Die glühende Stille - Silke Groth - E-Book

Die glühende Stille E-Book

Silke Groth

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Beschreibung

Die Autorin präsentiert in diesem Buch ausschließlich ihre bisher besten Kurzkrimis – allesamt geschrieben in einer sengenden Sommerhitze, die die Menschen zum Morden bringt. Jede Geschichte wechselt geschickt von Ermittlern zu Tätern und wieder zurück. In 20 schweißtreibenden Kurzkrimis zeigt sich: Unter der flirrenden Sonne ist niemand sicher. Mal wird es leichtfüßig und fast schon humorvoll – so etwa in "Sticheln und Stechen", wo ein kleiner Nadelstich die große Wende bringt. Dann wieder tieftraurig, wie beim "Sprung ins Nichts" oder in "Tanz nicht zurück", wo sich leise Verzweiflung mit der unbarmherzigen Glut des Sommers mischt. In der Hitze der Nacht passieren viele Dinge. Jemand wird hitzig, und manchmal schmilzt ein Mensch am helllichten Tag. Die Motive sind so zahlreich wie die Methoden – in diesem Sommer ist es gefährlich, das Fenster offen zu lassen oder dem Nachbarn zu trauen. Es ist ziemlich heiß geworden in letzter Zeit, die Hitze schlägt aufs Gemüt. Und das Morden hat Hochsaison. Dieses Buch vereint all das: düstere Abgründe, humorvolle Spitzen und tragische Momente – ein Muss für Krimi-Fans, die sich in der Glut des Sommers verlieren wollen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Silke Groth

Die glühende Stille

Kleine Mordsgeschichten

Kurzkrimis

Impressum

Texte: © 20025 Copyright by Silke Groth

Cover: © 2025 Silke Groth

unter Verwendung von iStock Foto von djmilic

Beratendes Lektorat: B. Jaeschke

Verlag:

Silke Groth

38159 Vechelde

[email protected]

https://silkegroth.de

Herstellung: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 BerlinKontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Impressum

Vorwort

Traumhaus

Landärztliches Liebeschaos

Geizhals muss sterben

Sticheln und Stechen

Gardinenzeichen

Letzte Lieferung

Wer sich wagt

Hitzewelle des Todes

Sand und Eis

Schmelzpunkt

Tanz nicht zurück

Schattenmord

Die glühende Stille

Folgenreiches Grillfest

Die Sonnenschirmverschwörer

Tödliche Erfrischung

Die Sache mit der Regentonne

Sprung ins Nichts

Der Mann, der aus dem Zug stieg

Der Teufel hat dich im Griff

Epilog

Nachwort zu Der Teufel hat dich im Griff

Einfach Danke

Die Autorin

Vorwort

Von Jahr zu Jahr wird es heißer und unerträglicher in Europa. Macht das nicht aggressiv? Wird es in Zukunft Kämpfe um Schattenplätze geben? Werden wir durstig umherlaufen und uns gegenseitig das Leben schwer machen, weil es viel zu warm ist?

In diesem kleinen Buch habe ich meine Gedanken darüber in Krimis verwandelt. Ich habe Gemeinheiten geschmiedet und Charaktere mit überhitzten Gemütern ausgestattet. Alle in diesem Buch verwendeten Namen, Orte und Handlungen sind frei erfunden.

Ich wünsche viel Vergnügen bei der Lektüre und immer genügend Abkühlung!

Ihre Silke Groth, Sommer 2025

Traumhaus

Ich wusste, dass es nicht einfach werden würde. Meine Frau Kira wollte ein Traumhaus – kein Neubau, sondern ein altes, mit Geschichte und Herz. Raus aus der Stadt, rein ins Grüne. »Ein bisschen verwunschen darf es schon sein«, sagte sie beim ersten Besichtigungstermin und streichelte die rissige Fensterbank, als gäbe sie ihr ein Versprechen für die gemeinsame Zukunft. » Und ein Kinderzimmer brauchen wir auch.« Wir haben keine Kinder. Sie zwinkerte mir zu und sagte: »Irgendwann.«

Das Haus lag am Rand eines Dorfes, wo abends die Grillen lauter waren als die Autos. Die Lehmwände schief, der Boden bestand aus blankem Estrich. Mein Vater, den ich für die Elektrik einspannte, sagte gleich: »Tja, Schriftsteller hin oder her, besser hätt‘ste was mit Handwerk gelernt.«

Ich lachte kurz und höflich. Aber ehrlich gesagt: Es war höllisch heiß in diesem ersten Monat. Mein Rücken schmerzte, und der Putz fiel schneller von der Decke, als ich ihn flicken konnte. Nur gut, dass Vater dabei war.

