Die Deutschland Verschwörung - Bettina Raddatz - E-Book

Die Deutschland Verschwörung E-Book

Bettina Raddatz

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Beschreibung

Kaum vorstellbar: ein Finanzkrieg gegen Deutschland, und das kurz vor dem G-8-Gipfel in Schwerin. Doch alle Zeichen deuten darauf hin. Steckt der Geheimbund Laura dahinter? Und wo um alles in der Welt ist der Finanzminister? Er war anscheinend mit einem Investmentbanker verabredet, der tot aufgefunden wurde. Das Kanzleramt ist alarmiert und schaltet das BKA ein; nur ein kleiner Kreis Vertrauter wird eingeweiht. Die Öffentlichkeit soll von alldem nichts erfahren; die Politiker fürchten einen Run auf die Banken. Hinter den Kulissen beginnt ein hektischer Wettlauf gegen die Zeit. Eine verdeckte Ermittlerin begibt sich in das Haifischbecken international agierender Spekulanten, die Deutschland bedrohen; das familiäre Umfeld des Ministers bietet erschreckende Abgründe; ein Unfallopfer hat Rache geschworen - die Suche läuft auf Hochtouren. Mit ihrem neuen Politthriller gelingt es der Autorin wiederum, Insiderwissen mit spannender Unterhaltung zu verbinden. Ein hochaktueller Roman, der dem Leser drastisch vor Augen führt, dass auch Deutschland vor den Gefahren eines Staatsbankrotts nicht gefeit ist.

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Seitenzahl: 441

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1. Auflage 2013

Copyright © 2013 by Lau-Verlag & Handel KG,ReinbekAlle Rechte vorbehalten.Umschlaggestaltung: Steffen Faust, BerlinLayout und Satz: Patrick Lau, ReinbekISBN 978-3-95768-128-7

www.lau-verlag.de

Bettina Raddatz

DIE DEUTSCHLANDVERSCHWÖRUNG

Politthriller

Für meine Schwester Angelikaund meine Freundin Doris

Inhalt

TEIL 1

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

TEIL 2

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

TEIL 1

Der Finanzkrieg

1. Kapitel

Berlin, Bundesfinanzministerium, 15. Mai, 8.20 Uhr

Unruhe breitete sich bei Arend aus. Schon zwanzig nach acht und der Minister war immer noch nicht da. Das hatte es noch nie gegeben. Minister Kranzmann war die personifizierte Pünktlichkeit. Rolf Arend kratzte sich zum wiederholten Mal am Kopf. Eine unschöne Angewohnheit, wenn er nervös war. Und der Büroleiter des deutschen Finanzministers war oft nervös. Um seine Nerven hatte es noch nie gut gestanden. Seit er Büroleiter des Bundesfinanzministers war, verschlimmerte es sich noch. Er fühlte sich wie in einem Hamsterrad. An Abschalten und Entspannung war selbst in seiner knapp bemessenen Freizeit nicht zu denken.

Obwohl die Kabinettsvorlagen auf seinem Schreibtisch seine volle Konzentration erforderten, schweiften Arends Gedanken immer wieder ab. Das flaue Gefühl in seinem Magen war stärker geworden. Dem Minister musste etwas passiert sein, ausgerechnet jetzt, wo so viele wichtige Termine anstanden. Zum gefühlten hundertsten Mal in der letzten halben Stunde schielte Arend auf die silberne Uhr auf seinem Schreibtisch, ein Geschenk seiner Schwiegermutter. Sie war stolz auf ihn. Ganz anders dagegen seine Frau. »Warum arbeitest du nicht in einer Bank oder in einer Anwaltskanzlei, warum ausgerechnet in der Regierung? Da verdienst du nichts und handelst dir nur Ärger ein«, hatte sie ihm mehr als einmal vorgehalten.

