Die Last eines Yakuza - Florian Drescher - E-Book

Die Last eines Yakuza E-Book

Florian Drescher

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Beschreibung

Haru, ein geflohenes Yakuza-Mitglied, möchte mit seiner dunklen Vergangenheit als Verbrecher abschließen. Doch sein ehemaliger Boss, ein legendärer Revolverschütze, hat ihn aufgespürt und fordert ihn zu einem Todesduell heraus. Dieser Zweikampf ist alles andere als gewöhnlich: Zwischen Haru und dem Bandenboss besteht ein kompliziertes Vater-Sohn-Verhältnis. Und als ob das nicht genug wäre, steht auch seine Geliebte Hana auf der Seite des Gegners. Ihre Anwesenheit bringt Haru aus dem Gleichgewicht. Das Schicksal scheint gegen ihn zu sein: Haru wird erschossen und glaubt, sein Leben verloren zu haben. Doch anstatt zu sterben, landet er in einer Zeitschleife. Mit jedem neuen Versuch muss er nicht nur gegen seinen übermächtigen Gegner antreten, sondern sich auch den Schatten seiner eigenen Vergangenheit stellen. Die Liebe zu Hana und die Verbundenheit zu seinem Ziehvater drohen ihn zu zerreißen. Und welche geheimen Mächte verbergen sich hinter Hanas obskuren Ritual, das ihn immer wieder durch die Zeit springen lässt? Eine packende Geschichte über Mut, Verlust und die Suche nach der Wahrheit im Angesicht eines unausweichlichen Schicksals.

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Seitenzahl: 482

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis:

Part 1

1. Das Duell gegen den Anführer

2. Hanas Ritual

3. Wiederholung auf Wiederholung

4. Die Erinnerung an ein Mädchen

5. Der König der Unterwelt

6. Mein Vater, der Feind!

7. Hanas Hass

8. Hanas Liebe

9. Die Wahrheit

Part 2

10. Abschied aus Kawakami

11. Der Rabe

12. Der Pakt mit dem Dämon

13. Der Kakushiro-Sumpf

14. Der Dämon im Sumpf

15. Das Dorf im Nebel

16. Entscheidungskampf im Sumpf

17. Der Herr des Sumpfes

Epilog

Nachwort

Part 1

Kapitel 1:

Das Duell gegen den Anführer

Mein Kopf schmerzt, als hätte mir jemand vorsätzlich mit einem Meißel durchs Ohr hineingehämmert. Mit voller Wucht! Gnadenlos! Es muss ein totaler Bastard gewesen sein, der so viel Ehre wie ein Hurensohn besitzt. Scheiße, ich hasse den Morgen nach einem Bordellbesuch! Warum muss das Vögeln bei mir auch immer mit Saufen einhergehen?

Ich öffne meine Augen und massiere mir den Nacken, die Sonne sticht grell hinein und ich kneife die Lider schnell wieder zusammen. Ich musste gestern vergessen haben, den Vorhang zu schließen, sodass mir jetzt die Augen brennen. Na prima! Wahrscheinlich hätten sie auch ohne die Sonne gebrannt, denn Alkohol entpuppt sich zusehends als miesester Kumpel auf der Welt.

Anderseits besitzt ein Bordell den angenehmen Nebeneffekt, trotz Kopfschmerzen neben einer hübschen Frau aufzuwachen. Im Normalfall steigert es bereits meine Laune, meine Hand auszustrecken und …

… jawohl, geschafft! Ich halte einen weichen Busen in meinen Händen! Anstatt mich aus Anstand zurückzuhalten, drücke ich zu, woraufhin zuerst ein überraschtes Quieken, dann ein feminines Gähnen an mein Ohr herandringt. Ich habe die Schönheit aus der letzten Nacht aufgeweckt. Ich kann nicht anders, als meine Augen aufzureißen und mir ein Bild von diesem Ort zu verschaffen. Scheiße, ich liebe den Morgen nach einem Bordellbesuch!

Ich liege in einem einfachen Zimmer, dessen hölzerne Decke an mehreren Stellen verschimmelt ist. Gut, meine Geldbörse scheint nicht geblutet zu haben. Links von mir befindet sich das verfluchte Fenster, wodurch gnadenlos das Sonnenlicht hereinsticht, während sich zu meiner Rechten eine fleckige Wand befindet. Ob das die Wichse von früheren Kunden ist? Ich widerstehe dem Drang, eine Flut an Flüchen auszustoßen, und wende mich der Schönheit an meiner Seite zu.

Wir liegen in einem relativ harten und ungemütlichen Bett, die Decke reicht mir gerade mal bis zum Bauchnabel. Als wäre meine Schulter gemütlicher als das weiche Kissen, hat die ausländische Schönheit ihren Kopf darauf gebettet. Tief holt das Mädel Luft, unterdrückt ein Gähnen. Die müden Lider, welche ihr regelmäßig zufallen, offenbaren eine grüngraue Iris. Ich wette mit mir selbst, ihr gestern Komplimente für die Augen gemacht zu haben … (… im Umgang mit Frauen bin ich vorhersehbar und charmant.)

Mehrfach drücke ich meine rechte Hand, die nach wie vor auf ihrem üppigen Busen ruht, zu. Sie quiekt. Dieser niedliche Laut bringt mich zum Schmunzeln. Sanft streicht mein Daumen über ihren mittlerweile steifgewordenen Nippel. Sie ist – genauso wie ich – nackt! Sicherlich habe ich gestern mein Gesicht zwischen ihren Brüsten vergraben, einer meiner vielen Fetische.

Ich bin seit langer Zeit Stammkunde in den Bordellen dieses Landes und verprasse dort mein gesamtes Geld. Manchmal an Geishas, manchmal an ausländische Schlampen. Das Bordell, in dem ich mich aktuell befinde, liegt in der Präfektur Tara, genauer gesagt in dem Dorf Kawakami. Seit der komplizierten Trennung von meinem Mädchen gibt es kaum eine Nacht, in der ich etwas anderes mache, als Huren zu bumsen. Fast so, als kompensiere ich etwas … und ich dachte, ich wäre über diese Gedanken hinweg! Meine Fresse, bin ich armselig!

Um mich vorzustellen, da wir viel Zeit miteinander verbringen müssen: Mein Name ist Haru. Ich besitze keinen Nachnamen, weil ich als Abschaum der Gesellschaft auf den Straßen von Taro aufgewachsen bin und meine Eltern nie kennengelernt habe. Ich fristete ein Dasein als Straßenjunge, bis ich in eine Banditenbande aufgenommen wurde, die mein Leben seitdem vollkommen bestimmt.

Na gut, das Wort Bandit passt nicht zu meinen alten Kameraden, denn diese Truppe von unglaublichen Arschlöchern ist eine Yakuza-Organisation aus der Hauptstadt gewesen. Und der Anführer dieser Gruppe war als König der Unterwelt bekannt, bei ihm handelte es sich um den einflussreichsten Verbrecher aus Taro. Damals fühlte ich mich geehrt, als Mitglied in seiner Bande aufgenommen worden zu sein. Aber eigentlich ist er kein ehrbarer König, sondern der größte Hurensohn von allen. Er ist sozusagen der König aller Arschlöcher!

Außerdem bin ich 22 Jahre alt. Scheinbar alt genug, um in den Ruhestand zu gehen, denn sobald ich dieses Bett verlasse, breche ich zu einem Duell auf. Einem Duell, bei dem es darum geht, der Yakuza zu entkommen, von der ich im Absatz zuvor gesprochen habe. Entweder kehre ich ihnen den Rücken zu oder mein Arsch wandert unter die Erde, sodass mich die Würmer ficken können. Klingt doch verlockend, oder nicht?

Es ist so ein verdammter Mist, denn diese Wichser lassen mich erst gehen, wenn entweder der Anführer oder ich tot sind! Beschissene Welt! Solche gottverfluchten, mütterfickenden Bastarde! Fast so ehrlos wie der kinesische Abschaum hinterm Meer! Dabei habe ich bis vor wenigen Tagen gedacht, diesen ungewaschenen, stinkenden Killern ein für alle Mal entkommen zu sein.

Ach so … und neben mir liegt außerdem eine Hure. Keine von den schlitzäugigen, flachbrüstigen Weibern der Insel, sondern eine Ausländerin mit einem üppigen Körper, der ihr mit riesigen Titten und einem breiten Arsch ihr einen Sonderlohn in diesem abgewirtschafteten Bordell einbringt. Ein prächtiges Weib! Eigentlich langweilen mich die ganzen flachbrüstigen Mädels ja, aber ich komme mit den hässlichen Glubschaugen der Ausländerinnen nicht klar. Wenn ich denen ins Gesicht blicke, habe ich immer das Gefühl, ich würde einen verdammten Affen angucken. Scheiße! Ich muss echt der beste Lügner der Welt sein, wenn ich ihr gestern Komplimente für ihre Augen gemacht habe. Habe ich überhaupt schonmal mit einem Mädel geredet, ohne sie für ihre Augen zu loben?

Ich erinnere mich nur verschwommen an die letzte Nacht, weiß aber mit Sicherheit, dass ich sie gefickt habe. Keine Ahnung, ob es ein guter Fick war, aber es war – wahrscheinlich sogar – ein mehrfacher Fick. Ich bin eben berechenbar. Mit Sicherheit hatte ich ununterbrochen mein Gesicht zwischen ihren Brüsten vergraben, damit ich die ausländischen Glubschaugen nicht sehen musste. Ja, so bin ich nun mal. Schonungslos ehrlich, vielleicht aus diesem Grund auch die Definition für ein Arschloch.

