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Bob und Peter stockt der Atem. Durch die Bäume schimmert unwirkliches grelles Licht – ein Raumschiff ist in den Wäldern um Rocky Beach gelandet, unbekannte Wesen steigen aus. Für Peter steht fest: Die Marsmenschen übernehmen die Macht auf der Erde! Justus, der Kopf des Detektivtrios, reagiert gelassen auf die Ufo-Berichte seiner Freunde. Doch dann taucht ein weiterer Augenzeuge auf und der Erste Detektiv wird stutzig. Nochmals untersuchen die drei ??? den Landeplatz des Raumschiffs, ohne zu ahnen, dass sie bereits erwartet werden ...
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Seitenzahl: 161
Veröffentlichungsjahr: 2013
Geheimsache Ufo
erzählt von André Marx
Kosmos
Umschlagillustration von Aiga Rasch
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de
© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-14176-2
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Der Nachthimmel war tiefschwarz und sternenklar. Hier draußen in den Bergen von Santa Monica hatten weder die Lichter noch der Smog von Los Angeles eine Chance, den Blick auf die Sterne zu stören. Die Großstadt war nur als vager Lichtschimmer am östlichen Horizont zu erkennen. Der Mond war noch nicht aufgegangen. Zwischen den tausenden Lichtpunkten, die glasklar das schwarze Firmament durchstießen, leuchtete als hellster Himmelskörper eine verschwommene Kugel mit einem glühenden Schweif, der sich in der Dunkelheit der Nacht verflüchtigte.
»Lass mich auch mal sehen!« Peter versuchte, Bob das Fernglas aus der Hand zu reißen.
»Keine Panik, er läuft dir ja nicht weg. Chandra 7 wird uns noch ein paar Wochen lang begleiten, bevor er wieder in den Tiefen des Alls verschwindet.«
»Und erst dreitausend Jahre später wiederkommt«, ergänzte Peter. »Deshalb will ich ihn jetzt aus der Nähe sehen! Ich glaube nämlich nicht, dass ich so lange leben werde.«
»Dreitausendzweihundertsechsundzwanzig«, korrigierte Bob seinen Freund.
Peter verdrehte die Augen. »Du klingst schon wie Justus. Aber bitte erspar mir nähere Kometendetails. Ich will ihn einfach nur sehen.«
Bob ließ seufzend das Fernglas sinken und reichte es dem Zweiten Detektiv. »Das ist mal wieder typisch. Was hast du davon, den Kometen anzustarren, wenn du gar nicht weißt, was du siehst? Schade, dass unser Erster nicht hier ist. Er könnte dir jetzt jede Menge Wissenswertes über Chandra 7 erzählen. Viel mehr als ich. Aber Justus zog es vor, zu Hause zu bleiben.«
»Du kennst ihn doch. Als ich ihm vorschlug, mit uns in die Berge zu fahren, um den Kometen einmal ohne die störenden Lichter der Stadt zu beobachten, wurde er ganz blass. Nur weil wir die Räder genommen haben. Wären wir mit dem Auto gefahren, wäre er mitgekommen.«
»Dabei weiß er selbst ganz genau, dass die Abgase sicher nicht dazu beitragen werden, den Kometen besser sehen zu können.« Bob sah sich um. Sie standen auf einem kleinen, dunklen Parkplatz an der Bergstraße, die sich durch die Wälder der Santa Monica Mountains schlängelte. Im Süden waren die Lichter der Küstenstädte zu sehen, im Norden hoben sich nur die Silhouetten der Bäume dunkel vom sternenübersäten Himmel ab. In dieser verlassenen Gegend wohnten kaum Menschen und nur alle paar Minuten kam ein Auto vorbei. »Perfekt. Es ist so dunkel hier, dass ich den Kometen ohne Probleme mit langer Belichtungszeit fotografieren kann. Kein Streulicht wird mir die Aufnahme versauen.« Bob ging zu seinem in der Nähe abgestellten Fahrrad und holte die Fotoausrüstung aus der Satteltasche.
