Der Teufel reitet mit - Howard Duff - E-Book

Der Teufel reitet mit E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Der Knall kommt in jenem Augenblick, als Kim Turner nur noch neun Meilen bis Rapid City zu reiten hat. Das wilde Peitschen der Schüsse jagt links von Turner eine Schneewolke aus den Büschen. Vor einer Stunde hat es begonnen, sacht zu schneien. Und durch den beim Schuß aufgewirbelten Schnee weiß Turner, wo der Mann im Hinterhalt liegt. Es ist Kim Turners weiter Umhang, der den Schützen narrt. Die Kugel faucht durch den Umhang. Und kaum bekommt der Stoff einen Schlag, als sich Turner auch schon fallen läßt. Er stürzt an der rechten Seite vom Pferd, nimmt sein Gewehr mit und holt noch im Fallen aus. Der Kolben der Waffe trifft das Pferd. Es springt erschreckt von diesem Hieb weiter, während sich Kim Turner nach links rollt. Vor ihm ist ein kleiner Erdaufwurf mit zwei, drei mageren Büschen. Turner rollt sich auf ihn zu, ehe der zweite Schuß fällt. In diesen Sekunden erinnert sich Kim Turner an Wesley Corgan, den Chiefagenten der Wells Fargo und dessen Ratschläge. Nicht umsonst hat Turner über ein halbes Jahr unter Corgan geritten und von ihm gelernt. Kim Turner streckt sein Gewehr an der rechten Seite des Erdaufwurfs und der Büsche vorbei. Dann drückt er blindlings ab, reißt die Waffe zurück, rollt sich zur linken Seite des Erdbuckels und kommt hoch. »Narr!« sagt Turner grimmig, als der Schuß vom Bachlauf und den anderen Büschen her kracht. Die Kugel schlägt rechts in den Erdbuckel. »Da hast du etwas!« Er sieht die weiße Schneewolke drüben zwischen den Büschen, nimmt sein Gewehr an die Schulter

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Die großen Western – 197 –

Der Teufel reitet mit

Ein dramatischer Roman

Howard Duff

Der Knall kommt in jenem Augenblick, als Kim Turner nur noch neun Meilen bis Rapid City zu reiten hat.

Das wilde Peitschen der Schüsse jagt links von Turner eine Schneewolke aus den Büschen. Vor einer Stunde hat es begonnen, sacht zu schneien. Und durch den beim Schuß aufgewirbelten Schnee weiß Turner, wo der Mann im Hinterhalt liegt. Es ist Kim Turners weiter Umhang, der den Schützen narrt. Die Kugel faucht durch den Umhang. Und kaum bekommt der Stoff einen Schlag, als sich Turner auch schon fallen läßt.

Er stürzt an der rechten Seite vom Pferd, nimmt sein Gewehr mit und holt noch im Fallen aus. Der Kolben der Waffe trifft das Pferd. Es springt erschreckt von diesem Hieb weiter, während sich Kim Turner nach links rollt. Vor ihm ist ein kleiner Erdaufwurf mit zwei, drei mageren Büschen. Turner rollt sich auf ihn zu, ehe der zweite Schuß fällt.

In diesen Sekunden erinnert sich Kim Turner an Wesley Corgan, den Chiefagenten der Wells Fargo und dessen Ratschläge. Nicht umsonst hat Turner über ein halbes Jahr unter Corgan geritten und von ihm gelernt.

Kim Turner streckt sein Gewehr an der rechten Seite des Erdaufwurfs und der Büsche vorbei. Dann drückt er blindlings ab, reißt die Waffe zurück, rollt sich zur linken Seite des Erdbuckels und kommt hoch.

»Narr!« sagt Turner grimmig, als der Schuß vom Bachlauf und den anderen Büschen her kracht. Die Kugel schlägt rechts in den Erdbuckel. »Da hast du etwas!«

Er sieht die weiße Schneewolke drüben zwischen den Büschen, nimmt sein Gewehr an die Schulter und zielt genau unter die Wolke.

Corgan, denkt Turner, als er den Finger durchzieht, Corgan, du hast recht behalten. Der Narr glaubt wirklich, ich liege rechts am Erdbuckel. Verdammt, sie müssen wissen, daß ich kein Prospektor bin.

Im selben Augenblick hört er das grelle, fauchende Peitschen keine dreißig Schritt hinter sich.

