wird, was all die Maßnahmen für sie bedeuten. Stattdessen habe auch ich im persönlichen Gespräch mit in der Pandemie verantwortlichen Akteuren aus Politik und Wissenschaft immer wieder erlebt, dass etwa eine Maskenpflicht im Supermarkt und eine in der Grundschule in einem Atemzug genannt wurden. Als sei es das Gleiche, wenn ich als Erwachsene 20 Minuten im Supermarkt eine Maske tragen muss, wie wenn unsere mittlere Tochter, die zu der Zeit Erstklässlerin war, sie in Schule und Betreuung sieben Stunden jeden Tag tragen, so lesen und schreiben lernen musste, mit kurzen Unterbrechungen zwei Jahre lang.
Dieses verdienstvolle Buch dokumentiert, was war. Es zeigt, dass die Erkenntnis, dass das Virus für Kinder und Jugendliche – zum Glück! – weitgehend ungefährlich war, bereits früh vorlag und von vielen anderen europäischen Ländern auch beachtet wurde, indem sie nach dem ersten Lockdown im Frühling 2020 im weiteren Verlauf der Pandemie Schulen und Kindergärten nicht mehr oder nur kurz schlossen.
Und es zeigt die Folgen unseres deutschen Kurses: die psychischen Erkrankungen, die Schäden in den Bildungsbiografien, die sozialen und gesundheitlichen Konsequenzen. Damit wird mit diesem Buch die Grundlage für etwas gelegt, was wir Kindern und Jugendlichen als Allererstes schuldig sind: Ehrlichkeit.
Die Wahrheit ist: Sie wurden benutzt. In der Hoffnung, dass andere Teile der Gesellschaft davon einen Nutzen haben, wurden ihnen drastische Dinge angetan, von denen sie fast nur Schaden hatten. Unter deren Folgen werden sie, das räumt auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil, in dem es den Schulschließungen seinen umfassenden Segen erteilt, freimütig ein, in vielen Fällen lebenslang leiden.
Mit Immanuel Kant könnte man sagen: Wir haben Heranwachsende zu einem Mittel für die Zwecke anderer Menschen gemacht. Völlig unabhängig davon, ob damit wirklich ein Nutzen für andere erzielt wurde oder nicht. In einem freiheitlichen Rechtsstaat darf es eine solche Verzweckung nicht geben. Von Menschen generell nicht, von Kindern und Jugendlichen schon gar nicht.
Wenn dieses Buch dazu beitragen kann, dass wir uns als Gesellschaft zumindest darauf wieder einigen können, dann hat es schon viel erreicht.
Dr. Kristina Schröder im April 2025
Wenn ein Unternehmen zusammenbricht, nennt man das eine Insolvenz. Wie nennt man es, wenn ein Kind zusammenbricht?
Wenn zahlreiche Unternehmen Schaden nehmen, schließen oder die Umsätze stagnieren, nennt man das eine Rezession oder gar eine Wirtschaftskrise. Wie nennt man es, wenn eine ganze Generation von Kindern emotional, psychisch, körperlich und auch intellektuell schlagartig an Funktionstüchtigkeit verliert? Wir haben kein Wort dafür, wenn eine ganze Generation an Kindern Schaden nimmt.
Das ist erstaunlich in einer Gesellschaft, die ständig nach Achtsamkeit ruft, nach Schutz für die Schwachen und Ausgegrenzten, einer Gesellschaft, die gerne ganz nach dem Bonmot der damaligen Kanzlerin Merkel alles »vom Ende her denken1 « will, die inklusiv sein möchte, alle in den Blick nehmen und sogar als politischer Slogan von Landesregierungen »kein Kind zurücklassen2 « will. Die Kinderrechte im Grundgesetz fordert und im Sinne der kommenden Generationen ständig nachhaltig, klima- und natürlich CO2-neutral agieren möchte.
Die deutsche Gesellschaft erstellt stattdessen Klimaschadensberichte und natürlich den Schadensbericht zum deutschen Wald. Das Artensterben weltweit wird streng überwacht, und natürlich der Zustand der deutschen Gewässer. Jeder kleine Unfall auf der Straße erfordert anschließend einen Schadensbericht für die Versicherung, und wenn ein Computervirus auf dem Laptop wütet, kann jeder kostenlose Virenscanner anschließend einen Schadensbericht der Festplatte erstellen. Wir stoppen selbst große Bauprojekte, weil irgendwo ein Wachtelkönig nistet oder eine Gelbbauchunke die Straße nicht mehr sicher überqueren kann und das Ökosystem dieser Tiere selbstredend keinen Schaden nehmen darf. Vor nicht langer Zeit sprach gar das Landgericht Erfurt3 in einer Schadenersatzklage im Zusammenhang mit dem VW-Dieselskandal der »Natur« zu, als »ökologische Person« Trägerin von Grundrechten zu sein.
Das Kindeswohl und die Rechte kommender Generationen werden also gerne politisch in Anspruch genommen, wenn es dazu dient, die eigenen Ideologien und Glaubenssätze gesetzlich zu zementieren. Keiner fordert allerdings eine bedingungslos kinderschadensneutrale Politik für die Generation von heute. Wer klagt denn im Namen einer ganzen Kindergeneration, die unter dem Vorwand der Corona-Pandemie-Bekämpfung über zwei Jahre in eine Art Sippenhaft genommen wurde und zugunsten der Rechte von Erwachsenen auf große Teile dessen verzichten musste, was ein Kinderleben ausmachen sollte: Spielen, Freunde, Schule, Lernen, Spaß und ein gesundes körperliches, soziales und mentales Wachstum? Bis heute scheut die Politik nicht nur eine Aufarbeitung der zahlreichen freiheits- und grundrechtseinschränkenden Maßnahmen und Verbote, sondern sogar eine Bestandsaufnahme jener Schäden, die an Kindern und Jugendlichen teilweise völlig sinnlos verursacht wurden. Nicht durch das Virus, wohlgemerkt, sondern durch politische Entscheidungen und deren Folgen. Denn wo Schäden sind, muss doch auch jemand schuldig sein.
Und so ist dieses Buch eine Anklage und Beweisaufnahme im Namen der Kinder, denen Jahre ihrer Kindheit und Jugend aber auch ihre psychische und körperliche Gesundheit gestohlen wurden. Manche hat der Druck, den diese politischen Entscheidungen ausgelöst haben, gar das Leben gekostet.
