Die Kalte Sofie - Felicitas Gruber - E-Book
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Die Kalte Sofie E-Book

Felicitas Gruber

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Beschreibung

Gemordet wird überall, aber in Giesing weiß man, wie’s geht

Als die Rechtsmedizinerin Dr. med. Sofie Rosenhuth nach erfolgreichen Jahren an der Berliner Charité nach München-Giesing zurückkehrt, ist sie gottfroh, wieder dahoam zu sein. Und wieder fühlt sie sich am Seziertisch des Münchner Instituts für Rechtsmedizin deutlich wohler als am Herd. Das musste schon Sofies Exmann Joe einsehen. Als Kommissar beim Morddezernat muss er nun eng mit Sofie zusammenarbeiten. Bald türmen sich bei beiden die Fälle – und damit die Leichen: eine seltsame Vergiftungsserie durch Liquid Ecstasy, die völlig verkohlte Brandleiche, der Sofie nur noch auf den Zahn fühlen kann – und schließlich die Viechereien mit einem toten Hund, dessen Genitalien am Ende doch noch helfen, den Mörder zu entlarven …

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Seitenzahl: 353

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Interview mit der Autorin

Die kalte Sofieist der Auftakt einer Krimiserie, die in München-Giesing spielt. Wie kamen Sie auf die Idee?

München ist beides – Millionendorf und Weltstadt mit Herz. Sein Flairist weltberühmt, seine besondere Stimmung einzigartig. Allerdings habensich viele früher eher beschauliche Stadtviertel dramatisch verändert: Schwabing, Haidhausen, Glockenbachviertel … Obwohl auch Giesingdie Gentrifizierung droht, ist hier vieles noch ursprünglich – und erzählenswert – geblieben. Es hat fast einen dörflichen Charakter: Man kenntsich, beobachtet sich, man bleibt gern unter sich – und betrachtet dieanderen Stadtviertel mit gewisser Skepsis.

Wie kamen Sie auf den Titel?

Dr. Sofie Rosenhuth hat am 15. Mai Geburtstag. Das ist der Tag der letzten Eisheiligen. Ihr verdankt sie ihren Namen – Sofie. Außerdem fand ich es reizvoll, eine so warmherzige Person wie meine Heldin mit einem »kalten« Beruf (da viel am Seziertisch) zu verbinden.

Sofie Rosenhuth ist eine moderne Heldin, die versucht, Beruf und Liebe zu verbinden – das gelingt ihr nicht immer, oder?

Sofie versucht wie viele Frauen heutzutage die Quadratur des Kreises. Und ja, natürlich scheitert sie bisweilen daran, wie wir alle. Sie ist sozusagen regelrecht vor der Liebe geflohen, einmal aus München (vor ihrem Exmann Joe), einmal aus Berlin (vor ihrem letzten Lover) – aber sie wird lernen müssen: Die Vergangenheit (Joe) ist beileibe noch nicht vorbei – ganz im Gegenteil.

Dennoch steckt auch ein großer Teil Ermittlerin, ich würde fast sagen »Jägerin«, in ihr: In ihrem früheren Beruf als Polizistin hat sie gelernt, den Dingen auf den Grund zu gehen; heute als Rechtsmedizinerin kann sie diese Eigenschaft weiter vertiefen und verfeinern. Sobald Sofies rechter Nasenflügel zu kribbeln beginnt, weiß sie: Sie ist auf der richtigenSpur …

Über die Autorin

Felicitas Gruber hat schon mehrere Romane veröffentlicht und als Drehbuchautorin die erfolgreiche Serie Dahoam is Dahoam mitentwickelt. Sie lebt mit ihrer Familie in München.

FELICITAS GRUBER

Die kalte Sofie

Kriminalroman

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Copyright © 2013 by Diana Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München. Redaktion | Herbert Neumaier Umschlaggestaltung | t.mutzenbach design, München Umschlagmotiv | © plainpicture/whatapicture; shutterstock Satz | Leingärtner, Nabburg Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-641-08745-6
www.diana-verlag.de
V003
www.penguinrandomhouse.de

Der Mensch ist gut, nur die Leut sind schlecht.

Prolog

Auf dem Foto bist du ernst.

Man muss dich schon sehr gut kennen, um das winzige Lächeln in deinen Augen zu entdecken. Dein Mund ist weich und entspannt, die blonden Brauen sind ein wenig hochgezogen, als hätte etwas dich erstaunt oder heimlich amüsiert.

Ich kann kaum ertragen, wie schön du bist – und wie unendlich weit weg.

Meine Hände sind nicht ganz ruhig, während sie die Kerze anzünden und neben das Foto im schmalen Holzrahmen stellen. Dazu lege ich den Flakon mit deinem Lieblingsduft, den ich dir nicht mehr schenken konnte.

Heute ist dein Geburtstag, den ich nicht mit dir feiern kann.

Für einen Augenblick wollen die Beine mich nicht länger tragen. Ich knicke ein, drohe zu fallen und klammere mich gerade noch an den Tisch.

Die Kerze flackert.

Schweiß sammelt sich in meinen Achselhöhlen. Mein Mund wird trocken, und ich bin seltsam kraftlos, aber ich rapple mich wieder auf.

Im Zimmer ist es plötzlich viel zu heiß, als bemühe der Frühling sich, den Sommer einzuholen.

Du hast den Sommer geliebt, mehr als alle anderen Jahreszeiten. Sobald es warm wurde, wolltest du nur noch raus.

»Ich kann die Sonne einfangen«, hast du oft zu mir gesagt, und ich habe dich manchmal deswegen belächelt. Inzwischen weiß ich, dass es die Wahrheit war. Viele deiner Bilder scheinen nur aus Licht zu bestehen.

War da nicht eben das Geräusch deiner Schritte?

Niemand bewegt sich so wie du, voller Schwung, Grazie und Ungeduld.

Schließlich ist es wieder still. Totenstill.

Nach einer kleinen Ewigkeit beginnt es zu rascheln. Blanke Knopfaugen lugen aus dem provisorischen Nest in der alten Voliere, die ich vom Speicher geholt habe. Danach kommen zitternde Barthaare zum Vorschein.

Sie frisst ein paar Körner, beginnt sich ausgiebig zu putzen.

Es tut mir leid, was ich mit ihr vorhabe, aber es geht nicht anders. Drüben auf dem Sofa liegt die Flasche. Es war so lächerlich einfach, an das Zeug zu kommen, dass ich es noch immer kaum glauben kann.

Die Handschuhe sind gekauft, ebenso wie Einwegspritzen. Die Ampullen habe ich gefüllt.

Seine tägliche Strecke ist in mir eingebrannt, eine unsichtbare Karte aus Hass und Schmerz.

Selbst im Schlaf könnte ich ihn stellen.

Die Kerze erlischt. Behutsam löse ich dein Foto aus dem Rahmen.

Ich weiß, was ich dir schulde, Annamirl. Jetzt musst du nicht mehr länger warten.

