Die Göttin im Stein - Gabriele Beyerlein - E-Book

Die Göttin im Stein E-Book

Gabriele Beyerlein

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wer oft Brot und Brötchen isst, braucht auch was Leckeres dazu. Ob süß oder herzhaft - unterschiedliche Geschmacksrichtungen sorgen für Abwechslung. Zum Frühstück gibt es Schokoladencreme mit Zimt und Knuspermandeln, Holunderblütengelee oder einen Aufstrich aus Trockenfrüchten auf das Brötchen. Zum Brunch überzeugen herzhafte Aufstriche, darunter der Feta-Aufstrich mit Tomate und Pizzakräutern, der auch zum Überbacken geeignet ist. Wer dagegen Fisch bevorzugt, sollte den Apfel-Lachs-Aufstrich probieren. Auch verschiedene feine Salate machen sich gut auf dem Brot. Wie wäre zum Abendessen mit einem würzigen Käsesalat mit Radieschen oder dem Eiersalat mit Kresse? Die Zubereitung ist nicht schwer. Auch wer wenig Erfahrung in der Küche hat, kann die Aufstriche zubereiten. Insgesamt gibt es im Buch 20 abwechslungsreiche Rezepte, alle mit Fotos der fertigen Aufstriche und Salate.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 739

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Gabriele Beyerlein

Die Göttin im Stein

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Titelseite

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

EPILOG

NACHWORT

DIE WICHTIGSTEN PERSONEN DES ROMANS

Wie hat Ihnen der Roman gefallen?

DIE BERLIN-TRILOGIE

EDITION GEGENWIND

Impressum neobooks

Titelseite

Gabriele Beyerlein

DIE GÖTTIN

IM STEIN

Roman

Mit Nachwort

PROLOG

Wo endetdieGegenwart, beginntdieVergangenheit,derWeg zurück, lässt er sich gehen?

Hinabgleitenin denunergründlichen Brunnen? Durchlässig-werdenderWände?

Oderimmer nur: das Echo unserer eigenen Stimmen,derWiderhall unserer Schmerzen, Sehnsüchte und Ängste?

Esgab eine Zeit …

Brauchen wir das, sagen zu können:Esgab eine Zeit, da nahm seinen Anfang, woran wir heut leiden?

Und was war davor?Esgab eine Zeit, da war alles anders.

Gabessie je? Und seiesim Nirgendwo.

Seit langem suche ich sie.InBüchern, Denkmälern, Altertümern,inFakten, Theorien und Mythen. Jetzt also hier.

Sie lässt sich nicht fassen, nur träumen. Nun denn.

Ich schreibe Zeichenin denWind – verklungene Zeugen vergessenen Glaubens. IstderFaden gerissen?

Inmeiner Hand das Wissen umdieSchweredersteinernen Streitaxt.Diesunabweisbar. Welch furchtbare Waffe gegen Menschenschädel,diekein Helm schützte. Wer führte einst solche Axt?

Langsam wage ich mich ins Dunkel. Dichtdiegewaltigen FindlingedesGrabraumes über mir, um mich herum: sprechendes Schweigen. Einst bargen sie wohldieToten eines ganzen Dorfes, Frauen, Männer und Kinder.

Knochen und Scherben. Ich mein‘ sie zu spüren.

WennderAusgang verschlossen wäre mit einemStein.Wenn keiner öffnete, mich zu erlösen …

Daahn‘ ich sie kommen. Als erstesdieFrau,dieMänner dicht nach ihr.

Sie sprechen kein Wort.

KAPITEL 1

Siesprachen kein Wort. NurdieSchrittederbeiden hörte Haibehinter sich, schwerundbedächtig: Männerschritte. Haibe blieb stehen. Sofort stockten auchdieSchritte.

ÜberderLichtung lagen noch Schatten, doch hinter demWaldfärbte sichderHimmel.Unddann tauchtedieaufgehendeSonnedenflachen HöhenzuginLichtundließdenUmrissdesalten Grabes hervortreten.

MittedesMysteriums – errichtet fürdieEwigkeit.

Plötzliches Schaudern ließ Haibe erzittern. Eine schwielige Hand legte sich auf ihre Schulter. Haibe erkannte diese Hand, ohne sie anzusehen. Ritgo, ihr Bruder.

Haibe ging weiterundstieg eine Bodenwelle hinauf. Wieder knirschteder Sand.Bei jedem Schritt sank sie ein, rutschte ein Stück zurück: alshaltedieErde selbst sievonihrem Vorhabenab.DerPfad führte aufdielangeFront derGroßsteine zuundendeteinihrer MitteamEingang zum Grab.

Dann standen sie vor dem kurzenTunnel:zwei Findlinge rechts, zwei Findlingelinks, derZwischenraum fugenlos vermauert. Im Dunkeldieschwere Steinplatte,diedas Grab verschloss.

Haibe kniete nieder, stelltediebrennende ÖllampeunddenKorbab. MitdenHänden fuhr sieüberdas Pflaster, neigte sich vor,bisdieStirndenBoden berührte,undverharrte so, spürtedieKältedesSteinesinihren Kopf dringen: magischeKraft.

Große Göttin, gewähre mir Zutritt zu Deinem geheiligten Leib.

Mit gebeugtem Rücken zwängte sich TakuanHaibe vorbeiin den Gang,eine Eibenholzstangein derHand. Ritgo blieb hinter Haibe im Freien. Sie spürteseineGegenwart wiedie derSteine. Taku murmeltedenSegensspruch und setztedieStangean. DieSteinplatte bewegte sich nicht.

Haibe erhob sich aufdieKnie und nahm getrocknete Misteln und Eibennadeln aus dem Korb. Dann hielt siediegeschwungene Flasche mit dem zierlichen Kragen und dem weit ausladenden Bauchin derHand und fuhrdie Gestalt desGefäßes nachinErinnerungan dengesegneten LeibderGöttin, ehe siedenVerschluss herauszog und das geweihte Öl über Blättern und Nadeln versprengte. Sie hieltdie Lampedaran. Hoch schossdieFlamme auf, brannte nieder, verglomm. Mitderheißen Asche malte Haibe Zeichen aufdenSteinboden, rief mit ihnendieGöttinan injeder ihrer Gestalten: Ich bete Dichan, die Du Eins bistinDrei und DreiinEins.Duallmächtige Lebensspenderin, lass mich zu Dir kommen. Mutter Erde, nimm mich aufinDeinem feuchten, schwarzen Schoß. GöttindesTodes, behalte mich nicht.

Mit unwilligem Knirschen rührte sichdieSteinplatte und ließ sich langsam verschieben. Taku keuchte. TrotzderGrabeskälte glänzte Schweiß auf seinem braungebrannten Rücken.Der Steinwar zur Seite gerückt. Ein schwarzer Spalt gähnte:derEingangin dieandere Welt. Haibestandauf, trat vor das Grab. Sie bebte.

»Noch kannstduzurück«, meinte Ritgo.

Sie schütteltedenKopf. Ein letzter Blick aufdiewenigen HäuserundSpeicherdesDorfesundaufdiedürre Insel im endlosenWald: Emmer,GersteundEinkorn standen schütterundniedrig,dieBlättermitdenvertrockneten Spitzen zum unerbittlichen Himmel gestreckt.DerAckerboden warhartundgerissen.

Haibe strafftedieSchultern. »BringamviertenTagdas Opfer!Duundich – wir tun, was getan werdenmuss.«

Ritgo nahm ihren Kopf zwischenseinegroßen Hände, beugte sich zu ihr herabundberührtemitdenLippen ihre Stirn. »Mögestdugütige Aufnahme beiderGöttin finden,RatundHilfe beidenMütternundAhnen –undSchutzundKraftfür deinen gefahrvollen Weg!«Sienickte kaum merklich.

Taku, ihrMann,kam gebückt ins Freieundstreckte sich.»AmviertenTagbei Sonnenuntergang?«, fragte er.

»AmviertenTagbei Sonnenuntergang«, bestätigte Haibe.

Sienahmdie Lampeauf, holtedieTrommelaus dem Korb, beugtedenKopf, tat einen Schrittin denniedrigenTunnel,danndennächsten.AmSchwellenstein verharrte sie. Finsternis vor ihr. Das kleine Lichtinihrer Hand zitterte. Tief schöpfte sie Atem. Kalte, modrige Luft – Grabesluft.Siezog sichinsich zusammen, stiegüberden Stein,zwängte sich durchdieÖffnungundkroch aufdenKnien ins Grab.

Große Mutter,diesistderSchoß Deines Leibes, aus demallesgeboren ist,in denalleszurückkehrt, aus demalleswiedergeboren wird zu neuem Leben.

NochfielTageslichtin denhöhlenartigen Raum. Langsam tratendieUmrisse hervor:dieglatten Flächendergewaltig lastenden Deckensteine,diedichtandicht stehenden TrägersteineunddieMusterdeskleinen Gerölls, dasdieZwischenräume füllte.DieEndendeslanggezogenen Grabraums verloren sich im tiefen Dunkel.

