Die drei ??? Nacht in Angst (drei Fragezeichen) - André Marx - E-Book

Die drei ??? Nacht in Angst (drei Fragezeichen) E-Book

André Marx

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Beschreibung

Freitagabend, 20.25 Uhr, Steadman­Museum, Los Angeles: Mr Peacock, der freundliche, aber schusselige Museumsdirektor, betritt mit Justus, Peter und Bob das Gebäude. In wenigen Minuten werden die drei Detektive exklusiv den wertvollsten Diamanten der Welt sehen: das berühmte "Feuer des Mondes". 20.28 Uhr: Stromausfall? Sabotage? Im Museum gehen die Lichter aus. 20.30 Uhr: Fünf Gangster dringen in das Museum ein. Kurze Zeit später befinden sich Mr Peacock und die drei ??? in ihrer Gewalt. Die Verbrecher wollen den Diamanten und sie sind bereit, dafür über Leichen zu gehen.

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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Nacht in Angst

erzählt von André Marx

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14187-8

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

19.00 Uhr – Der gewagte Plan

»Wo bleibt er denn? Er ist längst überfällig.« Peter sah immer wieder auf die Uhr. Die klobige Taucheruhr, die er sonst trug, hatte er gegen das edle Modell seines Vaters eingetauscht: mit goldenem Armband und Zeigern statt Digitalanzeige. Es passte besser zu seinem restlichen Outfit, dem schwarzen Anzug, weißen Hemd und schicker Krawatte. Die Sohlen seiner glänzenden schwarzen Schuhe klapperten auf dem Kunststoffboden, während er unruhig in der Zentrale auf und ab wanderte.

»Nur fünf Minuten«, korrigierte Justus ihn, der entspannt auf dem Schreibtischstuhl saß und den Zweiten Detektiv bei seinem Marsch durch den Campinganhänger beobachtete. »Gönn Bob doch auch mal eine kleine Verspätung.«

»Ja ja, schon gut. Ich will bloß nicht zu spät kommen. Das ist das Ereignis! Ich würde mich bis an mein Lebensende ärgern, wenn ich es verpasse!«

»Keine Panik, Bob wird schon auftauchen.« Justus blickte an sich herunter und strich betont gelassen einen Fussel von seinem schwarzen Jackett. Ein bekanntes Geräusch ließ ihn aufhorchen: das Knattern von Bobs altem Käfer. »Da ist er!«

Peter atmete auf. »Dem Himmel sei Dank! Dann kann es jetzt endlich losgehen.«

Doch als Bob die Tür zur Zentrale öffnete und Peter sein Gesicht sah, verließ ihn schlagartig alle Vorfreude. Mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf betrat der dritte Detektiv den Raum und ließ ein kaum hörbares »Hi« vernehmen.

»Oh, mein Gott«, stöhnte Peter. »Du hast die Karten nicht, stimmt’s? Du hast die Karten nicht! Gib’s zu, Bob!«

Bob nickte. »Ich habe die Karten nicht.«

»Nein!«, rief Peter und krümmte sich wie unter körperlichen Schmerzen. »Warum nicht? Ich dachte, die Sache ginge klar!«

»Mein Vater hat keine bekommen.«

»Wieso hat dein Vater keine bekommen? Er arbeitet in Los Angeles bei der Zeitung! Die bekommen immer Karten!«

»Ja, aber diesmal waren es nur zwei oder drei. Und die gingen natürlich an die Filmkritiker vom Kulturteil.«

»Zwei oder drei!«, stöhnte Peter und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Du hast behauptet, es wäre überhaupt kein Problem, drei Einladungen zu besorgen!«

»Meine Güte, Peter«, erwiderte Bob gereizt. »Nun mach mich nicht dafür verantwortlich. Ist es etwa meine Schuld, dass die Produktionsgesellschaft so knauserig mit ihren Freikarten umgeht?«

Auch Justus, der bisher schweigend zugehört hatte, konnte seine Enttäuschung nicht mehr verbergen. »Natürlich nicht, Bob. Außerdem glaube ich gar nicht, dass es am Geiz liegt. Vielmehr daran, dass Journalisten aus der ganzen Welt angereist sind, um den Film zu sehen. Es ist schließlich nicht irgendein Streifen. Es ist der neue Star-Wars-Film!«

»Und wir wären um ein Haar bei der Premiere gewesen, hätten alle Stars gesehen und anschließend auf der Party mit George Lucas Sekt getrunken«, brummte Peter. »Es ist zum Heulen.«

»Dann sehen wir ihn uns eben nächste Woche an, wenn er in den normalen Kinos startet«, schlug Bob versöhnlich vor.

