Die drei Söhne - Bernd Schneid - E-Book

Die drei Söhne E-Book

Bernd Schneid

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Beschreibung

Die Glück verheißende Familie Drost wird in den Achtzigern aus der Spur geworfen, als Mutter Phili mit dem Baby bei einem Autounfall stirbt. Etwas später scheidet Tochter Marga aus dem Leben. Johann Drost tut alles, um die väterliche Macht über seine Söhne Matthias, Gustav und Theo zu erzwingen. Jahrzehnte später sind die Stammhalter dem von Enttäuschung und Schuld zerfressenen Patriarchen entfremdet. Nach seinem Herzinfarkt treffen die unterschiedlichen Brüder wieder zusammen. Eine Dynamik aus seelischer Gewalt, Alkoholismus und Trauma bricht sich Bahn, in der bald die Tat des Vatermords möglich wird und eine verlorene Schwester zurückkehrt.

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Seitenzahl: 822

Veröffentlichungsjahr: 2014

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www.tredition.de

Bernd Schneid, geboren 1978, studierte Neuere deutsche Literatur, Theaterwissenschaft und Amerikanische Literaturgeschichte in München. 2012 promovierte er dort. Diverse literaturwissenschaftliche Veröffentlichungen. Publikationen: Die Sopranos, Lost und die Rückkehr des Epos. Erzähltheoretische Konzepte zu Epizität und Psychobiograpie (Würzburg 2012). Shakespeares Schriftraum. Zur textuellen Inszenierungsstrategie des Dramas ‚Julius Caesar‘. (Hamburg 2010).

Bernd Schneid

Die drei Söhne

Roman

www.tredition.de

© 2014 Bernd Schneid

Umschlag, Illustration:

Carl Van Vechten

„View from Van Vechten Shaffer’s country house near Marion house(?), unidentified locale“

Library of Congress, Prints & Photographs Division, Carl Van Vechten Collection, [reproduction number, LC-USZ62-121325 (b&w film copy neg.)]

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

Paperback: ISBN 978-3-7323-0461-5

Hardcover: ISBN 978-3-7323-0462-2

e-Book: ISBN 978-3-7323-0463-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Welt ist fort, ich muß dich tragen.Paul Celan

Prolog

Polaroid

Margarete Drost – oder kurz Marga, wie sie von allen gerufen wurde – lag im Garten und sonnte sich. Es war ihr dreizehnter Geburtstag. Das Gras stachelte und zwickte durch die Decke hindurch an ihrem Bauch. Doch in diesem Moment gefiel es ihr. Denn so wie heute hätte es jeden Tag sein können. Keine Schule, keine Aufgaben und keine Mathematik. Sie hasste Zahlen, all die Kurven und Vektoren, die Unendlichkeitssymbole und Vorzeichen. Ob positiv oder negativ, das war ihr nun wirklich nicht wichtig.

In der Villa brutzelte ihre Mutter Philipina Drost Margas Lieblingsgeburtstagsessen: Kalbsschnitzel mit Pommes. Nicht sonderlich einfallsreich, dachte Marga, aber lecker. Sie spürte den Geruch des Palmfetts leicht in ihren flaumigen Nasenwänden, der sie an ganz früher erinnerte, als sie der Mutter beim Kochen zusah oder wenn sie vom Kinderzimmer aus langsam ins Erdgeschoss die Treppen hinunterschlich und so tat, als würde sie eine fremde Frau beobachten.

Dreizehn Jahre. Ganz schön alt, grübelte Marga, während Klein-Bernie – ihre Schwester Bernadette – auf der Schaukel versuchte einen neuen Höhenrekord aufzustellen. Bernies Gesichtsausdruck war dabei hochkonzentriert, als ginge es um eine unaufschiebbare Pflicht, die sie nicht links liegen lassen durfte. Der Gänseblümchenkranz um ihren Kopf wollte bei der Abwärtsbewegung ständig hinabfallen. Doch die goldmikroskopischen Widerhaken in ihren Haaren leisteten guten Dienst.

Annalise – das Babymädchen – fing an zu schreien. Na großartig, das würde Margas Lieblingsessen, das doch heute extra für sie gemacht wurde, wieder um eine Brustmahlzeit hinaus verzögern. Geschwister waren die Hölle. Davon konnte Marga ein Wiegenliedchen singen. Ein Einzelkind wollte sie sein, wie manche ihrer Freundinnen. Da wäre vieles weniger kompliziert gewesen.

Matthias und Gustav – ihre beiden Brüder – spielten Tischtennis. Gustav war dem Erstgeborenen Matthias haushoch unterlegen. Gustav war der sich gutmütig wähnende Trottelbruder, der allem nachgab. Nur um am Ende von Mama Phili den damals noch drahtigen Lockenkopf gestreichelt zu bekommen, der aussah wie ein Vogelnest.

Matthias war das genaue Gegenteil. Er wollte immer der Erste sein, derjenige, der alle hinter sich ließ, was ihm auch meist gelang. Matthias wäre ihr Lieblingsbruder gewesen. Ein grundehrlicher Mensch wie Schnitzel und Pommes, der zwar irgendwie langweilig war, aber immer gern auf dem Teller gesehen.

Und was er alles wusste. Was niemand begriff, hatte Matthias schon längst verinnerlicht, sobald er es nur hörte oder las. Und Matthias las viel. Er verschlang die Unterrichtsbücher in der ersten Woche des anbrechenden Schuljahres komplett und wusste als Klassenbester seine selbstverliebten und auf Erfolg getrimmten Lehrer von sich zu überzeugen.

Leider konnte er Marga nicht besonders leiden. Immerhin stand sie in direkter Konkurrenz zu ihm, wie sie meinte, als weibliche Erstgeborene quasi. Ein Manko, das sie in ihrem Leben nicht mehr wettmachen konnte. So lange würde es ja nicht mehr gehen, nach diesem verhängnisvollen Sommertag des ersten Augusts 1980, der das Ende vom Anfang war.

Wie so oft wurde einer in dieser breiten Geschwisterbande vergessen. Bernies zweieiiger Zwillingsbruder Theodor - kurz Theo –, der unverhoffte Nachzügler aus dem damals doppeldicken Bauch der Mutter und der letzte in der Brüderlinie. Allein saß er abseits auf einer freien Stelle im Rosenbeet und beobachtete scheu das Treiben der Anderen. Er war der stille, in sich gekehrte Junge, der sich nicht traute gegen das Konglomerat an Familie aufzubegehren und seine Nöte zu kommunizieren. Er hatte stets etwas Reserviertes an sich, das seine Distanz vor einzelnen Familienangehörigen greifbar machte.

Marga mochte ihn. Vielleicht deswegen. Sie konnte das nicht. Sich distanzieren. Theo war anders. Ein bisschen mehr er selbst. Wie sie meinte. Er konnte zuhören und versuchte nicht auf jeden Gedanken etwas Zehnmalkluges zu erwidern. So sollten kleine und auch große Brüder sein, dachte Marga, die sich nun auf den Rücken drehte und mit ihrem Popo lustig das Stachelgras plattwackelte, weil sie gerade in einer albernen Selbstveräppelungslaune war. Man durfte sich schließlich nicht zu ernst nehmen. Sie dachte sowieso viel zu viel nach.

Wie schön sie sich fand an diesem Tag. Meistens kam sie sich das nicht vor. Sie trug eine kurze und knallenge Jeans, die sie heute geschenkt bekommen hatte und ein schwarzes Leinenoberteil mit einem leichten Ausschnitt. Ihre im Wachstum begriffene Brust wurde so schon ganz gut in Szene gesetzt, wie sie überzeugt war.

Eine richtige kleine Frau war sie an diesem Tag. Eine Frau, ja. Sie war nicht länger das kleine Mädchen mit von Mama geknüpften Kinderzöpfchen, die aussahen wie Galgen. Ein Kind, das nicht bestimmen konnte, was mit ihm geschah. Nein, sie trug heute ihre goldblonden Haare offen und frei. Eine brennende Löwenmähne umspielte ihren Kopf wie ein Strahlenkranz. Das war ihr bewusst. Und noch viel wilder würde sie werden. Eine pirschende Raubtierfrau, die jedem in den Schenkel biss, wenn er sich ihr in den Weg stellte. Sie wollte sich nichts mehr gefallen lassen. Aber vielleicht würde sie auch die kleine wilde Maus bleiben, wie ihr Lieblingsonkel Harry sie nannte. Das wollte sie momentan noch nicht ganz so genau entscheiden. Es war ja noch etwas Zeit.

Besagter Onkel Harry indessen lümmelte betrunken mit Margas Vater Johann Drost am grandios gedeckten Gartentisch. Dieser wollte vor überbordenden Leckereien fast zusammenklappen. Unvermeidliches Verwandschaftspack saß wegen ihres Geburtstags versammelt da. Flankiert wurden sie von ein paar Freunden der Familie und der etwas jüngeren Isi. Ein Nachbarsmädchen, das sich bei den Drosts herumtrieb und zur Familie gehören wollte. Isi war zwar nett aber auch etwas nervig, wie Marga fand. Dennoch war sie das einzige Nichtgeschwisterchen, das wegen ihres Geburtstags gekommen war.

Wer hatte schon im August Geburtstag. Es war ätzend. Ihre wenigen Freundinnen waren im Urlaub und diejenigen, die in der Gegend blieben, konnte sie nicht leiden. Manche durften einfach nicht kommen. So genau wusste Marga das nie. Das entzog sich ihrer Beobachtung.