Die monatelangen Kita- und Schulschließungen, die gesperrten Spielplätze und die geschlossenen Sportvereine, Jugendzentren, Kinos und Cafés; die Lockdowns, Ausgangsverbote, Kontaktbeschränkungen und sonstigen Quarantäne-Bestimmungen; die Maskenpflicht in allen Schulen und selbst an der frischen Luft auf dem Pausenhof; der Impfdruck schon auf Kinder in Schulen und Sportvereinen; ihre Stigmatisierung als Pandemietreiber, Großeltern-Gefährder oder gleich als Ratten4 – die Liste der Einschränkungen und Belastungen in der Corona-Zeit war für Kinder und Jugendliche aller Altersklassen lang, die Folgen sind zum Teil dramatisch und wirken bis heute nach. All das wurde in einem wissenschaftlichen und damit auch juristischen Blindflug beschlossen, ohne jegliche Evidenz eines echten Nutzens im Pandemiegeschehen und trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass viele dieser Maßnahmen nicht nur nicht zielführend, sondern auch für Kinder schädlich sind.
Schlimmer noch: Wie wir heute dank der Veröffentlichung der sogenannten »RKI-Files« nachlesen können, wussten auch die Bundesregierung und der Krisenstab des Robert Koch-Instituts um die Sinnlosigkeit vieler Maßnahmen. Es war also kein Versehen. Sie wussten um die vielfältigen Folgeschäden der Schulschließungen und dass diese zur Pandemiebekämpfung nicht notwendig waren – wie nicht zuletzt zahlreiche andere Länder fabelhaft demonstrierten. Man hat es dennoch aus politischen Gründen angeordnet und durchgezogen.
Millionen Kinder wurden um Jahre ihrer Kindheit betrogen. Sie wurden ihrer Bildungschancen beraubt, man hat sie psychisch und sozial überfordert und damit ihr ganz persönliches Startkapital für die Zukunft beschädigt. Man hat sie und ihre Eltern zudem in eine Impfung getrieben, die für sie keinen großen Nutzen hatte, dafür aber viel Schaden anrichten konnte. Man hat die vielfältigen Beschwerden der Eltern und Schüler bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht auf Basis evidenzloser Empfehlungen des RKI weggebügelt. Es ist ein Verbrechen, das einer ganzen »Generation Corona« angetan wurde, anstatt sie und ihre Rechte als schwächste Mitglieder unserer Gesellschaft ganz besonders zu schützen. Die Folgen und Schäden für die Kinder der Corona-Zeit sind dramatisch, vielfältig und teilweise nicht mehr zu reparieren.
Die Krankenkassen verzeichnen einen extremen Anstieg bei den Diagnosen von Depressionen und psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Die Bildungslücken durch monatelange Schulschließungen sind für Millionen Kinder nicht mehr aufzuholen. Wie werden sich jene Kinder noch viele Jahre durch das marode deutsche Schulsystem schlagen, denen man als Grundschulkinder zumutete, zu Hause allein Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen? »Generation Analphabet«?
Die »Generation Corona« ist auch eine »Generation einsam«. Die lange Isolation zu Hause und das erzwungene digitale Lernen hat bei nicht wenigen Sozialphobien, aber auch das Abdriften in Internetabhängigkeiten, Süchte oder gar Drogenmissbrauch verursacht. Ein Teil von ihnen ist ganz aus dem Visier der Öffentlichkeit verschwunden, als »Generation abgetaucht« haben sie die Schule verlassen und seither nichts Vernünftiges mehr begonnen. »Generation planlos«.
Wie will man den Schaden beziffern und wie soll es jemals eine Entschädigung für die Tatsache geben, dass Kinder in dieser Zeit monatelang weggesperrt hinter verschlossenen Haustüren deutlich häufiger Opfer von häuslicher Gewalt und Missbrauch wurden, weil kein Fremder sie mehr zu sehen bekam und auch keiner nachfragte, und die Zahl der gewaltsam im familiären Umfeld getöteten Kinder sprunghaft um 35 Prozent anstieg5? Wer verantwortet jene Kinder, die sich das Leben nahmen, weil sie in ihrer Isolation keinen Ausweg und auch keinen Ansprechpartner mehr fanden? Wie viele Kinderleben dürfen für die Rettung der Volksgesundheit in Kauf genommen werden? Unsere Gesetze und auch die ständige Rechtsprechung würden antworten: kein einziges. Weil unsere Gesellschaft sich damit rühmt, Menschenleben nicht gegeneinander aufzurechnen. Theoretisch. Praktisch nahm man viele menschliche Kollateralschäden zumindest stark fahrlässig in Kauf.
Wer kümmert sich um die »Generation krank und dick«, die durch fatale »stay at home«-Kampagnen und das Stilllegen aller körperlichen Betätigungen in Sportunterricht, aber auch Vereinen und selbst auf öffentlichen Spiel- und Sportstätten in eine langfristige Bewegungsarmut getrieben wurde, was nicht nur motorische und Entwicklungsstörungen, sondern auch eine zunehmende Fettleibigkeit mit allen gesundheitlichen Langzeitschäden ausgelöst hat?
Und wer genau nimmt jene Kinder aller Altersklassen auch nur zur Kenntnis, die sich völlig unnötig einer Impfung unterzogen haben und mit ihrer Gesundheit bis heute dafür bezahlen? Ihre Eltern, die Empfehlungen der Politik und der Ständigen Impfkommission STIKO vertraut haben? Wer wird dafür haften und die Verantwortung übernehmen? Wer wird den Schaden wiedergutmachen – und ist das überhaupt möglich?
Nicht wenige in der politischen, aber auch in der privaten Debatte ziehen sich heute gerne auf das Argument zurück, heute seien die Dinge sicher anders zu beurteilen, aber damals habe man das doch alles nicht wissen können. Alle wollen es im Nachhinein nicht besser gewusst und nur gut gemeint haben. Ja, wirklich? Andere Länder hatten andere Lösungen, und sie leben alle noch. Damit beantwortet sich gleichzeitig auch die Frage, warum es notwendig ist, diese skandalösen Maßnahmen und Entscheidungen auf dem Rücken von Kindern aufzuarbeiten: Weil es sich nicht wiederholen darf, dass politisches Kalkül, Kaltschnäuzigkeit und Denkfaulheit rationale und evidenzbasierte, aber auch menschliche Entscheidungen ersetzen.
