Die Judas Chroniken - Christos Coulouris - E-Book

Die Judas Chroniken E-Book

Christos Coulouris

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Beschreibung

Die Geschichte von Judas Iskariot – aber neu erzählt. Nicht als eindimensionaler Verräter, sondern als ewiger Wanderer, der durch seinen Verrat verflucht wurde, weder sterben noch vergessen zu können. Er wird zu einem Vampir, Hüter alter Geheimnisse und Suchender nach Erlösung, der durch die Jahrhunderte wandelt – von den Kreuzzügen über London bis hin nach Lüneburg und Transsylvanien. Die Hauptthemen, die den Leser fesseln, sind: Verrat & Schuld – Judas ringt mit seiner Rolle im größten Verrat der Geschichte. Unsterblichkeit & Vampirismus – er wird zum Wesen zwischen Leben und Tod, das von Blut, aber auch von Erinnerungen lebt. Kampf zwischen Licht und Dunkelheit – Engel, Dämonen, Kulte und alte Bruderschaften stellen ihn immer wieder vor die Wahl: bleibt er Schatten oder wird er zum Werkzeug des Lichts? Liebe & Erlösung – seine Begegnungen mit Figuren wie Maria Magdalena, Lady Magdalena oder Eva Mertens geben ihm Hoffnung auf Menschlichkeit und Vergebung. Historische & mythische Verflechtung – Kreuzzüge, Templer, mittelalterliche Städte, Dracula und Whitechapel verschmelzen mit Mythen und okkulten Ritualen. Mein Buch beantwortet die Frage „Was, wenn Judas nicht nur der Verräter war – sondern der ewige Zeuge der Menschheitsgeschichte?“

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Seitenzahl: 343

Veröffentlichungsjahr: 2025

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© 2025 Coulouris

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Christos Coulouris, Schneewittchenweg 10, 21244 Buchholz, Germany.

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Inhalt

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Das Klagelied

Einleitung

Der Verrat und das Erwachen

Kapitel 2: Der Dirigent ohne Gesicht

Kapitel 3: Die Geige aus Seelenhaar

Kapitel 4: Die Siebte Saite

Kapitel 5: Das Konzert der Letzten Dinge

Kapitel 6: Die Stimme aus dem Flammenholz

Kapitel 7: Der Thron aus Tönen

Kapitel 8: Das Lied ohne Rückkehr

Der Geschmack des Todes

PROLOG – DER VERRAT

KAPITEL I – DER RING VON AKKON

KAPITEL II – DIE SUPPOSITION DER SEELE

RÜCKBLICK – DER BLICK INS VERGANGENE LICHT

ERINNERUNG – SALOMOS TANZ UND MAGDALENAS BLICK

KAPITEL III – DER SPIEGEL DES LICHTS

RÜCKBLENDE – DER TEMPELBERG

ZURÜCK IN AVIGNON

KAPITEL IV – DIE WELT, DIE NICHT WAR

KAPITEL V – DAS LETZTE TOR

KAPITEL VI – DIE OFFENBARUNG DES KREISES

Buch II

Kapitel I – Die Hände von Metatron

Kapitel II – Die Karte in der Mona Lisa

Kapitel III – Die Stimmen von Montségur

Kapitel IV – Das Gebet der Asche

Kapitel V – Die Schwelle des Lichts

Kapitel VI – Der Spiegel des Gegenteils

Kapitel VII – Die Stadt ohne Zeit

Kapitel VIII – Die Flamme in der Maschine

Kapitel IX – Samaels letzte Frage

Kapitel X – Das neue Evangelium

Die Welt hatte keine Farbe gewählt.

Buch III

Kapitel I – Die Chronometrie des Bösen

Kapitel II – Der erste SchlagErzählt von Judas / Jedidiah

Kapitel III – Das Fragment

Kapitel IV – Durch das Auge

Kapitel V – Der Code von Sand und Stahl

Kapitel VI – Die Kathedrale der Null

Kapitel VII – Das Fragment spricht

Kapitel VIII – Die Handschrift des Widersachers

Kapitel IX – Die Entscheidungslinie

Kapitel X – Das Manuskript der Zukunft

Kapitel XI – Die Schwelle

Kapitel XII – Das Erste Licht

EPILOG – DIE WELT, DIE KEINEN FALL KANNTE

Edmont Dantes - Der letzte Templer

Kapitel 1 – Die Gefangene

Kapitel 2 – Der Garten

Kapitel 3 – Der Inquisitor

Kapitel 5– Das Urteil

Kapitel 6 – Blut und Erinnerung

Kapitel 7 – Die Karte des Schweigens

Kapitel 8 – Das Meer zwischen uns

Kapitel 8: Ankunft in Schottland – Rosslyn Chapel

Kapitel 9: Das Siegel von Balantrodoch

Kapitel 10 – Der Schatten von Rosslyn

Kapitel 11 – Die Schwelle

Kapitel 12 – Das Siegel und der Schwur

Kapitel 13 – Das Spiegelkind

Kapitel 14 – Das Opfer und die Wahl

Kapitel 15 – Der neue Schwur

Kapitel 16 – Der neue Tempel in Lüneburg

Kapitel 17 – Die Schatten von Wien

Kapitel 18 – Die Gänge von Lüneburg

JUD 2025 - Das Testament des Verräters

Vorwort - Die Träne der Ewigkeit

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8 - Thessaloniki, 1914: Das Lied der vergessenen Schocks

Kapitel 9 - Feuer und Fleisch: Thessaloniki, 1917

Kapitel 10 - Der Engel, das Exil und Venus

Kapitel 11 - Der dunkle Prophet

Kapitel 12 - Der Körper und das Licht: Die Nacht der Venus

Kapitel 13 - ʿAzāzīL: Der Herr des Falls und der Küsser

Kapitel 14 - Die Vision der Versuchung

15 Zwischentext - Lüneburg, 2025

Kapitel 16 - Mord auf dem Klosterfeld Lunenburg, 2025.

