Die geheimnisvolle Insel - Sabrina Michalek - E-Book

Die geheimnisvolle Insel E-Book

Sabrina Michalek

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Beschreibung

Nachdem Alex und Norman Agewood Town abermals verlassen hatten, stießen sie plötzlich auf ihren Freund Leon, der immer noch ein Mitglied von Snowbys Crew war. Alex wollte seinen Freund um jeden Preis wieder zurückgewinnen, was er auch schließlich schaffte. Gemeinsam segelten sie ihrem Abenteuer entgegen. Was hat es mit der geheimnisvollen Insel auf sich? Werden sie wirklich einen Schatz finden, und wenn ja, welchen? Und was spielt das Amulett für eine Rolle?

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Seitenzahl: 242

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhaltsverzeichnis

Leon kehrt zurück

Der Entschluss

Die Suche beginnt

Ramonyas Geschichte

Die Suche geht weiter

Crystal Island

Die erste Spur

Die Kristallhöhle

Der alte Mann

Der Schatz von Crystal Island

Pinju

Aufbruch

Der Plan

Ein Geheimnis wird gelüftet

Die Karte

Auf zu neuen Ufern

Endlich Gewissheit

Auskunft

Ängst und Sorgen

Das Ziel ist erreicht

Leon kehrt zurück

Inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen, seitdem Leon mit Alex und Norman sein großes Abenteuer angetreten war. Gerade saß er an Deck und starrte gedankenverloren aufs Meer hinaus. Immer, wenn er wie jetzt alleine war, drifteten seine Gedanken zu seinem Freund Norman ab, den er sehr vermisste. Was er wohl gerade macht?, dachte er. Seit er sich vor einiger Zeit für die Crew von Käptn Snowby entschieden und somit Norman wieder nach Hause geschickt hatte, war er seinem großen Traum ein Stückchen näher gekommen.

Schon früher hatte er sich zusammen mit Alex und Norman vorgestellt wie es wäre, auf einem großen Schiff über das Meer zu gleiten. Jetzt war Leon nun auf solch einem Schiff, aber trotzdem fehlte ihm noch eine Kleinigkeit zu seinem vollkommenen Glück - sein Freund.

Im Gegensatz zu Norman war Alex ihm egal, da er sie einfach so in Agewood Town im Stich gelassen hatte.

Während er noch über seine Freunde nachdachte, ertönte plötzlich ein lauter Knall. Erschrocken schaute er sich um und sah ein fremdes Schiff, neben dem gerade eine große Wasserfontäne empor stieg. Eilig stand Leon auf. Dann ging er mit schnellen Schritten auf den Mann, der neben der Kanone stand, zu. „Was ist hier los? Was sind das für Leute?“, fragte Leon. „Keine Ahnung“, erwiderte der Mann nur. Plötzlich hörte Leon wie jemand seinen Namen rief. „Leeooooon!“, hallte es zu ihm hinüber. „Wartet. Ich glaube, da ist jemand, der mich kennt.“ „Ein Fernglas. Wir brauchen schnell mal ein Fernglas!!!!“ Kurz darauf wurde Leon ein Fernglas in die Hand gedrückt. Aufgeregt schaute er zu dem fremden Schiff hinüber und sah - Norman. Leon konnte es nicht fassen. Eben gerade hatte er sich noch Gedanken über seinen Freund gemacht und nun stand mit Alex auf einem anderen Schiff, das sich direkt vor ihm befand.

Jetzt nahm er das Glas von den Augen und sagte: „Bitte nicht weiter auf das Schiff schießen.“ Der Mann schaute ihn überrascht an. „Zwei meiner Freunde befinden sich darauf“, versuchte er die Situation zu erklären. Daraufhin stellten sie das Schießen ein, sodass das andere Schiff zu ihnen aufschließen konnte. Als es schließlich dicht genug bei ihnen war, wurde ein langes Brett ausgelegt, über das Norman und Alex zu ihm stoßen konnten.

„Leon“, sagte Alex freudestrahlend. Leon stand emotionslos da und erwiderte nichts. „Hi Norman“, erwiderte Leon stattdessen und grinste. „Es ist so schön dich wiederzusehen“, sagte Norman und lächelte.

Alex konnte die momentane Situation überhaupt nicht verstehen. Da hatten sich Leon und er eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen, und er wurde von ihm wie Luft behandelt. Ist er etwa immer noch wegen meiner Feigheit sauer auf mich?, fragte er sich. Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen und suchte das Gespräch mit Leon. „Sag mal, Leon. Bist du etwa noch sauer auf mich oder warum ignorierst du mich?“ Leon wandte sich von Norman ab und schaute ihm direkt in die Augen.