Zaudernd nur tastete sichderBlickdiegeschliffeneSteinwand hinab zum Boden, zuckte schreckhaft zurück, floh – und kehrte doch wieder. Totenschädel starrten, schwarze Augenhöhleninbleichem Gehäuse, grässliches Grinsen gebleckter Zähne, Knocheninwirrem Durcheinander, getürmt zu schauerlichen Gebilden, Schulterblatt über Becken, Arm über Bein, zierliche Knöchelchen einer Kinderhand wie hingeworfene Stäbchen eines Spieles. Zwischendenfahlen Knochen weiß verziertes Geschirr, trichterförmigeBecher,kunstvolle Flaschen, Schalen und Tassen und dort …

Zwanghaft rutschte Haibe ein Stück vorwärts. Sie stießaneine Elle, sofort zerrieselte diese zu Splittern und Staub, Haibe beachteteesnicht, hieltdie Lampetiefer. Ihr Atem ging schneller, alsder Bernsteindas Lichtinhonigfarbenem Schimmern einfing.DiePerlen waren noch aufgereiht aufderSchnur, hintendiekleinen Perlen, vornediegrößeren,in derMittederlange Anhänger,in deneine Fliege gebannt war.

»Mutter«, flüsterte Haibe. Plötzlich war das Bild da, ungerufen drängteessich auf:

DieMutter im Festgewand, fein gewebter Stoff aus gebleichter Wolle,anAusschnitt und Saumin denFarbenvonKupfer und Erde gemustert, glänzende kleine Kupferringein denaufgesteckten Zöpfen,dieBernsteinkette umdenHals.

DieMutter bewirtetedieSippederKoa,denKorb mitdenkleinen Honigkuchenin dieHüfte gestützt,dieBernsteinkette glühte im Sonnenlicht, Kinder umringtendieMutter, jedem gab sie einen Kuchen, Songo drängte sich schon wieder vor, versteckte ihren angebissenen Kuchen hinter dem Rücken,dieMutter strich Songo überdieWange und gab ihr lachend einen zweiten.

Sie selbst – wie alt war sie damals, ein kleines Mädchen noch – hieltesnicht länger, sie zwängte sich durchdieKinder,denjüngeren Aktollan derHand: »Mutter, Mutter, uns auch!«

Das Lachen verschwand aus dem GesichtderMutter, ein HebenderAugenbraue, ein zurechtweisender Blick:»Duweißt, dass ihrzuwarten habt, bisdieGäste bewirtet sind!« Ihr war, als würden alle sie ansehn.

Ein Geräusch brachte Haibein dieGegenwart zurück. Sie blickte zum Eingang und sahdenUmriss ihres Mannes. »Bistdubereit?«, fragte Taku.

»Ja, ich bin bereit!« Schon während sie sprach, zweifelte sieanihren Worten.

Ein kurzes Zögern, dann griff sie nachderBernsteinkette, bemühte sich, keinenderKnochen zu berühren, zogdenSchmuck unter dem Gerippe hervor und legte ihn sich umdenHals: Mutter, leih mir deine Kette, mit ihr wirdesleichter sein, Verbindung zu finden zu dir unddenanderen.

Sie stelltediekleineLampeab,dieTontrommel daneben. Sie hörte Ächzen, schweres Schleifen.DermassigeSteinwurde vordenAusgang geschoben und fiel mit dumpfem Polterninsein Bett.

Haibe war allein im Grab, eingeschlossen. Nun musste sie beidenToten bleiben, hungern und dürsten, und niemand würde ihr beistehen, bis TakuamAbenddesvierten Tages das Grab wieder öffnete.

Dunkelheit, nur im kleinen Kreis erhelltvon derdürftigen Flamme. Noch. Im flackernden Schein begannendieKnochen zu leben. Höhnisch lachtendieTotenschädel, knöcherne Finger ballten sich zurFaust.Haibe schlossdieAugen, zwang sich zur Ruhe: nur Schatten.EssinddieGebeine meiner Mütter und Ahnen. Sie leben nicht,dieKnochen.EssinddieSteine,dieleben.

Sie öffnete wiederdieAugen, nahm das kleine Messer ausderGürteltasche und schnitt sich mitderscharfen Steinklingein denFingerderlinken Hand. Das Blut quoll hervor.SiefingesmitderRechten auf. Vorsichtig erhob sie sichingebückter Haltung, achtete darauf, nichtdenKopfandem Deckstein zu stoßen,undtrat zu demSteinneben dem Eingang.Mitdem Blutmaltesieinsich weitenden RingendieAugenderTodesgöttin aufdenkalten, glatten Steinleib: Weiße Frau,alleserspähende Eule,die Dudas Leben verschlingstin denTod, Dich bete ichan.Dann wandte sie sich zum nächstenSteinundtrug ihm das heilige offene Dreieck auf: Vogelfrau, heilige Schlange,die Dudas Leben wieder gebierst aus dem Tod, Dich bete ichan.

Das Blut war versiegt. Haibe drückteundkneteteanihrem Finger,biseswieder hervordrang.Sie maltedamitinlangerWellenlinie das Lebenszeichen aufdennächstenStein:Große Bärin, Hirschkuh, trächtige Sau, ewig fruchtbare Mutter,die Dudas Leben schützt, spendestunderhältst, Dich bete ichan.Dich rufe ich um Beistandan,ewigeQuelledesLebens. Unsere Quellen sind versiegt–

»Mutter, kommmit!«Naki stürzte zur Tür herein.

»Was ist?«, fragte siedieTochter, vom Backtrog aufsehend.

Naki schütteltedenKopf. »Das musstduselbst sehn!« Schon wardieTochter wieder draußen, rannteüberdenDorfplatz, drehte sich ungeduldig nach ihr um.

Sieeilte Naki hinterher, auf dem Weg durchdieverdorrten Äcker zumBach.Sieahnte, wasdieTochter ihr zeigen wollte. Als sieessah, war ihr dennoch, als legten sich Hände um ihre Kehle.Der Bachhattevon TagzuTagweniger Wasser geführt. Nun war er gänzlich ausgetrocknet.

»Warum?«, flüsterte Naki.

Sieselbst schüttelte nurdenKopf, sehr müde auf einmal.

»Das war doch nochnie da!«

»Odoch, erinnerstdudich nicht, Naki,duwarst noch ein Kind,indemSommer,als Zirrkans Dorf überfallen wurde – achtSommerist das nun her, da istder Bachauch versiegt.« Sie redete und redete. Und konnte doch das Erschrecken nicht übertönen.

Haibe lehntedieStirnan den Stein.»Was haben wir falsch gemacht, Große Göttin? Warum säugstDuuns nicht mehr wie eine Hirschkuh ihr Kalb und schützt uns nicht mehr wie eine Bärin ihr Junges? Warum erlahmt DeineKraft?Warum ziehstDuDeinen Segenvonuns ab? Lässt uns vergebens um Regen flehen? Haben wir nichtdenTanzderErneuerung getanzt wie jedes Jahr? Gesungen, gebetet und geopfert wie jedes Jahr?Dubist doch unsere Mutter! WillstDuuns zeigen, dass wir keine Säuglinge mehr sind,diekaum einen halben Lautvonsich geben müssen, um schon gehätschelt zu werden? Nun gut, wir sind keine Säuglinge mehr.Aberdoch Deine Kinder! Eine Mutter lehrt ihre älteren Kinder Verzicht.Abersie lässt sie nicht hungern! Sie lässt sie warten.Abernicht verzweifeln! Wir sind verzweifelt. Darum bin ich hier. Darum suche ichin Deinem Leibden Ratmeiner Mütter und Ahnen. Wenn unsere Bitten Dich nicht erweichen, mögenes dieihren tun! Wenn unsere Ohren Deine Stimme nicht hören, mögenes dieihren tun! Wenn wir nicht wissen, was wir tun sollen, mögen sieesuns sagen!«

Haibe kehrte zuderkleinen Flamme zurück, stieg dabei über Knochen, Scherben und Tontöpfe, kauerte nieder und verband sichdenFinger mit ihrem Webgürtel.

Was jetzt blieb, war: warten.

Das kleine Licht flackerte. Plötzlich ertrug sieesnicht mehr, dies Flackern zu sehen und nicht zu wissen, wann die Flamme erlöschen würde. Sie beugte sich vor und blies sie aus.

Abgrundtiefe Finsternis. Eine Finsternis, ausder eskein Entrinnen gab, vier lange Tage.DieLuft wurde ihr knapp. Als würdendieSteine sich auf ihre Brust senken. Was, wenn sie eine Aufgabe übernommen hatte,dersie nicht gewachsen war?Dieswar ein Weg,densonst nur Berufene gingen: Priesterinnen, Heiler …

Kein Lebender,derihr beistehen würde bei dem, was vor ihr lag. Kein Lebender,derhelfen würde, wenndieFurcht über sie kam. UnddieToten? Haibes Atem ging schneller. Zu wissen, dass sie um sie herum waren …

Haibe schlossdieAugen, legtedieFingerspitzenan dieSchläfen. Versinke nichtin derRasereiderFurcht, hatte Lüre sie gewarnt.

DieHitze flimmerte über dem Boden.

Zwischen dem dürren Schilfstand dieheiße Luft.DerSumpf war ausgetrocknet.

Ihre Füße brannten. So weit wie heute warderWeg zudenHeiligen Steinen noch nie. Sie erreichten das UferdesFlusses.Sandund rissiger Schlick, wo sonst das Wasser glänzte. Nur ein schmales Rinnsal schlängelte sich noch zwischendenSteinen hindurch,diegewöhnlichdieFurt gangbar machten.

»Warum lässtdieGroße Göttin das zu?«, sagte Naki.

