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Seitenzahl: 134
Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende dieses Textes.
Mit Genehmigung des Polizeiamtes der Stadt Leipzig Abteilung für Presse-Angelegenheiten
Die Karikatur im Weltkriege
von
Ernst Schulz-Besser
Mit 115 Abbildungen
Verlag von E. A Seemann / Leipzig
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G. m. b. H., Leipzig
Abb. 1. Johan Braakensiek: Hoheit dürfen nicht ohne Gefolge reisen!
Holländische Karikatur, unmittelbar nach Ausbruch des Krieges erschienen.
Wenn irgend etwas, so spiegelt die Karikatur die Empfindungen der verschiedenen Völker, ihre Zuneigungen oder Abneigungen, die ganze Stufenleiter ihrer Gefühle wider. Es ist eine alte Wahrheit, daß die Kultur oder oft besser gesagt — die Unkultur nirgends packender zum Ausdruck kommt als im Spottbilde. An der Hand der Karikaturen können wir nicht nur die Stimmung in den feindlichen Ländern verfolgen, sondern auch die schwankenden Anschauungen in „Neutralien“ kennen lernen, wo Freunde und Feinde der Zentralmächte vereinigt leben. So kommt es, daß sich auch in der Karikatur das Drama „Weltkrieg“ abspielt, das alle ohne Ausnahme in Mitleidenschaft gezogen hat und jedes Land zu irgendeiner Rolle zwingt. Denn immer geringer werden die bloßen Zuschauer. Die bedeutenderen Zeichner aller Völker greifen tätig in die gewaltigste Bewegung ein, die je eine Zeit erfüllt hat.
Schon der letzte große Krieg, den das Deutsche Reich schlagen mußte, der von 1870/71, hatte eine Fülle von Karikaturen im Gefolge. Namentlich das besiegte Frankreich stellte eine große Masse von Spottbildern her, die sich mehr durch Schamlosigkeit und Roheit, als durch künstlerische Werte auszeichneten. Der damals schon 60 Jahre alte Honoré Daumier war mit immer noch recht beachtenswerten Leistungen vertreten. Es ergibt sich eine schier unübersehbare Menge von vielen Zehntausenden von Karikaturen über Personen und Dinge des deutsch-französischen Krieges. Zwar vermögen uns — mit wenigen Ausnahmen — diese satirischen Kleinkünste (auch die deutschen) ästhetisch ebensowenig zu befriedigen wie die deutschen Schlachtengemälde des siebziger Krieges, doch als geschichtliche und kulturgeschichtliche Dokumente sind sie uns wert, als Erinnerung an eine große Zeit. Heute hat es der Künstler der Gegenwart, der mit ins Feld hinauszieht, um Studien zu machen, bedeutend schwerer als seine Kollegen von 1870. Erstens haben sich unsere Kunstanschauungen gewandelt und zwar gründlich, dann aber sieht sich jetzt der Zeichner bei der modernen Gefechtsweise vor eine ungleich schwierigere Aufgabe gestellt als seine Vorgänger von damals, wenn er dem Erleben sinnlichen Ausdruck geben will.
Eine sehr umfangreiche Sammlung von Karikaturen aus der Zeit des siebziger Krieges besitzt die Berliner Königliche Bibliothek, die auch diesmal neben anderen Instituten und zahlreichen Privaten die Veröffentlichungen über den Weltkrieg eifrig sammelt. Durchaus nicht alles, was erscheint, ist literarisch und künstlerisch bedeutsam, aber echte Sammler heben diese Dinge auf, auch das Kleinste und Unscheinbarste, als vergängliche Zeugnisse einer ungeheuer großen Zeit, mit der ein neuer Abschnitt der Weltgeschichte beginnt.
Abb. 2. Nicholas Haz: Die Armee der Zivilisation.
(The Fatherland, New York.)
