Die General-Management-Funktionen - Fredmund Malik - E-Book

Die General-Management-Funktionen E-Book

Fredmund Malik

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Beschreibung

Management ist keine Frage der Ideologien oder Moden. Management ist Handwerk - die universelle und wichtigste Disziplin des 21. Jahrhunderts. Fredmund Malik, der führende Experte auf dem Gebiet des General Managements, zeigt, was jeder immer und überall braucht, um als Führungskraft - gleich in welcher Position oder Organisation - erfolgreich zu sein. In diesem Teil erläutert Fredmund Malik das Grundmodell des General Management. Jeder Institution und jeder Organisation liegen die gleichen Aufgabenkomplexe und Elemente zugrunde, die sie zum Funktionieren benötigt. Malik zeigt das Zusammenwirken von Strategie, Kultur und Struktur im Umfeld von Unternehmenspolitik und Governance und macht so die komplexen Funktionsmechanismen transparent und verständlich. Fredmund Maliks Lehre ist systemorientiert und damit weltweit und zeitlos gültig. Sie funktioniert in allen Bereichen und Branchen jeder Gesellschaft, unabhängig von wechselnden Strömungen, nationalen und kulturellen Unterschieden. Mit seiner ebenso konsequenten wie fundierten Orientierung an den naturgegebenen Phänomenen komplexer Systeme, mit denen Führungskräfte ebenso wie Manager ohne Macht täglich zurechtkommen müssen, setzt Malik den Standard für solides Management im Wissenszeitalter. Lesen Sie noch mehr zu den Malik Management Systemen: Management ist Handwerk Grundsätze wirksamer Führung Aufgaben wirksamer Führung Werkzeuge wirksamer Führung Der Schlüssel zum Erfolg Von der Kunst zum Beruf Das Malik Management System und seine Anwender Managing People - Managing a Business Management für eine neue Zeit Anleitung zur Selbstorganisation Souveränität und Leadership durch Master Control Kybernetik: Die Hintergründe der Malik Management Systeme

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Fredmund Malik

Die General-Management-Funktionen

Campus VerlagFrankfurt/New York

Informationen zum Inhalt

Management ist keine Frage der Ideologien oder Moden. Management ist Handwerk − die universelle und wichtigste Disziplin des 21. Jahrhunderts. Fredmund Malik, der führende Experte auf dem Gebiet des General Managements, zeigt, was jeder immer und überall braucht, um als Führungskraft − gleich in welcher Position oder Organisation − erfolgreich zu sein.

In diesem Teil erläutert Fredmund Malik das Grundmodell des General Management. Jeder Institution und jeder Organisation liegen die gleichen Aufgabenkomplexe und Elemente zugrunde, die sie zum Funktionieren benötigt. Malik zeigt das Zusammenwirken von Strategie, Kultur und Struktur im Umfeld von Unternehmenspolitik und Governance und macht so die komplexen Funktionsmechanismen transparent und verständlich.

Fredmund Maliks Lehre ist systemorientiert und damit weltweit und zeitlos gültig. Sie funktioniert in allen Bereichen und Branchen jeder Gesellschaft, unabhängig von wechselnden Strömungen, nationalen und kulturellen Unterschieden. Mit seiner ebenso konsequenten wie fundierten Orientierung an den naturgegebenen Phänomenen komplexer Systeme, mit denen Führungskräfte ebenso wie Manager ohne Macht täglich zurechtkommen müssen, setzt Malik den Standard für solides Management im Wissenszeitalter.

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Informationen zum Autor

Prof. Dr. Fredmund Malik, an der Universität St. Gallen habilitierter Professor für Unternehmensführung und international angesehener Management Experte, ist Gründer und Chairman von Malik Management sowie der Schöpfer der Malik ManagementSysteme®. Er ist mehrfach ausgezeichneter Bestsellerautor von über zehn Büchern, darunter den Klassikern »Führen Leisten Leben« und »Strategie des Managements komplexer Systeme«, sowie Kolumnist in meinungsbestimmenden Medien und gehört zu den profiliertesten Management-Vordenkern. Als Mitglied und Vorsitzender von Governance-Organen renommierter Weltmarktführer ist Malik Kenner der internationalen Corporate Governance Praxis. Als solcher war er bereits in den 1990er Jahren der damals erste und lange Zeit einzige Kritiker des gesellschaftsschädigenden Neoliberalismus und der angelsächsischen Business Administration mit ihrer eindimensionalen Fixierung auf den Shareholder Value, die Malik als eine der Hauptursachen der Weltkrise identifizierte. Dank seiner kybernetischen Methoden und Instrumente war Malik einer der Ersten, der die Krisengefahr erkannte. Aufgrund der Früherkennung, die mit seinen Instrumenten möglich war, entwickelte Malik zusammen mit seinem Team die innovativen Lösungen für die Komplexität der heutigen Herausforderungen. Maliks Ganzheitliche ManagementSysteme® sind die höchstentwickelten Tools für das zuverlässige Funktionieren von Organisationen unter den komplexen Bedingungen globaler Vernetzung und der Dynamik tiefgreifenden Wandels. Mit seiner kybernetikbasierten Management-Lehre definiert Malik seit Jahren den Standard für Richtiges Management.

Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen zählen das Ehrenkreuz der Republik Österreich für Wissenschaft und Kunst, 2009 und der Heinz von Foerster Preis für Organisationskybernetik der Deutschen Gesellschaft für Kybernetik, 2010.

Inhalt

Das General-Management-Grundmodell

Umfeld

Modellkategorien für das Umfeld

Die Wirtschaft verstehen

Neoliberale Missverständnisse

Neues Wirtschaftsverständnis nötig?

Wollen oder müssen? Schuldendruck als Antrieb des Wirtschaftens

Psychologische Gründe?