Kapitel 17 - Der Schatten mit den schwarzen Augen

Kapitel 18 - Die Kirche, die Salz verschluckte

Kapitel 19 - Die Stimme im Goldfisch

Kapitel 20 - Der Mann mit dem blutigen Kreuz

Kapitel 21 - Der Tempel der Zwölf und die Flucht des Gemetzels

Kapitel 22 - Der Hüter von Seth

Kapitel 23 - Die Tochter der Wüste

Kapitel 24 - Die Heilige Versiegelung

Kapitel 25 - Der Gebetskrieger

Kapitel 26 - Pause vor dem Sturm

Kapitel 27 - Die zweite Stimme

Kapitel 28 - Die nicht zu lesende Seite

Kapitel 29 - Die Haut als Bibel

Kapitel 30 - Die Vision des Endes

Kapitel 31 - Das Ende vor der Schrift

Kapitel 32 - Die unterirdische Route der Unaussprechlichen

Kapitel 33 - Jenseits des Ortes, jenseits der Zeit

Kapitel 34 - Und das Leben wurde geboren

Lüneburg – Letzte Nacht

Epilog – Begegnung mit Christos Coulouris

Über den Autor

Wer war Judas Iskariot?

Die Judas Chroniken

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Das Klagelied

Introduction

Epilogue

Über den Autor

Die Judas Chroniken

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Christos Coulouris

"Ich war der Dreizehnte."

Der, der küsste. Der, der floh. Der, der fiel - und nie aufhörte zu fallen.

Seit Jahrhunderten durchschreite ich die Schatten eurer Geschichte. Ich habe gebrannt in den Feuern der Inquisition.

Ich habe die Kreuze getragen, die ihr errichtet habt- aus Blut, aus Angst, aus Unwissenheit.

Ich war Mörder. Heiler. Prophet. Tier. Aber nun, da die Welt sich wieder dem Abgrund nähert, ist es an der Zeit, dass ihr meine Geschichte erfahrt.

Nicht die, die man euch predigte. Sondern die, die ich trage. In meiner Haut. In meinen Nächten. Denn ich war nie euer Feind.

Ich war euer Anfang. Und vielleicht - euer letzter Zeuge.-

Judas

Das Klagelied

Oh, Schicksal, grausam bist du, unerbittlich,

dein Stempel ruht auf meiner Seele schwer.

Ein Judas, einst geliebt, nun fluchbelichtet,

zum Schatten ward ich, ferne Lichtes Heer.

Im Nebel Londons, kalt und voller Nacht,

schreit Schuld, ein Chor, der nie zur Ruhe kam.

Mein Herz, ein Buch von Sünden vollgemacht,

trägt Wunden tief, von Schmerz ein blut’ger Kamm.

Ihr Sterblichen, ihr kennt nicht dieses Dasein,

von Durst gepeinigt, ewig ohne Rast,

gebannt zu wandeln, doch nie heimzugehn,

mein Geist zerschlissen, meine Hoffnung fast.

In Magdalenas Blick, ein sanftes Glühen,

erblüht der Funken, den Verzweiflung frisst.

Ihr Herz, so rein, lässt Geistermächte mühen,

und dennoch seh ich, dass sie Opfer ist.

Oh Himmel, gib mir Kraft, mein Fluch, mein Grauen,

den Kreis des Dunkels brechen will ich heut.

Denn wer das Licht berührt, kann Dunkel schauen,

und meine Schuld verlangt nach deinem Geleit.

Doch Seraphs Schwingen, feurig, himmelwärts,

sie mahnen mich: Vergib dir selbst zuerst.

Ein Schatten bleib ich, doch in meiner Brust

ein neuer Klang – der Sehnsucht heil’ge Lust.

So rufe ich, oh Zeit, dein Gnadenwort,

auf dass mein Schritt sich einst ins Frieden lenkt.

Doch bis zum Ende bin ich selbst mein Ort,

vom Kreuzeslicht, das nicht für mich gesenkt.

Einleitung

Das Antiquariat

Es regnete, als sie das Antiquariat zum ersten Mal betrat. Die Tropfen klangen wie ein altes Metronom auf dem Blechdach, während der Duft von Pergament, Leder und Vergangenheit durch den Raum schwebte.

„Willkommen in der Sammlung verlorener Wahrheiten,“ sagte der alte Mann hinter dem massiven Tresen. Sein Blick war wach, seine Stimme tief und samtig, wie schwarzer Wein. Sein Name, so stellte er sich vor, war Jud Low – Antiquar, Historiker, Sammler. Niemand ahnte, dass dieser Mann einst als Judas Iskariot bekannt war.

In den dunklen Regalen hinter ihm standen Werke, die längst aus den Erinnerungen der Welt gefallen waren. Einige Bände atmeten Staub, andere Dunkelheit. Und einer davon, ein gebundenes Buch mit dem Titel „Der Vampir von Bardowick“, war der Schlüssel zu seiner eigenen Verdammnis.

„Manche Geschichten“, sagte er, während er das Buch mit vorsichtigen Fingern öffnete, „sollten nicht erzählt werden. Aber es gibt Nächte… da schreit das Gewissen lauter als der Tod selbst.“

Und so beginnt er zu erzählen – von Schuld, von Blut, von ewiger Wanderschaft. Von Bardowick, Lüneburg, und den Schatten, die nie ruhen.