Wo blieb der Minister bloß? War er plötzlich erkrankt? Er hielt ihn doch stets auf dem Laufenden. Anders als seine Kollegen aus den anderen Ministerien war Arend stets im Bilde, wo sich sein Chef befand. Ihre Zusammenarbeit beruhte auf gegenseitigem Vertrauen und Loyalität. Arend war der größte Fan seines Ministers. Und Minister Dr. Kranzmann hatte viele Fans. Nicht nur in der Bevölkerung, auch unter den Journalisten, in der Partei und im Ministerium. Ein Grund für seine Beliebtheit mochte sein, dass er das krasse Gegenteil seines gefürchteten Vorgängers war. Der hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er sich dem Rest der Menschheit haushoch überlegen fühlte und seine Mitmenschen nur allzu gerne kujoniert. Kranzmann war aus anderem Holz geschnitzt; war er unzufrieden, brachte er das allenfalls mit einer ironischen Bemerkung oder einem Hochziehen der Augenbrauen zum Ausdruck.

Inzwischen führte Kranzmann das Politikerranking in Deutschland an, die Menschen brachten ihm Vertrauen entgegen. Vertrauen nicht nur in seine Kompetenz, sondern auch in seine Ehrlichkeit. In Zeiten der Finanzkrise von unschätzbarem Wert für die Regierung. Anders als der Bundeskanzler verfügte Kranzmann über langjährige Erfahrungen im Bankenbereich, ihm konnten die Bankenvorstände kein X für ein U vormachen. Seine Auftritte in Brüssel und Washington hatten ihm über Deutschland hinaus internationale Reputation verschafft. Nach Bankausbildung, Studium und diversen Auslandsaufenthalten in Tokio, New York und London galt Arends Minister als exzellenter Kenner der Finanzmarktszene. Dass ihm das Amt des neuen Eurogruppenchefs angetragen worden war, vermochte niemand wirklich zu überraschen. Selbst die Regierungschefs, die Deutschland gerne kritisierten, waren sich einig: Kranzmann ist der Beste für diese Aufgabe.

Um halb neun hielt Arend es nicht mehr aus. Er schob die Unterlagen beiseite. Seinem Chef musste etwas zugestoßen sein. Eine andere Erklärung gab es nicht. In einer knappen halben Stunde stand der Besuch des noch amtierenden Chefs der Eurogruppe an. Vor der Amtsübernahme gab es einiges zu besprechen. Auch Absprachen zum unmittelbar bevorstehenden G-8-Gipfel standen auf der heutigen Tagesordnung.

Arend fasste sich ein Herz und wählte die Handynummer seines Ministers. Es kostete ihn Überwindung, da er sich gleich zu Anfang seiner Tätigkeit für Kranzmann eine Rüge eingefangen hatte, weil er beim Frühstück gestört hatte. Das Frühstück mit der Familie war dem Minister heilig. Meistens verließ Kranzmann zusammen mit seinen beiden schulpflichtigen Söhnen gegen halb acht das Haus. Das Handy des Ministers war ausgeschaltet. Seltsam. Kranzmann schaltete sein Handy niemals aus, auch nachts nicht, er wollte jederzeit erreichbar sein. Arend konnte förmlich spüren, wie das Adrenalin in seinem Blut anstieg.

In seine düsteren Gedanken hinein klingelte das Telefon. Schneider vom Begleitschutz, ein bulliger, cholerischer Typ ohne Manieren, hielt sich nicht mit Förmlichkeiten auf. »Ist der Minister in seinem Büro?«, bellte er durchs Telefon. »Arroganter Schnösel«, dachte Arend. Auch der Minister konnte Schneider nicht leiden und bezeichnete ihn als aufgeblasenen Wichtigtuer.

»Einen schönen guten Morgen, Herr Schneider! Um auf Ihre freundliche Frage zurückzukommen: Nein, ich wollte Sie auch gerade anrufen. Haben Sie Dr. Kranzmann denn nicht wie jeden Morgen abgeholt?«

»Was denken Sie, natürlich wollte ich das. Mein Kollege und ich waren um Punkt acht bei ihm zu Hause, genau zu der Zeit, zu der er uns bestellt hat. Wie üblich wollte er mit dem Fahrrad ins Büro fahren. Nach zehn Minuten Warterei haben wir geklingelt. Seine Frau hat geöffnet. Sie fühlte sich gestört und war ziemlich von oben herab. Ihr Mann sei bereits gegen halb acht losgefahren, hat sie behauptet.«

»Das tut er doch immer. Solange ich für ihn arbeite, radelt er um halb acht von zu Hause los.« Bei Schneider kam Arends Einwurf nicht gut an.