Scheinbar harmonisch versammelt saß die weitere Bekanntschaft da und schien um keine Ausrede verlegen zu sein, als vorzugeben auf Marga anstoßen zu wollen. Natürlich ging es dabei nicht um Marga, sondern um die Freigetränke und das Essen. Immerhin genoss wohl jeder den grandiosen Sommernachmittag. Gereicht wurde Sekt, Wein, Bier und ein Apfelbrand, den Margas Vater in mehreren Kartons vierteljährlich aus Österreich anliefern ließ. Vom Essen brauchte man eigentlich nicht zu reden. Davon war immer zu viel da.

Mit dem Alkohol aber war das so eine Sache. Am Anfang war alles gut. Da wurde die unangenehme Stimmung, die so oft herrschte, wie eine dünne Folie durchdrungen. Das Schweigen wich angeregtem Schlagabtausch, die Gemüter hellten sich auf und Trantütentanten wurden entgegen der sonstigen phlegmatischen Verfassung albern, kindisch und amüsant. Mit hochphilosophischen Weltanschauungen wurde spiegelgefechtet. Man kicherte, schrie und blödelte, wo es nur ging oder auch nicht gehen wollte.

Doch wehe die Stunden begannen knarzend ins Land zu gehen und die Dunkelheit für sich zu beanspruchen. Dann verlor dieses breitsozial angelegte Familienleben plötzlich die Kontrolle und die Aussagen wurden völlig unverständlich. Was eben noch klar war, wurde seiner eigentlichen Bedeutung zugeführt. Die Oberfläche fiel ab. Die Folie war nun mal durchdrungen. Der Vogel sagte dem Regenwurm, dass er die hinlänglich anerkannte Rechtfertigung hätte, ihn so mir nichts dir nichts aufzufressen.

Marga hasste das. So schön es zuvor gewesen war, so zerstörerisch musste es im Laufe des gegenseitigen Hochbeschwipsens immer werden. Zum Kotzen.

„Marga!“ rief Vater Drost, „komm doch mal her, mein kleiner Schatz.“

Johann lallte schon hörbar und bekam einen tumben Gesichtsausdruck, der Marga sofort auffiel.

„Onkel Harry hat doch noch ein Geschenk für dich,“ sagte ihr Vater.

„Komm her, mein Mäuschen,“ sagte daraufhin Onkel Harry, ebenfalls mehr als angeheitert, „ich hab was ganz Besonderes für dich.“

Trotzdem war Onkel Harry eindeutig ihr Lieblingsonkel. Ohne Wenn und Aber. Wie er im Kochbuch stand. So stellte sich Marga einen erwachsenen Mann vor. So würde ihr Ehemann einmal sein. Harry hatte halblang und streng nach hinten gegeltes Haar und trug ausschließlich, im Sommer wie im Winter, perlweiße Leinenkleidung.

Schnurstraks sprang Marga hoch und stolzierte ganz bewusst wie eine junge Dame auf ihren Onkel zu, der sie mit rotgeränderten Augen anlächelte.

„Komm her, mein kleines Mäuschen,“ sagte Onkel Harry.

Marga setzte sich auf seinen Schoß, was sie seit jeher machte und schmiegte sich an seine haarige Brust, die das halboffene Hemd breit entblößte und die sich wie eine drahtige Kuscheldecke anfühlte. Onkel Harry war wenigstens lieb. Nicht so wie ihr Vater.

„Sieh mal, was ich für dich habe,“ sagte Onkel Harry, „etwas ganz Neues und Besonderes.“

Er gab ihr das Päckchen in beide Hände, wie einen Preis, der ob seiner unangemessenen Winzigkeit zunächst arg enttäuschend war, dafür aber umso schwerer wog.

„Was ist denn das?“ fragte Marga nun doch ganz optimistisch.

„Wirst du schon sehen,“ sagte Onkel Harry, „pack es aus.“

Die Geschwister versammelten sich nun gleichfalls etwas lästig um den Tisch und begafften das tiefschwarze Päckchen voll gieriger Anspannung. Und wie so oft hüpfte Theo von hinten zwischen den Köpfen und Schultern der anderen umher und versuchte einen guten Blick zu erhaschen, was ihm nur schwer gelang, da niemand auf ihn achtete. Selbst die kleine Isi, die ja immerhin keine leibliche Tochter der Drosts war, fand ihren festen Platz zwischen dem Vater und der Mutter, was eigentlich wirklich absurd war, wie Marga immer wieder kundtat, wenn Isi weg war. Was nicht oft passierte.

Marga löste das störrische Glanzpapier langsam ab und sah dabei unermüdlich in das gespannte Gesicht ihres Onkels, der sie unablässig über die rechte Schulter streichelte. Was unter dem regenbogenbunt bedruckten Packkarton zum Vorschein kam war zum Erstaunen aller ein seltsam geformter Plastikblock in Grau.

„Wahnsinn,“ schrie Matthias, „ein Polaroid. Hammer.“

Marga verstand überhaupt nicht, was er mit diesem Wort meinte und konnte dem farblosen Plastikding keine überzeugende Funktion zuordnen. Aber interessant sah es tatsächlich aus.

„Was ist ein Polaroid?“ fragte Marga ihren Onkel.

„Pass auf, ich zeig es dir,“ sagte dieser.

Marga stellte sich seinen Anweisungen gemäß in den Garten und sollte vor ihm posieren. Das war etwas, das sie nun schon immer gerne machte. Doch kam es ihr mit ihren festlichen dreizehn Jahren jetzt so vor als sei es etwas noch nie Dagewesenes, etwas Essentielleres.

Marga wollte und musste sich zeigen als die erwachsene Frau, die sie nicht nur in naher Zukunft, sondern heute schon war. Sie könnte alles aus ihrem Leben machen, dachte sie. Sie würde Schauspielerin werden, nebenbei vielleicht modeln, ein bisschen singen, malen und alles, was sie sich nur vorstellte. Außerdem las Marga mit voller Leidenschaft Kriminalromane und Thriller, in denen es auch so viele unbekannte Ereignisse gab, die man vorher nicht wissen konnte. Schreiben machte ihr ebenfalls viel Spaß. Ja, sie würde einfach alles zusammen machen und noch viel mehr, sagte sie sich in diesem Moment, während Onkel Harry mit der nun aufgeklappten Plastikbox, die ein stylischer Sofortfotoapparat war, vor ihr hantierte und es plötzlich hell blitzte.

Die Zeit stand für einen kurzen Augenblick still.

„Schnell, schnell, zeig her,“ schrie Matthias aber schon wieder zum Onkel, der aus dem Kunststoffding eine seltsame Folie herauszog.

„So schnell geht das nicht, Matti,“ sagte Onkel Harry, „wir müssen erst einmal ein bisschen warten, Kinder.“

„Ausreichend Zeit für ein schönes Schnäpschen,“ brabbelte Vater Drost gelangweilt und schenkte schon rundherum ein.

Nach einigen Minuten, die Marga kaum erwarten konnte, während sie wieder auf dem Schoß des Onkels saß, zog dieser die Folie langsam vom Fotopapier und es erschien – nichts.

„Das dauert schon noch ein bisschen,“ sagte Onkel Harry mit aller Zeit der Welt.

„So ein blödes Ding,“ quengelte Bernie, die etwas neidisch auf Margas Beziehung zum gönnerischen Onkel Harry mit den extravaganten Geschenken war, „das ist ja total langweilig. Ich geh wieder schaukeln.“

„Du bleibst hier,“ sagte Johann Drost, einflussreicher Wortführer der Familie, dessen Anweisungen sofortiges Gewicht hatten, so dass alle erst einmal vom Erdbeernachtisch mit Sahne naschten, den Mama Phili unendlich müde servierte.

„Jetzt. Schau,“ schrie Theo hellauf begeistert, der sich die ganze Zeit auf das Foto konzentrierte, um als allererster jedwede Veränderung mitzuteilen.

Tatsächlich wurden nun Schemen und Umrisse auf der Fläche des Polaroids erkennbar. Sie waren aber noch nicht ganz da und doch hielten sie schon etwas Entferntes fest. Etwas, das nicht mehr da war.

Nach einigen Minuten der prüfenden Blickkontakte unter den Geschwistern entwickelte sich dort eine immer deutlicher erscheinende Marga mit ihren dreizehn Jahren. Sie stand etwas schüchtern und unsicher da. Ihre Beine waren eng beieinander. Das linke Knie schob sich ein wenig vor. Unter der Jeans ließen sich ihre heranwachsenden Hüften erkennen und das schwarze Oberteil machte sie vollkommen zu der jungen Frau, die sie sein wollte.

Seltsam gehemmt, hätte ein Außenstehender meinen können, schaute Marga in die Kamera. Irgendwie verloren und der Zeit entrückt. Nicht diejenige, die da vor wenigen Augenblicken stand und hoffnungsschwangere Gedanken an ihre Jugend verschwendete. Doch trotz allem, eine wunderschöne kleine Frau, zweifelsohne, dachte Marga.

„Da geht einem das Herz auf, meine Liebe,“ sagte Onkel Harry.

„Danke für dein übertolles Geschenk,“ sagte Marga mit bewusster Übertreibung und umarmte und küsste ihren Lieblingsonkel, während Vater Drost misstrauisch seinen jüngeren Cousin und seine älteste Tochter begutachtete.