Der Schlag trifft seinen Rücken. Sein Zeigefinger zieht noch durch, und auch aus seiner Waffe bricht ein Schuß. Aber die Kugel jagt durch die Büsche am Bachufer.

Kalt, denkt Turner, während ihm das Gewehr aus den Händen gleitet und sein Körper auf die Seite kippt, es ist so kalt.

Corgan – Corgan, das sind ja zwei Mann.

Seine Gedanken verwirren sich. Er glaubt Corgans Stimme zu hören und das Gesicht des Chiefagenten über sich zu sehen.

»Jeden Freitag, Kim, hörst du? Melde dich jeden Freitag in Rapid City und bringe deinen Bericht schriftlich mit. Ich werde in zwei oder drei Wochen selbst kommen. Wage dich nicht zu weit vor, Kim. Du hast noch nicht genug Erfahrung. Du bist gut, Junge, du kennst eine Menge Tricks, aber noch lange nicht alle. Wage dich nicht zu weit vor.«

Corgan, denkt Turner und friert entsetzlich, Corgan, bist du schon in Rapid City, dann komm her, komm her und hilf mir. Die Kälte, Corgan, es ist so kalt. Corgan, glaube mir, ich hätte ihn erwischt, aber, da war noch einer am Hang, Corgan. Sie haben rechts und links des Weges gelauert. Und ich dachte, da wäre nur einer. Corgan, sie haben mich mit einem Trick hereingelegt.

Die Kälte nimmt zu, bis sie Turner vollständig lähmt. Er ist tot.

In den Büschen knackt es. Vom Bach aus kommt ein kleiner Mann keuchend angerannt.

»Mensch, Mensch, Luke!« keucht der kleine Steve verstört. »Der hätte mich beinahe erwischt! Alle Teufel, ist er…«

»Der erwischt niemanden mehr«, antwortet der hagere Luke. »Hol sein Pferd und dann weg hier. An den Büschen in Bachnähe ist genug Deckung, falls doch noch jemand kommt. Schätze nur, es wird bei dem Schneefall keiner mehr versuchen. Es riecht nach Dreckwetter!«

Der kleine Mann steht zwei Sekunden da.

»Los, geh schon, hol den Gaul, Mann.«

»Der hat ’n O’Hare Brand, was? Können wir den nicht…«

»Du bist wohl wahnsinnig, den Gaul mitnehmen zu wollen, Mann!« faucht der hagere Luke. »Los, verschwinde.«

Er bückt sich. Schnee fällt über Kim Turner.

Schnee wirkt auf manchen wie ein Totenlaken.

*

»Mr. Corgan.«

»Ja?« fragt der Mann am Stall und sieht sich kurz um. »Noch etwas, Flint?«

»Corgan, es riecht nach Schnee«, murmelt der Leiter der Hauptstation, Flint, leise. »Die letzte Stagecoach ist durch, na gut. Kim Turner kommt vielleicht mit seinem Pferd.«

»Die Kutsche ist keinem Reiter begegnet«, erwidert Wesley Corgan kühl. »Ich habe gefragt, Flint. Freitags hat sich Turner zu melden, entweder schriftlich oder persönlich. Schriftlich nur, wenn er aus dringenden Gründen selbst nicht kommen kann. Turner weiß genau, was dringende Gründe sind. Kein Brief, kein Turner.«

Flint schweigt, schüttelt nur den Kopf.

Als sich Corgan umwendet und das zweite Pferd heranzieht, fällt der Laternenschein auf sein Gesicht. Es ist ein längliches, hartes Gesicht mit hellen Augen, einem schmalen Mund und tiefen Falten von der kräftigen Nase bis zu den Mundecken.

Viel ist es nicht, was Flint von Corgan weiß. Angeblich soll Corgan im Indianergebiet New Mexicos aufgewachsen sein. Sein Vater war Handelsagent der Wells Fargo für den Indianerstreifen. Man sagt, Corgan sei schon über dreißig Jahre alt. Als er sich bewegt, macht er jeden Handgriff so ruhig, als hätte er vor einer Stunde bei Kutschenankunft keine plötzliche Eile an den Tag gelegt.

Dieser ruhige, beinahe träge wirkende Mann ist Chiefagent der Wells Fargo und soll fast alle Staaten kennen.

