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Was war ganz am Anfang? Wie entstand das Universum, wie entstand die Erde? Wo begann das Leben und wie entwickelte es sich weiter bis heute? Und wo ist unser Platz in diesem Geschehen? Naturwissenschaftlich fundiert und gleichzeitig anschaulich und bildhaft erzählt Matthias Wörne die Große Geschichte der Entstehung der Welt. Es ist eine faszinierende Erzählung, voller Überraschungen und Wendungen. Eine Erzählung, die uns staunen macht über unsere Welt, in der eine geheimnisvolle Kreativität verborgen ist.
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Seitenzahl: 76
Veröffentlichungsjahr: 2024
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für meine erwachsenen Patentöchter: Rebecca, Muriel und Indira
„Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest.“
Rainer Maria Rilke
„Ich möchte dir eine Geschichte erzählen …“
Der Geschichte erster Teil: Unsere kosmische Heimat
Der Geschichte zweiter Teil: Erde
Der Geschichte dritter Teil: Organisches Leben
Der Geschichte vierter Teil: Die Welt der Pilze, Pflanzen und Tiere
Wir Menschen und die Große Geschichte
Nachwort und Dank
Literaturverzeichnis
Bildnachweis
Über den Autor
Ich möchte dir eine Geschichte erzählen. Es ist die umfassendste Geschichte, die es gibt: die Geschichte, die alle anderen Geschichten enthält. Es ist die Große Geschichte der Welt, des Universums. Die Geschichte, wie alles entstand, wie alles geworden ist …
Seit jeher erzählen sich Menschen Geschichten. Wir sind ein Geschichten erzählendes Lebewesen. Wir lieben den Wechsel von Spannung und Auflösung. Wir lieben Rätselhaftes. Geschichten können uns anrühren, zum Lachen bringen. Oder einfach nur unterhalten.
Dass wir Geschichten erzählen und dass wir Geschichten zuhören, weist darauf hin, dass es für uns Menschen Zeiten des Ruhens und der Muße gibt. Zeiten, in denen wir nicht damit befasst sind, unser Überleben zu sichern, Nahrung zu suchen, auf der Hut zu sein oder uns zu verteidigen. Dazu gehören zum Beispiel Zeiten der Dunkelheit oder unwirtlichen Wetters. Zeiten, in denen wir uns vielleicht in einem Kreis um ein Feuer oder einen Ofen versammeln …
In allen Kulturen werden durch Geschichten auch wesentliche Informationen weitergegeben: über die Welt und ihren Ursprung, über die Landschaft, die Pflanzen und Tiere und ihre Eigenarten. Wir Menschen kommen „unfertig“ zur Welt und durchleben eine lange Zeit der Abhängigkeit, bis wir selbstständig sind. Dabei spielt die Weitergabe von Wissen und von Fertigkeiten durch die Älteren an die Jungen eine wichtige Rolle. Geschichten geben Wissen weiter – über bildhafte Erzählungen, nicht über abstrakte Erklärungen.
Das Erzählen „Großer Geschichten“ ist in indigenen Kulturen manchmal an Rituale oder Zeremonien geknüpft, zum Beispiel im Zusammenhang des Erwachsenwerdens. Da sind es häufig Älteste, die die Mythen der jeweiligen Gemeinschaft, des Stammes erzählen. Andere Geschichten werden nur zu bestimmten Zeiten im Jahr erzählt.
Dass Geschichten aufgeschrieben und dadurch festgehalten, fixiert werden können, ist ein junges Phänomen in der Geschichte der Menschheit. Die längste Zeit wurden sie mündlich erzählt und vernommen, wurden erinnert und wieder weitergegeben.
Erzählungen darüber, wie die Welt entstanden ist, gibt es überall auf der Erde. Das beginnt bei lokalen und regionalen Phänomenen: Warum hat die Landschaft hier diese Ausprägung? Warum gibt es diesen Fluss, diesen See, diese Schlucht? Warum hat der Berg hier genau diese Gestalt? Warum ist die Küstenlinie hier so geformt? Wie kommt es, dass Winde und Wetter ihre Rhythmen haben?