»Ist schon toll«, sagte Peter, während er durch das Fernglas sah. »Da fliegt so ein Felsbrocken durchs All und alle Welt starrt begeistert nach oben. Warum leuchtet das Ding eigentlich? Wird es von der Sonne angestrahlt, wie der Mond?«
»Nein. Der Komet stößt ständig riesige Mengen Staub und Eiskristalle aus, wenn er sich der Sonne nähert. Die reagieren dann mit dem Sonnenwind und leuchten. So entsteht der Schweif.«
»Er stößt Staub aus? Müsste er sich dann nicht irgendwann aufgelöst haben? Ich meine, so groß ist der Komet schließlich nicht.«
»Immerhin hat er einen Durchmesser von knapp dreißig Kilometern«, erklärte Bob. »Das dauert schon ein paar tausend Jahre, bis er sich aufgelöst hat. Außerdem verliert er Materie nur, wenn er sich in der Nähe der Sonne befindet, so wie jetzt. Den Rest der langen Reise hat er seine Ruhe.«
»Dreißig Kilometer! Ein ganz schöner Brocken. Wenn der auf die Erde krachen würde …«
»Wird er aber nicht. In ein paar Tagen erreicht er zwar die größte Annäherung an unseren Planeten, aber selbst dann ist er noch einige Millionen Kilometer entfernt. Zum Glück. Käme er wirklich runter, würde hier für lange Zeit kein Gras mehr wachsen. Vor einigen Jahren ist doch der Komet Shoemaker-Levy 9 in den Jupiter gekracht. Der Planet ist zwar nur eine riesige Gaskugel, aber trotzdem hat dieser Zusammenstoß auf der Oberfläche für einigen Wirbel gesorgt.«
»Was die Menschen früher wohl gedacht haben, wenn sie einen Kometen gesehen haben«, überlegte Peter. »Die mussten doch glauben, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.«
»Haben sie ja auch. Der Halleysche Komet zum Beispiel fliegt alle sechsundsiebzig Jahre an der Erde vorbei. In der Vergangenheit gab es jedes Mal neue Weltuntergangstheorien und die Leute haben sich verängstigt unter die Bettdecke verkrochen. Gegen diesen Klotz da oben ist Halley allerdings nur ein Kieselstein.« Bob baute das Stativ auf. »Kannst du dich noch an Hale-Bopp erinnern? Das war ein anderer Komet, der uns vor gar nicht langer Zeit besuchte. Damals begingen doch hier ganz in der Nähe knapp vierzig Mitglieder einer obskuren Sekte Selbstmord. Nur wegen eines Felsbrockens, der durchs Weltall raste.«
»Stimmt. Das war in San Diego. Die Sekte glaubte, dass sich im Schweif des Kometen ein Ufo versteckte, das ihre Seelen an Bord nehmen wollte. Ziemlich gruselig. Wie kommen Menschen nur auf so einen Schwachsinn?«
»Keine Ahnung. Aber das beweist mal wieder, dass wir noch gar nicht so weit vom finsteren Mittelalter entfernt sind und die Welt immer noch voller Aberglauben steckt. Und das trotz Hightech, Autobahnen und Wolkenkratzern. Früher wurden für ungewöhnliche Erscheinungen am Himmel erzürnte Götter verantwortlich gemacht, heute sind es Ufos.«
»Stimmt. Dabei sollte man doch annehmen, dass jeder halbwegs gebildete Mensch genug über Kometen weiß. Ufos im Kometenschweif! Dass ich nicht lache!«
»Ach ja?« Bob sah von seiner Arbeit am Stativ auf und grinste Peter hämisch an. »Wer hat mich denn eben gefragt, warum Kometen leuchten und warum sie sich nicht in Staub auflösen? Gehörst du vielleicht auch zu den weniger gebildeten Menschen?«
Peter ließ sich nicht provozieren. »Ich gebe zu, dass ich nicht besonders viel Ahnung habe. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich an Ufos glaube.« Er blickte wieder durch das Glas. »Man kann ihn heute Nacht wirklich erstaunlich gut sehen. Hoffentlich werden deine Aufnahmen was.«
Bob hatte die Kamera inzwischen am Stativ befestigt und auf den Kometen ausgerichtet. Nun stellte er die Belichtungszeit ein. »Das hoffe ich auch. Dann können wir Justus nämlich vor Augen halten, was er verpasst hat. Ich kann es immer noch nicht verstehen, dass er nicht mitgekommen ist. In Rocky Beach verblasst Chandra 7 doch vor dem Widerschein der Stadt.«
Die drei Jungen lebten in dem kalifornischen Küstenstädtchen Rocky Beach in der Nähe von Los Angeles und hatten dort ein kleines Detektivunternehmen aufgebaut. Ihre Zentrale befand sich in einem Wohnwagen auf dem Schrottplatz von Justus’ Onkel, Titus Jonas, der einen Trödelhandel betrieb.
