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Unter den Völkern des Kontinents Fanûr herrscht ein brüchiger Frieden: Länder schotten sich voneinander ab und misstrauen jedem Fremden. Unter der noch glatten Oberfläche brodeln Konflikte und drohen, den ganzen Kontinent schon bald ins Chaos zu stürzen. In dieser Welt verfolgen wir die Geschichten von Sindacu, eines Elben, der bei den Zwergen aufwächst; vom abenteuerlustigen Halbelben Tandril, der sich in die schöne und geheimnisvolle Joseylée verliebt; von Naris, dem Sohn eines einfachen Pferdezüchters; und von Anín, dem Prinzen von Bering, eines Königreiches im Norden von Hemland. Aus unterschiedlichsten Teilen Fanûrs kommend sind ihre Schicksale auf verschlungenen Pfaden miteinander verwoben. Sie sind es, die die Zukunft des Kontinents und all seiner Bewohner verändern werden.
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Die Chroniken Fanûrs
Die Herren Vobors
Jannis Illgner
© 2021 Jannis Illgner
Herausgeber & Autor: Jannis Illgner
Covergestaltung, Illustration & Kartendesign:
Sina Oberwinster, Jannis Illgner
Lektorat, Korrektorat: Mentorium GmbH
Verlag: Jannis Illgner, Scheidter Bruch 5a, 40885 Ratingen
ISBN Paperback: 978-3-9823682-0-7
ISBN Hardcover: 978-3-9823682-1-4
ISBN e-Book: 978-3-9823682-2-1
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„Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben,
ihnen zu folgen.“
(Walt Disney)
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Méarol - Ogrimshöhen
Die Äste auf der rechten Seite des Pfades raschelten. Méarols Kopf wirbelte herum. Die feinen und tief hängenden Zweige der blassblauen Nadelbäume wippten kaum merklich auf und ab. Ein frischer, neuer Trieb war abgeknickt und zeigte kraftlos in Richtung des Bodens. Hoffentlich nur ein neugieriger Fuchs, dachte der Elb und richtete seine Augen wieder auf den schmalen und steilen Weg vor ihm. Zu beiden Seiten ragten Tannen auf, deren dichtes Nadelwerk den Blick auf die massiven Stämme verbarg. Seit Stunden führte der Pfad nur bergauf, doch nun sah Méarol endlich die Kuppe des Hügels. In einem blassen silbrig-weißen Licht der aufgehenden Morgensonne schimmerten in einiger Ferne die schneebedeckten Gipfel der Ogrimshöhen.
Die Luft war klar und Méarol sog die frische Bergluft tief ein. Gestern hatten sie den ersten Herbstschnee erlebt. Als sich die Flocken auf seinem Kopf gesammelt hatten, waren kleine zarte Tropfen über sein Gesicht und seinen Nacken hinabgelaufen. Während der Rest Illanórs noch die letzten warmen Strahlen der Sommersonne kostete, bekam man in diesen Höhen bereits jetzt die ersten Ausläufer des herannahenden Winters zu spüren. Nachts wurde Méarol von peitschenden Winden geplagt. Sie schnitten messergleich in die Haut, sodass sich der Elb jede Nacht in schwere Decken hüllen musste, um nicht zu erfrieren.
Der zu kurze Sommer war einer der Gründe, warum sich die meisten Elben nicht auf diesen Pfad und in diese Höhen begaben. Elben mochten die Sonne, das Grün der Bäume und die Musik der singenden Vögel in der Luft. Darum hatten sie sich in grauer Vorzeit in Illanór niedergelassen. Dort gab es keinen Winter, und im Norden des Landes sorgte ein nicht versiegender Strom warmer Luft aus den Bergen dafür, dass die Felder das gesamte Jahr hindurch Früchte trugen. Nur im äußersten Norden gab es kleine Siedlungen in den Bergen und eine Festung, die den Zugang nach Vujako bewachte. Méarol hatte sie bisher erst einmal besucht. Der Elb erinnerte sich noch allzu gut an den schroffen Empfang, den man ihm damals bereitet hatte. Verglichen mit den ausladenden Festen in Illarís war das Essen dort karg und sparsam gewesen, wenn auch nicht weniger gut. Es gab kein süßes Obst, und wenn der Winter hart wurde, aß man auf der Festung sogar Fleisch, ein unvorstellbares Grauen für die Brüder im Süden. Besonders schwierig war es, mit den verschlossenen Elben ins Gespräch zu kommen. Sie redeten nicht viel und ließen lieber Taten als Worte sprechen. Brachen diese Elben ihr Schweigen doch einmal, verunsicherten sie jeden anderen Elb mit ihrer unverblümten Direktheit, die fast an die der Menschen aus Hemland heranreichte. In Illarís, Lébais, Thérin und Viani sah man die Verwandten aus den Bergen daher als störrisch und eigenbrötlerisch an. Sie blieben unter sich und hielten sich aus allem heraus, was nichts mit ihnen zu tun hatte.
Doch die Elben aus dem Süden hatten einen anderen, viel plausibleren Grund, nicht in die Berge zu gehen: Zwerge. Méarols Volk hatte diese kleinen, schweren, haarigen und vulgären Gestalten noch nie leiden können. In den letzten eintausend Jahren hatte es nur eine Handvoll Elben gegeben, die das Schweigen zwischen den Völkern gebrochen hatten. Méarol war einer von ihnen. Häufiger, als er sich erinnern konnte, war er in Andrín und West-Andrín zu Besuch gewesen, hatte Freunde besucht und politische Angelegenheiten geregelt, Nachrichten überbracht und Feste gefeiert.
Natürlich konnte man die Zwerge nicht auf eine Stufe mit Elben stellen, denn in Sachen Filigranität, Schönheit und Dichtkunst reichten sie bei Weitem nicht an das edle Volk heran. Doch dafür hatten die Zwerge andere, in Méarols Augen mindestens genauso wichtige Talente. Er hatte das kleine Volk in sein Herz geschlossen und bewunderte die Zwerge für ihren Mut und ihre Ehrlichkeit.
Die Küche und die Braukunst seiner kleinen Freunde waren von unerreichter Klasse: Deftige, einfache Gerichte entfachten ein Feuerwerk intensivster Geschmäcker, auf die er sich vor jedem Besuch freute. Beim Gedanken an die Wurzeleintöpfe von Edins Frau Igurd lief ihm das Wasser im Mund zusammen, denn diese Gerichte übertrafen jedes noch so aufwendig zubereitete Festessen der Elben.
Von der faden elbischen Reiseverpflegung, auf der er seit Tagen rumkaute, brauchte man gar nicht erst zu reden, und Méarol freute sich bereits jetzt darauf, mit seinen Freunden schlemmend am Tisch zu sitzen und das eine oder andere Fass zwergisches Starkbier zu leeren.
Unter den Zwergen Freunde zu finden war, insbesondere als Elb, ein ziemlich schwieriges Unterfangen gewesen. Aber es hatte sich gelohnt, und Méarol würde seine bärtigen Kameraden gegen nichts in der Welt eintauschen. Gegen fast nichts.
Mittlerweile hatte der Elb die Kuppe des Hügels erreicht und blieb stehen. Seine Füße sanken einige Zentimeter tief in den vom Frühschnee durchweichten nassen Waldboden ein. Der Elb warf einen Blick über seine Schulter. Keine zwei Schritte unter ihm kämpfte sich Noilia den Berg hinauf. Ihre Haare waren vom Wind leicht zerzaust und ließen Méarol an den Tag ihrer ersten Begegnung in Thérin vor eineinhalb Jahren denken. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, als sie nach der Erfüllung eines Botenganges in seine Ruhekammer gekommen war, um ihm eine kleine Erfrischung zu bringen. Aus ihrem bloßen Dienstgang war ein stundenlanger Aufenthalt geworden, an dessen Ende beide Elben ihren Seelenpartner gefunden hatten.
Ein dumpfes Quengeln riss Méarol aus seinen Gedanken. Er lehnte seinen Rucksack gegen eine nahe Tanne und half seiner Frau beim Aufstieg der letzten Meter. Man konnte ihr die Anstrengung deutlich ansehen, als sie seine ausgestreckte Hand ergriff und sich daran hochzog. Doch Noilia zeigte niemals auch nur die kleinste Spur von Schwäche, und so hatte Méarol gelernt, ihre Meinung nicht infrage zu stellen.
Wieder raschelte es im Gebüsch, diesmal bewegten sich die Zweige heftiger und trockene braune Tannennadeln rieselten zu Boden. Allmählich wurde dem Elben unwohl. Das Rascheln verfolgte sie nun schon seit einiger Zeit. Mittlerweile glaubte er nicht mehr daran, dass sich ein Fuchs an ihre Fersen geheftet hatte. Am liebsten wäre er sofort weitergelaufen, doch er wusste, dass Noilia eine Pause bitter nötig hatte, auch wenn sie das niemals zugeben würde.
Das Quengeln wurde lauter. Méarol lächelte. Welches Neugeborene wurde schon gerne den ganzen Tag in einem Rucksack durch die Gegend getragen? Ihnen blieb jedoch nichts anderes übrig, denn der warme, mit weichen Decken ausgepolsterte Rucksack war die einzige Möglichkeit, den Kleinen vor Erfrierungen zu bewahren. Méarol öffnete die Schnallen von Noilias Rucksack und griff vorsichtig hinein, bis sich seine Finger um weiches Leinen schlossen. Er fühlte die Wärme des kleinen Kindes durch den Stoff hindurch, als er das Bündel herausnahm und an Noilia weiterreichte.