»Das fragdiealte Priesterin«, wehrte sie ab.Estat ihr leid, wie harsch ihre Worte klangen. Schweigend durchquerten sie das Flussbett, wuschen sich im Rinnsal und stiegendiejenseitige Böschung hinauf.

»Mutter«, fragte Naki, »war auch das schon einmal da: dassderFluss ausgetrocknet ist?«

»Nein. Nicht, solange ich weiß. Selbst währendderDürre vor acht Jahren – als das Unglückdertrockenen Frühjahre undSommerseinen Anfang nahm – istderFluss nicht versiegt.«

Jetzt versiegt er. Wie lange wirdesnoch dauern, bis er gar kein Wasser mehr führt? Und was dann?

Diealte Priesterin wirddieAntwort wissen. Sie muss sie wissen!

DieSonne ging unter, als sie zudenHeiligen Steinen gelangten. Wie immer, wenn sie sich diesem Mittelpunkt näherten,andem das Heilige so nah war wie nirgendwo sonst, erfasste sie ein Schauer.Diegroßen, zu langgestreckten Hügeln aufgeschütteten Grabkammern,indenenin derUrzeitdieSippenderUrfrauen Ba und Rain denSchoßderGroßen Mutter eingegangen waren, leuchteten im Abendlicht.Dielange Reihederaufgerichteten Steine schien sichvoneinem Grab zum andereninfeierlicher Prozession zu bewegen – lebende Steine,indenendieUrahnen fortdauerten,die denewigen Bund geschlossen unddieTrennung aufgehoben hatten.

Gemeinsam mitderTochter kniete sie nieder und drücktedieStirn aufdenheiligen Boden.Hierwürden sieRatund Weisung erhalten.

Als sie sich wieder erhoben, sahen sie eine schwarzgekleideteGestaltihnen entgegenschreiten.Eswar nichtdiealte Priesterin.Eswar auch nichtdiejunge Priesterin.Eswar Lüre,diejunge Schülerin, ein Mädchen kaum älter als Naki.

Sie tauschtendenherkömmlichen Gruß. Das Sprechen erschien Haibe eine große Anstrengung: »Wir kommen, weil wirRatsuchen. UnserBachist ausgetrocknet. Immer tiefer müssen wir unseren Brunnengraben,umanWasser zu kommen. Wäre Taku, meinMann,nicht ein so guter Baumeister, so müssten Mensch und Vieh verdursten. Jetzt legen unsere Männer einen zweiten Brunnenan. Aberwir können nicht genug Wasser fördern, um auf Dauer unsere Gärten zu retten – geschweige denn unsere Felder. Erbsen, Bohnen, Linsen und Mohn werden vertrocknen,derLein verdorren. UndderWeizen steht spärlich und fängt schon baldanzu reifen, ehe das Korn sich gerundet hat. Wennesnicht sehr bald regnet, haben wir ein Hungerjahr vor uns.«

»So stehtes inallen Dörfern,vondenen ich gehört habe«, bestätigte Lüre bedrückt. »Doch kommt mit mir. Ihr werdet durstig sein!«

Lüre führte siein denSchatten einer alten Eiche und bot ihnen mit Wasser verdünnte Sauermilchan.»Ihr wolltet einederbeiden Priesterinnen sprechen?«

Schon ehe Haibe nickte, verlor siedieHoffnung.

»DiePriesterinnen haben sich jede allein zu vierzigtägigem Fastenin dieEinöde zurückgezogen«, sagte Lüre.»Esmüssen noch fünfzehn Tage vergehen, ehe sie zurückkehren. Ich hoffe, sie bringen Antworten aufdieFragen mit,dieuns alle quälen.«

Derweite Weg – umsonst.Essei denn,erwar da …

»Und Zirrkan?«, fragte sie. Einen Augenblick wurde ihr warm, nur beim Nennen dieses Namens.

Doch Lüre hob bedauernddieHände.»DerHeiler ist schon vor vielen Monden auf Geheißderalten Priesterin zu einer langen Reise aufgebrochen, deren Zweck und Ziel ich dir nicht sagen kann.«

Ohne Abschied?! Nur mit Mühe konnte sie ihre Gedanken zurück zu Lüre zwingen. »Aber die alte Priesterin hat dir eine Nachricht hinterlassen«, fuhr diese fort.

»Mir? Wusste sie, dass ich kommen würde?«

Lüre lächelte freudlos. »Dir oder jeder anderen Sippenmutter.Dubist nichtdieerste,diehierher kommt, umRatzu erfragen. Und nichtdieerste,derich im Namenderalten Priesterinsage:Bitte umdieHilfe und Fürsprache deiner Mütter und Ahnen. Suche sie auf. Bitte sie, sich für Regen zu verwenden. FragedieToten umden Ratund Beistand,den dieLebenden nicht geben können. Und dann komm beim nächsten Vollmond hierher zur BeratungderPriesterinnen mitdenSippenmüttern.«

»Dumeinst«, sie stockte, beendete heiserdenSatz: »Ich soll ins Grab?«

Lüre nickte: »Ins Grab deiner Mütter und Ahnen. Vier Tage und drei Nächte. OhneEssenund Trinken.Invölliger Finsternis. Allein. Wenndudich stark genug fühlst für diesen gefahrvollen Weg, so geh ihn.Erist schwer, das will ich dir nicht verhehlen. Hüte dich,in derRasereiderFurcht zu versinken, sonst kehrstdunicht zurück!Der Hungerwird dich zermürben und schwächen. Doch schlimmer istderDurst.Erwird dich quälen wie ein Feuerbrand.Amschlimmsten ist das andere.Duwirst deinen Sinnen nicht mehr trauen können.DuwirstdieGrenzen deines Körpers verlieren. Erinnerungen werden über dich kommen wie Vogelschwärme, Stimmen und Visionen werden dich heimsuchen.AmEnde wirstdudich dem Tode nah wissen. Doch wennduihm nah bist, so bistduauchdenToten nah. Enger als je zuvor wirstdudasBandzu ihnen spüren, und sie werden dich Bilder sehen lassen,indenen Erkenntnis liegt.«

Lüres Stimme verklang. Doch dann setzte sie neu an: »Diealte unddiejunge Priesterin und ich, wir alle sindingroßer Sorge.Die Sternekünden Unheil,dieZukunft liegt uns im Dunkel. Wir müssen unsere Kräfte vereinen. Auch deineKraft– unddiedeiner Mütter und Ahnen! Dein Bruder sollamviertenTag, den duim Grab verbringst, ein Schwein hierher zum Opfer bringen. Das wird dich stärken beiderBegegnung. Wie istes,Haibe, wagstdu es,dich im Grab deiner Mütter und Ahnen einschließen zu lassen, umdieVerbindung zu ihnen zu suchen?«

DieAntwort fiel ihr schwer. Sie zögerte. Nakis Finger schlossen sich um ihre Hand. »Mutter,dutustes,nicht wahr?«

»Ich habeesgetan«, flüsterte Haibe und presstedieHändean dieStirn. »Steh mir bei – ich habeesgetan!«

Als siedieAugen öffnete, sah siedieschmale Spur schwachen Lichtes über dem Eingang, eine feine Linie,diesich aufderrechten Seite zu einem Dreieck verbreiterte:dereinzige Hinweis aufdieWeltdesTages.

Sie schlossdieAugen wieder.Eswar besser, diese Linie nicht zu sehen. Sie ließdieFinsternis umso finsterer erscheinen. Mit geschlossenen Augen konnte sie sichderTäuschung hingeben,essei einfach Nacht.

Sie dachteanihren Garten, wie sie ihnamfrühen Morgen vorgefunden hatte. Wie welkdieErbsenpflanzen ausgesehen hatten, wie matt siedieBlätter hängen ließen. Und schon wieder hatten sie Blüten abgeworfen. Wenn nun auch nochdiewenigen Schoten vertrockneten,diesie angesetzt hatten!

Konnten Mulai und Gwinne, Naki, Uori unddieKinderesallein schaffen, genügend Wasser aus dem Brunnen zu fördern, umdiePflanzen ausreichend zu gießen? Dringend musstederBoden wieder gehackt und gelockert werden, sonst verlor er noch mehr Feuchtigkeit –

Esgab so viel Arbeit, und sie saß hier, zum Nichtstun verdammt. Sie sprang auf – und stieß sichamKopf.DerSchmerz brachte sie zur Einsicht. Sie war hier, um Regen zu erflehen. Sie musste sichinGeduld fassen. Wie sollte sie vier Tage ausharren, wenn sie schon ungeduldig wurde, kaum dass sich das Grab hinter ihr geschlossen hatte!

Regen: Ein grau verhangener Himmel, tiefe, langsam ziehende Wolken, stetiger, sanfter, lauer Frühsommerregen, viele Tage und viele Nächte lang, ein Regen,dernicht das Erdreich abschwemmte, sondern tiefin dieErde eindrang.Der dieErbsen unddieBohnen,dieLinsen unddenMohn,denLein unddenEmmer, das Einkorn unddieGerste mit lebenspendendem Wasser versorgte.Der dieBäume,dieSträucher unddieWiesen erfrischte …

Oderwenigstens ein gutes Gewitter. Keines, das allzu rasch aufzog, das mitSturmoder HageldieFelder vernichtete und unermesslichen Schaden anrichtete.Aberstarke, schwarze Wolken, ein kräftiger und ausgiebiger Regenfall,der dieQuellen wieder fließen ließ undden Bachfüllte …

Sie seufzte. NuranRegen zu denken konnte auch nichtderrechte Weg sein. Könnte sie doch etwastun!Worauf hatte sie sich eingelassen, eine Aufgabe zu übernehmen, fürdiesie weder gebildet noch geeignet war!