Wie verhältnismäßig leicht hatten es die Sammlungen und Sammler der siebziger Jahre — trotz der Fülle des Erschienenen — gegen die unserer Tage! Zwar in Frankreich ist unter dem Druck der gewaltigen Ereignisse der Born der Satire zunächst nur langsam geflossen, die Künstler des Humors und Witzes hatten das Lachen verlernt, oder es war zur Grimasse geworden. Aber die andern Länder, vor allem Deutschland, wetzten diese Scharte überreichlich aus. Gerade weil es niemand, auch den öffentlichen Sammlungen nicht, gelingen wird, eine auch nur annähernde Vollständigkeit zu erreichen, bietet sich dem einzelnen hier ein fruchtbares Feld. Aber es heißt, rasch zugreifen. Schon sind manche Einblattdrucke und Gelegenheitszeitungen außerordentlich selten.
Abb. 3. Japanische Karikatur aus Tokio. (Stellungskrieg Winter 1914.)
„Auf dem europäischen Kriegsschauplatze ist jetzt nicht viel Tätigkeit zu bemerken, kein Wunder: beide Teile sind eingefroren. Sie scheinen der aufgehenden Sonne (Japan) zum Auftauen zu benötigen.“
Ein trefflicher Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes ist seine Fachpresse; ihr Fortbestehen während der Kriegszeit kennzeichnet am besten die Widerstandskraft eines Reiches. In Frankreich haben viele wissenschaftliche Zeitschriften ihr Erscheinen im Sommer 1914 eingestellt und fehlen zum Teil noch heute. Die großen Tageszeitungen kommen auch jetzt noch in sehr verringertem Umfange heraus, während in England und in Deutschland fast die gesamte Presse ohne Unterbrechungen und Kürzungen erscheint und außerdem eine große Reihe neuer fortlaufender Veröffentlichungen entstanden ist. Auch das ist ein Zeichen deutscher Kraft und Überlegenheit. Ja, es ist der Fülle des Guten bei uns etwas reichlich viel geworden! Schon im November 1914 klagten die Buchhändler darüber, daß jeder Verleger sich verpflichtet fühle, eine Kriegsgeschichte herauszugeben, und daß es ihnen unmöglich sei, allen Wünschen um Verwendung für diesen reichen Segen nachkommen zu können. Waren doch schon in den ersten Wochen mehrere Dutzend Kriegs-Chroniken in Lieferungen angezeigt worden!
Selbst in den ernstesten Zeiten ist Witz und Satire nicht zu bannen; auch während dieses fürchterlichen Völkerringens lassen sich heitere Augenblicksbilder nicht ausschalten. Und schließlich, halten wir uns doch immer vor Augen: wirklicher Humor ist nur bei sittlich reifen und wahrhaft ernsten Menschen zu finden. Es wäre ja auch schlimm bestellt, wenn den vielen Millionen, deren Nerven jetzt aufs äußerste in Anspruch genommen werden, der Sinn für den Scherz verloren ginge! Die Karikatur ist eben eine Großmacht. Ein gut gezeichnetes Blatt prägt sich dem Gedächtnis weit stärker ein als der schönste Leitartikel, und manche Blätter können sogar erzieherisch wirken! Aber der Humor leistet noch mehr: er hilft den Kampf gewinnen. „Ich habe hier draußen die Erfahrung gemacht“, schreibt der Tübinger Nationalökonom Professor Robert Wilbrandt als Ortskommandant von La Roche bei Longwy an den „Kladderadatsch“, „wie wohltuend der Humor aus der Heimat uns ist, gerade jetzt in diesem einzigen Kampf, wo er jubelnd erklingt, wo er so ganz andere Objekte und so viel Grund hat zum Lachen. Für mich und meinen Zug habe ich durch Bestellung gesorgt; das zirkuliert dann noch weiter. Aber was bedeutet das gegenüber dem Bedürfnis; an der Front ist es gewiß noch viel stärker als hier beim friedlichen Landsturm. Eine nationale Mission ist zu erfüllen. Der Humor schlägt Schlachten. Im feuchten Schützenloch hilft er mit. Witzblätter an die Front! Das ist meine Bitte an Herausgeber, Stifter, Vereine, Liebesgabenspender. Möge Ihr Blatt diese Bitte beherzigen, unterstützen und verbreiten!“