Es ist sehr praktisch für die Politik, dass die jugendlichen Drogen- und Suchtkranken, die in dieser Zeit auf die schiefe Bahn gerieten, später nicht als »Corona-Tote« gezählt werden, während aber jeder Verkehrstote mit positivem Corona-Test zwei Jahre lang in die Corona-Toten-Statistik einzahlte und ganz unfreiwillig mithalf, die Grundrechtseinschränkungen auch für Kinder rhetorisch und statistisch zu begründen.
Es ist ebenfalls sehr praktisch, dass die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung sowohl bei den Bildungsdefiziten der Kinder als auch bei ihrer Gesundheitsschädigung niemals gerichtsfest hergestellt werden können, weil man von Anfang an darauf verzichtet hat, ein Monitoring der Maßnahmen und ihrer Auswirkungen gerade unter Heranwachsenden vorzunehmen. Bis heute gibt es keine wissenschaftliche Aufarbeitung, ob Maßnahmen wie Schul- und Kitaschließungen, aber auch das Maskentragen und die Kontaktbeschränkungen, die man Kindern auferlegt hat, wirklich notwendig oder gar erfolgreich, ob sie juristisch angemessen oder verhältnismäßig waren.
Wo keine Studien, da keine Fakten, keine Zusammenhänge, keine Verantwortung. Dass heute laut PISA-Ergebnissen6 25 Prozent der Grundschüler die Schule verlassen, ohne ausreichend lesen, schreiben und rechnen zu können, und sich diese Zahlen im Vergleich zu den Jahren vorher noch einmal dramatisch verschlechtert haben, kann den Schulschließungen nicht direkt zugeordnet werden, weil es schließlich immer mehrere Faktoren gibt, die eine Rolle spielen. Faktisch entspricht der Rückfall der deutschen Schüler zwischen 2018 und 2022 in Mathematik und beim Lesen dem durchschnittlichen Lernfortschritt eines ganzen Schuljahres. Ein Schuljahr verschwindet – und das löst keine bildungspolitische Krise aus? Wo nichts mit nichts zu tun hat, war nichts falsch und muss sich auch nichts ändern.
Wird in einem deutschen Parlament ein neues Gesetz oder eine Maßnahme geplant, muss zwingend vorher eine Rechtsfolgen- und eine Kostenabschätzung vorgenommen werden. Man will wissen, was kostet das Ganze und welche sonstigen gesellschaftlichen »Nebenwirkungen« oder gar Gefahren werden eventuell verursacht. Niemand hat jemals die realen und gesellschaftlichen Kosten einer verlorenen Generation ausgerechnet, und manche Zusammenhänge zwischen heutigen gesundheitlichen Problemen oder gar Todesfällen und einer abgenötigten Corona-Impfung werden wir niemals beweissicher bekommen. Nur das Internet zählt mit, wenn wieder »plötzliche und unerwartete« Todesfälle vorher kerngesunder junger Menschen zu verzeichnen sind. Welches gesundheitliche Risiko manche Kinder und Jugendlichen ab sofort lebenslang mit sich tragen, weil ihre Mütter in der Schwangerschaft dem Rat der Ärzte folgten und sich mit einem neuartigen mRNA-Impfstoff impfen ließen, während der Gynäkologe ihres Vertrauens sonst von jeder Kopfschmerztablette abriet, wird wahrscheinlich nicht einmal wissenschaftlich erfasst sein. Auch nicht, wie viele Kinder niemals das Licht der Welt erblickten, weil sie es aus demselben Grund nie bis zur Geburt schafften.
Dieses Buch ist die Dokumentation eines Unrechts, das politisch Verantwortliche und Erwachsene in dieser Zeit den Kindern angetan haben, indem man sie ohne wissenschaftliche Grundlage zu »Pandemietreibern« erklärte und ihnen die Verantwortung für die Gesundheit und das Überleben ihrer Eltern und Großeltern auf die überforderten Schultern lud. Sätze wie »Willst du etwa schuld sein, wenn deine Oma stirbt?« gehören dabei zu den Randnotizen einer angstgetriebenen Politik, die Kinder in eine Verantwortung stellte, die sie nicht tragen konnten und auch nicht sollten.
Die Politik verweigert sich einer echten Aufklärung, »die Wissenschaft« hat den Schaden ihres eigenen Rufes fleißig mitverursacht und Instanzen wie das Robert Koch-Institut, der deutsche Ethikrat oder auch die Ständige Impfkommission STIKO haben ihre Glaubwürdigkeit verspielt.
Dieses Buch ist eine Anklage im Namen der Kinder. Ein Buch gegen das Vergessen und gegen die Wiederholung, denn nach der Pandemie ist auch nur vor der nächsten Pandemie oder dem nächsten Grund, im Namen vermeintlich höherer Interessen jene der Kinder hintenanzustellen.
Birgit Kelle & Eva Demmerle
AM ANFANG WAR DIE SCHULSCHLIESSUNG
Im Rückblick neigt der Mensch zur Verklärung von Ereignissen. Diese Erinnerungsverzerrung der eigenen Psyche erfüllt gleich mehrere menschliche Bedürfnisse: Wir erinnern uns ungern an schlechte Erfahrungen; es ist ein Schutzmantel für unsere psychische Gesundheit, wenn die guten Erinnerungen bleiben und das, was man lieber vergessen will, uns nicht weiter im Hier und Heute belastet. Die verklärte Erinnerung kann aber auch sehr dankbar sein in der Bewertung der eigenen, vielleicht auch unrühmlichen Rolle, die man im historischen Rückblick gespielt hat und die sich – je mehr Zeit verstreicht – im Nachhinein sogar zum heldenhaften Widerstand um-erinnern lässt, in der Psychologie nennt man das den »False-Memory-Effekt«. Am Schluss ist niemand mehr bei einem Unrecht dabei gewesen, und alle saßen gemeinsam im Schützengraben des Widerstandes.