Dann antwortete er: „Kann gut möglich sein.“ „Aber warum? Es ist doch inzwischen soviel Zeit vergangen.“

Alex hatte nun all seinen Mut zusammen genommen und das klärende Gespräch gesucht. Aber leider blieb seine gewünschte Reaktion aus. Bloß nicht aus der Haut fahren, hörte er plötzlich eine innere Stimme, die ihn schließlich zu Vernunft brachte. „Eigentlich hast du ja recht“, gab Leon kleinlaut zu. „Aber irgendwie konnte ich bis jetzt nicht vergessen, dass du Norman und mich damals im Stich gelassen hast. Das macht ein bester Freund nicht!“ Alex war baff. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet. „Außerdem habe ich immer noch nicht vergessen wie du immer versucht hast uns Befehle zu erteilen, obwohl wir alle gemeinsam in dieses Abenteuer gestartet sind“, setzte Leon hinzu. „Siehst du das etwa genauso, Norman?“ Daraufhin nickte er nur. Die Tatsache, dass Norman ebenfalls so empfand, stimmte Alex sehr nachdenklich. Nun ließ er noch einmal alles review passieren. Je weiter er über das bereits geschehene nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass Leon recht hatte. „Es tut mir leid, dass es so gekommen ist“, sagte Alex leise. „Was meinst du genau?“, bohrte Leon nach. „Das ich euch im Stich gelassen und euch immer herum kommandiert habe.“

Leon und Norman schauten sich an und nickten. „Schön, dass du das eingesehen hast“, meinte Norman und lächelte breit. „Ja, das finde ich auch“, pflichtete ihm Leon bei. „Wieder Freunde?“, fragte Alex und begann vor Freude an zu weinen. Nun gingen die beiden auf ihn zu und umarmten sich gegenseitig. Nachdem Alex´ Tränen wieder getrocknet waren, setzte Leon grinsend hinzu:

„Aber von nun an werden wir gemeinsam eine Entscheidung fällen, was gemacht wird und was nicht.“

Auf diese Ansage konnte Alex nur stumm mit dem Kopf nicken. „Hey Leon. Was wird wohl dein Käptn dazu sagen, dass du wieder mit uns losziehen willst?“, äußerte Norman seine Bedenken. „Oh, das weiß ich nicht. Aber bestimmt wird er nicht erfreut darüber sein.“ „Und was ist, wenn du einfach abhaust, ohne ihm etwas zu sagen?“, schlug Alex vor. „Das kann ich auf keinen Fall machen“, entgegnete Leon entsetzt. „Warum nicht?“ „Stell dir mal das Ausmaß der Katastrophe vor, wenn er wüsste, dass ich einfach so, ohne ein Wort zu sagen, einfach abgehauen bin“, versuchte Leon seinem Freund die Lage zu erklären. „Dann solltest du ihm lieber sagen, was Sache ist“, meinte Norman bestimmt. „Aber was willst du ihm sagen?“, fragte Alex unsicher. „Die Wahrheit natürlich. Oder denkst du, ich werde ihn anlügen? Dann könnte ich mir genauso gut eine Pistole an den Kopf halten und abdrücken.“ „Es wäre wohl für alle das Beste, wenn du ihm einfach die Wahrheit sagst. Vielleicht würde er es dir sogar noch hoch anrechnen, dass du ihm soviel Mut und Vertrauen entgegenbringst“, ermutigte Norman seinen Freund. „Hey. Wo bleibt ihr denn so la…...“, sagte Alandra und stockte, als sie Leon sah. Nun kam sie zusammen mit Mira im Schlepptau auf die drei Freunde zu. „Ist das etwa -“„Ja, das ist unser Freund Leon“, sagte Alex grinsend. Leon starrte die beiden Mädchen mit einem fragenden Blick an. „Das ist Alandra unsere Navigatorin und das Mädchen neben ihr ist eine Klassenkameradin und Freundin von Norman“, stellte Alex Leon die beiden vor. „Ahhh…schön dich kennen zu lernen, Leon“, sagte Alandra und streckte ihm lächelnd die Hand zur Begrüßung entgegen. Leon nahm sie freudestrahlend in seine und schüttelte sie. Danach gab auch Mira, ein bisschen verlegen, ihm ebenfalls die Hand. „Sagt mal…..was ist hier eigentlich los?“, fragte Alandra eindringlich. „Leon wollte mal kurz etwas mit dem Käptn klären.“ „Wie? Was denn klären?“ Kurz darauf erklärte ihr Alex, was sie eben besprochen hatten. Als er geendet hatte, tauchte auf den Gesichtern der Mädchen ein breites Grinsen auf. „Das ist ja super“, sagten sie beide im Chor und begannen zu lachen. „Leute, ich werde jetzt mal die Sache klären gehen. Wir sehen uns“, verabschiedete Leon sich und ging davon.