Wirtschaften resultiert aus Zwang

Unfreiwillige Schuldverhältnisse und zwangsweise Mehrleistung

Der Kreislauf ist unvollständig

Expansion und Depression

Inflation und Deflation

Die Legende von der Überlegenheit der US-Wirtschaft

Wie gut ist die amerikanische Wirtschaft?

Die amerikanische Reichtumstheorie und ihre Fehler

Falscher und richtiger Wohlstand

Ein Alternativszenario

Unternehmenspolitik und Corporate Governance

Irrtümer der Corporate Governance

Shareholder-Value: falsche Logik

Irreführend und gefährlich

Falsch gestellte Frage

Falscher Kontext

Scheinlösung Stakeholder-Ansatz

Scheinlösung Arbeitsplätze

Die richtige Lösung

Wofür Wertsteigerung?

Unternehmer oder Investor?

Zauber der Kennziffern

Falsches Gewinnverständnis

Funktionierende Corporate Governance – weil der Markt zu spät kommt

Business Mission: Die Basis richtiger Governance

Vision oder Mission?

Der Zweck des Unternehmens und die Funktion des Gewinnes

Drei Elemente einer Business Mission

Der Bedarf

Die Stärken

Die Überzeugung

Das Zusammenwirken der Elemente

Die Formulierung einer Business Mission

Die sechs Schlüsselgrößen für das gesunde Unternehmen – die echte Balanced Scorecard

Strategie

Die Pioniere

Ein kybernetisches Konzept

Welches Problem ist durch Strategie zu lösen?

Integrale Unternehmensnavigation mit zwingender Logik

Worauf kommt es an?

Liquidität

Erfolg

Bestehende Erfolgspotenziale

Neue Erfolgspotenziale

Zusammenfassende Übersicht

Strategische Prinzipien

Wachstum ist kein originäres Unternehmensziel

Wachstum – falsch und richtig

Größe ist zunehmend unwichtig

Diversifikation funktioniert fast nie

Schwächen beseitigen ist nur selten ein strategisches Ziel

Die Hohe Schule der Strategie: PIMS – Profit Impact of Market Strategies

Durchbruch in der Strategieforschung

Die Ergebnisse des Forschungsprogramms

Basis und Schlüsselfaktoren von PIMS

Navigieren mit Vernetzung

Der Nutzen für ein Unternehmen

Kritik am PIMS-Programm

Struktur

Organisieren

Reorganisieren ist immer »Chirurgie«

Es gibt keine »gute« Organisation

Man darf nicht mit Organigrammen beginnen

Grundbedingungen des Funktionierens

Der Grundzweck jeder Organisation

Die drei Grundfragen des Organisierens

Grundregeln des Funktionierens

Topmanagement-Struktur

Das Aufsichtsorgan

Zweck

Aufgaben

Das Exekutivorgan

Zweck

Aufgaben

Topmanagement-Teams: Wie funktioniert die Unternehmensspitze?

Was ist an Teamarbeit so schwierig?

Und die wirklich große Leistung?

Kultur

Kulturwandel

Werte

Einheit des Managementwissens

Die stärksten Signale: Personalentscheidungen

Critical Incidents

Motivationsfragen

Unabhängig werden von Motivation

Vertrauen: wichtiger als Motivation

Kultur und Sinn

Das Beste wurde übersehen

Das Wesentliche

Selbstverwirklichung, wodurch?

Führungskräfte

Braucht man ein Menschenbild im Management?

Neue Qualifikationen und Anforderungen

Woher kommen die Forderungen?

Schlechte und gute Manager

Sein oder Tun

Anforderungsprofile – eine Falle

Große Aufgaben für das Personalmanagement

Beendigung der »Mind-Pollution«

Effektivitätsverbesserung

Menschengerechte Organisation

Karrieregestaltung

Schaffung einer Elite

Geld: Die Bezahlung von Managern

Managereinkommen und Führungsqualität

Neubeginn für Managereinkommen

Innovation und Wandel

Irrlehren und Missverständnisse

Die Grundsätze

1. Auf Marktführerschaft und auf deutliche Veränderungen zielen

2. Platz schaffen für das Neue

3. Neues vom Bisherigen trennen

4. In den Problemen die Chancen suchen

5. Eine zweite »erste« Seite von den Controllern verlangen

6. Aufschreiben der Erwartungen

7. Klarstellen der Grenzkonditionen

8. Man braucht die besten Leute

9. Tests machen

10. Strikte Konzentration auf Weniges

11. Innovationsteams

12. Wann ist etwas neu?

Umsetzen

Konzentration auf Weniges

Eintragen in die Agenda

Kontrolle der unerledigten Aufgaben

Zu Ende denken

Testen

Einen Verantwortlichen bestimmen

Nie versuchen, alle zu gewinnen

Durchdenken, wer was braucht, um aktiv werden zu können

Nicht auf Berichte verlassen

Verantwortung und Ethik des Managements

Anmerkungen

Das General-Management-Grundmodell

Um zu zeigen, was General Management sein muss, verwende ich das nachfolgend abgebildete Grundmodell. Es hat sich für meine Praxis als das verständlichste und brauchbarste Konzept erwiesen, weil es alle wesentlichen Elemente im Überblick und in ihrem Zusammenwirken umfasst. Es ist ein ganzheitliches Modell, das sowohl einem unverbindlichen Holismus-Gedanken Grenzen setzt als auch dem in den letzten Jahren zum Extrem getriebenen Reduktionismus, der im Shareholder-Value gipfelte.

Unter dem Begriff »General Management« fasse ich jene Elemente und Aufgabenkomplexe zusammen, die allen Institutionen gemeinsam sind, die also jede Art von Organisation braucht, um zu funktionieren. Es sind damit auch jene Gebiete, über die alle Führungskräfte, auch Spezialisten, zumindest Grundkenntnisse haben müssen. Jene Führungskräfte, die eine Karriere im General Management anstreben, die Generalisten, müssen umfassende und detaillierte Kenntnisse über diese Themen haben. Das löst meines Erachtens latente Widersprüche zwischen Spezialist und Generalist auf. Auch der Generalist muss sich spezialisieren, aber auf etwas anderes als die Spezialisten. Er spezialisiert sich auf Ganzheiten, auf die Institution als Ganzes, und zwar, der Definition von Management zufolge, auf die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von komplexen, produktiven, sozialen Systemen.