In der DDR war ja bekanntlich auch nicht alles schlecht, der Rotkäppchen-Sekt, die Spreewaldgurken, dieser Zusammenhalt in der Nachbarschaft, und wenigstens hatte jeder einen Arbeitsplatz, erinnern Sie sich? Und die Corona-Zeit haben wir doch alle ganz gut rumbekommen, jetzt sollte man nach vorne blicken, anstatt sich in kleinlicher Aufarbeitung zu verlieren, was ja sowieso nichts mehr ändert. Passiert ist passiert, das kann man auch nicht rückgängig machen, ja, sicher, heute ist man klüger, man wusste damals ja vieles nicht, aber was bringt es denn jetzt, nachtragend zu sein, das sind doch nur noch ein paar verbitterte Corona-Leugner, die da nach wie vor auf dem Thema rumreiten, und die waren ja schon damals rechts.
Kommen Ihnen solche Sätze bekannt vor?
Es sind Erwachsenen-Perspektiven, kein Kind redet so. Man hat es ja nicht gefragt, und es wäre wohl auch nicht in der Lage, in Eigendiagnose selbst zu beurteilen, ob und inwiefern sich die vielfältigen Entbehrungen dieser Zeit bis heute auf sein Leben auswirken. Je jünger ein Kind war, umso »länger« dauerte im Verhältnis zu seinem Lebensalter diese Periode, die geprägt war durch Verzicht oder sogar Verbot: kein Lernen, keinen Spaß, keine Freunde, keinen Sport, kein Spielen, kein Singen, kein gar nichts. Für einen Sechsjährigen sind zwei Jahre Corona ein Drittel seiner bisherigen Lebenszeit – darin enthalten fast ein halbes Jahr kein Unterricht, dafür Lockdown, Wellenbrecher-Lockdown, Lockdown-Light, Notbremse und Kontaktverbote. Für einen 40-jährigen Erwachsenen sind zwei Jahre Corona-Maßnahmen nur 5 Prozent seiner Lebenserfahrung.
Die meisten Erwachsenen gingen zudem weiterhin einer Arbeit nach, die Lockdowns waren für viele nur eine Umstellung auf Homeoffice, und sie kehrten deutlich früher wieder in ihre Unternehmen zurück, während Kinder und Jugendliche immer noch zu Hause saßen oder mit Wechselunterricht gerade mal alle zwei Wochen auf ein paar Stunden Präsenzunterricht in der Schule kamen, was dann medial als »Schulöffnung« verkauft wurde. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung BiB rechnete in seiner Studie aus dem Jahr 2021 aus, dass Kinder im ersten Lockdown zwischen Frühjahr und Sommer 2020 insgesamt 103 Tage ohne regulären Präsenzunterricht blieben, und im zweiten Lockdown, der sich von Dezember 2020 bis in den Juni 2021 zog, die vollständige und partielle Schulschließung ganze 173 Tage zählte.7
Wir wollen wohlwollend berücksichtigen, dass sich so manche Erwachsenen und vor allem jene ohne Kinder im Haushalt schon damals nicht so recht vorstellen konnten, wie sehr es Kinder belastete, dass sie wesentliche Entwicklungsschritte nicht mehr machten, ihnen vielfältige Erfahrungsräume verschlossen blieben, und sie von all dem, was ein Kinderleben ausmacht, lange Zeiträume abgeschnitten waren. So soll zunächst in einer Chronologie in Erinnerung gerufen werden, wie sich die Situation der Corona-Zeit vor allem aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen darstellte und mit immer mehr Beschränkungen verschärfte: Kitaschließungen, Schulschließungen, abgesperrte Spiel- und Skateplätze, eingestellter Vereinssport, Schließung von Fitnesscentern, Cafés und Kinos, abgesagte Konzerte und Kulturveranstaltungen, untersagte Freizeitgruppen- und Jugend-Treffpunkte bis hin zu Ausgangssperren. Wir wollen aber auch den psychischen Druck nicht auslassen, weil Kinder absichtlich als Pandemietreiber und Gefährder stigmatisiert wurden, ebenso den Impfdruck und wie dieser sich auf immer jüngere Kinder ausweitete.
Schulen von Beginn an nicht »systemrelevant«
Und so beginnt unsere Erzählung am 27. Januar 2020 mit dem ersten bestätigten COVID-19-Fall in Deutschland. Erstaunlich schnell und nur drei Tage später ruft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den internationalen Notstand aus, gleichzeitig geht das Leben in Deutschland erst einmal ungestört weiter. Doch die Nachrichten vor allem aus Italien lassen die Verunsicherung steigen.
In Deutschland regiert zu diesem Zeitpunkt noch die große Koalition von CDU/CSU und SPD unter der Leitung von Kanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister ist Jens Spahn von der CDU. Anfang März bildet die Bundesregierung einen Krisenstab, der von Christian Klos aus dem Innenministerium und General Hans-Ulrich Holtherm aus dem Gesundheitsministerium geleitet wird.8 Medial arbeiten sich damals alle an dem österreichischen Skiort Ischgl ab, wo sich Tausende an Skiurlaubern aus aller Welt mit Corona infiziert haben sollen9, um das Virus dann in ihre Heimatländer zu tragen. Als Erstes nimmt man sich also große Veranstaltungen vor, um Menschenansammlungen als Superspreader-Events zu vermeiden, am 10. März wird die Empfehlung ausgesprochen, alle Veranstaltungen ab 1000 Personen abzusagen.
Obwohl das Schließen von Schulen immer als Ultima Ratio bezeichnet wurde, wird am 13. März 2020 beschlossen, auch die Schulen und Kitas zu schließen, sie sollen, wie das gesamte öffentliche Leben in Deutschland, in einem ersten Lockdown in allen Bundesländern heruntergefahren werden. Nur für Kinder, deren Eltern »systemrelevante Berufe« haben, wird eine Notfallbetreuung angeboten. Schulen selbst gelten nicht als systemrelevant, Lehrer auch nicht, nur strukturerhaltende Berufsgruppen, der Handel, die Müllabfuhr, Heil- und Pflegeberufe, aber natürlich auch Politiker und Journalisten fallen darunter. Es schließen alle Geschäfte im Einzelhandel, die Gastronomie, Kulturhäuser, Jugendtreffs, die Sportvereine. Aber auch die Kirchen und ihre Gemeindearbeit und Jugendgruppen ruhen, selbst Spiel- und Skate-Plätze, die draußen frische Luft und Bewegung ermöglicht hätten, werden abgesperrt. Alten- und Pflegeheime sind nicht mehr besuchbar, Reisen ins Ausland, aber auch Einreisen aus dem Ausland unterbunden. Die Osterferien, in den meisten Bundesländern zwischen 6. und 18. April 2020, verbringt die Nation in den eigenen vier Wänden. Das Internet wird mit einer #StayAtHome-Kampagne geflutet, große Unternehmen, die Polizei, Behörden und sogar die Bundesliga fordern dazu auf, das Haus nicht mehr zu verlassen, um sich vorbildlich und solidarisch im Kampf gegen das Virus zu verhalten.