Während Leon sich immer weiter von ihnen entfernte, drehte er sich kein einziges Mal mehr um, da er innerlich spürte, dass er sie gleich wiedersehen würde. In Gedanken versunken schlenderte er den Gang entlang.

Dabei merkte er nicht, wie ihm Mirondo entgegen kam.

Kurz darauf hörte er ein lautes Aua an seinem Ohr, und erschrak. Jetzt sah Leon seinem Freund, den er hier auf dem Schiff kennen gelernt hatte, mitten ins Gesicht. „Was ist denn los mit dir? Du siehst ziemlich nachdenklich aus“, stellte dieser fest. Leon blickte zu Boden. Obwohl Mirondo für ihn ein guter Freund geworden war, konnte oder wollte Leon ihm nicht sagen, was er vor hatte. Dann hob er den Kopf und schaute ihm tief in die Augen.

„Wenn du mir nicht sagen möchtest, was dich bedrückt, ist es auch okay.“ Leon meinte darin einen beleidigenden Unterton gehört zu haben. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, weil ich damit gerechnet habe, dachte er.

„Weißt du wo Snowby ist?“, fragte Leon stattdessen, ohne auf Mirondos Aussage weiter einzugehen. „Das letzte Mal habe ich ihn in unserem Aufenthaltsraum gesehen. Vielleicht ist er ja noch dort. Warum fragst du?“ „Ich wollte mit ihm nur etwas klären“, entgegnete Leon leise. „Oh, okay.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging Leon von dannen und ließ seinen Freund stehen. Wie Mirondo ihm prophezeit hatte, fand seine Suche im Aufenthaltsraum ein jähes Ende. Käptn Snowby saß an einen der langen Tische und hatte den Kopf auf die Hände gestützt. Leons Herz begann so schnell zu schlagen, dass es weh tat. Langsam machte er einen Schritt nach dem nächsten, und schließlich erreichte er ihn. „Hallo Leon. Was führt dich denn zu mir? Was ist da oben überhaupt los?“, fragte der alte Seemann brummig.

Leon zuckte innerlich zusammen. Er hatte großen Respekt vor dem bulligen Mann, der jedem Feind eine Heidenangst einflössen konnte. „Es kam ein fremdes Schiff vorbei“, begann er zu erzählen. „Wir haben auf dieses Schiff geschossen…...“ „Verstehe. Deswegen wurde es auf einmal so laut“, unterbrach Snowby ihn.

Leon erstarrte. Er hat das also gehört?? Oh nein, schoss es durch Leons Kopf. „Und was war dann? Wurde das fremde Schiff versenkt?“, forderte Snowby Leon auf weiter zu sprechen. Was soll ich ihm nur sagen? Etwa die Wahrheit oder doch lügen? Schließlich entschied er sich für die Wahrheit. „Wir haben aufgehört zu schießen, …….weil…...weil…...dort auf diesem…..Schiff…...Freunde von mir…...sind“, erklärte er ihm wahrheitsgemäß.

Während Leon mit dem Kapitän redete, blieben Norman und Alex zusammen mit den beiden Mädchen auf dem Deck und fieberten Leon´s Rückkehr entgegen. „Was meinst du. Wird er wieder kommen oder muss er hier bleiben?“, fragte Alandra Alex. „Wenn es nach ihm ginge, kommt er. Aber, ob Snowby das zulässt, ist eine andere Frage.“ Alex´ Blick glitt immer wieder zur Tür hinüber, durch die Leon unter Deck gelangt war. „Ich hoffe sehr, dass er kommt“, meinte Norman. Nun blieb den vieren nichts anderes übrig, als zu warten. Alle hofften sehr, dass Leon bald die Treppe empor kommen und mit einem breiten Grinsen auf sie zu schreiten würde.

Leon saß da und starrte den Kapitän verwundert an, der auf einmal lauthals zu lachen begann. Während ihrer ersten Begegnung, als er mit Norman und Alex eines nachts ins Schiffsinnere eingedrungen und sie dort von diesem Mann erwischt worden waren, hatte er ebenfalls so laut gelacht. Schon damals war ihm ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. „Sag nicht, dass du mit deinen Freunden abhauen willst“, stellte Snowby fest.