Ich fluchte leise vor mich hin, damit es niemand hörte. Meine Kira aber strahlte mit der Sonne um die Wette, wenn sie uns arbeiten sah. Sie verwöhnte uns mit Butterbroten und Bier. Und ich liebte sie dafür.

Am ersten Tag ohne Handwerker und ohne Vater war es seltsam still. Ich saß in meinem neuen Arbeitszimmer. Die Sonne brannte durch die ungeputzten Scheiben. Eine dicke Fliege summte träge gegen das Glas. Ich las meinen letzten Absatz und fand ihn zu weich. »Kitsch«, murmelte ich. »Das muss die Landluft sein.«

Ein Luftzug ließ Staubflusen über der Schreibtischplatte tanzen. Ich rief nach meiner Frau. Keine Antwort. Sie hätte längst zurück sein müssen. Ihre Schule war nur zwanzig Minuten entfernt. Vielleicht war sie beim Bäcker?

Ich ging hinaus. Die Nachmittagshitze lastete schwer auf der Erde. Keine Bewegung, kein Ton, nur in der Ferne das Knacken von Holz, wie bei einem sich dehnenden Dachbalken.

Kira war immer noch nicht zu Hause. Wo blieb sie? Musste sie Nachhilfe geben, von der ich nichts wusste? Hatte ich etwas überhört, was sie mir vielleicht gesagt hatte? Das rächte sich jetzt.

Unruhe kroch in mir hoch, umklammerte meine Wirbelsäule.

Also rief ich sie an. Kein Klingeln. Kein Ton. Kein Besetztzeichen. Die Minuten verstrichen. Ich rief sie erneut an. Nichts, nada.

Zunächst ging ich wieder ins Haus zurück. Dann öffnete ich die Tür zur Terrasse. Dort stand ein Porzellanbecher. Halb voll. Eine tote Wespe schwamm im Rest Tee, den ich gestern hier vergessen hatte.

Ein Streifenwagen parkte direkt vor unserem Traumhaus. Der Beamte, ein hagerer Typ mit misstrauischem Blick, stellte Fragen. Viele Fragen.

»Wann haben Sie Ihre Frau zuletzt gesehen?«

»Heute Morgen. Gegen sieben. Sie wollte zur Schule.«

»War sie in letzter Zeit verändert? Hat sie sich auffällig benommen? Hatte sie Geldprobleme?«

Ich verneinte. Zu jeder einzelnen verdammten Frage. Innerlich ging ich jeden Moment des Morgens durch. Hatte sie etwas gesagt, angedeutet, getan, das mir entgangen war?

Ein leises »Herr Schönlebe?« riss mich aus meinen Gedanken. Der Polizist zeigte mir ein Foto auf seinem Handy. Meine Frau. In einem Supermarkt. Mit einer mir völlig fremden Frau. Das Bild war heute von einer Überwachungskamera, aufgenommen worden.

»Wir glauben, Ihre Frau war Zeugin bei einem Zwischenfall. Die andere Frau steht seit geraumer Zeit unter Beobachtung. Es geht um Betrug im größeren Stil – eine Bandenstruktur.«

Ich starrte auf das Bild. »Sie war zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort? Geht es ihr gut, kommt sie bald nach Hause?«

»Ihre Frau hat offenbar etwas gesehen, das ihr selbst nicht geheuer war. Sie hat dann diskret Hilfe geholt.«

Erst am späten Abend kam sie zurück. Erschöpft, aber unverletzt. Sie fiel mir in die Arme, roch nach Schweiß und Staub. »Ich wollte dich nicht in Panik versetzen. Leider konnte ich nicht anrufen. Mein Akku war leer, und ich... Ich musste mit zur Dienststelle. Man hat mich zuerst für die Betrügerin gehalten. Aber ich war nur Zeugin. Diesen Irrtum konnte ich aufklären.«

Viel später saßen wir gemeinsam auf der Terrasse, tranken Limonade, während über den Feldern die ersten Glühwürmchen zuckten. Der Himmel glühte orange, dann violett und tiefblau. »Ich dachte, du wärst weg«, sagte ich leise. Sie nahm meine Hand. »Aber nein, ich bin genau da, wo ich sein will. In unserem schiefen Haus, bei dir.« Sie kuschelte sich an mich. Ich roch ihre Kopfhaut.