„Ein schönes Pärchen seid ihr beiden,“ sagte Johann Drost ironisch und neidisch zugleich.

Die umhersitzenden Verwandten johlten und beömmelten sich schließlich vor Lachen und alkoholisierter Erregung. Warum, das wussten sie auch nicht so genau. Denn eigentlich war es nicht zum Lachen.

Marga aber flüchtete mit dieser Version von sich auf dem Foto zurück zu ihrem Ruheplätzchen im Garten. Das Gras war schon wieder stachelig unter ihren Schenkeln. Doch den beißenden Dunst und den Hohn ließ sie hinter sich. Bald würde die Stimmung wieder kippen, wusste sie, bald. Aber jetzt hatte sie ein wirkliches Geschenk von Onkel Harry gekriegt. Das war richtig schön.

„Das bist du,“ flüsterte Marga ihrem Abbild auf dem Polaroid leise zu, während sie ihrer Kopie intensiv in die Augen blickte, „ich bin schön. Ja. Das bin ich.“

Dieses Mädchen auf dem Foto, das ja sie war, sah ihr ebenfalls entgegen, kleine schwarze Löcher auf dem Papier, Nadelstiche, Sterne und Galaxien aus einem vergangenen Moment in der Zeit, während die Sonne noch schien und auf fast ewig gebannt, bis das Bild irgendwann verblassen würde und der Rest den sprichwörtlichen Bach hinunterging.

Ewigkeit war eben relativ. Und nicht alle glücklichen Familien glichen einander. Die in Wirklichkeit sattgrünen Sträucher und Bäume des hinteren Gartens waren auf dem Foto bereits blass und verschwommen. Sie rahmten Marga ein wie ein heiliger Hain. Sie traten nicht mehr aus ihren Schatten heraus. Doch da war dieses schaudernde Gefühl. Licht und Schatten. Dunkelheit. Feuer. Zeit. Sie entwickelten sich nicht mehr weiter, was Margas Meinung nach allerdings nur die hoffnungsvollen Phantasien ihrer Zukunft unterstrich.

Bergfriedhof

Der alte Bergfriedhof in Werach lag ruhig im Abendlicht. Vereinzelte Vögel zwitscherten ihr Lied, als hätten sie nichts anderes zu tun. Außerdem hatten sie das ja tatsächlich nicht. Das müsste ein Leben sein! Fliegen, Zwitschern, schnappen und kacken. Die Baumwipfel wogten im schwülen Wind, waren allerdings weniger bedrohlich, wie man gedacht hätte, sondern vielmehr voll von der üppigsten Sattheit dieser gotteslästerlichen Natur, die sich einen Dreck um irgendwas zu kümmern zu schien.

Der Weracher Hügel war schon lange verlassen, ein paar alte Schrebergärten wurden noch sporadisch von jungen Männergesellschaften genutzt, die von ihren langweiligen Frauen und Kindern weg wollten, während die Frauen ihrerseits die Cafés in und um Werach belagerten und die Kinder vor der Spielkonsole oder auf der Straße verwahrlosten.

So leer der Weracher Hügel war, so leer war auch der Bergfriedhof. Hier standen und lagen alte Grabsteine und Figuren von Engeln, die am liebsten selbst das Zeitliche gesegnet hätten. Das Gras überwucherte alles und so entstand ein urwüchsiger Rückzugsraum für die ebenfalls verwahrlosten Jugendlichen, die es sich hier oft gemütlich machten, Schnapsflaschen aus den häuslichen Minibars tranken und sich über das Nichts und die Unendlichkeit ihrer Situation, die ihnen wie ein Gefängnisaufenthalt vorkam, unterhielten.

An diesem Tag waren Johannes und Nadine allein unterwegs, was sozusagen eine Premiere war. Johannes war ziemlich in Nadine verschossen und diese auch in ihn. Allerdings konnten die beiden ihren gegenseitigen Gefühlen füreinander keinen Ausdruck verleihen und verloren sich in abstrusen Andeutungen und telepathischen Hoffnungen. Augenkontakt zu halten stellte sich ebenfalls als schwierig dar. Überhaupt fanden es sowohl Johannes als auch Nadine extremst kompliziert, etwas von sich preis zu geben.

Johannes kam bald in die dreizehnte Klasse des hiesigen Gymnasiums und hatte die Tretmühle bald geschafft, wie er dachte, bevor er etwas anderes machen konnte. Was allerdings, das war ihm noch nicht so klar. Am liebsten wollte er Elektriker oder KFZ-Mechaniker werden, das schien in Ordnung zu sein, denn auf ein Studium hatte er nun wirklich keine Lust. Da ging ja wieder alles von vorne los. Außerdem wusste er auch nicht, was er hätte studieren sollen. Irgendwas mit Maschinen wäre vielleicht interessant, dachte er. Er war ja auch schon fast achtzehn Jahre alt. Dann würde er endlich frei sein. Große Lust auf den Rest seines Lebens hatte er trotzdem nicht. Er konnte sich nicht vorstellen irgendwann einen Beruf zu ergreifen, den er bis zur Rente, sage und schreibe so um die fünfzig Jahre machen würde, vertraute man auf das momentane Berentungsalter.

Es war schlichtweg zum Kotzen, dachte Hannes, wie er von seinen Freunden genannt wurde. Leider konnte er sich auch nicht vorstellen jemals eine Frau und Kinder zu haben, verheiratet zu sein, bis zum Tod oder noch länger. Das war doch alles nicht wahr. Ein schlechter Witz der Gesellschaft und Gottes. Wenn es den überhaupt gab. Hannes neigte da zu berechtigten Zweifeln, wie er dachte. Deswegen war er auch so verschossen in Nadine. Sie ließ seiner Meinung nach ihrer dunklen Ader freien Lauf, ein Gothik-Chick sondergleichen, eine Superdupersuicidecat mit Auszeichnung. Gern wäre er ebenso überzeugt von einer Sache gewesen wie sie. Doch was war das für eine Sache, fragte er sich. Er wusste es nicht.

Nadine wäre da genauso ins Stocken geraten. Natürlich lebte sie nach Außen hin eine rebellische Schale aus, knackte quasi den schönen Schein hinter ihren braven Strandbarbiemitschülerinnen, indem sie sich die Haare schwarz und rot färbte, zerrissene Netzstrümpfe und Schnürlederstiefel bis zum Knie trug, doch innerlich war es ein bisschen anders. Sie hatte große Angst vor überhaupt allem. Angst davor nicht dazu zu gehören. Angst davor dazu zu gehören. Angst vor zu viel Berührungen, Angst vor Isolation. Angst vor Männern mit Bart, Angst abgewiesen zu werden. Und schließlich: Angst vor dem Tod und dem Nichts, wie das die meisten in ihrer Umgebung hatten, es sich aber nicht trauten zu sagen. Ganz schön weitschweifige Teenagerprobleme eben, mochte man denken, wenn man sich mit den Weracher Jugendlichen unterhielt.

Hannes und Nadine jedenfalls hatten sich zu ihrem sogenannten „Antidate“, wie Nadine immer wieder witzelte und nie müde wurde zu betonen, mit dem Vorwand zusammengefunden, ein Fotoshooting zu machen. Hannes als seit einer Woche selbsternannter Halbprofiamateurfotograf hatte lange im Internet recherchiert und kannte sich aus. Nadine hatte sich dafür als düsteres Model in ihr heißestes Outfit geworfen. Außerdem gab es keine bessere Location als den alten Bergfriedhof, der letzten Endes eine wohlige Wärme ausstrahlte, entgegen des kahlen Betonmarktplatzes von Werach.

„So! Ja, gut, genau so,“ wies Hannes sein Objekt der Begierde begeistert an.

„Gut so?“ fragte Nadine etwas unsicher, aber durchaus willig, seinen Anweisungen zu gehorchen.

„Perfekt, du machst das echt toll.“

Nadine freute sich, dass Hannes endlich mal mit ihr allein war. Sie wünschte sich so sehr, dass er sie küsste, hätte sich aber nie getraut, ihm das zu sagen. Das wäre ja auch blöd, dachte sie. Doch leider machte Hannes keine Anstalten. Da müsste sie eben ein bisschen nachhelfen, sagte sie sich und hob ihr breites Faltenkleid ein wenig hoch.

Nun begann sie etwas mutiger zu werden. Hannes unterdessen verstummte. Man konnte ihm ansehen, dass er erregt, gleichzeitig mit der Situation aber heillos überfordert war. So etwas hatte er noch nie gesehen, dachte er sich. Also fotografierte er einfach wild weiter und folgte Nadines Stellungen und Posen.

Nadine fühlte sich in seiner Nähe wohl. Hannes war ein süßer Boy, der sie irgendwie an einen früher von ihr hochverehrten Teeniesänger erinnerte, dessen Poster sie allerdings durch dunkle Motive aus einschlägigen Musikzeitschriften ersetzt hatte. Das würde sie Hannes allerdings nie sagen, sonst wäre er bestimmt eingeschnappt. Aber sie fand ihn einfach so unglaublich zuckerig. Sie stellte sich vor wie er beginnen würde, sie zu streicheln, sie zu küssen und nackt mit ihr daliegen würde, wie es wäre, ihn zu spüren und all das.