»Jetzt geh mal aus dem Weg, Peter. Sonst kommst du mit aufs Bild.«
Der Zweite Detektiv drehte sich um und grinste in die Kamera. »Warum auch nicht?«
»Weg da!« Als Peter widerwillig das Feld geräumt hatte, drückte Bob auf den Auslöser. »Ich stelle noch eine andere Belichtungszeit ein. Hab ja keine Ahnung, ob das was geworden ist.«
Peter hob erneut das Fernglas und suchte den Himmel nach dem Kometen ab. Plötzlich stockte er. »Bob!«
»Hm?«
»Bob, sieh mal!«
»Moment, ich will nur noch schnell ein neues Objektiv raussuchen.«
»Bob!!!«
Stirnrunzelnd sah dieser auf. »Meine Güte, was ist denn?«
Statt zu antworten, wies Peter mit dem Finger nach oben. Bob blickte hinauf und erstarrte. Am Himmel über dem Wald war ein ovales, hellblau leuchtendes Objekt zu sehen. Seine Entfernung und seine Größe waren schwer zu schätzen. Unbewegt schwebte es in der Luft.
»Siehst du es? Siehst du es?«, rief Peter.
»Ja, ja! Was um alles in der Welt ist das?« Gebannt starrten sie die leuchtende Scheibe an. »Woher ist es gekommen?«
Peters Stimme klang nervös und schrill, als er antwortete: »Ich weiß es nicht! Es war plötzlich da!«
»Vielleicht ein Wetterballon?«, mutmaßte Bob.
»Ein scheibenförmiger Wetterballon? Wo gibt’s denn so was? Wenn ich nicht gerade noch behauptet hätte, nicht an Ufos zu glauben, würde ich sagen – meine Güte!« Das Objekt verlor ganz plötzlich an Höhe und stürzte senkrecht hinunter. Erst kurz über dem Wald fing es sich und blieb ruhig in der Luft stehen. »Was immer das ist, es ist kein Wetterballon!«
»Die Kamera!«, rief Bob und riss sie vom Stativ. »Ich muss ein Foto machen!«
»Sieh doch! Jetzt bewegt es sich wieder!« Die hellblaue Scheibe neigte sich leicht zur Seite, flog nach rechts, verharrte, schwenkte herum und schwebte in die andere Richtung. Bob drückte immer wieder auf den Auslöser.
»Jetzt … jetzt kommt es auf uns zu!«, rief Bob.
»Nein, es bleibt stehen. Da, es sinkt!« Plötzlich wurde das Objekt von den Bäumen verschluckt. Zwei Sekunden lang war noch sein hellblauer Widerschein über den schwarzen Wipfeln zu sehen, dann war auch der verschwunden. »Es ist in den Wald geflogen.« Peter sah noch immer nach oben, doch der Flugkörper tauchte nicht wieder auf. Schließlich riss der Zweite Detektiv sich los: »Was war das?«
Bob schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Aber ich will es wissen! Sofort!«
Peter starrte ihn entsetzt an. »Du willst doch nicht etwa –«
»Peter, das Ding ist im Wald gelandet!«
»Gelandet? Ich hör wohl nicht richtig! Es fliegt nur etwas tiefer, deshalb können wir es jetzt nicht mehr sehen.«
Bob schüttelte abermals den Kopf. »Hast du denn seine Flugbahn nicht beobachtet? Erst sackte es ab, dann flog es hin und her, als suchte es einen Landeplatz, und schließlich sank es noch tiefer.«
Peter runzelte unwillig die Stirn. »Du meinst doch nicht wirklich, dass das ein …«
»Ich meine, wir müssen jetzt sofort in diesen Wald, um das Ding zu finden. Dann wissen wir, was es war.«
Mit einem Ruck drehte Peter sich um und lief zu seinem Fahrrad.