Sie strich die Ecke eines Leinentuches aus dem Gesicht des Babys und blickte es liebevoll an. „Ist er nicht wunderschön?“, fragte sie.
„So schön wie seine Mutter“, entgegnete Méarol elegant, fügte dann aber mit einem breiten Grinsen hinzu: „Nur mit dem Unterschied, dass seine Mutter nicht so stinkt.“
Noilia lachte und wechselte die Tücher des Kleinen, damit er aufhörte zu quengeln. Als sie fertig war, wandte sie sich an ihren Mann: „Hast du dir einen Namen überlegt?“
Nachdem Noilia das Kind nicht in Thérin, sondern alleine und nur mit Méarols Hilfe in der Wildnis auf die Welt gebracht hatte, hatte er den gesamten Weg von Thérin bis zu dieser Kuppe immer wieder daran denken müssen und war doch nicht weitergekommen.
Méarol betrachtete den silbernen Ring an seiner Hand. Haldamir, schoss es ihm durch den Kopf. Er hatte voll und ganz hinter den Zielen des Ordens gestanden. Doch nach dem Attentat in Thérin war ihm schmerzlich bewusst geworden, dass er untertauchen musste, um das Leben seiner Familie nicht weiter zu gefährden. Sie beide waren dem Meuchler nur knapp entkommen, und doch hatte er seine Spuren hinterlassen: Der Elb rieb sich über die linke Schulter, mit der er den Angreifer abgeblockt hatte. Hätte er damals keine Rüstung getragen, so wäre der Kleine jetzt ein namenloser Halbwaise.
Am nächsten Tag waren sie in aller Stille aus Thérin abgereist. Niemand hatte sie erkannt, als sie das Stadttor passierten, da die Wächter den Neuankömmlingen ihre volle Aufmerksamkeit gewidmet hatten. Méarol und seine Frau hatten Straßen und Wege gemieden und sich auf Wildpfaden bis zu den Ogrimshöhen durchgeschlagen. Edin hatte ihn bei ihrem letzten Treffen davor gewarnt, an den alten Wunden zu rühren: „Du wirst ein Beben auslösen, wenn du das weitermachst. Wenn du nicht aufpasst, verschütten dich die Trümmer.“ Damals hatte der Elb seinen Zwergenfreund ausgelacht.
In diversen Sitzungen des Elbenrates hatte Méarol von seiner Freundschaft zu den Zwergen berichtet. Er hatte seinen Wunsch, die alten Gräben zu überwinden, deutlich gezeigt, doch war damit kaum auf Zustimmung gestoßen. Es waren vor Allem die Alten, die sich gegen eine Verständigung sträubten. Gerade weil fast niemand seinen Worten zuhörte, hatte der Elb sich in Sicherheit gewogen. Oder war vielleicht doch etwas in den alten Köpfen hängen geblieben?
„Wir haben alles hinter uns gelassen“, begann Méarol. „Erst mal können wir nicht zurück und müssen in Andrín von vorne anfangen.“
Noilia sah ihn traurig an. „Ich weiß. Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf.“
Hoffnung, das war etwas, was sie beide nicht verlieren durften. „Sin“, kam es ihm plötzlich über die Lippen. Sin war das alte Wort für Hoffnung, das einer Sprache entstammte, die einst von den Angehörigen des Lichtvolkes gesprochen worden war. Ein Volk, das seine größte Blüte erlebte, als die ersten Elben nach Fanûr kamen. Doch außer vereinzelten Worten der Sprache, den letzten Ruinen einer großartigen Kultur, war von diesem Volk nichts geblieben. Es war ausgestorben, ausgelöscht von den Barbarenhorden, die nach dem zweiten Götterfolgekrieg ins Land eingefallen waren und wegen eines törichten Aberglaubens Jagd auf sie gemacht hatten wie Wölfe auf eine wehrlose Hirschkuh.
„Vielleicht sollte er mehr sein als die bloße Hoffnung“, gab Noilia zu bedenken. Sie schaute dem namenlosen Kind in die Augen.
„Ich bin mir sicher, dass er Großes vollbringen wird. Er wird bei den Zwergen aufwachsen und ein Kind zweier Kulturen sein. Vielleicht schafft er, was Generationen von Elben und Zwergen zuvor nicht gelungen ist. Vielleicht kann er den ewigen Hass beenden und Zwerge und Elben wieder zusammenbringen. Vielleicht …“
„Dacu“, flüsterte Méarol wie in Trance. Der Vereiner. „Sin … Dacu …“, nuschelte er vor sich hin. Er wiederholte den Namen, änderte die Betonung, sprach die Wörter erst elbisch, dann zwergisch aus.
„Sindacu“, befreite Noilia ihn schließlich.
„Ein schöner Name“, entgegnete Méarol. „Sindacu also“, meinte er, während er sich auf dem feuchten Boden ausstreckte. Den Rucksack unter dem Kopf, blickte er in Richtung Ogrimshöhen. Auf der vor ihm liegenden, wieder abfallenden Seite des Hügels schlängelte sich der Pfad zwischen immer dichter werdendem Gestrüpp hindurch. Je weiter man bergab kam, desto mehr verwandelte es sich zu saftigen grünen Blättern. Noch einen halben Tagesmarsch galt es zu überstehen, dann würde er seinen besten Freund Edin Starkarm in die Arme schließen können. Sie hatten sich seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen, und da Méarol ihren Besuch nicht angekündigt hatte, würde Edin sicherlich große Augen machen.
Etwas zischte an Méarols Gesicht vorbei und bohrte sich in den Baumstamm, an dem Noilia mit Sindacu lehnte. Das Geschoss hatte die beiden nur knapp verfehlt und war einige Handbreit über ihren Köpfen eingeschlagen. Ein dunkler Schaft mit schwarzen Federn ragte, noch leicht zitternd, aus dem Holz heraus.
„Lauf!“, entrann es sich Méarols Kehle fast genauso schnell, wie der Pfeil über ihre Köpfe hinweggezischt war. Für einige Sekunden konnte er sich nicht regen, sein Verstand war gelähmt und sein Herz setzte einen Schlag aus. Dann spürte er, wie sein Puls zu rasen begann. Das Blut pochte ihm in den Ohren und sein müder Blick schärfte sich. Alles schien langsamer abzulaufen, als ob die Zeit nun zähflüssiger verrinnen würde als noch zuvor. Er sah, wie Noilia aufsprang, Sindacu immer noch auf dem Arm, und begann, den Berg hinabzulaufen.
Weiter unten, auf der Seite des Hügels, den sie gerade bestiegen hatten, sah Méarol eine Horde schwarz-grüner, missgestalteter Kreaturen, die gegen die Steigung anliefen. Orks, dachte er, als er Noilia mit großen Schritten hinterhereilte. Hoffentlich schafften sie es rechtzeitig ins Tal. Wenn sie erst einmal dort waren, würde Edin bei seiner Wacht auf sie aufmerksam werden und ihnen Krieger zur Unterstützung schicken.
Wie hatten sie unbemerkt so nah kommen können? Und was trieb sie auf diese Seite der Ogrimshöhen? Aus allen Richtungen brachen nun Scheusale aus dem Unterholz und schlossen sich der Horde an. Sie mussten sich in kleinere Gruppen aufgeteilt haben. Mittlerweile waren es über achtzig von ihnen, die den Berg erklommen. Méarol drehte sich um und folgte seiner Frau. In den Gemetzeln am großen Steintor hatte er mit Edin an die einhundert Bestien erschlagen, doch damals waren sie nach und nach zu ihm gekommen. Nun jedoch würden alle gleichzeitig auf ihn einstürmen. Selbst mit Noilia an seiner Seite sah er keine allzu große Chance, den bevorstehenden Kampf unbeschadet zu überstehen. Da seine Frau auch noch den Jungen bei sich trug, war Méarol klar, dass sie auf die Unterstützung von Edin und seiner Wachtmannschaft angewiesen waren, wenn sie überleben wollten.
Unter Noilia führte der Weg sanfter hinab und auch das dichte Nadelbett auf dem Boden war verschwunden. Méarol begann schneller zu laufen, um seine Frau einzuholen. Bei jedem Schritt raschelte feuchtes Laub unter den Sohlen des Elben. Die herabgefallenen Blätter leuchteten in tiefem Rot und dunklem Gelb, doch er hatte kein Auge für die Schönheit unter seinen Füßen. In seinem Kopf arbeitete es ununterbrochen. Er warf einen Blick über die Schulter. Die Horde hatte inzwischen die Kuppe des Hügels erreicht. Einige Orks plünderten ihre zurückgelassenen Vorräte, während der Großteil von ihnen die Verfolgung fortsetzte. Einzelne Scheusale aus Vobor verirrten sich manchmal auf der Suche nach Nahrung in den Bergen und gelangten mit mehr Glück als Verstand hierher. Doch dass ganze Horden über die Ogrimshöhen wanderten, war neu. Eine weitere Auffälligkeit machte ihm zu schaffen, denn der Pfeil, der an seinem Gesicht vorbei geflogen war, war anders als die üblichen Pfeile aus Vobor. Normalerweise schnitzten die Bestien ihre Pfeile aus allerhand wild gewachsenen Sträuchern und verkrüppelten Bäumen, was die Wucht und Einschlagskraft der Geschosse enorm hemmte. Doch das Geschoss auf dem Hügel hatte sich tief in die Rinde des Baumes gegraben. Daraus, und aus dem glatten und geraden Schaft schloss Méarol, dass es kein normaler Orkpfeil sein konnte oder dass diese ihre Geschosse in letzter Zeit enorm verbessert haben mussten.