Darauf hatte Nadine Lust, ja. Denn Hannes war zwar hübsch, das war die eine Sache, aber er hatte auch etwas trauriges und geheimnisvolles, das Nadine gut verstehen konnte, auch wenn sie nicht wusste, was es genau war. Denn Nadine hatte ihre Geheimnisse, das war klar und sie hätte sich gern mit Hannes intimer über ihre Trauer und ihre Ängste unterhalten, in einem sicheren Kreis, den die beiden dann bilden würden. Eine Beziehung eben, dachte sich Nadine, reden wir nicht lange drum rum. Nun gut, sagte sie sich, dann wag ich es einfach. Sie hob ihren Rock etwas weiter und zeigte Hannes und seiner Linse ihren Slip mit japanischen Katzenköpfen.

Hannes schluckte schwer und spürte eine Erregung, die er kaum zurückhalten konnte. Ihm wurde mehr als heiß und er begann gleichzeitig unkontrolliert zu schwitzen und frösteln. Dieses Kackwetter, dachte Hannes, ein wirklich krass heißer Sommer ohne Ende, wie es ihm schien.

„Ist gut so?“ fragte Nadine.

„Du machst das ganz toll, sieht voll super aus,“ sagte Hannes.

Nun, dachte Nadine, würde sie aufs Ganze gehen. Sie wollte Hannes unbedingt haben und von sich überzeugen. Also setzte sie sich auf die Einfassung eines Grabs und zog die Spagettiträger ihres Tops herunter, fühlte sich dabei sowohl makaber als auch etwas dämlich. Sie lehnte sich an den schweren Grabstein und zog die Corsage, die sie über dem Top trug über ihre Brüste und zeigte sie Hannes und seiner Linse. Dieser allerdings hörte mit dem Fotografieren auf und stand nur da.

„Soll ich…“ stotterte er, „ich meine, willst du das wirklich?“

Nadine schämte sich und wurde puterrot im Gesicht. Sie versteckte ihren Busen schnell wieder und rannte aufs offene Feld, wo sie sich auf den Boden fallen ließ, sich wie eine selten dumme Gans vorkam und hemmungslos zu weinen begann. Hannes setzte sich zu ihr und legte seine Hand auf ihren Rücken, was ihm schon sehr gefiel.

„Es tut mir leid,“ schluchzte Nadine und warf sich in die Arme von Hannes.

Dieser hielt sie fest umschlossen und wusste einerseits nicht, was los war und sagte sich andererseits, dass jetzt genau der richtige Moment wäre, sie endlich zu küssen. Oder doch nicht? Oder doch? Hannes wusste es nicht genau. Diese Mädchen waren schwer zu durchschauen.

„Du bist so lieb,“ sagte Nadine, als sie sich wieder ein wenig gefangen hatte, „jemand anderes hätte mich vielleicht überredet, etwas zu tun, das ich nicht will und später bereue. Du nicht. Du hast die Situation nicht ausgenutzt. Danke.“

„Klar doch,“ sagte Hannes und dachte sich, was er doch für ein Depp war und warum er sie nicht einfach weitermachen lassen hatte. Aber irgendwie empfand er es nicht als richtig. Da konnte er ja nichts dagegen tun. Er mochte Nadine eben. Obwohl, eigentlich, sagte er sich, hätte ich zu ihr gehen müssen und sie weiter ausziehen. Ich hätte verdammt noch mal Sex mit ihr haben können, dachte er, das wär die Wucht gewesen. Was war Hannes auch für ein Depp, aber echt.

„Hast du schon mal mit einem Mädchen geschlafen?“ fragte Nadine.

„Klar,“ sagte Hannes etwas verhalten, „logo, ein paar Mal, vor ein paar Monaten.“

„Ich bin noch Jungfrau,“ sagte Nadine, „sag es aber keinem. Vor allem nicht Conny. Die sagt das dann Markus und der sagt das dann Bruno und dann wissen es alle.“

„Versprochen,“ sagte Hannes.

„Und wie ist das so, Sex?“ fragte Nadine leise.

„Na ja, schön,“ sagte Hannes, „total schön.“

Sehr überzeugend klang das ja nicht, sagte sich Hannes. Aber sie schien ihm immerhin zu glauben. Er war manchmal schon sehr überzeugend.

„Tut das nicht weh?“ frage Nadine.

„Na, ich weiß nicht,“ sagte Hannes, „beim ersten Mal, also für Mädchen… keine Ahnung. Klar, wohl schon ein bisschen, denk ich.“

Hannes wusste nicht mehr weiter. Warum sagte er das? Warum konnte er ihr nicht ehrlich sagen, dass er ebenfalls noch keinen Sex hatte und total in sie verliebt war und mit ihr gern geschlafen hätte. Aber das war unmöglich und das wäre auch eine falsche Kombination gewesen, dachte er. Sex und Verliebtsein, das stieß sie bestimmt ab. Verdammt, wenn man nur wüsste, was jemand anderes so dachte, da wäre vieles einfacher gewesen.

„Ich hab dich total gern,“ flüsterte Nadine und sah Hannes dabei mit großen Augen an, das Mündchen etwas gespitzt, doch nicht zu sehr, damit man ihr auch nichts nachsagen konnte.

„Ich mag dich auch,“ schluckte Hannes und begann aus welchen Gründen auch immer gleich zu relativieren, „du bist eine super Freundin.“

Hannes hätte sich Ohrfeigen können. Warum sagte er das und warum blieb er Nadine gegenüber dabei so supercool. Das war doch total lächerlich, dachte er. Scheiß drauf, sagte er sich. Er hatte ja eigentlich nichts zu verlieren. Nur seine Ehre. Und die war für den Arsch.

Deshalb näherte er sich ihr und sah in ihre tiefen grünen Augen, die er sich manchmal zu Hause im Bett vorstellte. Jetzt musste es einfach passieren, sagten sich beide, als plötzlich neben ihnen eine halbvolle Bierdose im hohen Bogen geflogen kam, nasse Biertropfen über sie versprühte und neben ihnen im Feld landete.

„Hey, ihr Spackos! Was treibt ihr denn da? Fucky, fucky?“ schrie es vom Friedhof her.

Hannes und Nadine ärgerten sich parallel über den Auftritt des unvermeidlichen Bruno mit seiner Entourage. Er stand mit Kilian und Timm da und guckte blöd und aggressiv zugleich, wie Hannes und Nadine sofort bemerkten. Die drei waren wie immer schon ziemlich angetrunken und streunten umher. Klar, dass sie irgendwann beim Friedhof landen würden, dachte Hannes. Man war einfach nirgends sicher.

„Kommt doch her,“ schrie Timm, „wir haben noch Bier. Ist doch blöd so auf dem Feld.“

Hannes und Nadine gingen mit etwas gesenkten Häuptern und enttäuscht über die verpasste Chance zu ihnen. Die Jugendlichen umarmten sich freundschaftlich, Bruno schlug Hannes etwas zu fest auf den Oberarm und küsste Nadine etwas zu nah an ihren Lippen. Sowohl Nadine als auch Hannes war schon klar, dass Bruno mit ihnen beiden ein Problem hatte. Der ungeliebte und störrische Bruno, der nun wirklich aus einem nach Innen zerrütteten und nach Außen hin perfektesten Elternhaus kam.

Bruno kämpfte innerlich mit den Tränen, da Hannes sein für ihn bester Freund war, wie er jedenfalls meinte, da sie sich vom Kindergarten an kannten und die besten Streiche ausheckten, wie Nacktschnecken an Häuserwände zu werfen. Außerdem war Bruno ebenfalls heillos in Nadine verknallt, die schon eine heiße Biene war. Das konnte niemand leugnen.

Bruno allerdings verwandelte, wie auch zu Hause, seine Traurigkeit in Wut um.

„Kommt, lasst uns was zerstören,“ schrie er.

„Und was?“ frage Kilian krank kichernd.

„Na, das hier,“ sagte Bruno, „all den ganzen Kirchendreck. Diese ganze Scheiße hier kotzt mich alles so an.“

Bruno fing an, Grabsteine umzuwerfen, frei blühende Blumen aus dem Boden zu reißen und wild um sich zu wüten. Kilian stimmte mit Bruno überein und warf einen großen Stein auf einen Engel, dessen Kopf abbrach und dumpf auf eine Steinplatte fiel, wo er in zwei Hälften zerbrach.

Nur Nadine, Hannes und auch der ewige Mitläufer Timm, der eigentlich wirklich nett war, wie Hannes wusste, standen da und waren irgendwie unendlich gelangweilt von ihren idiotischen Freunden, wenn man sie denn so nennen wollte. Aber was sollte man dagegen tun. Sonst passierte in diesem Dreckskaff von Werach ja nichts. Immerhin etwas.

„Geil!“ schrie Bruno laut und hob die Teile des zerschlagenen Engelshaupts triumphierend über seinen eigenen Kopf, wo er sie wieder zusammenfügte, „ich bin der König der Welt!“

I. Hitze

Geburtstagsgrüße

Die nach eigenem Verständnis für ihre Gastfreundlichkeit, Infrastruktur und besondere Gemütlichkeit bekannte Mittelstadt Werach erlebte in ihrer das Luftbild prägenden Talsenke einen sauertöpfischen Sommer. Dieser hätte die Hitzerekorde im Land fast gebrochen. Hätte. Jedenfalls wenn es nach den Wünschen der Bürgermeisterin gegangen wäre. Denn Werach war alles andere als ein beliebter Ausflugsort. Der Autobahnring, der sich um das gesamte Einzugsgebiet zog, sorgte zwar für volle Hotels bei Wetterproblemen während des Urlaubsverkehrs, war allerdings kaum ein Garant dafür, sonstige Besucher in die Industriestadt zu locken.