Der Verrat und das Erwachen

Ich war tot. Davon war ich überzeugt, als ich fiel. Der Strick um meinen Hals spannte sich, der Boden wich zurück, und die Dunkelheit umhüllte mich wie ein Mantel aus Schuld und Reue. Ich, Judas Iskariot, hatte das unaussprechliche getan. Ich hatte den einen verraten, den man später Sohn Gottes nannte. Für Silber. Für Zweifel. Vielleicht auch aus Angst vor dem, was seine Wahrheit in mir zum Klingen brachte.

Ich weiß nicht, wie lange ich in der Finsternis war. Es gab keine Zeit dort, nur das Flüstern meiner eigenen Verzweiflung. Ich hatte gehofft, dass der Tod Erlösung sei – aber für einen wie mich gab es keine Gnade. Stattdessen: Erwachen.

Ich kam zurück. Nicht in Jerusalem. Nicht im warmen Licht des Morgenlandes. Sondern in der Hitze einer anderen Hölle: Jerusalem im Jahr 1191 – eine Stadt im Blutrausch der Kreuzzüge. Ich war ein anderer. Mein Gesicht, mein Name, meine Sprache – alles neu. Und doch war es immer noch ich. Die Schuld, die mich getragen hatte, war nicht verloschen. Sie war tiefer geworden, hatte Wurzeln geschlagen in meiner Seele.

Sie nannten mich Christopher de Lamote. Ich trug das Kreuz der Templer. Ein Spott, den ich mit bitterem Stolz ertrug. Ich kämpfte, mordete, verbrannte Städte – alles im Namen des Glaubens, dem ich einst das Herz ausgestochen hatte. Ich suchte den Tod in jedem Gefecht, aber er kam nicht. Stattdessen kam sie.

Ich erinnere mich an ihren Blick – wie dunkles Wasser, in dem man ertrinken konnte. Sie war eine Tänzerin, ein Schatten zwischen den Zelten, in jener Nacht, als der Wein floss und die Sieger sich als Götter fühlten. Ich war berauscht, müde, und voller jener Leere, die mich seit meiner "Wiedergeburt" begleitete.

Sie sprach kaum. Ihre Augen sagten genug. Ich folgte ihr. In eine Ruine, fort vom Fest. Und dort, in der Stille, lächelte sie.

"Du suchst das Ende," flüsterte sie. "Ich schenke dir die Ewigkeit."

Ich spürte den Biss, bevor ich ihn verstand. Ihre Zähne schnitten durch meine Haut, und mein Blut brannte, als würde es sich gegen mich selbst wenden. Ich wollte schreien, aber der Laut erstickte in mir. Ich fühlte mich fallen – nicht körperlich, sondern in etwas Tieferes. In eine Leere, aus der ich nie wieder entkommen sollte.

Als ich erwachte, war sie tot. Ihr Kopf lag neben ihrem Körper. Ich hatte sie getötet – ich weiß nicht wie. Vielleicht aus Wut. Vielleicht aus Angst. Vielleicht, weil ich glaubte, es könne mich retten. Aber der Fluch war in mir. Ich war nicht mehr lebendig. Aber auch nicht tot. Ich war etwas anderes geworden.

Ein Vampir, würden die Menschen sagen. Aber das ist zu einfach. Ich war ein Mahnmal. Ein Wanderer durch die Zeiten, geboren aus Verrat, getauft in Blut, verdammt zur Erinnerung.

Und so begann mein zweites Leben. Das lange Leben. Das Leben als Schatten, als Richter, als Jäger und Gejagter. Ich war Christopher. Ich war Judas. Ich war niemand. Ich war ich.

Und Bardowick war mein erster Versuch, einen Sinn in der Dunkelheit zu finden…

Blutige Rache

Bardowick empfing mich mit Nebel, Schweigen und steinernen Mauern, die Geschichten flüsterten. Ich wählte diesen Ort nicht wegen seiner Schönheit, sondern wegen seiner Einsamkeit. Eine kleine Stadt, im Schatten Lüneburgs, voller Händler, Pilger – und dunkler Ecken. Ich fand dort ein altes Haus, ließ die Fenster verrammeln und lebte wie ein Gespenst unter den Lebenden.

Doch der Durst ließ sich nicht einsperren. Anfangs glaubte ich noch, Tiere würden genügen – eine Illusion. Bald streifte ich nachts durch Gassen und Wälder, und das Flüstern in meinem Kopf wurde lauter. Ich war nicht mehr Judas, der Reumütige. Ich war nicht mehr Christopher, der Krieger. Ich war Hunger, wandelnd in Menschengestalt.

Die Erinnerung an sie – die Tänzerin – brannte wie ein Dolch in meinem Innersten. Ihr Gesicht, ihr Blick, ihr Biss. Ich tötete andere, doch in meinem Zorn tötete ich sie immer wieder. Jedes Opfer war ein Schatten von ihr, ein Versuch, das zu zerstören, was sie in mir ausgelöst hatte.

Eines Nachts stand ich im Mondlicht über einem leblosen Körper – jung, schön, blass. Und ich flüsterte: "Warst du sie?" Meine Hände zitterten. Ich hatte längst vergessen, wie es sich anfühlte, jemandem in die Augen zu sehen, ohne in ihnen den Fluch zu suchen.