Lasst mich euch einen Rat geben: Scheißegal, wie abstoßend das Gesicht einer Frau auch sein mag, es kann immer von ihrem Körper ausgeglichen werden. Frauen sind für mich wie Beute und ich bin ein Jäger. Aus diesem Grund liebe ich Bordelle, denn es fühlt sich an, als würde ich auf einem Bauernhof jagen und nur prächtige, aber wehrlose Tiere vor die Flinte bekommen. Vielleicht beschreiben mich die Vergleiche „Der Traum aller Männer“ und „Der Fluch für alle Frauen“ am besten?

Langsam dämmert’s euch, mit wem ihr es zu tun habt, oder?

„Es ist schön, auf diese Weise geweckt zu werden“, säuselt die Hure, deren Name mir ums Verrecken an diesem verkaterten Morgen nicht einfallen will, ins Ohr.

Weil sie auf meiner linken Schulter liegt, widme ich mich bloß der rechten Brust. Am liebsten hätte ich den Spaß von gestern Nacht wiederholt, aber dafür fehlt mir im Augenblick die Zeit. Mein Aufbruch ist überfällig. Dank einem Blick in Richtung Fenster bemerke ich, dass wir bereits späten Vormittag haben – mittags steigt das Treffen! Ich muss mich beeilen, um mich nicht zu verspäten.

„Heute Abend komme ich wieder“, erkläre ich ihr, als ich mich im Bett aufrichte und ein langgezogenes Gähnen meinen Lippen entrinnt.

Sie legt sich derweil auf den Rücken, wodurch ihre prächtigen Brüste in mein Sichtfeld rücken. Wie geleeartige Berge ragen sie empor und meine Hände wandern wie ferngesteuert in diese Richtung. Tadelnd schaut mich die Prostituierte an, ich halte mich zurück. Wenn ich nochmals nach ihren Brüsten greife, berechnet sie mir sicher einen vollen Stundenlohn. Ich breche lieber auf, als mir das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen.

„Wohin gehst du?“

„Zu einem Duell“, lautet meine knappe, aber wahre Antwort.

„Einem Duell?“ Eine fragende Falte bildet sich zwischen ihren geschwungenen Augenbrauen. „Bist du ein guter Schütze, Haru?“

„Der Beste!“, versichere ich.

Das ist keine Übertreibung, ich gewinne gegen jeden. Mist … es ist eine Übertreibung, denn es gibt einen Mann, gegen den ich niemals gewinne: Meinen heutigen Gegner! Dieser Mann liebt seinen Revolver, seit er als kleiner, ambitionierter Ganove in den verschachtelten Hauptstadtstraßen von seiner Krönung zum Unterweltkönig geträumt hatte. Wenn er sich anstrengt, schießt er einer Fliege feinsäuberlich die Flügel vom Rücken. Seine Schießkünste wirken – und das sage ich nicht als sein ehemaliger Bewunderer, sondern als sein heutiger Feind – schier übermenschlich. Ich war Augenzeuge, als er einer aufdringlichen Frau die Wimpern gestutzt hatte! Und ich war beim legendärsten Kampf aller Zeiten anwesend, als ein Mann es allein mit unzähligen Polizisten aufnahm. Vollkommen egal, wie viel ich trainiere, sein Niveau bleibt unerreichbar!

Gedanklich beim Duell, bemerke ich nicht, wie sich die junge Frau im Bett aufrichtet. Ihre schneeweiße Haut zieht mich in den Bann. Ich wähle grundsätzlich immer die hellhäutigste Frau im Bordell aus. Das ist eine weitverbreitete Vorliebe auf unserem Inselreich, denn es beweist, dass das Mädel selten in der Sonne arbeiten musste. Wer mag schon mit ehemaligen Bäuerinnen schlafen? Beinahe hätte ich mich mit einer Bäuerin verlobt … Frauen verdrehen einem den Kopf! (Bei diesem Gedanken zieht sich mein Herz zusammen.) Nein, nein, nein … ich darf an allesaußerdieses Mädchen denken!

„Möchtest du’s mir zeigen?“

Ich hebe fragend eine Augenbraue. Du hast ihn doch gestern zur Genüge gesehen …

„Deine Schusssicherheit! Mich würde interessieren, wie gut du mit deinem Revolver umgehst …“

Ich zucke mit den Achseln, nicke. Klar, sie meint das. Es kann nicht schaden, mir vor dem Duell Selbstbewusstsein zu verdienen. Entschlossen, mich in Szene zu setzen, stehe ich aus dem Bett auf, schnappe mir meine dunkle Lederhose und schlüpfe in diese hinein. Schmachtend zieht die Hure hinter mir die Luft ein, weshalb ich arrogant grinse. Mein breiter Rücken, die muskulösen Arme und die sichtbaren Bauchmuskeln zeichnen das Bild eines Mannes, bei dem jede Frau ein feuchtes Höschen bekommt. Zwar zahlte ich gestern ihren Lohn, aber sie wäre mir auch so verfallen, wenn ich mir Mühe gegeben hätte. Dieses Selbstbewusstsein beruht auf meinem jahrelangen Erfolg bei den Frauen. (Ich habe schon Huren so sehr beeindruckt, dass sie am Ende des Tages auf ihre Bezahlung verzichteten. Kein Scherz!)

„Hey, Haru“, nimmt sie das Gespräch wieder auf, während ich derweil meinen schwarzen Gürtel mit der silbernen Schnalle schließe, „was hat es eigentlich mit dem Tattoo auf sich?“

Mein gesamter Oberkörper wird von diesem Tattoo bestimmt. Es stellt einen schlangengleichen Drachen dar, dessen offenes Maul auf meiner Brust eingraviert ist. Der Leib schlängelt sich über meine Schulter und meinen Rücken bis zum Steißbein hinab. Es wurde von einem Meister seines Fachs angefertigt, der in der Hauptstadt bis zu seinem Tod arbeitete und einen Legendenstatus erhielt. Das Tattoo nennt sich: Der Drache des Königs!

„Ach“, ehrfürchtig fahre ich mit den Fingerspitzen über meine Brust, „dieses Tattoo trägt jedes Mitglied unserer Bande. Wer beitritt, muss es sich stechen lassen. Früher trug ich es mit Stolz, mittlerweile sehe ich darin eine Last. Es ist der Anker meiner Vergangenheit, von der ich mich längst lossagen wollte.“

Eine leichte Schwere, die von einem Fremden als Abneigung interpretiert werden würde, schleicht sich in meine Stimme hinein. Kein Wunder, dass es ihr die Sprache verschlägt und sie auf eine Nachfrage verzichtet. Das stimmt mich zufrieden, denn ich habe überhaupt keine Lust, ihr von meiner Vergangenheit zu erzählen.

Eilig schlüpfe ich in mein schlichtes Hemd und die dunklen Stiefel hinein und verstaue den Revolver im Holster. Bevor ich startbereit bin, wende ich mich dem Wandspiegel zu und spucke in die Hände. Ich style meine Haare, weil ich der Überzeugung bin, dass ein Mann von meinem Format nicht ungestylt das Haus verlässt. Eine lebenslange, selbst auferlegte Regel, für die ich schon öfters als Tunte beleidigt wurde und schon den ein oder anderen Mord beging. Niemand beleidigt mich ungestraft!

„Komm, gehen wir. Dann zeige ich dir, wie gut ich schieße, Mädel.“

Ich laufe zur Tür, während sie sich das Bettlaken um den Körper wickelt und eine improvisierte Toga erstellt. Ihre linke Schulter bleibt frei. Barfuß folgt sie mir aus dem Zimmer heraus. Ihr dunkles Haar bildet nicht nur zur Haut, sondern auch zum Bettlaken einen starken Kontrast. Kleiner, reg dich heute Abend wieder, jetzt haben wir keine Zeit für so was!

Auf dem Weg durch das Bordell kommen uns zwei Huren entgegen, knapp grüßen sie uns und ich erwidere den Gruß mit einem angedeuteten Nicken. Dann steigen wir die Treppe zum Foyer herab, laufen zum Innenhof weiter. Da ich vor dem Kampf mein Selbstbewusstsein verbessern möchte, in dem ich mich von ihr loben lasse, nehme ich diese morgendliche Übung gerne in Kauf.

Bevor wir in den Garten gehen, schlüpft sie in zwei herumstehende Sandalen hinein. Wir betreten einen Hof, in dessen Ecken blühende Büsche mit gelben Blüten wachsen. Hier scheinen die Rendezvous der Bienen stattzufinden, denn die Mistviecher surren als Plage herum. Ein gepflasterter Pfad führt durch den Hof, in dessen Mitte sich ein stolzer Kirschblütenbaum erhebt. Dank des Baums zieren rosa Blütenblätter den gesamten Boden und segeln durch die warme Morgenluft. Einige Insekten pilgern wie eifrige Händler von Blüte zu Blüte. Der Hof erstrahlt in einer frühlingshaften Atmosphäre.

Da wir uns noch immer in einem Bordell befinden, stehen zwei Prostituierte in der Nähe des Eingangs und rauchen. Meine Begleiterin blickt sehnsüchtig zu den Zigaretten hinüber, woraufhin ich eine Kippenpackung aus meiner Hosentasche zaubere und ihr einen Glimmstängel hinüberreiche. Mir selbst stecke ich auch einen in den Mundwinkel, krame zusätzlich ein Feuerzeug aus der Hosentasche heraus und ordne ein paar widerspenstige Strähnen meines Haares. Ich bin verflucht eitel.