Wieder flog etwas Schwarzes nur knapp an Méarols Kopf vorbei, streifte seine Wange und hinterließ ein heißes Stechen im Gesicht des Elben. Ein zweiter Pfeil schlug eine Armlänge entfernt in ein Moosbett am Boden ein und wirbelte kleine Sporen auf, die sich in der Luft verteilten. Angst keimte in ihm auf, als ihm bewusst wurde, wie knapp ihn die Geschosse verfehlt hatten. „Vorsicht, Pfeile!“, rief er, so laut er konnte, um Noilia auf die gefiederte Gefahr hinter ihnen aufmerksam zu machen. Was für einen Schützen hatten diese Bestien unter sich, dass er auf diese Distanz mit dem Auge eines Elben schießen konnte? Ein Angst einflößender Verdacht beschlich ihn … Nein, das war einfach nicht möglich. Méarol verdrängte den Gedanken und begann in kurzen, unregelmäßigen Zick-zack-Mustern zu laufen, um dem Schützen das Zielen zu erschweren. Auch Noilia bewegte sich nun in Schlangenlinien vorwärts.
Méarol hatte aufgeholt und war ein paar dutzend Meter hinter Noilia, als sie das Tal erreichte und einen Blick zurückwarf. Méarol war sich sicher, dass sie dem Schützen entkommen würden, wenn sie erst einmal im Unterholz des Tals untertauchen könnten. Ein weiterer Pfeil sirrte über seinen Kopf hinweg und Noilia verschwand im Unterholz. Ein Zischen folgte und ein zweites Geschoss schlug genau an der Stelle zwischen den Bäumen ein, wo Noilia einen Augenblick zuvor noch gestanden hatte. Ein kurzer, spitz ausgestoßener Schrei ertönte. Nein, bitte nicht, dachte Méarol und steigerte seinen schnellen Lauf zu einem kurzen Sprint, bis auch er zwischen den Bäumen verschwand.
Zwanzig Meter vor ihm schleppte sich seine Frau mühsam humpelnd vorwärts. Etwas Schwarzes ragte aus ihrem Bein. Hinter ihr war das goldgelbe Laub mit tiefroten Bluttropfen benetzt.
Unter dem dichten Blattwerk herrschte ein schattiges Zwielicht. Die wenigen Strahlen, die das Laub der Bäume bis auf die Erde durchdrangen, erinnerten an goldene Säulen, in denen der aufgewirbelte Staub in trudelnden Kreisen umherirrte. Méarol schloss die letzten Meter zu seiner Frau auf.
Als sie ihn kommen sah, umspielte ein Lächeln ihren Mund, doch es erreichte ihre Augen nicht. Er wollte Noilia stützen und ihr das gemeinsame Kind abnehmen, doch sie wehrte trotzig ab. „Es geht schon“, brachte sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
Der Weg führte nun durch ein Dickicht aus Gestrüpp und Unterholz, das von hausgroßen Bäumen überdacht wurde. Teilweise ragten tief hängende Äste in ihren Weg, sodass sie sich darunter hindurchducken mussten. Méarol fiel auf, dass Noilia jetzt immer stärker humpelte, doch als er sie darauf ansprach, war ihre Antwort dieselbe wie schon zuvor.
Ein Bach tat sich vor ihnen auf. Noilia watete hindurch, und Méarol sah, wie sich feine, dunkelrote Schlieren von ihrem Bein lösten. Das Licht, das durch die spärlichen Löcher in den Baumkronen fiel, war etwas stärker geworden, als die drei Elben um eine Biegung des Weges gelangten. Der dichte Wald öffnete sich vor ihnen und grelles Licht schlug ihnen entgegen, sodass sie die Augen zusammenkneifen mussten. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an das helle Tageslicht. Ein dunkelblau schimmernder See lag, eingebettet in ein größtenteils bewaldetes Ufer, in der Talsohle vor ihnen. Auf beiden Seiten des Sees ragten mit einigem Abstand hohe Berge in einem kalten und schroffen Graubraun auf und warfen lange Schatten ins Tal. Die Sonne stand bereits im Westen und ihr helles Licht brach sich schimmernd auf der ruhigen Wasseroberfläche. Etwas weiter vom Ufer entfernt erstreckte sich eine grüne Ebene, die an den Hängen der umgebenden Berge in Felder aus herabgestürztem Geröll überging. Méarol wusste, dass sie es nun fast geschafft hatten. Von neuem Mut getragen begannen sie weiterzulaufen, so schnell, wie es Noilia mit ihrer Verletzung möglich war.
Dann jedoch stolperte seine Frau über eine herausstehende Wurzel, strauchelte und fiel. Blitzartig drehte sie ihren Körper und schlug auf der Seite auf. Sindacu, der während ihres Kraftmarsches durch den Wald eingeschlafen war, wachte nun auf und begann zu schreien.
Noilia versuchte aufzustehen, doch das verletzte Bein gab unter der Elbin nach. „Es geht nicht mehr“, musste sie zugeben. Auch Méarols Hoffnungen schwanden. Zwar hatten sie auf ihrer Flucht durch den Wald nichts mehr von der Horde Orks gehört, und doch war der Elb sich sicher, dass sie weiterhin verfolgt wurden. Sie mussten sich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen. Der unbekannte Schütze würde es auf dem weiten Feld deutlich einfacher haben als im dichten Gestrüpp, durch das sie sich zuvor gekämpft hatten. Entschlossen nahm der Elb seiner Frau Sindacu aus dem Arm und half ihr dabei, auf seinen Rücken zu klettern. Da Noilia ihre Beine nicht zum Festklammern benutzen konnte, drückten ihre Hände umso fester auf Méarols Brust. Doch er hatte keine Wahl. Erst leicht taumelnd, dann immer sicherer begann er in einem leichten Trab um den See herumzulaufen.
Nach einiger Zeit blickte Méarol sich um und sah die ersten Scheusale aus dem Unterholz hervorbrechen. Als sie bemerkten, dass der Wald zu Ende war, und den Elben in einigem Abstand vor ihnen erblickten, schrien sie ihre Wut heraus. Es war ein kehliges Gegröle, eine Mischung aus den Lauten eines brünstigen Ochsen, gepaart mit dem Wutgeschrei der Barbaren aus Vujako. Immer mehr Ungeheuer brachen aus dem Wald hervor, viele von ihnen hatten Äste im Haar und einige bluteten stark, soweit Méarol es auf diese Entfernung richtig beurteilen konnte. Wahrscheinlich hatten diese dummen Grün- und Grauhäute in ihrer Gier nach frischem Fleisch versucht, sich gegenseitig zu überholen. Einige waren gestolpert und gefallen und die anderen waren ohne Rücksicht über die Kameraden hinweggetrampelt. Ein Ork griff an seinen Gürtel und setzte die Lippen an etwas, das wie ein merkwürdig gedrehtes Horn aussah. Ein quäkender Ton erklang, bei dem sich die Haare des Elben aufstellten. Noilia ging es ähnlich. „Die Jagd beginnt“, meinte sie trocken.
Nachdem der Ton verklungen war, stürzten die Orks vorwärts, und auch Méarol begann zu rennen, so schnell er konnte. Plötzlich sah er vor sich den Fuß der steilen Felswand aufragen, die das Tal begrenzte. Sie war noch ein ganzes Stück entfernt, aber auf dieser wenig bewaldeten Ebene sollten ihn die Zwerge bald erkennen und Hilfe schicken, um seine Verfolger abzuwehren. Mit neu entfachter Hoffnung rannte Méarol weiter. Seine Beine brannten wie Feuer, doch er durfte nicht aufgeben.
Noilia auf seinem Rücken sah sich um. „Sie kommen näher!“, rief sie ängstlich, sodass auch Méarol einen Blick nach hinten warf. Die Orks waren ein gutes Stück herangekommen und noch maximal vier Pfeilschusslängen entfernt. Er spurtete weiter, wurde jedoch durch das immer stärker drückende Gewicht seiner Frau und das seines Kindes abgebremst. Der Elb musste sich stark konzentrieren, um nicht zu straucheln und zu fallen. Wo blieben nur die Zwerge? Warum kamen sie ihnen nicht zu Hilfe? Soweit Méarol wusste, waren die Berge zu beiden Seiten des Tals mit versteckten Eingängen ausgestattet, die es den Kriegern ermöglichten, schnell und ungesehen auszuscheren. In diesem Moment trat sein Fuß in ein verstecktes Erdloch. Sengender Schmerz schoss sein linkes Bein hinauf, und der Elb stieß einen lauten Schrei aus, als sein Fuß umknickte.