1

Endlich wieder dahoam

oder: Presssack-Blues

Zefix! Irgendwie musste diese vermaledeite Leinenhose doch zugehen. Vor ein paar Wochen hatte sie ja noch gepasst.

Kein Wunder. Das war noch vor dem Desaster mit Erik gewesen. Sofie setzte sich auf eine der Umzugskisten und blickte nachdenklich in den riesigen alten Spiegel mit dem geschnitzten Goldrahmen, den sie letztes Jahr in Berlin auf dem Flohmarkt ergattert hatte. Eine hübsche junge Frau sah ihr entgegen, mit einer wilden Mähne dunkelblonder Locken, jadegrünen Augen und zwei verschmitzten Grübchen.

Angeblich brachten die meisten Frauen bei Liebeskummer keinen Bissen mehr hinunter. Dr. Sofie Rosenhuth gehörte definitiv nicht dazu.

Zwei intensive, sehr gemischte Jahre an der Berliner Charité lagen hinter ihr. Endlich hatte sie ihren Doktortitel in der Tasche. Sie hatte an bedeutenden Sektionen teilgenommen, bei der Aufklärung des Falls mit dem Männerkopf im Kochtopf und der mysteriösen Brandleiche in Tegel Wesentliches beigesteuert. Mit ihrem Fachwissen, einer gehörigen Portion Menschenverstand und nicht zuletzt ihrem Münchner Charme hatte sie die Herzen der spröden Preußen im Sturm erobert.

Genutzt hatte es ihr trotzdem nix. Denn ausgerechnet an Dr. Erik Rohrbach, dem Leiter der toxikologischen Abteilung und – nebenbei gesagt – einem unverschämt gut aussehenden, charmanten Mann, war sie so was von zerschellt.

Wie hätte sie auch ahnen können, dass Eriks leidenschaftliche Liebesschwüre nichts als leere Worte waren und er schon längst mit dem Töchterchen des medizinischen Direktors verlobt war?

Sofie atmete energisch durch.

Was vorbei war, war vorbei. Hauptsache, sie war endlich wieder dahoam.

Nicht ganz freiwillig, zugegebenermaßen. Ohne Tante Vronis alarmierenden Anruf würde sie wohl immer noch in Berlin sitzen und ihre Wunden lecken.

Logisch, dass Sofie sofort nach München gerast war, als sie von Vronis Schlaganfall gehört hatte. Tatsächlich aber sah die Tante dann wesentlich besser aus als erwartet, und auch die Prognosen des Hausarztes waren äußerst beruhigend.

Dennoch hatte Vroni nach einem seltsam eindringlichen Blick in Sofies grüne Augen erklärt, dass sie froh sei, ihre geliebte Ziehtochter wieder dauerhaft in der Nähe zu haben. Sie hatte wohl noch mal Schwein gehabt, und der Herrgott, die Jungfrau Maria und alle Heiligen miteinander hatten ihre Hand über sie gehalten. Aber wer konnte schon sagen, ob es das nächste Mal genauso glimpflich ausgehen würde? Sie war ja schließlich auch nicht mehr die Jüngste. Und außerdem war im Rückgebäude eine hübsche Zweizimmerwohnung frei geworden.

Ob das nicht was für Sofie wäre?

Keine leichte Entscheidung.

Sofie wollte nichts lieber, als viele, viele Kilometer zwischen sich und diesen Mistkerl von Erik legen. Aber hatte sie das in einer ähnlichen Situation vor zwei Jahren nicht auch schon einmal gesagt?

Flucht nach vorn – sollte das für immer ihr Lebensmotto sein?

Andererseits hatte sie das Heimweh nach ihrem geliebten Giesing schon lang am Wickel gehabt. Und wenn die Tante sie so dringend brauchte …

Das mit dem Job hier in München war dann nur noch ein Klacks gewesen. Der alte Paungger, ihr netter Professor aus Studienzeiten, hatte Sofie zu ihrer Entscheidung, nach München zurückzukehren, geradezu erleichtert gratuliert und sofort zum Hörer gegriffen.

Vierundzwanzig Stunden später hatte sie die Halbtagsstelle in der Nußbaumstraße fix in der Tasche.

Am Tag darauf knallte sie Erik hocherhobenen Hauptes ihre Kündigung auf den Tisch. Sein fassungsloses Gesicht würde sie so bald nicht vergessen. Mit Engelszungen versuchte er, sie zum Bleiben zu bewegen. Aber sie war hart geblieben.

Gott sei Dank!

Vor drei Tagen hatte sie dann ihre kuschelige neue Bleibe im Hinterhof der Zugspitzstraße bezogen, gerade mal ein paar Schritte von Vronis Wohnung im Vordergebäude entfernt.

So weit also alles bestens.

Blieb immer noch die Frage, was sie nun zu ihrem Einstand im Münchner Institut für Rechtsmedizin anziehen sollte. Sofie stand energisch auf, zog ächzend den Bauch ein und hielt den Atem an. Dann zog und zerrte sie erneut an der Hose.

Endlich. Der Reißverschluss ruckelte, dann glitt er nach oben.

Sofie schnappte nach Luft – ja, so könnte es gehen. Kritisch begutachtete sie ihr Spiegelbild.

Doch ihr Gegenüber grinste breit zurück und schüttelte leicht spöttisch den Kopf: Dr. Sofie Rosenhuth als Presssack.

Nicht dein Ernst. Oder?

Grimmig nickte Sofie ihrem Spiegelbild zu. Sehr witzig. Und jetzt?

2

Atemlos

Dauerbaustelle Uni Regensburg Teilerfolg – anlässlich der Wiedereröffnung des Lesesaals sprach Ministerialdirigent Konstantin Siebert vor vierhundert Studenten …

Jessas, war das fad!

Katrin Füracker ließ die »Münchner Morgenpost« sinken, die sie auf dem Weg aus einem der Zeitungsständer mitgenommen hatte.

»Nessie!«, rief sie. »Va-nes-sa! Wo steckst jetzt du schon wieder?«

Fußgetrappel. Dann erschien die Tochter, das Gesicht voller Sandspuren, der sorgfältig gebundene Pferdeschwanz halb aufgelöst, sogar das neue rosafarbene Röckchen war verdreckt. Das alles hatte die Kleine in nur wenigen Augenblicken zustande gebracht.

Trotzdem überflutete Katrin eine Woge von Glück. Dass man ein kleines Geschöpf so lieb haben konnte!

Vanessa schien weniger entzückt.

»Des mog i ned«, murmelte sie, während die Mutter in ein Taschentuch spuckte und an ihr herumzureiben begann. »Lass mi!«

Schon hatte sie sich losgerissen und war wieder am Sandkasten.

Es fiel Katrin schwer, der Vierjährigen etwas abzuschlagen, und das wusste die Kleine ganz genau. Kaum hatte Nessie heute die Augen aufgeschlagen, hatte sie so lange gebenzt, bis sie schließlich eine Runde Spielplatz vor dem Kindergarten herausgeschunden hatte.

Sebastian, Katrins Göttergatte, hatte da leicht reden.