»Mr. Corgan, Schnee fällt in den Black Hills.«

»Ich weiß, was das heißt«, antwortet Corgan knapp. »Keine Sorge, Flint, noch gibt es keinen Sturm. Das sind erst seine Vorboten. Die Laternen, mein Freund.«

Flint bringt ihm schweigend die beiden Laternen und sieht zu Corgan hoch. Corgan überragt ihn um anderthalb Köpfe und wirkt in seiner Felljacke wie ein Riese. Dabei ist Corgan hager.

»Entweder sehen wir uns noch, oder ich gebe Nachricht mit der nächsten Kutsche aus Deadwood, Flint. Das ist alles.«

»Ja, Mr. Corgan.«

Corgan steckt die lange Holzstange unter die Sattelgurtschlaufe, schnürt sie am Sattelring mit einem Riemen fest und hebt kurz die Hand. Dann reitet er wortlos an.

»Verteufelt kalt«, sagt Flint, als er ins Haus zurückhastet. »Möchte nicht die ganze Nacht bei diesem Wetter unterwegs sein. Aber Corgan macht das anscheinend nichts aus. Bei Schneefall in den Bergen, da findet man keine Spur. Und dann bei Nacht? Was will er da schon sehen?«

*

Corgan zieht einmal hart an den Zügeln. Augenblicklich hebt das Pferd den Kopf und wiehert in die stiebenden Wirbel des Flockentanzes hinein.

Als er weitergeht und keine Antwort kommt, zieht Corgan die Kapuze wieder fest zu. Er starrt auf den Weg, aber die Furchen sind kaum zu sehen. Der Schnee liegt bereits sieben Zoll hoch. Dennoch rechnet sich Corgan eine Chance aus. Es ist vielleicht hart, das Pferd alle hundertfünfzig Yards zum Wiehern bringen zu müssen. Aber es ist die einzige Möglichkeit, ein anderes Pferd antworten zu lassen.

Wesley Corgan hat die Stange nun wie eine Deichsel an der rechten Flanke des Pferdes befestigt. An der Spitze der Stange baumelt die Laterne und wirft ihren Schein auf den Weg. Das Licht reicht nur nicht weit. Ein Hang ist links, dann kommt eine Biegung. Corgan hält wieder, lockert die Kapuzenschnur. Danach erfolgt das Zügelrucken.

Das Wiehern schallt durch die Stille. Einmal, zweimal prustet das Pferd störrisch, doch dann hört Corgan die Antwort. Augenblicklich zieht Corgan beide Pferde herum. Sie trotten etwa dreißig Yards. Lichtschein gaukelt über Büsche hinweg. Noch ein Rucken, das Wiehern klingt hell, und deutlich kommt die Erwiderung.

Zwei Minuten darauf steigt Corgan ab. Er stampft ein paarmal auf, nimmt die zweite Laterne, steckt sie an und geht los. Er sieht das Pferd vor sich. Die Zügel sind um ein paar Buschzweige geschlungen und straff verknotet worden. Wasser glänzt dunkel, Wellen plätschern leise. Am Ufer ist ein kleiner Buckel. Die Laterne schwenkt höher, bis der Strahl den Buckel voll erfaßt hat. Corgan kniet nieder.

»So ist das«, sagt Corgan danach heiser und hebt den Mann an. »Du warst auf irgend etwas gestoßen, Junge, ich wußte es, als ich deinen ersten Bericht vor mir hatte.«

Er blickt in das Gesicht, in dem nicht einmal ein Staunen steht. Danach sieht er die Taschen nach und findet sie alle nach außen gewendet. Selbst die Satteltaschen des Pferdes sind leer.

»Siebentausend Digger in der Deadwood Region«, murmelt Corgan bitter. »Vielleicht dreihundert Schurken, und zwei haben Kim aufgelauert, zwei oder mehr, denke ich. Eine Kugel von vorn, die andere von hinten. Raubmörder nehmen immer alles mit, manchmal sogar das Pferd, aber das ist oft zu gefährlich, weil man den Brand erst ändern muß. Ein H im Kreis? Das ist nicht sein Pferd, das er hatte, als er von Rapid City fortritt. Es muß ein Brandzeichen sein, das in dieser Gegend bekannt ist. Manche Leute erschießen einen Gaul und schneiden den Brand heraus, das ist auch eine Methode.«

Corgan ist sicher, daß dies kein Raubmord gewesen ist. Er kauert eine ganze Weile stumm neben seinem Mann und trägt ihn dann zum Pferd. Dort bindet er ihn fest, nimmt seine Decke und zurrt sie über ihm fest.