Zirrkan, dachte sie, dir machteskeine Schwierigkeit, still dazusitzen unddieHände ruhen zu lassen. Dir machteskeine Schwierigkeit, deinen Geist zu öffnen, nichts zu hören und nichts zu sprechen.Duwarst immer sehr schweigsam.Aberwarum hastdumich nicht verständigt, bevorduzuderReise aufgebrochen bist,von derLüre gesprochen hat? Warum hastdunicht Abschiedvonmir genommen? Das war nicht recht! Und so gar nicht deineArt…

Sicher, auch sonst vergehen oft vieleMonde,ehe wir uns wieder sehen.Aberich weiß doch,dubistin derNähe,inirgendeinemderDörfer, oder mit deiner Mutter beidenHeiligen Steinen! Und ich könnte nach dir fragen, dich aufsuchen oder nach dir schicken, wenn ich dich brauchte.

Duaber gehst ohne ein Wort. Im Auftrag deiner Mutter,derPriesterin …

»Ich komme im Auftrag meiner Mutter,derPriesterin!«Derfremde jungeMann,dem siedieTür geöffnet hatte, schütteltedieRegentropfen ausdenHaaren und lächelte ihr zu. »Ich bin Zirrkan. Ich solldieVorbereitungen für das Heilige Fest besprechen.«

Erhatte ihr gleich gefallen, vom ersten Augenblickan. Seinedunkle, warme Stimme,diejedes WortinMusik verwandelte. Sein herbes Gesicht mitderhohen Stirn,dennachdenklichen, sehr hellen Augen undderschmal geschnittenen Nase, ein Gesicht, das im Lächeln überraschend weich werden konnte und so ganz anders aussah alsdierunden Köpfe und breitnasigen GesichterderDala und Koa im Dorf.Seineflachsblonden Haare,diesichan derStirn widerspenstig sträubten undinihrdenWunsch wachriefen, sie glatt zu streichen. Sein schlanker Körper,dernebendenwuchtigen MännernderDala und Koa beinahe zerbrechlich wirkte.Seinefeingliedrigen Hände,vondenen sie sich kaum vorstellen konnte, dass sie das Beil handhabten unddenPflug führten.

Ja, gefallen hatte er ihr.Abererst, als sie ihn Flöte spielen und singen gehört hatte, hatte sie ihn zu lieben begonnen. Niemals hatte sie eine Musik gehört wieseine.Während sie ihr gelauscht hatte, hatte siedieNebel über dem Moor,denRaureif aufdenZweigen und das klare WasserdesBaches über bemoosten Steinen gesehen, hattedenHimmel sich färben unddenMond aufgehen sehen, das Herbstlaub leuchten unddieBlumen blühen. Und als erdieFlöte weggelegt und ihr zugelächelt hatte, da hatte sie geahnt, nur ihn lieben zu können, niemals einen anderen als ihn. Aber sie hatte es nicht wahrhaben wollen.

Ich muss ihn vergessen.Erist kein Koa.Erkommt aus einem Dorf neun Wegstundenvonhier.Erkann nicht meinMannwerden. Und ich bin Taku versprochen. Heftig schlug sie das nasse Wäschestück aufden Stein amBachufer. Das kalte Wasser spritzte ihr ins Gesicht.

»Kann ich dir helfen, Haibe?«

Ameisenkribbelninihrem Bauch. Sie hatte gedacht,Zirrkan sei schon zum Nachbardorf aufgebrochen. Hierher zumBachwar sie geflohen, um nicht Abschied nehmen zu müssen. Sie drehte sich um. »Wennduunbedingt willst, kannstdudas Laken mit mir auswringen!«

»Unbedingt!«Erlachte.

Sie drehten das nasse Leintuch zwischen sich zu einem dicken Seil. Erst schoss das Wasser heraus, dann tropfteesnur noch. Je fester sie wanden, desto näher kamen sie aufeinander zu. Kein Tropfen ließ sich mehr herausquetschen. Sie zwirbeltendieTuchrolle zu einem festen Knoten. Sein Gesicht dicht vor ihrem. Mit einer Hand ließ sie das Wäschestück los. Strich Zirrkan überdiewiderspenstigen Haare. Erst hielt er sehr still, dann reckte erdenKopf so, dass ihre Handan seineWange glitt.

Erließ das Wäschestück los, nass und kalt schlugesihran dieBeine, sie ließeseinfach zu Boden fallen. MitderLinken hatte er ihr Handgelenk umfasst, mitderRechten streichelte er über ihr Haar.Erzog ihre Handanseinen Mund, liebkoste ihre Handfläche mit seinen Lippen. Sie schlossdieAugen vorderStärke dieses Gefühls.

Sie legtedenfreien Arm um ihn, fand seinen Nacken. MitdenFingerspitzen fuhr erdenUmriss ihrer Lippen nach. Dann beugte er sich vor. Nahm ihr Gesichtinbeide Hände, unendlich vorsichtig, als seieseine zerbrechliche Kostbarkeit. Sie wartete, hoffte.

Doch plötzlich machte sie sichvonihm los, bückte sich, hob das Leintuch auf und warfeszurück ins Wasser. »Nein?«, fragte er sehr leise.

»Nein!«, erwiderte sie heftig.

»Dukannstesnicht ändern, Haibe.Esstehtin denSternen.«

»Ach ja? Bistduein Sterndeuter?!«

»Das nicht.Aberich spür‘es. Dunicht?«

Ich bin Haibe, älteste TochterderDala. Ich werde Sippenmutter sein nach meiner Mutter. UnddenBund mitdenKoa erneuern.

»Ich spür‘, dassesZeit für dich wird zu gehen!« erwiderte sie spröde.

Erdrehte sich wortlos um und ging.

Sie weinte.

Haibe barg das Gesichtin denHänden. Ach Zirrkan,duhattest ja recht:Es stand in denSternen.Aberich wardieTochter meiner Mutter. Ich habe meine Pflicht getan. Ich habeesdir nie erzählt:AmgleichenTagnoch habe ich Takus Drängen nachgegeben und mich mit ihm im Speicher getroffen. Würde dich das kränken, wenndu eswüsstest? Das müssteesnicht.

Taku hat sich redlich Mühe gegeben.Erwar sanft und zärtlich trotz seiner schwieligen Hände.Aberich habe nichts dabei empfunden. Auch nicht beim zweiten und beim dritten und beim viertenMal. Fastwar ich erleichtert, alsderMonatderEnthaltsamkeit vor dem Heiligen Fest begann.

Das Heilige Fest,von denPriesterinnen durchdenLaufderGestirne bestimmt, gefeiertandemTag, andem nach neun Jahren wieder das NeumondlichtamFestderHeiligen Hochzeit erschien – Verheißungdergroßen Fruchtbarkeit fürdieneuen Felder,die dieMännerin denvergangenen Monaten mit harter Arbeit demWaldabgetrotzt oderdiesie nach neunjähriger Brache vom Gestrüpp befreit hatten.

Seit Sonnenaufgang waren sie unterwegs, alle Männer, Frauen und KinderdesDorfes, undeswurden immer mehr Menschen. Schon vier Dorfgemeinschaften warenesnun,diedem OrtderHeiligen Steine zustrebten – mit noch weiteren würden sie zusammentreffen. Seit neun Jahren hatte Haibe nicht mehr so viele Menschen gesehen.

Tante Kjolje,diejüngstederTanten,dieliebste und vertrauteste, schloss zu Haibe auf und fragte leise: »Wie gehtesdir, Haibe, hastduAngst davor? Ich meine, natürlich hat dichdiePriesterin auf alles vorbereitet, natürlich hat dir deine Mutter erzählt, wasduwissen musst, aberesist doch etwas anderes, wennmandas ersteMal,und dann mit irgendeinemMann,einem Fremden vielleicht, wenn ich dir irgendwie – «DieTante brach ab, forschteinHaibes Gesicht.

»Machdir keine Sorgen, Tante Kjolje!« Sie versuchte ein Lachen.»Esist nicht das ersteMal.Ich war schon mit Taku zusammen.«

DieTante stieß erleichtertdieLuft aus. »Dann istesja gut!«

Nichts ist gut, Tante.

Sie kamenan derStättederHeiligen Steinean,zogendieAlltagskleidung aus und begannen sich für das Fest zurechtzumachen.DieFrauen und jungen Mädchen löstendieZöpfe und kämmten ihre Haareinwallende Locken, bemalten einanderdienackten Oberkörper mit roter Farbe und dunklen Mustern, legten bunte Kettenanund statt eines Kleides das kurze Röckchen aus kunstvoll geflochtenen Bastschnüren.

Endlich beganndieProzession entlangderSteinreihevoneinem Grab zum anderen.DieFrauen und Mädchen aufdereinen Seite, angeführtvon dendrei ErscheinungenderEinen:dermädchenhaft schönen Priesterschülerin,dermit allen ZeichenderFruchtbarkeit geschmückten jungen Priesterin,dermit schreckenerregendem Weiß bemalten und zu einer Maske erstarrten alten Priesterin.DieMänner und Jungen aufderanderen Seite, angeführtvondem Einen, dem Auserwählten, dem Todgeweihten, dem AbbilddesSohn-Geliebten,dersterben würde, sterben musste, umden dieErdeinTrauer und Starre verfallen würde, ehe er wieder auferstand.