»Lass dir halt ned ständig von der Nessie auf der Nase herumtanzen«, lautete sein Lieblingsspruch, den sie schon nicht mehr hören konnte. »Selber schuld, wenns immer ihren Kopf durchsetzt.«

Was wusste er schon? War er etwa dabei, wenn Vanessa einen ihrer Heulanfälle bekam und sich kaum wieder beruhigen lassen wollte? Da gab Katrin doch lieber rechtzeitig nach, und die Stimmung zwischen der Kleinen und ihr blieb ungetrübt.

Erneut vertiefte Katrin sich in die Lektüre. Inzwischen war sie bei den Horoskopen angelangt. Nicht, dass sie wirklich daran geglaubt hätte. Aber ein bissel was war ja vielleicht doch dran …

Gutmütig oder doch eher Weichei? stand bei Fischen, ihrem Sternzeichen. Lassen Sie sich nicht ständig von anderen überfahren!Versuchen Sie stattdessen, der Welt zu zeigen, dass Sie eine eigene Meinung haben. So vermeiden Sie Frust, und man wird Sie eher respektieren …

Wahre Worte, allerdings. Aber wie sollte sie das bei ihrer willensstarken Tochter in die Tat umsetzen?

Sie war eben kein Sturschädel wie Sebastian oder Nessie, die ihrem Vater auch äußerlich stark ähnelte: Eine dunkle Elfe mit zarten Armen und dünnen Beinen, die immer in Bewegung waren.

Wie hatte sie nur ein Kind zur Welt bringen können, das so gut wie niemals Hunger hatte und Essen als etwas betrachtete, mit dem sich vor allem schöne Burgen und tiefe Gräben bauen ließen? Manchmal geriet Katrin aus Sorge an den Rand der Verzweiflung, weil sie alles richtig machen wollte und dann doch immer wieder gerade das Falsche tat.

Heute aber war alles gut.

Die Bank, die in der Sonne stand, gehörte ihr allein. Es gab weder das übliche Kindergeplärr noch Hundekläffen. Auch das seltsame Kapuzenwesen, das vorher eine ganze Weile in der Nähe herumgelungert hatte, war wieder verschwunden.

Katrin blätterte in der Zeitung, um in Ruhe weiterzulesen. Doch zuvor glitt ihr Blick zu Vanessa.

Die hatte soeben den Sandkasten verlassen und rannte geradewegs zu den Büschen, was ihre Mutter ihr vorher ausdrücklich verboten hatte.

»Stopp, Prinzessin!«, rief Katrin ihr hinterher. »Her zu mir – aber dalli!«

Die Kleine blieb stehen und zog eine Schnute.

»I brauch doch an Spinat. Für mein Kuacha.« Schmollend kauerte sie sich nieder und riss an den jungen Trieben.

»Aber ned in den Mund, verstanden?«

»Bin doch kein Baby mehr.« Vanessa klang ehrlich entrüstet und kehrte mit ihrer Beute zum Sandkasten zurück.

Wo war Katrin stehen geblieben?

Hormondiät – 24 Kilo in zwei Wochen, schrie es ihr in dicken Lettern entgegen.

Aus dem Sandkasten drangen laute Schmatzgeräusche.

»Du isst des Zeug doch ned etwa?«, fuhr Katrin hoch. »Außerdem müssen wir bald los.«

»I spiel doch nur, Mama«, rief Vanessa. »No fünf Minuten!«

Katrin war wieder bei den Hormonen gelandet. Mit fünf Kilo weniger würde sie vielleicht wieder in das enge rote Kleid passen, das Sebastian so scharf an ihr fand. Klang gar nicht so schlecht, was hier stand. Am besten, sie sagte gar nichts, dann würden ihre beiden Dürrländer vielleicht gar nicht mitkriegen, dass es eigentlich eine Diät war, die sie ihnen vorsetzte …

Wieso war es auf einmal so merkwürdig still?

Ihr Blick flog zum Sandkasten, zu der kleinen Gestalt, die hingestreckt dalag.

Aus Katrins Mund kam ein seltsames Gurgeln. Dann sprang sie auf und rannte zu Vanessa.

Deren Lippen waren blau, von den Augen war nur noch das Weiße zu sehen. Krampfartige Zuckungen liefen durch den kleinen Körper. Als Katrin sich über sie beugte, war der Atem so schwach, dass er kaum noch zu hören war.

Sie griff unter ihr Kind und brachte es in die Seitenlage, so viel wusste sie noch vom Erste-Hilfe-Kurs beim Führerschein. Mit zitternden Händen angelte sie ihr Handy aus der Tasche und wählte den Notruf.

Es waren nur wenige Minuten, und doch kam es ihr wie eine Ewigkeit vor, bis der Rettungswagen endlich eintraf.

Im Laufschritt kamen die beiden Sanitäter angetrabt, ein Bärtiger mit freundlichen dunklen Augen und ein schmaler Jüngerer, die blonden Haare zum Zopf gebunden.

»Was ist passiert?«, fragten sie, während sie Vanessas Blutdruck und Puls kontrollierten.

»Ganz friedlich gespielt hat sie, und auf einmal lag sie so da …« Die Worte kamen Katrin schwer über die Lippen.

»Hat sie irgendwas gegessen oder getrunken?«

»Sie hat an den Büschen gespielt und Blätter abgerissen, aber nur so getan, als ob …«

»Das weiß man bei Kindern nie so genau.« Der Bärtige fasste behutsam in Vanessas Mund. »Da jedenfalls ist nichts mehr drin. Vielleicht muss man ihr den Magen auspumpen. Die Trage, Schorsch!«

»Wohin bringen Sie sie?« Katrins Beine zitterten so stark, dass sie kaum noch stehen konnte.

»In die Haunersche Kinderklinik an der Lindwurmstraße. Dort werden sich die Spezialisten um Ihre Tochter kümmern.«

Auf der Trage sah Vanessa so klein und verloren aus, dass Katrin zu schluchzen begann.

»Sie ist mein Ein und Alles«, flüsterte sie. »Wenn ihr etwas zustößt …«

»Kommen Sie!« Der Bärtige ergriff ihren Arm. »Sie fahren vorn mit mir.«

3

Gelbwurst mit Petersil

Schuhe, T-Shirts, Blusen. Ja. Aber: keine Hosen.

Atemlos wühlte Sofie sich durch die bis zur Zimmerdecke gestapelten Umzugskartons mit dem bunten Schriftzug Spedition Gfeiter – IhrUmzugsfuchs in München-Giesing.

Irgendwo musste die Kiste mit ihren Hosen doch sein. Nur – wo?

Unterwäsche. Bettwäsche. Bücher. Geschirr.CDs. Die Stereoanlage. Der Laptop mit dem angebissenen Obst hintendrauf. Die Vorhänge mit dem Rosenmuster.

Und die Hosen?

Beim Packen in Berlin hatte ihr jemand geraten, die Kartons zu beschriften, was sie in dem allgemeinen Chaos jedoch schnell wieder gelassen hatte. Leider!