»Glaubst du, das tröstet mich?«

»Oder ich versuche Karten für die nächste Verleihung des Goldenen Raben zu kriegen. Vielleicht kriegt George Lucas ja einen Preis.«

»Dann freue ich mich wochenlang darauf, stehe in Schlips und Kragen in den Startlöchern und es klappt doch nicht«, entgegnete Peter. »Nein, danke.«

Justus schlug mit solcher Wucht auf die Tischplatte, dass Peter und Bob erschrocken zusammenzuckten. »Wir fahren zur Premiere!«, rief der Erste Detektiv voller Tatendrang.

»Tolle Idee. Wir lassen uns von tausenden von Fans tottrampeln, die vor dem Chinese Theater stehen und einen Blick auf ihren Lieblingsstar erhaschen wollen.«

»Ich rede nicht davon, vor dem Kino zu stehen, sondern uns den Film anzusehen.«

»Ach. Und wie sollen wir reinkommen?«, fragte Peter missmutig.

»Wir gehen einfach rein.«

»Na, sicher«, erwiderte Peter spöttisch. »Ich frage mich, warum das die anderen Star-Wars-Freaks vor dem Kino eigentlich nicht machen. Mal sehen, ob wir noch einen Platz kriegen.«

»Das ist mein Ernst. Wir gehen einfach über den roten Teppich ins Gebäude und tun so, als gehörten wir dazu.«

»Und du meinst, die lassen uns durch? Weil wir schwarze Anzüge tragen oder weil wir wie Filmstars aussehen?«

Justus grinste überlegen. »Weil wir aus einem goldbeschlagenen Rolls-Royce steigen werden.«

»Ha!«, rief Bob und klatschte vor Begeisterung in die Hände. »Das ist die Idee! Justus, was würden wir nur ohne dich machen?«

»In allen Lebenslagen verzweifeln.«

»Du meinst, wir sollen dort mit Morton aufkreuzen? Und das funktioniert?«

»Warum denn nicht? Glaubst du, die Türsteher kennen jeden geladenen Gast persönlich? Wenn drei fesche Jungs aus einem Rolls-Royce steigen, werden sie sich eher schämen, uns nicht zu kennen, und uns durchlassen.« Justus drehte sich um und griff nach dem Telefonhörer. »Hoffentlich hat Morton Zeit und fährt nicht gerade einen anderen Prominenten.«

Morton war gelegentlich der Chauffeur der drei ???. Justus hatte einmal seine Dienste für dreißig Tage bei einem Preisausschreiben gewonnen. Danach hatten die Detektive das Glück gehabt, von einem dankbaren Klienten auch zukünftige Fahrten mit dem Rolls-Royce bezahlt zu bekommen. Seit Peter und Bob selbst einen Wagen hatten, nahmen sie das zwar nur noch selten in Anspruch, doch es gab Ausnahmesituationen, in denen sich eine schwarz-goldene Edelkarosse besser machte als ein gelber VW-Käfer.

»Hallo, hier ist Justus Jonas. Ich bin froh, dass Sie da sind, Morton. Haben Sie und der Rolls-Royce Zeit für uns? – Nur für eine halbe Stunde, aber wir brauchen Sie sofort. – Fantastisch! Vielen Dank. – Ja, bis gleich!« Er legte auf.

»Das ging ja schnell«, bemerkte Peter.

»Morton kommt. Er sagte etwas von einem kleinen Handicap, daher könnte es etwas länger dauern, doch er wird sich beeilen. Wir warten draußen auf ihn.«

»Hoffentlich bezieht sich das Handicap nicht auf den Wagen. Eine Panne können wir uns jetzt nicht leisten. Der Film beginnt in einer knappen Stunde.«

»Peter, du bist ein alter Schwarzseher«, sagte Bob kopfschüttelnd.