»Wollen Sie uns etwa Unpünktlichkeit vorwerfen? Der Minister hat mich gestern Abend angerufen und uns für acht Uhr bestellt«, schnaubte der Sicherheitsbeamte.

Das war mal wieder typisch für den Minister, dachte Arend. Er machte sich einen Spaß daraus, den Sicherheitsbeamten ein Schnäppchen zu schlagen. Es bereitete ihm diebisches Vergnügen, seine Bodyguards auszutricksen. Hinterher freute er sich wie ein Kind, das sich erfolgreich über ein ungeliebtes Verbot hinweggesetzt hat. »Das Einzige, was mich an meinem Amt stört, sind neben den ständigen Begehrlichkeiten meiner Ministerkollegen die Wachhunde von der Sicherheit, die mir auf Schritt und Tritt folgen«, hatte er sich einmal während der Morgenrunde bei seinen engsten Vertrauten beklagt.

»Sie haben also keine Ahnung, wo Ihr Minister steckt?«, vergewisserte sich Schneider.

Als Arend verneinte, wurde mit den Worten: »Schöne Scheiße« am anderen Ende aufgelegt.

Da war etwas oberfaul. Was, wenn sein Chef in einen Verkehrsunfall verwickelt war und wochenlang ausfallen würde? Arend mochte gar nicht daran denken. Staatssekretär Bleikirch würde durchdrehen, ganz abgesehen davon, dass er den bevorstehenden Anforderungen nicht gewachsen war. Mit Bleikirch die Aufgaben der nächsten Tage zu bewältigen, würde im Desaster enden.

Unschlüssig starrte Arend aus dem Fenster, als seine Bürotür weit aufgerissen wurde und die Chefsekretärin des Ministers hereinstürmte. Wie man es von ihr nicht anders kannte, fiel sie gleich mit der Tür ins Haus. »Wissen Sie, wo der Minister ist? In einer Viertelstunde kommt der Chef der Eurogruppe.«

»Ich wünsche Ihnen auch einen guten Morgen, Frau Kleta. Sie sind also schon da?«

Ein vorwurfsvoller Blick aus den mit grünem Kajalstift umrandeten Augen traf ihn. »Was soll das? Sie wissen doch, dass ich erst mein Kind in die Kita bringen muss. Also, was ist nun mit unserem Chef?«

»Wenn ich das wüsste, ginge es mir besser. Schneider vom Begleitschutz hat auch schon nach ihm gefragt. Ich habe bereits versucht, Dr. Kranzmann übers Handy zu erreichen. Es ist ausgeschaltet.«

Ungläubig starrte sie ihn an. »Der Minister schaltet sein Handy nie aus. Solange ich für ihn tätig bin, war es immer auf Empfang.«

»Wenn Sie mir nicht glauben, versuchen Sie es doch selbst.«

Als keine Reaktion erfolgte, fügte Arend unschlüssig hinzu: »Ich habe keine Ahnung, was los ist. Vielleicht sollten wir zu Staatssekretär Bleikirch gehen.«

»Zu Bleifuß? Zu dem gehe ich nicht. Das machen Sie mal alleine.« Ehe Arend noch etwas erwidern konnte, war sie schon davongerauscht. Zurück blieb ein schwerer süßlicher Geruch.

Das Verhältnis zwischen Ministersekretärin und Staatssekretär war ein Minenfeld, von dem Arend sich tunlichst fernhielt. Jeder wollte die Nummer eins in der Gunst des Ministers sein. Um das herauszustreichen, konnte die Kleta ein ausgesprochen aggressives Verhalten an den Tag legen, und Bleikirch verkörperte den Prototyp des verknöcherten Bürokraten, beides vom Minister hämisch kommentiert.

Der Staatssekretär, wegen seines schlurfenden, gebeugten Ganges im Hause Bleifuß genannt, war in die Lektüre der Morgenzeitungen vertieft. Bei Arends Anblick setzte er ein abweisendes Gesicht auf. Tiefe Mundfalten und weit heruntergezogene Mundwinkel zeugten davon, dass er weder das Lächeln noch das Lachen erfunden hatte.