Sobald ich ihr Feuer gebe, nimmt sie einen tiefen Atemzug, behält den Rauch kurz in der Lunge und stößt ihn anschließend durch die Nase aus. Sie scheint süchtig zu sein; ich hingegen rauche bloß, um stylish zu wirken, wie ich es schon als Kind gemacht habe. Anstatt tief einzuatmen, lasse ich die Zigarette machohaft im Mundwinkel hängen und genieße, wie sogar die beiden andere Huren mir schmachtende Blicke zuwerfen.

Ich suche nach einem passenden Ziel; meine Hand liegt auf dem Revolver, der noch im Holster steckt. Ich könnte meiner Nutte die Asche von der Zigarettenspitze wegschießen, würde sie aber dadurch nur erschrecken. Das gleiche gilt, wenn ich die Asche der beiden anderen Raucherinnen stutze. Ich will keinen Ärger in einem Bordell verursachen, sondern ihre Begeisterung wie ein Bauer sein Getreide im Herbst ernten.

Überzeugt, anders mein Talent zur Schau zu stellen, wandert mein Blick zu den Insekten hinüber. Wie eifrige Postboten fliegen diese von Blüte zu Blüte. Mir kommt eine fabelhafte Idee! Schon vorher dachte ich mir, dass er – mein baldiger Gegner, das Arschloch aller Arschlöcher – genug Talent für diesen Wahnsinn hat. Warum ich nicht auch?

„Ich schieße den Insekten die Flügel vom Rücken herunter!“, prahle ich.

Ihre grüngrauen Augen werden noch größer. Von diesem Effekt bin ich wirklich kein Fan. Glubschaugen! Wer von deinen Vorfahren hat’s mit einem Frosch getrieben, Mädel? Ich grinse breit bei dieser Vorstellung, woraufhin mich die Frauen irritiert anschauen, da sie es nicht verstehen.

„Unmöglich …“, haucht sie.

Ich schmunzle, schüttle den Kopf. „Nein, ich könnte den Ladys dort drüben jeden Knopf einzeln von der Bluse wegschießen oder dir den Knoten deiner Toga mit einer Kugel öffnen. Wenn du ansatzweise so phantastisch träumen könntest, wie ich in der Realität schieße, würdest du’s verstehen.“

Für eine Antwort fehlen ihr die Worte. Jedoch haben die zwei Prostituierten meine Prahlerei gehört. Neugierig kommen sie zu uns herüber. Eine von ihnen hat blondes Haar, die andere eine sonnengebräunte Haut. Beide sind Ausländerinnen, also haben sie Glubschaugen – scheiße! Ansonsten besitzen beide einen atemberaubenden Körper. Ich checke unverhohlen ihre Vorzüge aus.

„Du willst den Insekten die Flügel stutzen? Wurdest du gestern entjungfert? Brodelt deswegen dein Blut?“

„Absolut unmöglich!“, haucht die andere und atmet schnaubend aus.

Ihre Aussagen entlocken mir ein Lächeln, grinsend zücke ich den Revolver. Die Blonde zündet sich eine weitere Zigarette an, ich ziele derweil auf eine Libelle und verschiebe meine eigene Kippe in den Mundwinkel. Die Frauen beobachten das Tier, ich drücke ab. Schneller als der Schall rauscht die Kugel durch die Luft, ein zischendes Geräusch entsteht. Feiner als ein Hauptstadtchirurg trenne ich der Libelle den rechten Flügel ab und sie sinkt wirbelnd zu Boden. Ob einer Libelle speiübel werden kann? Na ja, sie wird eher wegen des abgetrennten Flügels leiden. Angeberisch puste ich den Rauch vom Revolver weg und bereite mich auf das staunende Lob vor.

Meine Bettgenossin applaudiert, die Blonde staunt bloß und das dritte Mädchen sieht mit offenem Mund zu mir herüber. Ihre Zigarette fällt zu Boden, wobei ich ihr lässig eine neue anbiete. Als Mann gehört es dazu, sich um die Probleme der Frauen zu kümmern. Ich höre ja beinahe schon eure aufgeregten Herzen pochen, Mädels.

„Danke …“, stammelt sie, als könne sie nicht glauben, was sie gerade sah. Sie nimmt sich eine Zigarette.

„Kein Ding“, gebe ich knapp zurück, als ich der abstürzenden Libelle noch den anderen Flügel abschieße.

Anstatt länger zu warten, drehe ich mich um. Die drei Frauen schauen mir nach, während sie damit hadern, welcher geniale Schütze bei ihnen eingekehrt war, ohne dass sie es wussten. Ich kämpfe derweil gegen das aufsteigende Grinsen an, denn es gehört zu meinen liebsten Hobbys, Mädchen sprachlos zu machen. Das hat sich von meiner Pubertät in der Gosse bis zu meinem gegenwärtigen Ich auf der Flucht nicht geändert.

Nachdem ich aus dem Bordell herausgekommen bin, stehe ich auf einer belebten Straße. Viele Mütter in Alltagskimonos laufen umher, Kinder rennen von Ort zu Ort und Bauern fahren mit beladenen Wagen herum. Landwirtschaft und viele kleine Dörfer prägen die Präfektur Tara, ich finde den Anblick weder gut noch schlecht. Immerhin huschen ein paar hübsche Mädels umher, die meinem Großstadtcharme nichts entgegenzusetzen haben – in erster Linie ist das gut.

Es wird viel herumgeschrien, das gehört hier zum Alltag. Es handelt sich um ein munteres Dorf, in dem ich untergetaucht bin, bis mich meine früheren Kameraden aufspürten. Diese Mistkerle gönnen einem Mann einfach keine Ruhe! Ich seufze. Auf dem Land haben die Menschen alle gebräunte Haut und viele Mädchen sprödes Haar. Es ist ein Trauerspiel, wenn ein Mädchen seine jugendliche Schönheit durch harte Arbeit verliert. Ich vermisse die Hauptstadt, in der ich aufgewachsen bin. Die Suche nach einem prächtigen Weib für die Nacht gleicht auf dem Dorf Perlentauchen in der Kloake, aber wenigstens zieren sich die Perlen nicht, wenn ich sie pflücke. Licht- und Schattenseiten.

Eine dreiviertel Stunde bis Mittag. Mein Blick hängt an der Sonne, ich seufze wieder. Vielleicht hätte ich die Hure doch noch mal ficken sollen, denn plötzlich verflüchtigt sich mein Zeitdruck. Blöderweise hängt meine Eile mit meinen Nerven zusammen. Anstatt zurückzugehen, pilgere ich durch die Straßen und kaufe mir schmackhafte Früchte. Mir fallen ein paar hübsche Frauen auf und ich flirte mit ihnen. Dabei gibt es ein Mädchen, welches mir besonders ins Auge sticht. Von einer gutproportionierten Händlerin lasse ich mir einen Wein andrehen. Erst zu diesem Zeitpunkt realisiere ich meinen Durst. Ich genehmige mir ein zweites Glas, aber züchtige mich gleichzeitig, nicht mehr zu trinken. Ich bin zum Duell verabredet, betrunken schießt es sich beschissen! (Zumindest mildert der zusätzliche Alkohol meinen existenten Kater.)

Einige Passanten schauen mich wegen meiner Kleidung an. Hose und Hemd gehören in der von westlichen Einflüssen dominierten Hauptstadt zur Norm, aber bilden auf dem Land eine Ausnahme. Anderseits tröpfelt der schädliche Einfluss der anderen Länder mittlerweile bis in die Provinz, siehe das Ausländerbordell. Obwohl ich fremde Kulturen verachte, gestehe ich mir ein, wie praktisch eine Hose im Vergleich zum Yukata ist. Genauso praktisch, wie ein Revolver im Vergleich zu einem Katana ist. (Mein künftiger Gegner hätte keinen dieser Vergleiche unterschrieben, obwohl er ein Meister der Schusswaffen ist.)

Nachdenklich schlendere ich weiter, biege von der Haupt- in eine Nebenstraße ein. Zwei Kinder zeichnen mit einem Stück Kreide auf dem Boden herum. Anstandshalber mache ich einen großen Schritt über ihr „Kunstwerk“ hinweg, wobei ihre Blicke auf meinen Revolver im Holster fallen. Kein Wunder, denn solche Waffen gibt es auf dem Land nicht.

„Wow.“

„Wie cool.“

Das Staunen der Jungs verschafft sich Gehör; ich zwinkere ihnen zu. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, auch ihnen mein Können vorzuführen, verzichte jedoch. Vor hübschen Frauen prahle ich gerne, vor Kindern kommt es mir wie Zeitverschwendung vor. Ich eile weiter zum abgemachten Ort, an dem es zur Entscheidung kommt.

Als die Mittagsstunde naherückt, erreiche ich den Duellplatz vor dem Dorf. Knappe zweihundert Meter nach dem letzten Haus befindet sich der Ort, eingekreist von stachligen Büschen, blühenden Bäumen und den Überresten eines zerfallenen Zauns. Der Boden besteht aus einer Mischung aus Erde und Sand, mehr Unkraut als Blumen wachsen dort. Wegen der blühenden Bäume zieren auch vereinzelte rosafarbene Kirschblüten den Grund, ein Vorgeschmack auf den nahen Sommer.