Nach kaum zehn Minuten reitet Corgan im scharfen Trab zurück.

Der Schneefall hört kurz vor Rapid City auf.

Corgan sieht sich nicht um. Er braucht auch nicht nach Spuren zu suchen, wenn es Tag wird, das weiß er. Der Schnee deckt alles zu, der Boden darunter ist steinhart gefroren.

Der Schlüssel zu den Überfällen, die Kim Turner herausfinden sollte, liegt in Deadwood.

Dort sind auch jene Männer zu finden, die bis jetzt neun Transporte der Wells Fargo überfallen und beraubt haben.

Jene Banditen hat Kim Turner gesucht. Er muß sie auch gefunden haben, denn sonst würde er noch leben.

Zuviel gewußt, daran ist Turner gestorben.

*

Der Mann ist klein, hat nur noch wenig Haare auf dem Kopf und muß sich gegen die Zimmertür stemmen.

Es gibt einen berstenden Knall vor ihnen in der Dunkelheit des Zimmers. Danach klirrt es wild, Schnee fegt in den Raum, Wind heult mit jähem Fauchen los.

»Das Fenster ist offen«, erklärt Corgan knapp und nimmt die Lampe hoch. »Schnell, Mann, die Tür wieder zu.«

Der kleine Mann flucht, als er gegen den hereinbrausenden Wind die Tür schließen und sie mit aller Macht festhalten muß. Dennoch kracht sie schwer ins Schloß. Im flackernden Lampenschein starrt der Mann nicht nur auf den hereinwirbelnden Schnee, sondern auch auf den Wirrwarr in diesem Raum. Draußen heult der Sturm. Gerade noch kann Corgan unterhalb des Fensters die Umrisse des Daches eines Schuppens oder Anbaues sehen. Die Sicht beträgt keine zwanzig Yards mehr. Was draußen tobt, das ist ein Schneesturm, durch den sich Corgan die letzten fünfzehn Meilen nach Deadwood und bis zu diesem Hotel gekämpft hat, in dem Turners Zimmer ist.

»Verdammt, verdammt«, sagt der Clerk des Hotels verstört und stolpert über die Matratze. Sie liegt mitten im Zimmer, und ihre Eingeweide hängen heraus. »Wer hat denn hier gehaust?«

Er schließt das Fenster. Jetzt bleibt wenigstens der Schnee draußen, der Wind hat keine so starke Gewalt mehr. Dann sieht der kleine Mann sich nach Corgan um und starrt auf das wüste Durcheinander.

»Er, ich meine, Turner, er sagte doch, er würde bald wiederkommen. Mister, hören Sie, wer hat das gemacht?«

»Nun, wer?« fragt Corgan kurz. »Moment, Mann, haben Sie den ganzen Tag unten gesessen?«

»Sicher, bis auf ein paar Minuten vielleicht, die ich in der Küche war, Mister. Hier ist immer Betrieb. Wer geht hier tagsüber hoch? Die sind doch durch das Fenster gestiegen.«

»Ja«, erwidert Corgan kühl. »Sie sind durch das Fenster hereingestiegen. Bei dem Schneesturm sieht man keine zwanzig Yards weit, wie? Sie konnten es unentdeckt tun und hier alles durchsuchen.«

Corgan sieht eine Sekunde dem kleinen Mann in die ungläubigen Augen. Dann geht er zum Packen, der in der Ecke liegt. Der Inhalt des Packens ist verstreut worden. Ein Buch hat keinen Rücken mehr, selbst der Umschlag ist abgerissen worden. Von einer Tasche aus Leder gibt es nur noch Fetzen. Gegenstände von Turners Prospektorausrüstung, die Turner zur Tarnung mitgenommen hatte, liegen auf dem Tisch und am Boden.