Sofie beschlich die dumpfe Ahnung, dass sie zumindest für heute eine andere Lösung anpeilen musste.

In diesem Moment klopfte es an der Wohnungstür.

»Moment noch!« Hastig pellte Sofie sich aus der unbequemen Leinenhose und schlüpfte in die alte Jeans, mit der sie den Umzug bewerkstelligt hatte.

Aaah. Endlich wieder atmen! Das hätte sie gleich mal machen sollen.

Dann öffnete sie die Tür. Vor ihr stand Tante Vroni mit treuherzigem Blick, in der Hand ein Päckchen.

»Ich hab dir was zurechtgemacht für deinen ersten Arbeitstag. Zwei Butterbrezn. Und dein Lieblingspausebrot: Gelbwurst mit Petersil. Des magst doch so gern!«

Sofie schluckte, dann lächelte sie gerührt. Ach, ihre Vroni!

Sie war im ganzen Viertel berüchtigt wegen ihrer spitzen Zunge. Die, die Veronika Ilmberger nicht so gewogen waren, nannten sie hinter vorgehaltener Hand eine Giftwurz, aber unter ihrer rauen Schale schlug ein goldenes Herz.

Damals, vor dreißig Jahren, als Sofies Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen, war sie es gewesen, die die neunjährige Sofie ohne viel Federlesen bei sich aufgenommen und zusammen mit ihrem Sohn Alois aufgezogen hatte. Tante Vroni war es auch, an deren Hand Sofie das erste Mal das Münchner Institut für Rechtsmedizin betrat. Denn Sofie hatte es sich trotz ihres zarten Alters nicht nehmen lassen wollen, die sterblichen Überreste ihrer Eltern zu sehen. Trauriger hätte der Anlass nicht sein können – dennoch war Sofies Interesse an den Ermittlern in Grün von da an geweckt.

Seitdem war eine Menge Wasser die Isar hinuntergeflossen. Aus Sofie war nun selbst eine gestandene Rechtsmedizinerin geworden, und aus der energischen, hübschen Vroni, die einst die Schulbank mit »Kaiser Franz« gedrückt hatte, eine zierliche ältere Dame im geblümten Hausmeisterkittel. Wer allerdings einen zweiten Blick in Vronis graue, von vielen Fältchen umkränzte Augen riskierte, entdeckte dort alles andere als Müdigkeit und Altersmilde. Ein unbändiger Lebenswille blitzte dort. Neugier. Vor allem aber der Schalk eines jungen Mädchens.

Und so meinte Vroni jetzt: »Hab nur an Scherz gmacht, Sofie. Oder hast im Ernst gemeint, ich hätt im Lauf der Jahre ned gmerkt, dass du die Gelbwurst immer rauszupfst, weilst es ned magst? Dafür hast jetzt an Obazdn auf deinem Brot. Und a paar Radieserl dazua. Damit lieg ich garantiert ned falsch. Stimmt’s?«

Sofie nickte grinsend und griff nach dem liebevoll zurechtgemachten Lunchpaket. Ein Hund war sie schon, die Tante. Wenn das so weiterging, würde es wohl mit der dringend anstehenden Diät nie etwas werden.

Dann aber warf Vroni einen kritischen Blick auf Sofies alte Jeans.

»Wie jetzt? So gehst mir aber ned zu dene Neunmalgscheiden in der Nußbaumstraß!«

Sofie sah ertappt an sich hinab, dann deutete sie auf den Stapel Kartons hinter sich.

»Hilft nix, Tante. Bis ich ans richtige Gwand drankomm, ist es Mittag. Ich geh ja nicht zu einer Modenschau. Mit dem grünen Kittel drüber fallen die alten Jeans sowieso niemandem auf.«

Bevor die Tante noch weitere Einwände vorbringen konnte, packte Sofie hastig ihren Fahrradhelm und den Rucksack, steckte das Päckchen hinein und drückte der verdutzten Vroni einen Kuss auf die Wange.

»Und jetzt zisch ich ab, damit ich wenigstens pünktlich bin. Dank dir für die Brotzeit!«

Schnell polterte sie an Vroni vorbei die Treppe hinunter.

Die Tante sah ihr stirnrunzelnd nach, dann besann sie sich. Jessas! Um ein Haar hätte sie das Wichtigste vergessen.

Sie beugte sich über das Geländer.

»Viel Glück! Und denk dran: heut Abend um sieben, unser Festessen!«

»Alles klar!«

»Ich hab auch einen Überraschungsgast für dich eingeladen.«

Unten schlug die Haustür zu. Vroni beschlich das Gefühl, dass Sofie den letzten Satz wohl nicht mehr gehört hatte.

Ein schelmisches Grinsen huschte über ihr Gesicht.

Vielleicht auch besser so …

4

Stoßgebete

Vor dem Gnadenbild der Gottesmutter sank Vroni auf die Knie. Sie war allein in der kleinen Seitenkapelle. So hatte sie es am allerliebsten. Wie auch sonst hätte man in aller Ruhe miteinander ratschen können?

»Du weißt, dass ich mei Zeit braucht hab«, murmelte sie. »Wo ich doch eigentlich nach Heilig Kreuz hinaufgehör. Aber inzwischen bin i bei dir in Maria Hilf ganz dahoam. Und bedanken muss i mi. Weil doch mei Sofie endlich wieder da is. Des hast wirklich guat gmacht, heilige Mutter!«

Ein Sonnenstrahl ließ das feine Gesicht der Statue aufleuchten. Auch das Jesuskind auf ihrem rechten Arm schien plötzlich von innen zu schimmern.

Vronis Blick glitt über die Bilder, die rechts und links von der Gottesmutter dicht an dicht hingen.

»So a Votivbuidl waar als Dank scho was Schöns«, sagte sie. »Aber a gscheids – wenn schon, denn schon! Du woaßt, dass i überhaupt ned zeichnen kann. Und den Alois, meinen Buam, den kann ich darum ned bitten. Wo er doch so viel um die Ohren hat bei der Versicherung und immer auf Achse is. Außerdem ham die zwoa sich sowieso no nie leiden kenna, damals ned und heit erst recht ned. Leider. Des hat er halt nie verstehn wolln, dass die Sofie jetzt a Studierte is, eine, die die Toten aufschneidet, um die Wahrheit zu finden. Schon seltsam: Da is sie am Tag der Eisheiligen Sophie zur Welt gekommen und so a warmherzigs Madl worn – und trotzdem ausgerechnet bei Leichen gelandet.«

Sie fingerte nach einem Taschentuch und begann, sich ausführlich zu schnäuzen.

»’tschuldigung!«, sagte sie, als sie damit fertig war und die Hände wieder falten konnte. »Ja, des Studium, des hats guat gemeistert, und an Doktortitel darfs jetzt a führen – aber was is mit der Liebe? Die bleibt doch gänzlich auf der Strecke, wenn mir zwei ned höllisch aufpassen.«

Sie rutschte ein Stück nach vorn, um der Madonna noch näher zu sein.