Sie verließen die Zentrale und traten auf den Schrottplatz der Firma Jonas hinaus, der ruhig in der Abenddämmerung lag. Es dauerte nicht lange, da ertönte ein Hupen von der Straße. Da das schmiedeeiserne Tor schon geschlossen war, verließen sie das Gelände durch einen ihrer geheimen Ausgänge, die sie in die Umzäunung eingebaut hatten. Morton, ein hochgewachsener Mann undefinierbaren Alters, der seine Chauffeursmütze nie abzulegen schien, war aus dem Wagen gestiegen, um die hintere Tür zu öffnen. Er staunte nicht schlecht, als er die drei ??? in schwarzen Anzügen sah.

»Guten Abend, Morton.«

»Guten Abend, die Herrschaften. Ich weiß zwar noch nicht, wohin ich euch bringen soll, doch euer Aufzug verrät mir, dass meine Dienste heute in der Tat angebracht sein dürften.«

»Ganz recht«, antwortete Justus und unterdrückte ein Schmunzeln. Morton hatte sie schon unzählige Male gefahren und ihnen auch in brenzligen Situationen geholfen. Sie waren so etwas wie Freunde geworden. Trotzdem legte er seine höfliche Art und die etwas geschraubte Sprechweise nie ab. Wahrscheinlich fühlte er sich nur wohl, wenn er die Form wahrte. Doch manchmal fragte sich Justus, was für ein Mensch unter der Dienstkleidung des Chauffeurs verborgen war – wenn es da überhaupt jemanden gab. Als die drei ??? einstiegen, bemerkte Justus, dass Mortons linkes Bein dicker war als das rechte. Die schwarze Hose war an der Seite aufgeschnitten und ein Gips leuchtete weiß darunter hervor.

»Was haben Sie denn gemacht, Morton?«

»Das ist das Handicap, von dem ich sprach. Ein kleiner Unfall – ich bin beim Polo vom Pferd gefallen.« Damit warf er die Tür zu und humpelte um den Wagen herum.

»So so, Polo«, kicherte Justus. »Gibt es eine Sportart, die besser zu ihm passen würde?«

»Gebrochen?«, fragte Peter, als Morton mühsam vorn eingestiegen war.

»Ja. Sehr schmerzhafte Angelegenheit. Doch zum Glück übe ich meinen Beruf im Sitzen aus und die Kupplung kann ich seit einer Woche wieder bedienen. Wohin darf ich euch bringen?«

»Nach Los Angeles zum Chinese Theater«, antwortete Justus.

»Sehr wohl.« Der Wagen setzte sich in Bewegung. »Ihr wollt zur Premiere des neuen Star-Wars-Films, nehme ich an?«

»Ja!«, rief Peter begeistert und beschloss, Morton in ihren Plan einzuweihen. Jeder Chauffeur hatte schließlich einen Ehrenkodex und der verpflichtete zur Verschwiegenheit – er würde sie auf keinen Fall verraten. »Wir haben allerdings keine Einladung, doch Justus hat eine Idee. Die hoffentlich funktioniert.« Er klärte ihn auf.

»Nun, dann wünsche ich viel Glück. Bei eurer äußeren Erscheinung sehe ich da zumindest keine Probleme.« Durch den Rückspiegel konnte Peter ihn lächeln sehen.

»Ich wäre gern so zuversichtlich wie Sie«, antwortete Peter. »Ich bin nicht ganz überzeugt. Was machen wir, wenn sie unsere Einladung sehen wollen?«

»Filmstars brauchen keine Einladung«, winkte Bob ab.

Justus stimmte ihm zu. »Das Geheimnis des Erfolges ist, sich auch wie Filmstars zu benehmen.«

»Aha. Und wie geht das? Du hast da doch Erfahrung.« Peter spielte damit auf die lang zurückliegende Karriere des Ersten Detektivs als Kinderstar im Fernsehen an, die dieser am liebsten vergessen hätte.