Der kleine Mann fragt: »Mister, ich verstehe nicht, was sie gesucht haben. Sicherlich hat Mr. Turner sein Geld bei sich gehabt. Sind Sie ein Freund von Turner?«

»Ja, ich sagte es schon einmal«, antwortet Corgan trocken. »Haben Sie hier einen Stallhelp?«

»No, Sir, keinen. Das mache ich nebenbei. Warum, Sir?«

»Ich dachte, der Stallhelp könnte die Burschen gesehen haben. Anscheinend hat sie kein Mensch bei dem Sturm hier einsteigen sehen, schätze ich, sonst hätte jemand seine Beobachtungen doch wohl unten im Hotel gemeldet, was?«

»Ja, Sir, sicher. Was haben die denn nur gesucht?«

Corgan tritt ans Fenster und blickt einen Moment hinaus.

»Ich weiß nicht«, sagt er leise. »Packen Sie das Zeug zusammen, Mister, und dann schaffen wir es zur Wells Fargo Station hinüber. Das Zimmer ist bezahlt?«

»Bis vorgestern, Sir.«

Corgan nimmt drei Dollar aus seiner Tasche und legt sie auf den Tisch.

»Turner braucht das Zimmer nicht mehr, Mister. Er kommt nicht mehr wieder«, murmelt er. »Das ist alles, mein Freund.«

»Turner, ist er weggeritten für immer? Ist er…«

Der kleine Mann sieht Corgan nach. Er blickt auf die sich von außen schließende Tür. Er hört die Schritte Corgans immer leiser werden, und dann ist das Klappen der Hintertür da.

Wesley Corgan steht im Hof und lehnt sich einen Augenblick im Windschatten an die Hauswand, ehe er zu seinem Pferd geht.

»Also gut«, sagt Corgan finster, »sie haben es gesucht und wahrscheinlich gefunden. Kims Aufzeichnungen befinden sich jetzt in ihren Händen. Sie wissen nun eine ganze Menge zuviel, denn Kim wird todsicher über jeden Tag eine Niederschrift gemacht haben. Das ist eine Anweisung. Und er hat sich an sie gehalten. Vielleicht hat er vorige Woche geschrieben, daß er einen Bericht an mich gemacht hat. Sie kennen also ganz sicher meinen Namen. Da ist nur dieses Mädchen, die Lady, die Kim erwähnt hat. Wenn der Narr doch wenigstens ihren Namen aufgeschrieben hätte. Jetzt weiß ich nicht einmal, wer die Lady ist, von der Kim sagte, sie hätte ihn auf eine heiße Fährte gebracht. Das ist eine verdammte Sache, ich muß von vorn anfangen.«

Er steigt auf, zieht die beiden Pferde herum und reitet dann in die Dunkelheit hinter dem Bretterzaun hinein. Die Gasse beginnt hier. Und obwohl Corgan vorher niemals in Deadwood war, besitzt er eine Beschreibung der Stadt. Nach dreißig Yards kommt eine Querstraße. Sie führt zur Main Street, die Corgan dann links hochreiten muß, damit er die Wells Fargo Station erreicht.

Kaum ist Corgan aus dem Schutz des Stalles, als ihn der Schneesturm wieder packt. Er biegt nach rechts um, hat die Querstraße erreicht und sieht irgendwo voraus ein zitterndes Licht durch die Dunkelheit schimmern. Im Schnee wirkt alles verschwommen, nur der Zaun rechts bietet etwas Windschutz. Die heranpeitschenden Flocken setzen sich in Augenblicken auf Corgans Jacke fest. Corgan blinzelt, glaubt ein paar Musikfetzen zu hören und hebt den Kopf. Fenster tauchen schemenhaft und matt erleuchtet vor ihm auf. Plötzlich ertönt ein abgerissener und schriller Schrei. Jemand stößt linker Hand einen Hilferuf aus.

Im nächsten Moment sieht Corgan links dunkle Schatten. Es sind drei Männer, von denen zwei gebückt stehen und sich über den dritten beugen, der bereits am Boden liegt.

»Hilfe!«

Einer der beiden Burschen hebt den Arm. Die Hand saust herunter, und der Hilfeschrei erstickt.

Im gleichen Augenblick treibt Corgan mit einem Doppeltritt der Hacken sein Pferd an.

Es ist der bereits einen halb Fuß hohe Schnee, der das Hufgeräusch verschluckt.

»Hat der Kerl eine dicke Jacke am Leib. Da kommt man ja kaum ran.«

Das ist alles, was der eine Mann sagt. Sie kauern beide neben dem zu Boden gesunkenen Mister und hören Corgans Pferde zu spät.