Den kleinen Pfad herablaufend, bemerke ich, dass dort zwölf Männer stehen. Bärtig, schmutzig, besoffen – ihr wisst ja, wie Banditen ausschauen! Ekelhafte Gestalten, die man nicht einmal mit einer Greifzange berühren möchte. Und mitten auf dem Platz steht ein Mann, dessen Aussehen sich tiefer als mein erstes Mal mit einer Geisha ins Gedächtnis eingegraben hat. Dort steht der Anführer, den ich für meine Freiheit niederschießen muss!

Minimal weicht mir die Kraft aus den Beinen, ein leichtes, wohlbekanntes Zittern erfüllt mich. Egal, wie oft ich gegen diesen Mann angetreten bin, er hat mich ununterbrochen besiegt. Eine schaurige Bilanz. Dabei spielt nicht mal das Themengebiet eine Rolle, denn er ist eine absolute Koryphäe in jedem Fach. Ein Alleskönner!

Angespannt kneife ich die Augen zusammen und meine Muskeln spannen sich an. Eine Vielzahl an Erinnerungen sprudelt wie eine Fontäne empor und es kostet mich eine Menge Kraft, diese zu unterdrücken. Ich hatte diesen Mann wie einen Vater verehrt und habe ihn wie einen Feind zu hassen gelernt. Dabei erkenne ich ihn kaum wieder. Scheinbar ist und bleibt das gefährlichste Raubtier für den Menschen die Zeit, eine gnadenlose Täterin. Früher war er der Inbegriff eines Mannes, der Traum aller Frauen, gewesen. Pechschwarzes, langes Haar, elegante Gesichtszüge, einen muskulösen Körper. Seine maskuline Schönheit verzückte alle Frauen. Er hatte sie innerhalb von Monaten verloren.

Mittlerweile mischt sich graues Haar ins dunkle Schwarz, das Gesicht gleicht einem Sammelbecken für Falten. Sogar die wachsamen, intelligenten Augen haben an Glanz eingebüßt und einen matten Grundton erhalten. Zusätzlich wich die Stärke aus seinem Körper, er gleicht einem in die Jahre gekommen Kämpfer. In meinen Augen stellt er die unwürdige Verkörperung einer Legende, dessen schäbiges Aussehen sogar ein Barde mit Hang zur Theatralik für übertrieben halten würde, dar. Gekleidet in einen dunklen Mantel, der ihm bis zu den Knien reicht, lugen zwei Pistolen an seinem Gürtel hervor. Wie ein echter Bandit spuckt er regelmäßig auf den Boden; er hatte sich diese Marotte in seinen Jugendtagen, als er Tabak kaute, angewöhnt.

„Hey, Junge!“, ruft der Anführer, als ich ankomme. „Ich dachte, du kneifst! Aber bist kein Feigling, sondern ein Mann mit Rückgrat. Gefällt mir, dass ein Funken Ehre trotz deines Verrats überlebt hat.“

Seine raue Stimme kommt von Schnaps, Zigarren und gebrüllten Befehlen. Sogar in seinem gealterten Zustand verkörpert er das Idealbild eines Banditen, an das ich als unreifer Junge und ambitionierter Jugendlicher herankommen wollte, was mir aber niemals gelang. Während Frauen in meinen Augen an der Zeit zerbrechen, kann sie eine begabte Bildhauerin für einen Mann sein. Täterin und Künstlerin … was denke ich eigentlich für einen Scheiß? Ich glaube, langsam verliere ich den Verstand1

Um das verfluchte Zittern zu unterdrücken, rufe ich mir die Gründe für meine Flucht aus dem Lager in Erinnerung. Es wirkt auf Anhieb, der Zorn kocht hoch. Damals hatte er mich von einem Tag auf den anderen gehasst, das verzeihe ich ihm nie. Er faselt etwas von Ehre, aber seine falsche Art gehört zu keinem Mann – er hatte sich wie ein hinterlistiges, von Neid geplagtes Weib verhalten!

„Du sprichst von Ehre, Alter?“ Der Zorn fließt unbewusst in meine Stimme hinein. „Verzeih, wenn ich deswegen kotzen muss, aber diese Doppelmoral ekelt mich an. Hast du so gut zu lügen gelernt, als du deine hässliche Mutter hinter dem Rücken deines Vaters gefickt hast?“

Trotz meiner Angst vor dem Kampf, meinen gemischten Gefühlen wegen des Verrats und meiner Nostalgie aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit trete ich wie ein charakteristischer Bandit auf – ich beleidige ihn fürs Erste! Und natürlich beleidige ich seine Mutter, da das sogar im kaltherzigsten Arschloch auf der Welt etwas auslöst und zum guten Ton unter Yakuza gehört.

Ein boshaftes Grinsen umspielt seine Lippen und offenbart das vom Tabak zerfressene Gebiss. „Belle noch ein wenig, Haru, aber ich habe jemanden mitgebracht, den ich dir vorstellen möchte. Ein Prachtweib! Es ist deine Lieblingsschlampe gewesen, bevor du triebgesteuerter Affe dein verkümmertes Ding in die Fotze von anderen Weibern rammen musstest.“

Ich bleibe stehen, verharre in der Bewegung, sacke beinahe auf die Knie. Es kostet mich alle Kraft, aufrecht dazustehen. Die einzige Frau, die ich jemals respektiert hatte, steht hinter dem Anführer. Mein Herz zieht sich zusammen, als er beiseitetritt. Ein Mädchen, dessen strahlende Schönheit sogar die Sterne in einer wolkenlosen Nacht in den Schatten stellt, reißt ein Loch in mein Herz. Anders als die Männer, deren Mäntel und Stiefel westlich wirken, ist das Mädchen in einen Kimono gekleidet. Ein aufwendiges Blumenmuster ziert den Stoff. Sie trägt traditionelle Holzsandalen, hat sich die Haare hochgesteckt und die Lippen zusammengepresst. Sie war von engelsgleicher Schönheit gesegnet, bis das Leben ihr einen traurigen Anstrich verpasste.

Das Mädchen ist eine ehemalige Bäuerin gewesen, bis es sich den Banditen angeschlossen hatte. Deswegen besitzt ihre Haut eine leichte Bräunung, wobei das feingeschnittene Gesicht zu einer Bilderbuchprinzessin gehört. Weiche Haut, eine schmale Stupsnase, kirschrote Lippen, ein geschwungenes Kinn. Zusätzlich hellblaue, für unser Inselreich untypische Augen, deren schier unendliche Tiefe mich zu jedem Moment verzückt hatte. Sie besitzt große, runde Augen wie jene Leute, die aus dem Westen kommen und Handel in den großen Metropolen des Landes treiben, ohne an Glubschaugen zu erinnern.

Ihren himmelblauen Augen verdanke ich es, dass ich mich zum ersten Mal in meinem Leben verliebte. Sie hatte mich verzaubert, verflucht und mir das Herz gestohlen. Sie hatte mich wie eine Hexe in ihren Bann gezogen. Damals, als sie mich vom Reisfeld aus anschaute, hatte mein Herz schneller als je zuvor geschlagen. Ich kann nicht glauben, dass sie nun auf der Seite der Banditen steht …

„Meine Ex …“, hauche ich zarter als ein Windhauch am schwülen Sommerabend. Meine coole Fassade gerät nicht nur ins Wanken, sondern bricht völlig zusammen.

„Haru!“, ruft sie, bis sie die Lippen zusammenpresst und die Nässe in ihre Augen schießt. Eilig blinzelt sie diese hinfort und ihre langen Wimpern umrahmen verführerisch ihre runden Augen.

Unzählige Erinnerungen rauschen durch meinen Kopf, fast jede besteht aus nostalgischer Melancholie. Wir reiten gemeinsam über die Straßen in ihrem Heimatdorf, angeln lachend am Fluss hinter den Reisfeldern, picknicken am See, spaßen im Wasser, plaudern über den Alltag, zerbrechen uns den Kopf über Sorgen und tauschen heiße Küsse, innige Umarmungen oder intensive Nächte unter dem romantischen Apfelbaum aus. Alles, was ich mit ihr erlebte, besitzt einen goldenen Glanz! Sie war, ist und wird immer ein Mädchen von Format bleiben! Ein Mädchen, dem ich mehr schulde, als ich zahlen kann! Und leider ist sie das Mädchen, wegen dem mein Leben den Bach hinabging!

Mädchen sind wie Blumen auf einer Wiese. Manche lassen einen kalt, andere erregen die Aufmerksamkeit und wieder andere pflückt man vor Neugier. Dabei ist es egal, wie lange man nach den Blumen sucht, irgendwo – wahrscheinlich an einem geheimen und verborgenen Ort – wächst jene Blume, deren himmelblauer Glanz einen einnimmt und nur für einen einzigen Mann bestimmt ist. Vor mir erstrahlt jene Blume, deren Schönheit mich bis ins Herz getroffen hat! Eine schüchterne, neugierige, schöne Blume. Eine Blume, die am Ende des Tages in ihrer Blüte einen Stachel verbarg. Oder, um es genauer zu sagen, deren Stachel erst durch meine Taten wuchs, weil sie davor kein Misstrauen kannte.

„Hana!“, gebe ich als Antwort, hauche ihren Namen beinahe. „Was … was machst du hier?“

„Ich wollte dabei sein …“, sie holt tief Luft, „…, wenn unser Anführer dir eine Kugel zwischen die Augen setzt!“

Autsch! Tausende Nadeln stechen in mein Herz hinein, als sie mir gnadenlos den Tod wünscht. Ich blinzle, als sei mir ein Insekt in die Augen geflogen. Ich kann nicht anders, weil tief in mir die Liebe lodert und diese Beleidung meinen Kampfgeist lähmt.