Und ich schwor mir, dieses Haus nie wieder zu verfluchen, ganz gleich, wie heiß es wurde.

Landärztliches Liebeschaos

Es war der Sommer, in dem der Lavendel besonders üppig blühte, die Luft nach gegrilltem Fleisch und Sonnencreme roch – und der Landarzt starb.

Dr. Maximilian Fromm war nicht nur der beste Allgemeinmediziner im Umkreis von dreißig Kilometern, sondern auch der charmanteste. Groß, gepflegt, mit dieser Spur von Müdigkeit in den Augen, die bei Frauen den Reflex auslöste, ihn retten zu wollen. Er behandelte Krampfadern genauso gewissenhaft wie gebrochene Herzen. Das behauptete zumindest Fabienne.

»Er hat meine Hand gehalten, als er mir die Ergebnisse sagte«, flüsterte sie einmal am Rand des Literaturkreises. »Dabei war es nur eine harmlose Zyste. Aber seine Berührung …« Sie seufzte sehr tief, ich schwöre.

Muriel schnaubte. »Der Typ hat die halbe Kirchengemeinde vernascht. Der hält einfach jeder die Hand.«

Ich, Leona, war neu im Dorf und seit drei Jahren Witwe. Eigentlich verspürte ich kein Bedürfnis nach einem neuen Mann. Bis Dr. Fromm sich bei einem Routinecheck-Up nach meinen Vitaminen erkundigte, als wäre ich eine zarte Pflanze.

»Also«, sagte er, und seine Stimme vibrierte angenehm tief, »Sie könnten ein wenig Sonne vertragen. Und vielleicht ein Glas Wein am Abend.«

»Also«, erwiderte ich kokett, »wie wäre es heute Abend im Minou? Dort können Sie sich von Ihrem stressigen Alltag erholen, lieber Doktor.«

Er lachte. »Im Minou? Wie reizend. Bin ich da nicht etwas underdressed?«

»Sie? Niemals.«

Einerseits war ich stolz auf meinen Mut. Andererseits wurde ich nervös. Nicht nur wegen des Dates, sondern wegen des Plans. Denn ich war kein naives Landei, das sich blindlings verliebte. Ich wurde der Köder.

Muriel, Fabienne und Constanze weihten mich ein. Jede von ihnen hatte ihre eigene Geschichte mit Dr. Fromm. Und jede hatte darunter gelitten.

Fabienne war überzeugt gewesen, er würde ihretwegen seine Frau verlassen. Muriel verlieh ihm Geld, das nie zurückkam. Constanze wurde nach dem Ende der Affäre stillschweigend in eine psychiatrische Klinik überwiesen. »Burn-out«, redete er ihr ein. In Wahrheit war sie einfach nur wütend, und das ist sie bis heute

Wir trafen uns sonntags in Muriels altem Wintergarten. Gin Tonic mit Lavendel, Fächer aus Bast und ein Flipchart mit Notizen: Motiv – Gelegenheit – Alibi – Methode, Fluchtart.

»Es muss wie ein Unfall aussehen«, sagte Constanze.

»Oder besser: wie ein unglücklicher Herzinfarkt.«

»Er joggt doch immer morgens«, schlug ich vor. »Wenn man da was in seine Trinkflasche mischt ...«

»Oder eine Überdosis Viagra«, grinste Fabienne.

Muriel verdrehte die Augen. »Bitte etwas subtiler. Wir wollen ja nicht, dass jemand grient bei der Beerdigung.«

Trotz des Plans, er war wirklich gut durchdacht, hatte ich meine Zweifel, denn ich mochte den Doc. Er war witzig, aufmerksam, charmant. Und verdammt gutaussehend. Ich fragte mich mehr als einmal, ob ich das wirklich konnte. Ob wir das konnten. Aber die Idee nahm Form an.