Solche Geschichten stehen in enger Relation zu einem konkreten Ort, einer vertrauten Landschaft. Sie schaffen einen direkten Bezug zur Umgebung. Sie anderswo zu erzählen nimmt ihnen ihren ursprünglichen Sinn. Gleichzeitig weist die Frage, wie die Welt entstanden ist, über lokale Gegebenheiten hinaus. Sie bezieht sich auch auf die Welt als Ganzes: Wasser und festes Land, Himmel und Erde, Sonne und Mond, die Sterne ...
Wir haben heute Kenntnis von einer Vielzahl solcher Weltentstehungs-geschichten aus unterschiedlichsten Regionen und Kulturen. Viele sind von großer Schönheit und voll eindrücklicher Bilder. Dies ist ein kultureller Reichtum, für den wir dankbar sein können. Es ist gut, diesen Reichtum zu bewahren und zu pflegen, Geschichten auch weiterhin lebendig zu halten und zu erzählen.
Woher kommen solche Geschichten? Wie sind sie entstanden?
Zum einen sicher aus der direkten Beobachtung der Welt, aus dem, was Menschen wahrgenommen und erlebt haben. Manche Geschichten tragen auch Erinnerungen an Geschehnisse, die sehr viel weiter zurückliegen, als dass Menschen sie bewusst erinnern. Große Mythen stammen aus einer Art gemeinschaftlichem Traumbewusstsein. Sie beinhalten archetypische Bilder, die in der menschlichen Seele verwurzelt sind, über das Individuelle hinaus. In Australien wird die Zeit der Anfänge und Ursprünge der Welt explizit mit dem Begriff „Träumen“ benannt.
Heute haben wir eine weitere Geschichte, die vom Ursprung, von der Entstehung und vom Werden der Welt erzählt. Sie ist „überliefert“ durch Naturwissenschaftler verschiedener Disziplinen aus der ganzen Welt. Diese universelle Geschichte ist nicht an einen Ort, eine traditionelle Kultur gebunden. Sie ist allen Menschen gleichermaßen zugänglich. Sie entstammt dem naturwissenschaftlichen Zugang zur Welt, der seinen historischen Ursprung in unserer westlichen Tradition des Abendlands hat.
Auch hier sind es „Älteste“, Wissende, die uns Wissen übermitteln. Sie selbst tun dies selten in Form einer zusammenhängenden Geschichte, sondern sind in der Regel eher fokussiert auf bestimmte Ausschnitte des Ganzen. Doch wir Menschen lieben Geschichten, wir brauchen Geschichten …
Die Wissenschaft erzählt die Geschichte des Universums, das seit Milliarden von Jahren existiert, das sich ununterbrochen verändert und weiterentwickelt hat und dies immer noch tut. Diese Geschichte hat ihren Ursprung nicht in einem Traumbewusstsein, sondern im wachen Denken von Menschen. Sie ziehen Schlüsse aufgrund von Beobachtungen, nicht nur mit bloßem Auge, sondern mithilfe von Messgeräten und Instrumenten wie etwa Teleskope oder Mikroskope, aufgrund von Forschungen und daraus gewonnenen Erkenntnissen.
Es ist eine unvorstellbar große Geschichte – und doch eine Geschichte, an der wir teilhaben. Eine Geschichte, in der wir Menschen mitspielen, als kleine Figuren in einem unermesslich großen Ganzen. Es ist die Geschichte eines Prozesses, der in jedem Aspekt seines Verlaufs von Kreativität zeugt. Es ist ein Epos, eine Ballade, voll von Überraschungen und Wendungen, von unerwarteten Geschehnissen.
Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften sind ständig im Fluss und verändern sich. Nie sind sie endgültig fertig. Das liegt in ihrer Natur. Ich erzähle dir die Geschichte so, wie es dem heutigen Stand des Wissens oder wahrscheinlicher Annahmen entspricht. Vermutlich wird das eine oder andere Detail in einigen Jahren ein bisschen anders erzählt, doch das ist nicht weiter schlimm.
Es ist eine faszinierende und wunderbare Geschichte. Deswegen sollte sie erzählt, gehört und bestaunt werden. Es ist unser aller Geschichte, nicht nur als Menschen aller Kulturen und Regionen der Erde, sondern als Gemeinschaft aller Lebewesen auf diesem Planeten.