Als besonders attraktiv zwischen Rhein, Main und Donau gelegen, pries zumindest die dilettantisch gestaltete Homepage Werach an. Die Riss, die sich durch Werach zog, verdiente den Namen gerade mal so und teilte mit diesen drei großen Flüssen Deutschlands wenig bis nichts. Zumindest wenn man seine Breite beobachtete. Sie war vielmehr aus sich selbst heraus entsprungen, um wieder in sich selbst zu enden. Ein ewiger Kreislauf. So trostlos floss die Riss dahin.

Rundherum also war Werach sowohl in seinem Selbstverständnis als auch bei seinen Bewohnern eine reine Frechheit. Doch immerhin, Werach an der Riss war eine Mittelstadt, die sich unabhängig durch die letzten sechshundert Jahre spannte. Halb katholisch, halb evangelisch geprägt, verzeichnete der religiöse Bevölkerungsanteil nach wie vor eine stetige, jedoch nicht rege Beteiligung ihrer Einwohner an den offiziellen Kirchenfeierlichkeiten. Die heimische Metall- und Holzverarbeitungsindustrie versorgte die umliegenden Gemeinden genauso wie näherliegende Standorte des Landkreises und prägte Werachs relativ stabile Rolle im Regierungsbezirk.

Auch das ursprünglich aus der Landwirtschaft entsprungene Bankenwesen konnte sich bundesweit sehen lassen, da hier zwar spekuliert wurde wie Allerortens, aber der Fokus immer auf real existierendem Vermögen und Besitz lag. Die Bankinstitute wurden nicht müde das stolz zu verkünden.

Kurzum, noch einmal, Werach war eine der langweiligsten und gewöhnlichsten deutschen Städte wie es sie in der Bundesrepublik zu genüge gab und die sich nicht einmal in Lokalkolorit oder Dialekt groß voneinander unterschieden. Damit war tatsächlich schon genug gesagt.

Wie in jeder Stadt, egal welcher Größe, gab es auch hier ein paar herausstechende Persönlichkeiten, die sich um Werach verdient gemacht hatten und meist von zweifelhaftem Ruhm waren. Leider wurde der Mythos hinter diesen Personen lediglich von ein paar alteingesessenen und laienhistorisch interessierten Bewohnern aufrechterhalten. Der breiten Masse war das egal. Unter ihnen waren nicht zu erwähnende Gründerväter, die aus gleich mehreren von Grimms Märchen entsprungen zu sein schienen, völlig zu vernachlässigende Musiker, Mittelindustrielle und zuletzt ein mittlerer Politiker, der es kurzzeitig in den Bundestag schaffte. Es herrschte eben das Mittelmaß.

Höhepunkt dieser zeitgenössischen Nichtprominenz war der Besuch eines Castingshowjurors in einem der eher anspruchsvollen Restaurants, der ob Wetterwarnung unbedingt Halt in Werach machen musste. Da sich besagter Fernsehmensch in Restaurant und Pension wohl fühlte und ihn sowohl Stadtjugendliche als auch Einwohner mittleren Alters mit großen Augen anstarrten, als sei er einer der heiligen drei Könige aus dem fernen Televisionsland, blieb er zwei Wochen, um sich eine feine Auszeit zu gönnen. Hier schätzte man Kultur eben noch.

Um es noch einmal zu sagen, Werach war der breite Arsch der Welt. Das spürte nicht nur der Umkreis, sondern vor allem die desperate Jugend. Vergnügungen wurden kaum geboten und aus dem Rathaus flatterten gerne unreflektierte Genehmigungen heraus, bei denen wieder ein alter Bolzplatz für eine große Discountmarktkette platt gemacht wurde. Feste Überzeugung der Stadtältesten in Punkto Nachwuchsförderung war, dass die Jugendlichen gefälligst etwas für die vielbeschworene Bildungsreform machen sollten, womit man dem allgemeinen Herumstreunen Einhalt zu gebieten versuchte. Rowdies, Rocker und Skinheads gab es schon genug, da brauchte man nicht noch irgendwelche selbsternannten Gangsterrapper und pubertierende Graffitisprayer von Gottes Gnaden. Und hierzu sei ebenfalls schon genug gesagt.

Denn man mochte es kaum glauben, die lokale Politik konnte rein gar nichts dagegen ausrichten die hehre Drogenproblematik im waldluftigen Talkessel von Werach auch nur irgendwie einzudämmen. Und der Drogenkonsum war ausladend. Die polizeiliche Kriminalprävention war völlig unfähig und verstand unter psychologischen Tricks bei jugendlichen Straftätern, das Pochen auf Wahrheit als die beste Tugend. Im Bundesdurchschnitt verzeichnete der gesamte Landkreis und darin besonders Werach mehr Drogentote als Frankfurt am Main. Zumindest statistisch gesehen. Was schon allerhand war.

Kleine aber fleißige Drogenkartelle waren schließlich nicht dämlich und kannten aus ihren eigenen Ländern den Eingang über den Umweg durchs Hinterland, wo es sich meist noch mehr als gut leben ließ und von wo aus die Großstädte versorgt werden konnten. Wenn man nicht gierig wurde war Werach auch hierfür ein Eldorado. Der Markt war nicht ganz so hart und musste nicht ganz so brutal erkämpft werden, da sich hier friedliche Koexistenz tatsächlich noch als machbar erwies.

Wer wollte hier schon leben. Sämtlich friedliebende Bewohner, die den Status quo aufrecht erhalten wollten. Die einheimische Jugend war außerdem ein dankbarer Abnehmer und Testkäufer, da sie sowieso nichts geboten bekam. Was hätte man auch sonst tun sollen, als sich auf bewusstseinserweiterende oder -dämmende Substanzen zu stürzen. Bullenbetäubungsmittel war schon ganz schön heftig.

So zog es sich durch. Das Weracher Kino wich vor Jahren einer Spielhalle, das Jugendhaus wurde regelmäßig für Treffen der Fischerei- und Jagdvereine genutzt, die Mehrzweckhalle und das Schwimmbad waren hoffnungslos veraltet und durften nur schulisch genutzt werden, Spielplätze waren sowieso nur für die Kleinsten und ab achtzehn Uhr unter Geldstrafe zu betreten verboten. Zelten verboten. Rumlungern verboten. Jungsein verboten.

Rundum, in dieser Mittelstadt fand kein eindrucksvolles Leben statt. Man musste sich gruppieren, in Bretterbuden auf einem großväterlichen Grundstück etwas außerhalb zurückziehen, um dort seine Vorstellung von Freiheit und Unabhängigkeit auszuleben. Das kannte und liebte man aus amerikanischen Filmen und Serien, obwohl Werach in seiner Hoffnungslosigkeit selbst eine amerikanische mediumsized town hätte sein können. Fast jeder junge Mensch wollte hier nur unbedingt raus. In den großen Städten lag das Glück. Oder der Untergang. Je nachdem. Besser als das. Ob Rockstar oder Erotikmodel blieb dahingestellt.

Diese Fakten und die paradigmatische Lage in der Talsohle, die allgemeine Weltwirtschaftskrise und vor allem der heißeste Sommer des noch jungen Jahrhunderts sorgten für einige missmutige Stimmung, die sich exemplarisch in Einzelschicksalen, Familientragödien und –persiflagen abbildete. Denn nichts war schlimmer als bei diesem schwülen Wetter vor sich hinzuschwitzen. Da spielte der Kreislauf verrückt, die Emotionen kochten hoch und manche unschöne Wahrheit, wenn man sie nun unbedingt so nennen musste, trat ans Licht.

An einem Sommertag im August, um zum zentralen Ereignis zu kommen, saß jedenfalls ein Bankdirektor außer Dienst und selbsterlernter Börsenspekulant mit Pfiffigkeit, Herz, Hirn und Verstand, seines Zeichens Gutmensch, wie jeden Tag im Salon des humanen Männerclubs Leopard in seinem Ohrensessel und trank sein mittlerweile drittes Viertel Rotwein, flankiert von einem Cognac.

Der gemeingültige Gesprächstenor unter den Männern fokussierte sich auf Ökonomie im Speziellen und Staatskunst im Weitreichenden. Geführt wurde ein reger Schlagabtausch, welche Aktien gekauft, verkauft und zurückgehalten wurden. Das wandelte sich irgendwann zur Problematik der ehrenwerten Gentlemen mit ihren Angetrauten. Die Nachkommenschaft war von besonderer Bedeutung und die Frage aller Fragen, wer letzten Endes der Klügere von allen war. Vielleicht könnte man beim nächsten Stadtevent wieder einmal eine Spendenaktion für Afrika aufgreifen, das wussten die Herren noch nicht so genau und ließen es auch offen. Es gab Prioritäten. Irgendetwas würde sich schon finden. Da war man sich sicher.