Was? Aber woher hat……, dachte er panisch. „Ich habe also recht!?“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Leon konnte ihm nicht ins Gesicht schauen, so ertappt fühlte er sich. Dann erwiderte er jedoch: „Ja, es stimmt.“ Nun herrschte im Aufenthaltsraum Totenstille.

Beide saßen nur da und sagten kein Wort. „Es ist echt schade, dass du uns verlassen möchtest, Leon“, durchbrach Snowby die Stille. Leon schaute zu ihm hinauf. Was hat er da gesagt? Er konnte es kaum glauben, was er eben aus dem Mund des Käptn gehört hatte. „Aber wie das Leben so will, wird jeder, egal ob als Teenager oder Kind, einmal groß und möchten die Welt alleine erkunden“, sagte er und seufzte laut. Leon saß immer noch wie versteinert da und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Auf einmal war der alte Mann so anders - verständnisvoll. Schließlich konnte er sich aus seiner Versteinerung lösen und entgegnete: „Es war schon immer mein Traum gewesen, einmal mit einem Schiff über das Meer zu segeln und Abenteuer zu erleben. Mit Ihnen ist das nun Wirklichkeit geworden.“

Snowby nickte nachdenklich mit dem Kopf. Nun tat er etwas, womit Leon niemals gerechnet hatte. Snowby zog eine kleine Pistole aus seinem Mantel und legte sie vor ihm auf den Tisch. Leon blickte mit ängstlichem Blick darauf und spürte, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. „Du kannst damit keinen erschießen, Junge“, sagte er und lachte. Erneut bebte der Raum durch sein lautes Gelächter. „Dies ist eine Leuchtpistole.

Wenn du sie abfeuerst, erglimmen rote Funken am Himmel.“ „Aber…...wofür...“, stammelte er vollkommen perplex.

Vor dem Aufenthaltsraum stand Mirondo und drückte sein Ohr ganz fest an die Tür, um dem Gespräch zu lauschen.

Er konnte zwar nicht alles verstehen, aber dennoch konnte er sich zusammenreimen, was gerade zwischen Leon und seinem Käptn dort drinnen vor sich ging. In diesem Moment kam einer seiner Kameraden vorbei.

„Hey du.“ „Was ist?“, fragte er. „Ich glaube, unserer kleiner Leon verlässt uns.“ „Was? Echt?“ „Ja, sieht wohl so aus“, erwiderte Mirondo seufzend. „Trommel alle mal zusammen. Er soll von uns wenigstens einen gebührenden Abschied bekommen“, befahl er und grinste. „Alles klar!“ Dann lief der Junge von dannen, um die Mannschaft auf dem Deck zu versammeln.

„Du bist in der Zeit, die du hier bei uns auf dem Schiff verbracht hast, wie ein Sohn für mich geworden.

Deswegen möchte ich dir die Chance geben, wieder zu uns an Bord zu kommen, sobald du und deine Freunde das erledigt habt, was ihr schon immer machen wolltet“, erklärte er. Leon saß da und schaute seinen Käptn mit großen Augen an. Ich und sein Sohn?, fragte er sich.

Plötzlich wurde er von seinen Gefühlen überrannt und begann zu weinen. Snowby saß einfach nur da und ließ es geschehen. Nachdem Leon sich einigermaßen gefasst hatte, sagte er: „Ich…...bin…...Ihnen für alles unendlich dankbar...“ „Ist schon gut, Kleiner“, unterbrach ihn Snowby. „Mein Angebot steht. Nimmst du es denn auch an?“ „Ja, aber natürlich“, erwiderte Leon überschwänglich. Dann nahm er freudig die Pistole entgegen. Er war sehr stolz darauf zu dieser Crew gehört zu haben und von Snowby so ein Geschenk zu bekommen, das für ihn ein Zeichen des Vertrauens war.

