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Die Hattie-Studie in der Diskussion E-Book

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Beschreibung

Leistungen und Grenzen der Hattie-Studie Seit seinem Erscheinen hat das Buch Visible Learning von John Hattie weltweit eine sehr starke Resonanz in Bildungsforschung und -verwaltung gefunden. Rund 50.000 empirische Studien über die Bedingungen des Lernerfolgs von Schülern hat er systematisch ausgewertet. Dabei erweist sich das didaktische Handeln der Lehrer im Unterricht als die wichtigste Bedingung für Lernerfolg. Erfolgreich sind diejenigen Lehrkräfte, die ihren Schülern regelmäßige Rückmeldungen über deren Lernfortschritt geben und das "Lernen sichtbar machen". In 11 Beiträgen beleuchten renommierte Bildungsexperten die Hattie-Studie aus unterschiedlichen Perspektiven. Sie analysieren die Leistungen und Grenzen dieser Studie in allgemein verständlicher Weise, um einer verfälschenden oder einseitigen Rezeption der Hattie-Studie entgegen zu wirken. Eine spannende Auseinandersetzung erwartet Sie u.a. in den Beiträgen von Ewald Terhart: Der Heilige Gral der Schul- und Unterrichtsforschung - gefunden? Eine Auseinandersetzung mit Visible Learning Olaf Köller: What works best in school? Hatties Befunde zu Effekten von Schul- und Unterrichtsvariablen auf Schulleistungen Hans Brügelmann: Gilt nach Hattie: Je häufiger, desto besser? Zur Bedeutung von "Evidenzbasierung" für pädagogisches Handeln vor Ort Hans-Joachim von Olberg: Evidence-Based Teaching. Hat John Hattie eine Allgemeine Didaktik entwickelt? Hans-Günter Rolff: Sind schulische Strukturfaktoren wirklich nicht so wichtig? Thomas Kremers: Wie lernwirksam ist das Kooperative Lernen? Lernen in kooperativen Strukturen auf dem Prüfstand der Hattie-Studie Kristina Reiss, Matthias Bernhard: Hatties Visible Learning im Kontext der Mathematikdidaktik. Das Beispiel Problemlösen Marko Demantowsky, Monika Waldis: Visible Learning in geschichtsdidaktischer Perspektive Hilbert Meyer: Auf den Unterricht kommt es an! Hatties Daten deuten lernen

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Seitenzahl: 239

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum

Ewald Terhart (Hrsg.)

Die Hattie-Studie in der Diskussion

Probleme sichtbar machen

In der Reihe Bildung kontrovers

1. Auflage 2015

Das vorliegende eBook folgt der Buchausgabe: 1. Auflage 2014

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG:

Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen.

Fotomechanische oder andere Wiedergabeverfahren nur mit Genehmigung des Verlages.

© 2014. Kallmeyer in Verbindung mit Klett

Friedrich Verlag GmbH

D-30926 Seelze

Alle Rechte vorbehalten.

www.friedrich-verlag.de

Redaktion: Stefan Hellriegel, Berlin

eBook-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

ISBN: 978-3-7727-9000-3 (pdf)

ISBN: 978-3-7727-9001-0 (epub)

ISBN: 978-3-7727-9002-7 (mobi)

ISBN: 978-3-7800-4804-2 (print)

Vorwort

Ewald Terhart

Der Heilige Gral der Schul- und Unterrichtsforschung – gefunden?

Eine Auseinandersetzung mit Visible Learning

Olaf Köller

What works best in school?

Hatties Befunde zu Effekten von Schul- und Unterrichtsvariablen auf Schulleistungen

Hans Brügelmann

Gilt nach Hattie: Je häufiger, desto besser?

Zur Bedeutung von „Evidenzbasierung“ für pädagogisches Handeln vor Ort

Hans-Joachim von Olberg

Evidence-Based Teaching

Hat John Hattie eine Allgemeine Didaktik entwickelt?

Hans-Günter Rolff

Sind schulische Strukturfaktoren wirklich nicht so wichtig?

Hattie und das deutsche Schulsystem

Thomas Kremers

Wie lernwirksam ist das Kooperative Lernen?

Lernen in kooperativen Strukturen auf dem Prüfstand der Hattie-Studie

Kristina Reiss, Matthias Bernhard

Hatties Visible Learning im Kontext der Mathematikdidaktik

Das Beispiel Problemlösen

Marko Demantowsky, Monika Waldis

Wirksamer Fachunterricht

Visible Learning in geschichtsdidaktischer Perspektive

Hilbert Meyer

Auf den Unterricht kommt es an!

Hatties Daten deuten lernen

Hans Anand Pant

Visible Evidence?