»Du und ich, mir wissen, dass ich a bisserl übertrieben hab«, fuhr Vroni fort. »Aber a Schlagerl is a Schlagerl, auch wenns ned ganz so schlimm bei mir war, oder? Sonst wärs ja vielleicht nie wieder nach München komma. Und des mit der freien Wohnung im Hinterhaus war doch auch a himmlischer Wink. Ich habs jedenfalls als solchen verstanden – und die Chance gleich genutzt.«

Allmählich begann Vroni unruhig zu werden. Langes Knien auf hartem Holz ging nicht mehr so gut wie früher, was sie ärgerte, weil sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören wollte.

»Aber des war erst der Anfang.« Ihre Stimme wurde dünn. »I möcht scho noch erleben dürfen, wie i Sofies Kinderwagen durch die Zugspitzstraß kutschier – aber wie soll das bittschön gehn, wenn der Joe und sie ned wieder zsammkommen? Also, heilige Muttergottes, erhör meine Bitten und hilf mir!«

Die Sonne war verschwunden. Das Gesicht der Statue lag im Schatten.

»Is doch ned meinetwegen«, sagte Vroni reuevoll, die die Zeichen sehr wohl zu deuten wusste. »Wenigstens ned nur. Hat das Madl im Leben ned schon genug mitgmacht? Die Sofie, die braucht einen Halt, eine starke Schulter, an die sie sich lehnen kann – bei dem ganzen Stress mit dene Toten wirds mir ja sonst noch ganz narrisch!«

Sie wandte den Kopf und begann zu lächeln.

Die ersten Noten eines »Ave Maria« ertönten. Das musste der junge polnische Kaplan sein, der so gern Orgel spielte.

»Ich weiß scho, dass der Joe damals Mist baut hat«, fuhr sie fort. »Riesenmist sogar! Aber man kann sich doch ändern, oder ned? Auf so ein brünettes Flitscherl würd er heut nimmer reinfallen, des woaß i gwiss. Die Sofie fehlt ihm, das sieht a Blinder am Krückstock. Und die Sofie, die kriegt immer so an stieren Blick, wenns seinen Namen hört – heut noch. Da ist es doch meine heilige Pflicht, die beiden wieder zusammenzubringen.«

Inzwischen erfüllte der Klang der Orgel das ganze Kirchenschiff.

»Hilf mir, heilige Muttergottes!«, flüsterte Vroni. »Normalerweis belästige ich dich ja ned mit meine Probleme, sondern bet brav zur heiligen Barbara für die schwierigen Fälle und zum heiligen Pantaleon, der für die Ärzte zuständig is. Aber das heut Abend, das is Chefinnensache. Ich mach mei Brathendl und den Kartoffelsalat, den sie alle zwoa so gern essen – und den Rest leg ich in deine Hände. Abgemacht?«

Vroni hielt inne, als sie Schritte hörte.

»Frau Ilmberger«, trompetete eine schrille Frauenstimme. »Und wieder so andächtig im Gebet!«

Die blonde Lachnerin von der Hausnummer sechs! Nur weil der ihr Mann im ganzen Viertel mit seinem geleasten Audi angab wie König Ludwig höchstpersönlich, bildete sie sich ein, was Besseres zu sein.

Vroni erhob sich abrupt.

»Müssens denn scho los?«, fragte die Lachnerin neugierig. »Sonst hätten wir ja später gemeinsam heimgehen können.«

Den steilen Gebsattelberg vom Stadtviertel Au hinauf, der sie ohnehin immer zum Schnaufen brachte, an der Seite dieser Quadratratschn! Da konnte Vroni sich weiß Gott Schöneres vorstellen.

»Koa Zeit, koa Zeit«, murmelte sie und schob sich an der Frau vorbei.

Natürlich zündete sie noch schnell zwei Kerzen an, um ihren Wunsch zu bekräftigen. Doch als sie zahlen wollte, bemerkte sie, dass sie das Portemonnaie wohl daheim auf dem Küchentisch hatte liegen lassen.

Zum Glück fanden sich in der rechten Jackentasche zwei Euro, die sie erleichtert in den Opferstock warf. Mit einer Kniebeuge in Richtung Altar und einem hastigen Kreuzzeichen verabschiedete Vroni sich nach draußen.

Noch roch die Morgenluft auf dem Mariahilfplatz wie frisch gewaschen, doch das würde sich rasch ändern, sobald die ersten Steckerlfische brieten und das Aroma von Bier und gebrannten Mandeln dazukam. Ein paar erste Besucher der Maidult waren unterwegs, beileibe noch kein Geschiebe und Gedränge wie am späten Nachmittag, wenn Menschentrauben sich vor den Ständen ballten. Wie gern hätte Vroni sich ausgiebig in der Antiquitätengasse umgeschaut, wo gebrauchte Bücher zu Spottpreisen verkauft wurden, wenn man den richtigen Blick dafür hatte – aber was sollte sie da ohne Geld?

Außerdem zerrann ihr die Zeit unter den Händen.

Was hatte sie heute noch alles zu erledigen, bevor es Abend wurde und sie ihr Vorhaben endlich in die Wirklichkeit umsetzen konnte!

Sie war schon halb am großen Geschirrstand vorbei, als sie plötzlich innehielt. Aus genau so einem blauen Haferl hatte die kleine Sofie früher ihren Kaba getrunken!

Vroni nahm die bauchige Tasse prüfend in die Hand.

»Siebenfünfzig«, sagte die stämmige Standlfrau. »Garantiert handgemacht.«

»Hab mein Geld leider dahoam vergessen …«

Dennoch fuhr Vronis Hand in die linke Jackentasche – und zog einen verknitterten Fünfeuroschein hervor, der zuvor garantiert nicht drin gewesen war.

»Mehr hab i ned.«

»Passt scho.« Die Frau wickelte das Haferl in Zeitungspapier. »Weils heut meine erste Kundin sind.«

Merci, Gottesmutter, dachte Vroni. Merci! Wenn der Rest heut Abend auch so gut klappt …

5

Und aus die Maus …

Der Blick auf die Stadt traf sie wie ein Schlag.

Wie hatte sie all das vermisst!

Die ersten Strahlen der Frühlingssonne tauchten die Silhouette Münchens in ein gleißendes Licht. Zwischen den zahllosen Kirchen und Kirchlein ragten selbstbewusst die beiden wuchtigen Türme des Doms empor, die die Konkurrenz mit den wenigen protzigen Hochhäusern nicht zu scheuen brauchten. Als ob sie wüssten, dass in der Münchner Innenstadt immer noch die Frauenkirche den Ton angab und die zulässige Bauhöhe diktierte. Sogar die sonst so hässliche steinern-graue Anlage des SendlingerHeizkraftwerks im Süden leuchtete heute wie einsilbern schimmerndes Zauberschloss verheißungsvoll über der Isar auf und sandte aus ihrem riesigen Kamin ein paar dunstige Rauchwölkchen als zarten Willkommensgruß …

Magisch.

Sofie blinzelte glückselig, atmete tief durch und brachte das Fahrrad kurz zum Stehen.