Wenn wir die Große Geschichte erzählen, begeben wir uns in zeitliche Dimensionen, in denen wir Menschen nicht zu Hause sind. Sie spielt in Zeiträumen von Millionen und Milliarden von Jahren. Solche Zeiträume übersteigen unsere Erfahrungsmöglichkeiten, unser Vorstellungsvermögen. Und doch können wir hindenken an solche großen Zeitlinien, etwa beim Schauen über eine Landschaft oder beim Blick in den nächtlichen Sternenhimmel. Vielleicht kehren wir am Ende des Zuhörens dann wieder zu dem zurück, was auch Anlass dafür ist, dass wir Menschen uns Geschichten erzählen: das Staunen über die Welt.
Die Große Geschichte umfasst unendlich viele kleinere Geschichten. Wir erzählen den Teil davon, der uns zugänglich ist, der uns direkt berührt und betrifft. Es ist die Geschichte dieser Welt hier, in der wir zu Hause sind. Wir beginnen ganz am Anfang …
Und so lausche. Mach es dir bequem, öffne die Ohren. Hör zu, wie die Welt, wie das Universum entstanden ist …
Womit begann alles? Was war am Anfang aller Dinge?
Ein explodierender Feuerball, eine blitzende Kugel. Ein Feuerwerk, flammende Ur-Energie. In ihr enthalten: alles was jemals war, alles was ist, alles was jemals sein wird. Jedes Ding im gesamten Universum wurzelt in diesem Energiegrund. Alles ist in ihm und durch ihn miteinander verbunden.
Nicht wie ein irdisches Feuer oder wie ein Blitz am Himmel war dieses Explodieren. Nichts was wir uns wirklich vorstellen können. Unvorstellbar heiß, ein intensives Leuchten, das sich rasend schnell in alle Richtungen ausbreitete. Ein Donnerschlag, dessen Echo bis heute vernehmbar ist. Ein Ur-Mysterium: etwas, das werden wollte, das immer noch wird und das weiterhin im Werden begriffen ist.
Wo kam er her, dieser Ur-Blitz?
Aus dem Schoß des Nichts kam er, aus dem schöpferischen Urgrund, dem innersten Herzen des Universums. Davor gab es nichts, nichts wovon wir etwas wissen können. Dieser Ur-Blitz trug in sich alle Materie, alles Licht, alle Strahlung, die Zeit und den entstehenden Raum, der sich nun immer weiter ausbreitete und entfaltete – und sich entfaltet bis zum heutigen Tag.
Wir wissen nicht, ob dies das einzige Universum ist, das es gibt. Wir können es nicht wissen. Möglicherweise gibt es nur diese eine Welt. Möglicherweise gibt es mehrere. Aber es ist die Welt, in der wir existieren, wie alles darin geboren aus Gas und Sternenstaub.
Im anfänglichen Chaos der Ur-Explosion bildeten sich dann nach und nach Regelmäßigkeiten, Gewohnheiten aus. Diese Gewohnheiten verfestigten sich zu den grundlegenden Wechselwirkungen des Universums: Schwerkraft, elektromagnetische Kraft, starke Kernkraft und schwache Kernkraft. Dies sind die vier Grundkräfte der Welt, die alles unaufhörlich miteinander verbinden, alle vier Ausdruck der einen Ur-Kraft.
Als das Ur-Feuer allmählich abkühlte, bildeten sich die ersten Atome: dynamische Daseinswirbel, die das Universum von da an organisierten und die sich zu den ersten Elementen formten: der überwiegende Teil zu Wasserstoff, ein kleinerer Teil zu Helium. Noch heute bestehen weit über 90% des Universums aus diesen beiden Elementen. Und ein jedes davon brodelt vor Energie.
Diese Daseinswirbel, die Atome, waren nicht überall gleichmäßig vorhanden. An manchen Orten waren sie dichter, an anderen weniger dicht. Durch Schwanken und Fluktuieren, durch Schwingungen und Wellen bildeten sich Muster aus, Wolken. Dort, wo die Dichte immer größer wurde, gerannen die Wolken dann zu Sternen. Und nach einer Milliarde von Jahren ununterbrochener