Bald glorifizierten sich die sesshaften Grandseigneurs selbst und spielten so lange Bridge, Schach oder Backgammon in der Überzeugung vom Überleben des Stärkeren, bis meist nur noch eine Lichtgestalt am großen Eichenholztisch verweilte, die meistens der eben eingeführte Johann Drost Junior war. Fast jeden Abend wurde er von der Gesellschafterin Albertine, die das Herrenhaus laut ihres Vaters Albinus Leopold König, dem Gründer des Club Leopard, per testamentarischer Verfügung weiterbetreiben musste, langsam aber sicher hinauskomplementiert und durfte ihr das Geleit durch die heißen Straßen von Werach geben. Passiert war hierbei nie etwas. Es handelte sich lediglich um die Schutzbegleitung für die Tochter des großen Leopold König. Das gebot die Sitte. Außerdem vertraute König dies am Sterbebett allein Johann Drost an, von dem er gerne gesehen hätte, dass er damals Albertine ehelichte. Doch seine damals noch quicklebendige Ehefrau Philipine war einfach eine Ausnahmeschönheit. Da konnte man nichts machen. Das verstand auch König.

Soweit, so gut. An diesem ersten Samstag Anfang August war jedenfalls Johann Drosts Geburtstag. Um seinen Alterskummer zu ertränken gönnte er sich bereits um Mitternacht mit seinem Freund Josef eine Flasche teuren Rotwein. Anschließend, weil es gerade so nett war, trank er mit ihm noch eine Flasche Champagner auf seine kränkliche Schwester Hermine, von der er hoffte, dass er sie nicht sehen würde. Diese war allerdings die einzige aus der Familie, die ihm zumindest telefonisch und weil es sich so gehörte gratulierte. Meist wurde er wie auch heute am viel zu frühen Morgen verkatert durch das Klingeln des Telefons geweckt.

Gut, sagte sich Johann, seine Frau war nun einmal schon lange tot, seine Kinder lebten seit Jahren größtenteils außerhalb und auch sonst hatte er eigentlich wenige richtige Freunde. Das machte ihm allerdings nichts aus. Doch um sich die Grübeleien über seine Kinder zu vertreiben, bestellte Johann eine Runde Edelbrand für seine Kumpanen, was ihm endlich herzliche und freigetränkebegrüßende Salutationen einbrachte. Immerhin, dachte Johann, der Mensch war bestechlich. Das war ein Glück.

„Ein Hoch auf den Jubilar!“ tönte der dicke Nepomuk Hochmüller mit einem sonoren Bass, den Johann eigentlich nur ertragen konnte, weil er denselben Vornamen wie sein geliebter Großvater trug. Hochmüller betrieb ein bedeutsames Unternehmen für Steuerangelegenheiten, war allerdings der größte Halunke unter der Sonne und überstand bereits mehrere Verfahren, wegen Vorwürfen der Steuerhinterziehung, die ihm jedoch nie nachgewiesen werden konnten. Trotzdem war etwas faul im Staate Dänemark. Doch da er klug und hinlänglich rechtschaffen war, konnte er sich deshalb stets hinauslavieren. Ohne Verlust von Ansehen.

In einem Zug kippten die bejahrten Mienen der wohltemperierten Männer den Schnaps in ihre pelzigen Kehlen und quittierten ihr Tun mit einem erleichterten Seufzern oder Stöhnen. Dabei dachten sie stets daran, dass sie die wirklichen Herren der Schöpfung waren.

Nur Johann Drost nippte kulinarisch an seinem geliebten Hochprotzentigen. Er war rundherum ein Genießer der alten Schule. Die Aktionäre am Eichentisch widerten ihn allesamt an. Aber was sollte er sonst tun. Wo sollte er hin. Hier war sein regulärer Lebensmittelpunkt. Ein Mekka der Tagesmeldungen rund um Werach. Die Gerüchte, von Fama durch die Straße gezogen, wurden hier sicherheitshalber immer zuerst gebündelt und sorgfältig überprüft. Erst danach erhielten sie ihre bestätigte Verbreitung. Oder eben auch nicht.

Denn den Leopardenbrüdern konnte man vertrauen. Sie standen für einen professionellen Zusammenhalt, der in einer Mittelstadt wie Werach bitter nötig war, wenn sich das allgemeine Wirtschafts- und Steuersystem wieder einmal gegen einen stellte und dem kleinen Mann mit seinem am Munde erarbeiteten Vermögen einen Strich durch die gute Rechnung machen wollte. Die jeweilige Regierung musste manchmal unterlaufen werden, sonst wurde einem von Oben jede Existenzgrundlage entzogen. Man war ja ein Individuum.

„Habt ihr schon gehört?“ lallte Friedhelm Stümner, der Pferdehändler, „Eisenschorn verliert seine Konzession.“

„Schon gehört, ja,“ sagte Johann Drost, „er war einfach ein zu großer Waffennarr.“

„Eine Schande,“ warf Justus Lange, der Apotheker, ein, „der Mittelstand hat keine Chance mehr.“

„Man darf das, was man tut, nie voll und ganz lieben,“ sagte Johann, „Rudolf hat sich mit dem Osten verzettelt. Dann hat er noch sein letztes Geld mit dieser Tschechin kaputt gemacht. Und auch noch ein Kind. Mit siebenundfünfzig. Wir hätten ihn gleich rauswerfen sollen.“

„Gar nicht aufnehmen,“ sagte Hochmüller, „ich war immer schon dagegen. Der war schon immer so.“

„Ja, manchmal gibt es Enttäuschungen,“ sagte Johann und war froh, dass er sich nie die Butter vom Brot stehlen ließ. Nicht mit ihm. Niemals.

„Man kann niemandem vertrauen,“ sagte Hochmüller, „vor allem keiner Frau. Nicht mal seinen Kindern.“

„Deine sind ja zum Glück weit weg, Johann“ lachte Stümner.

„Kümmere dich um deine Rappen, sonst machen deine Kinder auch noch alles kaputt,“ sagte Johann scharf.

Es stimmte, mit Stümners Pferdezucht war es schlecht bestellt und die jahrzehntelange Unwilligkeit seiner Söhne, sich mit irgendetwas das Gestüt betreffend zu beschäftigen verhieß für ihn keine Expansion. Hochmüller musste wohl so weiter arbeiten, wie er es immer getan hatte, bis ins Grab.

„Von der Wiege bis zur Bahre,“ sagte Stümner, „die Welt hat sich verändert.“

Ein betretenes Schweigen schwirrte durch den Raum. Ja, die guten Zeiten waren vorüber. Die Gegenwart bot keine Perspektive mehr. Johann aber ließ seine Gedanken mitschwingen, bis sie nicht mehr da waren. Der Alkohol vollführte hier seine auferlegte Pflicht. So hatte es Johann immer getan und so würde er es auch weiterhin tun. Im Alkohol lag das süßeste Vergessen und der liebevollste Trost. Ein Sphärengetränk.

Als sich die Tür zum Clubraum öffnete, war Johann Drost erst einmal überrascht. Sein jüngster Sohn Theodor stand etwas beömmelt und angetrunken da und schaute in die Runde. Immerhin sah er halbwegs gepflegt aus, dachte Johann, schämen musste man sich äußerlich nie für ihn. Aber er war sein ewiges Sorgenkind. Das schwarze Schaf der Familie, das ihm in letzter Zeit immer mehr Bauchschmerzen bereitete.

„Der kleine Theodor,“ sagte Friedhelm Stümner, der Theo gut leiden konnte.

„Friedhelm,“ sagte Theo, „hallo. Hallo miteinander.“

Ein allgemeines Guten Tag wehte dem durchaus beliebten Theo Drost entgegen, der hier trotz Nichtmitgliedschaft gern gesehen war. Er war immerhin Johanns Sohn. Da drückte man ein Auge zu.

Warum nur, aber fragte sich Johann, machte sein mittlerweile in den Dreißigern stehender Junge nichts aus seinem Leben. Warum nur war er so ein Taugenichts. Das kam alles von der Seite seiner Mutter. Genetische Verfehlungen mehr als drei Generationen zurück. Da konnte Johann nichts dagegen tun. Die Gene waren einfach die Gene. Punkt.

Theo ging wie ein kleiner Junge auf seinen Vater zu, ängstlich und scheu fordernd zugleich, als hätte er eine Verfehlung begangen, die er ihm beichten musste. Der Vater aber sollte ihm verzeihen, da er ja sein Vater war und dazu immerhin gesetzlich verpflichtet gewesen wäre. So dachte sich das immerhin Theo, der eigentlich nur einen schönen Abend auf freie Kosten haben wollte, aber schon auch ein bisschen ein guter Sohn sein wollte. Man konnte ja das Eine mit dem Anderen zu verbinden versuchen. Es schloss sich nicht zwangsweise aus.

„Ich wollte dir zum Geburtstag gratulieren, Papa“ sagte Theo niederwürfig, „alles Gute.“

Johann sah ihn streng an und nahm seine Hand mit einem festen Druck entgegen. Es gab allgemeine Regeln.

„Danke, mein Sohn,“ sagte Johann nicht ohne eine nach Außen hin fest unterdrückte Freude, da er ihn nach mehreren Monaten wieder einmal zu sehen bekam und vor allem nicht bei einer steuerlichen Versäumnis in der Villa, sondern auf neutralem Terrain. Wenigstens dachte er an seinen alten Vater. Wenigstens einer.

„Was macht dein Schneckchen, Theo,“ fragte Nepomuk Hochmüller ganz erregt, als wäre er es selbst, der noch in regem sexuellem Kontakt mit jungen Frauen stand, „bist du noch mit der Tamara zusammen?“

„Die Tamara ist wirklich ein wunderhübsches Mädchen,“ sagte Justus Lange, „die ist so distinguiert. Gut erzogen.“

„Und einen geilen Arsch hat sie auch,“ lachte Stümner, in dessen Gegurke die anderen miteinstimmten.