»Ja, bist jetzt du narrisch, oder was? Als obs keine Augen im Kopf hätt, die Trutschn, die damische!«

Eine bärbeißige Männerstimme holte Sofie unsanft in die Wirklichkeit zurück. Entschuldigend drehte sie sich zu dem Schnauzbart um, der sich mit verschränkten Armen hinter ihr aufbaute.

»Einen so schönen Morgen muss man doch einfach genießen. Oder?«

Säuerlich murmelte der Mann etwas von »sentimentalen Weibsbildern«, als auch ihn einer dieser orangegoldenen Strahlen traf. Blinzelnd warf er einen erstaunten Blick auf das überwältigend schöne Panorama zu seinen Füßen. Verlegen kratzte er sich am Kopf.

»Geh, rutsch mir doch den Buckel runter!«

Dann machte er sich, nun vergnügt pfeifend, davon, ohne Sofie eines weiteren Blickes zu würdigen.

Die sah ihm amüsiert nach. Die Giesinger halt. Meister im Granteln. Stolz. Und inwendig dann doch weicher, als ihnen lieb war.

Grinsend schwang auch sie sich wieder auf ihr altes Herrenrad.

Wer behauptete, München sei flach wie ein Brotzeitbrett, war garantiert noch nie das Isarhochufer entlanggegangen. An der Heilig-Kreuz-Kirche in Obergiesing begann nämlich die Traumstrecke eines jeden Radlfahrers – allerdings nur für den, der sich bergab auf den Weg in die Innenstadt machte. Den Giesinger Berg in aller Früh hinunterzusausen, ohne ein einziges Mal in die Pedale steigen zu müssen, war für Sofie schon immer ein Hochgenuss gewesen. Mit etwas Glück konnte man sich bis weit in die Humboldtstraße tragen lassen.

Punktgenau landete Sofie mit geröteten Wangen und blitzenden Augen vor ihrem altvertrauten Stehbäcker. Nachdem auch ihre Espressomaschine in den Untiefen irgendeines Umzugskartons ruhte – vermutlich in direkter Nachbarschaft zu ihren Hosen –, wollte sie sich noch schnell einen Milchkaffee gönnen wie in alten Zeiten.

Stirnrunzelnd musterte sie das junge, erschreckend bleiche Mädchen im hochgezogenen dunklen Hoodie, das vor ihr in der Reihe mit verhaltener Stimme einen Latte zum Mitnehmen bestellte.

Was war denn mit der los?

Als ob sie dem Leibhaftigen persönlich begegnet wäre!

»Da schau her, die Sofie Rosenhuth! Dass man dich auch amal wieder sieht!«

Die familiäre Begrüßung durch die alte Sengmeierin ließ Sofie die seltsame Begegnung schnell vergessen.

»Bist jetzt wieder bei uns in der Gendarmerie an der Chiemgaustraß, oder was treibst allawei?«

Mit dem Gedächtnis der alten Frau ging es offensichtlich bergab. Wie oft hatte Sofie noch vor ihrer Abreise nach Berlin versucht, der verrunzelten Bäckerin klarzumachen, dass sie die Uniform einer Streifenpolizistin längst gegen einen Medizinerkittel ausgetauscht hatte. Aber keine Chance. Seit Sofie vor acht Jahren den Einbruch in der Bäckerei aufgeklärt hatte, war sie eine Heldin in Froschgrün – zumindest in der kleinen Welt von Genoveva Sengmeier.

Auch in anderer Hinsicht schien die Zeit für die alte Dame stehen geblieben zu sein.

»Und wie gehts dahoam? Was macht die Vroni? Und der Joe?«

Sofie schluckte. Ob es ihr passte oder nicht, die Begegnung mit Letzterem würde ihr sowieso demnächst ins Haus stehen. Aber heute wollte sie von diesem Namen – und dessen Träger – bitte erst mal verschont bleiben.

Hastig legte sie ein paar Münzen auf die Theke und griff nach dem Pappbecher mit frisch gebrühtem Milchkaffee, auch wenn sie sich dabei fast die Finger verbrannte. Hauptsache: weg!

»Alles bestens. Danke, Frau Sengmeier.«

»Dann grüß recht schön! Und lass dich wieder blicken, hörst?«

»Mach ich! Pfiat Eahna!«

Sofie drückte einen Plastikdeckel auf den Pappbecher, verstaute ihn in ihrem Fahrradkorb und sah zu, dass sie davonkam. Wenn sie sich ranhielt, konnte sie es vielleicht gerade noch schaffen, sich wenigstens für ein paar Minuten an die Isar zu setzen und in Ruhe ihren Kaffee zu trinken.

Doch manchmal meint das Schicksal es eben anders …

Kurz vor der Wittelsbacherbrücke wechselte Sofie den Gang – und trat plötzlich ins Leere.

Na, servus. Mal wieder. Wie in alten Zeiten.

Sofie schnaubte. Von einer rausgesprungenen Fahrradkette würde sie sich ihre gute Laune nicht verderben lassen.

Oder doch?

Und warum sonst musste sie ausgerechnet jetzt und heute beim Absteigen auch noch in einen würzig dampfenden Hundehaufen steigen?

Leicht verdrossen schob Sofie ihr Fahrrad zu dem verwaisten Spielplatz in der Nähe, setzte sich auf eine Bank und kramte den Pappbecher hervor. Sie nahm einen Schluck und versuchte, ihre Schuhe notdürftig im Gras zu reinigen. Dann begutachtete sie stirnrunzelnd ihr Rad.

Ein Papiertaschentuch wäre jetzt nicht schlecht gewesen. Tante Vroni lag ihr damit ja immer in den Ohren, ohne Rücksicht auf die Tatsache, dass ihre süße kleine Nichte inzwischen stramm auf die vierzig zuging.

Egal. Jetzt musste es eben ohne gehen.

Ächzend stellte Sofie das Fahrrad auf den Kopf und fädelte die ölverschmierte Kette geschickt wieder ein. Na bitte. Ging doch! Und ganz ohne männliche Hilfe. Joe hätte Augen gemacht.

Sofie stutzte und verzog grinsend das Gesicht. Höchste Zeit, diesen lästigen Floh, den die Sengmeierin ihr ohne böse Absicht ins Ohr gesetzt hatte, schleunigst wieder loszuwerden! Nachdenklich leerte sie den Becher und ließ dabei den Blick über den Spielplatz schweifen: Hier hatten Manu und sie sich früher am Nachmittag immer getroffen. Erst waren es Sandschaufeln und Eimerchen gewesen, die sie miteinander austauschten, später Barbiepuppen, irgendwann dann lebenswichtige Mädelsgeheimnisse. Hier hatten sie ihre erste Zigarette geraucht und schleunigst wieder die Finger davon gelassen. Hier hatte Manu ihr die Liebesbriefchen ihres Bruders Joe übergeben – und Jahre später bittere Vorwürfe gemacht, als Sofie unter die Ehe mit ihm einen Schlussstrich zog.