Dem „Kladderadatsch“, der in den annähernd siebenzig Jahren seines Bestehens immer und fast ausschließlich die politische Satire pflegte und über einen ausgezeichneten Stab von Mitarbeitern, vor allem auch unter seinen Zeichnern, verfügt, war es nicht schwer, der begeisterten Erhebung der Deutschen Ausdruck in Wort und Bild zu verleihen. Von Gustav Brandt, dem Schüler der Düsseldorfer und Berliner Akademie, rührt seit Jahrzehnten das künstlerisch Feinste und Wichtigste her, das der „Kladderadatsch“ gebracht hat. Weltbekannt sind seine Porträts berühmter Zeitgenossen, denen er jetzt unter anderm das Bildnis des eigentlichen Urhebers des ganzen Krieges hinzugefügt hat (Abb. 4). „Wie dem Kothurnschritt der alten Tragödie das leichte Satyrspiel folgte, so hat der Ernst der Geschichte, so hat der Ernst des Lebens immer den Humor und den Witz zur Seite gehabt, denn nur durch diese Begleitschaft wird der Ernst des Lebens uns erträglich gemacht. Es ist dies die idealere Seite unserer Witzblätter, wenn sie ihre Aufgabe richtig verstehen,“ schrieb er beim Erscheinen der ersten Kriegsnummer. Aber auch die andern deutschen Witzblätter, und selbst solche, die vorwiegend die gesellschaftliche Satire behandeln, nahmen rasch eine Neuordnung vor. Die Themen, die noch im Juli 1914 die Hauptsache bildeten, versanken vor größeren Aufgaben. Die Klänge des Two-Steps übertönte das Summen der 42er Brummer, und der Tango ging in den masurischen Sümpfen mit unter.
Selbst deutsche Witzblätter, die sich sonst von der Politik vollständig fernhielten, haben sich den veränderten Verhältnissen fügen müssen und bringen nun auch Kriegswitze und Kriegskarikaturen. In den „Meggendorfer Blättern“ finden sich recht hübsche Illustrationen von tüchtigen Zeichnern. In den „Fliegenden Blättern“ ist ebenfalls der sonst den Schwiegermüttern, zerstreuten Professoren, Dackeln und stehengebliebenen Regenschirmen geweihte Raum teilweise mit netten, stubenreinen Witzen, die sich in irgendeiner Weise mit dem Weltkrieg beschäftigen, angefüllt.
Abb. 4. Gustav Brandt: „Eduard VIII.“ von England, der Mann ohne Gewissen.
Karikatur auf den unmittelbaren Urheber des Krieges, den englischen Minister des Auswärtigen Edward Grey. (Kladderadatsch.)
Und dabei sind die besten Scherze die ungewollten. Man denkt da an jene alte Frau, die auf die Frage, wie es ihrem Sohn ginge, glückselig antwortete: „Ja, zuerst hat er es sehr schwer gehabt, da hatte er wenig Ruhe, aber jetzt kann er in einemfort schlafen.“ Sie hatte die Worte „in einem Fort“ mißverstanden. — Als das (falsche) Gerücht am Anfang des Krieges verbreitet war, die Franzosen hätten durch Spione im Elsaß die Brunnen durch Cholerabazillen vergiften lassen, erzählte es ein biederer Sachse seinem Freunde auf der elektrischen Bahn. Er sprach aber immer nur von „Cholera-Pillen“, die die Franzosen ins Wasser geworfen hätten (da war es natürlich kein Wunder, daß die Abführung so rasch erfolgte!).
Außerordentlich groß war der Absatz, den die führenden deutschen Witzblätter fanden. Der „Kladderadatsch“ mußte einzelne Nummern siebenmal neu drucken lassen, „Lustige Blätter“, „Ulk“, „Jugend“ und „Der wahre Jakob“ konnten ihre Gesamtauflagen wesentlich erhöhen. Solche Zeitschriften wirken aufklärend im Auslande, denn der vom Feinde irregeführte Neutrale wird sich sagen, wer so zu lachen vermag, der kann nicht, wie man mir einreden will, geschlagen am Boden liegen. Auch der neu entstandene „Brummer“ hatte großen Erfolg. Und die verwöhntere Ansprüche befriedigenden Nummern der „Kriegszeit“ aus dem Verlage von Paul Cassirer in Berlin, in denen Führer der deutschen Griffelkunst wie Max Liebermann und August Gaul dem Geiste der Zeit künstlerischen Ausdruck gaben, fanden weit über den Kreis der eigentlichen Graphiksammler hinaus zahlreiche Freunde. Ganz erstaunlich aber war der Umsatz in Postkarten; ein einziger Berliner Verlag verkaufte von Ansichtskarten mit Karikaturen in einer Woche dreiviertel Millionen!