»Wir müssen ganz natürlich wirken. Als würden wir den ganzen Tag nichts anderes tun, als über rote Teppiche zu Filmpremieren zu gehen. Und bloß nicht den Türstehern in die Augen sehen! Je unwichtiger sie für uns sind, desto weniger werden sie es wagen, uns anzusprechen.«

Peter seufzte tief. »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Du als Ex-Schauspieler hast da vielleicht Erfahrung, aber ich werde bestimmt knallrot!«

»Stell dir vor, das Kinoportal sei der Eingang zur Schule«, schlug Bob vor. »Ganz einfach durchgehen, so als wär nichts.«

»Alles klar. Ganz einfach.« Aber Peter war absolut nicht wohl bei der Sache. Er wurde immer nervöser und ein einzelner Schweißtropfen lief ihm den Rücken hinunter. Schweißflecken würden sich auf dem weißen Hemd bestimmt nicht gut machen. Als sie den Hollywood Boulevard erreichten, unternahm er einen letzten Versuch: »Sollen wir das nicht doch besser bleiben lassen? Wir kriegen richtig Ärger, wenn wir auffliegen.«

Justus und Bob blickten ihn stirnrunzelnd an. »Du warst doch ganz heiß drauf, zur Premiere zu fahren und George Lucas die Hand zu schütteln! Jetzt musst du auch mitspielen.«

»Ja, werde ich ja auch.« Er versuchte ein Lächeln. »Wird schon schiefgehen.«

Fünf Minuten später tauchte das berühmte Kino vor ihnen auf. Das Gebäude war hell erleuchtet und Menschenmassen tummelten sich auf dem breiten Gehsteig. Nur ein etwa sechs Meter breiter Weg von der Straße zum Eingang war durch eine Absperrung freigehalten. Gerade betraten drei oder vier Menschen, von Blitzlichtgewitter und Kamerascheinwerfern verfolgt, das Kino. Dann ließ der Aufruhr nach und Fans und Reporter warteten geduldig auf die Ankunft der nächsten Promis.

»Ach du Scheiße«, murmelte Peter. »Da kommen wir nie rein.«

»Klar kommen wir rein«, antwortete Justus kampflustig. »Auf geht’s, Leute!«

Morton hielt direkt vor dem mit rotem Teppich geschmückten Gang. »Viel Glück!«, wünschte er. Diesmal musste er nicht aussteigen, denn der vornehm gekleidete Portier des Nobelkinos stand schon bereit und öffnete die Wagentür. Justus schlüpfte als Erster hinaus, dann folgten Peter und Bob. Kamerablitze flammten auf und Scheinwerferlicht blendete sie. Einige Journalisten wollten nach vorn stürzen, um die vermeintlichen Stars zu ein paar kurzen Fragen zu überreden, doch sie hielten verunsichert inne, als sie die Gesichter der Gäste nicht erkannten. Einer unter ihnen ließ sich trotzdem nicht davon abhalten, Justus über die Absperrung hinweg ein Mikrofon unter die Nase zu halten.

»Wie fühlen Sie sich heute Abend?«

»Oh, äh … großartig«, antwortete Justus wahrheitsgemäß und setzte sein bestes Starlächeln auf.

»Sehen Sie den Film heute zum ersten Mal?«

»Zum ersten Mal in ganzer Länge, ja. Ein paar Szenen habe ich in der Rohfassung bereits bewundern dürfen und freue mich auf ein spektakuläres Ereignis.« Auch das war keine Lüge: Justus hatte kurze Ausschnitte im Fernsehen gesehen. Doch bevor der Journalist Fragen stellte, die unangenehm werden konnten, suchte Justus lieber das Weite. Aber er ließ es sich nicht nehmen, der Menge einmal zuzuwinken, bevor er mit Bob und Peter im Schlepptau ins Innere des Kinos verschwand. Aus den Augenwinkeln nahm er zwei Türsteher wahr, kümmerte sich jedoch nicht weiter um sie. So schnell wie möglich wollte er das große Foyer durchqueren, das bereits voller Menschen war, um sich in einer dunklen Ecke unsichtbar zu machen. »Wir haben es geschafft!«, raunte er seinen Freunden freudestrahlend zu.

Noch bevor er das letzte Wort ganz ausgesprochen hatte, legte sich eine schwere Hand auf seine Schulter.

»Entschuldigen Sie, dürfte ich Ihre Einladung sehen?«

19.46 Uhr – Eine Premiere der anderen Art

Wie angewurzelt blieb Justus stehen. Cool bleiben!, schoss es ihm durch den Kopf. So ruhig wie möglich drehte er sich um und erblickte eine schwarz-weiße Fläche: die in Hemd und Jackett gehüllte Brust des Türstehers, der ihn um mehr als einen Kopf überragte. Düster blickten zwei kleine Augen in einem breiten Gesicht auf ihn herab.