„Ich denke, du solltest dich langsam mal auf den Weg zu deinen Freunden machen. Womöglich denken sie noch, dass ich dir etwas Schreckliches angetan habe, wenn du jetzt nicht bald zu ihnen kommst“, sagte Seemann Snowby und lächelte ihn herzlich an. „Ja.“ Nun stand Leon auf, drückte seinen Käptn zum Abschied und ging zur Tür. Bevor er jedoch den Raum für immer verließ, drehte er sich nochmal um und sagte: „Vielen Dank für alles!“ Dann öffnete er die Tür und trat hinaus. Auf dem Gang war keiner zu sehen. Nun ging er mit selbstsicheren Schritten zu seiner Kabine, um seine Sachen zu packen. Endlich würde er das große Abenteuer mit seinen Freunden fortsetzten können. Als Leon schließlich an seiner Kabine ankam, öffnete er die Tür und entdeckte Mirondo, der auf seinem Bett saß und tief in einem Buch versunken war. „Hey. Da bist du ja wieder. Und hast du ihn gefunden?“, fragte er. „Ja, habe ich, danke“, erwiderte Leon kurz angebunden und kletterte nun auf sein Bett, um von dort seine letzten Dinge mit in den bereits prall gefüllten Rucksack zu packen. „Was wolltest du eigentlich vom Käptn?“, fragte Mirondo ihn, obwohl er schon zu wissen glaubte, was Leon vor hatte. „Ach, nichts besonderes. Ich wollte einfach nur mal mit ihm reden“, antwortete Leon beiläufig. Nun musste er nur noch den Reißverschluss seines Rucksacks schließen, und dann war er von hier für immer fort. „Hey…..was ist das denn hier?“ „Hm?“ „Na, diese Pistole hier. Sag nicht, du willst damit jemanden erschießen“, sagte Mirondo. „Wo hast du die überhaupt her?“ „Ach, die habe ich irgendwo gefunden“, log Leon. Auch, wenn Mirondo sein bester Freund war, wollte er ihm partout nicht alles erzählen. Mirondo hingegen hatte sich bereits eigene Gedanken zu der Pistole gesponnen und fragte daher nicht weiter.

Nachdem Leon nun alles verstaut hatte, schulterte er seinen Rucksack und sagte: „Ich danke dir vielmals für deine wunderbare Freundschaft, Kumpel. Vielleicht sieht man sich ja mal irgendwo wieder.“ Mirondo schaute ihn mit großen Augen an. „Wie? Was soll das? Haust du jetzt etwa einfach so ab?“ Leon nickte nur. Mirondos Blick wurde traurig. „Aber warum??“ „Ich weiß nicht. Es ist nur so ein Gefühl, aber vielleicht muss ich mal weg von hier und einfach mal mein Leben richtig leben.“ „Hm…..ja“, meinte Mirondo leise. „Dann lass dich wenigstens zum Abschied umarmen.“ Jetzt stand er auf, ging auf ihn zu und umarmte Leon freundschaftlich. „Pass auf dich auf“, flüsterte er Leon ins Ohr. Dann verließ Leon Mirondo, um sich auf den Weg zu seinen Freunden zu machen. Nun schlenderte er den Gang entlang, der zur Treppe führte, die ihn wieder an Deck brachte. Plötzlich drangen eine Menge Stimmen an sein Ohr, die vom Deck zu kommen schienen. Je höher er stieg, desto lauter wurden sie.

Dann war er schließlich an Deck, und auf einmal brach ein großer Jubelschrei los. „Leon, Leon“, hörte er von überall seinen Namen rufen. Leon schaute sich um. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Überall standen seine Kameraden und jubelten ihm zu. Bei näherer Betrachtung konnte er sogar Tränen in manchen Gesichtern ausmachen. Was machen die alle hier?, fragte er sich überrascht. „Wir werden dich vermissen, Leon“, drang eine Stimme zu ihm hinüber. Leon drehte seinen Kopf hin und her. Das gesamte Deck war mit Piraten belagert, die ihm allesamt zuwinkten. Auf einmal entdeckte er eine große Gestalt, die über den ganzen Leuten zu schweben schien: Es war Käptn Snowby. Er stand mit dem Rücken zur Sonne, die ihn noch angsteinflößender aussehen ließ, als er eh schon war.

Dann steckte Snowby seinen Arm - die Hand zur Faust geballt - empor. Leon konnte etwas in seiner Hand herumflattern sehen, das wie ein Tuch aussah. Und auf einmal erkannte Leon, was Snowby in der Hand hielt. Es war eine kleine Nachbildung der Piratenflagge. Plötzlich rannen Leon Tränen des Glücks an seinem Gesicht herunter. Nun nahm Leon sein Kopftuch ab und streckte es ebenfalls in die Höhe. Kurz darauf ließ er seine Hand wieder sinken. Nach einem letzten Blick in Richtung Snowby, schritt er von dannen. Abermals ertönte ein tosender Applaus. Jetzt war Leon bereit seinen eigenen Weg gehen.

Der Entschluss

Eines Abends saß Valery Nightmore (Alex´ Mutter) in ihrem Sessel vor der Fernseher und starrte auf die Mattscheibe. Seitdem ihr Sohn wie vom Erdboden verschluckt war, war es in dem Haus sehr still geworden.