„Ach, die Tamara,“ sagte Theo etwas verlegen und doch irgendwie stolz, „das war nichts ernstes.“

„Komm, setz dich her, Theo,“ sagte Friedhelm Stümner, „trink ein Pils mit uns.“

„Komm, setzen wir uns weg, da können wir reden,“ konterte Johann Drost blitzschnell, stand auf und nahm seinen Sohn fest am Arm.

An einem der kleineren Nischentische saßen nun Vater und Sohn vereint und allein, wussten sich allerdings trotzdem nichts zu sagen.

„Willst du etwas essen? Es gibt Sandwichs,“ sagte Johann zu seinem Sohn.

„Danke, nein,“ sagte Theo, „ich hab keinen Hunger.“

„Ich lad dich ein,“ sagte sein Vater, „sag nur was du willst.“

„Ein Pils würd ich gern mit dir trinken,“ sagte Theo.

„Also, gut,“ lächelte Johann, „Pils. Wenigstens bist du nicht anspruchsvoll.“

So tranken die beiden in relativ kurzer Zeit zwei Gläser Pils und verharrten nach wie vor in unangenehmem Schweigen. Sie wussten sich eigentlich nichts zu sagen, obwohl sie sich letztlich doch so viel zu sagen gehabt hätten. Allein, es war nicht möglich.

Nach lange erscheinender Zeit nahm sich Johann schließlich ein Herz und wollte sich für seinen Sohn interessieren. Immerhin war er ja sein Vater.

„Was machst du so?“ fragte Johann also.

„Nicht viel,“ flüsterte Theo zögerlich.

„Hmhm,“ grummelte Johann, „und sonst?“

„Nicht viel,“ wiederholte Theo unsicher.

„Und das Mädchen,“ fragte Johann mit eher nachlässigem Interesse, „diese Tamara. Ist die was?“

„Nichts Ernstes,“ sagte Theo, „schon vorbei.“

„Aha, wie so oft bei dir,“ sagte Johann, der den Frauenverschleiß seines tatsächlich ganz gut aussehenden jüngsten Sohnes schon aus Erzählungen kannte, jedoch das Ausmaß seiner Liebesabenteuer nicht einmal erahnen konnte.

„Hast du mal wieder was von deinen Brüdern gehört?“ fragte Johann.

„Nein, du?“ fragte Theo.

„Nein.“

Johann Drost verlor vor langer Zeit den Kontakt zu seiner engeren Familie. Er wollte ihn auch verlieren. Aber so, wie es mittlerweile aussah, war es auch nicht vorgesehen. Als sein Frau Philipine Anfang der Achtziger bei einem Autounfall starb, für den er sich gegenüber seinen Kindern immer noch verantwortlich fühlte, gab er die Familie letztlich auf. Ihr Tod zerstörte seiner Meinung nach das frühere Familienglück, von dem er damals überzeugt war. Von Grund auf. Das bildete er sich nicht ein. Er konnte es beurteilen. So war es.

Johanns ältester Sohn Matthias arbeitete als Neurologe in Hamburg, Sohn Gustav war Pfarrer im Rheinland und Sohn Theo schaffte es nicht, etwas Handfestes aus seinem Leben zu machen. Studium adé.

Johanns Töchter waren sowieso ein ganz anderes Thema. Daran konnte und wollte er nicht mehr denken. Er akzeptierte die Realität und nutzte die Zeit auf Erden, die ihm noch verblieb, für die schönen Dinge des Lebens: Wein, Weib und Gesang quasi. Doch der Gesang konnte ihm auch erspart bleiben.

Johann reiste oft und gerne, blieb in letzter Zeit aber lieber im europäischen Umland. Er spielte noch gern ein bisschen mit seinem Geld auf den Aktienmärkten, ging ein paar kleinere Risiken ein, die so riskant dann doch nicht waren, genehmigte sich einmal im Monat einen Besuch im Bordell, aß gerne gutes Essen und trank mit Überzeugung seine täglichen Rationen Pils, Wein und Edelbrand. Alles gediegen und kontrolliert allerdings. So seine Überzeugung. Auch das konnte er beurteilen. Kontrolle musste einfach sein. In jedem Leben. Davon hatte Theo keine Ahnung, dachte Johann, aber egal, das war sein Problem.

„Nett, dass du heute gekommen bist, Theo,“ sagte Johann ganz ehrlich zu seinem Sohn, „bestell dir ruhig noch ein Pils. Ich lade dich ein. Willst du einen Schnaps?“

„Gern,“ sagte Theo, der innerlich nun etwas gelöster war und freute sich ebenfalls mal wieder einen bierseligen Abend mit seinem Vater zu verbringen, was ihm sonst so wenig gelang, in dieser ganzen Spirale aus Schuld und Scham, die unablässig in seinen Gedanken rotierte.

Denn Theo fühlte sich paradoxerweise für das verloren geglaubte Familien- und Lebensglück zutiefst verantwortlich. Auch wenn er de facto nicht wirklich etwas dafür konnte. So ging es eben.

Der Abend ging ebenfalls dahin und der Alkohol lockerte die Zungen. Vater und Sohn begannen ein wild umherschweifendes Gespräch miteinander zu führen, das sich vor allem um gemeinsame Urlaube drehte, Bekannte, über die gespottet wurde, die richtige Zubereitung von Kalbsbraten und regionale Meldungen. Sie redeten über verpasste und genutzte Chancen, sämtlich aus der Vergangenheit, die allerdings nie einen problematischen Kern berührten, sondern sich um verlorene Wetten, geglückte Feste und mehr oder minder schlechte Restaurantbesuche drehten.

Auch die ungeliebte Verwandtschaft war ein beliebtes Thema. Über die Tragödien wurde allerdings geschwiegen, vor allem über die eine, die als Wendepunkt der Familie betrachtet wurde und bei der letztlich für beide doch alles gesagt war, doch nichts jemals ausgesprochen wurde. Das Ernste erhielt nun mal keinen Platz in ihren Gesprächen. Es wurde bewusst ausgespart und so getan, als hätten Vater und Sohn eine gute Beziehung, schon immer gehabt und bis in alle Ewigkeit. Für einen unbedarften Beobachter, einen Reisenden mit Zwischenhalt in Werach, der erschöpft von einer langen Fahrt war und sich noch etwas zu essen gönnte, musste das vielleicht auch tatsächlich so aussehen.

Irgendwie saßen Vater und Sohn wirklich ganz pilsselig beisammen, kicherten und erinnerten sich gemeinsam an die schönen Erlebnisse ihrer miteinander verbrachten Zeit und Gegenwart. In gewisser Weise setzte sich mit seinem Sohn das allgemeine Clubpalaver in der gleichen Art und Weise fort, ganz so wie es auch sonst war. Nur eben mit seinem Sohn. Das erhielt eine schöne persönliche Note, war allerdings dasselbe leere Gerede.

Doch das war nicht schlimm, dachte Johann. Es war heute sein Geburtstag und er wollte sein Leben genießen, sich keine Gedanken mehr machen, in vollen Zügen und Gläsern leben, jetzt, heute, hier und für alle Zeit.

„Oh Gott!“ stöhnte Johann auf einmal, „dein schöner Onkel Harry, der alte Versager! Was will der denn schon wieder hier?“

Theo drehte sich um und sah seinen ungepflegten Onkel Harry lächelnd und fordernd auf sie zukommen. Auch Theo hatte ihn lange nicht mehr gesehen. Er war ein Bild des Misserfolgs.

„Johann!“ rief Harry überschwänglich laut, „alles, alles Gute zu deinem Festtag wollte ich dir nun wünschen.“

Johann war nicht nur peinlich berührt, er war total genervt von seinem vor die Hunde gegangenen Cousin, den er aus reiner Menschenliebe in einem Schrebergartenhäuschen auf einem seiner Grundstücke wohnen ließ. Aus vollständiger Barmherzigkeit verstand sich. Sonst verband ihn nichts mehr mit seinem Cousin. Gegenüber seinen Clubkollegen schämte Johann sich wegen Harry aber am meisten. Früher war er selbst einmal Mitglied, wurde aber nach seinem sozialen Abstieg gemieden. Nun ja, Johann war daran nicht unschuldig. Trotzdem kannte man ihn natürlich und litt ihn leidlich, so gutmenschlich waren die Leoparden ja schließlich.

Harald Leister war das schwarze Schaf der Familie. Er zerstörte sein ganzes Vermögen und verlor alles letztlich an den Alkohol. Obwohl Johann wusste, dass Harry mit seinen Investitionen und auch mit seiner seltsamen Frau mehrere schlechte Züge ausgeführt hatte, konnte er ihm nicht vergeben. Warum, das wusste er selbst nicht mehr so genau. Es war alles so lange her. Die Achtziger waren der Anfang vom Ende. Durch die Institutionen hindurch. Sowohl die Wirtschaft, als auch seine Familie gingen in die Brüche.

Obwohl Johann und Harry früher eigentlich unzertrennlich waren. Komisch, dachte Johann, diese ganzen Erinnerungen. Er konnte damit nichts mehr anfangen. Sie fühlten sich nicht mehr echt an, blieben verschüttet und vergessen. Und Johann gab nichts auf verschüttete oder vergessene Milch.