Slogans wie: Der Spezialist weiß von immer weniger immer mehr; der Generalist weiß von immer mehr immer weniger, sind gut für einen Scherz. Den eigentlichen Kern treffen sie indessen nicht. Es nutzt niemandem, beide sarkastisch abzuwerten oder den einen gegen den anderen auszuspielen. Wir brauchen sowohl Spezialisten als auch Generalisten. Auf die vorgeschlagene Weise lässt sich recht präzise sagen, wer was wissen und können muss, um seine Aufgaben zu erfüllen, was wiederum für die Ausbildung wichtig ist.

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Abbildung 1: General Management

Die Zusammenhänge der General-Management-Ebene sind im Grunde recht einfach: Jede Institution operiert in einem Umfeld, in dem der Zweck der Institution zu erfüllen ist. Die Umfeldbedingungen müssen analysiert und verstanden werden, sonst ist eine vernünftige Zweckerfüllung nicht möglich.

Jede Institution hat für ihr Umfeld ihre Governance-Entscheidungen zu treffen. Sie umfassen die grundlegende Zwecksetzung, die obersten Wertvorstellungen und Regeln, welche die gesamte Tätigkeit und die Beziehungen zu den wesentlichen Umfeldelementen prägen sollen.

Weiter ist die Strategie zu bestimmen. Es sind Entscheidungen zu treffen, welche die Positionierung im jeweiligen Umfeld bestimmen, die Aktionsgebiete festlegen und die für die Erfüllung des Zweckes erforderlichen obersten Ziele, Mittel und Maßnahmen. Den Begriff »Strategie« verwende ich in einem weiten, umfassenden Sinne, der auch die Ziele einschließt. Je nach Institution wird das Wort »Strategie« mehr oder weniger passend sein und muss allenfalls adaptiert werden; die damit umschriebene Funktion ist aber immer erforderlich.

Ferner benötigt jede Institution eine tragfähige, robuste Struktur, deren wichtigste Anforderung die Funktionssicherheit unter allen realistisch anzunehmenden Bedingungen ist. Die Struktur bestimmt Funktions- und Lebensfähigkeit der Institution. Sie soll es den Menschen leicht machen, erfolgreich zu sein.

Das nächste General-Management-Element ist die Kultur. Sie muss auf Leistung, Verantwortung und Wirksamkeit ausgerichtet und für Menschen erträglich sein. Kultur speziell zu behandeln, steht nicht im Widerspruch zu den obigen Anmerkungen über die sogenannten emergenten Eigenschaften. Dass die Kultur emergent ist, heißt nicht, dass sie nicht inhaltlich beschrieben werden kann.

Im Zentrum der Abbildung stehen die Führungskräfte, die ihre je spezifischen Beiträge für die Gestaltung und Realisierung von Strategie, Struktur und Kultur zu leisten haben. Ihr Handeln wird, wie im rechten Teil der Abbildung angedeutet, vom Standardmodell der Managementwirksamkeit geleitet.

Nicht zu General Management gehörig, aber universell vorhanden, sind bestimmte Sach- oder Funktionsbereiche. Sie kommen in jeder Institution vor, vom Wirtschaftsunternehmen bis zum Opernhaus.

Jede Institution hat Leistungsempfänger. Da es immer weniger Monopole gibt, können immer mehr Leistungsempfänger wählen – sie sind also Kunden. Daher gibt es auch Konkurrenten und folglich einen Markt. Jede Institution muss somit gewisse Grundkenntnisse über Kunden, Markt und Marketing haben. Jede Institution braucht Menschen, um ihre Leistung zu erbringen und um zu funktionieren. Daher finden wir überall einen Personalbereich. Allen Institutionen gemeinsam ist, dass sie Geld brauchen, also benötigen sie einen Finanzbereich, und alle Institutionen verursachen Kosten, daher brauchen sie Controlling. Schließlich haben wir überall Daten, womit gewisse Grundkenntnisse der Informatik unerlässlich sind.

Führungskräfte müssen ein Minimum an Kenntnissen über diese Sachgebiete haben. Sie brauchen keine Spezialisten zu sein, sie können es auch gar nicht für alle Gebiete sein. Aber sie sollten so viel von diesen Bereichen verstehen, dass sie respektierte Gesprächspartner für die Spezialisten und diesen nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.

Umfeld

»The system always kicks back.«1

Management muss den Bezugspunkt in der Umwelt haben, in der die zu managende Institution zu funktionieren hat. Wer sein Umfeld nicht versteht, hat keine Chance für richtiges Management. Er kann sich weder an seine Umwelt sinnvoll anpassen, noch kann er sie gestalten. Die Begriffe Umfeld und Umwelt verwende ich als gleichbedeutend. »Umwelt« wird häufig zu eng nur gerade im Sinne der Ökologie verstanden. Das wäre für das Management gesellschaftlicher Institutionen nicht ausreichend.

Eine einzelne Institution kann ihre Umwelt nicht dominieren. Die Geschichte hat bewiesen, dass keine Organisation, sei sie temporär noch so mächtig gewesen, auf Dauer gegen die Bedingungen in ihrem Umfeld und besonders gegen die Veränderungen derselben erfolgreich sein konnte. Selbst die bisher größten und einflussreichsten Organisationen waren nicht in der Lage, ihre Umwelt für sich dauerhaft günstig zu gestalten, selbst wenn sie Monopolrechte hatten.