Digitale Anfänger überall
Es gibt also ab März 2020 für Kinder und Jugendliche nichts mehr zu tun, außer zu Hause zu sitzen. Glücklich, wer Geschwister besaß, der hatte wenigstens einen Spielkameraden. Onlineunterricht funktionierte in der Regel nicht einmal ansatzweise, die Schulen sind damit beschäftigt, überhaupt auf Digitalisierung umzustellen, Experten und Fachleute sind auch für die Schulen kaum zu bekommen. Jede Schule und jedes Unternehmen hat schlagartigen Bedarf an digitalem Lernen und Arbeiten, und die meisten Erwachsenen haben noch nie mit Teams, Zoom oder Skype gearbeitet – auch Lehrer nicht – sie brauchen selbst Hilfe. Glück haben hier jene Schulen, die Lehrer und Eltern mit IT-Kenntnissen in den eigenen Reihen finden, die sich freiwillig einbringen, um überhaupt allen Kindern ein digitales Zugangskonto einzurichten. Was nicht heißt, dass alle Kinder zu Hause ein digitales Lerngerät haben – oder eine stabile und ausreichende Internetverbindung. Datenschutz-Nerds diskutieren derweil, ob es überhaupt erlaubt sei, Kinder dazu aufzufordern, die Kamera beim Onlineunterricht anzumachen, schließlich filme das in die private Umgebung des eigenen Wohnraumes hinein. Manche Kinder haben aber auch schlicht kein WLAN oder sie dürfen nur stundenweise hinein, weil sich die ganze Familie einen Laptop und ein schwaches Netz teilt, und das benötigen vor allem die Eltern für das Homeoffice. Nicht wenige Kinder haben nicht einmal ein Handy, um mit Freunden oder der Schule zu kommunizieren.
Die anstehenden Abitur-Prüfungen bereiten den Schulen und Bildungsministerien aber auch Eltern und Schülern großes Kopfzerbrechen, denn durch die Schulschließung können die Abiturienten nicht auf die Prüfungen vorbereitet werden, auch die Durchführung der Prüfungen selbst inklusive Abstandsregelungen erscheint manchen Bildungsministern als nicht machbar. Am 24. März 2020 entscheidet die Kultusministerkonferenz, dass die Abiturprüfungen doch stattfinden werden. Alle Diskussionsvorschläge zwischen dem Verschieben der Prüfungen bis hin zur Ausgabe der Abiturnote ohne Prüfung werden verworfen. Für die betroffenen Schüler bedeutet diese Entscheidung, dass sie weitgehend auf sich selbst gestellt sind, zahlreiche Lehrer bemühen sich um Erreichbarkeit und Übungsmaterial.
Am 23. März 2020 tritt das »Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite« in Kraft, welches der Regierung weitreichende Kompetenzen gibt, im Namen der Pandemiebekämpfung Grundrechte der Bürger und damit auch von Kindern und Jugendlichen einzuschränken. Am Tag davor beschließen die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder10 für mindestens 14 Tage ein Versammlungsverbot für mehr als zwei Personen, die nicht aus demselben Haushalt stammen. Heimliche Treffen, egal ob im Freien oder in privaten Räumen, gelten laut Beschluss als »inakzeptabel«, »Verstöße gegen die Kontakt-Beschränkungen sollen von den Ordnungsbehörden und der Polizei überwacht und bei Zuwiderhandlungen sanktioniert werden«. Damit wird für Teenager jedes heimliche Treffen mit der Clique zu einem Fall für die Polizei.
Maskentragen für den psychologischen Effekt
Am 2. April 2020 vollzieht das Robert Koch-Institut (RKI) eine Kehrtwende in der Bewertung der Sinnhaftigkeit des Maskentragens und empfiehlt ab sofort das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch in der Öffentlichkeit, sprich an der frischen Luft.11 Während das RKI noch im Januar das Maskentragen ablehnte oder ganz im Sinne der WHO gar vor einem »falschen Sicherheitsgefühl« durch das Tragen warnte, verweist man nun gar auf positive psychologische Effekte des Maskentragens, denn sie könnten »das Bewusstsein für ›physical distancing‹ (also das körperliche Abstandhalten) und gesundheitsbewusstes Verhalten unterstützen«. Masken dienen jetzt auch offiziell der psychologischen Disziplinierung der Bevölkerung.
Während man zu Beginn sogar selbstgenähte Stoffmasken für sinnvoll erachtete, wird auch das sukzessive aufgestockt. Ohne jegliche Veränderung der wissenschaftlichen Evidenz ist man in Sachen Masken in kürzester Zeit von der Einschätzung »sinnlos«, über Stoff- und medizinische OP-Masken zu einer FFP2-Maskenpflicht übergegangen. Für Millionen Kinder wird allein diese Empfehlung in den kommenden zwei Jahren dramatisch den Schulaber auch den Lebensalltag verändern. Die Maskenpflicht wird danach in allen Bundesländern umgesetzt und bleibt bis in die Sommerferien bestehen.
Wirkungslose Empfehlungen zum Schulbetrieb
Gegen Ende der Osterfreien, am 13. April 2020, legt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrer bereits dritten »Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronavirus-Pandemie«12 unter anderem in Punkt 6 dar, wie und unter welchen Umständen ein Schulbetrieb wieder aufgenommen werden könnte. Es liest sich wie ein Wunschkonzert, für das sich kein Orchester findet. Man empfiehlt eine »schrittweise Normalisierung« mit zunächst »deutlich reduzierten Gruppengrößen«, um die Abstandsregeln einzuhalten. Aufgeteilt in kleinere Gruppen sollen die Klassen in den Grundschulen zeitversetzt vor allem in Schwerpunktfächern wie Deutsch und Mathematik unterrichtet werden. »Lerngruppen müssen dabei konstant bleiben, um das Ansteckungsrisiko zu vermindern. Eine Gruppengröße von maximal 15 Schülerinnen und Schülern wäre möglich, wenn entsprechend große Klassenräume zur Verfügung stehen.« Ja, wenn. Man solle in der Grundschule zudem mit den Abschlussklassen beginnen, die vor dem Übergang auf die weiterführenden Schulen stehen, weil man diese Kinder offenbar als am wichtigsten betrachtet.