Einmal bei einem unserer zärtlichen Tête-à-Têtes erzählte er mir von »einer Patientin, die sich nicht im Griff hatte«, und ich erkannte Muriels Geschichte. Als er abends ein Glas Wein zu viel hatte und mir zuflüsterte, dass ich ganz anders sei als »diese Dörflerinnen«, wusste ich: Er hatte nichts gelernt. Und würde auch nichts lernen. Ich war nun wild entschlossen, die Sache durchzuziehen.

Wir warteten auf den heißesten Tag des Jahres. Muriel hatte Zugang zum Medikamentenschrank ihrer verstorbenen Mutter. Constanze kannte jemanden im Labor, der eine toxikologische Untersuchung verzögern konnte. Und ich wusste, wo er seine Trinkflasche abstellte, wenn er beim Joggen an meiner Terrasse vorbeikam.

Er starb still. Ein Kreislaufversagen. Herzinfarkt. Keiner wunderte sich. Es war ein Hochsommer mit Tropennächten und 35 Grad im Schatten. Normalerweise joggt da niemand, der noch bei Verstand war.

Das ganze Dorf erschien zur Beisetzung. Die Witwen, zumindest diejenigen, die sich so fühlten, trugen Schwarz mit Sonnenbrille, und weinten schwach. In ihren Mundwinkeln zuckte es verräterisch. Da war keine echte Trauer.

Dann kam die Neue. Dr. Katja Neumeyer, Mitte dreißig, mit ernstem Blick und einem klugen Lächeln. Sie zog in die alte Praxis ein, rief jeden Patienten persönlich an, was schon ungewöhnlich war. Dann stellte sie alles um auf digitale Akten und sie musste ständig irgendetwas fragen. Sie war die pure Neugier.

»Haben Sie nie das Gefühl, dass…etwas nicht stimmt?«, fragte sie mich eines Tages beim Blutdruckmessen.

»Was meinen Sie?« Ich gab mir Mühe, ruhig zu klingen. »Na ja, das Dorf wirkt so… eingespielt. Und gleichzeitig, als würde jeder etwas verstecken.«

Ich lächelte gequält. »Willkommen auf dem Land.« Damit hoffte ich, sie zunächst einmal abgelenkt zu haben.

Wir Frauen trafen uns seltener, aber es gab diesen Blick, den wir einander zuwarfen, wenn wir Katja trafen. Eine Mischung aus Stolz und Bedauern. Denn eines war klar: Es tat uns leid. Irgendwie auf eine eigene Weise. Aber nicht weh. Nicht wirklich.

Jedes Mal, wenn Katja bei einem der vielen Dorffeste ein Glas zu viel trank und sagte: »Ich wünschte, ich hätte Fromm kennengelernt. Wenn Sie von ihm erzählen, klingt es, als wäre er ein Original gewesen.«,dann nickten wir und wechselten das Thema.

Unser Sommergeheimnis liegt zwischen den Lavendelreihen, unter dem Kiesweg, wo er immer joggte. Es blüht wie ein gut gewässerter Garten: üppig, still und gefährlich. Die Trinkflasche wurde bis heute nicht gefunden.

Geizhals muss sterben

»Dachte ich mir‘ s doch, hast du wieder dieses eklige unnötige Zeug gekauft, damit ich noch länger lebe.«

»Ich meine es gut mit dir. Hör auf zu meckern und trinke das Zeug, wie du es nennst.«

»Ganz schön frech für eine angehende Witwe, sei doch froh, dass ich bald abkratze.«

»Hör auf mit dem Blödsinn, trink lieber das Zusatzgetränk.« Melanie begann zu schluchzen.

»Schön, seh ich wenigstens, wie du an meinem Grab heulen wirst. «

»Du sollst damit aufhören.«

»Warum denn? ich werde dir was Ordentliches hinterlassen, da kann ich ja wohl ein paar Tränchen verlangen.«

»Was ist jetzt? Beleidigst du mich noch weiter oder trinkst du?« Melanie schniefte.

Der krachdünne Mann im ziemlich farblosen Morgenmantel, nahm das kleine Fläschchen mit dem blauen Deckel, schraubte auf und nippte daran.