Eine methodisch orientierte Auseinandersetzung mit John Hatties Meta-Metaanalysen

Wolfgang Beywl, Klaus Zierer

„Visible Learning“ wird zu „Lernen sichtbar machen“

Ein Kommentar zur Übersetzung und Überarbeitung der Hattie-Studie

Die Autorinnen und Autoren

Vorwort

Es gibt kein anderes neueres erziehungswissenschaftliches Buch, das hierzulande, aber auch in der englischsprachigen Welt, eine derartig große Resonanz gefunden hat wie John Hatties 2009 erschienene Arbeit Visible Learning. Speziell in Deutschland ist die Resonanz sogar ungewöhnlich hoch: Vom Bundespräsidenten über verschiedene Kultusminister und Bildungsadministrationen – alle zitieren Hattie; in den öffentlichen Bildungsblättern, in den wissenschaftlichen Fachjournalen, in den Institutionen der Lehrerbildung, in Lehrerzimmern und auf Elternabenden – überall wird auf die Hattie-Studie Bezug genommen. Im Times Educational Supplement war nach dem Erscheinen der Hattie-Studie gar die Rede davon, dass nunmehr der „Heilige Gral“ der Schul- und Unterrichtsforschung gefunden sei. Die hohen Vorbestellungs- und Verkaufszahlen der von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer besorgten Erarbeitung der deutschen Fassung von Visible Learning verleiteten das Magazin Der Stern im März 2013 zu der Schlagzeile, bei John Hatties Buch handele es sich wohl um den „Harry Potter der Pädagogen“ …

Eine Bewertung zwischen „Heiliger Gral“ und „Harry Potter“ – allein dies erklärt die intensive Rezeption innerhalb und außerhalb der Fachwelt. Ein anderer Faktor kommt hinzu: Die breite Resonanz auf Hatties schier monumentale Ordnungs- und Auswertungsleistung vorhandener Forschung ist vor dem Hintergrund der weltweit intensiven Suche nach vertrauenswürdigen und belastbaren empirischen Erkenntnissen zu Fragen von Bildung, Schule und Unterricht zu sehen. Traditionell herrschen in diesem Wissenschaftsfeld große Unübersichtlichkeit, innere Widersprüchlichkeit und deutliche Lückenhaftigkeit. Die Fachleute haben damit zu leben gelernt. Außenstehenden auf der Suche nach klaren, handhabbaren Resultaten kommt das Ganze jedoch eher wie ein undurchdringlicher Wirrwarr vor. In dieser Situation wird jeder, der die Quintessenz des Ganzen plausibel und nachvollziehbar zu präsentieren versteht, zum Mann der Stunde.

Die Aufregung um die Hattie-Studie hat denn auch alle Elemente eines zunehmenden Hypes: Hattie wird im Internet und anderen Medien diskutiert, er wird zusammengefasst, interpretiert, interviewt. Wie üblich, benutzen Politiker, Wissenschaftler, Verbandfunktionäre und sonstige Interessenvertreter die Hattie-Studie auf dem Wege selektiver Lektüre und Auswertung zur Bestätigung ihrer immer schon vertretenen Positionen.

Eine der „Kernbotschaften“ Hatties lautet: „Auf den Lehrer kommt es an!“ Die Zeit hat sich in einem Beitrag von Martin Spiewak mit dem für Lehrer schmeichelhaften Titel Ich bin superwichtig! näher damit beschäftigt (03. 01. 2013, S. 55 f.).

Der hohe Komplexitätsgrad, die Informationsdichte sowie die Mischung unterschiedlicher Darstellungsarten und Argumentationsweisen in Visible Learning bieten reichlich Gelegenheit für gezieltes und hier und da selektives Interpretieren – wobei dies nicht als Vorwurf an den Autor zu gemeint ist. Kritiker warnen vor einer Überschätzung der Aussagen Hatties, weisen auf seine veraltete Literaturbasis hin, kritisieren die Methode der Meta-Metaanalyse, bezweifeln die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Deutschland oder kritisieren umgekehrt die damit eingeläutete Globalisierung der empirisch-psychologisch fundierten Didaktik. Geht es tatsächlich um eine „Hattiefizierung des Lehrens und Lernens“, wie die Fachdidaktikerin Inez De Florio-Hansen besorgt fragt?

Und der Hattie-Hype geht weiter: Kurzfristig ist in Buchform eine eigentümlich imitative Kurzfassung der Hattie-Studie auf Deutsch erschienen – und sehr schnell wieder vom Markt verschwunden. John Hattie und Eric Anderman haben eine voluminöse Übersicht über den aktuellsten Forschungsstand zu den Faktoren erfolgreichen Unterrichtens herausgegeben (2012), und in diesem Frühjahr erscheint die deutsche Ausgabe von Hatties Visible Learning for Teachers, wiederum besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer.