Ich wurde zur Legende. Der stumme Wächter, der durch die Gassen schlich. Der schwarze Ritter. Einige flüsterten von einem Engel der Nacht, andere von einem Dämon. Keiner wusste, dass beides stimmte.

Der Medicus

Ich versuchte, Heilung zu finden. Ich nannte es Hoffnung – eine weitere Lüge, die ich mir selbst erzählte. Ein Medicus lebte nahe der Stadtgrenze. Alt, wissend, neugierig. Ich besuchte ihn nachts, behauptete, an einer seltsamen Krankheit zu leiden.

"Kein Herzschlag? Kein Schlaf? Kein Appetit auf Brot oder Wein?" Seine Augen wurden groß. "Ihr seid kein gewöhnlicher Patient."

Er schnitt mir in die Haut – nichts floss. Ich sah seine Angst, und sie weckte meinen Durst. Ich tötete ihn. Nicht aus Bosheit. Aus Natur. Ich trauerte um ihn, wie ein Löwe um das Lamm.

Nach diesem Abend floh ich tiefer in die Dunkelheit. Ich wollte nicht mehr heilen. Ich wollte vergessen. Doch Erinnerungen sterben nicht. Nicht bei einem wie mir.

Ein neuer Name – Jud Low

Die Bürde der Unsterblichkeit

Es ist seltsam, wie Zeit sich verhält, wenn man sie nicht mehr zählen muss. Für Menschen ist sie eine Linie – Geburt, Leben, Tod. Für mich ist sie ein Kreis aus Wiederholung, Verlust und Sehnsucht. Ich sehe Jahrhunderte vergehen, als wären es Atemzüge, und doch – manche Nächte ziehen sich wie ein Jahrhundert.

Ich erinnere mich an alle, die ich geliebt habe. Und an alle, die ich getötet habe. Die einen besuchen mich in Träumen, die anderen in der Stille, wenn kein Laut mehr bleibt. Ich glaube, das ist der wahre Fluch: nicht das Blut, das ich trinken muss. Sondern das Erinnern. Die Unfähigkeit zu vergessen.

Und manchmal frage ich mich: Gibt es einen Punkt, an dem selbst die Schuld müde wird?

Mit den Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten verlor ich mich in neuen Rollen. Ich war Wächter. Ich war Händler. Ich war Mörder. Und irgendwann – ich weiß nicht mehr wann – nannte ich mich Jud Low. Ein Name wie Rauch, der durch Spalten zieht.

Ich nahm Wissen auf wie andere Blut. Ich las, ich lernte, ich hörte. Ich wurde zu dem, was man heute einen Antiquar nennen würde. Und eines Tages, viel später, als der Nebel der Zeit mir erlaubte zu ruhen, traf ich auf einen Ermittler namens Piefke. Aber das ist eine andere Geschichte…

Piefke ermittelt

Ich lernte ihn kennen in einem jener Jahrhunderte, in denen ich versuchte, unter den Menschen zu sein, ohne von ihnen gesehen zu werden. Piefke war alles, was ich nie sein konnte – lebendig, neugierig, beharrlich. Ein Mensch, der glaubte, er könne Ordnung schaffen in einer Welt, die längst ins Chaos gefallen war.

Ich traf ihn in Berlin, Ende des 19. Jahrhunderts. Die Stadt war laut, gierig, elektrisierend. Ich hatte dort eine kleine Buchhandlung in Kreuzberg. Alte Bände, vergilbte Landkarten, okkulte Schriften – es war die perfekte Tarnung. Die Leute hielten mich für exzentrisch. Ein Mann mit seltsamen Gewohnheiten, der nie älter wurde.

Piefke war Kriminalbeamter. Ein bärbeißiger Typ mit scharfer Zunge, aber einem unbestechlichen Gespür für das Verborgene. Er kam zu mir, weil ein Fall ihn überforderte – ein Mord mit rituellen Zügen, Blut, Symbole, Schatten. Dinge, die er nicht verstand. Dinge, die ich nur zu gut kannte.

Er fragte, ich antwortete. Zuerst vorsichtig, dann offener. Ich half ihm, nicht nur wegen des Falls. Es war… Erleichterung. Nach Jahrhunderten des Schweigens sprechen zu dürfen – selbst wenn er niemals die Wahrheit ganz erkannte.

Gemeinsam jagten wir einen Kult, der Blut opferte, um sich Unsterblichkeit zu erbitten. Ironie des Schicksals. Ich sah in ihren Ritualen verzweifelte Spiegel meiner eigenen Existenz. Und doch war ich der Jäger, nicht der Gejagte.

Piefke vermutete nie, was ich war. Vielleicht ahnte er es. Vielleicht war es ihm egal. Wir lösten den Fall. Die Täter wurden gefasst, manche… verschwanden. Ich sorgte dafür, dass das, was im Dunkeln lauerte, dort blieb.

Als er ging, sagte er: "Sie sind der seltsamste Mann, dem ich je begegnet bin. Aber wenn die Hölle losbricht, hoffe ich, Sie stehen auf meiner Seite."

Ich nickte nur. Ich stand auf keiner Seite. Ich war der Schatten dazwischen.

Der Preis der Menschlichkeit

Was ich an Piefke bewunderte, war nicht sein Verstand, sondern sein Herz. Dieses störrische, klopfende Ding, das ihn immer wieder aufstehen ließ, selbst wenn er fiel. Ich erinnere mich, wie er lachte, wie er fluchte, wie er zweifelte – alles Dinge, die mir fremd geworden waren.

Ich fragte mich damals: Ist Menschlichkeit ein Zustand oder eine Entscheidung?