Haibe hieltdenBlick auf ihre Füße geheftet im verzweifelten Bemühen, sich dem Fest würdig zu erweisen,an dieGroße Erneuerin zu denken, nicht mitdenAugen Zirrkan zu suchen,deranwesend sein musste, dessen Gegenwart sie spürte mit jeder Faser.

Das große Opferfeuer.DieTötungvonStier und Schwein,denTieren,dieIhr heilig waren,denSinnbildern Ihrer Fruchtbarkeit.

Das Opfermahl, mühsames Hinunterwürgendesgeweihten Fleisches.

Dortdrüben, unter dem Baum, das ist er. Nein, ich werde nicht zu ihm gehen.Diesist das Heilige Fest, das neun Jahre Segen über unsere Felder bringen soll, über unser Vieh, über uns selbst.

DieLieder,dieTänze.

Ersieht michan. Ersoll mich nicht so ansehen!

Derfeierliche Augenblick, alsin derAbenddämmerung für einen kurzen Augenblickdiefeine, junge SicheldesMondes halb um das fahle, kaum erkennbare RunddesMondes sichtbar wird und dann hinter dem Horizont versinkt: Neumondlicht, Beginn eines neuen Neun-Jahres-Kreises.

EndlichdieNacht. Alle Kinder entfernt. Wir Frauen allein unter uns:DiessinddieMysterien, aufdiemichdiePriesterin vorbereitet hat.

Heilige Mutter, wir feiern deine Hochzeit – vor aller Zeit geschehen, geschieht sie auch heute. Wir feiern deine Fruchtbarkeit.Duhast alles hervorgebracht, Himmel und Erde, Pflanzen und Tiere, Steine und Menschen. Jedes Jahr gebierstduneu, wasdenWeg alles Vergänglichen gegangen ist, denn deine Fruchtbarkeit ist ohne Grenzen.Machauch uns fruchtbar, unsere Felder und unser Vieh.

Im Fackelschein führendieDrei uns zudenFruchtbarkeit spendenden BäumenamBachrain: Birke und Erle, Hasel und Weide. Im Fackellicht schneiden wir Zweige. Im Fackellicht trinken wirMet.Im Fackellicht streichen wir einander leicht mitdenRuten: Fruchtbarkeit dringt ein durch unsereHaut.

Dortschreitetdiejunge Priesterin mitderFackel.Der Mannkommt zu ihr,derAuserwählte. Sie löschendieFackel. Jetzt vollziehen siedieHeilige Hochzeit.DerHimmel neigt sich zur Erde und spendet ihr seinen Regen. UnddieErde öffnet sich und wird fruchtbar und lässtdenSamen wachsen,der inihr ruht.

Unser Getreide wird wachsen, fruchtbar werden unsere Felder sein, wenn wir sie fruchtbar machen, wir alle mit unsererKraft, diewir im MonatderEnthaltsamkeit gesammelt haben. Jetzt muss ichestun, mit irgendeinem fremdenMann,und dann noch einem, noch einem. Ihr zu Ehren,inIhrem Dienst. Damit meineKraftIhreKrafterhöht. Damit Ihr SegendieErde befruchtet.

Da,im Dunkel, einer kommt auf mich zu,die Du Eins bistinDrei und DreiinEins, ich muss mich würdig erweisen. Ich sehe nicht mehr als seinen Umriss, aber ich erkenne ihn, ehe er mich berührt.Erumarmt mich, zieht michansich.Seineschmalen Händeinmeinem Haar.Seineweichen Lippen auf meinen Lidern.Es ist wie eine Musik von ungeahnter Herrlichkeit. Töne offenbaren sichinFarben, überfluten mich. Mein ganzer Körper verwandelt sich.Inleuchtende Musik,inklingende Farben,intönendes Licht.

»Zirrkan«, flüstere ich, doch er verschließt meine Lippen mit seinem Mund. Wie sehr ich mich nach seinen Lippen gesehnt habe. Zart streicht sein Finger über meine Handfläche. Ich zerberste.Erund ich. Keine Zeit mehr, kein Raum.AmHimmel sind wir zwischendenSternen.

Wir drängen zueinander, wir zittern beide und finden Halt im andern.Erkniet vor mir nieder. Ich drücke seinen Kopfinmeinen Schoß. Und fühle mich weit und schön und groß. Auf meinem Mantel, unter seinem Mantel, dringt er eininmich. Zirrkan, Zirrkan. Geliebter.

AusgelöschtdieErinnerunganTaku, nichts ist so wie mit ihm. Zirrkan ist meinMann,mein einziger. Wir verlieren uns im Glück und finden uns im andern. Wieder umfängt er mich. Ich bin geborgenin derRundung,diesein Körper mir bereitet. Ich spüre mein Herz gegenseineFinger pochen.

Alles, was ich bin, fließtinihn. Alles, was er ist, durchdringt mich.

Um uns herum bilden sich im DunkelderNacht immer neue Paare, vollziehendieHeilige Hochzeit nach –derGöttin zu Ehren. Doch wir, er und ich, wir lieben.

Haibe wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann richtete sie sich auf. Was tat sie hier! Sie träumtederVergangenheit nach und sollte sich doch lieber auf ihre Aufgabe vorbereiten! Statt sich nach Zirrkan zu sehnen, sollte sie versuchendieSteine zu erweichen.

Esgalt,dieVerbindung zudenMüttern und Ahnen zu finden.Esgalt, Regen herbeizuflehen.Esgalt, eine Hungersnot abzuwenden.

Sie begann zu beten, murmelte halblaut alle Anrufungen,dieihrin den Sinnkamen. Doch sie spürtedieNähederGöttin nicht, und immer wieder glitten ihre Gedanken ab. Sie hatteesja geahnt: Sie war nicht berufen.

Schließlich – wie weit mochteder Taginzwischen fortgeschritten sein? – tastete sie mit vorgestreckter Hand nachderWand und bewegte sich auf Knien darauf zu. Sie stieß gegen etwas Hartes: ein Tonbecher. Sie hörte, wie er umfiel,inScherben zerbarst. Ein Knochen kollerte davon, höhnisches Keckern.

Dann kniete Haibe dichtaneinem großen Trägerstein. Sie breitetedieArme aus: Mit Mühe konnte sieseineVorderseite umfangen,vonFuge zu Fuge. Sie drückte sichanihn, umschlossseineleichte Rundung mit ihrem Körper, streicheltedieglatte Fläche und legte ihre Wangean denkaltenStein.»Mutter«, flüsterte sie. »Mutter, hörstdumich? Mutter, wende dich mir zu! Hilf mir!«

Dawar nichts, keine Zuwendung, keine Hilfe. Nur Härte. So wie damals, vor vielen Jahren …

»Mutter«, flüsterte Haibe und umarmte ihre Mutter, »bitte hilf mir! Ich kann nicht leben ohne ihn!«

DerKörperderMutter verhärtete sich. »Nicht leben ohne ihn?«, wiederholtedieMutter.»Dukannst nicht leben mit ihm!«

Haibe ließdieArme sinken, zuckte zurück. Warum verstanddieMutteresnicht, da sie doch sonst alles verstanden hatte? Am Morgen nach dem Heiligen Fest hatte das Entsetzen Haibe die Kehle zugeschnürt: Was habe ich getan, ich habe das Fest entweiht, statt die Heilige Hochzeit zu feiern, habe ich mich in der Liebe verloren, die Göttin wird uns alle dafür strafen! Sie hatte darüber sprechen müssen, unmöglich, diese Schuld allein zu ertragen, weinend hatte sie alles der Mutter erzählt. Und die Mutter hatte sie in die Arme genommen: Die Liebe ist eine Gabe der Göttin. Wenn es der Göttin gefallen hat, dich an ihrem Heiligen Fest die Liebe erfahren zu lassen, weshalb sollte sie dir deshalb zürnen? Hab keine Angst, meine Tochter. Freu dich daran. Und da es nun einmal so gekommen ist – genieße diese Feiertage mit deinem Zirrkan. Aber vergiss nicht, dass du bald Taku zum Mann nehmen musst!

Wie hätte sieanTaku denken sollen, da sie doch Zirrkan liebte! »Ohne Zirrkan bin ich nur ein zerbrochenes Gefäß«, sagte sie, »ein Scherbenhaufen!«

»Ach, Haibe!«, erwidertedieMutter.»Dubist verliebt. Jedevonuns versteht das!AberVerliebtheit ist eine Sache und Heirat eine andere.DuhastdieFreudenderLiebe kennengelernt, nun lernstdu denSchmerz. Nur für kleine Kinder hält das Leben Geschenke bereit – umsonst.Duaber bist kein kleines Kind mehr. Für alles, wasdubekommst, musstduetwas geben. Was ist einevonuns gegen das Ganze! Was sind deine Wünsche gegen das Wohl unserer Sippen! Also tu deine Pflicht!«

»Ich weißesja, Mutter, ich wollte meine Pflicht tun! Ich habe darum gekämpft.Aberich kannesnicht!«

»Odoch,dukannst! Deine Ehe mit Taku ist seit langem beschlossen. Zum nächsten Vollmond musstduTaku zumMannnehmen. Zum nächsten Vollmond wird durch deine Heirat einmal mehrdieVerbindung zwischendenDala unddenKoa gefestigt, für deine Generation neuderBundderwechselseitigen Heiraten begründet. So haben unsere MütterdenBund geschlossen und vor ihnen deren Mütter. So habe auch ich einst deinen Muga geheiratet, damitdieDala unddieKoa einander beisteheninjeder Not, damit unsere Kinder im Leben vereint sind wie unsere Mütter und Ahnen im Tod.«

»Ich kann das nicht, begreif doch! Warum bistduauf einmal sohart?«

»Weil du esbist,dienicht begreifen will, Haibe!Dumeinst,dukönntest dich gegendieewige Ordnung stellen,duganz allein. Hastdu dieheilige Geschichtevon denUrfrauen Ba und Ra vergessen?«

Wie könnte sie.