Doch er durfte auf keinen Fall anhalten, musste weiterlaufen. Es ging um das Leben seiner Familie. Jeder Schritt schmerzte und sandte glühende Eisen durch Méarols Bein. Vor sich erspähte Méarol einen Baum. Dort, in dem Geäst, hatte er sich einst, vor seinem ersten Besuch bei den Zwergen, eine kleine Unterkunft gebaut, um sein Eintreffen herauszuzögern. Er steuerte darauf zu, spürte die trampelnden Schritte der Orks in seinem Nacken und hörte ihr hoffnungsvolles Brüllen. Noch fünfzig Schritt. Der Baum verschwamm vor seinen Augen. Ich muss durchhalten, dachte er. Schwarze Punkte tanzten in seinem Sichtfeld. Noch zwanzig Schritt. Jede Bewegung sandte peinigende Schmerzen durch seinen Körper. Die Arme wurden schwer. Du darfst ihn nicht fallen lassen. Zehn Schritt. Mit letzter Kraft erreichte er den Baum. Doch zum Ausruhen blieb keine Zeit. Wenn Noilia sich auf seinem Rücken aufrichtete, sollte sie gerade eben an die Plattform in den Ästen heranreichen. Méarol gab ihr den Jungen. „Er muss da hoch, dort ist er außer Gefahr.“ Das Wort „vorerst“ konnte er sich gerade noch verkneifen.
Noilia packte das Bündel und schob es knapp über die Kante. Schlecht gezielte Pfeile gingen um sie herum nieder. Méarol hoffte, dass sein Sohn von keinem Querschläger getroffen werden würde. Die Elbin lockerte den Griff um seine Brust und sank auf die Erde. Sie versuchte den kleinen silbernen Dolch, der an ihrer Hüfte baumelte, aus der Scheide zu ziehen und sich aufzurichten. Es funktionierte nicht. Méarol selbst hatte sein Schwert am Lagerplatz auf dem Hügel zurückgelassen, als sie in aller Hast aufgebrochen waren.
„Gib ihn mir“, forderte er Noilia auf, und sie überließ ihm die Waffe ohne Protest. Dann waren die ersten Orks herangekommen und Méarol hob den Dolch mit brennend schmerzenden Armen in die Höhe, um seine Familie zu beschützen. Ein Dolch war keine Waffe zum offenen Kampf, doch hatte er nur die Wahl zwischen dieser kleinen Klinge und seinen bloßen Händen.
Den ersten schlecht gezielten Schlag ließ er einfach ins Leere laufen, indem er einen Schritt zur Seite machte und dem Ork ohne Deckung mit einem Schwung seines Armes die Kehle aufschlitzte. Gurgelnd brach das Scheusal zusammen und modrig stinkendes, schlammig-grünes Blut bespritzte den Elb. Die folgenden Orks waren nicht so dumm wie ihr heißsporniger Bruder und griffen Méarol zu mehreren an. Der Elb parierte eine rostige Klinge, rammte den Griff seines Dolches in das Gesicht eines unachtsamen Orks und zerschlug das schartige Blatt einer Axt, sodass die umherfliegenden Splitter das Ungetüm im Gesicht trafen und es aufheulend zu Boden sackte. Méarol wagte keinen Ausfall und wehrte die meisten Schläge nur ab. Doch jedes Biest, das versuchte, an ihm vorbei zu seiner Frau zu kommen, erschlug er direkt. Er fällte ein weiteres halbes Dutzend der Kreaturen selbst und tötete vier weitere indirekt, indem er die wuchtigen Schläge der Orks so ablenkte, dass sie ihre eigenen Waffenbrüder erschlugen. Trotzdem konnte Méarol die Stellung nicht komplett halten und wurde durch die schiere Masse der Scheusale langsam nach hinten getrieben, bis nur noch Noilias kauernde Gestalt zwischen ihm und dem Baum lag.
Ein lautes Surren ertönte. Méarol wurde mit einem Ruck nach hinten geschleudert und knallte gegen den Baum. Der plötzlich aufflammende Schmerz in seinem Kopf war nichts gegen die glühenden Feuer, die seine rechte Schulter in Brand gesetzt zu haben schienen. Ihm wurde vor Schmerz schwarz vor Augen, als er versuchte, sich von dem Baum zu lösen. Er blickte auf seine Schulter, aus der ein langer, mit leicht gekrümmten Rillen versehener, fast schwarzer Schaft von der Länge eines Armes hervorragte. Trotz der Schmerzen versuchte der Elb seinen rechten Arm zu heben, doch nichts geschah. Ein zweiter Speer flog heran und presste auch seine linke Schulter gegen den Stamm. Blut schoss aus beiden Wunden hervor und färbte die Kleidung tiefrot. Méarol hob den Kopf und blickte seine Gegner aus müden Augen an. Die Scheusale hatten sich in einem Halbkreis versammelt und grölten siegesgewiss. Aus ihren Reihen trat eine schwarze Gestalt hervor.
***
Hilfna - Blaues Tal
Hilfna verfolgte das Schauspiel gespannt. Sie hätte sich niemals träumen lassen, dass ihr erster Tag im Dienst als stellvertretende Wachtmeisterin des Blauen Tals so spannend beginnen würde. Eigentlich hatte sie wenig Lust auf diesen neuen Posten gehabt, doch als frisch gemeißelte Kriegerin hatte man wenig Auswahl, zu welchem Wachpunkt in den Ogrimshöhen man gerufen wurde. Erst hatte sie sich geärgert, als sie erfahren hatte, dass sie hier im blauen Tal Wache schieben musste. Ursprünglich wollte Hilfna nach Süden, zum großen Steintor, wo sie fast wöchentlich dieser verkrüppelten grün-schwarz-grauen Brut eine Abreibung verpassen konnte. Sie hatte den Brief schon in die Glut werfen wollen. Doch als ihre zusammengekniffenen Augen im zwielichtigen Schein der Glut den Namen Odin Steinherz gelesen hatten, war Hilfna jubelnd in die Luft gesprungen. Odin Steinherz, ein Kämpfer, wie er in den Liedern besungen wurde. Kräftig, mit langen Haaren und einem Bart, bei dem jede Zwergin ins Schwärmen geriet. Unter seiner Führung hatten die Zwerge vor zehn Jahren den letzten gemeinsamen Angriff der Orks auf das große Steintor abgewehrt, er war der Sieger unzähliger Schau- und Spaßkämpfe und auch solcher, wo seine Ehre infrage gestellt worden war. Davor hatte er tief in den Schürffeldern, noch weiter westlich als West-Andrín gelegen, die versprengten Ork-Horden aus den Bergen vertrieben. Dabei war er ohne Gnade vorgegangen, hatte auch Frauen und Kinder nicht verschont. Wenige hatten dagegen protestiert, und es war ja auch richtig so, denn die stinkende Orkbrut gehörte ausgelöscht. Doch die Entscheidung, niemanden zu verschonen, hatte ihm den Namen Steinherz eingebracht. Manch einer munkelte sogar, dass er schon als junger Krieger gegen die Elben gekämpft hatte, doch das war über eintausend Jahre her, und Hilfna hatte es nicht geglaubt. Doch als sie nun neben Odin Steinherz stand, sah man ihrem Idol das hohe Alter an, und Hilfna überlegte, ob an den Gerüchten nicht doch etwas Wahres dran war.
Der Odin Steinherz, der auf seinen Gehstock gestützt neben ihr stand und ins Tal hinabblickte, hatte nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem großen steinernen Helden, der ihr bei ihrem Ausflug auf den Ogrimsberg vorgestellt worden war. Odins Gesicht war faltig und eingefallen, seine Haare dünn wie Pilzfäden und sein strohiger, weißer Bart hatte vom vielen Pfeiferauchen einen dicken gelben Fleck über der Oberlippe. Trotzdem stand außer Frage, wie viel er für Andrín getan haben musste, denn normalerweise wurden die majestätischen Steinfiguren erst gemeißelt, wenn ein Held im letzten Gefecht ehrenvoll gefallen war. Hilfna grinste. Das war ein Tod, wie sie ihn sich wünschte. In einer letzten, hoffnungslosen Schlacht gegen einen übermächtigen Feind zu fallen, um mit ihrem Opfer die Zwerge vor großem Unheil bewahren zu können, eine Schlacht, die ihr den Namen Hilfna Orkschreck oder Hilfna Stahlfaust einbringen würde.
Edin war ein solches Ende leider nicht vergönnt gewesen. Ihr saß ein Kloß im Hals. Der Zwerg, der hier oben wie ein zweiter Vater für jeden gewesen war, war vorgestern am frühen Morgen in seiner Kammer leblos aufgefunden worden. Ob er etwas Verdorbenes gegessen hatte oder ob Gift im Spiel gewesen war, stand zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Bei dem Gedanken an Gift wurde Hilfna ganz flau im Magen. Es war die Waffe der Feiglinge, unter Zwergen zutiefst verhasst. Kein Zwerg, der auch nur den kleinsten Funken Ehre in sich trug, würde jemals zu dieser Waffe greifen. Streitereien klärte man im lautstarken Gezänk oder in einer Rauferei, nach der man sich bei einem großen Humpen Bier mit dem Gegenüber versöhnte. Doch Edin war immer mit jedem gut ausgekommen und hatte sich sogar mit den spitzohrigen hinterlistigen Elben angefreundet. Wie er das gemacht hatte, konnte Hilfna nicht sagen, aber sie wusste, dass sie niemals etwas mit diesem verräterischen Volk zu tun haben wollte.