Nachdem der Büroleiter seine Sorgen losgeworden war, sagte der Staatssekretär: »Schneider hat mich auch schon angerufen. Der Mann ist eine echte Plage. Ich bin heilfroh, dass ich die verkappten James-Bond-Figuren nicht ertragen muss. Auch ein Finanzminister hat Anspruch auf Privatleben. Und jeder Bürger in diesem Land hat das Recht, sein Handy auszuschalten. Da macht man doch nicht gleich einen solchen Popanz draus!«

Arend erwähnte die Ankündigung seines Chefs vom Vorabend, heute bereits vor acht zu erscheinen.

»Wenn Sie so in Sorge um ihn sind, rufen Sie doch einfach bei ihm zu Hause an und fragen nach, wo er bleibt!«, schlug Bleikirch vor.

Nur das nicht. Arend schüttelte sich innerlich. Bloß kein Telefonat mit der Kranzmann, dieser Zimtzicke. Sie hatte ihn mehrfach spüren lassen, dass sie ihn nicht leiden konnte.

»Mensch, Arend, schauen Sie nicht so abwesend. Träumen können Sie nach Feierabend. Ich habe Sie um etwas gebeten!«, fuhr der Staatssekretär ihn an. »Vielleicht wäre es besser, wenn Sie das übernehmen, wegen der protokollarischen Ordnung, auf die die Gattin des Ministers doch so großen Wert legt«, gab Arend zu bedenken.

Bleikirchs Stimme klang schneidend. »Reden Sie hier nicht dumm rum, rufen Sie auf der Stelle dort an.« Der Staatssekretär schob ihm sein Telefon rüber und stellte den Lautsprecher an. Vielleicht hatte er Glück und die Dame des Hauses war aushäusig. Am anderen Ende wurde bereits nach dem ersten Läuten abgenommen. »Wieso fragen Sie nach meinem Mann?«, fragte Frau Kranzmann irritiert. »Dieser unhöfliche Polizist hat auch schon angerufen. Mein Mann hat wie jeden Morgen um kurz vor halb acht das Haus verlassen, gleich nach den Kindern. Ist er noch nicht eingetroffen?«

Als Arend das verneinte, reagierte sie erschrocken. »Oh Gott, es wird doch wohl nichts passiert sein. Erst letzte Woche ist wieder ein Fahrradfahrer aus unserer Nachbarschaft verunglückt. Der Fahrstil der Autofahrer wird immer aggressiver.« Wo sie recht hat, hat sie recht, dachte Arend, der das Fahrradfahren in der Berliner Innenstadt nach einem unangenehmen Vorfall vor einigen Wochen aufgegeben hatte. Bleikirch entriss ihm den Hörer.

»Einen schönen guten Morgen, Frau Kranzmann«, säuselte er durchs Telefon. »Entschuldigen Sie vielmals die Störung. Wir machen uns Sorgen, wo Ihr Gatte bleibt. An einen Verkehrsunfall glaube ich allerdings nicht. Dann hätte die Polizei uns verständigt. Ihr Mann ist kein Unbekannter.«

Seine Bemerkung löste einen Wortschwall bei Frau Kranzmann aus. Bis auf ein beifälliges »Ja, ja« kam Bleikirch nicht mehr zu Wort. »Oh, ich werde auf der anderen Leitung verlangt. Wenn wir etwas von Ihrem Mann hören, geben wir Ihnen unverzüglich Bescheid«, rasch legte er den Hörer auf. »Man, ist die nervig. Wie hält der Minister das bloß aus?« Das fragte sich Arend, dem die Alkoholprobleme der Ministergattin nicht verborgen geblieben waren, schon lange. Jetzt grinste er statt einer Antwort und Bleikirch grinste zurück.

Inzwischen war es zehn vor neun und die Vertretungsfrage für das Gespräch mit dem Chef der Eurogruppe bedurfte einer Klärung. Bleikirch hasste Termine, bei denen er kurzfristig einspringen musste. Arend musste seinen Unmut ausbaden. »Wie üblich bleibt alles an mir hängen«, empörte er sich. »Setzen Sie Ihren Hintern in Bewegung, Arend, und bringen Sie mir sofort die Vorbereitungsmappe, damit ich die Unterlagen noch überfliegen kann«, trieb er den Büroleiter zur Eile an. »Und schaffen Sie Ministerialdirektor Schanz herbei. Egal, wo er ist, er hat umgehend hier zu erscheinen!«