Dabei muss gesehen werden, dass die Hattie-Studie ein ständig weiter laufendes Projekt ist, denn mittlerweile hat John Hattie mehr als 1 000 Metastudien einbezogen. Grundlegende Verschiebungen hinsichtlich der (in positiver wie negativer Hinsicht) einflussreichsten Faktoren hat es meines Wissens nicht gegeben. In Hatties aktuellen Kommentaren scheint ein förderndes Klassenklima sowie die für Schüler erkennbare Leidenschaft des Lehrers für den Lernerfolg seiner Schüler scheinen stärker in den Vordergrund zu rücken.

Der vorliegende Band zielt darauf ab, in unterschiedlich ansetzenden Beiträgen die Leistungen und die Grenzen der Hattie-Studie herauszuarbeiten. In gewisser Weise ist der Band selbst ein Teil des Hypes um Hattie. Aber jede Aufregung braucht Abklärung. Insofern will der Band Probleme sichtbar machen, zu ihrer sachlichen Klärung beitragen und Perspektiven eröffnen. Durchweg werden Verbindungen zur Diskussion über Schule, Lehrerberuf und Unterricht in Deutschland hergestellt. Die Texte wenden sich nicht primär an das wissenschaftliche Fachpublikum im engeren Sinne, an die Spezialisten für Unterrichtsforschung, Metaanalyse etc., sondern an Lehrkräfte und Lehramtsstudierende, an die Verantwortlichen in der Lehrerbildung und Lehrerberuf sowie an die an Bildungsfragen interessierte Öffentlichkeit. In allen Beiträgen wird ein inhaltlich und methodisch differenziertes Bild gezeichnet und eine entsprechend abgewogene Einschätzung formuliert; keineswegs geht es um pauschale Ablehnung oder kritiklose Adaption. Bei der Gestaltung der Beiträge wurde besonderer Wert auf Verständlichkeit und auf die Frage nach der praktischen Anwendung gelegt, und zwar mit Blick auf ein Publikum, das eben gerade nicht mit den konzeptionellen und methodischen Finessen der empirischen Unterrichts- und Schulforschung vertraut ist.

Nach einigen einführenden Beiträgen, die sich kritisch-würdigend mit der Methodik und Intention von Visible Learning befassen, wird am Beispiel der Themen Didaktik und Unterricht, Schulstrukturen, Kooperatives Lernen und mit Blick auf die Fächer Mathematik und Geschichte gezeigt, wie sich die Befunde in Visible Learning auf konkrete schulpädagogische und (fach-)didaktische Fragestellungen anwenden lassen. Ein abschließender und weiterführender Beitrag verdeutlicht die Übersetzungs- und Interpretationsprobleme der Hattie-Studie in Deutschland.

Insgesamt wird deutlich: John Hatties Studie ist dann ein nützliches Instrument, wenn man seine Leistungen und Grenzen einzuschätzen weiß und in reflektierter und kreativer Weise damit umgeht. Kurzschlüssige Folgerungen aus einzelnen Befunden Hatties zu ziehen ist dagegen irreführend, ja gefährlich – und keineswegs im Sinne des Autors.

Münster, im Januar 2014

Ewald Terhart

Ewald Terhart

Der Heilige Gral der Schul- und Unterrichtsforschung – gefunden?

Eine Auseinandersetzung mit Visible Learning1

Visible Learning von John Hattie gehört gegenwärtig zweifellos zu den meistdiskutierten Arbeiten zur empirischen Schul- und Unterrichtsforschung. Wie geht Hatties in seiner Studie vor? Was sind seine zentralen Botschaften? Wo sind die Grenzen seiner wahrhaft monumentalen Sammel- und Ordnungsleistung?