Umso mehr wunderte es sie, als sie die kleinen Gestalten aus dem Wald am Eingang des Tals treten sah. Zwei mussten es sein, aber genau konnten ihre Zwergenaugen das nicht erkennen. Zwergenaugen waren für das Detail direkt vor dem Auge gemacht worden, sodass sie selbst dort noch die Struktur in Steinen und Metallen erkennen konnten, wo Elben- und Menschenaugen versagten.
Sie konnte die beiden Gestalten kaum erkennen, doch es schien, als kämen sie näher. Hilfna sah zu ihrem großen Vorbild auf. Odin stand immer noch reglos da und genoss die Aussicht auf das weite Tal. Als sie versuchte, die beiden Punkte wiederzufinden, runzelte die Zwergin die Stirn, denn sie sah nur einen der beiden. Die Gestalt näherte sich jetzt langsamer, und allmählich konnte Hilfna etwas erkennen. „Der trägt sie auf dem Rücken!“, stellte sie erstaunt fest.
Der alte Zwerg drehte den Kopf zu ihr herum. „Was ist?“
„Dahinten“, sagte sie und zeigte in Richtung der Punkte. „Siehst du nicht …“ Ein leise quäkendes Horn ertönte aus der Ferne. Hilfnas Blick sprang zurück zu den Bäumen. Dort brachen immer mehr Punkte aus dem Dickicht und nahmen die Verfolgung auf.
Odin schien nichts gehört zu haben, denn sein Blick ruhte immer noch auf ihr. „Was willst du mir sagen?“, fragte er forsch.
Einen Moment lang war sie eingeschüchtert, doch dann siegte der Trotz und sie antwortete nicht weniger bissig: „Am Eingang des Tals sind Gestalten. Es sieht aus, als ob zwei von einer großen Horde verfolgt werden.“
Odin runzelte die Stirn. „Von welchen Märchen träumst du nur, Kind?“ Hilfna wurde wütend. Sie war kein Kind mehr. Mit fünfzehn Sommern hatte sie in der Akademie jeden ihres Jahrgangs geschlagen. Sie war eine Kriegerin. Gerade wollte sie zu einer kecken Antwort ansetzen, da fuhr Odin ihr über den Mund: „Ich bin seit über einem Jahr der führende Wachtmeister hier im Blauen Tal. Warum, glaubst du, habe ich mich hierher versetzen lassen? Weil hier nichts passiert. Ich bin die Abenteuer leid. Guck dir den See an. So still wie das Wasser auf seiner Oberfläche ist, so ruhig ist auch das Tal. Was sollte hierherkommen? Elben? Die trauen sich nicht über die Berge, die haben Schiss vor Schnee und Eis und Wind und Matsch. Menschen? Von denen traut sich doch nicht mal wer nach Illanór, wie sollte er dann zu uns ins Blaue Tal kommen können?“
Hilfna nahm in Odins Atem den säuerlichen Geruch von schwerem Starkbier wahr, wahrscheinlich waren es die Überbleibsel des Festes von gestern Nacht. Hier, wo nie etwas geschah, war jeder Tag ein Grund zum Feiern, damit man nicht vor lauter Öd- und Faulheit verblödete. Die beiden Gestalten waren nun näher herangekommen. Es mussten Menschen oder Elben sein, so viel konnte Hilfna erkennen. Aber um die verräterischen spitzen Ohren der Elben von den runden blassen Ohren der Menschen unterscheiden zu können, waren sie noch zu weit entfernt. Hilfna sah, wie die beiden auf einen Baum in der Ebene in der Nähe ihrer Aussichtsplattform zusteuerten. Und da waren die spitzen Ohren.
„Elben!“, rief sie und zeigte nach unten. Im Berg wurden Hörner geblasen, um die Botschaft zu verbreiten. Leises Scheppern drang zu ihr nach oben, als sich die Zwergenmannschaften am Boden vor den versteckten Ausgängen positionierten. Auch die Verfolger waren nun viel deutlicher zu erkennen, sie hatten mächtig aufgeholt.
„Orks!“, gab sie die Information laut schreiend nach unten weiter. Aus welchem Grund auch immer die Elben den Baum unter ihnen erreichen wollten – in diesem Tempo würde es für sie ziemlich knapp werden. Obwohl Hilfna Elben verabscheute, taten ihr die beiden Gestalten leid, wie sie versuchten, der aggressiven Horde zu entgehen. Sie wollte ihren Arm heben, um das vereinbarte Zeichen zum Öffnen der Tore zu geben, doch dann zögerte sie und blickte zu Odin. In seinem Gesicht spiegelte sich Verachtung. Sein Arm hatte sich nicht bewegt und hing weiterhin starr neben seinem Körper herab. Ohne sein Einverständnis konnte sie den Befehl nicht geben. Ihr Blick sprang zwischen Odin und den Elben hin und her, dann entdeckte sie ein weißes Bündel in den Armen des Elben. Er hatte den Baum fast erreicht. „Wir müssen ihnen helfen. Uns hier zu verstecken wäre unehrenhaft!“
„Warum sollten wir?“ Odin wandte seinen Kopf zu ihr und blickte die Zwergin lange und durchdringend an. „Die Elben haben uns betrogen, und es hat viele tapfere Zwerge das Leben gekostet, unsere durch sie geschädigte Ehre wiederherzustellen. Erzähl mir also nichts von Ehre, Kind, und nichts von Elben, wie ihr sie in eurer Akademie kennengelernt habt.“ Die letzten Worte spie Odin förmlich aus und winzige feuchte Tropfen schlugen Hilfna ins Gesicht. „Aber …“, begann sie einen letzten schwachen Versuch, doch Odin unterbrach sie erneut: „Es gibt kein aber, KIND. Ich war DABEI, als die Elben ihren Schwur gebrochen haben und uns in der Nacht erdolchen wollten, nur damit sie ihre Schuld nicht einlösen brauchten. Wir haben für sie geblutet, aber wie haben sie es uns gedankt, WIE?“ Für einen Moment war alle Schwäche von ihm abgefallen und Hilfna hatte vor sich nicht mehr den gebrechlichen alten Zwerg gesehen, sondern die zum Leben erwachte Statue vom Ogrimsberg. „Solange ich hier Wache halte, setzt kein Elb seinen Fuß in die Ogrimshöhen. Lieber sterbe ich, als diesen Verrätern unsere Gastfreundschaft anbieten zu müssen! Überlass sie den Orks, danach kannst du dich um die Bestien kümmern. So sind die Spitzohren nicht unser Problem.“
Hilfna wollte es nicht glauben, sah wieder nach unten. Der Elb schob das weiße Bündel gerade in die Krone des Baumes, dann machte er sich zum Kampf bereit. Etwas sirrte heran, ein dumpfer Aufprall folgte und Odin Steinherz brach zusammen. Ein schwarzer Pfeilschaft ragte aus seiner Brust. Flach atmend lag er da, die Augen nur noch halb geöffnet. „Tue das Richtige, Kind“, flüsterte er noch, bevor seine Augen glasig wurden und sich sein Kopf erschlafft zur Seite drehte.
***
Méarol - Blaues Tal
Die Gestalt trat nach vorne. Nur verschwommen nahm Méarol sie wahr. Er zwang sich, trotz der Schmerzen seinen Kopf aufzurichten. Vor ihm stand, von Orks umgeben, eine Kreatur so schwarz wie die Nacht. Sie trug eine schwarze Rüstung aus verdunkeltem Metall und einen Helm, der wie ein Schädel geformt war. Schwarze Hände mit schwarzen Nägeln langten nach oben und lösten den Riemen des Helmes, sodass dieser mit einem dumpfen Aufprall zu Boden fiel. Ein grollendes Geräusch erklang, das nur entfernt an ein Lachen erinnerte. „Ich dachte, Elben wären schwerer zu erlegen.“ Die Kreatur grinste. In ihrer Stimme schwang ein dunkler, fremdländischer Akzent mit, was dazu führte, dass die Wörter seltsam verzerrt über ihre Lippen kamen. Méarol überlief ein Schaudern. Das ist kein normaler Ork, dachte er, und doch war die Ähnlichkeit deutlich zu sehen. Während die grölenden und blökenden Orks größtenteils mit teilweise zu langen Armen oder grotesk verdrehten Gliedmaßen gebeugt umherliefen, musste die schwarze Kreatur den Elben um einen guten Kopf überragen. Die gerade und aufrechte Haltung verunsicherte Méarol, als sie mit langen Schritten auf ihn zukam. Die trockenen Blätter auf dem Boden knirschten, als die massiven Füße des Ungetüms sie zermalmten. Bei jedem Schritt spannten sich deutlich sichtbare Muskeln unter der schwarzen Haut. Einen Schritt vor Méarol blieb es stehen. Méarol hatte mit Gestank gerechnet, doch seine feinen Elbensinne nahmen neben dem beißenden, süßlich-verwesenden Gestank der Orks keine Veränderung wahr. Er hörte, wie Noilia sich bewegte. „Du hast Angst, Elb. Ich kann es riechen.“ Ein böses Grinsen erschien auf der Fratze seines Gegenübers. „Gut so.“
Einmal mehr lehnte sich Méarol gegen die Speere auf, die ihn an den Baum gepresst hielten.