Sie hatten in doppelter Hinsicht Glück. Schanz, wegen seiner häufigen Auswärtstermine nur selten am Schreibtisch, befand sich ausnahmsweise in seinem Büro. Dann ein Anruf des Eurogruppenchefs. Ein Stau verzögerte seine Ankunft. So blieb Bleikirch Zeit, sich vorzubereiten und vor allem die Hoffnung, dass der Minister doch noch erscheinen würde. Als der noch amtierende Eurogruppenchef mit zwanzigminütiger Verspätung eintraf, war der Minister noch immer nicht aufgetaucht. »Der Finanzminister hat sich eine plötzliche Magenverstimmung zugezogen und muss das Bett hüten«, begründete Bleikirch seine Abwesenheit. Arend war beeindruckt, wie leicht und elegant dem Staatssekretär die Lüge über die Lippen ging. Es war das erste Mal, dass Bleikirch ihn beeindruckte.

Mithilfe von Abteilungsleiter Schanz, der den größten Teil des Gespräches bestritt, schaffte es der Staatssekretär, ein in Finanzmarktfragen eher unkundiger Haushaltsexperte, die Besprechung ohne Gesichtsverlust über die Bühne zu bringen. Nach der Sitzung wurde Arend dazu verdonnert, beim Fraktionsvorsitzenden der Bürgerpartei anzurufen, einem Intimfeind des Staatssekretärs. Vielleicht, so hoffte der Staatssekretär, hielt sich der Minister dort zu Beratungen auf. NIEMALS, dachte Arend. Niemals hätte der Minister den Termin mit dem Eurogruppenchef sausen lassen, außerdem hätte er sich in diesem Fall längst bei ihm gemeldet. Arend sollte recht behalten, der Vorsitzende befand sich in einer wichtigen Besprechung, der Minister war vor einer Woche das letzte Mal in der Fraktion gewesen. »Wieso fragen Sie, ist etwas passiert?«, wollte die neugierige Vorzimmerdame wissen. »Nein, nein, wir dachten nur …« Arend ließ den Satz unvollendet.

»Vielleicht hat der Minister sich inzwischen bei seiner Frau gemeldet«, mutmaßte Bleikirch. Dieses Mal rief er Frau Kranzmann selbst an. Die war jetzt nicht mehr davon abzubringen, dass ihr Mann Opfer eines Verkehrsunfalls geworden war. Sie bestand auf einer Abfrage in allen Berliner Krankenhäusern.

Frau Kleta wurde herbeizitiert. Sie schenkte Arend ein ungewohntes Lächeln und würdigte Bleikirch keines Blickes, selbst dann nicht, als er sie beauftragte, alle Krankenhäuser in Berlin anzurufen. »Fragen Sie nur allgemein, geben Sie vor, nach Ihrem Mann zu suchen und nennen Sie keine Namen«, instruierte sie der Staatssekretär. Frau Kleta reagierte patzig. »Warum soll ICH das machen, Sie haben doch eine eigene Sekretärin! Außerdem habe ich keinen Mann. Ich bin seit zwei Jahren geschieden.«

Arend merkte, wie es im Staatssekretär brodelte. Gleich platzt Bleikirch, befürchtete er. Der Staatssekretär wurde deutlich und wies die Sekretärin auf seine Rechte als Vertreter des Ministers hin. Worte wie »Arbeitsverweigerung, Abmahnung und Disziplinarverfahren« fielen.

Frau Kleta zuckte die Achseln. »Dann mache ich es eben«, sagte sie, drehte sich auf dem Absatz um und verließ türknallend das Büro. Zurück blieben zwei ratlose Männer, auch Bleikirchs Gelassenheit hatte einer zunehmenden Beunruhigung Platz gemacht.