»Ich habe keine Einladung«, sagte Justus lässig. »Ich bin auf ausdrücklichen Wunsch eines Freundes hier.«

»Und wer ist dieser Freund, wenn ich fragen darf?« Der Mann verzog keine Miene.

»Peter Shaw. Er steht neben Ihnen.« Justus wies auf den Zweiten Detektiv, der auf der Stelle totenbleich wurde und Justus entsetzt anstarrte.

»Ich …«, begann er stotternd, doch dann bemerkte er Justs warnenden Blick und hielt den Mund.

»Sein Vater arbeitet beim Film«, klärte Justus den Türsteher auf. Es entsprach der Wahrheit, Peters Vater war Experte für Spezialeffekte bei einem großen Filmstudio. Nur hatte er mit dieser Produktion nicht das Geringste zu tun gehabt.

»Und wie ist der Name Ihres Vaters?«, wandte der Mann sich nun an Peter.

»Henry Shaw.«

»Einen Augenblick.« Er griff in seine Innentasche und zog eine Gästeliste hervor. »Der Name ist hier aber nicht aufgeführt.«

»Nun ja, er kann auch leider nicht kommen, weil er andere dringende Verpflichtungen hat«, antwortete Peter und dachte daran, dass seine Eltern heute Abend ausgehen wollten.

»Tut mir leid, aber ohne schriftliche Einladung muss ich Sie bitten zu gehen.«

»Aber mein Vater wollte, dass wir heute Abend hier sind. Was weiß ich, warum er nicht auf Ihrer Liste steht.«

»Einen Augenblick!« Der Mann ließ sie stehen und ging auf eine Gruppe von Leuten in Abendgarderobe zu, die sich in einer Ecke des Foyers aufhielt.

»Die Gelegenheit, sich in den Kinosaal zu verdrücken«, raunte Bob.

»Besser nicht«, warnte Justus. »Sonst gibt es wirklich Ärger.«

Der Türsteher sprach einen Mann an, der kurz darauf den Kopf schüttelte und sich wieder den anderen Gästen zuwandte.

»Das … das ist George Lucas!«, zischte Peter, der den Mann erkannt hatte. »Verflixter Mist, das war es dann wohl.«

Peter behielt recht. »Mr Lucas ist kein Henry Shaw bekannt«, sagte der Türsteher wütend. »Und nun verschwindet!« Er packte Justus grob am Arm und zog ihn mit zu einer kleinen Tür. Dahinter lagen ein schäbiges Treppenhaus und eine weitere Tür aus Stahl. Der Mann riss sie auf und stieß Justus hinaus in eine kleine, dunkle Gasse. Bob und Peter folgten ihm schnell, ohne ein Wort zu sagen. »Versucht das nicht noch einmal! Beim nächsten Mal rufe ich die Polizei«, zischte der Mann und schlug die Tür wütend zu. Die Außenseite hatte keine Klinke.

Betreten sahen die drei einander einige Sekunden lang an. Dann verfinsterte sich Peters Gesicht. »Klar kommen wir da rein, Peter. Gar kein Problem, Peter. Du musst nur ganz locker bleiben, Peter. – Das hat ja wirklich hervorragend geklappt!«

»Nun sei nicht ungerecht«, sagte Bob. »Justs Idee war gut. Dass sie nicht funktioniert hat, ist nicht seine Schuld.«

»Wir können wahrscheinlich froh sein, dass er nicht die Polizei geholt hat. Wohl nur deshalb, weil sich Polizeiaufgebot bei einer Filmpremiere nicht besonders gut macht.«

»Tja«, murmelte Justus zerknirscht, »dumm gelaufen.«

Bob fand als Erster seinen Humor wieder. »Aber wie du dem Reporter ein Kurzinterview gegeben hast, das war große Klasse, Just. Das hätte ich nicht fertiggebracht.«

»Wenn er mich was fragt – selbst schuld«, grinste der Erste Detektiv.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Peter ratlos, als sie Richtung Hollywood Boulevard schlenderten. »Wir stehen dumm in Los Angeles herum und kommen nicht wieder nach Hause.«

»Wir könnten ja trotzdem noch ein paar Promis gucken gehen«, schlug Bob vor.