Wie in der Zwischenzeit Erstklässler und auch Zweitklässler, die noch nicht einmal ihre Arbeitsblätter selbst lesen, verstehen und bearbeiten können, die Zeit verbringen und jemals diesen Lernrückstand aufholen sollen, bleibt ungeklärt. Für Kitakinder an der Schwelle zur Grundschule empfiehlt man eine maximale Gruppengröße von fünf Kindern pro Raum und auch, dass später in den Sommerferien »alle Anstrengungen« unternommen werden sollen, um sie schulreif zu bekommen. Es finden sich leider keine Vorschläge, welche Lehrer und Erzieherinnen über den Tag verteilt in welchem Arbeitszeitpensum die Kleingruppen von morgens bis abends hintereinander unterrichten sollen – oder gar in den Sommerferien auf ihren gesetzlichen Urlaubsanspruch verzichten, um das nachzuholen, was vorher nicht unterrichtet werden konnte.
Das Kind als gefährliche Virenschleuder
In diesen Tagen war der Grundstein zur Legende der Kinder als Virenschleudern und Gefahr für Erwachsene längst gelegt. Bereits im März hatte der Virologe Alexander Kekulé bei der ARD-Talkrunde Anne Will dem Millionenpublikum am Sonntagabend vorgerechnet, dass jedes infizierte Schulkind, das man »nicht entdeckt habe«, »200, 300 Menschen infiziert« und davon würden 15 dann sterben. Ohne wissenschaftliche Evidenz werden die Kinder auch von der Leopoldina als Virenverbreiter beschrieben, die sich zudem nicht an Hygiene- und Distanzregeln halten können, weswegen weiterhin nur Wenige in die »Notfallbetreuung« kommen sollten.
Dazu passt die »gestaffelte Pausenregelung für die einzelnen Gruppen«, die eingefordert wird, denn: »Der Schulhof darf nicht zum Austauschort für Viren werden.« Der Hinweis, dass alle diese Empfehlungen voraussetzten, dass »berufstätige Eltern weiterhin durch eine sehr flexible Handhabung von Arbeitszeiten und -orten sowie finanziell unterstützt werden«, kann von vielen Eltern nur als Zynismus verstanden werden, wurden die meisten doch mit der Doppelbelastung Homeoffice und Kinder, die man betreuen und auch noch beschulen soll, alleingelassen. Von einer »weiterhin« stattfindenden Unterstützung konnte keine Rede sein, niemand hatte diese je begonnen.
Die ersten Eltern bangten zu diesem Zeitpunkt eher um ihren Arbeitsplatz und das Familieneinkommen, was die Stimmungslage in den Familien nicht unbedingt positiv beeinflusste. Ein gut gemeintes, lebensfernes Wunschkonzert der Leopoldina, das weder praktikabel noch fair war, weil es allenfalls einer Handvoll Kindern einen geregelten Schulbetrieb zurückgeben sollte und von utopischen staatlichen Leistungen, aber auch Personal- und sogar Raumkapazitäten ausging, die nicht einmal ohne Pandemie vorhanden gewesen wären. Um es kurz zu fassen: Nichts davon wurde umgesetzt, aber schön, dass man es aufgeschrieben hatte.
Frühe Warnung vor Homeschooling
Beim Institut der deutschen Wirtschaft wurde das Homeschooling von Kindern von Beginn an und grundsätzlich kritisch gesehen. Prof. Axel Plünnecke, dort Leiter des Clusters Bildung, Innovation und Migration, verwies auf die Daten des sozioökonomischen Panels und warnte bereits im April 202013, dass gerade in bildungsfernen Haushalten die Lernunterstützung der Kinder, aber auch die digitale Kompetenz der Eltern, ihren Kindern zu helfen, gering sei. Es fehle an digitalen Endgeräten und manchmal gar an einem Schreibtisch für Kinder.
Am 20. April 2024 öffnet zumindest das Bundesland Sachsen für den Abiturjahrgang die Schulen, auch NRW und Sachsen-Anhalt tun dies, um die Schüler besser auf das Abitur vorbereiten zu können. An manchen Schulen werden die Abiturienten stundenweise und in zeitversetzten Gruppen zum Unterricht vorgelassen. Man muss sich schließlich auch gegen spätere juristische Klagen gegen schlechte Abiturnoten absichern, falls ein Schüler argumentiert, es habe keine Vorbereitung gegeben. Eltern kritisieren bundesweit, dass es keine einheitlichen Lösungen gebe und jedes Land mache, was es wolle. Die Abiturienten werden dazu angehalten, sich in der Schule vor Beginn des Unterrichtes die Hände zu waschen, es werden Schilder mit Anleitungen zum Händewaschen aufgehängt, die darin empfohlene Seife kann aber nicht überall zur Verfügung gestellt werden. Schüler in NRW berichten, dass man ihnen nahelegt, diese selbst mitzubringen.
Nachdem zahlreiche Bundesländer bereits damit begonnen haben, wird von der Bundesregierung am 29. April 2020 bundesweit eine allgemeine Maskenpflicht eingeführt. Man kommt jetzt nur noch mit Mundbedeckung in den Supermarkt, in die Bahn oder auch auf den Wochenmarkt. Die Ausgestaltung der Bußgelder wird den Bundesländern überlassen. Bayern prescht vor mit einer Bußgelddrohung von 150 Euro für das nicht ordnungsgemäße Tragen. Mütter nähen zu Hause aus bunten Stoffen Masken, damit es für die Kinder lustiger aussieht. Die Schulen bleiben aber weiterhin zu.