Vielleicht war ich nicht mehr fähig zu fühlen wie er. Aber ich konnte ihn bewundern. Und für einen Moment, einen winzigen Moment, wünschte ich mir, ich könnte zurück.

Aber es gibt keinen Weg zurück. Nur das Weitergehen – in den Schatten, zwischen den Zeilen der Geschichte.

Das Geheimnis des Antiquars

Ich erinnere mich gut an das Jahr, in dem ich das Antiquariat in London eröffnete. Es war eine Stadt, die alt genug war, um ihre Schatten zu bewahren, und unruhig genug, um neue Geheimnisse zu gebären. Ich hatte mich in einem unscheinbaren Haus in einer Nebenstraße eingerichtet – ein Refugium aus Holz, Glasstaub und vergessenen Geschichten.

Für die Leute war ich einfach nur Jud Low, der verschrobene Buchhändler mit dem leisen Schritt und dem altmodischen Geschmack. Niemand ahnte, dass ich schon zur Zeit der Karolinger Manuskripte gelesen hatte, während sie noch ungeschrieben waren.

Der Fall begann mit einem Fund. Eine junge Frau brachte mir eine Holzkiste, gefüllt mit Briefen und einem verstaubten Buch mit wachssiegelrotem Einband. Es war ein Erbstück, sagte sie. Etwas stimmte nicht damit – das spürte ich, kaum dass ich es berührte. Der Deckel fühlte sich zu kalt an. Die Seiten – zu lebendig.

Ich begann zu lesen. Und mit jedem Wort stieg etwas in mir auf, das ich längst vergraben geglaubt hatte: eine Erinnerung. Kein Déjà-vu. Eher ein Echo. Das Buch war kein gewöhnliches Artefakt. Es war ein Portal – zu einer Zeit, in der ich selbst zu fliehen versuchte.

Bald darauf begannen die Träume. Nächte, in denen ich in dunklen Gassen wandelte, fremde Namen flüsterte, Stimmen hörte, die längst verklungen sein sollten. Und dann geschah der erste Mord.

Ein alter Bibliothekar wurde tot in der Nähe der Kirche gefunden. Kein Blut. Nur eine ausgebrannte Wachskerze in seiner Hand und eine Zeichnung an der Wand – ein alchemistisches Symbol, das ich aus uralten Texten kannte.

Die Polizei tappte im Dunkeln. Ich nicht. Ich erkannte die Handschrift. Nicht im wörtlichen Sinn – sondern im geistigen. Ich hatte sie schon einmal gesehen. Vor Jahrhunderten. Bei einem Mann, der versuchte, das Leben zu beherrschen. Und daran zerbrach.

Ich folgte den Spuren wie ein Jäger in einem vertrauten Wald. Ich wusste, dass ich mich der Vergangenheit stellen musste. Und ich wusste: Dieses Geheimnis war nicht nur ein Rätsel. Es war ein Schlüssel. Vielleicht sogar zu meiner eigenen Erlösung.

Die Begegnung mit dem Novizen

An einem jener regnerischen Tage in London, als der Nebel die Gassen verschluckte und selbst das Gaslicht wie in Träumen flackerte, trat ein junger Mann in mein Antiquariat. Er war kaum mehr als ein Knabe, vielleicht ein Novize aus einem der Klöster, sein Mantel durchnässt, seine Hände zögerlich auf dem Türgriff.

Ich beobachtete ihn aus dem Schatten zwischen den Regalen, wie ich es mir angewöhnt hatte – nie zu direkt, nie zu neugierig, aber wachsam. Er zögerte, trat dann ein, als hätte ihn eine unsichtbare Macht hineingeschoben. Ich trat hervor.

„Willkommen“, sagte ich ruhig, meine Stimme wie aus einem alten Buch gerissen. „Was führt Sie zu mir?“

Er sah sich um, beeindruckt von den hohen Regalen, dem flackernden Kaminlicht und den zahllosen Relikten vergangener Zeitalter. „Ich… suche eine Reliquie. Für unsere Kapelle. Etwas Echtes, etwas mit Geschichte.“

Ich nickte. Das taten sie alle. Doch was er suchte, war nicht nur Geschichte – er suchte Wahrheit, vielleicht ohne es zu wissen.

Ich bot ihm Tee an, führte ihn zum Kamin. Es war ein alter Sessel, in dem schon so mancher Platz genommen hatte, der mehr suchte als nur ein Objekt. Ich erkannte in seinem Blick die Unschuld, aber auch den Hunger – nicht nach Wissen allein, sondern nach Sinn.

„Die meisten Menschen suchen das, was sie nicht verstehen“, begann ich, während ich die Teekanne füllte. „Doch nur wenige finden das, wonach sie wirklich suchen.“

Er blickte auf, sein Blick neugierig und fragend. „Und Sie? Was suchen Sie, Herr Low?“

Ich schwieg einen Moment. Die Antwort war alt, aber immer noch schmerzhaft. „Nach Vergebung… nach Erlösung vielleicht.“

Er wirkte überrascht. „Was könnte ein Antiquar verbrochen haben, dass er solch schwere Buße leisten will?“

Ich lächelte schwach. „Taten, die die Welt verändern. Taten, für die andere bejubelt wurden – und ich verflucht.“

Er schwieg, und ich merkte, wie seine Gedanken rasten. Er war noch nicht bereit, die Wahrheit zu erkennen – aber er hörte zu. Und das war selten genug.

Ich ließ ihn gehen mit einem alten Kreuz aus Bronze, schlicht, aber kraftvoll. Als er es berührte, zuckte er zusammen – nur ein wenig, aber ich sah es. Und ich wusste: Unser Schicksal würde sich noch einmal kreuzen.