Die Gründe liegen in der Komplexität und im steten Wandel aufgrund der Selbstorganisation, die unaufhaltsam vor sich geht. Die Umwelt ist ein Paradebeispiel für die zwingende Notwendigkeit für jede Führungskraft, sich mit Komplexität sowie komplexen Systemen und ihren Gesetzmäßigkeiten zu befassen. Selbst wenn man noch so überzeugt sein sollte vom »Keep it simple«-Slogan, muss man akzeptieren, dass dieser seine Gültigkeit spätestens dann verliert, wenn es um das Umfeld des Unternehmens oder irgendeiner anderen Organisation geht.

Modellkategorien für das Umfeld

Mit »Umfeld« ist hier alles gemeint, was für die konkrete Institution von Bedeutung ist oder sein kann, unabhängig davon, ob das bekannt ist oder nicht, ob man es prinzipiell kennen kann oder nicht. Zwei nur scheinbar widersprüchliche Aspekte sind zu beachten: Erstens, es gibt prinzipielle Grenzen für das Wissen über die Umwelt, woraus ganz bestimmte Anforderungen an das Management folgen; zweitens, dennoch kann man mehr und vor allem Wichtigeres wissen, als die meisten Manager für möglich halten und in Unternehmen genutzt wird.

Die folgende Abbildung enthält die wesentlichsten Komponenten der Umwelt eines Unternehmens, und zwar in zweifacher Gliederung, nämlich sowohl institutionell (Lieferanten, Geldgeber, Medien etc.) als auch funktionell (die Umweltsphären). Diese Abbildung wurde bereits für die erste Fassung des St. Galler Management-Modells entwickelt und hat bisher ihre Gültigkeit und Brauchbarkeit bewiesen. Sie enthält bereits explizit das, was heute manchen Pseudoreformern des Shareholder-Value-Ansatzes als neuester Fortschritt gilt, nämlich den Stakeholder-Ansatz. Dieser war schon damals gängige Auffassung. Im Management werden dieselben Räder (auch die unbrauchbaren) alle paar Jahre neu erfunden, weil die meisten schlicht keine Ahnung vom Stand des Wissens haben.

Gegenüber der Originalversion habe ich zwei Veränderung vorgenommen: Erstens habe ich die Medien hinzugefügt, die heute eine vielfach größere Bedeutung als früher haben. Zweitens habe ich den Kunden speziell markiert, um ihn von den anderen potenziellen Stakeholdern deutlich zu unterscheiden. Kunden sind zwar zweifellos Elemente der Umwelt, aber sie sind keine Stakeholder.

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Abbildung 2: Komponenten der Umwelt des Unternehmens

Die Wirtschaft verstehen

In den obigen Abbildungen kommt die Vieldimensionalität deutlich zum Ausdruck, die bei jeder Umfeldanalyse zu beachten ist. Im Folgenden beschränke ich mich auf einige der wichtigsten wirtschaftlichen Aspekte, die meines Erachtens weitgehend unbekannt oder missverstanden sind. Sie sind unmittelbar ursächlich für die Verbreitung von falschem Management. Damit ist nicht angedeutet, dass andere Umfeldkategorien weniger wichtig wären, eher das Gegenteil ist der Fall.

Letztlich manifestieren sich alle Umwelteinflüsse im ökonomischen Bereich, und zwar für jede Institution, sei es auch nur über die Geldaufwendungen, die für die Zweckerfüllung zu tätigen sind, und die Geldmittel, die dafür verfügbar sind. Man mag das bedauern; es ist eine Tatsache. Im Zentrum richtigen Managements muss daher ein fundiertes Verständnis für die Funktionsweise der Wirtschaft stehen.

Die herrschenden Theorien der Ökonomie sind für die Führung von Unternehmen weitgehend unbrauchbar. Sie befassen sich großteils mit Spezialfragen, sind unverständlich formuliert und meistens inhaltlich ohne Relevanz. Schon die grundlegenden Annahmen, von denen ausgegangen wird, haben kaum etwas mit der Wirklichkeit von Führungskräften zu tun. Einige sind aber auch ausgesprochen und auf gefährliche Weise irreführend.

Dazu gehören die propagierten neoliberalen Vorstellungen und die in den USA dominierende »Neue Reichtumstheorie«. Sie ist genauso falsch, wie es die »Theorie« von der »New Economy« war. Was bleibt, ist die Verwunderung darüber, wie solcher Unsinn mit dogmatischem Eifer von fast allen Ökonomen, Medien, Consultants und vielen Managern vertreten werden konnte. Gegen diese Vorstellung habe ich mich konsequent von Anfang an gewandt.2

Neoliberale Missverständnisse

Der nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Mode gekommene Neoliberalismus ist ein Zerrbild des echten Liberalismus. Die historisch einmalige Chance wurde vertan, die Welt von den Vorzügen einer echten liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu überzeugen. Die neoliberalen Protagonisten lassen keine Gelegenheit aus, den Menschen weiszumachen, wie schön ihre Ideologie sei. Sie verbreiten damit arge Irrtümer, die kein echter Liberaler je vertreten hat. Sie programmieren Enttäuschungen und eine neue Wirtschaftsfeindlichkeit in der Bevölkerung.

Das sage ich gerade deshalb ungeschminkt und kompromisslos, weil ich ein entschiedener Befürworter einer freien Unternehmenswirtschaft bin, weil ich für den Markt als Koordinationsmechanismus eintrete, wo immer er funktioniert oder zum Funktionieren gebracht werden kann.

Der Neobliberalismus kämpft umso verbissener darum, akzeptiert zu werden, je deutlicher wird, dass einige seiner Kernpositionen falsch sind. Statt, wie echte Liberale das tun würden, freimütig Fehler einzugestehen und für ihre Korrektur zu sorgen, erinnert die Diskussion fatal an die dogmatischen Rückzugsgefechte der Neomarxisten. Damit wird jede Überzeugungskraft eingebüßt. Man wird auf diese Weise das genaue Gegenteil dessen erreichen, was man anstrebt, und einer Wiederbelebung sozialistischer Denkweisen den Weg ebnen, was in vielen Ländern bereits im Gange ist.