„So schwach. Und so einfach zu besiegen.“ Eine schwarze Hand griff nach dem Schaft des rechten Speeres und bewegte ihn problemlos, als ob er locker im Boden und nicht bis zum Heft im Holz des Baumes steckte. Schmerzen explodierten in Méarols Schulter und der Elb keuchte. Noch mehr Blut quoll aus der Wunde und lief an den Rillen des Speeres entlang. Das Grinsen wurde breiter, als Méarols Blut die Hand der Kreatur erreichte. Sie ließ den Speer los, leckte sich die Hand ab und drehte sich zu den versammelten Orks. Mit der linken Hand deutete der riesige Ork auf die Gefallenen.
„Und darum seid ihr Abschaum. Alleine seid ihr nichts, und selbst in der Horde schafft ihr nicht das, was ein Vorgha ohne Hilfe zu tun vermag.“ Die Bestien guckten verdutzt, niemand hatte den Vorgha verstanden. Neben Méarol raschelte es. Bevor der Elb etwas sagen konnte, stürzte Noilia sich auf den Vorgha. In ihrer Hand hielt sie den Dolch, den Méarol fallen gelassen hatte, als die Speere ihn durchbohrten. Noilia war fast an den Vorgha herangekommen, als er herumfuhr und ihr einen Schlag versetzte, sodass die Elbin im Gras zusammenbrach. Blut strömte ihr aus Nase und Mund, doch sie atmete. Als sich ihre Augen wieder öffneten, suchte ihr flehender Blick erst Méarol, dann das Kind im Baum. Die Orks und auch der Vorgha schienen Sindacu noch nicht bemerkt zu haben. „
Dummes Spitzohrweib“, schnarrte der Vorgha. Noilia versuchte sich wieder aufzurichten, doch der Vorgha trat ihr in die Seite. Es knackte laut und Noilia schrie auf. Sie sackte wieder zu Boden und rührte sich nicht mehr. Der Vorgha würdigte sie keines weiteren Blickes. Stattdessen wandte er sich erneut den Orks zu und rief ihnen eine Kombination aus Grunz- und Blöklauten zu. Die Orks tobten und stürzten sich auf die Elbin.
„Nein!“, stieß Méarol hervor. Der Ruf kostete ihn seine letzte Kraft. Wie brünstige Keiler fielen die Orks über seine Frau her, zogen und zerrten ihr die Kleider vom Leib und griffen mit widerlich schwieligen, grün-schwarzen Fingern nach ihrer nackten Haut. Die Orks schubsten und schlugen sich, um nach dem Recht des Stärksten zu entscheiden, wem die Beute gehörte. Kraftlos sah Méarol zu, wie sich eine Gruppe von acht besonders abartigen Kreaturen den Sieg erkämpfte. Murrend zogen sich die anderen zurück, die Sieger schulterten die immer noch bewusstlose Elbin und hielten auf das Dickicht am Ufer des Sees zu.
„Noilia!“, schrie Méarol. „Lass sie gehen! Was willst du von uns?“, flehte er den Vorgha nun an. Seine Stimme brach. Stumm rannen die Tränen über sein Gesicht. Der Schmerz in den Schultern war fast vergessen, tausendfach übertönt von der Qual, die sein Herz zerriss. Er war machtlos, konnte nichts tun, ihr nicht helfen, sie nicht beschützen. Er hatte versagt. Sein Kopf sackte auf die Brust, als ein leises Weinen erklang. Sindacu. Der Kleine war durch den Lärm aufgewacht und steigerte sein Weinen in lautes Geschrei. Er verlangte nach seinem Vater, nach seiner Mutter. Zorn verdrängte die Hilflosigkeit in Méarol. Seine Augen glühten vor Hass. Erneut versuchte der Elb, sich von den künstlichen Fesseln zu befreien. Zentimeter um Zentimeter schob er sich vorwärts, ignorierte die brennenden Schmerzen und dachte nur daran, sein Kind zu beschützen. Ein Horn erklang. Der dunkle Ton drang Méarol durch Mark und Bein, doch keimte neue Hoffnung in ihm auf. Er kannte diesen Klang. Endlich kam Hilfe aus dem Berg. Seine Augen suchten die Felswände nach sich plötzlich öffnenden versteckten Türen ab und fanden ein mannsgroßes Loch, durch welches gerüstete Zwergenkrieger hindurchzogen. Sie gaben sich keine Mühe, leise oder verborgen zu bleiben, denn ihr Marschieren im Takt ließ bei jedem neuen Schritt die Rüstungen und Waffen klirren. Unter den Orks brach Hektik aus. Als sie die Quelle des Lärms entdeckt hatten, kreischten sie ihre Schlachtrufe hinaus und stürmten den heranmarschierenden Zwergen ungeordnet entgegen. Den Vorgha schien diese neue Wendung nicht zu interessieren. Méarol kämpfte sich Stück um Stück an das Ende der Schäfte heran, als der Vorgha seine Faust mit aller Kraft in Méarols Brust fahren ließ. Knochen splitterten, der Elb wurde zurückgeschleudert und sackte zusammen, nur noch gehalten von den beiden Speeren in seiner Brust. Die Schäfte vibrierten heftig und sandten permanente Stöße größter Schmerzen durch Méarols Brust. Es fühlte sich an, als ob ein glühendes Eisen immer und immer wieder in die Wunden gedrückt würde. Schweißperlen standen auf seiner Stirn, doch der Elb wollte nicht aufgeben. Méarol versuchte die Arme zu heben - vergeblich. Gemächlich kam der Vorgha auf ihn zu. Er zog etwas aus seinem Gürtel, was entfernt an einen Dolch erinnerte. Die Klinge war gewellt und auf einer Seite schimmerten statt einer glatten Kante spitze Zacken. Das dunkle Metall der Klinge war blank poliert und reflektierte die Strahlen der langsam untergehenden Sonne.
„Glaub nicht, dass du oder gar dein Kind mir entkommen könnt, Elb!“ Siegesgewiss griff der Vorgha nach Méarols rechtem Handgelenk, riss den Arm nach oben und knallte ihn gegen den Stamm. Halb blind vor Schmerz versuchte der Elb dem festen Griff des Vorgha zu entkommen und ballte die Hand zur Faust, doch er war zu schwach.
„In Vobor ist das hier nur ein Fleischermesser.“ Er setzte die Klinge am Arm des Elben an. „Elbenfleisch ist zart, heißt es. Wir werden sehen.“ Er stach zu und Méarols Faust öffnete sich. Blut spritzte hervor. „Du wirst auslaufen wie ein zerquetschter Fisch, wenn ich erst einmal habe, was ich will.“ Der Kampflärm war lauter geworden. Die Hälfte der Orks lag erschlagen oder verkrüppelt im Gras, die ersten ergriffen die Flucht. Zwergenäxte und Hämmer mähten sich durch die Feinde, fast sekündlich waren die Schreie der Bestien zu hören. Der Blick des Vorgha hing kurz über dem Gemetzel, dann verengten sich seine Augen und er fluchte. Méarol verstand ihn nicht, doch es war ihm auch egal. Die Schmerzen brannten in seiner Brust und in seinem Arm, an dem heißes Blut hinabfloss. Weit entfernt hörte er Noilias Schreie, wobei er sich nicht sicher war, ob er sie sich nur einbildete oder ob sie Wirklichkeit waren. Seine Augen fielen zu. Die Zwerge würden nicht rechtzeitig kommen. Nicht für ihn, nicht für Noilia und nicht für Sindacu. Er war in Viani, der wundervollen Stadt am Meer. Er sah die künstlerisch gewundenen Bauten, die sich baumgleich aus dem Meer zu erheben schienen. Er hörte das Wasser gegen die Mauern des Hafens plätschern und roch den leicht salzigen Duft des großen Azurs. Alles war friedlich, er war zu Hause.
Es knallte und Schmerzen explodierten in seinem Gesicht. „Gleich darfst du sterben. Aber zuerst brauche ich noch etwas.“ Die Klinge blitzte erneut auf und fuhr dem Elb durch Haut und Knochen. Blut spritzte umher und ein dumpfes Geräusch verriet, dass etwas zu Boden gefallen war. Méarol sah nichts mehr. Seine Augen hatten sich nach innen gedreht, so groß waren die Qualen. Seine Hand musste in Brand stehen, so heiß und beißend war der Schmerz. Er zwang sich, die Augen ein letztes Mal zu öffnen. Der Vorgha hielt etwas in der Hand, das wie ein kleiner Zweig aussah. Um den Zweig herum glänzte es silbern. Méarol blinzelte müde. Nein, es war kein Zweig. Die Bestie hielt seinen Finger in der Hand und betrachtete den Ring. Dann zog er ihn vom Finger und warf das tote Fleisch fort. „Jetzt darfst du sterben!“, grollte der Vorgha und fuhr Méarol mit der Klinge über die Kehle.
***
Hilfna - Blaues Tal
Als die letzten Orks unter ihrer Axt zusammenbrachen, schaute Hilfna auf. Der Boden war mit Orks und deren Innereien übersät. Sie bückte sich und säuberte das Blatt ihrer Axt an den Lumpen eines der Scheusale. Beißender Gestank schlug ihr entgegen und sie musste würgen. Wo war der Baum, den sie von oben gesehen hatte?