Johann hatte Harry schon seit Jahren verboten in den Club zu kommen, was von den anderen Mitgliedern verständlicherweise quittiert wurde, weil hier der persönliche Treffpunkt und Rückzugsort war, der keine Schwäche duldete. Da Harry ein Schmarotzer sondergleichen war, der nun seit Jahrzehnten von der Sozialhilfe lebte und einfach nichts mehr erreichen wollte, hatte man auch gut daran getan, ihm den Mitgliedschaftsstatus abzuerkennen. Harry ließ sich gehen, gab sich einfach auf und das war etwas, das Johann und auch die anderen nicht akzeptiert konnten, nie akzeptieren wollten.

Allein aufgrund seiner Menschenliebe und aus dem Grund, damit er ihn nicht mehr sehen musste, ließ er ihn in seinem Schrebergarten am Wald wohnen. Vielleicht waren auch ein paar Schuldgefühle gegenüber seinem Cousin im Spiel. Aber Johann fühlte sich eher als Gutmensch. Und keiner dankte es ihm. Das war typisch.

„Hier, nimm,“ sagte Johann, „danke fürs Gratulieren.“

Er steckte Harry – um des lieben Friedens Willen – zwanzig Euro zu und hoffte, dass er wieder verschwinden würde. Harry aber dachte gar nicht daran. Er nahm bereitwillig das Geld, legte Theo freundschaftlich die Hand auf die Schulter und ging selbstbewusst wie König Ottokar, der Große, zu den anderen an den Eichentisch, obwohl es ihm Johann ausdrücklich untersagt hatte. Das ärgerte ihn über alle Maßen. Er hätte in die Luft gehen wollen, beherrschte sich aber seinem kontrollierten Naturell gemäß.

„Guten Tag, die Herrschaften. Ist bei ihnen noch ein Plätzchen frei?“ fragte Harry in die Runde, ohne auch nur eine Reaktion abzuwarten und setzte sich zwischen Hochmüller und Stümner, die sich gar nicht so sehr um ihn scherten und sowieso gelangweilt waren.

Da saß er bei den beiden Richtigen, dachte Johann, ihm wollte es heute aber egal sein. Zumindest versuchte er das zu denken und sog gierig die letzten Tropfen Edelbrand aus dem Gläschen.

Die Beichte

Die Gemeinde, die Gustav Drost betreute, befand sich in einem Städtchen im Rheinland. Hier war der Wein gut, günstig und vor allem in rauen Mengen vorhanden. Auch die vielen Weinfeste taten ihr übriges, um einen gemeinsamen Raum zu erschaffen, in dem man sich als katholischer Landpfarrer wohl fühlte. So hatte es sich Gustav, der von vielen Gustl oder natürlich Herr Pfarrer genannt wurde, am Ende seines Studiums zumindest vorgestellt. Was sich auch bewahrheitete.

Gustav liebte seinen Job, der ja viel eher eine Berufung war. Er wurde weitläufig erkannt, geschätzt und war ein gern geladener Gast beim gläubigen und auch nicht so gläubigen Teil der Bevölkerung, da er sich immens sozial engagierte, ob bei der Blutspende, den Jugendtreffs oder den Vereinen. Für die Winzer war er letztlich ein Pfarrer, wie er sein musste, obwohl ja katholisch. Aber gerade das machte ihn besonders. Gustav arbeitete ebenso gern mit seinen vorrangig evangelischen Kollegen zusammen und hatte keine Berührungsängste mit den muslimischen Kollegen.

Kurzum, Gustav tat gerne was er tat. Er predigte aus dem unendlich gütigen Wort Gottes in seiner Kirche, hielt Reden, betreute die vom Glück weniger Begünstigten und ließ sich das Leben, sowohl kulinarisch als auch sozial schmecken. Der diesjährige Sommer bescherte dem übergewichtigen Mann zwar einige große Schweißflecken auf seinem schwarzen Gewand, doch das konnte ihn nicht die wunderbar mediterrane Atmosphäre des Rheinlands verfluchen lassen. Nein, Gustav nahm die Welt wie sie war. Freude bestand neben Trauer genau so wie Schrecken neben freudiger Überraschung.

Gustav hatte ein geglücktes Leben, sagte er sich oft, während er des Nächtens im Bett lag und nicht schlafen konnte. Auch seine Schlaflosigkeit machte ihm nichts aus. Mittel dagegen hatte er genügend. Am liebsten sicher, wenn er des Lesens in der ihn eigentlich nie ermüdenden Heiligen Schrift etwas überdrüssig wurde, stand er auf und machte sich in der Küche eine schöne Vesper. Die Wildsalami, die er mit Feigensenf immer ganz gierig verschlang, hatte er von seinem besten Freund Georg, dessen Hobby es war, seine eigene Unruhe mit Jagen, Wursten, Obst- und Gemüseanbau und allerlei anderen Beschäftigungen wie Theaterspielen und historischen Weinbergführungen vertrieb und fast wie nebenbei seinen eigentlichen Beruf als Apotheker ausführte.

Auch Gustav war oft ruhelos. Er musste sich einfach mit so vielen verschiedenen Dingen beschäftigen, da das Leben so übervoll war, als dass man nichts damit anfing. Die Welt war unendlich! Das hatte Gustav als Kind zwar oft Angst gemacht, doch sein Finden von Gott erleichterte es ihm, zu wissen, dass am Ende aller Zeiten ein Kern existierte, der in das Herz der Existenz führte. Was Gustav so beliebt unter seinen Schäfchen machte, war letztlich diese philosophische Ader, die es ihm ermöglichte den im Glauben Zweifelnden eine spirituelle Göttlichkeit zu vermitteln. Er war eben modern, kein verstaubter Glaubenswächter, sondern ein Mann der Gegenwart. Das war er immer schon gewesen und das würde er immer sein.

In Punkto Familienproblemen war er seinen Schäfchen schließlich ein Fels in der Brandung. Die Menschen liebten sein Mitteilungsbedürfnis und konnten sich in seiner Familiengeschichte wiedererkennen, zumindest so, wie er diese erzählte, denn an Schicksalsschlägen war Gustavs Weg zu sich selbst nicht arm. Ein herrischer und liebloser Vater, den er trotzdem liebte, eine früh mit seiner Babyschwester bei einem Autounfall verunglückte Mutter, eine Schwester, die sich mit Drogen ihr Leben nahm, einen Gott leugnenden älteren Bruder, der als Mann der Wissenschaft die Welt mit seinen unreligiösen Thesen zu Gehirnstoffwechseln vergiftete, ein desillusionierter jüngerer Bruder, der sein Leben wegwarf und zuletzt eine jüngere Schwester, die weitab in Amerika lebte, aber keinen Kontakt zu ihm wollte. Aus diesem Schatz an Lebenserfahrung konnte Gustav schürfen und er machte ihn letztlich gegenüber den Menschen in seiner Gemeinde glaubwürdig, liebenswert und vor allem mustergültig.

Selbst das an geistlichen Beratern viel gerügte Thema der – sagen wir mal – Geschlechterbeziehung konnte Gustav bieten, hatte er doch selbst in seinem Werdegang einst gezaudert, die geistliche Laufbahn für die irdische Liebe zu einer Frau einzutauschen. Gerade diese Ehrlichkeit bescherte Gustav die Sympathie der Menschen um ihn herum. Junge Frauen suchten bei ihm Rat, ebenso wie gestandene Ehemänner in ihrer Midlifekrise, die sich eben für diese jungen Frauen wieder mehr interessierten als für die geliebten Ehefrauen, die für Gustav immer in der Blüte ihres Lebens standen.

Gustl jedenfalls konnte die Menschen überzeugen und wieder für etwas Unliebsames begeistern. Er konnte die Liebe in der Familie herausschälen aus den Gelangweilten, vermittelte die Essenz geistiger und weltlicher Werte und schaffte es meist, seine Patienten, wie er sich selbst immer sagte, mit den Worten und Taten des Herrn zu heilen, ihnen Genesung zu Gute kommen lassen. Dies war Gustavs Ziel und Lebensinhalt.

Nur das mit der Liebe zwischen Mann und Frau, das machte ihm oft zu schaffen, die geistig-körperliche Liebe, wie sie in den Liedern Salomos besungen wurde und die ein leerer Fleck in seinem Herzen war. Gerade weil er diese Liebe einmal mit seiner Jugendfreundin Maria erfahren hatte und für die er fast seine Laufbahn aufgeben wollte. Leider hatte ihn sein Mariechen, das er stundenlang in den Armen gehalten hatte damals, abgewiesen, ein paar Wochen nachdem das Unumgängliche geschehen war und sie sich der körperlichen Liebe wie aus Versehen, aus einem unbestimmten Trieb heraus, hingegeben hatten. Mit einem Mal war es passiert und es fühlte sich für Gustav damals nicht falsch an, mit einer Frau vereinigt zu sein.

Wie dem auch sei, Maria hatte ihn verstoßen und bekam mit einem anderen Mann ein Kind. Punkt. Das hatte Gustav damals so schwer erschüttert, dass er es einfach nicht mehr aushielt und beschlossen hatte, nie mehr in seinem Leben an seinem Geburtsort leben zu wollen. Er konnte sich dort nicht mehr heimisch fühlen, obwohl das seinem Vater gut gefallen hätte. Er konnte es einfach nicht. Mehr noch, er wollte nie mehr das Wagnis eingehen, sich zu verlieben. In dem Fall hatte er ja den richtigen Beruf gewählt.