„Aber … Hana … ich …“ Gedankenverloren strecke ich wie ein Ertrinkender einen Arm nach ihr aus, bis ich mich rechtzeitig zügle. Warum will ich mich entschuldigen? In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nie entschuldigt.

Mein verkümmerter Arm wird träge, bis er wie ein gebrochener Ast heruntersackt. Schweigend starre ich sie an, wobei mir die innere Fassung fehlt, meinen coolen Stil hinzubekommen. Als der Anführer meine Verunsicherung spürt, legt er eine Hand auf Hanas Schulter ab, zieht sie zu sich heran und legt einen Finger unter ihr Kinn. Als er sanft ihren Kopf anhebt, fürchte ich mich vor dem, was gleich geschehen wird. Während mein Verstand die offensichtliche Lösung abstreitet, drückt er ihr einen Kuss auf die Wange. Der Anführer, den ich für einen geschätzten Ziehvater gehalten hatte, küsst das Mädchen, das ich einst geliebt habe und … ich will’s mir kaum eingestehen … weiterhin liebe. Eine neue Welle des Hasses hüllt mich ein.

Ein fieses Schmunzeln gleitet über Hanas Gesicht, als sie meine Pein bemerkt. Ein böses Funkeln, das ich für unmöglich gehalten habe, erfüllt ihre blauen Augen wie ein aufziehendes Gewitter den sonnigen Horizont. Scheiße – sie genießt den Kuss! (Oder zumindest genießt sie meinen brennenden, alles verzehrenden Schmerz.)

„Nachdem du sie verlassen hast, hat sie in meinen Armen Trost gesucht“, spottet der Anführer. „Du bist Hals über Kopf aus dem Lager geritten … dabei ist es kein Wunder, wenn sie mit jemanden reden wollte. Und schon sehr bald haben wir nicht nur geredet … du verstehst?“

Ich überlege mir eine gute Antwort, scheitere aber. Vor den Huren habe ich mich in Szene setzen können, aktuell fällt es mir unglaublich schwer. Egal, welche Antwortoptionen ich im Kopf durchgehe, alle klingen nach einem trotzigen Jungen, der sein Mädchen zurückwill. Überall komme ich mir wie ein echter Mann vor, außer ich stehe vor dem Anführer. Ich hasse diesen gottverdammten Hurensohn!

„Ich interessiere mich nicht für deine Sexgeschichten mit ihr!“, knurre ich, meine Stimme ähnelt einem Wolf. „Na komm, lass uns einfach das Duell hinter uns bringen! Lass mich dir ein zweites Arschloch mitten auf der Stirn verpassen!“

Die Mundwinkel des Anführers heben sich zum Grinsen an. „Gut, kommen wir zu deinem Entscheidungsduell.“

Das Pronomen dein gefällt mir überhaupt nicht, immerhin habe ich nicht um das Duell gebeten. Nach meiner überstürzten, spätnächtlichen Flucht aus dem Lager wurde ich von Banditen verfolgt. Sie hatten mich aufgespürt und das Todesduell als Bedingung für den Austritt festgelegt. Es ist also nicht mein, sondern sein Entscheidungsduell!

Angespannt und gefühlskalt laufe ich an den beiden vorbei und positioniere mich an der gegenüberliegenden Seite des Duellplatzes. Neben meinen Stiefeln blüht ein Löwenzahn, bei einer weiteren Blume haben sich die Blüten weiß gefärbt. Ich befürchte, wenn ich die Pusteblume zum Fliegen bringe, ist das ein schlechtes Omen für das Duell; so, als würde mein Leben im Winde verwehen … (… in der Hinsicht bin ich ein wenig abergläubisch.)

Um mich herum grölen meine ehemaligen Kameraden. Keinen von diesen übertrieben hässlichen Hurensöhnen habe ich seit meiner Flucht vermisst. Bei einem Drittel kotze ich wegen der grässlichen Gesichter, beim nächsten Drittel wegen des abartigen Körpergeruchs, beim letzten Drittel trifft beides zu. Kurz überlege ich, wie sie reagieren würden, wenn der Anführer vor ihren Augen niedergeschossen wird. Wahrscheinlich werden sie mich angreifen. Anstatt mit diesem Horrorszenario meine Angst zu steigern, hoffe ich, dass sie sich an die Regeln eines Duells halten. Andernfalls schieße ich nicht einen, sondern dreizehn nieder. (An Arroganz und Selbstbewusstsein hat es mir noch nie gemangelt.)

Ich richte meinen Blick zum Anführer hinüber, schnell senke ich ihn jedoch wieder. Er genehmigt sich einen Kuss mit Hana, bei dem beide die Zunge einsetzen. Verfickt eklig! Das ist fast so eklig, als müsste ich zwei Männern beim Knutschen zusehen – du alte Sau darfst kein Mädchen küssen, das zwanzig Jahre jünger ist! Bei deinen ganzen Falten dreht sich mir der Magen um!

Nach dem Kuss tippelt meine große Liebe auf ihren Holzsandalen zum Rand des Duellplatzes. Der gealterte Anführer stellt sich derweil mir gegenüber hin. Lässig zieht er seinen Mantel aus und schmeißt ihn einem der Banditen am Rand zu. Er trägt dunkle Lederhosen, ein schmutziges Hemd und zwei Revolver an den Seiten. Obwohl er alles, was von Ausländern kommt, verachtet, hat er sich gegen die traditionelle Kleidung bei diesem Kampf entschieden.

Gedankenverloren erinnere ich mich an den Kampf zurück, bei dem er dreizehn Marionetten des Shoguns mit zwölf Kugeln ins Jenseits geschickt hat. Wie er das hingekriegt hat? Ein Geheimnis, über das sich viele Legenden ranken, aber ich hatte es mit eigenen Augen gesehen. Er hat eine Kugel in der Luft getroffen, sodass zwei Menschen mit einem Schuss starben. Eine Meisterleistung, aufgrund der ich mir geringe Siegeschancen ausmale! (Zumindest in dieser Hinsicht bin ich Realist.)

Wegen dieser Geschichte kann ich an nichts anderes als an unsere gemeinsame Vergangenheit denken. Ich trat schon als unreifer Junge seiner Bande bei und hatte ihn in meiner ganzen Jugendzeit als Vorbild betrachtet. Heute werde ich entweder den Helden meiner Kindheit niederschießen oder werde selbst von diesem niedergeschossen. Ich glaube, ich werde heulen, wenn ich meinem Ziehvater ein Loch in den Kopf ballere! Anderseits hat er es nicht anders verdient, nachdem er von einem netten Ziehvater zum Arschloch mutiert ist. Einem Arschloch, das nun mit meiner Ex schläft!

„Du kennst die Bedingungen, Junge?“, fragt er, seine Hände auf den Revolvergriffen.

Ich lege meine rechte Hand ebenfalls auf den Revolvergriff. Er schießt mit zwei, ich mit einer Waffe. Kein Grund, sich darüber zu beschweren, weil ich mit meiner linken Hand wie eine Oma ziele. Es würde also keinen Unterschied machen, wenn ich zwei Revolver bekäme. Na gut, er schießt mit seiner linken Hand besser als ich mit der rechten, also macht es einen Unterschied. Ich besitze genug Ehre, um mich nicht zu beschweren!

„Ja, Arschloch!“, kontere ich. „Entweder gewinne ich und bin frei – du stirbst! Oder du gewinnst – ich sterbe! Für diese Bedingungen braucht es keinen Doktortitel, du gottverdammter Hurensohn!“

Er grinst. Genauso hatte er immer gegrinst, als er mir früher durch die Haare strich und mich für einen erledigten Auftrag lobte. Ich erinnere mich an die Lobesworte und die gelegentliche Rüge, wenn ich einen Auftrag verkackte. Ich erschieße heute nicht den Anführer einer gefährlichen Banditenbande, sondern meinen Vater.

„Hey Mädel, könntest du von zehn herunterzählen?“, fragt mein ehemaliger Vater und jetziger Feind. Sie nickt.

Damit beginnen die letzten zehn Sekunden, bevor mein Vater oder ich sterben. Die kultivierten Wichser aus der Hauptstadt könnten daraus ein Theaterstück machen … oder? Höchstwahrscheinlich machen sie’s nicht, weil diesen Sake schlürfenden Bastarden mein Leben gleichgültig ist!

„Zehn“, sagt sie mit ihrer engelsgleichen Stimme, die kein bisschen zittert. Anscheinend hat sie ihren moralischen Kompass endgültig verloren.

„Neun.“ Meine Hände verspannen sich, mein Herz trommelt und meine Handflächen werden feucht. Ich habe schon unfassbar viele Männer abgeknallt, aber noch nie zuvor eine derart himmelhohe Angst verspürt.

„Acht.“ Ich fokussiere mich vollkommen auf den Gegner. Er erwidert meinen Blick.

„Sieben.“ Für den Bruchteil einer Sekunde schaue ich zu ihr hinüber, sie funkelt mich an. Ihr Hass springt mir förmlich ins Gesicht.

„Sechs.“ Natürlich lassen wir die Waffen bis zum Beginn in den Holstern, aber die Anspannung steigt an und mein Blick wandert wieder zum Anführer zurück.