„Ergon, schnapp dir ein paar Leute und durchkämm das Flussbett nach den geflohenen Feiglingen.“ Es war ungewohnt, Befehle zu geben, doch Hilfna gewöhnte sich schnell daran. Ihre Einheit hatte keine Verluste erlitten und nur einige Zwerge hatten Blessuren abbekommen. Das Schlimmste, was sie auf den ersten Blick feststellen konnte, waren ein paar gebrochene Knochen. Nichts, was die Zeit nicht heilen könnte, dachte sie. Dann fiel ihr Blick auf den Baum. Eine schwarze Gestalt bückte sich und hob etwas vom Boden auf.
„Ingo, Bono, Derk, kommt mit mir.“ Während sie dem Baum und den beiden Gestalten entgegenspurtete, beobachtete Hilfna, wie die schwarze Gestalt etwas hinter sich warf. Dann drehte sich der Kopf in ihre Richtung. Etwas blitze in der Sonne kurz auf und fuhr dem an den Baum gehefteten Elben über den Hals.
„Schneller!“, schrie Hilfna und ihre Kameraden stimmten mit tiefem Gebrüll ein. Doch sie waren zu weit entfernt.
Siebzig Schritt trennten sie noch, als die Gestalt etwas aus dem Baum zog. Der daran geheftete Körper sackte ab, als er nur noch von einem Schaft gehalten wurde. Die Gestalt holte aus und schleuderte es in ihre Richtung. Surrend nahte er heran. Hilfna blieb keine Zeit zur Warnung. Sie duckte sich und rollte zur Seite, den scharfen Luftzug der Waffe über sich spürend. Ein ersticktes Keuchen war zu hören. Hilfna drehte sich um. Der Speer hatte Ingos Bein durchbohrt und steckte dort fest. Der Zwerg war auf den Boden gefallen und hielt sich das Bein. Gut – nicht tödlich. Die Kriegerin schaute wieder nach vorne und entdeckte die schwarze Gestalt, die sich schnell zurückzog. Zu schnell für Zwergenbeine, stellte sie fest und preschte weiter in Richtung Baum. Als sie dort ankam, waren ihre Begleiter weit hinter ihr zurückgeblieben. Der Elb hing, nur von einem Speer gehalten, am Baum. Seine Beine trugen ihn nicht mehr und Blut strömte aus unzähligen Wunden. In der Kehle des Elben klaffte ein tiefer Schnitt, aus der roter Saft wie Wasser rann. Hilfna wusste, dass sie zu spät gekommen war, dem Elb war nicht mehr zu helfen. Umso mehr erstaunte es sie, als sie sah, wie sich die Lippen des Elbes schwach bewegten. Vorsichtig ging sie näher heran. Seine Augen flackerten, blieben aber geschlossen. Mit einem Ohr fast auf seiner Brust, lauschte Hilfna seinen letzten Worten. „Noilia … Sindacu … Noilia … Sindacu … Noilia …“
Dann brach seine Stimme. Das Blut hatte aufgehört aus den Wunden zu strömen. Der Elb war tot, dessen war sich Hilfna sicher. Erst jetzt bemerkte sie ein leises Wimmern. Das Bündel im Baum … Das Kind hat überlebt. Ihr letzter Blick galt der fliehenden Gestalt, die dem Waldrand entgegenrannte. Hilfna glaubte, dort eine weitere Gestalt zu sehen.
Tandril - Etorí
Von hier oben war der Ausblick fantastisch. Die flachen Häuser der namenlosen Viertel erstreckten sich so weit, wie Tandril sehen konnte. Das Meer aus Hütten schien endlos und wurde nur von kleinen Gassen durchbrochen, die sich verwinkelt zwischen den Wänden aus Lehm hindurchschlängelten. Eine Hand voll großer, breiter und mit Steinen befestigter Straßen trennte die Viertel voneinander. Die Straßen verliefen strahlenförmig nach innen und trafen sich auf dem großen Platz zu Tandrils Füßen.
Der Junge liebte es, auf der Mauerkrone entlangzubalancieren und dem aufkommenden Spektakel unter ihm zuzusehen. Marktschreier ölten ihre Stimmen mit einem Schuss roten Weines aus den Edenlanden und Geschichtenerzähler genehmigten sich die ersten Schlucke goldenen Rums, dem Getränk halsbrecherischer Abenteurer. So lockerten sie ihre Zungen und konnten die vorbeischlendernden Marktbesucher in den Bann ihrer Geschichten ziehen. Tandril liebte die Geschichten und bewunderte diese Männer. Sie waren durch die Lande gezogen und hatten so viel gesehen und gehört. Wenn Tandril einmal so groß wie sein Bruder Delven war, wollte er unbedingt auch Abenteuer erleben und seinen Enkeln Geschichten darüber erzählen.
Bald war es so weit – in ein paar Jahren würde er Delven zeigen, dass die Abenteuer genauso spannend waren, wie die Geschichtenerzähler sie schilderten. Langsam richtete sich Tandril aus seiner Hocke auf und balancierte auf den Zinnen der äußeren Stadtmauer entlang, bis er eine Treppe fand. Fröhlich hüpfend nahm er zwei Stufen auf einmal. Heute würde der Alte eine ganz besondere Geschichte erzählen. Das einzige, was er gestern darüber verraten hatte, war, dass Drachen darin vorkommen sollten. Geschichten über Drachen hörte Tandril am liebsten, und heute hatte Delven Wachdienst und würde ihn nicht – so wie vor zwei Tagen – mitten in der Geschichte nach Hause schleifen. Tandril übersprang die letzten vier Stufen mit einem großen Satz und landete auf dem gepflasterten Boden. Er lief los und grüßte die beiden Wachen, die, noch halb schlaftrunken und auf ihre Speere gestützt, das Tor sicherten. Tandril kannte beide, es waren Waffenbrüder seines Bruders.
Das große, aus schwarzem Holz gefertigte Tor ragte hoch über dem Jungen auf. Tandril fühlte sich klein, als er es durchschritt. Zu beiden Seiten warfen die massiven Torflügel lange Schatten. Auch wenn sich in Tandrils Magen jedes Mal, wenn er das Tor durchschritt, ein flaues Gefühl breitmachte, war er doch froh darüber, auf dieser Seite der Mauer zu leben.
Die anderen Kinder, die mit ihm gemeinsam den Geschichtenerzählern lauschten, erzählten schaurige Märchen über das, was in den namenlosen Vierteln geschah. Tandril schüttelte sich und trat aus dem Schatten heraus zurück ins Sonnenlicht. Die Steine unter seinen Füßen endeten und kleine Staubwolken umspielten die Knöchel des Jungen nun bei jedem Schritt. Aus seiner Tasche zog er ein kleines Tuch und knotete es sich um den Kopf, sodass der blaue Stoff seine halbspitzen Ohren verdeckte. Einmal hatte er aus der Ferne beobachtet, wie die Kinder einen Elbenjungen verfolgt und mit Stöcken geschlagen hatten. Seitdem hatte Tandril stets ein Tuch um den Kopf gebunden. Dabei war er nicht einmal ein Elb, auf jeden Fall kein Ganzer, und er kam auch nicht aus der inneren Stadt. Dort lebte er jetzt nur, weil die Quartiere der Stadtwachen dort lagen. Nachdem seine Eltern beide gestorben waren, als ein Feuer ihr kleines Haus im mittleren der fünf namenlosen Viertel zerstört hatte, hatte er zu seinem Bruder ins Wachtquartier ziehen müssen.
Delven war nur sechs Jahre älter als Tandril und schaffte es trotzdem, für sich selbst und seinen kleinen Bruder zu sorgen. Als er vor einigen Jahren bei der Stadtwache um Arbeit gebettelt hatte, war Delven der Zugang zur inneren Stadt verwehrt geblieben. Einer der Wächter hatte Delven mit dem stumpfen Ende des Speeres einen Schlag versetzt, doch Delven war nicht zusammengebrochen und hatte den zweiten Schlag abgewehrt und dem Wachmann den Speer entrissen. Schneller, als er gucken konnte, hatte Delven sich, mit dem Gesicht in den Staub gepresst, auf dem Boden liegend wiedergefunden, niedergedrückt von beiden Wachtposten. Einer der Kommandeure hatte jedoch das Spektakel beobachtet und Delven eine Chance gegeben, sich als Wache zu bewähren.
Tandril schlängelte sich durch das Gewirr aus Ständen. Wie jedes Mal, wenn er hier unterwegs war, wurde er von den unterschiedlichsten Gerüchen betäubt, und es kostete ihn seine ganze Willenskraft, nicht vor einem der Gewürzhändler stehen zu bleiben und eine Fingerspitze zu kosten. Allmählich füllte sich der Markt mit Leben und die ersten Einkäufer kamen aus beiden Teilen der Stadt hierher. Die meisten kauften Nahrung, aber einige, insbesondere die Menschen aus der inneren Stadt, kamen hierher, um exotischen Schmuck und außergewöhnliche Kleidung zu kaufen. Weil sowohl Menschen aus den reichen als auch aus den armen Vierteln der Stadt gleichermaßen ihren Weg hierher fanden, waren Zwischenfälle und Übergriffe vorprogrammiert. Um diese Spannungen auf ein Minimum zu beschränken, umgaben sich insbesondere die reicheren Bürger stets mit einer oder mehreren Stadtwachen. Delven hatte Tandril erzählt, dass die Menschen aus den namenlosen Vierteln glaubten, die Reichen wären schuld an ihrer beklemmenden Lage und Situation. Für Tandril klang das plausibel, und da auch er aus den namenlosen Vierteln stammte, fühlte er sich seinen ehemaligen Nachbarn und Freunden verbunden.