»Willst du etwa abhauen?«, rief Bob erschrocken.
»Ich montiere meine Fahrradlampen ab, damit wir Licht haben, wenn wir in den Wald gehen. Ich kann dich ja nicht allein gehen lassen, auch wenn ich gerade vor Angst sterbe.«
»Mir geht es nicht anders. Auf geht’s!« Bob wollte gerade seinen Fotoapparat verstauen, doch Peter hielt ihn zurück. »Den nimmst du natürlich mit!«
Bob schlug sich gegen die Stirn. »Du hast recht.« Er schob sein Fahrrad hinter einen Busch, damit es von der Straße aus nicht zu sehen war. Dann liefen sie zum Waldrand. Ein kleiner Wanderweg führte in die undurchdringliche Finsternis.
Sie hasteten den unebenen Waldweg entlang. Die Fahrradlampe schnitt einen scharf umrissenen Lichtkegel in die Dunkelheit. Alles, was weiter als fünf Meter entfernt war, verbarg die Nacht vor ihnen. Links und rechts glitten die bizarren Silhouetten der Bäume vorbei.
»Man sieht kaum die Hand vor Augen.« Peter flüsterte unwillkürlich und drehte sich dann um. »Die Straße ist schon verschwunden. Vielleicht war das doch keine so gute Idee.«
»Solange du deine Lampe hast, kann uns nichts passieren«, versuchte Bob seinen Freund und sich selbst zu beruhigen.
»Und wenn das nun doch ein Ufo war? Dann kann uns diese blöde Lampe auch nicht weiterhelfen«, murmelte Peter. Er bereute bereits, mitgekommen zu sein.
»Was meinst du damit?«
»Da fragst du noch? Was machen wir, wenn wir Außerirdischen begegnen?« Plötzlich raschelte neben ihnen etwas. Peter blieb erschrocken stehen und leuchtete in das Gebüsch. Ein Schatten huschte davon.
»Nur ein Kaninchen«, bemerkte Bob unsicher. »Jedenfalls kein Außerirdischer. Alles, was wir gesehen haben, war eine merkwürdige, leuchtende Scheibe am Himmel. Keine E.T.s. Bestimmt gibt es dafür eine ganz harmlose Erklärung.«
»Ach ja? Warum rennen wir dann wie die Idioten mitten in der Nacht durch einen stockfinsteren Wald?«
»Um diese Erklärung zu finden.«
»Wie denn? Wir wissen nicht einmal, wie weit dieses Ding von uns entfernt war. Es könnten wenige hundert Meter gewesen sein, aber auch locker ein paar Kilometer. Je nachdem, wie groß es war. Es ist doch absoluter Schwachsinn, was wir hier tun. Wir sehen überhaupt nichts! Sollten wir nicht besser wieder umkehren?«
»Jetzt sind wir schon mal hier, da können wir auch weitergehen«, fand Bob. »Was hast du erwartet? Festbeleuchtung? Wir sind im Wald und es ist Nacht, also ist es logischerweise dunkel.«
Der Weg endete vor einer dichten Wand aus kerzengerade aufragenden Baumstämmen. Erst nach einigen Augenblicken begriffen sie, dass dies eine Gabelung war. Links und rechts führte der Pfad weiter. Als sie stehen blieben, bemerkten sie, dass der Wald nicht so still war, wie sie geglaubt hatten. Überall raschelte und knackte es. Peter drehte den Kopf hin und her, um die Quelle der unheimlichen Geräusche auszumachen. Doch die Dunkelheit war undurchdringlich. »Welche Richtung sollen wir nehmen?«, fragte er nervös.
Bob zuckte die Schultern. »Kennst du dich hier aus?«
»Woher denn? Ich bin nicht mal sicher, ob wir noch in die richtige Richtung gehen. Da wir nur ein paar Meter weit sehen können, könnte der Weg einen Bogen gemacht haben, ohne dass wir es wissen.«
»Dann ist es ohnehin egal, welchen Weg wir nehmen.« Bob wandte sich nach rechts.