Während nach dem Zweiten Weltkrieg die Politik als Allheilmittel (miss)verstanden wurde, ist es heute die Wirtschaft. Der Neoliberalismus hat zur Ökonomisierung der Gesellschaft geführt, und zwar zu einer höchst einfältigen, reduktionistischen Form von Ökonomisierung. Der echte Liberalismus ist aber keine Wirtschaftstheorie, sondern er ist eine Gesellschaftstheorie. In seinem Zentrum stehen nicht wirtschaftliche Größen, schon gar nicht finanzielle, wie etwa der Gewinn. Der echte Liberalismus ist eine Theorie der Gesellschaft, und sein oberster Wert ist die individuelle Freiheit. Die großen liberalen Ökonomen hätten die heutige Spielart des Neoliberalismus mit Shareholder-Value und Wertsteigerung nicht akzeptiert. Sie hätten auch nicht von Deregulierung gesprochen, weil sie genau wussten, dass der wichtigste liberale Wert, die individuelle Freiheit, nicht ohne Regeln zu haben ist. Sie hätten »Re-Regulierung« betrieben, denn ihr Ziel wäre es gewesen, an die Stelle von falschen Regeln richtige Regeln zu setzen, aber nicht die Regeln abzuschaffen.

Erst aus einem fundierten Verständnis einer funktionierenden freien Gesellschaft haben die liberalen Denker wie Friedrich von Hayek, Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke, aber schon lange vor ihnen die schottischen Moralphilosophen, abgeleitet, welche Funktion die Wirtschaft in einer solchen Gesellschaft erfüllen muss und nach welchen Gesichtspunkten daher zu wirtschaften ist. Dieser Gedanke ist den heutigen Vertretern neoliberaler Posititionen völlig abhanden gekommen, insbesondere den meisten Funktionären von Wirtschaftsverbänden und den Wirtschaftslobbyisten in der Politik. Auch die Kommentare von Unternehmern und Managern zum Neoliberalismus zeugen nur selten von Sachverstand.

Bei der Gesellschaft – und nicht bei der Wirtschaft – muss begonnen werden. Ohne eine funktionierende Gesellschaft kann es keine funktionierende Wirtschaft geben und daher auch keine funktionierenden Unternehmen. In einer verrotteten Gesellschaft gibt es zwar Geschäftemacherei, aber keine Unternehmensführung. Nach meiner Erfahrung wird das von den Menschen recht gut verstanden.

Was regelmäßig schlecht und meistens falsch dargestellt wird, ist der Markt. Ohne Unterlass wird verbreitet, wie großartig und wohltuend die Marktwirtschaft sei. Wer das tut, spricht entweder aus einer privilegierten Position, oder er hat die Marktwirtschaft nicht verstanden. Keiner der echten liberalen Ökonomen, vor allem nicht Friedrich von Hayek, hat den Markt als gute Lösung und gar als Lösung für alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Koordinations- und Regulierungsprobleme verstanden. Sie sind im Gegenteil konsequent von der Einsicht ausgegangen, dass der Markt eine schlechte Lösung ist, und haben von dort aus argumentiert, dass alle anderen bekannten Lösungen noch schlechter sind, und sie waren offen für die Suche nach besseren. Das hat ihnen Glaubwürdigkeit und Gewicht verschafft.

Wer behauptet, der Markt schaffe ein Maximum an Wachstum und Sozialprodukt, macht einen Fehler. Friedrich von Hayek, der meines Erachtens scharfsinnigste Liberale, sagt unmissverständlich: »Das so genannte ›Maximum‹ das wir auf diese (marktwirtschaftliche) Weise erreichen können, kann natürlich nicht als eine Summe bestimmter Mengen von Gütern definiert werden …«3

Wer die Schwächen des Marktes nicht sieht, läuft Gefahr, erstens den Markt schlichtweg zu überfordern, zweitens die Suche nach besseren Lösungen dort zu blockieren, wo es sie geben könnte, und drittens die ohnehin weit verbreitete Unkenntnis in Wirtschaftsfragen noch zu verstärken. Ein typischer Fall ist die Meinung, der Markt sorge wirksam für die Korrektur der Fehler in der Führung großer Unternehmen.

Es ist schlichtweg naiv, wenn Neoliberale sagen, der Markt werde »schon alles richten«. So unverzichtbar der Markt ist, er wird vom Neoliberalismus überfordert. Der Markt führt keine wirtschaftliche Leistung herbei, verhindert nicht einmal Fehler, er bestraft sie nur; er korrigiert sie auch nicht in einem gebräuchlichen Sinne des Wortes, sondern er mobilisiert die Leichenbestatter, wenn der Patient tot ist. Das sind zu krude Methoden in der heutigen Gesellschaft. Daher ist, wie ich noch näher begründen werde, richtiges und gutes Management nicht nur nötig, um Organisationen gut zu führen, sondern auch, um die systemimmanenten Schwächen des Marktes zu kompensieren.

Ein weiterer Irrtum: Kein echter Liberaler hat je, wie die Neoliberalen es tun, Egoismus gefordert. Es ist schlichtweg ein Märchen, dass Adam Smith für den Egoismus eingetreten sei.4 Der Liberalismus beruht nicht auf dem Egoismus der Menschen, und sein Funktionieren hängt von diesem nicht ab. Er ist im Gegenteil das einzige System, das es den Menschen ausdrücklich frei stellt, sich so zu verhalten, wie sie es selbst wollen, und jene Ziele anzustreben, die sie selbst wählen. Die echten Liberalen sagen allerdings etwas, was immer wieder missverstanden wurde: nämlich dass selbst das am schädlichsten einzustufende Verhalten sich innerhalb der von ihnen empfohlenen Ordnung, zu der auch die Rechtsordnung gehört, zum Guten der Gesellschaft auswirkt.5 Oder einfacher: Der Liberalismus ist ein System, in dem schlechte Menschen am wenigsten Schaden anrichten können.