Dieganze Kindheit hatte diese Geschichte sie begleitet:

Vordenalten Zeiten und vorderheiligen Ordnung lebte einst jede Sippe für sich allein, jede Frau bestellte das eigene Feld, und jederMannhütete das eigene Vieh. Wenn aber ein Feuer ihr Haus verbrannte, so gingen sie zugrunde, und wenn eine Missernte kam, so verhungerten sie, und wenn eine Kuh im Sumpf versank, so hattendieKinder keine Milch. Und sie litten große Not.Dasprach Ba zu Ra: Lass uns einen Bund gründen, dass nicht länger deine Sippe getrennt seivonmeiner Sippe und dass wir uns beisteheninjeder Not. Dass wir dir Obdach geben und dir ein Haus bauen, wenn dein Haus verbrennt, undduuns nährst, wenn unsere Ernte verdirbt oder unser Vieh versinkt! Und Ra sprach: So seies.Doch nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kinder und Kindeskinder. Und Ba sprach: So seies.Und so wollen wirdenBund gründen: Meine Töchter sollen deine Söhne heiraten und deine Töchter sollen meine Söhne heiraten. So werden unsere SöhnedieSippen verknüpfen unddenBund bewahren. Denn ihre Treue wird ihrer eigenen Sippe gehören, ihre Liebe aberderSippe ihrer Frau. Und Ra sprach: So seies.

»Ich weiß doch, Mutter, dassderBundderDala und Koainder heiligen Ordnung begründet ist und dass ich deswegen einen Koa heiraten muss! Meinst du, ich hätte mir das nicht selbst unzählige Male vorgehalten?! Tag und Nacht denk‘ ich nichts anderes! Und Tag und Nacht komm‘ ich zum gleichen Schluss: Ich kann weder Taku noch einen anderen Koa heiraten. Ich gehöre zu Zirrkan!«

»Zu einemMannaus einem Dorf neun Wegstunden östlichvonhier? Wennduschon nicht begreifen willst, dassduTaku heiraten musst, so begreife wenigstens, dassduZirrkan nicht heiraten kannst! Wie sollte Zirrkan bei dir sein und zugleichseinePflichten bei seiner Sippe erfüllen?Eristdereinzige Bruder seiner Schwester Kugeni, er wirdderGroße Oheim seiner Neffen und Nichten sein! Wie sollte er bei dir schlafen und beidenSeinen arbeiten? Wie sollte er deine Kinder lieben unddieseiner Schwester erziehen?«

Dawar sie wieder,dieMachtderEinwände.Abersie konnte dennoch nichtvonZirrkan lassen, sie konnteesnicht. »Dann verlasse ich eben unser Haus und unser Dorf! Soll Gwinne nach dir Sippenmutter werden, soll GwinnedenBund mitdenKoa schließen! Ich gehe mit Zirrkan und lebe bei ihm!«

DaschriedieMutter siean.

Niemals, ihr ganzes Leben nicht, hatte Haibe ihre Mutter imZornschreien hören. Doch nun schnittdierasende StimmederMutter sie mitten entzwei:

»Sag das nie wieder, nie! Eine Frau läuft nicht einemMannnach! Eine Frau verlässt nicht ihre Sippe! Eine Frau lebt nicht im HausderMutter oder Schwester ihres Mannes! Willstdualles mit Füßen treten, was uns heilig ist?! Willstduwie einevon denFrauenderSöhnedesHimmels werden, überdie esheißt, sie seien ohne Einfluss und ohne Ehre und ohne Stolz?!«

Haibe löste sichvondemStein. »Duwarst sehrhartzu mir, Mutter«, murmelte sie.»Aber duhast dein Ziel erreicht.Vielleicht hätte ich dir widerstanden, wäre da nichtderGroße Oheim gewesen,dersichandeine Seite stellte. Gegenseineunerbittliche Ruhe war ich wie eine Feder gegendenWind. Ihn konnte ich nicht hassen dafür.Aberdich, dich!«

Haibe umklammertedieBernsteinperlenderHalskette. Erst beim TodderMutter hatte sie begriffen, dass auchdieMutter unter dem gelitten hatte, was sie ihrer Tochter hatte antun müssen.

Haibe hatte Taku geheiratet. Acht Jahre lang hatte sie Zirrkan nicht wiedergesehen.AberkeinTag, andem sie nichtanihn gedacht hätte. Vielleicht war ihre Tochter Naki deshalb Zirrkan so ähnlich geworden, dassessie schmerzte vor Liebe.

Und jedesMal,wenn sie sich seither mit Taku vereinte, vereinte sie sichinWahrheit mit Zirrkan.

Taku hattedieVeränderung bemerkt – natürlich hatte er sie bemerkt –, und er hatte sich darüber gefreut. Seit dem Heiligen Fest bistduvöllig verändert, hatte er glücklich gesagt,dieGöttin hat dich erweckt, sodassdumich richtig lieben kannst.

Sie hatte ihnindem Glauben gelassen: Das war das Mindeste, was sie ihm schuldete. Und wenn siein denletzten Jahren, seit Zirrkan als HeilervonDorf zu Dorf zog und gelegentlich auch zu ihnen kam, sich mit Zirrkan vereint hatte, hatte sieesheimlich getan. Obwohleskeine große Bedeutung hatte, wenn eine verheiratete Frau mit einem anderenMannzusammen war, solange sieesnichtinihrem Haus tat.Abersie wusste, dassesTaku trotzdem kränken würde. Und kränken wollte sie ihn nicht. Denn Taku war ein guterMann. Erwar ein hervorragender Baumeister und ein treuerFreund.Vor allem aber war er ein guter Muga. Immer wieder neu erstaunteessie, wie genau er beide Anforderungen zu erfüllen verstand:dieeines Großen Oheims unddieeines Mugas, wie eresfertigbrachte,denKindern seiner Schwestern bei aller Freundlichkeit ein so ruhig bestimmter Erzieher zu sein,vonihnen Aufrichtigkeit, Fleiß und Ehrerbietung zu fordern und zu erhalten – und wenige Augenblicke später ihren eigenen Kinderndernachsichtigste Vertraute und Spielgefährte zu sein.

Sie war keine gute Mutter. Für ihre Söhne schon, aber nicht für Naki. Nachgiebiger als eine Tante war sie stets zu Naki gewesen. Wenn Mulai nicht stillschweigend für NakidieFestigkeitan den Taggelegt hätte,dieeigentlich AufgabederMutter war, wo hätte das hingeführt?

Wenn Naki sie aus ihrem schmalen Gesicht mit ihren nachdenklichen hellen Augen ansah – Zirrkans Augen –, dann wurde allesinihr weich, dann spürte sie nichts als Zärtlichkeit und Liebe. Undesgelang ihr nicht, ForderungenanNaki zu stellen oder ihr Wünsche abzuschlagen,esgelang ihr nicht, sie zurechtzuweisen, und wenn sieesdoch versuchte, so wusste sie, dass ihre Blicke ihre Worte Lügen straften.

Niemals war ein Mädchen wie Naki ausderSippederDala hervorgegangen. Auch Zirrkan konnte sich dem Zauber ihrer Tochter nicht entziehen. Bei jedem Besuchbander das Mädchen stärkeransich. Mehr und mehr weihte er sieinsein Wissen undin dieAnfängederHeilkunst ein.

Haibe hatte schon lange geahnt, dass Naki etwas anderes bestimmt war, als SippenmutterderDala zu werden. Dass Naki mehr Zugang zur unsichtbaren Welt hatte als je ein MädchenderDala.

Bei seinem letzten Besuch im vergangenen Jahr hatte Zirrkanesausgesprochen: Ich glaube,dieGöttin wird ihre Hand auf deine Tochter legen und sie zu ihrem Werkzeug machen. Seiesals Heilerin, seiesals Priesterin. Bis sie dorthin kommt, istesein schmerzhafter Weg.AberwendieGöttin erwählt, dem hilft keine Flucht.

Haibe seufzte.Eswar schwer, Naki loszulassen. Und das würde sie tun müssen, wennessoweit war.

Doch hatte ihrdieTochter jemals gehört?Inihrem ganzen Wesen schien Naki eher zu Zirrkan zu gehören alsin dieSippederDala.

Nie würde sie selbst vergessen, wie Zirrkan, bleich und krank vor Trauer und hilflosem Schmerz, zum erstenMalwieder ins Dorf gekommen war und Naki gesehen hatte – und wie er sie angeblickt hatte: als sähe er einen Geist.

Ich kannesnicht fassen, hatte er ihr später gesagt, deine Tochter sieht aus wie meine Schwester als Kind, ich seh‘ Kugeni noch vor mir, als sie so jung war wie deine Naki jetzt …Erhatte geweint.