Keiner tobte mehr herum oder rief „Mama“. Es waren schon fast zwei Wochen vergangen und es gab noch kein Lebenszeichen von ihm. Auch die Polizei hatte sich seit längerer Zeit nicht mehr gemeldet. Dabei hatte sie sie ausdrücklich darum gebeten, sie auf dem Laufenden zu halten, falls es etwas Neues gibt. Seufzend stand sie auf und ging in die Küche, um ihre Tasse wieder mit Kaffee zu befüllen. Dann ließ sie sich wieder in den Sessel sinken. Gerade, als sie sich einen Schluck Kaffee genehmigen wollte, klingelte das Telefon. Hastig stellte sie ihre Tasse neben sich auf den Tisch und sprintete zum Telefon, das auf einer kleinen Kommode stand.

„Nightmore“, meldete sie sich. „Spreche ich dort mit Frau Nightmore?“, fragte eine sanfte Frauenstimme am anderen Ende der Leitung. „Ja, die bin ich“, erwiderte Valery. „Das ist ja wunderbar. Ich bin Sarah Greeman.

Die Mutter von Norman.“ „Oh, hallo.“ Valery war verblüfft.

Noch nie hatte eine Mutter eines Klassenkameraden von Alex sie angerufen, geschweige denn sprechen wollen.

„Haben Sie etwas von der Polizei gehört, Frau Greeman?“ „Nein, leider nicht. Sie etwa?“ „Nein, auch nicht.“ Ein betretendes Schweigen trat ein. Dann sagte Frau Greeman: „Norman war vor einiger Zeit hier. Er hat uns erzählt, was passiert ist.“ „WAS SAGEN SIE DA???“, schrie Valery in den Hörer. „Bitte schreien Sie doch nicht so.“ „Entschuldigen Sie bitte. Ich wollte nicht so laut werden.“ „Ist schon in Ordnung.“ „Danke. Sie sagten gerade, dass Ihr Sohn Norman bei Ihnen war und alles erzählt hat? „Was hat er denn gesagt?“ Nun berichtete Frau Greeman, was Norman, Leon und Alex bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatten. „Haben Sie das auch Leons Mutter erzählt?“, erkundigte sich Valery. „Ja, natürlich habe ich ihr das erzählt. Sie war am Telefon ganz außer sich vor Sorge und hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie und ihr Mann nicht vernünftig auf die Kinder aufgepasst haben.“ „Können Sie sich vorstellen, wo die Kinder momentan sind?“, bohrte sie nach. „Nein, ich habe überhaupt keine Ahnung“, antwortete sie. „Den einzigen Anhaltspunkt, den wir haben, ist die Herberge, wo die fünf Urlaub gemacht haben. Ach ja, und eine nicht weit entfernte Bucht, wo sie auf das Piratenschiff gestoßen sind.“ Dann wurde es abermals still im Raum.

Das einzige Geräusch, das man vernahm, war ein Rascheln aus dem Telefon. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. „Ich danke Ihnen vielmals für Ihren Anruf, Frau Greeman,“ durchbrach Valery die Stille. „Ist doch kein Problem. Schließlich vermissen Sie Ihren Sohn genauso wie mein Mann und ich.“ „Falls ich etwas Neues haben sollte, melde ich mich natürlich bei Ihnen.“ „Danke sehr.“ „Ich wünsche Ihnen und Ihrem Mann einen schönen Abend“, sagte Valery und legte auf. Das gibt es doch nicht. Alex, wo bist du?, dachte sie und starrte auf das Telefon. In Gedanken versunken, schlurfte sie zu ihrem Sessel zurück und setzte sich. Jetzt schaltete sie den Fernseher aus und nahm ihre Kaffeetasse in die Hand. Wie in Zeitlupe nahm sie einen Schluck von ihrem bereits lauwarmen Kaffee und überlegte fieberhaft, wo ihr Sohn stecken könnte. Sie haben an der Nordsee Urlaub gemacht. Wo haben sie geschlafen? Ach ja, in einer Herberge direkt am Wasser, hämmerte es durch ihren Kopf. Schließlich trank sie ihren Kaffee vollends aus und ging zu Bett.

Am nächsten Morgen stand sie wie immer früh auf. Aber heute war es irgendwie nicht wie sonst. Valerys Gedanken waren nicht bei ihrem Arbeitsplatz, sondern bei ihrem Sohn, den sie um jeden Preis finden wollte.