Vielseitige Torpedierung der Schulöffnung
Die Bundeskanzlerin beschließt gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder ein paar Lockerungen, in deren Zuge die Schulen ab dem 4. Mai 2020 »schrittweise« wieder den Präsenzunterricht aufnehmen sollen. Man verlangt dafür von den Schulen Konzepte für reduzierte Gruppen, Pausenhöfe und Schulbusse. Ein Schulbus-Konzept, um jene Abstandsregeln in den Bussen zu gewährleisten, die im Klassenzimmer und sogar auf den Schulhöfen strikt eingefordert wurden, sollte es bis zuletzt nicht geben. Dadurch fuhren Millionen Kinder morgens weiterhin eingepfercht in engen Fahrzeugen zu ihren Schulen, verbrachten dann den Schulalltag mit Abstandsregeln und fuhren mit denselben überfüllten Bussen wieder nach Hause. Selbst junge Kinder durchschauten dieses Prozedere als völlig sinnfrei.
Der spätere Gesundheitsminister Karl Lauterbach gibt am selben Tag bei Twitter (heute X) zum Besten14, aus den vorliegenden »Kinderstudien« lasse sich schließen: »Regulärer Unterricht fällt für mindestens 1 Jahr aus. Das kann jetzt als epidemiologisch sicher gelten.« Die Schuldfrage für die Ausweitung der Pandemie wird gleich mitgeliefert: »Es ist die Übertragung durch Aerosole und Kontakte im Klassenraum.« Da waren sie wieder, die schuldigen Kinder. Frei nach Dante Alighieris Fatalismus in seiner Göttlichen Komödie, »Lasst alle Hoffnung fahren, die ihr hier eintretet«, moniert Lauterbach zudem, es gäbe »immer noch« Schulen, die abwarten, ob es im Herbst wieder »normale Schule« gebe. So verliere man nur wichtige Zeit.
Zugleich träumt Lauterbach von einer Professionalisierung im Homeschooling, etwas, das sonst in Deutschland sogar verboten ist.
Am 6. Mai 2020 verkündet Kanzlerin Merkel15, Schulen sollten den Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler noch vor den Sommerferien fortsetzen. Kindergartenkinder werden nach wie vor nicht berücksichtigt, aber zumindest soll es eine Ausweitung der Notbetreuung in den Kindertagesstätten geben. Nicht zum Wohl der Kinder wohlgemerkt, sondern um die Arbeitskraft ihrer Eltern freizusetzen. Nicht alle Schulen sind hier schnellen Schrittes unterwegs. Die Ausgestaltung der Schulöffnung ist in jedem Bundesland anders und zögerlich und scheitert teilweise auch an der Tatkraft und Mitarbeit der Lehrer, die zu großen Teilen zu Corona-Risikogruppen zählen und Angst haben, sich im Klassenraum anzustecken.
Da es keine Präsenzpflicht für Lehrer gibt, um sie in die Schulen zu beordern, aber auch keine fertigen Konzepte für digitalen Fernunterricht sowie keine zuverlässig eingerichtete digitale Plattform zwischen Schülern und Lehrern, endet die »Schulöffnung« vielerorts in sporadischem Unterricht, der sowieso nur wochenweise im Wechsel der halbierten Klassen-Gruppen stattfindet. Die Bildung von Grundschülern kommt weitestgehend ohne digitalen Unterricht aus und beschränkt sich auf Arbeitsblätter, die von den Kindern zu Hause eigenständig bearbeitet werden sollen. In den Grundschulen wird viel mit Arbeitsblättern und Arbeitsmappen gearbeitet, die an der Schule abgeholt und wieder hingebracht werden sollen zur Korrektur. Vor allem Erstklässler, aber auch die meisten älteren Grundschulkinder sind nicht einmal ansatzweise in der Lage, ihre Aufgaben eigenständig, zuverlässig oder gar ausdauernd zu bearbeiten. Sie sollen ja eigentlich erst lernen, wie man lernt. Wer nicht das Glück hat, von engagierten Eltern mit ausreichend Zeit angeleitet zu werden, fällt bereits im April 2020 mit nachhaltiger Langzeitwirkung durch das Bildungsraster und verliert Monate in seiner Bildungsbiografie.
Experten warnen früh
Am 19. Mai 2020, also zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Corona-Krise, veröffentlichen sechs medizinische Fachgesellschaften gemeinsam einen dringenden Appell, Schulen und Kitas wieder zu öffnen.16 Der gemeinsame Beitrag trägt den Titel: »Kinder und Jugendliche in der COVID-19-Pandemie: Schulen und Kitas sollen wieder geöffnet werden. Der Schutz von Lehrern, Erziehern, Betreuern und Eltern und die allgemeinen Hygieneregeln stehen dem nicht entgegen.« Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland (bvkj e. V.) fassen darin detailliert und auch ausführlich (das Infektionsgeschehen im Ausland mit eingebunden) anhand von Beispielen zusammen, warum Kinder sehr offensichtlich durch das Virus nicht sonderlich gefährdet sind und das Virus auch selbst nicht verteilen.
Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse weltweit deuten bereits im Mai 2020 in dieselbe Richtung: Kinder sind nicht Treiber der Pandemie, eher stecken Erwachsene Kinder an. In der Regel erkranken sie auch weniger schwer als Erwachsene. Ärzte und Wissenschaftler konnten nachweisen, dass schwere COVID-19-Erkrankungen bei Kindern keineswegs häufiger auftraten als andere potenziell schwer verlaufende Infektionskrankheiten, wegen derer die Schulen aber noch nie geschlossen wurden (und werden). Es gab also keinen Grund, Schulen und Kindergärten zu schließen. Die Experten bleiben im weiteren Verlauf des Geschehens ungehört.
Es ist inzwischen Ende Juni 2020, die Schulen sind für viele Schüler bereits seit knapp vier Monaten zu, die ersten Bundesländer gehen in die Sommerferien. Der Abiturjahrgang verlässt die Schulen ohne Abistreich oder gar Abiball, sondern mit Zeugnisübergaben, bei denen vorher der Stuhlabstand in der Aula mit dem Zollstock ausgemessen wurde.