„Fünf.“ Mein Herz trommelt, als wolle es im Alleingang einen Marsch spielen. Vielleicht überanstrengt es sich und beschert mir einen erbärmlichen Tod?

„Vier.“ Jetzt zittert sogar ihre Stimme minimal, Hana ist aufgeregt. Irgendwie wünsche ich mir, wenigstens ein Funken Zuneigung für mich schlummere noch in ihr. Wenigstens das habe ich verdient, oder?

„Drei.“ Ich beginne noch stärker zu schwitzen. Der Schweiß läuft über meine Wange herab.

„Zwei.“

Die ganze Umgebung hält die Luft an. Die Männer beugen sich erwartungsvoll vor, meine linke Hand ist schweißnass und meine rechte Hand liegt auf dem Griff des Revolvers. Eine minimale Windböe rauscht über den Duellplatz hinweg, mein notdürftig gestyltes Haar verliert seine Form.

„Eins.“

Mein Vater hatte mir früher erzählt, vor jedem Duell schlage einem das Herz bis zum Hals und ein einziges Duell koste den Schützen Monate seines Lebens, weil das Herz diesen Druck kaum aushält. Oft belächelte ihn, ab heute teile ich diesen Gedanken; scheint, als sitze ich selbst dann nicht bei meinen Enkelkindern, wenn ich überlebe.

Hektische Atmung, verspannte Muskeln, starker Schweiß und ein Herz kurz vor dem Explodieren. Ich frage mich zweifelnd, ob momentan hilfreiches Adrenalin ausgeschüttet wird oder ich vor Angst schlechter als ein Besoffener schieße. Als ich kurz herunterblicke, sehe ich, wie eine Windböe die Samen der Pusteblume mitnimmt. So eine Scheiße! Ein verdammt schlechtes Omen!

„Null!“, ruft Hana.

Blitzschnell zücken wir unsere Revolver, innerhalb kürzester Zeit erschallen vier Schüsse. Das ruckartige, aber kurze Lied des Todes. Ein hektisches Atmen verfolgt von einem umfallenden Körper – scheint, als wäre der Kampf entschieden worden und der Gewinner stünde fest!

Ich liege am Boden, den Blick zum blauen Firmament hinauf gerichtet. Ganz ehrlich, die Augen meiner großen Liebe sind hübscher als der Himmel in seinen besten Momenten. Warum denke ich jetzt über ihre Augen nach? Ist doch scheißegal, ihre Augen gehören der Vergangenheit an … ich sterbe nämlich! Scheiße! Scheiße!

Ich sterbe auf eine so lächerliche Weise! Der Anführer hatte absichtlich mit seinem ersten Schuss verzogen, war anschließend meiner Kugel ausgewichen und hatte mir zwei Löcher mit seiner linken Hand hinterlassen. Ich bin eine Schande für jeden Revolverheld im Land!

Die erste Kugel bohrte sich in meine Brust hinein, hatte meine Lunge zerfetzt und sich in mein Rückgrat gefressen. Das zweite Geschoss grub sich in den Bauch hinein, zerfetzte meine Organe. Ich bin kein Arzt, doch die Diagnose hätte ein Behinderter stellen können. Meine blutigen Organe gleichen Hackfleisch! Das Blut sprudelt aus mir heraus, meine Kleidung färbt sich rot und die Kälte kriecht meine Glieder herauf. Ich bin derart geschockt, dass ich im Augenblick weder Schmerz noch Angst verspüre, sondern fast beruhigt dem Tod entgegenblicke. Vielleicht ist es besser, von seinem Vater erschossen zu werden, als diesen selbst niederzuschießen?

Keine Tränen in den Augen, keine Wut im Herzen, keinen Frust im Bauch. In mir herrscht einfach nur eine innere Leere, bei der ich mich fühle, als wäre ich nach einem Marathon in der Sommerhitze endlich beim ersehnten Schlafplatz angekommen. Nein, eher als wäre ich von einem Pferd hinterhergeschleift worden, bis glücklicherweise das Seil gerissen ist. Ich würde beinahe das Wort angenehm benutzen.

„Absolut erbärmlich, Junge!“, knurrt der Anführer und steckt seine zwei Revolver in die Holster. „Den ersten Schuss habe ich aus Liebe und Respekt, weil du einst mein Schüler und Gefolgsmann gewesen bist, absichtlich vorbeigeschossen. Ich dachte mir, nachdem ich so viel stärker als du bin, könnte man dir eine faire Chance geben. Aber na ja, selbst mein Funken Liebe hat dir Möchtegernrevolverheld nicht genügt, denn ich musste mich nur zur Seite herumdrehen, um auszuweichen. Sogar in deinem letzten Kampf bist du eine Enttäuschung, Haru!“

Am liebsten hätte ich diesen verhöhnenden, hochnäsigen und herablassenden Hurensohn mit einem Schwall Beleidigungen überschüttet, doch mir fehlt im Augenblick die nötige Kraft. Ich kann mich nicht aufrichten, nicht meinen Mund öffnen und kriege keine Silbe über meine Lippen. Ohne eine passende Antwort auf den Lippen muss ich mich von meinem Mörder beleidigen lassen.

Zusätzlich höre ich das Gelächter der Männer. Unter diesen Bastarden kann man nicht einmal friedlich sterben, das nehme ich ihnen richtig übel. Mein kleiner Wunsch lautet, zumindest die traurigen Schluchzer meiner Ex zu hören, doch sie scheint zu schweigen. Kein Wunder, immerhin hasst sie mich von ganzem Herzen!

„Geschieht dir recht, nachdem du uns verraten hast!“

„Hoffentlich verreckst du schmerzhaft!“

Öfters höre ich solche Schmährufe. Als ich schon denke, dass es nicht schlimmer werden kann, spuckt einer dieser Barbaren mir ins Gesicht. Die Mischung aus Rotze und Spucke fließt an meiner Wange herab. Ich will sie wegwischen, doch mir fehlt die Kraft. Mir bleibt nichts anderes übrig, als diese Schmach in den letzten Sekunden meines Lebens zu ertragen.

Sie lachen. Bilde ich mir ein, eine weibliche Stimme unter dem Gelächter auszumachen, oder ist das real? Es muss Einbildung sein! Sie ist ein gutes, offenherziges Mädchen! Sie hatte nicht einmal gelacht, als ich beim unaufmerksamen Reiten von einem tiefhängenden Ast heruntergestoßen wurde. Sofort hatte sie sich besorgt gezeigt. Meine Ex-Freundin würde niemals über meinen Tod lachen!

Anderseits habe ich auch gedacht, mein Ziehvater schösse mir keine Löcher in den Körper, also sollte ich auf meine Gefühle wenig geben. Besonders, wenn das offenherzige Mädchen eine Komplizin der Banditen ist. Mühsam blende ich diesen schmerzhaften Gedanken aus.

Gleichzeitig dreht sich der Anführer um, läuft von mir weg. Er würdigt mich keines weiteren Blickes. Anscheinend hat er sich entschieden, mich elendig verbluten zu lassen. Offensichtlich hat er jede Gefühlsregung in seinem Herzen abgetötet, dieses verfluchte Arschloch!

Ich sende ein leises Gebet zu den Göttern, die mich längst verlassen haben, dass sie mir einen schnellen Tod gewähren. Der anfängliche Schock, wegen dem ich keinen Schmerz gespürt habe, vergeht. Ein unfassbares Brennen, als hätte jemand in mir ein Feuer entzündet, erfüllt mein Inneres – mit einem Loch in der Lunge und einem im Bauch sollte es sich nur noch um Minuten handeln!

Lange Minuten …

Platsch!

Einer der Hurensöhne hat eine überreife Tomate nach mir geschmissen. Volltreffer. Sie klebt mir mitten im Gesicht und der Saft brennt mir in den Augen. Egal, wie sehr diese Ärsche jemanden hassen, einem Sterbenden wirft man kein Gemüse ins Gesicht! Keine Ahnung, woher sie das Gemüse überhaupt bekommen, jedoch werfen sie unter lautem Gelächter weitere Tomaten. Ein stechender, brennender Schmerz zuckt durch meinen Körper, als eine Tomate auf der offenen Brustwunde landet. Der Tomatensaft läuft in meine Lunge hinein, als Resultat beginne ich zu husten. Mein Körper verkrampft sich, meine Wunden brennen wie Feuer und meine Augen tränen. Noch nie zuvor habe ich solche Schmerzen erlitten!

Wenn ich einzuatmen versuche, höre ich, wie die Luft durch das Loch in meiner Brust entweicht. Gebt mir einfach den Gnadenstoß, ihr Kameradenschweine! Ich blinzle mehrmals, bis ich relativ verschwommen die Umgebung wahrnehme. Ich plane, zum Schutz vor weiteren Wurfgeschossen meine Lider zu schließen, bis plötzlich der Tomatensaft aus meinem Gesicht weggespült wird.

Einer der Männer erleichtert sich auf mir, der Gestank von Pisse sticht in meiner Nase und der Urin läuft mir in die Nasenlöcher hinein. Dieses verfickte Arschloch kennt keine Zurückhaltung, er ist wie ein Tier! Prustend huste ich, jetzt schmecke ich die Pisse sogar auf meiner Zunge. Soll diese Demütigung etwa mein Ende sein?

Ich will … ich … scheiße, ich will bloß noch sterben! Falls es einen Hurensohn gibt, der sich selbst Gott schimpft, soll er mich erlösen.