Hilflos hatte sieseineHand gehalten, sein Haar gestreichelt. Wie solltemantrösten bei einem so furchtbaren Schmerz. Wie solltemantrösten, wenneskeine Worte mehr gab,die andas Entsetzen reichten?

Acht Jahre war das nun her.Injenem trockenenSommer,alsder Bachschon einmal versiegt war und alsdieSöhnedesHimmels Zirrkans Dorf …

Dawar etwas. Haibe lauschte. Ihr war, als hättendieSteine geschrien. Ihr etwas zugeschrien.

Nichts. Doch plötzlich, völlig unerwartet, waresda, das Grauen.Standda wie einWolf,demmanunversehens zu nahe gekommen war, das Fell gesträubt,dieZähne gefletscht.

Aber esgab sich nicht zu erkennen. Ihr Herz hämmerte.

»Hüte dich,in derRasereiderFurcht zu versinken, sonst kehrstdunicht zurück!«, sagte sie lautin dieFinsternis. Sie zwang sich zu ruhigem Atmen. Dann tastete sie nachderTrommel, begann sie sacht zu schlagen, wiegtedenKörper im Rhythmus,sangleise. SiesangMelodien ohne Anfang und Ende. Gleich einer Spirale wanden sie sich im immer wiederkehrenden Muster, erzählten vom Werden und Vergehen.

Sie halfen. Das Grauen zog sich zurück. Alle Liedersangsie,diesie kannte, verlor dabei jedes Gefühl fürdieZeit. Als ihr keinLiedmehr einfiel,sangsiediegleichen noch einmal. Und noch einmal.

Diese Lieder hatten ihr Leben begleitet, waren ihr vertraut, solang sie denken konnte. Einst hattedieMutter sie immer gesungen …

DieMutterstand amWebstuhl, arbeitete undsang.Sie, das Kind, ließ sich mitderSpindelan derFeuerstelle nieder, zupftean derWolle, zwirbelte sie, streckte dabeidieFüße zum Feuer aus und summte mit. Tante Kjolje fiel ein und wiegte ihr Babyan derBrust.DieStimmen verwoben sich mit dem Prasseln und RauschendesRegens, mit dem KnisterndesFeuers.

Kusine Mulai verlas Linsen,diegrößeren Vettern drehten gemeinsam eine Schnur,Liund Aktoll,diekleinen Brüder, spielten mit Holzklötzen, und Ritgo widmete sich dem mühsamen Durchbohren einer Steinaxt, indem er gleichförmigdenBogenderBohrvorrichtung hin- und herzog. Nun begann auch er mitzusingen. Ritgos Stimme wardieschönste.

DerGesang endete. Eben wollte Haibe ein neuesLiedvorschlagen, da gingdieTür auf.DerMuga kam herein, dicht hinter ihm Usko,derMugavonMulai und ihren Geschwistern. Sie schüttelten sich. Wassertropfen stoben aus ihren Haaren. Sie hängtendiedurchnässten Mäntel über das Feuer. Haibe brachtedenBreitopf vor dem herabrinnenden WasserinSicherheit.

»Was für ein Regen!«, sagtederMuga und legtederMutterdenArm umdieHüfte.

DieMutter lehnte ihren Kopf zurückan seineSchulter, ohne das Weben zu unterbrechen: »Frühlingsregen – Erntesegen!«

DerMuga küsste ihr Haar, ließ sie los, kauerte neben Ritgo nieder. »Langwierige Arbeit, was?«

Ritgo verzog das Gesicht.ErholtedieDoppelaxt unter dem Bohrstab hervor, bliesSandund Steinstaub weg und zeigte sie dem Muga:»Hier!Ich bohre schon seit Tagen. Mein Oheim sagt, morgen mussesfertig sein!«

»Tja«, meintederMuga, »wenn dein Oheim das sagt, da kannmannichts machen!«

Usko nahm Tante Kjoljes Baby aufseineKnie. »Auch!«, riefderkleineLiund streckte dem MugadieÄrmchen entgegen.

DerMuga setzte sich auf einen Schemel, hob sichLiaufs Bein und ließ ihn auf und ab hüpfen. Und dann sagte er: »Männer gibtes, Li, diereiten so auf Pferden!«

»Ferden?«, fragteLiverständnislos.

Haibe lachte.»Aber Li!Glaub doch nicht alles!DerMuga macht wieder nur Spaß!«

»Baaß?«, wiederholteLizweifelnd. »Kein Baaß!«

»Natürlich istesSpaß!«, warf Ritgo ein. »Pferde lassen niemanden auf ihrem Rücken reiten! Außerdem kannmanein Pferd gar nicht einfangen!«

»Hör nicht auf deine Geschwister,Li«,sagtederMuga.»Diehaben keine Ahnung.Esist kein Spaß.Esist wahr.Esgibt sie wirklich, diese Männer,dieauf Pferden reiten! Im Osten wohnen sie. Sie sprechen eine andere Sprache als wir.Inihrer Sprache nennen sie sich: SöhnedesHimmels. Unddiehalten sich gezähmte Pferde und reiten auf ihnen.«

DieMutter ließdenWebbaum fahren. Dumpf polterte er gegendenRahmendesWebstuhls. »SöhnedesHimmels! Ich werdeesnie begreifen. Wie können Menschen so vermessen sein, sich einen Namen zu geben,dereine einzige Beleidigung fürdieGroße Göttin ist?«

»Aber duweißt doch, dass sie sie nicht verehren,dieGroße Göttin,inkeiner ihrer Gestalten!«, erwidertederMuga. »Nicht als Schlange und nicht als Hirschkuh, nicht als Eule und nicht als Bärin, nicht als Vogelfrau und nicht als Sau. Sie haben Götter,diesiedieHimmlischen nennen!«

Haibe öffnete stummdenMund. Ihr Atem stockte. Plötzlich war alles fremd und unwirklich um sie. Als sei nicht mehr siees, diehieramFeuer saß.

DieSpindel entglitt ihren kraftlosen Fingern.

Haibe erinnerte sichandas Erschrecken, das sie damalsinihrer Kindheit erfasst hatte: Nie zuvor war ihrderGedanke gekommen, dassesandere Götter geben könnte alsdieGroße Göttininihren vielen Erscheinungsformen. »Damals war mir, als würdederBoden wanken, auf dem ichstand«,sprach Haibe leisein dieDunkelheit,»derBoden,derdoch bis dahin so fest und unerschütterlich gewesen war. Als ich hörte, dassesaußerhalbderGewissheit,in derich aufgewachsen war, andere Götter gab, erfüllteesmich mit Angst und Unsicherheit.Mirist, als wäredies derAugenblick gewesen,indem ich meine Unschuld verlor.«

Haibe horchte ihren Gedanken nach.Eswar gut,inWorte zu fassen, wasmanbisher nur ungenau gespürt hatte. Langsam sprach sie weiter, wusste selbst nicht, ob sie zur Göttin sprach, zudenMüttern und Ahnen oder zu sich selbst:

»VondiesemTag anerfasste mich eine beinahe krankhafte Neugier nach allem, was ich über diese SöhnedesHimmels erfahren konnte. Und alles, was ich hörte, diente mir zu Bestätigung, dass diese SöhnedesHimmels Irrsinnige waren. Ich hätte nicht weiterleben können ohne diese Sicherheit. Ich hingan denLippen jedes Händlers,deretwas überdieSöhnedesHimmels zu berichten wusste, ich lauschte jedem Gespräch, dasdieErwachsenen über sie führten, ich sammelte Geschichten über sie, wie andere Kinder bunte Steine sammeln. Und was waren das für Geschichten! Eine Welt,dieauf dem Kopfstand.«Haibe verstummte. Warum redete sie über ihre Kindheit? Verschloss sie sich damit nicht dem, was hier im Grab geschehen sollte, geschehen musste?

Sie seufzte: Naki, so jung sie noch ist, wäre dieser Prüfung besser gewachsen als ich. Naki würde sie spüren,dieNähederGöttin,dieNähederMütter und Ahnen. Ich aber war nie ein Mensch, dem sichdieTiefenderfrommen Versenkung eröffnet haben. Ich war immer ein MenschderTat.

Doch noch hat mich jader Hungernicht zermürbt, noch bohrt er nurinmeinem Magen. Noch quält michderDurst nicht als Feuerbrand, noch sind mir nur Zunge und Mund trocken. Und das andere,vondem Lüre sprach?Daist nichts anderes. Nur meine kindische Furcht vorhin. Wenn ich nur wüsste, wie spätesist!

Sie suchte mitdenAugendieLinie und das DreieckdesLichts und fand sie nicht. Siehan,ich habedenerstenTagüberstanden, stellte sie zufrieden fest. Nun denn, bete und leg dich schlafen!

Sie kniete nieder und sprachdieAbendgebete, machte dabeidieherkömmlichen Zeichen und Bewegungen. Gewöhnlich pflegte sie, erschöpftvon derschweren Tagesarbeit, diese Gebete abzukürzen. Nun zog sie siein dieLänge. Doch auch das langsam gesprochene Gebet endet einmal.

Sie legte sich aufdieSeite, deckte sich mit ihrem Mantel zu, rollte sich zusammen und bettetedenKopf aufdenArm. Sonst schlief sie ein, kaum dass sie lag. Heute blieb sie wach. Sie war nicht müde genug. Nichtdievertraute Schwerein denGliedern, nicht das ruhige Gefühl eines gelungenen Tagwerkes.