»Auf keinen Fall!«, protestierte Peter. »Womöglich erkennen uns die Leute da vorn am Eingang wieder. Dann wollen sie entweder Autogramme oder sie begreifen, was passiert ist, und lachen uns aus.«

»Na schön«, lenkte Justus ein, um Peter nicht noch mehr in Rage zu bringen. »Wir fahren nach Hause. Irgendwie.«

Als sie die Kreuzung erreichten, entfernten sie sich so schnell wie möglich von der Menschenmenge, die noch immer am Eingang des Kinos stand. Plötzlich hielt ein Auto direkt neben ihnen. Goldene Beschläge blitzten auf und die Scheibe wurde runtergekurbelt. »Darf ich die Herrschaften nach Hause fahren?«

»Morton!«, rief Bob. »Sie sind noch da!«

»Ich dachte, es sei besser, ein paar Minuten zu warten, um sicherzugehen, dass euer Vorhaben tatsächlich von Erfolg gekrönt ist.«

Peter atmete erleichtert auf. »Das war eine großartige Idee, Morton.« Er wartete nicht ab, bis der Chauffeur ausgestiegen war, sondern öffnete selbst die Tür und ließ sich auf die großzügige und bequeme Sitzbank fallen.

Morton stellte keine Fragen und die drei ??? hatten vorerst auch keine Lust, von ihrer Schlappe zu berichten. Die ersten fünf Minuten der Fahrt verliefen schweigend. Dann piepte das Autotelefon. Morton hob ab und wechselte ein paar Worte. Er drehte sich halb zu ihnen um und sagte: »Verzeihung, es gehört sich nicht, eine Fahrt zu unterbrechen, aber es handelt sich um einen Notfall. Würde es euch stören, einen kleinen Umweg zu machen und einem weiteren Fahrgast Platz zu gewähren?«

Justus sah seine Kollegen kurz an: »Nein, natürlich nicht, Morton. Wenn es ein Notfall ist.«

»Vielen Dank.« Dann, leiser, sprach er in den Hörer: »Ich bin in wenigen Minuten bei Ihnen, Mr Peacock.« Er schaltete das Telefon aus. »Mr Peacock ist der Direktor des Steadman-Museums und einer meiner Stammfahrgäste. Ich weiß nicht, worum es geht, aber er sagt, es sei dringend.«

»Das Steadman-Museum?« Justus überlegte. »Da ist doch bald diese Ausstellungseröffnung. Ein paar Wochen lang wird man einen der berühmtesten Edelsteine der Welt sehen können: den blauen Diamanten, auch Feuer des Mondes genannt.«

»Morgen«, korrigierte Bob. »Morgen ist die Eröffnung. In der Stadt hängen überall Plakate.«

Morton nickte. »Ich nehme an, dass es darum geht. Vermutlich gibt es in letzter Minute noch Vorbereitungen zu treffen.«

»Und da kann der Direktor nicht mit seinem eigenen Wagen fahren?«, murmelte Peter so leise, dass niemand ihn hörte.

Morton fuhr aus der Innenstadt hinaus, Richtung Beverly Hills. Es war bereits dunkel, als er kurz vor dem Nobelviertel abbog und durch die Straße einer ruhigen Siedlung fuhr. Der Chauffeur hielt vor einem Haus, das hinter dem von Pflanzen völlig überwucherten Vorgarten kaum zu erkennen war. Ein kleiner, sehr fülliger Mann mit Halbglatze und wulstigen Lippen lief durch die Einfahrt auf den Rolls-Royce zu und riss die hintere Tür auf, bevor Morton auch nur die Chance hatte auszusteigen.

»Nur keine Umstände, Morton. Bleiben Sie sitzen, bleiben Sie sitzen«, sagte er hektisch. Erst jetzt bemerkte er die drei Detektive. »Oh, Verzeihung. Ich wollte eure Fahrt bestimmt nicht unterbrechen. Tut mir wirklich sehr leid. Ihr fahrt sicher zum ersten Mal mit einem so schicken Auto, nicht wahr? Darf ich mal?« Er quetschte sich durch die Tür und ließ sich sofort auf alle viere fallen.