Die Frau im Nebel

Eines Nachts, als der Nebel dicht über den Straßen hing und selbst die Gaslaternen wie verschwommene Schatten im Dunst glommen, durchstreifte ich die düsteren Ecken von Whitechapel – einem Viertel voller verzweifelter Seelen und verlorenem Leben. Die Atmosphäre war gespenstisch, und mein Durst pochte in meinen Adern. Ich fühlte mich wie ein Raubtier, eingekerkert in einem Körper, der gegen seine eigenen Instinkte kämpfte.

Doch ich war nicht nur ein blutrünstiges Wesen. Ich war auch ein Seher, ein Prophet, wie sie mich einst nannten. Mit meinem alten Wissen konnte ich die Schicksalsfäden der Menschen erahnen. Manchmal erblickte ich in ihren Augen kurze Visionen ihrer Zukunft – ein plötzlicher Tod, eine unheilvolle Krankheit, ein Verrat. Es tat mir weh, solche Schicksale zu sehen und nicht eingreifen zu können. Doch wie konnte ein Wesen der Dunkelheit das Licht zurückbringen?

An diesem Abend spürte ich eine besonders starke Präsenz. Eine junge Frau – schön, aber gebrochen – irrte ziellos durch die Straßen. Ihr Blick war leer, ihre Lippen bebten, als spräche sie zu einer unsichtbaren Macht. Ich spürte es sofort: Eine dunkle Kreatur hatte sich in ihr eingenistet, ein gefallener Engel, der an ihrer Seele zehrte.

Ich beobachtete sie lange, hin- und hergerissen. Ich fühlte Mitgefühl für sie – ein Gefühl, das ich kaum noch kannte. Schließlich trat ich vor sie. Meine Stimme war sanft, ein leiser Windstoß in der Stille der Nacht.

„Du bist verflucht,“ sagte ich, mehr zu mir selbst als zu ihr. „So wie ich. Ein Spielball der Dunkelheit.“

Sie sah mich an, mit weit geöffneten Augen, als könne sie durch meine Hülle hindurchblicken. Für einen Moment glaubte ich, sie erkannte, was ich war. Oder vielmehr, wer ich einst gewesen war.

Ich ließ sie ziehen. Ich hatte keine Macht über das, was sie in sich trug – nicht an diesem Abend. Doch sie hinterließ in mir eine Wunde, die nicht blutete, aber brannte.

Ich wanderte weiter, bis ich in einer Gasse eine alte Frau fand, halb verhungert, dem Tod nahe. Ihre Augen erkannten mich, als wäre ich jemand, auf den sie gewartet hatte.

„Mein Lieber,“ flüsterte sie, „bist du gekommen, um mich zu holen?“

Ich kniete mich zu ihr. Ihre Stimme war schwach, aber ihr Geist war klar. Ich gab ihr das, was ich geben konnte – ein Ende in Würde. Mit einer Sanftheit, die ich kaum noch in mir vermutete, trank ich ihr verbliebenes Leben, nicht aus Gier, sondern als letzte Gnade.

Es war der erste Moment seit Jahrhunderten, in dem mein Hunger und mein Mitleid nicht im Widerspruch standen.

Doch als ich mich abwandte, kehrte die Unruhe in mein Herz zurück. Ich dachte an die junge Frau – an ihren Blick, ihre Worte, ihren Schatten. Ich wusste, sie würde mich wiederfinden. Und vielleicht – vielleicht war sie der Schlüssel.

Die Rückkehr der Schatten

Am nächsten Tag kehrte ich in mein Antiquariat zurück. Der Nebel hatte sich verzogen, doch in meinem Innern lag eine bleierne Schwere, die sich nicht lichten wollte. Die Begegnung mit dem Mädchen hatte etwas in mir bewegt – etwas Altes, Vergessenes. Ich wusste nicht, ob es Hoffnung war oder nur ein Echo aus besseren Zeiten.

Die Glocke über der Tür erklang leise. Ich drehte mich um – und da stand sie. Das Mädchen aus dem Nebel. Ihre Kleidung war schlicht, aber ihre Augen leuchteten wie Glas im Kerzenlicht.

Neben ihr stand ein Mann – älter, würdevoll, in dunklem Talar. Ich erkannte ihn sofort: der Abt des nahen Klosters.

Sie hatten mich gesucht.

„Herr Low“, sagte der Abt mit fester, aber ruhiger Stimme. „Wir benötigen Ihre Hilfe. Es gibt… Dinge, die unseren Glauben erschüttern. Und unsere Wissenschaft übersteigen.“

Ich führte sie in den hinteren Raum meines Ladens. Dort, wo die Schatten tiefer waren, aber auch die Wahrheit leichter zu fassen war. Ich sprach zu ihnen in Sprachen, die lange vor ihrer Zeit gesprochen wurden. Altgriechisch, Aramäisch – Worte, die wie Glockenschläge durch Raum und Zeit hallten. Worte, die ich selbst einst unter dem Ölbaum gelernt hatte.

Als ich zu ihnen sprach, veränderte sich der Raum. Ich weiß nicht, ob sie es wirklich sahen oder nur fühlten – aber für einen Moment schien die Zeit zu fließen. Wir standen an der Schwelle zu einer Welt, in der Licht und Dunkelheit in Reinheit nebeneinander existierten. Ich sah ihre Augen. Und ich wusste: Sie hatten es gespürt.

Später trennten wir uns mit der Vereinbarung, uns wiederzusehen. Doch ich wusste, dass unser Band nun stärker war als Worte.