Entschlossen trat sie an die Kommode im Wohnzimmer heran, nahm den Hörer von der Gabel und wählte die Nummer ihres Chefs. Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, legte sie erleichtert auf. Zu ihrem Glück zeigte ihr Chef für ihre momentane Situation Verständnis.

Somit konnte sie jetzt mit einem guten Gewissen ihre Sachen für eine ungewisse, lange Reise packen, in der Hoffnung, ihren geliebten Sohn wiederzufinden.

Mit seinen Tränen kämpfend, durchschritt Leon die Menge und stieß schließlich wieder zu seinen Freunden.

„Was für ein Abgang“, sagte Alex breit grinsend zur Begrüßung. „Ja. Die Leute dort sind echt die Wucht“, entgegnete Leon und wischte sich ein paar letzte Tränen aus seinem Gesicht. „Schön, dich endlich bei uns zu haben“, sagte Norman fröhlich. „Ja, ich bin auch sehr froh darüber wieder bei euch zu sein. Obwohl es bei Snowby doch gar nicht so schlecht war“, meinte Leon und schaute sehnsüchtig zum Schiff hinüber. Kurz darauf sah er, wie zwei seiner ehemaligen Kameraden den Holzsteg einzogen und sich zur Weiterfahrt bereit machten. „Ich denke, wir sollten jetzt mal hinunter gehen und dem Rest unser neues Mitglied vorstellen“, schaltete sich Alandra plötzlich ein. „Ja, du hast recht“, stimmte Alex ihr zu. „Dann kommt mal mit.“ Während Alandra, Mira und Norman zielstrebig unter Deck gingen, ließ sich Alex zurück fallen. „Ich bin so froh, dass du wieder bei uns mitmachst. Ohne dich war es nur halb so schön“, sagte Alex fast flüsternd. „Ja, ich auch, obwohl ich die Crew von Snowby doch ein bisschen vermisse. Aber warum sprichst du so leise?“ „Äh...eigentlich wollte ich dir was erzählen, aber das kann ich ja auch machen, wenn die anderen dabei sind.“ „Okay…..“ Als Alex und Leon gerade unter Deck gehen wollten, hörten sie plötzlich ein lautes Geräusch. Prompt drehten sich die beiden um.

Das laute Geräusch schien von einem großen Horn zu kommen, das aussah, als würde es über der Reling schweben. Leon schaute nun genauer hin und sah - Mirondo. Abermals wurden seine Augen feucht. Dann sprintete Leon zur Reling und schrie so laut er konnte:

„Ich werde euch nie vergessen!!“ Wenig später setzte sich das andere Schiff in Bewegung, und bald darauf war es nur noch ein kleiner Punkt am Horizont. „Komm, lass uns zu den anderen gehen. Sie warten sicherlich schon ganz gespannt auf dich“, sagte Alex, der zu ihm getreten war und legte ihm nun eine Hand auf die Schulter. Leon seufzte. Nachdem er einen letzten Blick aufs offene Meer geworfen hatte, begab er sich mit ihm zu den anderen.

Als sie unten ankamen, steuerte Alex Leon direkt auf eine Kabine zu, dessen Tür einen Spalt auf stand und Gesprächsfetzen heraus drangen. Leon schaute mit großen Augen auf ein kleines Messingschild, das in der Kabinentür eingelassen war. Darauf konnte er in klaren Buchstaben Kapitän Alexander Nightmore lesen.

„Wahnsinn!!!“, rief Leon ganz begeistert aus. „Du bist Käptn dieses Schiffes???“ „Ja“, antwortete er leise.

„Aber wie versprochen, werden wir zu dritt unsere Entscheidungen treffen“, sagte Alex. Daraufhin erschien ein breites Lächeln auf Leons Gesicht. Plötzlich verstummten die Gespräche, als die beiden die Kabine betraten. In der Kabine befanden sich drei Betten, die zur Tür ausgerichtet waren. Außerdem befand sich links neben der Tür ein großer Holzschrank sowie ein großer runder Tisch, der direkt vor den Betten platziert war und an denen jetzt Alandra, Mira und Norman Platz genommen hatten. „Da seid ihr ja endlich“, begrüßte Norman die beiden Ankömmlinge. „Wir dachten schon, ihr wärt auf dem Weg zu uns umgedreht“, scherzte Alandra augenzwinkernd. „Was war das eigentlich für ein Krach vorhin? Hat da etwa jemand in ein Horn geblasen?“, wandte Mira sich an die beiden. Leon nickte nur. Anschließend nahmen Alex und Leon an dem großen Tisch Platz. Einige Zeit lang sagte keiner etwas.