Lass mich sterben …

Lass mich sterben …

Lass mich …

Meine Ohren – die noch am besten funktionieren – melden mir, dass sich die Männer entfernen. Anscheinend haben sie mich genügend gequält, die letzten jämmerlichen Atemzüge darf ich ohne Schikane durchleiden. Ich bin froh, ihnen entkommen zu sein, als ich leise Schritte höre.

Keine schweren, sondern zarte Schritte. Hier handelt es sich offenbar um das schöne Geschlecht. Mit aller Kraft wende ich meinen Kopf um wenige Zentimeter und erblicke zwei Holzsandalen. Ihre femininen Füße haben mir schon immer gefallen, wobei sie diesmal einen grünen Nagellack auf ihren Zehennägeln trägt.

Während die Banditen gegangen sind, ist meine Ex hergekommen. Jetzt gleitet sie in die Hocke, schweigt, sieht mir beim Sterben zu. Es klingt makaber, doch ich hoffe, dass sie aus Mitgefühl gekommen ist. Ob sie letzte Worte an mich hat? Ob es irgendetwas gibt, was sie mir unbedingt sagen will?

„Haru …“, murmelt sie. Ich liebe es sogar in dieser schlimmen Situation, wenn sie meinen Namen sagt. Es kommt mir vor, als seien wir dadurch verbunden.

Irgendwoher schöpfe ich die Kraft, meinen Mund zu öffnen, und bringe keinen Ton heraus. Meine Luftröhre ist voll Blut und Pisse, also kann ich mir ihren Namen nur denken. Doch ich hoffe, sie spürt, dass ich beim Sterben nur sie im Kopf habe und im Herzen trage.

Hana …

Die Bedeutung ihres Namens lautet Blume. Ich liebe den Klang, doch finde, wegen ihrer Augen hätte es einen passenderen Namen gegeben. Hätte ich ihr einen Namen aussuchen dürfen, wäre es Sora gewesen, weil mich ihre strahlendblauen Augen an den Himmel erinnern.

Tief in mir drin verspüre ich das Bedürfnis, mich bei ihr zu entschuldigen, doch ich bringe wegen meinen Verletzungen keine Silbe über die Lippen. Stattdessen schaue ich zu, wie sie auf die Knie gleitet und meinen Kopf auf ihren Schoß bettet. Ich kämpfe gegen die Ohnmacht an, rieche ihren unwiderstehlichen Duft. Sie duftet nach Rosen, sie duftet nach Freiheit, sie duftet nach Liebe. Mein dämliches Herz schlägt schneller, obwohl ich dadurch nur noch mehr Blut verliere und dem Tod ein Stückchen näherkomme. Dabei wünsche ich mir, dass diese Szene möglichst lange währt.

Ich sterbe in den Armen meines Mädchens! In Hanas Armen! Dem einzigen Mädchen, das ich jemals geliebt habe. Wenn dieser beschissene Tag etwas Gutes hat, dann ist es die letzte Annäherung von ihr.

Ihre zarten Finger streichen sanft über meine Stirn, mein Blick wird trübe. Vielleicht phantasiere ich, aber es sieht aus, als ob sie den Kimono öffnet. Ich will sprechen, scheitere. Dann höre ich sie sprechen, doch kann die Worte nicht verarbeiten, weil mein Gehirn eine Funktion nach der anderen einstellt. Scheiße, ich will nicht sterben … ich will bei ihr bleiben!

Sie spricht weiter, redet sich den Mund fusselig. Während ich den Inhalt nicht verarbeite, spüre ich, wir ihre Stimme düster wird. Anscheinend trägt sie mir ihren Groll ins nächste Leben hinterher …

Ich spüre etwas im Mund, es fühlt sich weich an. Nein, flüssig. Mist, anscheinend füllt sich bereits mein Mund mit Blut. Jetzt kann ich es endgültig aufgeben, nochmals mit ihr zu sprechen. Vergib mir, Hana, dass ich dich nicht so geliebt habe, wie du’s verdient hast! Falls ich in einem anderen Leben eine zweite Chance bekommen sollte, werde ich dich mit mehr Würde behandeln …

Nach diesem Gedanken sterbe ich in den Armen meiner großen Liebe …

… und schrecke keinen Augenblick später im Bett neben der Hure hoch!

Kapitel 2:

Hanas Ritual

Ich liege mit trommelndem Herzen, schneller Atmung, feuchten Händen und trockenem Mund im Bett. Der Schmerz, das Leid und die Demütigung meines Todes hallen nach, das kann unmöglich ein Traum gewesen sein. Doch es muss ein Traum gewesen sein, denn andernfalls dürfte ich nicht im Bett mit einer Hure in den Armen daliegen.

Sie bettet ihren Kopf auf meine Brust, schläft. Ich kann und will nicht glauben, sogar das gestrige Erwachen geträumt zu haben. Seit wann träume ich so kreativ? Nein, im Normalfall handeln meine Träume von bildhübschen Frauen, leckerem Essen und triumphalen Duellen. Ich bin, glaube ich, nicht klug genug, um so was zu träumen …

Außerdem spüre ich die Nachwirkungen eines Katers, obwohl ich gestern keinen Schluck Alkohol zu mir genommen habe und niedergeschossen worden bin. Vor zwei Tagen schüttete ich mich zu! Warum … warum zum Teufel spüre ich jetzt den Alkohol? (Mein schnellschlagendes Herz jagt das Blut so rasch durch meine Adern, dass ich von dem Kater kaum etwas mitbekomme.)

Ich lecke mir über die Lippen, halte überrascht inne. Ich hätte mit dem metallenen Geschmack von Blut gerechnet, doch schmecke Milch. Nochmals lecke ich über die trockenen Lippen, kein Zweifel – verwirrt kneife ich meine Augen zusammen und rekonstruiere die Überreste meines Traumes. Ich überspringe den Kampf, das schmerzhafte Niederschießen, die anschließende Demütigung und bleibe beim Treffen mit Hana hängen. Sie ging vor mir auf die Knie, bettete mich auf ihrem Schoß, streichelte mir durchs Haar. Liebreizend, fürsorglich, zornig – eventuell wankelmütig? Alles Begriffe, mit denen dieses einmalige Mädchen beschrieben werden kann, aber das hilft mir nicht weiter.

Sie redete, plapperte, schimpfte … ich schmeckte Blut! Genau. Keines dieser Tatsachen erklärt den eindeutigen Milchgeschmack. Ich grabe in meinen Erinnerungen, forsche, verzweifle – scheiße! Warum suche ich in einem Traum nach Antworten? Bin ich jetzt total bescheuert?! Das Treffen mit Hana war ein Traum, ein Traum, ein Traum – EIN TRAUM!

Höchstwahrscheinlich kommt der Milchgeschmack von anderswo. Entweder habe ich gestern ein Glas Milch getrunken oder die Frau neben mir ist schwanger. Potenziell das Zweite, da in einem Bordell keine Milch ausgeschenkt wird und ich wegen des Alkohols mich nicht mehr an den Sex erinnere. Seit wann trinke ich Muttermilch? Scheiße, Mann, langsam habe ich echt kranke Fetische entwickelt!

Am liebsten hätte ich sie aufgeweckt, in dem ich nach ihren Brüsten greife, aber auch davon habe ich geträumt. Nein, das käme mir wie ein schlechtes Omen vor! Spontan fasse ich den Entschluss, die Vorsehung meines Traums zu durchbrechen und rüttle sie an der Schulter.

Todmüde öffnet sie die Augen, gähnt. Strahlendweiße Zähne, eine makellose Haut und große, grüngraue Augen. Alles, was gerade geschieht, schockt mich so sehr, dass ich mir sogar die abfälligen Gedanken zu ihrer Herkunft spare. Ich erinnere mich, warum ich dieses Mädchen für den nächtlichen Spaß gewählt habe, doch realisiere, wie lange dieser zurückliegt. Es fühlt sich nach mehr als eine Nacht an. Im meinem ganzen Leben habe ich keine solche Nacht erlebt!

Ich erinnere mich so gut an den gestrigen Tag, als hätte ich ihn zu einhundert Prozent erlebt!

„Bist du schwanger?“, frage ich, wobei ich mir ein bisschen dümmlich vorkomme.

Sie schaut mich müde an, ein dünner Speichelfaden verbindet meine nackte Brust und ihre Lippen. „Weil du in mir gekommen bist? Keine Sorge, alle Frauen im Bordell verhüten.“

„Nein … ob du schwanger bist! So schwanger, dass deine Brüste Milch geben?“

„Bin ich etwa fett?“, erwidert sie bockig, richtet sich auf und betastet ihren Bauch. Ihre schmale Taille leugnet meine Vermutung, aber ich besitze auch keine Vorstellung, ab welchen Monat Frauen Milch geben.

„Du musst nicht im Moment schwanger sein … stillst du ein Kind?“

„Nein!“

Ich weiche ihrem fragenden Blick aus, befasse mich mit meinen Traumerfahrungen. Der Milchgeschmack existiert, daran gibt’s keinen Zweifel. Wenn ich keine Milch getrunken habe und die Hure keine Milch gibt, muss es sich um eine Einbildung handeln. Scheißegal, genug über den Geschmack nachgedacht; es steht etwas Wichtigeres an!