»Du hast Nerven«, murmelte Peter und folgte ihm. Dieser Weg unterschied sich in nichts von dem anderen. Einige hundert Meter weiter blieb Peter abrupt stehen. »Da!«, flüsterte er und wies in die Dunkelheit links des Weges.
»Was?«
»Ich mach die Lampe aus, dann siehst du es besser!«
Ein bläuliches Flackern schimmerte durch den dichten Wald. Es war schwach und weit entfernt, aber nicht zu übersehen. »Das muss es sein!« Ohne ein weiteres Wort verließ Bob den Waldweg und schlug sich durch das Unterholz.
»Bist du verrückt?«, zischte Peter, musste ihm jedoch notgedrungen folgen. »Du willst doch nicht wirklich hingehen!«
»Deshalb sind wir doch hier!«, entgegnete Bob und stieß gleich darauf einen Fluch aus. »Mist!«
»Was ist?«
»Ich habe mir das Schienbein gestoßen, an einem Baumstamm oder so. Mach das Licht wieder an!«
»Was? Wenn wir jetzt mit eingeschaltetem Licht weitermarschieren, sehen die uns doch!«
»Wer – die?«
»Die … die … was weiß ich! Wir werden auf jeden Fall gesehen! Das Licht bleibt aus!« Vorsichtig ertasteten sie ihren Weg mit den Füßen. Sie kamen nun langsamer voran. Je näher sie dem unheimlichen Leuchten kamen, desto lauter schienen das Rascheln des Laubes, das Knacken der Äste und ihr keuchender Atem zu werden. Peter fürchtete, man könnte sie noch Kilometer entfernt hören. »Ich Idiot!«, flüsterte er und blieb stehen.
»Was ist?«
»Mein Fernglas! Ich trage es die ganze Zeit um den Hals!«
»Kannst du was sehen?«
»Nur das blaue Licht. Es ist schwer zu schätzen, wie weit es entfernt ist. Halt! Da ist noch etwas! Ein … ein Schatten!«
»Lass mich auch mal!« Bob riss dem protestierenden Peter das Glas einfach aus der Hand. »Da ist eine Gestalt, die sich in dem Licht bewegt. Ich kann nicht viel erkennen. Aber da ist jemand.«
»Oder irgendetwas«, erwiderte Peter und ein eiskalter Schauer durchfuhr ihn.
»He!«, rief Bob plötzlich. »Das Licht ist weg!«
Peter starrte in die schwarze Nacht. Der bläuliche Schimmer war spurlos verschwunden. Um sie herum herrschte tiefe Dunkelheit. Schweigend warteten sie ein paar Minuten, gleichzeitig in der Hoffnung und in der Angst, das Licht könnte wiederkommen. Doch nichts geschah.
Plötzlich schrie eine Eule. Peter zuckte zusammen. »Soll ich das Licht wieder anmachen?«
»Weiß nicht.«
»Dann mache ich es an.« Der unvermutete Schein blendete sie, doch es tat gut, wieder etwas zu sehen. Andererseits war die Welt nun voller tiefschwarzer Schatten, die umhertanzten, wenn Peter die Lampe bewegte. »Kehren wir um … oder gehen wir weiter?«
»Meinst du, das Ding ist noch da?«
»Selbst wenn, würden wir es erst sehen, wenn wir direkt davor stehen. Das fände ich nicht besonders angenehm.«
»Was war das nur? Was haben wir da gesehen, Peter?«
»Ich weiß es nicht. Und ich bin mir auch gar nicht mehr so sicher, ob ich es noch wissen will. Das ist mir entschieden zu unheimlich. Wir sollten umkehren.«
Plötzlich fiel Bob etwas auf. »Sag mal, bilde ich mir das ein, oder wird deine Lampe langsam schwächer?«
Der Zweite Detektiv sah direkt in den Lichtstrahl. »Ich befürchte, du hast recht. Die Batterien sind schon ziemlich alt.«
»Dann sollten wir zurückgehen. Sofort!«
Sie kehrten um. Die Lampe wurde schnell schwächer und schon bald reichte das Licht nicht mehr aus, den Boden direkt vor ihnen zu beleuchten. Schließlich erlosch es ganz. Peter und Bob blieben stehen und hofften, dass sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen würden. Doch die Finsternis blieb undurchdringlich. Das Licht der Sterne und des Kometen war zu schwach, um das dichte Blätterdach über ihnen zu durchdringen. Kein Schimmer wies ihnen den Weg.