Abb. 5. Ricardo Marin: Der Geist Hamlets.
„Sein oder Nichtsein ist die Frage“.
(Nuevo Mundo, Madrid.)
Der Weltkrieg hat mit vielem Morschen und Kranken aufgeräumt und reinigend gewirkt, er hat aber auch einen massenweisen Auftrieb von allerhand Schund zur Folge gehabt, der stets von neuem zeigt, wie gering das Verständnis für ein so gewaltiges Ereignis noch immer in manchen Köpfen ist. Was allein auf kunstgewerblichem Gebiete, wenn man den Ausdruck kunstgewerblich für diese Machwerke überhaupt anwenden kann, an Greueln geschaffen worden ist, spottet jeder Beschreibung. Es genügt hier, flüchtig an die 42 cm-Mörser-Schirmständer, an schwarz-weiß-rote Kinderbälle mit der Aufschrift „Ich kenne keine Parteien mehr“, an die Krawatten mit „Gott strafe England“, an die Granatsplitter als Vorstecknadeln und die Hindenburg-Schnupftücher zu erinnern (die ja auch in das Gebiet der Karikatur fallen, wenn auch in das der unfreiwilligen), um sich all diesen Unrat ins Gedächtnis zu rufen. Das Kgl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart vereinigt in seiner Sammlung der Geschmacksverirrungen die Erzeugnisse jenes After-Kunstgewerbes, das, auf den Ungeschmack der Menge rechnend, den Patriotismus durch Massenerzeugung allerlei kriegsaktueller Attrappen und Surrogatscherze ausbeutet. Leider haben ja auch, wie die letzte Leipziger Messe zeigte, selbst altehrwürdige und unabhängige Porzellanmanufakturen sich von der Mode hinreißen lassen und dem Geschmack der breiten Masse Rechnung getragen. Hier zeigt sich, daß der Krieg das ästhetische Gefühl oft sehr ungünstig beeinflußt. Auch vor den Millionen von Kriegsgedichten packt weite Kreise allmählich ein wachsender Überdruß. Man hat es schließlich satt, noch weiter akademischen Stilübungen offizieller und inoffizieller Dichter zu lauschen. Reime wie Rote Hosen und Franzosen, Serben und Sterben, Brummer und Kummer, Japs und Klaps sind in Mißkredit gekommen, sodaß man sie kaum noch beachtet. Selbst der Reim French auf Mensch, für den es bisher keinen gab, (schon Grabbe sagt: „Warum sind Mensch und Jungfrau ungereimte Worte?“), hat allmählich an Wert verloren (die Dichter müßten eigentlich French für sein Erscheinen auf den Knien danken). Auch Joffre und Koffer ist nachgerade abgeschmackt geworden und es ist noch ein Glück für den französischen General, daß er nicht Jaffre heißt. Und was von den poetischen Gaben gesagt wird, trifft auch auf die Karikaturen zu. Das Kriegsbild, und nicht zum wenigsten die Kriegskarikatur, beherrscht die Stunde, aber es ist beileibe nicht immer ein angenehmes Herrschertum.
Abb. 6. P. van der Heem: Italiens Lage. Die Versuchung des heiligen Antonius.
(De Nieuwe Amsterdammer, Amsterdam.)