Der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie hat mit Visible Learning (2009) eine Monografie vorgelegt, die einen Meilenstein in der Debatte um die Voraussetzungen und Bedingungen erfolgreichen Lernens in der Schule darstellt. Es handelt sich um eine einzigartige Leistung, denn eine derart breite Aufarbeitung der Forschung zu den Bedingungen schulischen Lernerfolgs hat es bislang noch nicht gegeben: Auf der Basis der Auswertung von mehr als 800 Metaanalysen, in die insgesamt mehr als 52.637 Einzelstudien eingegangen sind, geht es auf 378 sehr eng bedruckten Seiten um die Frage, welche Faktoren schulisches Lernen mehr oder weniger stark beeinflussen. Das Literaturverzeichnis umfasst ca. 1.700 Titel. Durch Auswertung der Datenbasis destilliert Hattie die Effektstärke von 138 Einzelfaktoren für schulischen Lernerfolg heraus, die er in 6 thematische Gruppen ordnet: Lernende, Familie, Schule, Lehrpersonen, Lehrpläne, Unterricht. Unabhängig von dieser Gruppierung bringt er alle 138 Einzelfaktoren nach der Stärke ihres Effekts in eine Rangreihe. Hatties Buch, das seiner Auskunft nach auf eine 15-jährige Arbeit zurückgeht, ist in der englischsprachigen Fachwelt intensiv aufgenommen worden. Im November 2008 war im Times Education Supplement zu lesen, dass Hatties Suche nach den Erfolgsbedingungen schulischen Lernens am ehesten mit der Suche nach dem „Heiligen Gral“ zu vergleichen sei. Die Visible Learning Laboratories der Universität Auckland/Neuseeland (deren Direktor John Hattie ist …), weisen auf ihrer Homepage recht unbescheiden darauf hin, dass die Suche nunmehr beendet sei: Education professor delivers ”Holy Grail” …2

– Um der Neugierde der Leserinnen und Leser gleich hier entgegenzukommen: Von den 6 genannten Faktorengruppen ist „Lehrperson“ die effektstärkste. Die 3 effektstärksten Einzel faktoren sind: Selbsteinschätzung des Leistungsstandes durch Lernende, die Fundierung des Unterrichts auf dem Piaget’schen Ansatz der Kompetenzstufen, die ständige Erhebung und Bereitstellung von Informationen zum individuellen Lernfortschritt der Lernenden an die Lehrpersonen und an die Lernenden.

– Die schwächsten i. S. v. wirkungslosesten Faktoren sind jahrgangsübergreifender Unterricht, die Verfügung der Lernenden über ihr eigenes Lernen sowie die Gegenüberstellung von offenem und traditionellem Unterricht.

– Die negativsten, das heißt am stärksten den Lernerfolg behindernden Faktoren sind Sitzenbleiben, Fernsehen und familiale Mobilität (Umzug).

Im Folgenden möchte ich eine genauere Analyse der Vorgehensweise und der Ergebnisse der Analysen Hatties durchführen. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Überprüfung von metaanalytischen Schritten und die Erörterung der Stabilität und Plausibilität der erhaltenen Ergebnisse etc. Hattie hat seine Analyse der empirischen Forschung zu den Bedingungen schulischen Lernens in theoretische Kontexte eingeordnet, man könnte sagen: in eine bestimmte Theorie des Unterrichts, des Lernens der Schülerinnen und Schüler und der Arbeit der Lehrpersonen. Diese Kombination von breitester empirischer Fundierung und theoretischer Kontextuierung macht die Arbeit von Hattie besonders interessant für die Diskussion um das Verhältnis von allgemeiner Didaktik und empirischer Unterrichts- und Schulforschung und bildet eine wichtige Anschlussstelle für bildungstheoretische Argumentationen.

Ich gehe zunächst auf Hatties Methode der Bündelung von Effektstärken ein und beschreibe und diskutiere im Anschluss hieran sein Verständnis von Unterricht. Besondere Beachtung verdienen die Ergebnisse zum Faktor „Lehrperson“ sowie Hatties Modellierung des guten Lehrers. Im letzten Abschnitt werden Hatties Ergebnisse und Vorschläge zusammenfassend diskutiert und bewertet, denn schließlich muss ja die Frage beantwortet werden, ob er denn nun tatsächlich den Heiligen Gral der Unterrichtsforschung gefunden hat! Eine Einschätzung der Bedeutung und Zukunft von Metaanalysen schließt den Gedankengang ab.

Methode

Hatties Meta-Metaanalyse fasst die Ergebnisse der Forschungsübersichten nicht in „literarischer“ Weise zusammen, sondern bezieht sich auf die teils in den Untersuchungen und Metaanalysen ausgewiesenen, teils von ihm selbst zusammengefassten Daten zur Effektstärke (effect size). Dieser statistische Kennwert vermittelt – ergänzend zur Signifikanz bzw. zum Signifikanzniveau – zusätzliche Informationen: statistische Signifikanz drückt bekanntlich aus, dass ein bestimmtes Ergebnis nicht zufällig zustande gekommen ist. Ist etwa die Differenz zwischen den Mittelwerten von Experimental- und Kontrollgruppe auf dem Niveau von p < 0.05 (schwach) signifikant, so bedeutet dies, dass dann, wenn man diese Untersuchung 100-mal durchführen würde, nur bei 5 dieser Untersuchungen die erhaltenen Differenzen noch durch Zufall erklärt werden könnten, die Differenzen bei 95 Untersuchungen aber überzufällig, das heißt systematisch wären. Es liegt also ein Effekt vor. Wie groß und wie praktisch bedeutsam er jedoch ist, weiß man damit noch nicht.