Echter Liberalismus fordert auch nicht Gewinn, schon gar nicht Gewinnmaximierung, nicht einmal Gewinnorientierung. Marktwirtschaft und Kapitalismus sind überhaupt nicht durch den Gewinn definiert, sondern durch die Liquidität. Wer bei Fälligkeit bezahlen kann, bleibt im Spiel. Woher seine Mittel kommen, interessiert die Gläubiger nicht.

Ein letztes Missverständnis: Der echte Liberalismus verlangt nicht, dass wir alle Ziele der Wirtschaft unterstellen sollen. Niemand hat deutlicher gesagt, als Friedrich von Hayek, dass letztlich alle Ziele nicht-ökonomischer Natur seien. »Die letzten Ziele, die vernunftbegabte Wesen durch ihre Tätigkeit zu erreichen suchen, sind niemals ökonomischer Art. Streng genommen gibt es kein ›wirtschaftliches Motiv‹, sondern nur wirtschaftliche Faktoren, die die Voraussetzungen für unser Streben nach anderen Zielen schaffen. Was gemeinhin in irreführender Weise das ›wirtschaftliche Motiv‹ genannt wird, bedeutet nichts anderes als das Verlangen nach der Möglichkeit, beliebige Ziele zu verwirklichen.«6 Wir würden viele einflussreiche Gegner zu Befürwortern eines freien Wirtschaftssystems machen können, wenn wir von ihnen nicht ständig verlangten, alles rein ökonomischer Ratio unterzuordnen, wogegen sich mit Recht Gefühl und Vernunft sträuben. Was der Liberalismus aber verlangt, ist, dass jeder für seine Handlungen einzustehen hat. Das muss auch für Manager gelten.

Neues Wirtschaftsverständnis nötig?

Die Antwort ist: Ja. Nicht nur viele neoliberale Positionen sind fragwürdig. Das heutige Wirtschaftsverständnis als Ganzes ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – in grundlegenden Dimensionen falsch. Es wird zum Beispiel noch immer aus dem Tausch erklärt, obwohl bis heute für keine Epoche die Existenz einer Tauschwirtschaft nachgewiesen werden konnte.

Im Folgenden orientiere ich mich an den Auffassungen von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger, die mit überzeugenden Argumenten nachweisen, dass wir im Grunde noch gar keine echte Theorie des Wirtschaftens haben,7 sondern vorläufig eine Theorie der produktiven Nutzung von Besitz, während echtes Wirtschaften Eigentum benötigt, nicht wegen seiner Nutzung, sondern wegen seiner Beleihungsfähigkeit.8

Wollen oder müssen? Schuldendruck als Antrieb des Wirtschaftens

Was dürfen wir nicht täglich an klugen Erläuterungen zum Wirtschaftsgeschehen entgegennehmen. Die meisten sind schon nach kurzer Zeit überholt, oder sie stehen im Widerspruch zu Aussagen, die von anderen Experten gemacht werden. Um in der Flut sich widersprechender Kommentare und Vorschläge klaren Kopf zu bewahren, ist es nützlich, sich gelegentlich einige Grundwahrheiten der Wirtschaft und des Wirtschaftens ins Gedächtnis zu rufen.

Warum arbeitet der Mensch? Warum wird überhaupt gewirtschaftet? Warum wird auf eine bestimmte Weise gewirtschaftet? Und warum war es von Anfang an und leicht erkennbar, dass das Geschwätz von der New Economy eben dieses war: Geschwätz?

Psychologische Gründe?

Üblicherweise werden Arbeiten und Wirtschaften durchweg mit bestimmten Formen menschlichen Strebens und Wollens erklärt: Der Mensch will – so hört man – Bedürfnisse befriedigen. Als Konsument strebt er nach Nutzen oder nach Erfüllung seiner Wünsche. Als Unternehmer will er Gewinne machen oder wachsen oder beides. Als Mitarbeiter arbeitet er, weil er motiviert wurde. Als Manager fühlt er sich aufgerufen, innovativ zu sein. Es sind also offensichtlich psychologische Elemente, die als Triebkräfte des Wirtschaftens angesehen werden.

Das alles klingt nicht nur plausibel, es ist weitgehend herrschende Lehre. Ist es aber wirklich so? Sind es solche subjektiven Elemente des Wollens, Wünschens und Strebens, die den Druck in der Wirtschaft erklären? Wieso stellt man sich diesem Druck und weicht nicht aus? Wegen des Wettbewerbs, lautet die Antwort. Ist das die ganze Wahrheit?

Wirtschaften resultiert aus Zwang

Ein Aspekt wird immer wieder übersehen oder unterschätzt: Zu einem erheblichen Grad arbeiten die Menschen und wirtschaften Unternehmen nicht deshalb, weil sie arbeiten oder wirtschaften wollen, sondern weil sie müssen. Sie stehen unter Zwang.

Woher kommt dieser Zwang? Er folgt aus der schlichten Tatsache, dass Menschen und Unternehmen Verpflichtungen eingegangen sind, die der Höhe und der Zeit nach festgelegt sind und zwangsweise erfüllt werden müssen. Einfacher gesagt: Sie haben Schulden. Der Zwang resultiert aus früher eingegangenen Schuldkontrakten, deren Nichterfüllung zu Betreibung und Pfändung und schließlich zum Bankrott führt. Es ist nicht lange her, da gab es noch die Schuldknechtschaft.

Ein Teil der Schuldverhältnisse wird freiwillig eingegangen – und hätte somit auch vermieden werden können. Man hätte die entsprechenden Kaufakte, zum Beispiel Raten- oder Kreditkartenkäufe, auch aufschieben können. Sobald die Schuldverhältnisse aber einmal entstanden sind, üben sie ihre unerbittliche Wirkung aus, nämlich Erfüllungszwang, und zwar nicht nur im Ausmaß der eingegangenen Verpflichtung, sondern zusätzlich in Höhe des vereinbarten Zinses.