Fünfunddreißig Minuten später hatten sie Gewissheit. Wie zu erwarten, war der Minister in keinem Berliner Krankenhaus eingeliefert worden. Auch lagen keine Meldungen über einen Fahrradunfall auf der Strecke vor. Bleikirch belegte seine beiden Mitarbeiter mit einem strikten Schweigegebot. »Solange wir keine Gewissheit haben, was passiert ist, darf niemand erfahren, dass der Minister verschwunden ist. Die offizielle Version lautet, dass der Finanzminister an einem Magen-Darm-Virus erkrankt ist, der ihn ans Bett fesselt. Bis wir nicht wissen, was geschehen ist, halten wir an dieser Version fest. Sollte jemand von Ihnen sich nicht an meine Anweisung handeln, bekommt er Ärger. Riesenärger!«

»Was ist mit Schneider, er wird den Chef der Sicherungsgruppe im BKA längst informiert haben?«, gab Arend zu bedenken.

»Schneider und seine Kollegen von der Sicherheit lassen Sie meine Sorge sein. Ich werde die Jungs schon auf Kurs bringen.«

Mit einer ungeduldigen Geste wurden die beiden in ihre Büros geschickt. Bleikirch war jetzt ernstlich besorgt. So besorgt, dass er sich sofort ins Kanzleramt bringen ließ. Die Lage war ernst, so ernst, dass er die Verantwortung nicht länger alleine tragen wollte.

2. Kapitel

Kanzleramt, 12.05 Uhr

Warum der Bundeskanzler ausgerechnet ihn zu seinem Kanzleramtsminister berufen hatte, war für Roland Röhler auch mehr als fünf Monate nach seiner Ernennung noch immer ein Rätsel. Es gab mächtigere Politiker in der Bürgerpartei. Männer und Frauen, die vom Ehrgeiz getrieben nur zu gerne diese Schaltstelle der Regierungsmacht übernommen hätten. Vielleicht war dies der Grund, warum der Bundeskanzler sich für ihn entschieden hatte.

Entgegen seiner im Kanzleramt geschätzten besonnenen Art war Röhler jedoch an diesem Frühjahrstag, an dem sich erstmals seit Tagen endlich die Sonne blicken ließ, ungewöhnlich gereizt. Als seine Sekretärin, Frau Klostermann, ihm mitteilte, dass auf Leitung zwei der Bundesbankpräsident auf eine Verbindung mit ihm warte, erhöhte das seine Unruhe. Bereits der erste Anruf des Bundesbankpräsidenten vor einer Stunde hatte beim Kanzleramtsminister die Alarmglocken schrillen lassen. Frank Thielmann hörte sich noch aufgeregter an als beim ersten Anruf. »Meine Befürchtungen haben sich bestätigt, Roland. Ich habe glaubhafte Hinweise, dass Strohmänner von Mentani gestern kurz vor Börsenschluss über Terminkontrakte deutsche Staatsanleihen im Wert von zweihundert Millionen Euro verkauft haben. Und nicht nur das. Sie haben außerdem für siebzig Millionen Euro-Bund-Futures verkauft. Dir ist klar, was das bedeutet?«

»Nichts Gutes, schätze ich«, knurrte Röhler. »Du weißt, was ich von diesem Finanzkauderwelsch halte. In meinen Augen dient das nur dazu, Verwirrung zu stiften. Soweit ich die langatmigen Ausführungen des Finanzministers auf einer der letzten Kabinettssitzungen in Erinnerung habe, handelt es sich bei Euro-Bund-Futures um fiktive festverzinsliche Anleihen des Bundes.«

»Du sagst es. Die Verkäufer spekulieren auf steigende Zinsen für Bundesanleihen. Anders ausgedrückt, rechnen sie mit steigendem Kapitelbedarf und sinkender Bonität des Bundes. Also keine guten Aussichten für Deutschland. Und das Schlimmste: Kein anderer als Helge Peters steckt hinter den Leerverkäufen, von denen ich dir vorhin erzählt habe. Roland, das ist kein Zufall. Mentani und Peters! Ich fresse ein Pferd, wenn das keine abgestimmte Aktion ist«, unkte der Bundesbankpräsident.

Röhler kam nicht dazu, einen Kommentar abzugeben. »Zwei der kapitalstärksten Spekulanten auf dem internationalen Finanzmarkt nehmen Deutschland ins Visier. Und das ausgerechnet jetzt. Die Spekulationen werden einen Zinsanstieg für deutsche Bundesanleihen nach sich ziehen. Und die nächste Tranche wird in zwei Wochen fällig. IN ZWEI WOCHEN. Weißt du, was das für Folgen hat!?«

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