Tandril war immer tiefer in das Gewirr aus Ständen und Buden hineingelaufen und hätte bestimmt die Orientierung verloren, gäbe es nicht den großen Drachenberg im Nordosten der Stadt. Der Junge warf einen Blick hinauf. Die Sonne schob sich gerade um die schroffe Kante herum und blendete Tandril, sodass er sich wieder abwandte. Nachdem seine Augen sich wieder an die normale Helligkeit zwischen den Ständen gewöhnt hatten, erlangte Tandril die Orientierung zurück und setzte seinen Weg nach Norden fort.
Vor einem halb offenen Zelt hielt Tandril an. Ein mattes, schon deutlich verwittertes und ziemlich blasses rotes Zeichen zierte die Seite des Zeltes. Der Junge kannte das Zeichen nicht, wusste aber, dass er hier richtig war. Er schob die Plane am Eingang des Zeltes zur Seite und trat ein. Obwohl es noch früh am Morgen war, war die Luft im Inneren schon ziemlich stickig. Durch die Zeltwände fiel mattes Licht hinein. Der staubige Boden war hier mit Teppichen bedeckt, die unterschiedliche Muster zeigten und zusammen mit dem gedämpften Licht eine mystische Atmosphäre erschufen. Das Zelt war beinahe leer. Nur zwei Gestalten am anderen Ende der abgewetzten Stoffbahnen unterhielten sich angeregt. Diese Tatsache freute Tandril, denn so konnte er in der ersten Reihe sitzen und hören, was der Alte heute erzählen würde.
Als die Plane hinter Tandril zurückschwang, blickte eine der beiden Personen am anderen Ende des Zeltes in seine Richtung. „Ah, Tandril.“ Die Stimme des Alten war dünn und klang ein wenig heiser. Trotzdem war der Alte, wenn es nach Tandril ging, der beste Geschichtenerzähler der ganzen Stadt. „Komm zu uns und setz dich.“ Tandril freute sich über die persönliche Begrüßung. Er lief durch das Zelt und setzte sich erwartungsvoll in die erste Reihe.
„Was erzählst du heute?“ Tandril hatte sich die Frage, deren Antwort er bereits kannte, nicht verkneifen können. „Wenn du vorher weißt, was geschieht, dann verfliegt der Zauber.“ Tandril wusste, dass gute Geschichten niemals vorhersehbar waren. Und wenn man das Ende kannte, schon bevor es erzählt wurde, dann waren die Geschichten langweilig. „Bevor ich aber mit der Geschichte anfange“, erhob der Alte erneut die Stimme, „möchte ich dir jemanden vorstellen.“ Er sah nach links in Richtung der Schatten. Tandril hatte ganz vergessen, dass er beim Eintreten zwei Gestalten gesehen hatte, aber jetzt erinnerte er sich wieder.
„Das ist Joseylée, die Enkelin eines guten Freundes von mir. Sie ist genauso verrückt nach Geschichten wie du.“ Tandril sah das Mädchen an. Sie musste etwa genauso alt sein wie er. Sie war ein bisschen kleiner als Tandril und hatte lange, glatte und dunkelbraune Haare, die ihr bis zur Hüfte reichten. Ihre Haut war dunkler als die seine, aber nicht so dunkel wie die Kaffeebohnen, die Delven manchmal mitbrachte. Sie trug ein kurzes, dunkelgrünes Kleid, das auf den ersten Blick aussah wie eines der Kleider, die man in den namenlosen Vierteln trug. Doch der Stoff, aus dem Joseylées Kleid bestand, war sehr viel feiner und weicher. „Hallo“, sagte sie schüchtern und hielt den Blick auf den Boden gerichtet. „Hallo“, erwiderte Tandril. „Setz dich doch hierher, hier versteht man die Geschichten am besten.“ Der Alte lächelte, sagte aber nichts weiter und ging nach hinten in einen zweiten Raum, sodass Tandril und Joseylée alleine waren.
„Du kommst aus der inneren Stadt, oder?“, fragte Tandril sie, nachdem Joseylée sich neben ihn gesetzt hatte. „Warum sollte ich?“, meinte sie, sah kurz auf und blickte Tandril in die Augen. Ihr Gesicht trug einen leicht gehetzten Ausdruck, so als ob sie nicht wollte, dass jemand erkannte, dass sie nicht aus den namenlosen Vierteln stammte. Tandril glaubte, ein Glitzern in ihren Augen bemerkt zu haben, doch Joseylée schaute so schnell wieder nach unten, dass er sich nicht sicher sein konnte. „Der Stoff, aus dem dein Kleid ist“, sagte Tandril. „Was ist damit?“, gab sie forsch zurück.
„Er ist anders als der der einfachen Leute.“ Er streckte eine Hand aus und berührte den Stoff. „Er ist feiner und … weicher.“ Joseylée wurde unruhig und sah sich hektisch um. Außer ihnen war niemand im Zelt, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten erwachsenen Zuhörer eintreffen würden. Tandril bemerkte Joseylées unruhige Bewegungen und fügte schnell hinzu: „Aber von Weitem sieht es echt aus. Man muss schon richtig nah rangehen und genau hinsehen, um das zu bemerken.“ Dann beugte er sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: „Dein Geheimnis ist bei mir sicher.“ Joseylée entspannte sich ein wenig und wurde ruhiger. „Danke“, sagte sie leise. Das Mädchen machte Tandril immer neugieriger. „Warum hast du denn so eine Angst davor, entdeckt zu werden?“, platzte es aus ihm heraus.
Erst gab Joseylée keine Antwort, doch dann hob sie den Kopf und blickte Tandril das erste Mal direkt an. Etwas funkelte in ihren Augen und der Junge sah genauer hin. Ihre Augen waren zur Nase hin leicht geneigt, genau wie seine eigenen. Die dunklen Wimpern warfen seichte Schatten und gaben Joseylées Gesicht einen geheimnisvollen Ausdruck. Doch es waren weder die mandelförmige Augenform noch die Wimpern, die Tandril faszinierten. Tandril rückte ein Stück näher an Joseylée heran, ohne seinen Blick von ihr abzuwenden. Er war sich sicher, dass die Augen des Mädchens ein Geheimnis verbargen. Joseylées Lider verengten sich.
„Was machst du da?“, fragte sie.
„Ich …“, stammelte er. Er versank im Bann ihrer tiefblauen Augen. Tandril dachte an die wunderschönen Himmel der Sommerabende, wenn die Sonne im Westen versunken war und er die ersten Sterne am Himmel leuchten gesehen hatte. Kurz nach dem Tod seiner Eltern hatte Delven Tandril eine Nacht mit auf Patrouille außerhalb der Stadttore von Etorí genommen. Am Lagerfeuer ihres Rastplatzes hatten die Männer nach einigen Schläuchen Wein angefangen, über den Ursprung der Lichter am Himmel zu diskutieren. Tandril mochte Delvens Geschichte am liebsten. Er hatte erzählt, dass die Götter kleine Feuer in der Nacht entzündeten, um den Menschen selbst in der Dunkelheit den Weg zu weisen. Sie sollten wissen, dass sie niemals alleine waren.
Tandril blinzelte und sah nicht mehr das Blau des Abendhimmels, sondern Joseylées Gesicht vor seinen Augen. In dem dunklen Blau ihrer Iris schimmerten kleine silbrig-goldene Punkte, genau wie die Sterne am Abendhimmel. Der Bann war gebrochen und Trandril lehnte sich ein Stück zurück. Joseylée hatte eine Augenbraue fragend nach oben gezogen.
„Ich … Entschuldigung“, murmelte Tandril. Er musste lächerlich ausgesehen haben, wie er gedankenverloren in ihre Augen gestarrt hatte. „Du bist anders als die anderen“, meinte Joseylée. Tandril verstand nicht. Welche anderen? Und was meinte sie damit, dass er anders war? Joseylée musste ihm die Ratlosigkeit angesehen haben, denn sie setzte prompt zu einer Erklärung an: „Alle anderen Kinder hatten Angst vor meinen Augen. Ich weiß nicht, warum meine Augen funkeln, aber die meisten Kinder lachen mich deswegen aus. Oder sie haben Angst und laufen davon.“
Tandril wusste instinktiv, dass ihre Augen nicht normal waren, verspürte jedoch weder Angst noch den Drang, Joseylée deswegen auszulachen. „Nicht alle sind so“, entgegnete Tandril. Joseylée sah einsam und verletzlich aus, und Tandril wollte ihr dafür, dass sie ihm ihr Geheimnis anvertraut hatte, etwas zurückzugeben. Doch ihm fiel nichts Passendes ein.
Eine Zeit lang sagte keiner der beiden etwas. Doch es war ein angenehmes Schweigen, und Tandril fühlte sich nicht unwohl dabei, kein Wort zu sagen. Er wusste nicht warum, aber irgendwie fühlte er sich in Gegenwart dieses Mädchens besser. Vielleicht hatte er die Chance, sie als Freundin zu gewinnen. Tandril vernahm Geräusche, die darauf hindeuteten, dass sich das Zelt allmählich zu füllen begann.