Unfreiwillige Schuldverhältnisse und zwangsweise Mehrleistung

Der weitaus größere Teil der Schuldkontrakte muss aber unfreiwillig geschlossen werden. Alle Produktion und alles Arbeiten müssen vorfinanziert werden. Käufer gibt es erst, nachdem produziert, Lohn erst, nachdem gearbeitet wurde. Wer produzieren muss, bevor er Käufer findet, muss Kredite aufnehmen. Wer den Lohn erst am Monatsende bekommt, muss Schulden machen, heutzutage die Kreditkarte benutzen, die moderne Form des früheren Anschreibenlassens, nur viel teurer. Die Vorfinanzierung führt zu zwangsweise einzugehenden Schuldkontrakten und daher zu zusätzlichen Kosten, dem Zins.

Menschen sind nicht nur, wie die ökonomischen Theorien es darstellen, Käufer und Verkäufer, Konsumenten und Produzenten, Arbeitnehmer und Arbeitgeber – sie sind vor allem Schuldner und Gläubiger. Ein Schuldner ist gezwungen, egal, was sein Streben, Wollen oder seine Motivation sein mögen, nicht nur das Darlehen zu erwirtschaften und somit eine Leistung zu erbringen, die er ohne Bestehen des Schuldkontraktes möglicherweise nicht erbracht hätte; er muss darüber hinaus eine Mehrleistung in Höhe des Zinses erwirtschaften. Über diese Ursache wirtschaftlicher Hektik und wirtschaftlichen Drucks wird selten berichtet – bemerkenswert, wo wir doch weltweit die höchsten absoluten und relativen Schulden haben, die es je gab. Diese Ursache des Wirtschaftsgeschehens ist von psychologischen Motiven und sonstigen Zielen, Wünschen und Vorhaben gänzlich unabhängig.

Die Summe aller Schuldverhältnisse multipliziert mit dem jeweils auf ihnen lastenden Zinssatz entspricht der Summe der mindestens erforderlichen wirtschaftlichen Mehrleistung zwecks Vermeidung des Unterganges. Das ist die Wachstumsursache der Wirtschaft, die Ursache von Hektik, Stress und Existenzangst – und gleichzeitig von Leistung, Produktivität und Innovation. Diese Ursache ist von psychologischen Motiven gänzlich unabhängig. Psychologische Elemente, wie zum Beispiel Gewinnstreben oder Gier, können freilich verstärkend hinzutreten.

Wird die erforderliche Leistung nicht erbracht, müssen Schulden liquidiert werden. Wenn die Schuldner nicht zahlen, haben die Gläubiger uneinbringliche Forderungen, die sie abzuschreiben haben. Dass vorher der Schuldner bis auf das Existenzminimum zwangsgepfändet wird, hilft meistens beiden nicht.

Wirtschaftswachstum ist eine Folge früher entstandener Schulden. Wenn es zurückgeht oder gar negativ wird, entsteht nicht nur weniger Sozialprodukt und Einkommen. Die viel gefährlichere Folge, wenn auch selten beachtet, ist der entstehende Wertberichtigungsbedarf in den Bilanzen.

Der Markt ist somit nicht nur der Ort des Aufeinandertreffens von Angebot und Nachfrage, sondern er ist auch – und vor allem – der Ort, wo verschuldete Produzenten die erforderlichen Schuldendeckungsmittel, nämlich Geld, aufzutreiben versuchen. In allen Fällen, in denen die Illusionen eines infalliblen Finanzsystems zusammenbrachen, konnte man das gut beobachten.

Das Problem sind nicht die übertriebenen Konsumansprüche der Menschen. Diese Ansprüche insbesondere für das tägliche Leben können die Menschen weit heruntersetzen, und sie tun es auch, sobald sie dazu gezwungen sind. Was sie nicht beseitigen können, sind die vorher gemachten Schulden, die aufgrund von Zins und Zinseszins ihr autonomes Wachstum haben, das sich nicht danach richtet, wie es den Leuten wirtschaftlich geht.

Ob ein Unternehmen respektive die für das Unternehmen handelnden Menschen produktiver oder innovativer sein oder werden wollen, spielt keine Rolle – die Schuldverhältnisse sind objektive Verpflichtungen und die mit ihnen verbundenen Zinslasten ebenfalls.

Der Kreislauf ist unvollständig

Die unmittelbaren Kosten für die Produktion fließen als Betriebsausgaben wieder zurück in den Markt. Die Produktion schafft sich somit scheinbar die eigene Kaufkraft und Nachfrage. Das ist deshalb nur scheinbar so, weil jede Produktion und ganz allgemein alles Wirtschaften, wie gesagt, vorfinanziert werden müssen. Das Geld (oder Kapital) für die Vorfinanzierung kann gesamtwirtschaftlich gesehen im Wirtschaftskreislauf aber niemals schon vorhanden sein. Die Wirtschaft ist gesamthaft also immer verschuldet.

Die doppelte Buchhaltung, also die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise, die gelegentlich zur Erklärung ökonomischer Vorgänge herangezogen wird, ist in diesem Punkt auf gefährliche Weise irreführend. Die Kosten der Vorfinanzierung, das Risiko und der Gewinn werden zwar kalkuliert und verbucht, aber diese Komponenten sind im Nachfragekreislauf nicht vorhanden. Sie existieren nur scheinbar als wirtschaftliche Realitäten, sind aber in Wahrheit Fiktionen des Rechnungswesens. Diese Kosten können immer und ausschließlich nur durch Vorverschuldung aufgebracht werden. Die Produktion kann also – und konnte – niemals ihre eigene Nachfrage schaffen, wie die Theorien behaupten.

Die freiwillig und unfreiwillig entstehenden Schuldverhältnisse und die mit ihnen verbundenen Zinsverpflichtungen stellen, wie erwähnt, den entscheidenden Dynamik- oder Druckfaktor dar.