Wesley Corgan ist mit einem Pelzfutteral geritten, in dem das Gewehr unter einer Doppelklappe steckt. Es genügt jedoch ein Zug am Verschlußriemen, um das Gewehr aus dem Futteral zu ziehen.

Als die Pferde vorwärtsstürmen, nimmt Corgan die rechte Hand herunter. Ein Ruck am Riemen, dann schlägt Corgan die Klappen zurück und hat das Gewehr auch schon am Kolben gepackt. Er läßt die Hand kurz zucken. Dadurch gleitet das Gewehr im Hochfliegen durch Corgans aus dem Handschuh gefahrene Finger.

In der nächsten Sekunde hat Wesley Corgan seine Waffe am Kolbenhals gepackt.

Und dann ist er direkt hinter den beiden Burschen und ihrem Opfer.

*

Corgan hat genug von Deadwood gehört. Er weiß zu gut, daß diese Stadt ein Eldorado von gesetzlosen Elementen geworden ist, seit man Gold gefunden hat. Überfälle auf Digger und Leute, die Geld in den Taschen haben, passieren hier jeden Tag, es gibt jeden Monat ein Dutzend Tote.

In diesem Moment kümmert sich Corgan nicht mehr um seine Pferde. Er weiß genau, daß sie nicht auf den am Boden liegenden Mann trampeln werden. Corgans Gewehr fliegt herum, als der eine Bursche sich umsieht.

Der Mann sieht nicht mehr als den dunklen Schatten der Waffe auf sich zurasen und schreit.

»Paß auf, da…«

Mehr bekommt der Dieb nicht heraus. Corgans Gewehrlauf knallt ihm gegen den Kopf. Augenblicklich kippt der Bursche um und rollt in den Schnee.

Der andere stößt einen erschreckten Laut aus. Er dreht sich, richtet sich blitzschnell auf und reißt die rechte Hand hoch. Ehe er noch ganz herum ist, tritt Corgan mit seinem linken Stiefel zu. Der Tritt schleudert den Mann im Bogen in die Schneewächte am Bretterzaun. Aus der Hand des Banditen fällt etwas in den tiefen Schnee. Dann rafft sich der Mann mit einem heiseren Schrei auf und springt wie eine Katze los.

Der Kerl fliegt am Zaun hoch, liegt den Bruchteil einer Sekunde oben auf den Brettern und ist dann auch schon weg. Corgan ist zweieinhalb Yards an dem Überfallenen vorbei. Er wendet sich um, flucht und sieht nun auch den anderen Kerl wie einen verfolgten Wolf im Schneegewirbel untertauchen. Der Bursche erreicht das Ende des Zaunes und ist verschwunden. Lediglich sein Hut bleibt im Schnee liegen.

»He, da war doch etwas? Wer hat da geschrien, wer hat um Hilfe gerufen?«

Die Stimmen sind vor Corgan. Eine Tür wird geöffnet, Lichtschein fällt in den Flockenstrom heraus und läßt ihn noch undurchdringlicher erscheinen.

Jemand ruft: »He, wer ist da?«

Corgan erwidert knapp: »Hier liegt jemand. Zwei Burschen haben ihn niedergeschlagen.«

Der tanzende Schein einer Laterne nähert sich. Fluchend auf Kälte und Schnee erscheint ein Keeper mit drei Begleitern, anscheinend Digger. Sie sehen zu Corgan hoch, bücken sich dann zu dem Mann am Boden und drehen ihn um.

»Das ist Rayden, alle Teufel«, sagt der Keeper erschrocken. »He, wo sind die Kerle geblieben?«

»Einer flog in die Schneewächte dort, der andere auf die Straße. Sie sind beide weggerannt«, antwortet Corgan. »Der eine Bursche hat seinen Hut vergessen. Und der andere irgend etwas in der Schneewehe verloren. Seht einmal nach.«

Der eine Digger hebt mit Hilfe des Keepers Rayden auf die Beine. Ein Digger geht, hebt den Hut auf und sagt mürrisch:

»Ein Hut wie tausend andere. Der Teufel soll das Gesindel holen! Hier ist kein Mensch seines Lebens sicher, wenn er einmal am Pokertisch gewonnen oder eine Bonanza entdeckt hat. Verdammtes Packzeug! Joe, he, hast du etwas gefunden?«