Joe, Joe, Joe. Auf Schritt und Tritt!

Als ob sie nichts Besseres zu tun hatte, als ausgerechnet jetzt nach dem Debakel in Berlin an diesen elenden Hallodri zu denken. Männer konnten ihr fürs Erste so was von gestohlen bleiben!

Entschlossen machte sie sich auf den Weg zum Mülleimer, um den Pappbecher zu entsorgen und dann endgültig Richtung Nußbaumstraße aufzubrechen. Da entdeckte sie ein kleines, dunkles Etwas unter der Bank neben dem Sandkasten.

Ein Mauskadaver. Und noch äußerst frisch, wie Sofies geschultes Auge auf den ersten Blick erkannte. Was hatte so was auf einem Kinderspielplatz verloren? Suchend blickte Sofie sich um. Ab sofort würde sie nie mehr ohne Taschentücher aus dem Haus gehen, das versprach sie sich im Stillen. Doch für jetzt musste eine andere Lösung her.

Sie blickte auf den leeren Becher in ihrer Hand. Natürlich! Vorsichtig schaufelte sie den reglosen Körper in den Becher, um ihn zu entsorgen. Dabei musterte sie ihn genauer.

Irgendwas stimmte da ganz und gar nicht!

Sofie wurde hellwach – was sicher nicht am Milchkaffee lag. Keine Spuren von Gewalteinwirkung, dafür dieser eigenartig verkrümmte Körper und der rosa Schaum vor dem Maul – typische Anzeichen für …

Grinsend schüttelte sie den Kopf über sich selbst und setzte erneut ihren Weg Richtung Mülleimer fort. So ein Schmarrn! Das hier war eine tote Maus. Nichts weiter. Wahrscheinlich vergiftet.

Und aus die Maus.

Aber eben das machte Sofie stutzig. Was hatte ein vergiftetes Kleintier auf einem Spielplatz zu suchen? Sie drehte um, stellte den Becher ab und begutachtete die Stelle, an der sie die Maus gefunden hatte. Regel Nummer eins: sorgfältige Sicherung des Tatorts und Sichtung auf Spuren.

In diesem Fall allerdings Fehlanzeige. Nur etwas weiter entfernt entdeckte sie neben einer rosa Sandschaufel und einem achtlos weggeworfenen, metallisch glänzenden Bonbonpapier die Abdrücke von Turnschuhen, vermutlich Größe 38.

Damenschuhe also.

Sofie presste die Lippen zusammen. Na super, Frau Dr. Rosenhuth. Was auch sonst würde man denn auf einem Spielplatz erwarten? Außer Spielzeug, dem üblichen Müll einer nachlässigen Wegwerfgesellschaft, Abdrücken von Kinderschuhen – und den Schuhen der dazugehörigen Mamis? Oder war dir die Bemerkung der alten Sengmeierin derart unter die Haut gegangen, dass dein früheres Polizistinnen-Ich mit einem Mal wieder an die Oberfläche ploppte?

Und wenn schon. Einmal Spürnase, immer Spürnase. Irgendwas war hier faul, da gab es kein Vertun. Sofie wusste, es war verrückt, aber fürs Erste würde sie das Mäuschen ins Institut mitnehmen und dort irgendwo kühlen, bis sich eine Gelegenheit ergab, den Kadaver genauer unter die Lupe zu nehmen.

Das Institut! Himmel! Jetzt wurde es aber langsam knapp. Ausgerechnet an ihrem ersten Tag wollte Sofie nicht zu spät kommen.

Hastig wickelte sie eine auf der Bank liegen gebliebene Morgenzeitung um den Pappbecher, stopfte das Ganze in ihren Rucksack und radelte los.

Beinahe hätte sie bei ihrem hastigen Aufbruch einen Jogger umgefahren. Mit einem atemlosen »Sorry« hastete sie weiter. Stirnrunzelnd sah der Mann ihr durch seine verspiegelte Sonnenbrille nach, dann pfiff er nach seinem Schäferhund und setzte seinen Weg fort.

6

Müllreif

Kaum waren die beiden Sanitäter mit Vanessa in der Notaufnahme der Kinderklinik angelangt, brach Hektik aus. Der junge Assistenzarzt, ein smarter Endzwanziger, der die Eingangsuntersuchung vornahm, wurde noch blasser.

»Sieht nicht gut aus«, murmelte er und betätigte seinen Piepser. »Gar nicht gut! Das muss sich unbedingt der Kollege ansehen …«

Ein älterer Arzt stürzte herbei, ein zweiter folgte. Es war Dr. Sonner, seit Jahren Oberarzt an der Haunerschen, wie er sich vorstellte.

»Was ist mit meiner Tochter?« Katrins Stimme war dünn geworden. »Was hat sie denn? Sie wird doch wieder ganz gesund?«

»Wir tun alles, was in unserer Macht steht«, versicherte Dr. Sonner. »Aber als Erstes müssen wir herausfinden, was zu dem Zustand Ihrer Tochter geführt hat – und das kann dauern. Sie helfen ihr jetzt am meisten, wenn Sie die Nerven behalten. Warum gehen Sie nicht einfach nach Hause, lassen uns unsere Arbeit tun und warten …«

»Nach Hause?«, fuhr Katrin ihn an, das Gesicht leichenblass, die Haare zerzaust. »Ja, was denken Sie denn? Nicht einen Schritt mach ich, bis ich weiß, was mit meinem Kind ist. Und meinen Mann, den hol ich jetzt auch her. Nicht dass Sie glauben, Sie können mit mir umspringen, wie Sie wollen!«

Hektisch tippte sie auf ihrem Handy herum.

»Komm so schnell du kannst, Sebastian.« Sie begann zu schluchzen. »Ja, ich weiß, die Baustelle … Aber es is was Schreckliches passiert. Nessie liegt in der Haunerschen Kinderklinik – bewusstlos. Nein, weiß ich nicht. Noch nicht. Aber ich hab solche Angst!«

Inzwischen wurde Vanessa herausgerollt. Niemandem fiel auf, dass ihre rechte Hand sich öffnete und ein zusammengeknülltes Foto zu Boden fiel.

»Wo bringen Sie sie hin?«, fragte Katrin.

»Auf die Intensivstation.« Dr. Sonner sprach langsam und freundlich. »Dort können wir ihr besser helfen.«

»Ich komm mit!« Katrin packte ihre Handtasche fester.

»Das können Sie gern, Frau …« Sein Blick flog über die Unterlagen. »Frau Füracker. Allerdings nur bis vor die Tür. Das werden Sie sicher verstehen …«

»Gar nix versteh ich«, schluchzte Katrin. »Nur, dass meine Nessie in großer Gefahr is. Ich bin ihre Mama – verstehens des ned? Ich hab ein Recht darauf zu erfahren, was Sie mit ihr anstellen.«

Sie quetschte sich neben die Trage, bis sie vor dem Lift angekommen waren, und blieb auch in der Aufzugskabine neben Vanessa stehen. Beim Verlassen ließ sie die Tochter nicht aus den Augen.