Bei der Aufbereitung der Effektstärken verschiedenster Faktoren, die die Leistung von Lernenden beeinflussen, nimmt Hattie – wie erwähnt – eine Einteilung in sechs Faktorengruppen vor: Lernende, Familie, Schule, Lehrpersonen, Lehrpläne, Unterricht. Tab. 1 verdeutlicht den Materialumfang der Studie sowie die zusammengefassten Effektstärken der genannten sechs Faktorengruppen.

Tab. 1: Durchschnittliche Effekte der wichtigsten Determinanten schulischen Lernens (Hattie 2013, S. 22, gekürzt)

Auf der Ebene der Faktorengruppen weist „Lehrpersonen“ die größte Effektstärke auf (0.49), die geringste kommt „Schule“ zu (0.23). Hattie kommentiert dies wie folgt: Nimmt man zwei Lernende der gleichen Leistungsfähigkeit, so ist es für ihr weiteres schulisches Lernen weniger wichtig, zu welcher Schule sie gehen. Der Einfluss der Lehrpersonen, des Lehrplans und des Unterrichts ist demgegenüber stärker.

Die 815 Metaanalysen, auf die Hattie sich stützt, stammen zum allergrößten Teil aus den 1980er und 1990er Jahren; ein etwas kleinerer Teil wurde nach 2000 publiziert. Die älteste ist von 1980, die jüngste von 2008. Wenn man bedenkt, dass in die Metaanalysen dominierend Einzelstudien eingegangen sind, die ca. 5 Jahre alt sind, so ist der größere Teil der originären Datenbasis doch schon ziemlich betagt. Vielleicht ist dies mit ein Grund dafür, dass zum Beispiel die Studien zu den Effekten des fach- und fachdidaktischen Wissens von Lehrenden noch nicht eingegangen sind: Hier ist gegenwärtig nämlich ein anders Bild zu zeichnen, als Hattie dies tut. Dies gilt auch für die Studien zu den Effekten von Lehrerbildung und ihren Komponenten.

Auffällig ist, dass Hattie keine genaue Auskunft zu der Frage der Qualitätsstandards gibt, die er anlegt, wenn er eine Einzelstudie bzw. eine Metaanalyse in seine Meta-Metaanalyse aufnimmt. Üblicherweise verwenden die Autoren von Metaanalysen viel Energie und Aufwand für die Beantwortung dieser Frage, denn von der Striktheit der Zulassungskriterien hängt am Ende natürlich der Wert bzw. die Überzeugungskraft der erhaltenen Ergebnisse ab. Vermutlich zieht Hattie alle greifbaren Metaanalyen heran; jede von diesen hat unterschiedlich strenge Zulassungskriterien für die Einzelstudien, die in sie eingehen. Auf diese Weise gehen in seine Berechnung der gebündelten Effektstärke der 138 Faktoren Einzelstudien bzw. Metaanalysen sehr unterschiedlicher Qualität ein, wobei das Spektrum von experimentellen Studien bis hin zu sehr weit gehaltenen, weniger kontrollierten Survey-Studien reichen kann. Auf diese Weise ist der schiere Umfang der empirischen Basis überaus beeindruckend, zugleich aber die Qualität ihrer unterschiedlichen Zonen und Kleinzonen – vorsichtig formuliert – vermutlich sehr unterschiedlich. Hierüber erfahren die Leserinnen und Leser jedenfalls nichts.

Unterricht

In dem Kapitel mit der Überschrift Visible Teaching and Visible Learning, das dem Bericht über die Ergebnisse der Metaanalyse vorangestellt ist, stellt Hattie die Konsequenzen seiner Analyse für den Unterricht sowie für das Lehrerhandeln vor. Die overall message lautet: Unterricht ist dann erfolgreich, wenn Lehrende das Lernen mit den Augen der Lernenden sehen und Lernende sich selbst als ihre eigenen Lehrerinnen und Lehrer betrachten. Oder mit Hatties Worten:

„Am wichtigsten ist, dass das Lehren für die Lernenden sichtbar ist und dass umgekehrt das Lernen für die Lehrperson sichtbar ist. Je mehr die Lernenden zur Lehrperson werden und je mehr die Lehrperson zum bzw. zur Lernenden wird, desto ertragreicher sind die Outcomes. […] Das Modell des sichtbaren Lehrens und Lernens kombiniert lehrerzentriertes Lehren und schülerzentriertes Lernen, statt beide gegeneinander auszuspielen.”