Frustriert lasse ich mich ins Bett zurückfallen, spüre die Verwirrung der Hure. Kurz spielt diese mit dem Gedanken, das Bett zu verlassen, bis sie den Kopf auf meiner Brust bettet und ebenso die Augen schließt. Während ich über das Geträumte nachdenke, beginne ich, den warmen Rücken der Prostituierten zu streicheln. Sie schnurrt wie eine Katze in der warmen Mittagssonne, das gleichbleibende Geräusch hilft mir beim Denken.

Genau wie in meinem Traum sticht mir wieder die Sonne in den Augen. Das hat alles prophetische Ausmaße angenommen, aber ich muss von der Hypothese Traum ausgehen. Ansonsten würde ich verrückt werden! (Trotzdem weiß ein Teil von mir, dass es unmöglich ein Traum sein kann!) Immerhin spüre ich den Nachhall des Schmerzes, erinnere mich an jedes Detail, schmecke – aus unerfindlichen Gründen – die Muttermilch auf den Lippen. Verdammt, verdammt, verdammt! In meinem Inneren toben die verschiedensten Gefühle, welche ich einfach nicht in Einklang bringen kann.

Die schmerzhaften, nostalgischen Erinnerungen an meinen Ziehvater, die Wiedersehensfreude mit Hana, die Nervosität vor dem Schusswechsel, die Schmerzen nach der Ermordung, die Demütigung beim Sterben und letztendlich die angenehme Wärme von Hana. All das soll in meinem Kopf stattgefunden haben? – unmöglich!

Anderseits hieße das, aus irgendeinem Grund wieder am Morgen des Tages herausgekommen zu sein, ohne eine halbwegs logische Erklärung zu besitzen. Niemand springt durch die Zeit! Wenn eine Kugel dir deine Eingeweide und Lunge durchbohrt, ist der Tod der Preis. Ich habe schon genug Menschen abgeknallt, um das zu wissen.

Vielleicht hatte ich einen überrealistischen Traum, dessen Nachwirkungen mich aus der Ruhe bringen? Irgendeine Scheiße muss passiert sein – so etwas wie Wahrsagerei? Besteht dafür eine Chance? Verfickt nochmal … keine Ahnung, was ich davon halten soll! Das … das sollte alles nicht real sein! Ich sollte längst unter der Erde liegen!

Ich kneife meine Augen zusammen und unterdrücke den Drang, frustriert aufzuschreien. Keine dieser Schlussfolgerungen bringt mich weiter, ich tappe auf der Stelle. Am sinnvollsten wäre es, den Tag zu leben, aber diesmal das Duell zu gewinnen und ein besseres Ende zu erzwingen! Der pragmatische Weg, für den ich als Revolvermann stehe.

„Hey, Haru …“, sagt die Hure, reißt mich aus meinen Gedanken heraus, „… hältst du mich wirklich für dick?“

Ich öffne wieder meine Augen, unbewusst habe ich ihr ständig über den Rücken gestreichelt. Mit ihren Glubschaugen, denen ich an diesem Morgen sogar eine gewisse Schönheit aberkennen kann, blickt sie zu mir hoch. Eine tiefe Sorgenfalte trägt sie im Gesicht, als Prostituierte ist ihr Körper ihr Kapital. Wenn sie von Männern nicht begehrt wird, landet sie auf der Straße. Meine Schwangerschaftsvermutung hat das arme Mädel falsch interpretiert, denn ich halte ihren Körper für makellos.

„Ich finde dich nicht fett, Süße. Ansonsten hätte ich keinen Yen für dich bezahlt und dich nicht die ganze Nacht gebumst“, beschwichtige ich sie, ziehe sie zu mir heran und küsse sie auf die Lippen. „Du bist das hübscheste Mädel in ganz Kawakami.“

Sichtbar zerstreue ich ihre Sorgen, blöderweise bleiben meine eigenen Probleme haften. Plötzlich kann ich nicht anders, als sie auf meine Schießvorführung anzusprechen, bei der ich eine Libelle um ihre Flügel erleichtert habe. Ob sie an diese Prahlerei eine Erinnerung besitzt?

„Beim Schießen mit deinem Revolver? Nein, nie! Willst du mir dein Können zeigen?“

Ich habe mit ihrer Verneinung gerechnet, denn diese Schießvorführung fand in meinem Traum statt. Hiermit war endgültig bewiesen, dass der gestrige Tag für die Hure nicht stattgefunden hatte (und wahrscheinlich ein Traum ist.) Es wäre zu schön gewesen, wenn ich wirklich einer Libelle die Flügel gestutzt hätte, ohne deren Körper zu erwischen.

„Sorry, aber ich muss los. Vielleicht zeige ich es dir ein anderes Mal.“

Ein Teil von mir hätte sich gerne das Selbstbewusstsein aus der angeberischen Schießvorführung geholt, aber der überwiegende Teil von mir will nicht wie im Traum handeln, um beim gleichen Ausgang zu landen. Deshalb steige ich aus dem Bett heraus, die Hure fragt kein weiteres Mal nach. Immerhin kennt sie mein wahres Können mit dem Revolver nicht, also hält sich ihre Neugier in Grenzen.

Ich schlüpfe in meine dunkle Hose hinein, die Hure beginnt ein lockeres Gespräch über mein Tattoo. Unruhig fasse ich mir an die Brust und den Bauch, dort wurde ich im Traum durchlöchert. Nein, nein, nein … bloß nicht daran denken! Ich lenke mich ab, in dem ich mir überlege, ob ich im Bordell oder auf dem Markt frühstücken soll. Es ist höchste Zeit für den Aufbruch!

„Denkst du, mir würde ein Tattoo stehen?“, fragt die Hure, zeitgleich knöpfe ich mein Hemd zu.

Schon während des ganzen Gesprächs merke ich, wie sie nach einer Zigarette sucht. Ich erinnere mich, in meinem Traum hat … scheiße, nein! Bestimmt ist mir gestern aufgefallen, dass sie eine starke Raucherin ist. Kurzum, ich schmeiße ihr meine Packung zu. Falls ich in dem Duell sterbe, brauche ich keine Kippen …

„Tattoos bei Frauen sind sexy, also lasse dir eines stechen“, empfehle ich, obwohl es mir scheißegal ist, was diese Frau mit ihrem Körper macht. „Am besten etwas mit deinen prallen Titten, daraus lässt sich was machen.“

„Findest du?“ Dankbar hebt die Hure die Zigarettenschachtel auf, die Decke ist ihr bis zur Hüfte heruntergerutscht und ihre Brüste sind entblößt. „Vielleicht berede ich das Thema mal mit der Puffmutter, bevor ich den Zuhälter um Erlaubnis frage?“

Geistesabwesend nicke ich, sie steckt sich eine Zigarette in den Mund. Als ich mein Hemd zuknöpfen möchte, halte ich inne. Vollkommen egal, wie sehr ich das Déjà-vu zu verdrängen versuche, die Wunden in meinem Traum kommen mir immer wieder in den Sinn. Ich erinnere mich an das Blut, die Schmerzen, mein schwindendes Bewusstsein. Eine Gänsehaut umspült meinen Körper, die Farbe weicht aus meinem Gesicht. Mein Tod fühlte sich dermaßen real an, dass es mich ängstigt!

„Also, ich gehe dann!“, rufe ich ihr zu, eile schneller als notwendig heraus.

Nackt sitzt sie im Bett, eine Zigarette hängt zwischen ihren roten Lippen und sie rätselt sichtbar über die beste Stelle sowie ein geeignetes Motiv für ein Tattoo. Ein stilles Gebet liegt mir auf den Lippen, weil ich hoffe, diese Frau niemals wiederzusehen. Falls ich neben ihr aufwachen sollte … warum halte ich das überhaupt für eine Option?

Ich laufe die Treppe herunter, komme im Flur an. Eine Frau, der ich in meinem Traum nicht begegnet war, läuft mit ihrem morgendlichen Stecher in eines der Zimmer. Kurz blicke ich zum Garten, in dem der blühende Kirschblütenbaum steht und an dem meine Schießvorführung stattgefunden hatte. Ein Schaudern lässt alle meine Körperhärchen stehen, weil zwei Nutten dort rauchen. Es sind jene Mädchen, die mir gestern beim Schießen zusahen. Mir fällt kein Grund ein, warum die zwei in meinem Traum und der Realität das gleiche machen, obwohl ich ihnen niemals begegnet bin!

Außerhalb des Bordells angekommen, erschlägt mich das Bild vom realistischen Traum. Tratschende Mütter beim Einkaufen, frohgelaunte Kinder beim Fangenspielen, mürrische Bauern mit vollgepackten Wagen. Natürlich sieht jedes Dorf im Land so aus, doch ich glaube, alles folgt einem bekannten Muster. Alles gleicht einem Déjà-vu.

Ähnlich wie bei den rauchenden Nutten versuche ich, mir ein paar Details einzuprägen, falls ich nochmal über die Türschwelle treten muss. Obwohl mein Menschenverstand das für vergebene Mühe haltet, ermahnt mich die Skepsis zu dieser Sicherheitsvorkehrung. Ich sehe einen weinenden Jungen, der über seine eigenen Beine gestolpert ist; einen wütenden Bauern, der die Kinder anschreit, wenn sie über die Straße rennen und er die Pferde zügeln muss; eine junge Mutter, die versucht, bei einem Händler durchs Flirten den besten Preis zu bekommen. Gedanklich notiere ich mir diese drei Bilder. Ich bezweifle zwar, morgen wieder diese Straße zu betreten, doch bestätige damit den Tag. Weinender Junge, wütender Bauer, flirtende Mutter … das muss ich mir merken!