Die Türen zur Intensivstation öffneten sich. Ein junger Pfleger versperrte Katrin den Weg.

»Ich muss da mit rein!«, rief sie empört.

»Frau Füracker«, sagte Dr. Sonner väterlich. »Wir tun alles, was wir können, glauben Sie mir! Kommen Sie erst mal zur Ruhe! Ihr Kind braucht uns jetzt dringend.«

Die Türen schlossen sich.

Katrin sank auf den hässlichen beigen Plastikstuhl und weinte hemmungslos. Wenn sie Nessies Wunsch doch nur nicht nachgegeben hätte! Dann wäre das Mädchen jetzt im Kindergarten bei seinen Freunden, unversehrt und putzmunter.

Ihre verdammte Inkonsequenz – das hatte sie jetzt davon.

Sebastian würde einen Granatenwutanfall bekommen, wenn er erfuhr, wie das passiert war, und ihr wie immer die Schuld an allem geben. Aber selbst wenn: Sie wollte nur noch, dass er endlich bei ihr war und sie in die Arme nahm, bevor sie endgültig den Verstand verlor …

Zwei weitere Weißkittel kamen angerannt.

»Magen auspumpen«, schnappte Katrin auf, als die Türen aufgingen. Die Ärzte machten betretene Gesichter. »Dann wissen wir mehr. Und jemand soll gleich mal bei der Tox anrufen. Die Kollegen von der Rechtsmedizin müssen unbedingt …« Schon schlossen sich die Türen wieder.

Das Warten auf ihren Mann kam Katrin endlos vor. Einmal watschelte eine stämmige Frau den Gang entlang, einen großen Plastiksack im Putzwagen eingehängt. Ganz obenauf lag das zerknüllte Foto aus der Notaufnahme. Blicklos starrte Katrin einen Moment darauf, ohne irgendetwas zu erkennen.

Schließlich hörte sie, wie der Lift stoppte und die Tür aufging. Sebastian Füracker kam mit großen Schritten angerannt. Sein hageres Gesicht war zornesrot.

»Wo ist Nessie?«, rief er. »Was ist mit ihr? Warum hast ned besser auf meine Prinzessin aufpasst?«

7

George

War das etwa George Clooney, der da vor dem Eingang in der Nußbaumstraße stand?

Nein, natürlich nicht. Aber auf den ersten Blick sahen Joe und er sich wirklich zum Verwechseln ähnlich: die gleichen grau melierten Haare, die gleiche athletische Statur, den gleichen amüsierten Blick in den sanften, dunkelbraunen Augen, in denen man sich verlieren konnte und nie wieder auftauchen wollte …

Damals, vor über zehn Jahren, als Sofie und Joe gemeinsam das Gelände bei einer Kinopremiere im Gloria-Filmpalast sichern sollten, hatte die kreischende Menge sich derart auf Joe gestürzt, dass Sofie umgehend Verstärkung bei den Kollegen anfordern musste. Clooneys eigentlicher Auftritt hatte dann fast niemanden mehr interessiert, zumindest nicht die Fans auf der Straße.

George! Mitten unter ihnen! In der Uniform eines bayerischen Polizisten!

Noch Tage später war dieser vermeintlichePR-Gagdas Thema in den Münchner Gazetten, und irgendwelche halbseidenen Agenten, Zeitungsfritzen und Fernsehleute rannten Joe und Sofie förmlich die Bude ein, um George Clooneys perfektes Double abzuwerben – »Hollywood ruft nach Ihnen, Herr Lederer!« – oder zumindest ein Interview mit diesem erstaunlich gut aussehenden Polizisten zu bekommen. Allen voran diese aufgebrezelte blonde Schnepfe mit den endlos langen Beinen, den perfekt manikürten Fingernägeln und dem Schlafzimmerblick, die Joe beim Abschied gleich noch ihre private Telefonnummer aufgeschrieben und vertraulich in die Hand gedrückt hatte …

Damals hatten Sofie und Joe herzhaft über das ganze Remmidemmi gelacht. Damals. Als sie Joe dann allerdings mit diesem brünetten Blunsenbummerl von der Verwaltung im LKA ein paar Jahre später in ihrem gemeinsamen Ehebett erwischte, war Sofie das Lachen endgültig vergangen.

Zumal es nicht das erste Mal gewesen war, dass ihr Göttergatte anderweitig gegrast hatte. Immer wieder hatte er geschworen, es würde nicht mehr vorkommen. Immer wieder hatte er ihr versichert, dass sie die Einzige in seinem Herzen sei. Und wenn – was war mit dem ganzen Rest? Trotzdem hatte sie ihm stets aufs Neue geglaubt und fünf gerade sein lassen, auch wenn es schwerfiel.

Bis zu jenem einen Abend. Da hatte es ihr ein für alle Mal den Vogel rausgehauen, und sie hatte unter ihre Ehe einen Schlussstrich gezogen.

Seitdem hatte sie Joe nicht mehr gesehen. Zum Glück konnte man sich ja inzwischen scheiden lassen, ohne sich noch mal begegnen zu müssen.

Und jetzt stand ein paar Meter entfernt ihr Ex vor dem Institut für Rechtsmedizin und wandte ihr den Rücken zu!

Natürlich war damit zu rechnen gewesen – hier gingen nun mal naturgemäß ständig irgendwelche Kriminaler ein und aus.

Aber ausgerechnet gleich jetzt und heute?

Sofie seufzte.

George wäre ihr weitaus lieber gewesen. Aber es half ja nix. Sie atmete tief durch, sperrte ihr Fahrrad ab und steuerte energisch auf den Eingang zu. Augen zu und durch!

»Joe?«

Verdutzt drehte der Mann sich um und musterte Sofie aufmerksam von oben bis unten. Dann lächelte er sie an, wobei er eine Reihe nikotingelber, schadhafter Zähne entblößte. Und auch sonst hatte der Typ bei näherem Hinsehen weder mit George noch mit Joe große Ähnlichkeit. Die beiden wären ihr wohl aufs Dach gestiegen, wenn sie Wind davon bekommen hätten, dass sie diesen Kerl auch nur für einen Moment mit ihnen verwechselt hatte. Im Stillen leistete Sofie Abbitte – bei George natürlich. Nicht bei Joe.

»’tschuldigung. Hab Sie mit jemandem verwechselt.«

»Kein Problem. Ich muss hier warten. Wollen Sie mir nicht Gesellschaft leisten?«

Das wär ja noch schöner gewesen. Was bildete der sich eigentlich ein?

»Sorry. Ich hab’s eilig.«

Kopfschüttelnd hastete Sofie die Treppe hoch, stieß die verglaste Tür auf und wandte sich an den rundlichen Pförtner, der in seinem gläsernen Kabuff in eine Zeitung vertieft war.

»Mein Name ist Rosenhuth. Ich bin die neue Rechtsmedizinerin.«

Sichtlich ungern unterbrach der Mann seine Lektüre und musterte Sofie stirnrunzelnd.

Was hatten die nur alle? Stimmte etwas nicht mit ihr?