Die Fanfarlo - Charles Baudelaire - E-Book

Die Fanfarlo E-Book

Charles Baudelaire.

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Erotische Bibliothek Band 1: Die Fanfarlo – Eine Liebesgeschichte von Charles Baudelaire Sammlung klassischer erotischer Werke der Weltliteratur Die Künstlernovelle "Die Fanfarlo" beschreibt die Liebe des Schriftsteller und Dichters Charles Baudelaire zu der jungen Tänzerin Jeanne Duval, die er selbst als seine Muse bezeichnete, zugleich seine Wandlung vom dichtenden Dandy zum ernstzunehmenden Schriftsteller.

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Seitenzahl: 51

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Die Fanfarlo

Eine Liebesgeschichte

Charles Baudelaire

Erotische Bibliothek

Band 1

Die Fanfarlo

Charles Baudelaire

Eine Liebesgeschichte

Erstmals erschienen 1847 unter dem Titel La Fanfarlo

Aus dem Französischen von Terese Robinson 1925

© Lunata Berlin 2019

Inhalt

Ohne Titel

Über den Autor

Die erotische Bibliothek

Samuel Cramer, der früher – in der guten Zeit der Romantik – mit dem Namen Manuela de Monteverde einige romantische Torheiten zeichnete, ist das widerspruchsvolle Produkt eines blassen Deutschen und einer braunen Chilenin. Fügt diesen verschiedenartigen Eltern eine französische Erziehung und eine literarische Zivilisation hinzu, so werdet ihr über die bizarre Kompliziertheit dieses Charakters weniger erstaunt, wenn nicht befriedigt und erbaut sein. Samuel hatte eine reine und edle Stirn, glänzende kaffeebraune Augen, eine spottsüchtige Nase, schamlose und sinnliche Lippen, ein viereckiges und despotisches Kinn und anspruchsvoll raffaeleskes Haar. – Er ist zu gleicher Zeit ein grosser Nichtstuer, ein trauriger Ehrgeiziger und ein berühmter Unglücklicher; denn er hat sein ganzes Leben lang nur halbe Ideen gehabt. Die Sonne der Faulheit, die fortwährend in ihm leuchtet, frisst und verdampft das halbe Genie, mit dem der Himmel ihn begabt hat. Unter all diesen halbklugen Männern, die ich in diesem schrecklichen Pariser Leben kennenlernte, war Samuel an erster Stelle der Mann der verfehlten schönen Werke; als eine kränkliche und phantastische Natur, deren Poesie heller in seiner Person als in seinen Werken glänzt, und die mir gegen ein Uhr morgens zwischen dem Leuchten eines Holzkohlenfeuers und dem Ticktack einer Uhr immer wie der Gott der Ohnmacht erschien. – Moderner und zwiegeschlechtlicher Gott – einer so ungeheuren und riesenhaften Ohnmacht, dass sie episch wirkte!

Wie soll ich es euch klarmachen, wie euch deutlich diese dunkle von hellen Blitzen durchzuckte Natur veranschaulichen, die zugleich faul und unternehmend, reich an schweren Plänen und lächerlichen Fehlgeburten war, ein Geist, in dem das Paradox oft als Naivität wirkte und dessen Phantasie ebenso gross war wie die reine Einsamkeit und Trägheit? – Einer der eigentümlichsten Fehlschlüsse Samuels war es, sich denen gleich zu fühlen, die er hatte bewundern können; hatte er sich bei der Lektüre eines schönen Buches begeistert, schloss er daraus unwillkürlich: »Das ist so schön, dass es von mir hätte sein können« – und von da bis zum Gedanken: »Also ist es von mir«, bleibt nur ein sehr schmaler Weg.

In der gegenwärtigen Welt findet man diese Art Charaktere häufiger als man glaubt; Strassen, öffentliche Wege, Kneipen und alle Asyle der Nichtstuer wimmeln von Wesen solcher Art. Sie verstehen es, sich so mit dem neuen Vorbild zu identifizieren, dass sie nahe daran sind zu glauben, sie hätten es selbst erfunden. – Heute entziffern sie mühsam die geistigen Schriften von Plotin oder Porphyrios; morgen bewundern sie Crébillon den Jüngeren, der die heitere und französische Seite ihres Charakters trefflich ausgedrückt hat. Gestern unterhielten sie sich familiär mit Jérôme Cardan; heute spielen sie mit Sternen oder wälzen sich mit Rabelais in den auserlesensten Hyperbeln. Übrigens sind sie so glücklich in jeder ihrer Wandlungen, dass sie es all diesen schönen Genies nicht verübeln, ihnen den Ruhm der Nachwelt vorweggenommen zu haben. Naive und respektfordernde Schamlosigkeit. So beschaffen war der arme Samuel.

Von Geburt sehr anständig und ein wenig Lump aus Zeitvertreib – Schauspieler aus Temperament –, spielte er für sich selbst und bei geschlossenen Türen unvergleichliche Tragödien oder besser gesagt Tragikomödien. Fühlte er sich von Heiterkeit berührt und gekitzelt, musste man sich das beweisen, und unser Freund übte sich herzlich zu lachen. Trieb ihm irgendeine Erinnerung eine Träne in die Augen, ging er zum Spiegel, um sich weinen zu sehen. Wenn irgendein Mädchen ihn in einem brutalen und kindlichen Eifersuchtsanfall mit einer Haarnadel oder einem Federmesser kratzte, rühmte sich Samuel vor sich selbst eines Messerstiches; und wenn er irgendeinem Unglücklichen zwanzigtausend Franken schuldete, rief er fröhlich aus: »Welch trauriges und bejammernswertes Los trifft ein Genie, das eine Millionenschuld drückt.«

Man darf im Übrigen nicht glauben, dass er unfähig gewesen wäre, wahre Gefühle zu empfinden, und dass die Leidenschaft nur seine Haut gestreift hätte. Er hätte sein letztes Hemd für einen Menschen verkauft, den er kaum kannte, und den er auf seine Stirn und seine Hand hin seit gestern zu seinem intimen Freunde ernannt hatte. Er mengte den Dingen des Geistes und der Seele die ruhige Kontemplation germanischer Naturen, den Dingen der Leidenschaft die schnelle und flüchtige Glut seiner Mutter, – und in das praktische Leben alle Schiefheiten der französischen Eitelkeit. Er hätte sich für einen seit zwei Jahrhunderten toten Autor oder Künstler duelliert. Da er fanatisch gläubig gewesen war, wurde er leidenschaftlicher Atheist. Er barg gleichzeitig alle Künstler, die er studiert, und alle Bücher, die er gelesen hatte, in sich, und blieb dennoch, mangels schauspielerischer Begabung, durchaus originell. Er war immer der sanfte, fanatische, steife, schreckliche, weise, unwissende, ausgelassene, kokette Samuel Cramer, die romantische Manuela de Monteverde. Er schwärmte von seinem Freunde wie von einer Frau, er liebte eine Frau wie einen Kameraden. Er besass die Logik aller guten Gefühle und die Weisheit aller Verschlagenheit, und trotzdem kam er nie zu etwas, weil er zu sehr an das Unmögliche glaubte. – Ist es erstaunlich? Er war immer dabei es zu konzipieren.