In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen – ein Umstand, der bei mir selten eine Rolle spielte. Ich streifte durch die Straßen, bis ich schließlich zum Haus der jungen Frau kam. Lady Magdalena – wie sie sich genannt hatte. Eine Witwe. Trauernd. Und, wie ich ahnte, nicht allein in ihrer Haut.

Ich bat sie, mit mir zu kommen – fort aus dem Haus, fort von den Schatten, die an ihr zerrten. Doch sie bestand darauf, dass ich hineinkam. Im Inneren des Hauses lag eine seltsame Stille. Der Salon war behaglich, fast zu behaglich. Ich spürte es sofort. Etwas war hier. Etwas, das nicht schlafen wollte.

Dann sah ich sie – die alte Frau. Kaum größer als ein Kind, pergamentene Haut, Augen wie schwelende Kohlen. Sie sprach kein Wort, doch ihre Präsenz sprach Bände.

Und als ich den Beutel unter dem Sofa fand – voll mit Haaren, Kräutern, Nägeln und verdorbenem Fleisch –, wusste ich, dass dies kein Zufall war. Es war ein Ritual. Etwas war vorbereitet worden. Für sie. Oder durch sie?

Ich beschloss, Lady Magdalena mit mir zu nehmen. In mein Haus. An einen Ort, den ich schützen konnte. Ich versprach ihr Antworten – doch ich wusste: Ich würde tiefer graben müssen, als ich es seit Jahrhunderten getan hatte.

Denn die Dunkelheit war ihr gefolgt. Und sie hatte mich nicht vergessen.

Das Blutritual

Ich spürte es in der Minute, in der ich mein Antiquariat wieder verließ: etwas war schief. Der Nebel hatte sich dichter über die Stadt gelegt, und selbst die Ratten wagten sich nicht mehr in die Gassen. Ich eilte zurück zu Lady Magdalenas Haus, doch es war bereits zu spät.

Die Tür stand offen. Der Butler war verschwunden. Das Licht flackerte gespenstisch, und der Geruch von verbrannten Kräutern und altem Blut hing schwer in der Luft. Ich stürmte durch die Gänge, rief ihren Namen – doch keine Antwort. Stattdessen: das Flüstern.

Alte Worte, die nur Hexen sprechen. Stimmen, die sich wie Rauch in die Ohren winden. Ich riss die Tür zum Salon auf – und da lag sie.

Lady Magdalena, nackt bis zur Brust, war mit einem Bannkreis aus Asche und Blut umgeben. Die alte Frau stand über ihr, eine groteske Gestalt mit einem Grinsen, das selbst die Hölle verstummen ließ. Ihre knochigen Hände zitterten nicht, als sie ein Messer hob, verziert mit Symbolen, die ich einst in Babylon gesehen hatte.

„Zu spät, Jud Low,“ zischte sie. „Sie gehört uns.“

Ich wollte mich bewegen, doch der Bannkreis zischte auf. Ein Licht flackerte auf, grün und bösartig. Meine Schritte wurden schwer wie Blei. Ich konnte nur zusehen – doch das würde ich nicht akzeptieren.

Ich schloss die Augen. Und ich rief ihn. Nicht mit Worten, sondern mit Erinnerung. Mit Reue. Mit Wahrheit.

Ein leises Knistern erfüllte den Raum. Die Kerzen flackerten, das Ritual stockte. Magdalena wimmerte, ihr Atem flach, Blut sickerte aus einer Wunde in ihrer Brust. Ich fühlte, wie etwas durch mich hindurchstieg – nicht göttlich, aber auch nicht mehr verdammt.

Ich trat durch den Kreis. Das Feuer zischte, die alte Frau schrie. Doch ich erreichte Magdalena, riss sie an mich, zog sie aus dem Kreis. Die Hexe kreischte, warf sich gegen mich, doch ich war stärker – nicht durch Kraft, sondern durch Willen.

„Du hast genug genommen“, sagte ich leise. Und dann ließ ich los.

Ich weiß nicht, ob es meine Wut war oder etwas Größeres. Aber als ich sie berührte, verbrannte sie. Kein Feuer, kein Schrei – sie verging einfach. Wie Staub im Sonnenlicht.

Ich trug Magdalena hinaus, ihr Blut an meinen Händen, meine Schuld wie ein Mantel auf meinen Schultern.

Und der Nebel wich. Für einen Moment.

Das Herz der Finsternis

Es gibt keinen Sieg für einen wie mich. Nur Momente des Stillstands. Und doch… als ich sie hielt, spürte ich, dass der Fluch in mir nicht das Letzte sein musste. Vielleicht war da noch etwas. Nicht Rettung. Aber Richtung.

Der Schwur

Ich hatte sie getragen wie einen zerbrechlichen Schatz, ihre Wunden schmerzten mich, als wären es meine eigenen. Ihr Blut klebte an meinen Händen – und doch war es nicht nur Blut. Es war Erinnerung. Es war meine Vergangenheit, die sich an mir festklammerte wie ein ertrinkender Schatten.

Im Schein der letzten Gaslaternen ließ ich mich in eine steinerne Nische am Klostertor sinken. Ich konnte nicht weiter. Nicht ohne Einladung. Nicht ohne Gnade. Der Boden war heiliger Grund – und ich war verflucht. Noch.

Die Stille um mich herum war nicht leer. Sie war geladen. Mit Fragen. Mit Schuld. Und mit etwas anderem: Hoffnung.

Ich blickte auf Magdalena, ihr Atem flach, ihre Haut fahl, aber nicht leblos. Sie war noch da. Und ich war noch hier. Ein Moment, eingefroren zwischen Welten.