(Hattie 2013, S. 31; deutsche Fassung)

Diese Formulierung enthält in nuce Hatties Unterrichtstheorie. Sie umschließt sowohl eine Theorie des Schülerlernens als auch eine Theorie des Lehrerhandelns im Unterricht. Eine besondere Rolle spielt hierbei das Sehen, genauer: die Perspektive bzw. Perspektivenübernahme. Für Lehrpersonen wie Lernende kommt es darauf an, ein auf sich selbst zentriertes Sehen, eine selbstzentrierte Perspektive zu überwinden: Lehrpersonen müssen die Perspektive ihrer Lernenden einnehmen können, und Lernende müssen sich als ihre eigenen Lehrer betrachten. Die Betonung dieser spezifischen Arten zu sehen erklärt den Titel Visible Learning, der in knapper Form nicht sinngerecht ins Deutsche zu übertragen ist: Eine Wendung wie „sichtbares Lernen“ geht am Gemeinten vorbei. Die Übersetzer der deutschen Ausgabe (Hattie 2013), W. Beywl und K. Zierer, haben sich für „Lernen sichtbar machen“ entschieden. Das ist eine gute Übertragung. Sinngerecht, aber sehr viel umständlicher wäre „Explizites Unterrichten – aktives Lernen“.

Auf der Basis der analysierten Studien zeichnet Hattie ein Bild der aktiven, verantwortlichen, sowohl direktiven als auch sich – bei entsprechender Situation – zurückhaltenden Lehrperson, der sich in sehr genauer Kenntnis der Lernvoraussetzungen und Lernprozesse ihrer Schülerinnen und Schüler immer wieder für ihre berufliche Aufgabe zu interessieren und zu engagieren vermag. Das Hineinbringen von Lernenden in inhaltsbezogenes Lernen, Probieren, Denken und Urteilen ist der entscheidende Punkt – nebenbei bemerkt: wahrlich keine besonders grundstürzende didaktische Entdeckung! Faktum ist aber gleichwohl, dass genau dies in allzu vielen Unterrichtsstunden bei einem allzu großen Teil der physisch anwesenden Lernenden eben nicht gelingt. Hatties ideale Lehrperson kann sich in ihre Schülerinnen und Schüler hineinversetzen und die Lernaufgaben und Lernschwierigkeiten „mit den Augen der Schüler“ wahrnehmen. Diese Lehrperson ist vor allem daran interessiert, sich selbst Informationen und Rückmeldungen über die Folgen seines didaktischen Handelns zu beschaffen. Die kontinuierliche Kontrolle der Wirksamkeit des eigenen Tuns ist die Schlüsselbedingung für erfolgreiche, das heißt sich selbst ständig nachsteuernde didaktische Arbeit. Aber nicht nur die Rückmeldung an sich selbst ist wichtig. Ebenso ist es von entscheidender Bedeutung, dass und wie eine Lehrperson Rückmeldungen an ihre Schülerinnen und Schüler gibt und auf diese Weise deren Lernen begleitet.

Diesem Bild der engagierten, hoch aktiven Lehrperson entspricht eine Modellierung des Lernenden, der sein eigenes Lernen zu beobachten, bewerten und verbessern versteht. Die metakognitive Perspektive beinhaltet den Blick auf das eigene Lernen, den eigenen Lernfortschritt, die eigenen Lernschwierigkeiten und -defizite. Beide – Lehrende wie Lernende – müssen Lernen sehen, das heißt erkennen können, es muss für beide sichtbar, visible werden. Aus diesen Ideal-Bildern resultiert die Notwendigkeit einer positiven Lehrer-Schüler-Beziehung, weil letztlich beide gemeinsam an dem einen Produkt – Lernen – zu arbeiten haben. Und Lernen meint hier nicht nur das Lernen der Schülerinnen und Schüler mit Blick auf die Sache sowie auf sich selbst als Lernenden, sondern auch das Lernen des Lehrers über sein eigenes didaktisches Handeln.

Hattie wendet sich gegen konstruktivistische Didaktik:

„Konstruktivismus wird zu oft im Sinne eines schülerzentrierten, forschenden Lernens, problem- und aufgabenbasierten Lernens gesehen und dann in der Fachwelt mit Begriffen wie ‚authentisches‘, ‚entdeckendes‘, und ‚intrinsisch motiviertes Lernen‘ belegt. Es wird gesagt, dass die Rolle der konstruktivistischen Lehrperson vor allem darin liege, Gelegenheiten für einzelne Lernende zu schaffen, dass diese durch eigene Aktivität und durch Diskussion, Reflexion und Austausch von Einfällen mit anderen Lernenden Wissen erwerben und Bedeutung konstruieren können, und dass all dies mit minimaler korrigierender Intervention verbunden ist […]. Solche Aussagen sind aber fast das genaue Gegenteil eines erfolgreichen Rezepts für Lehren und Lernen, wie es in den folgenden Kapiteln entfaltet wird, zu den Rezepten für erfolgreiches Unterrichten und Lernen, die ich in meinem Buch entwickle.“