Der jetzige Krieg ist etwas so Gewaltiges, die militärischen Leistungen auf deutscher Seite sind so über jedes Lob erhaben, daß sie in der Dichtkunst ebensowenig wie in der bildenden Kunst jemals völlig verarbeitet werden können. Was er uns bisher gebracht hat, ist weder eine neue, noch eine besonders eigenartige Kunst. Eher darf man behaupten, daß er durch viele Tausende von flachen und minderwertigen Dingen kunstvernichtend gewirkt hat. Was von den „Mundbarbaren“ gilt, trifft zu einem großen Teile auch auf die „Barbaren des Griffels“ zu. Da sind beispielsweise die sehr unerfreulichen Schützengrabenwitze und -Illustrationen. Wollte man den Zeichnern glauben, so lebte es sich dort wie in einer Laubenkolonie. Unwahrhaftigkeit ist es, was so viele Bilder unverdaulich macht. Vielfach stört auch die allzu häufige Wiederholung des gleichen Vorwurfs, das ständige Wiedererscheinen der gleichen Typen, wie bei dem als Porträtmaler sonst geschätzten Ernst Heilemann. Hin und wieder gelingt ihm aber auch ein originelles Blatt, wie die internationale Völkerschau unserer Gefangenen, die in größerem Formate und mit der Unterschrift „Quelques champions de la civilisation, de la liberté et du progrès“ in Belgien angeschlagen wird, damit die Belgier ihre verbündeten Kulturträger: Neger, Hottentotten, Menschenfresser und andere Gentlemen stets vor Augen haben. Diese farbige Zeichnung ist auch als Postkarte mit französischem Texte vom deutschen Großen Hauptquartier im Westen verschickt worden. Aber auch dieses Thema ist in witzigerer Art in einer Karikatur behandelt worden, die „The Fatherland“ brachte, jenes in englischer Sprache in Nordamerika von Deutsch-Amerikanern herausgegebene Blatt, das die deutschen Interessen in den Vereinigten Staaten durch Aufklärung der englisch denkenden Amerikaner fördern hilft (Abb. 2). Auch die Figuren von Heinrich Zille sehen immer gleich aus. Diese französischen Weiber und Kinder scheinen ganz frisch aus Berlin O importiert zu sein, mit dem einzigen Unterschied, daß die ersteren nicht, wie sonst bei Zille, den man den „Meister der schwangeren Frauen“ nennen könnte, fortgesetzt in anderen Umständen herumlaufen (womit er wohl diskret den Geburtenrückgang in Frankreich andeuten will.)
Abb. 7. A. Johnson: Maßregeln gegen die Deutschen in England.
Koburger im Konzentrationslager. (Kladderadatsch.)
Wir schlagen vor, die noch in Deutschland befindlichen Japaner in den Zoologischen Gärten aufzubewahren. Auf den Protest beleidigter Schimpansen kann keine Rücksicht genommen werden!
Abb. 8. Olaf Gulbransson: Da gehören sie hin!
(Simplicissimus.)
Glücklicherweise gibt es aber auch in Deutschland Karikaturisten, die sich mit den allerbesten anderer Länder messen können. An erster Stelle steht wieder mit Leistungen, die auch künstlerisch voll befriedigen, der „Simplicissimus“, und hier besonders der Skandinavier Olaf Gulbransson, der ja seit langen Jahren ganz zu uns Deutschen gehört. Neben seinem engeren Kollegen Th. Th. Heine und neben G. Brandt und A. Johnson vom „Kladderadatsch“ marschiert er an der Spitze der zeitgenössischen deutschen Karikaturenzeichner. Wollte man ihm gerecht werden, so müßte man schlechtweg seine sämtlichen Arbeiten im „Simplicissimus“ nennen, denn gelungen sind sie alle. Wie glänzend weiß er seine Helden zu charakterisieren, ohne durch gewaltsame Verzerrung Grotesken zu schaffen! In seiner Hand ist die Karikatur nicht nur im etymologischen Sinne des Wortes „Übertreibung“, hier wird sie zu einer großartigen politischen Satire. Man betrachte seine beiden Zeichnungen gegen die Japaner (Abb. 8 u. 9). Ist hier nicht restlos die Stimmung wiedergegeben, die alle Kreise unseres Landes gegen das Volk erfaßte, das Kiautschou raubte? Auch andere Zeichner haben (es war ja sehr billig) die Japse als Affen dargestellt, in allen Zeichnungen traten sie als Vierhänder auf, aber niemandem ist das mit solch raffinierter Beschränkung in den künstlerischen Mitteln gelungen wie Gulbransson. Durch den Nachsatz „Auf den Protest beleidigter Schimpansen kann keine Rücksicht genommen werden!“ erhält das Bild erst die richtige Wucht: also noch unter