Ich weiß nicht, was ich in den Himmel sprach. Es war kein Gebet. Kein Flehen. Es war ein Schwur.

„Wenn es noch einen Teil von mir gibt, der Mensch genannt werden kann – dann soll er handeln. Ich gebe, was ich habe. Ich bin, was ich bin. Und ich trage, was ich trage. Aber lasst mich ihr Diener sein, wenn ich schon kein Erlöster sein darf.“

Die Tür öffnete sich. Der junge Novize, den ich kannte, stand da – erschrocken, aber nicht furchtsam. Er nahm Magdalena in seine Arme. Und ich blieb zurück. Im Schatten.

Doch etwas hatte sich verändert. Ich spürte es. Nicht in mir.

Nicht sofort. Aber in der Welt. Ein Ton, ein Echo, ein Licht, das nicht von dieser Welt war.

Und ich wusste: Die nächste Schwelle war nah.

Das Gewand des Meisters

Die Glocken des Klosters schlugen Mitternacht, als der Novize mit Magdalena in seinen Armen in die Halle trat. Der Abt eilte herbei, sein Gesicht ein Spiegel aus Besorgnis und Staunen.

Noch bevor er ein Wort sagen konnte, fiel sein Blick auf mich – durch das offene Tor, jenseits der Schwelle. Unsere Augen trafen sich.

„Ich kann den heiligen Boden nicht betreten“, sagte ich nur, meine Stimme rau. „Aber das hier… vielleicht kann es helfen.“

Ich öffnete mein Gewand und reichte ihm ein in Leinen gewickeltes Bündel. Der Abt entfaltete es langsam – seine Hände zitterten, als er erkannte, was er in Händen hielt. Es war das Gewand. Jenes letzte, das der Gekreuzigte getragen hatte. Kein Relikt, keine Fälschung. Das Original. Voller Schmerz. Voller Gnade.

„Lege es ihr an“, flüsterte ich. „Sie braucht mehr als nur Medizin.“

Der Abt gehorchte. Magdalena lag auf einem Steinbett, bleich und reglos. Als das Gewand ihre Haut berührte, geschah es.

Ein Licht, so rein und alt wie die Schöpfung selbst, breitete sich aus. Die Mauern des Klosters bebten. Die Stille wurde durchdrungen von einem Gesang, den kein Mund sang. Es war das Trishagion – das dreimalige „Heilig, heilig, heilig“ – aus einer anderen Welt.

Magdalena atmete auf. Ihre Wunden begannen zu schließen, als würden Jahrhunderte von Dunkelheit von ihr abfallen.

Ich sank auf die Knie. Nicht, weil ich betete – sondern weil meine Schuld mich niederdrückte.

Und dann – wie durch einen Schleier – sah ich ihn.

Er stand nicht in Fleisch und Blut vor mir, sondern im Licht, das aus dem Inneren Magdalenas strömte. Er sagte nichts.

Doch in seinen Augen lag Vergebung.

Ich weinte. Zum ersten Mal seit Golgatha.

Das Versprechen

Vergebung ist kein Ziel. Sie ist ein Weg. Und manchmal – ganz selten – wird sie dir nicht genommen, sondern geschenkt. Nicht für das, was du getan hast. Sondern für das, was du tust, obwohl du es getan hast.

Die Leiche im Klosterhof

Es war, als würde mein Blick durch einen Riss in der Zeit stürzen. Ich sah – oder war ich es selbst? – die Jahrhunderte vergehen. Und dann: der Sog. Nicht aus Fleisch, sondern Erinnerung. Ich wurde gezogen, durch die Schatten der Zeit, durch Asche, durch Schnee. Und als ich die Augen öffnete, war ich da.

Lüneburg. Das 20. Jahrhundert. Ein bleigrauer Himmel über alten Dächern. Der Wind trug den Klang von Glocken – nicht wie ein Ruf zum Gebet, sondern wie ein letztes Urteil.

Ich war zurück.

Die Gassen waren enger geworden, die Gesichter anders – aber die Dunkelheit dieselbe. Ich spürte sie in den Mauern, in den Steinen des Klosterhofs. Und dann lag er da: Hendrik Jensen. Architekt. Mensch. Tot.

Ich war der Erste, der ihn sah. Zumindest der Erste, der wirklich sah, was dieser Tod bedeutete. Nicht nur ein Mord. Ein Riss. Ein Echo dessen, was ich schon einmal erlebt hatte.

Ich trat zurück in den Schatten. Eine Frau erschien – kluge Augen, kühler Blick. Kommissarin Eva Mertens. Ich spürte ihre Klarheit. Und ich wusste: Sie würde der Wahrheit näher kommen, als ihr lieb war.

Am Rande des Hofes stand Pfarrer Benedikt. Auch er trug etwas in sich – ein Wissen, das nicht aus Büchern stammte. Ich erkannte es, wie ein Spiegel erkennt. Er war nicht wie ich. Aber er war auch kein Blinder.

Ich verharrte. Beobachtete. Und wusste: Dies war mein neues Kapitel. Ich war wieder dort, wo Schatten lebendig wurden.

Und diesmal, vielleicht, war ich nicht allein.

Der Ermittler und der Schatten

Ich beobachtete sie noch eine Weile – Eva Mertens. Wie sie den Tatort abriegeln ließ. Wie sie Fragen stellte, präzise, zielgerichtet. Ihre Augen waren kühl, aber nicht kalt. Sie wollte verstehen. Und sie hatte keine Angst. Noch nicht.