DerGranitgrus, mit demderBodendesGrabes bedeckt war, drückte ihrhart in dieSeite. Ihr war kalt. Fröstelnd zog siedenMantel überdieSchultern. Warum hatte sie eigentlich kein Kissen mit ins Grab genommen? Und keine Decke?! Lüre hatte nicht gesagt, dass auch Kälte und schlechter Schlaf vonnöten seien, damit siedenMüttern und Ahnen begegnen konnte.

Sie wälzte sich aufdenRücken und verschränktedieArme hinter dem Kopf.DerBoden war kalt. Ihr Bett jetzt daheim –

Unwillig drehte sie sich aufdieandere Seite. Ihre Hand stießanKnochen. Sie zuckte zurück, fuhr wiederin dieHöhe. Mit angezogenen Beinen setzte sie sich hin und stütztedenKopf aufdieKnie.

Wenn ich wenigstens Spinnrocken und Spindel hätte! Wie viel Wolle könnte ichin denvier Tagen spinnen …

Eswar Schlafenszeit.DieMutter hatte ihr längst erlaubt,dieSpindel wegzulegen und sich zur Ruhe zu begeben. Sie tatesnicht. Sie blieb im WinkeldesRaumsderMutter sitzen und spann Flachs, obwohl ihre Finger schon wund wurden. Denn daamFeuer warderHändler mit seinen Geschichten.

»Riesige Viehherden haben sie,dieSöhnedesHimmels, Ziegen, Schafe, Schweine und Rinder, vor allem Schafe und Rinder. Und danndiePferde! Sie reiten auf Pferden, wenn sie ihre Herden durchden Waldtreiben, ich habeesmit eigenen Augen gesehen.Aberdas andere, das habe ich nicht gesehen. Nur gehört.«

Erbeugte sich vor und dämpftedieStimme: »Männer gibtesbei denen,diesindinWahrheit gar keine Menschen. Sie sind Wölfe,dieMenschengestalt annehmen! Sie trinken Blut und begehen Gräueltaten,vondenen kann ich nicht reden, nicht hier vor dem Kind …«Erwarf ihr einen missbilligenden Blick zu.

»Haibe, bistduimmer noch nicht schlafen gegangen?«DieMutter drehte sich um. »Jetzt aber schnell, Kind, geh!«

Sie folgte dem Befehl nur halb, zogdieTür hinter sich nicht ganz zu, blieb lauschend stehen. »Immer erzählstdunurvon denMännernderSöhnedesHimmels!«, warfdieMutter dem Händler vor. »Erzähl doch malvon denFrauen!«

Dieser stieß einen seltsamen Laut aus.»Vondenen gibtesnicht viel zu erzählen«, sagte er verächtlich. »Außer vielleicht, dass sie viel Zeit für das Kochen verwenden und beinahe täglich Fleischgerichte zubereiten. Und dass sie schöne Stoffe weben.Aber dieverkaufen sie nicht selbst.DieMänner sindes,mit denen wir unsere Geschäfte machen. Wennman denFrauen begegnet, so heben sie nichtdenBlick und sprechen einen nichtan.BeidenGastmählern bedienen sie, ohne selbst zu essen und ohne ein Wort zu sagen, und wennmaneine Unterhaltung mit ihnen anfangen will, läuftmanGefahr,von denMännern aus dem Haus geworfen zu werden.«

DieMutter lachte. »Ach geh,duwillst mich aufdenArmnehmen!DieSippenmutter muss dich doch wenigstensinihrem Haus willkommen geheißen und das Brot mit dir gebrochen haben!«

»Bei denen gibteskeine Sippenmutter, nur einenMann, der derSippe vorsteht,denalle fürchten und dem alle gehorchen, undesist nicht ihr Haus, sondernseines!«

Haibe schütteltedenKopf. Wie lang hatte sie nicht mehrandiese alten Geschichten gedacht. Doch gewöhnlich hatte sie ja auch nichtdieZeit, vor sich hin zu träumen.

WennderSchlaf sie sowieso floh, konnte sie auch weiterträumen.

DerRaumderMutter überfüllt. Dicht gedrängt saßen sie umdieFeuerstelle,dieMutter unddieTanten,dieOheime unddieMugas,dieGeschwister, Kusinen und Vettern, auch einige FrauenderKoa. UndderHändler,derim HausderMutter zu Gast war und auf dessen Neuigkeiten jeder gespannt war. Sie aßen ein Festmahl, bei dessen Zubereitung sie selbst geholfen hatte undvondem sie jeden Bissen genoss: zum Weizenbrot Linsensuppe mit Räucherspeck, dann eine Gerstengrütze mit Wassernusssamen, Kräutern, Gemüsen und kleinen Flusskrebsen und schließlich honiggesüßtes Apfelmus mit gekochten Preiselbeeren, Haselnüssen und schaumig gerührter Sahne.

DerHändler bedankte sich beiderMutter wortreich fürdieGastfreundschaft. Dann sagte er: »Ich will euch etwas zeigen, was ihr wohl noch nie gesehen habt.Oderist einer unter euch,derschon einmal eine AxtderSöhnedesHimmelsinHänden gehalten hat?«

Alle gaben ihrer Neugier Ausdruck.DerHändler holte mit wichtiger Geste aus seinem Korb eine Axt hervor und zeigte sie herum. BesondersdieMänner wogendieAxtin derHand und prüftendieglatt geschliffene Steinklinge. Endlich kamdieReiheanHaibe.

DieAxt war schwer.Aberlängst nicht so schön wiedieDoppelaxtdesGroßen Oheims, deren beide Schneiden wie zwei Halbmonde geformt waren:derzunehmende Mond undderabnehmende. Keines Blickes hätte sie diese fremde Axt gewürdigt, wennesnicht eine AxtderSöhnedesHimmels gewesen wäre.

Sie hielt sie noch immer.DasagtederGroße Oheim: »Eine seltsame Axt. Ohne jeden tieferenSinn.Wie soll sie taugen, ein Tier für das heilige Opfer zu töten?«

Haibe blicktevon derAxt auf, zum Oheim und dann zum Händler. Dieser machte ein merkwürdiges Gesicht und erwiderte: »Dafür ist sie nicht gedacht, diese Axt.Esist eine Waffe der Söhne des Himmels, geschaffen nur für einen Zweck: einem Mann den Schädel damit einzuschlagen. Und dafür taugt sie sehr gut. Vor allem in der Hand eines Kriegers, der sich seit frühester Jugend darin geübt hat!« Haibe ließdieAxt fallen, starrte auf ihre Hände. Auf einmal zitterte sie. Im Raum warestotenstill.

Haibe drängte sich durchdieReihederanderen, drängte sichan dieMutter.DieMutter legtedieArme um sie, drückte sieansich und gewährte ihrdieSicherheit unddenSchutz,dienur sie gewähren konnte. DichtanHaibesOhrsagte sie leise:»Dumusst dich nicht fürchten, Liebes! Sie sind weit im Osten,dieSöhnedesHimmels. Niemals werden sie über das große Moor unddenSee unddieSandberge kommen bisinunserLand!«

Haibe schütteltedenKopf. »Ach Mutter,duhast dich getäuscht!Oderhastdunur mich getäuscht? Wolltestdueine Lastvoneiner Kinderseele nehmen, weil diese zu schwach war, sie zu tragen? Zirrkan unddiealte Priesterin müssen sie tragen. Und wenn noch Frauen leben sollten aus ihrem Dorf, wenn Kugeni noch lebt, danndieerst recht! Sie sind nicht im Osten geblieben,dieSöhnedesHimmels! Das große Moor undderSee haben sie nicht aufgehalten! NurdieSandberge trennen uns nochvonihnen. NurdieSandberge, da hattestdurecht,dieSandberge halten sie auf.« Sie brach ab. Sie konnteesnicht aussprechen, nicht hierin derFinsternis.

Abernie würde sie vergessen, wie Zirrkan nachderlangen Trennung so furchtbar verändertinihr Dorf gekommen war und davon berichtet hatte, dass erseineMutter zudenHeiligen Steinen begleitet und bei seiner Heimkehr das Dorf seiner Sippe zerstört vorgefunden hatte: eine Stätte grauenhafter Verwüstung. Nicht ein Haus hatte mehr gestanden – nur verbrannte Trümmer. Nicht ein Mensch hatte mehr gelebt – nur erschlagene, durchbohrte oder verkohlte LeichenvonMännern und Kindern.

Nicht ein Überlebender,derberichten konnte, was geschehen war.Aber dieunmissverständliche SprachederSpuren, undin derEicheamDorfplatz eine blutige StreitaxtderSöhnedesHimmels: höhnisches Zeichen ihrer triumphierend eingestandenen Tat.

Zirrkan hatte kaum sprechen können, als er erzählte, dass erdieKinder seiner Frau unddieseiner Schwester mit gespaltenem Schädel oder erwürgt vorgefunden habe.SeineFrau undseineSchwester aber habe er nicht gefunden – nicht eine Frau, nicht ein junges Mädchen.

Später hatten sie erfahren, dass Zirrkans Dorf nicht das einzige gewesen sei. Dass noch mehrere östlichderSandberge gelegene Dörfer aufdiegleiche grauenerregendeArtüberfallen worden seien, damals vor acht Jahren währenddergroßen Trockenheit –

Dawar etwas, ein halber Gedanke.

Sie müsste ihn nur zu sich heranziehen.Abersie war so müde.

Zirrkan, Geliebter, wo bistdu?