(Hattie 2013, S. 32)

Lehrpersonen

Natürlich – auf die Lehrerinnen und Lehrer kommt es an („teachers matter“, „teachers make a difference“ …)! Aber genauer muss man sagen: Nur bestimmte Lehrpersonen mit bestimmten Verhaltensweisen sind hochwirksam: „Was ‚einige‘ Lehrpersonen tun, ist wichtig – insbesondere was jene tun, die auf besonders überlegte und sichtbare Weise lehren“ (Hattie 2013, S. 28). Aber nicht alle sind Expertinnen und Experten, viele sind durchschnittlich, und manche auch unterdurchschnittlich. Dadurch wird deutlich, dass es positiv wie negativ auf die Lehrperson ankommt. Eine solche, Positives wie Negatives zusammenfassende Betrachtung ist übrigens immer dann gemeint, wenn es heißt, der Faktor „Lehrperson“ erkläre diesen oder jenen Anteil der Varianz der Lernleistungen der Lernenden (ebda., S. 128 ff.) – Ein entscheidender Punkt für die Wirksamkeit einer Lehrperson scheint die Einschätzung der Qualität ihres Unterrichts durch die Lernenden zu sein (ebda., S. 42). Und hierfür wiederum spielt für die Lernenden die Fähigkeit einer Lehrperson, sie in das Lernen hineinzubringen, die entscheidende Rolle. In einigem Abstand hierzu kann man weitere Wirkfaktoren nennen: Die Erwartungen von Lehrpersonen an die Leistung und das Leistungsvermögen ihrer Lernenden sowie ihre subjektive Unterrichtstheorie, ihr Verständnis von und Überzeugungen zu Unterricht und Schülerlernen.

Die Rangreihe der Wirkfaktoren innerhalb der Faktorengruppe „Lehrpersonen“ stelle sich folgendermaßen dar (Hattie 2013, S. 131; umgestellt):

Tab. 2: Die stärksten Faktoren im Zusammenhang mit der Lehrperson

Insgesamt sind nach Hattie diejenigen Lehrpersonen wirksam, die aktivierende Unterrichtsmethoden anwenden, die hohe Erwartungen an alle ihre Schüler haben und denen es gelingt, eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung aufzubauen. Hattie schließt hier die – inhaltlich zutreffende, aber zugleich triviale – Bemerkung an, dass etwa die Hälfte der Lehrenden über dem Durchschnitt liege, die andere Hälfte darunter. Es sollte jedoch nicht weiterhin der jährlichen Lotterie überantwortet werden, ob man als Schülerin oder Schüler nun von einer über- oder unterdurchschnittlichen Lehrperson unterrichtet würde.

Es ist erhellend, näher auf die spezifische Modellierung der Lehrertätigkeit einzugehen, die Hattie auf der Basis seiner Analysen vollzieht. Er stellt die Lehrperson als Herausforderer(teacher as activator) der Lehrperson als Erleichterer(teacher as facilitator) gegenüber; diese Modellierung entspricht seiner weiter oben erwähnten Kritik an einer konstruktivistischen Orientierung der Didaktik (Hattie 2009, S. 243; Hattie 2013, S. 287).

Tab. 3: Effektstärken für Lehrpersonen als Herausforderer und Lehrpersonen als Erleichterer4

Die Ergebnisse zeigen, dass aktiver, gelenkter Unterricht, der die Lernenden in ein recht enges Korsett von klaren Anforderungen, direktivem Unterricht und ständiger Lernkontrolle bzw. Ergebnisrückmeldung einspannt, effektiver ist als ungeleiteter, erleichternder Unterricht, der auf induktive Problemlösungsprozesse setzt und eigenständige Lösungswege etc. zulässt. In diesem Zusammenhang geht Hattie noch einmal auf den didaktischen Konstruktivismus ein und beurteilt die Bedeutung der Arbeitsplatzbedingungen von Lehrpersonen: Konstruktivismus ist nach Hattie „eine Form der Erkenntnis, und keine Form des Lehrens. Es ist wichtig, dass man die Konstruktion nicht mit der aktuellen Modeerscheinung des Konstruktivismus verwechselt …“ (Hattie 2013, S. 287).