Grundlage dieser Überlegungen ist die sogenannte debitistische Wirtschaftsauffassung, wie sie von Gunnar Heinsohn9 meines Wissens erstmals entworfen und in der Folge von ihm und seinem Kollegen Otto Steiger10 sowie von Paul C. Martin11 weiterentwickelt wurde. Daraus ergibt sich eine Reihe von Konsequenzen:

Geld ist aus dieser Sicht umlauffähig gemachte Schulden. Das gilt für alle Erscheinungsformen des Geldes. Bei den Banknoten ist das klar zu sehen: Sie sind Schuldscheine der Notenbanken.

Die viel geforderte Dynamik der Geldwirtschaft ergibt sich damit nicht aus der Wirtschaftspolitik, sondern aus den zwangsweise oder freiwillig eingegangenen Schuldverhältnissen und der unwiderruflichen und mit Existenzbedrohung belegten Bedienungs-, das heißt Tilgungs- und vor allem Verzinsungsverpflichtung.

Entgegen vielen Theorien ist die Ursache der Wirtschaftsentwicklung, ihre Richtung und Dynamik nicht etwas, was in der Zukunft liegt – mehr Gewinn, mehr Wohlstand und so weiter, sondern etwas, was in der Vergangenheit liegt, nämlich die früher eingegangenen Schuldverhältnisse.

Der Ort der Geldschöpfung ist damit auch nicht primär das Bankensystem, sondern es sind die individuellen Kaufakte der Menschen. Kaufen erfordert zunächst keine Bezahlung, daher auch kein Geld, sondern nur Kreditierung. Das Bankensystem macht es allerdings viel leichter, diese Kreditierung zu leisten und Schulden umlauffähig zu machen. Zusammen mit dem Staat als scheinbar infalliblem Schuldner kann es dabei zu Aufschuldungsexzessen und wirtschaftlichen Boomphasen kommen, die zwangsläufig Perioden wirtschaftlicher Deflation und Depression nach sich ziehen, die dann unausweichlich werden, wenn eine über die bereits bestehenden Schuldverhältnisse hinausgehende weitere Verschuldungsbereitschaft oder Verschuldungsmöglichkeit nicht mehr gegeben ist. Die japanische Wirtschaft ist seit 1990 ein drastisches aktuelles Beispiel. Was dort seit 15 Jahren vor sich geht, kann nur aus dieser Perspektive verstanden werden. Die Ursachen dafür liegen in den Exzessen der 1980er Jahre. Die US-Wirtschaft wird aufgrund ihrer Exzesse seit circa 1993 bis heute mit großer Wahrscheinlichkeit einen ähnlichen, wenn nicht viel schlimmeren Verlauf nehmen.

Expansion und Depression

Die Geldwirtschaft hat also nicht nur eine ihr immanente Dynamik im Sinne von Expansion, sondern auch deren Gegenteil, die immanente Gefahr der Schrumpfung und Depression. Jedem Dollar Schulden in einer Bilanz entspricht ein Dollar Forderungen in einer anderen Bilanz und umgekehrt. Es kann aber der Fall eintreten, in denen aus Schulden zu viel Schulden werden. Folge dessen ist, dass Forderungen uneinbringlich werden. Im Wesentlichen ist dies dann der Fall, wenn die Zinsen nicht mehr verdient werden können, sondern durch neue Schulden finanziert werden. Damit entstehen der Zinseszinseffekt und die mit ihm verbundene Aufschuldungsdynamik.

Es gibt dann zwar Wachstum, aber nicht mehr aus ökonomischer Leistung, sondern nur noch aus Buchungsvorgängen, die uneinbringliche Ansprüche reflektieren. Eine Zeit lang kann durch das, was man etwas zu vornehm als »Securitization« bezeichnet, der wahre Charakter dieser Ansprüche verschleiert werden. Im Grunde wird aber nur das Risiko der Wertberichtigung weitergeschoben auf der Basis der »Greater Fools Theory«. Was ist gemeint? Man fasst Forderungen gegen bestimmte Schuldnergruppen, zum Beispiel Hypotheken, zusammen, verbrieft sie in geeigneten Stückelungen und verkauft sie an der Börse. Man macht also Wertpapiere – Securities – aus den Schulden. Eine Zeit lang wird der Kurs möglicherweise noch gepflegt, danach überlässt man ihn dem Spiel von Angebot und Nachfrage. Solange der Kurs steigt, scheint alles in Ordnung zu sein. Alle verdienen, sei es durch Kursgewinne oder Kommissionen oder dadurch, dass sie das Risiko weitergegeben haben. Kursgewinne sind aber Papiergewinne. Realisieren kann man sie nur durch Verkauf an jemanden, der die Titel möglichst zu einem noch höheren Preis zu kaufen bereit ist – ab einem gewissen Punkt offenbar ein Narr, der dann noch größere Narren finden muss, damit das Spiel weitergeht.

Eines Tages bricht dieser Prozess ab, weil es keine »Greater Fools« mehr gibt und weil keine neuen Verschuldungsmöglichkeiten mehr gegeben sind. Die Gesamtwirtschaft befindet sich damit in einem durch die früher eingegangenen Schuldverhältnisse selbst produzierten Zwang zur Liquiditätsbeschaffung, um eben die Schuldverpflichtungen erfüllen zu können. Als Folge dessen beginnen in der Regel die Sachwerte zu sinken, deren frühere Preisanstiege ja weitgehend dem Hebeleffekt früherer Kreditierungsvorgänge zu verdanken sind und nur bedingt ökonomischer Leistung und Wertschöpfung.12

In dem Augenblick werden Nachschuss- und Nachbesicherungsverpflichtungen schlagend, weil die Sachwerte – oder die diese verbriefenden Papiere wie Aktien oder Investmentzertifikate – nicht mehr zur Deckung respektive Besicherung ausreichen. Immer mehr Schuldverhältnisse fallieren; immer mehr Forderungen müssen abgeschrieben werden; immer mehr Unternehmer und Private gehen bankrott.