Onlineunterricht als bildungspolitische Illusion
Immer offensichtlicher zeigt sich, dass das Konzept des digitalen Unterrichtes scheitert. Bildungsforscher wie etwa der Erziehungswissenschaftler Ullrich Bauer17 beklagen das Versagen der Schulsteuerung sowie wenig motivierte Lehrkräfte. An manchen Schulen bieten gerade einmal 5 Prozent der Lehrer digitalen Unterricht an. Bauer mahnt die Lehrer zu stärkerem Engagement, zumal diese Berufsgruppe im Vergleich mit anderen Bevölkerungsschichten noch relativ unbeschadet durch die Pandemie komme – Lehrer sind weder von Arbeitsplatzverlusten noch von Kurzarbeit oder Einkommenseinbußen bedroht.
Es manifestiert sich, dass Deutschland in Bezug auf das Online-Lernen im internationalen Vergleich auf den letzten Rängen liegt. Das Münchner ifo Institut schreibt in einer vergleichenden Länderstudie, 57 Prozent der Schüler in Deutschland hatten während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 weniger als einmal die Woche Onlineunterricht mit der ganzen Klasse, nur 6 Prozent hatten es täglich, und sogar 45 Prozent der Schüler niemals.18 Zum Vergleich weist man auf die von der Leopoldina veröffentlichten Zahlen aus Dänemark. Dort konnten die Kinder »weitgehend unterbrechungsfrei« weiterlernen, »da der Ausbau digitaler Infrastrukturen an dänischen Schulen (Internetzugang, Hard- und Software) bereits seit der Jahrtausendwende vorangetrieben« worden und digitales Lernen fast überall verbreitet sei.
Nach langen Diskussionen hatte die Regierung zwar bereits im April 2020 ein 500-Millionen-Paket für digitalen Unterricht in der Corona-Krise19 geschnürt, um mit diesem »Sofortausstattungsprogramm« Schulen bei digitalen Inhalten und Eltern mit jeweils 150 Euro bei der Anschaffung eines Laptops zu unterstützen. Davon konnte im ersten Lockdown aber noch gar niemand profitieren. Experten und auch Gewerkschaften kritisierten, dass alles zu spät und zu wenig sei. Der Betrag von 150 Euro sei zudem für sozial schwache Familien »blanker Hohn«, kritisierte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann angesichts der realen Anschaffungskosten solcher Geräte. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnete vor, dass es gerade für Familien mit mehreren Kindern nicht machbar sei, diese mit ausreichenden Geräten zum Lernen auszustatten und es sowieso gerade kaum Endgeräte auf dem Markt gäbe.
Mittlerweile ist nun Sommer 2020, und die Sommerferien fallen trist aus, viele Familien verzichten auf Urlaub, man kann sowieso wegen der zahlreichen Reisebeschränkungen nirgendwohin, und selbst für die Freibäder gelten Zugangsbeschränkungen, und man kommt – wenn überhaupt – nur mit Anmeldung hinein. Die Regierung versucht, das Reisen auch durch allerlei Hürden dahingehend zu erschweren, dass nach Rückkehr aus »Risikogebieten« eine 14-tägige Quarantäne für Einreisende und auch Urlaubsrückkehrer gilt. Dafür müsste man aber im Falle einer Positivtestung Urlaub nehmen, denn die Arbeitgeber decken das natürlich nicht mit Lohnfortzahlung ab. Das kann sich kaum ein Arbeitnehmer leisten. König ist, wer ein Wohnmobil besitzt, um damit mit der Familie wenigstens ein paar Tage aus dem Haus und auch irgendwo unterzukommen. Man will auf keinen Fall neue Ansteckungswellen riskieren durch sorglose Sommerfrische der Bürger, damit nach den Sommerferien die Schulen wieder für alle Kinder geöffnet werden können. Die Regierung beschließt am 27. August 2020, dass es keine weiteren Öffnungen für irgendetwas geben soll, Großveranstaltungen, die in der Zwischenzeit sowieso wegen der fehlenden Planungssicherheit abgesagt worden sind, werden sicherheitshalber ganz verboten, und wieder werden die Bürger aufgefordert, ihre Kontakte mit anderen auf ein Minimum zu reduzieren.
Der Herbst 2020 beginnt mit Maskenpflicht
Ab dem 14. September 2020 findet zunächst einmal fast überall Präsenzunterricht an den Schulen statt. Allerdings sind die Coronaschutzverordnungen in den Bundesländern verlängert worden, damit auch die Maskenpflicht auf dem gesamten Schulgelände, im Klassenraum und am Sitzplatz. In NRW bedeutet dies, dass trotz Sommerwetters Millionen Kinder ab dem Schulbeginn am 12. August wieder den gesamten Schultag mit Masken über Mund und Nase verbringen müssen.20 Ein Auslaufen der Maskenpflicht wird etwa in NRW zum 1. September 2020 angekündigt und von vielen herbeigesehnt. Doch die Freude wird im Keim erstickt, nachdem zahlreiche Schulen nahezu nötigend auf Eltern und Schüler einwirken, aus »Solidarität« die Masken »freiwillig« weiter zu tragen.
»Schulen können sich im Einvernehmen mit der Schulgemeinde darauf verständigen, freiwillig auch weiterhin im Unterricht eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen«, heißt es dazu im besten Beamtendeutsch aus dem Gesundheitsministerium. In der faktischen Umsetzung berichteten Schüler von Nötigungen bis hin zum Mobbing durch Mitschüler – aber leider auch durch nicht wenige Lehrer. Von der Aufforderung, sich im Klassenraum nach hinten zu setzen, über Beschimpfungen als Gefährder des Schulbetriebes bis hin zu pädagogischer Suggestion (»Ihr möchtet ja nicht schuld sein, wenn wir schon wieder in den Lockdown müssen«; »Ich will nicht, dass ihr mich ansteckt, ich muss meine alten Eltern zu Hause mitversorgen«) war alles auf der Palette der »freiwillig« und »solidarisch« eingeforderten Maskenpflicht im Klassenraum vorhanden. Es waren keineswegs Sternstunden der modernen Pädagogik, die sich so manche Lehrer geleistet haben aus eigener Angst vor Ansteckung. Die Kinder saßen auf fest zugewiesenen Plätzen in der Klasse, um die Nachverfolgbarkeit einer Infektion und Ansteckung zu gewährleisten. Damit war auch sichergestellt, dass jeder im Raum wusste, wer schuld war, wenn wieder die halbe Klasse in Quarantäne musste.
Getestete Inzidenzwerte
Ab September 2020