„Was wolltest du mir eigentlich sagen?“, flüsterte Leon Alex ins Ohr. Alex schaute ihn verwundert an. Dann sagte er etwas lauter: „Ich muss euch unbedingt etwas mitteilen, das ich auf keinen Fall für mich behalten kann und auch nicht möchte.“ Alle im Raum schauten ihn gespannt an und fragten sich, was er wohl zu erzählen hatte. „Als wir, dass heißt Alandra, Donkano und ich ein weiteres Mal in Agewood Town waren, hat mir ein Geist namens Ramonya etwas überlassen, das wir aus den Klauen einer Organisation wiederbeschafft haben.“ Leon, Norman und Mira schauten ihn mit großen Augen an.

„Was ist denn?“, fragte Norman mit vor Aufregung zittriger Stimme. Daraufhin ging Alex zu seinem Bett hinüber und holte etwas aus seinem Rucksack. Danach kam er wieder zurück und legte den Gegenstand in die Mitte des Tisches. Vollkommen verwundert schauten alle (außer Alandra) das Amulett an, das nun vor ihnen lag und fragten sich, was es damit auf sich hatte. „Dieses Ding hier soll dir ein Geist überlassen haben?“, fragte Leon ungläubig. „Äh..ja“, erwiderte Alex. „Das klingt wirklich ein bisschen märchenhaft“, setzte Mira hinzu. „Es ist aber so“, sagte Alex verzweifelt. Er musste sie um jeden Preis davon überzeugen. „Wenn das wahr ist, würde ich gerne wissen, warum der Geist das gemacht haben soll“, wandte Leon ein. „Vor allem, was er damit bezweckt hat.“ „Zeig ihnen doch, was es kann“, erklang plötzlich eine weibliche Stimme ganz dicht an Alex´ Ohr.

Panisch schaute er sich um. Doch niemand war zu sehen. Weder Norman noch Leon oder eines der beiden Mädchen, hatte etwas gesagt. Was ist nur los mit mir? Werde ich etwa verrückt?, dachte er. „Nein, du wirst nicht verrückt. Ich bin es doch nur, Ramonya.“ „Du? Aber…..“

„Was faselst du da?“, fragte Leon und schaute ihn an, als sei er verrückt. „Was? Wovon redest du?“ „Na, von dem, was du eben vor dich hingenuschelt hast“, entgegnete Leon und schaute Alex mit jeder weiteren Sekunde, in der er nichts darauf sagte, immer verwirrter an. Habe ich etwa…. „Ja, das hast du“, antwortete Ramonya, ohne ihn auch nur ausreden zu lassen. „Erzähl ihnen doch von mir. Vielleicht verstehen sie dann ja dein merkwürdiges Verhalten“, schlug das Mädchen vor. „Meinst du echt?“ „Ja, warum denn nicht. Vielleicht geht es dir danach besser.“ „Ich muss euch noch etwas sagen…..“ „Da bin ich ja aber mal gespannt, was jetzt wieder für eine lustige Story kommt“, sagte Alandra, die ihn ebenfalls für verrückt zu halten schien. „Ramonya ist hier!“ „Was? Wer ist hier?“, fragten alle ungläubig im Chor. „Na, der Geist, von dem ich euch eben erzählt habe“, antwortete Alex.

„Mann, Alter. Hör auf mit dem Mist und komm wieder zu dir“, sagte Leon nun etwas verärgert. „Warum glaubt mir denn hier keiner?“ Er war der puren Verzweiflung sehr nahe. „Wir würden dir ja gerne glauben. Aber wie können wir etwas bestätigen, das wir gar nicht sehen?“ Daraufhin folgte ein stummes Nicken. Ramonya, warum können sie dich nicht sehen, aber dafür ich?“, wandte er sich an den Geist. „Vielleicht, weil sie noch gar nicht an Phänomene wie Geister glauben. Außerdem kennen mich noch gar nicht“, erwiderte sie trotzig. „Wir dagegen haben uns damals in einer Situation getroffen, in der es unvermeidbar war, sich nicht zu zeigen. Und außerdem hast du durch dein handeln ja bewiesen, dass du vertrauenswürdig bist.“ Ich danke dir, dass du es so siehst. Alex war überglücklich. Jetzt konnte er hoffentlich die anderen davon überzeugen, dass das alles kein schlechter Scherz war. „Ich habe mit Ramonya gesprochen“, begann er zu erzählen. „Und was hat sie gesagt?“, warf Leon ein. „Sie wird sich euch erst offenbaren, wenn sie sich euch gegenüber sicher fühlt.“