Ist Lernen Konstruieren, dann entspricht dem nach Hattie ein direktes, aktives Unterrichten. Konstruktivistisches Denken passt zur Lehrperson nur insofern, als sie sich ein Modell ihres Unterrichtens konstruiert sowie ein Modell des Lernens der Schülerinnen und Schüler. Aus dem Konstruktivismus folge jedoch gerade nicht, dass man sich als Lehrperson zurückziehen könne. – Ebenso formuliert Hattie ein klares Urteil über das Verhältnis von Faktoren auf der Ebene unmittelbaren Unterrichtshandelns einerseits und Arbeitsplatzstrukturen andererseits. Erstere weisen ein d von 0.65, die Arbeitsplatzbedingungen eines von 0.08 auf. Hiermit wird noch einmal deutlich, dass Lernergebnisse der Lernenden sehr viel stärker von Unterrichtsfaktoren als von Schulfaktoren beeinflusst werden (ebda., S. 288).

Diskussion

Hatties Buch basiert auf einer monumentalen Auswertungs- und Systematisierungsleistung. Eine solche umfassende und zusammenfassende, synthetisierende Sicht auf die empirische Schul-, Lehrer- und Unterrichtsforschung im Rahmen des Prozess-Produkt-Paradigmas hat es meines Wissens bisher nicht gegeben. Die sehr breite Perspektive, die Hattie zugrunde legt, seine entschlossene Art der Bündelung von bereits mehrfach Gebündeltem, seine (allerdings nicht im Einzelnen nachzuvollziehende) Methode der Berechnung von (kumulierten) Effektstärken, seine optisch ansprechende Art der Präsentation jeder Effektstärke durch das „Barometer“, seine die Flut der Effektstärken sprachlich synthetisierenden Erläuterungen, seine prägnanten Quintessenzen – dies alles macht das Buch zu einer wahren Fundgrube für interessierte Forschende und vermittelt sowohl Theoretikerinnen und Theoretikern wie Praktikerinnen und Praktikern des Unterrichts wichtige empirische Resultate und weiterführende Anregungen.

In dieser kompilatorischen und synthetisierenden Leistung des Buches liegt zugleich der Keim für seine Schwäche, denn die Konzentration auf diejenigen Faktoren, die sich in quantitativ-empirischer Forschung als wirksam für die messbare Steigerung der Lernleistung der Lernenden erweisen, führt zum Ausschluss derjenigen Faktoren, die andere Effekte von Schule und Unterricht bewirken. Insofern erlaubt Hatties Zusammenstellung von Ergebnissen nur das zu sehen, was eben zu sehen ermöglicht wird. Dieses Dilemma, demzufolge man zunächst einmal nur dort suchen kann, wo Licht ist (um dann allmählich das Licht weiter auszudehnen), die entscheidenden Dinge aber woanders und noch im Dunklen liegen könnten, ist Hattie natürlich bekannt.

Die stärker auf das Unterrichts- und Lehrerbild bezogene Kritik weist darauf hin, dass Hattie einen lehrerzentrierten, im Kern hochgradig direktiven Unterricht propagiere, der im Wesentlichen von ständigen Leistungskontrollen geprägt sei, deren Ergebnisse ununterbrochen an Lehrende und Lernende zurückzugeben seien. Diese – wie es in der neuseeländischen Hattie-Kritik heißt – Amerikanisierung der (neuseeländischen) Klassenzimmer unterdrücke kreative, den Lernenden Raum gebende entdeckende Unterrichtsweisen, die aus der Praxis selbst entstanden seien. Kurzum: Das gesamte Repertoire im weitesten Sinne reformpädagogischer Argumente wird gegen den als technokratisch, administrationsnah und produktionistisch bezeichneten Ansatz Hatties in Stellung gebracht. Da diese Argumentationsmuster auch im deutschsprachigen Raum im Zusammenhang mit Leistungsvergleichen, Bildungsstandards, kompetenzorientierter Lehrerbildung etc. hinreichend bekannt und oft genug wiederholt worden sind, brauchen sie hier nicht noch einmal ausführlich kommentiert werden: Die Frontlinien sind international wie national sehr ähnlich.

Hatties Analyse der empirischen Basis führt ihn zur Favorisierung eines modernisierten und verfeinerten, aber im Grundsatz vom Lehrenden und seinen Lehrzielen beherrschten, aber gleichwohl am Schülersubjekt orientierten Unterricht. Beurteilt man es innerhalb des vom Bild undurchdringlicher Macht und Herrschaft faszinierten, ja geradezu selbst „beherrschten“ Foucault’schen Denkens, so kann man Hatties Unterrichtskonzept, nicht zuletzt aufgrund seiner ständigen Betonung des wechselseitigen unterbrochenen Sehens, Beobachtens und Beobachtetwerdens der Akteure, nur als verfeinerte Machttechnik bewerten. Dazu passt, dass er zur Visualisierung seines Unterrichts- und Lernverständnisses das Bild eines großen Auges heranzieht (Hattie 2013, S. 281).