»Was machen wir denn jetzt?«, flüsterte Peter.
»Wir könnten einfach weitergehen«, schlug Bob unsicher vor. »Wenn wir die Richtung beibehalten, müssten wir ja wieder auf den Weg kommen. Wir werden schon merken, wenn wir ihn erreicht haben.« Doch Bob täuschte sich. Schon nach wenigen Metern versperrte ihnen dichtes Gestrüpp den Weg, und als sie es umrunden wollten, verloren sie die Orientierung.
»Bob?«, rief Peter, der plötzlich das Gefühl hatte, allein zu sein. »Bob, wo bist – ah!«
»Was ist passiert?«, erklang Bobs Stimme direkt neben ihm.
»Etwas hat mich im Gesicht berührt.«
»Bestimmt nur Spinnweben. Ich habe gerade auch schon ein paar im Gesicht gehabt.«
Peter stöhnte. »Ich will sofort aus diesem Wald heraus.«
»Ich auch. Ich komme mir ganz schön dämlich vor. Wie bei Hänsel und Gretel. Nur bräuchten wir jetzt selbstleuchtende Brotkrumen, um den Weg zurück zu finden.«
»Und ich habe meiner Mutter versprochen um elf Uhr zu Hause zu sein.« Peter ließ kurz die Lampe an seiner Armbanduhr aufblitzen. »Das ist in zwei Minuten. Sie wird sich ganz schön aufregen.«
»Am Anfang. Aber wenn du in zwei Stunden immer noch nicht zurück bist, wird sie sich vor allem Sorgen machen.«
»Zwei Stunden?«, fragte Peter erschrocken. »Glaubst du, wir brauchen so lange, um aus diesem verdammten Wald herauszufinden?«
»Herausfinden? Wie denn? Falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Es hat überhaupt keinen Zweck weiterzugehen, wenn wir nicht einmal wissen, in welcher Richtung die Straße liegt.«
Plötzlich raschelte etwas dicht neben ihnen im Gestrüpp. Peter zuckte zusammen. »Was war das?«
Auch Bob hielt den Atem an. Mit zitternder Stimme sagte er: »Nur ein Tier. Hoffe ich.«
Peter seufzte. »Sollen wir jetzt etwa bis Sonnenaufgang warten? Stunden in einem Wald verbringen, in dem man nicht die Hand vor Augen sieht, in dem es überall raschelt und in dem möglicherweise irgendwelche E.T.s herumlaufen?«
»Sieht ganz danach aus.«
Da drang ein schriller Schrei durch den Wald.
Peter fuhr herum. »Das war jetzt aber kein Tier!«
Der Schrei wiederholte sich. Doch diesmal kam es aus einer anderen Richtung. Bob fuhr herum und starrte in die undurchdringliche Dunkelheit. »Es hört sich an wie ein Kind.«
»Ein Kind? Hier im Wald, mitten in der Nacht?« Erneut ertönte der schrille Ruf. Wieder kam er aus einer anderen Richtung. »Das müssten dann aber schon drei Kinder sein.«
Plötzlich lachte Bob erleichtert. »Ich glaube, ich weiß, was das ist. Waldkäuze. Sie stoßen nachts diese furchtbaren Schreie aus, um ihre Reviere voneinander abzugrenzen.«
»Waldkäuze? Vögel können so schreien? Das hörte sich an wie in einer Folterkammer!« Peter fröstelte. »Lass uns hier abhauen, Bob. Wer weiß, vielleicht … vielleicht war das wirklich eine fliegende Untertasse. Und es könnte doch sein, dass die Außerirdischen hier noch irgendwo herumlaufen. Möglicherweise beobachten sie uns die ganze Zeit mit Infrarotlicht oder so!«